Urteil des VG Mainz vom 24.11.2010

VG Mainz: grundstück, ermittlung der beiträge, bekanntgabe, zwangsversteigerung, eigentümer, gesellschafter, geschäftsführer, beitragspflicht, ermessen, beitragsforderung

VG
Mainz
24.11.2010
3 K 703/10.MZ
Ausbaubeitragsrecht
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24. November 2010, an der teilgenommen haben
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für Recht erkannt:>>
erklärt haben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens haben der Kläger 19/20 und die Beklagte 1/20 zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in einer der Kostenfestsetzung
entsprechenden Höhe vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d
Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau
öffentlicher Straßen und Plätze in H. für die Jahre 2001 bis 2004.
Er ist Eigentümer des Grundstücks T.-straße XX/YY, Flur XX Nrn. AA, BB, CC, DD/1, EE/4, FF und GG, in
H.. Die Parzelle BB ist ausweislich von Luftbildaufnahmen mit einer Halle bebaut. Auf der Parzelle EE/4
befindet sich ein Haus. Die übrigen Parzellen sind nicht bebaut.
Mit Bescheid vom 24. Februar 2005 zog die Beklagte den Kläger zu wiederkehrenden Beiträgen für den
Ausbau von Verkehrsanlagen für die Jahre 2001 bis 2004 i.H. von insgesamt 9.478,14 € heran. Diesem
Betrag liegen Beiträge für das Jahr 2001 i.H. von 176,39 €, für das Jahr 2002 i.H. von 5.810,82 €, für das
Jahr 2003 i.H. von 2.105,62 € und für das Jahr 2004 i.H. von 1.385,31 € zugrunde. Die Beklagte ging
dabei bei der Ermittlung der Beiträge von einer Gesamtveranlagungsfläche von 1.132.288,00 m², einer
gewichteten Grundstücksfläche für das Grundstück des Klägers von 17.643 m² sowie einem
Gemeindeanteil von 40 % aus.
Mit seinem am 14. März 2005 erhobenen Widerspruch trug der Kläger vor, Grundstückseigentümerin sei
die X+Y Verwaltungs- und Verwertungs GbR, deren einer Gesellschafter er sei. Die Beklagte habe bei der
Ermittlung der gewichteten Grundstücksfläche zu Unrecht einen Gewerbezuschlag angesetzt, denn ihr
Grundstück werde gewerblich nicht genutzt. Eine gewerbliche Nutzung sei auch rechtlich nicht möglich.
Die Beklagte selbst habe der Grundstückseigentümerin untersagt, das Grundstück gewerblich zu nutzen.
Verbandsgemeinde und Landkreis hätten mehrfach festgestellt, dass es sich bei dem betreffenden Gebiet
um ein Wohngebiet handele. Er beabsichtige, auf dem Grundstück Wohngebäude zu errichten. Außerdem
hätte ihn die Beklagte erst ab Juli 2003 zu Beiträgen heranziehen dürfen. Das veranlagte Grundstück sei
im Rahmen einer Zwangsversteigerung erst am 29. Juli 2003 durch Zuschlag erworben worden. Dies
ergebe sich aus dem Grundbuch. Gemäß § 56 ZVG i.V. mit § 103 BGB habe der Erwerber die öffentlichen
Lasten des Grundstücks erst vom Zuschlag an zu tragen. Bei den wiederkehrenden Beiträgen handele es
sich um öffentliche Lasten i.S. von § 103 BGB. Damit sei die Heranziehung zu Gebühren erst ab dem 1.
August 2003 zulässig.
Der Widerspruch des Klägers wurde durch Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses M.-B. vom
22. März 2010 zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Kreisrechtsausschuss aus, die zugrunde
liegende Beitragssatzung sei rechtmäßig. Insbesondere sei die Bildung der Abrechungseinheiten nicht zu
beanstanden. Der Kläger sei Beitragsschuldner, denn gemäß § 10 Abs. 1 ABS sei Beitragsschuldner, wer
im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstücks sei. Zwar sei zu
diesem Zeitpunkt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen
gewesen. Allerdings hätten nach § 122 i.V. mit § 34 Abs. 2 AO die Mitglieder einer nicht rechtsfähigen
Personenvereinigung die beitragsrechtlichen Pflichten der Vereinigung zu erfüllen, soweit diese ohne
Geschäftsführer sei. Daher habe sich die Beklagte an den Kläger wenden können. Die Ansetzung eines
Gewerbezuschlages i.H. von 40 % sei gemäß § 6 Abs. 4 ABS erfolgt, da das Grundstück ausschließlich zu
gewerblichen Zwecken, z.B. als Lagerfläche, genutzt werde.
Nach Zustellung des Widerspruchsbescheides am 10. Mai 2010 hat der Kläger am 4. Juni 2010 Klage
erhoben.
Er trägt unter Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens ergänzend vor: Die Beklagte habe zu Unrecht die
Tiefenbegrenzungsregelung des § 6 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a) ABS nicht angewandt. Ferner sei die
Ansetzung eines Vollgeschosszuschlages mit zwei Vollgeschossen zu beanstanden, da sich auf dem
Grundstück keine Gebäude mit zwei Vollgeschossen befänden.
In der mündlichen Verhandlung änderte die Beklagte den angefochtenen Bescheid insoweit ab, als
nunmehr für das Jahr 2001 ein wiederkehrender Ausbaubeitrag i.H. von 168,03 €, für das Jahr 2002 i.H.
von 5.534,30 €, für das Jahr 2003 i.H. von 2.005,46 € und für das Jahr 2004 i.H. von 1.319,39 € festgesetzt
wird. Soweit hierdurch die ursprünglich für die Jahre 2001 bis 2004 festgesetzten Beiträge reduziert
wurden, erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 24. Februar 2005 in der Änderungsfassung vom 24. November 2010
und den Widerspruchsbescheid vom 22. März 2010 aufzuheben,
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor: Der Kläger sei ungeachtet des Grundstückserwerbs durch Zuschlag des Amtsgerichts M. für
den gesamten Zeitraum 2001 bis 2004 beitragspflichtig, da er im nach § 10 Abs. 1 ABS maßgeblichen
Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstücks gewesen sei. Eine
Tiefenbegrenzung komme deshalb nicht in Betracht, da das gesamte Grundstück gewerblich genutzt
worden sei. Der Vollgeschosszuschlag ergebe sich aus der vorhandenen Bebauung in der näheren
Umgebung. Der Artzuschlag sei aufgrund der früher ausgeübten gewerblichen Nutzung festgesetzt
worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten in
den Gerichtsakten verwiesen. Die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Widerspruchsvorgänge des
Kreisrechtsausschusses M.-B. liegen der Kammer vor und waren Gegenstand der mündlichen
Verhandlung.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Soweit die Beteiligten das Verfahren in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend für erledigt erklärt
haben, war es einzustellen und gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen unter
Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden.
Im Übrigen ist die zulässige Klage unbegründet. Der Ausbaubeitragsbescheid der Beklagten in Gestalt
des Widerspruchsbescheides des Kreisrechtsausschusses M.-B. in der in der mündlichen Verhandlung
geänderten Fassung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1
VwGO).
Der streitgegenständliche Ausbaubeitragsbescheid der Beklagten findet seine Rechtsgrundlage in den
Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes – KAG – vom 20. Juni 1995 (GVBl. S. 175), zuletzt geändert
durch Landesgesetz vom 15. September 2009 (GVBl. S. 333), i.V mit der Satzung der Beklagten zur
Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau von Verkehrsanlagen – ABS – vom 9.
März 2009, rückwirkend in Kraft gesetzt zum 1. Januar 2001.
Danach erhebt die Gemeinde wiederkehrende Ausbaubeiträge für die Erneuerung, die Erweiterung, den
Umbau sowie die Verbesserung vorhandener Verkehrsanlagen (§ 1 Abs. 1 und 2 ABS) nach dem
Beitragsmaßstab „Grundstücksfläche“ mit Zuschlägen für Vollgeschosse (§ 6 Abs. 1 ABS). Ferner wird für
ganz oder teilweise gewerblich, industriell oder in ähnlicher Weise genutzte Grundstücke ein Zuschlag
erhoben (§ 6 Abs. 4 ABS). Der Beitrag wird für die im räumlichen und funktionellen Zusammenhang
stehenden Verkehrsanlagen (Abrechnungseinheit) nach den jährlichen Investititonsaufwendungen in den
Abrechnungseinheiten ermittelt (§ 3 Abs. 1 ABS) Dabei bilden die innerhalb der im Zusammenhang
bebauten Ortsteile und die in Bebauungsplangebieten der Ortslage H. gelegenen Verkehrsanlagen die
Abrechnungseinheit I (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 ABS). Der Gemeindeanteil an den beitragsfähigen Kosten beträgt
40 % (§ 5 ABS).
Rechtsbedenken gegen diese Satzungsregelungen sind nicht ersichtlich; insbesondere sind sowohl die
rückwirkende Inkraftsetzung der Satzung vom 9. März 2009 als auch die Bildung der
Abrechnungseinheiten rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. insoweit die Ausführungen der erkennenden
Kammer im Verfahren 3 K 743/08.MZ).
Die Beklagte hat die Beiträge für die Jahre 2001 bis 2004 – soweit sie noch im Streit sind – auch
rechtsfehlerfrei festgesetzt. Sie ist dabei zunächst von einer Gesamtgrundstücksfläche für die veranlagten
Parzellen von unstreitig 10.502 m² ausgegangen. Nicht zu beanstanden ist, dass sie zu dieser
Grundstücksfläche einen Zuschlag für zwei Vollgeschosse i.H. von 20 % hinzugerechnet hat. Insoweit
kann offenbleiben, ob auch das veranlagte Grundstück zweigeschossig bebaut ist. Da es im unbeplanten
Innenbereich von H. liegt, findet für den Vollgeschosszuschlag § 6 Abs. 3 Nr. 4 Buchst. a) ABS
Anwendung, wonach sich der Zuschlag für Vollgeschosse nach der Zahl der auf den Grundstücken der
näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse bestimmt. Danach durfte die Beklagte zu
Recht zwei Vollgeschosse ansetzen, da die nähere Umgebung des Veranlagungsgrundstücks
überwiegend zweigeschossig bebaut ist, wie auch der Kläger in der mündlichen Verhandlung eingeräumt
hat.
Die Beklagte durfte das Veranlagungsgrundstück entgegen der Auffassung des Klägers auch mit einem
Gewerbezuschlag i.H. von 40 % versehen. Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 ABS werden für Grundstücke in Kern-,
Gewerbe- und Industriegebieten die Maßstabsdaten um 40 % der Grundstücksfläche nach Abs. 2 erhöht.
Dies gilt nach § 6 Abs. 4 Satz 2 ABS entsprechend für ausschließlich gewerblich, industriell oder in
ähnlicher Weise genutzte Grundstücke in sonstigen Baugebieten. Vorliegend ist davon auszugehen, dass
das Grundstück während des Veranlagungszeitraumes ausschließlich gewerblich, und zwar zumindest für
Ablagerung von Baumaterialien sowie von Gegenständen aus dem vorher ansässigen Gewerbetrieb
genutzt wurde. Hierfür spricht der Bescheid der Kreisverwaltung M.-B. vom 17. Dezember 2004 (vgl. Bl. 65
f. der Gerichtsakten), mit dem u.a. dem Kläger gegenüber die Nutzung des Veranlagungsgrundstücks als
Erd- und Baustofflagerplatz untersagt wurde. Aber auch für die Zeit vor dem Erwerb des Grundstücks ist
von einer einen Gewerbezuschlag rechtfertigenden Nutzung auszugehen. Selbst wenn man der
Argumentation des Klägers in der mündlichen Verhandlung folgen wollte, auf dem Grundstück hätten sich
im Zeitpunkt des Erwerbes noch Gegenstände aus dem „Nachlass“ des dort früher ansässigen
Gewerbebetriebes befunden, die allenfalls Abfallqualität gehabt hätten, wäre damit wenigstens eine
Nutzung „in ähnlicher Weise“ i.S. von § 6 Abs. 4 Satz 2 ABS gegeben, die bereits einen Gewerbezuschlag
rechtfertigt.
Allerdings hat die Beklagte in dem Ausgangsbescheid den Gewerbezuschlag von 40 % unter
Zugrundelegung falscher Maßstabsdaten ermittelt. Denn soweit sie eine unter Einbeziehung des
Vollgeschosszuschlags gewichtete Grundstücksfläche zugrunde gelegt hat, hat sie übersehen, dass nach
der Regelung in § 6 Abs.4 Satz 1 ABS allein die (reine) Grundstücksfläche, wie sie sich nach § 6 Abs. 2
ABS ermittelt, für die Berechnung des Vollgeschosszuschlages heran zu ziehen ist. Dies führt im Ergebnis
dazu, dass der Vollgeschosszuschlag statt angesetzter 5.040,60 m² lediglich 4.200,80 m² beträgt, die in
dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Maßstabsfläche von 17.643,00 m² mithin um 839,80 m²
auf 16.803,20 m² zu reduzieren ist. Dieser Fehler wirkt sich jedoch auf die Rechtmäßigkeit des
angegriffenen Bescheides – soweit er noch im Streit steht – nicht aus, da der Beklagte den Kläger nach
entsprechendem Hinweis der Kammer in der mündlichen Verhandlung insoweit durch Neufestsetzung der
Beträge für die Jahre 2001 bis 2004 klaglos gestellt hat.
Entgegen der Auffassung des Klägers war die Beklagte nicht gehalten, in Bezug auf das
Veranlagungsgrundstück die Tiefenbegrenzungsregelung des § 6 Abs. 3 Nr. 3 ABS in Anwendung zu
bringen. Das Grundstück liegt vollständig im unbeplanten Innenbereich von H. und ist zumindest in
zweiter Reihe baulich nutzbar. Es ist ausweislich der vorliegenden Lage- und Katasterpläne nicht tiefer als
80 m, weshalb die genannte Tiefenbegrenzungsregelung nicht greifen kann.
Schließlich wird der Kläger auch nicht dadurch in seinen Rechten verletzt, dass die Beklagte der
Ermittlung der Kosten je m² gewichtete Fläche eine Summe der gewichtenen Grundstücksflächen von
1.132.288,00 m² zugrunde gelegt hat. Diese Gesamtfläche ist zwar insoweit fehlerhaft, weil in ihr neben
dem aus der fehlerhaften Berechnung des Vollgeschoszuschlags resultierenden Flächenanteil von
839,80 m² für das Veranlagungsgrundstück auch die gewichteten Flächen der Grundstücke an der Straße
„S.“ enthalten sind, die nach der Rechtsprechung der erkennenden Kammer (vgl. Urteile vom 13.
November 2007 – 3 K 37/07.MZ und 3 K 38/07.MZ –) nicht der Ausbaubeitragspflicht unterliegen. Da
dieser Fehler jedoch zu einer Erhöhung der Gesamtveranlagungsfläche und damit zu niedrigeren
Beitragssätzen/m² führt, wirkt sich dies zugunsten des Klägers aus, so dass er durch die unzutreffende
Ansetzung der Summe der gewichteten Grundstücksflächen nicht beschwert ist.
Ausgehend von den vorgenannten Parametern hat die Beklagte für das Veranlagungsgrundstück somit zu
Recht nunmehr für das Jahr 2001 einen Beitrag i.H. von 168,03 €, für das Jahr 2002 einen Beitrag i.H. von
5.534,30 €, für das Jahr 2003 einen Beitrag i.H. von 2.005,46 € und für das Jahr 2004 einen Beitrag i.H.
von 1.319,39 € festgesetzt.
Soweit der Kläger darüber hinaus Einwendungen erhoben hat, die seine Beitragspflicht dem Grunde nach
betreffen, vermag er hiermit nicht durchzudringen.
Zunächst ist es nicht zu beanstanden, dass die Inanspruchnahme des Klägers ungeachtet des
Umstandes, dass im Veranlagungszeitraum die X + Y Verwaltungs- und Verwertungs GbR Eigentümerin
des Grundstücks war, erfolgt ist. Nach § 10 Abs. 1 ABS ist Beitragsschuldner, wer im Zeitpunkt der
Bekanntgabe des Bescheides Eigentümer des Grundstücks ist. Diese Regelung findet eine Ergänzung in
§ 34 Abs. 2 der Abgabenordnung – AO –, der nach § 3 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 KAG auf kommunale Abgaben
Anwendung findet. § 34 Abs. 2 Satz 1 AO bestimmt, dass in den Fällen, in denen eine nicht rechtfähige
Personenvereinigung wie z.B. eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ohne Geschäftsführer ist, die
Mitglieder oder Gesellschafter die abgabenrechtlichen Pflichten zu erfüllen haben. Dies ist vorliegend der
Fall, denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass die GbR seinerzeit einen Geschäftsführer hatte, zumal auch
der Kläger derartiges nichts dargetan hat. Damit ist der Kläger als Gesellschafter abgabenpflichtig, so
dass ihm gegenüber auch der Abgabenbescheid bekanntzugeben war (§ 122 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO).
Ferner ist es auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte beiden Gesellschaftern gegenüber jeweils die
volle Beitragshöhe über den gesamten Veranlagungszeitraum geltend gemacht hat. Soweit der Kläger
hieraus folgert, dass die Beklagte durch die Bekanntgabe der Beitragsbescheide gegenüber beiden
Gesellschaftern den Beitrag zweimal geltend gemacht habe, übersieht er, dass sich bereits unmittelbar
aus dem Gesetz ergibt, dass mehrere nebeneinander abgabenpflichtige Personen als Gesamtschuldner
haften (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 KAG i.V. mit § 44 AO). Insoweit bedurfte es eine entsprechenden Hinweises durch
die Beklagte nicht, der gleichwohl in dem angegriffenen Bescheid enthalten ist.
Schließlich steht der Heranziehung des Klägers zur Zahlung der wiederkehrenden Ausbaubeiträge für
den Zeitraum 2001 bis 2004 auch nicht der Umstand entgegen, dass er das Veranlagungsgrundstück erst
mit Beschluss des AG M. vom 29. Juli 2003 im Wege der Zwangsversteigerung durch Zuschlag erworben
hat. Insbesondere vermag die Kammer nicht der auf § 56 Satz 2 des Zwangsversteigerungsgesetzes –
ZVG – i.V. mit § 103 BGB gestützten Auffassung des Klägers zu folgen, dass er erst vom Zuschlag an die
Lasten zu tragen und damit auch die auf dem Veranlagungsgrundstück liegenden Beiträge zu zahlen
habe. Der Kläger übersieht nämlich, dass im Abgabenrecht zwischen der Ausbaubeitragsforderung des §
10 Abs. 1 ABS auf der einen Seite und der öffentlichen Last gemäß § 7 Abs. 7 KAG zu unterscheiden ist.
Die Ausbaubeitragsforderung ist ein Zahlungsanspruch der Gemeinde gegen den durch die
Ausbaubeitragsmaßnahme begünstigten Eigentümer. Dieser Zahlungsanspruch entsteht bei
wiederkehrenden Beiträgen mit Ablauf des 31. Dezember für das abgelaufene Jahr (§ 7 ABS) und ist
gegen den Beitragsschuldner (§ 10 Abs. 1 ABS) festzusetzen. Er wird einen Monat nach Bekanntgabe des
Beitragsbescheides an den Beitragsschuldner fällig (§ 11 Abs. 1 ABS). Gemäß § 7 Abs. 7 KAG ruht der
Beitrag als öffentliche Last auf dem Grundstück. Sie dient der Sicherung der Zahlung des Beitrags.
Aufgrund der öffentlichen Last ist der jeweilige Grundstückseigentümer gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 KAG i.V.
mit § 77 Abs. 2 AO verpflichtet, die Zwangsvollstreckung in das Grundstück zu dulden, wenn der Beitrag
nicht bezahlt wird. Aus der öffentlichen Last als solcher ergibt sich mithin nur die Haftung mit dem
Grundstück. Sie begründet keine Verpflichtung zur Zahlung. Die öffentliche Last ist insoweit einem
Grundpfandrecht vergleichbar, mit dem eine bürgerlich-rechtliche Forderung gesichert werden soll.
An die mit der öffentlichen Last bewirkte dingliche Sicherung der Beitragsforderung knüpfen auch die
Vorschriften des Zwangsversteigerungsgesetzes an: Wird eine öffentliche Last nicht in das geringste
Gebot aufgenommen, so erlischt sie gemäß § 52 Abs. 1 Satz 2 ZVG mit dem Zuschlag in der
Zwangsversteigerung. Ebenso haftet der Erwerber eines Grundstücks gemäß § 56 Satz 2 ZVG in der
Zwangsversteigerung mit dem Grundstück erst vom Zuschlag an für öffentliche Lasten. Hiervon ist strikt die
Frage der persönlichen Beitragspflicht zu trennen. Ebenso wie eine bürgerlichrechtliche Forderung bleibt
die Ausbaubeitragsschuld vom Bestehen oder Erlöschen der öffentlichen Last unberührt (vgl. VG
Freiburg, Urteil vom 3. Dezember 1997 – 4 K 1376/95 –, NJW-RR 1997, 1507, 1509). Dies hat zur Folge,
dass persönliche Beitragpflicht und dingliches Einstehen für eine Beitragsforderung im Falle des
Zuschlags in der Zwangsversteigerung dergestalt auseinanderfallen können und der
Grundstückseigentümer im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld – dies ist vorliegend der
Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides – für die gesamte Beitragsschuld mit seinem
Vermögen haftet, während er wegen der aus dem Zuschlag resultierenden gesetzlichen Folgen mit dem
Grundstück im Wege der Zwangsvollstreckung nur für die Zeit nach Zuschlag in Anspruch genommen
werden kann, wenn vor Entstehen der (persönlichen) Beitragspflicht ein Eigentumswechsel stattgefunden
hat. Darin liegt auch kein nicht mehr hinnehmbarer Wertungswiderspruch, denn der Heranziehung zu
Beiträgen ist durch die gesetzlich geregelte Festsetzungsverjährung (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG i.V. mit §§ 169
ff. AO) eine angemessene Grenze gesetzt.
Die Klage ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 VwGO abzuweisen. Soweit
hinsichtlich des erledigten Teiles nach billigem Ermessen über die Kosten zu entscheiden ist, sind diese
der Beklagten aufzuerlegen, weil diese durch die erfolgte Neufestsetzung der wiederkehrenden
Ausbaubeiträge für die Jahre 2001 bis 2004 den Kläger insoweit klaglos gestellt hat.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167
VwGO i.V. mit §§ 708 ff. ZPO.
B e s c h l u s s
der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz
vom 24. November 2010
Der Streitwert wird bis zur übereinstimmenden Erklärung der Erledigung des Rechtsstreites in der
Hauptsache auf 9.478,14 € und für die Zeit danach auf 9.027,18 € festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
B e s c h l u s s
der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz
vom 24. November 2010
Die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten des Klägers für das Vorverfahren wird für notwendig
erklärt.
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