Urteil des VG Köln vom 04.01.2011

VG Köln (schuldner, zpo, grundstück, hecke, vergleich, betrieb, grenze, zweifel, verwaltungsgericht, zwangsvollstreckung)

Verwaltungsgericht Köln, 2 M 84/10
Datum:
04.01.2011
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
2. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 M 84/10
Tenor:
1. Der Vollstreckungsantrag wird abgelehnt.
Die Vollstreckungsgläubiger tragen die Kosten des Verfahrens als
Gesamtschuldner.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
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Der Antrag der Vollstreckungsgläubiger,
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1. gegen die Vollstreckungsschuldner wegen der Nichtvornahme der Anpflanzung
einer gemischten Hecke gemäß Ziffer 1. des am 23. Februar 2010 in dem
verwaltungsgerichtlichen Verfahren VG Köln 2 K 3751/08 geschlossenen
Vergleichs ein Zwangsgeld festzusetzen und für den Fall, dass dieses nicht
beigetrieben werden kann, ersatzweise Zwangshaft anzuordnen,
2. gegen die Schuldner wegen Nichtvornahme der Erweiterung des auf ihrem
Grundstück befindlichen Paddocks gemäß Ziffer 2. des am 23. Februar 2010 in
dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren VG Köln 2 K 3751/08 geschlossenen
Vergleichs ein Zwangsgeld festzusetzen und für den Fall, dass dieses nicht
beigetrieben werden kann, ersatzweise Zwangshaft anzuordnen,
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ist zulässig, aber nicht begründet.
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I.
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Die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung liegen zwar vor. Der in der
mündlichen Verhandlung vom 23. Februar 2010 vor der erkennenden Kammer
geschlossene Vergleich ist ein wirksamer Vollstreckungstitel nach § 168 Abs. 1 Nr. 3
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VwGO. Dieser hat durch die Erklärungen der Beteiligten anlässlich des im Verfahren 2
M 57/10 durchgeführten Ortstermins vom 19. August 2010 keine rechtserhebliche
Änderung erfahren. Ausweislich des Terminprotokolls (vgl. dessen Ziffern I. und II.)
haben die Beteiligten des Prozessvergleichs vom 23. Februar 2010 zwar dessen Ziffern
1. und 2. in einigen Punkten modifiziert. Diese Erklärungen haben aber keine
rechtwirksame Änderung des Vergleichs vom 23. Februar 2010 bewirkt, dies schon
deshalb, weil die einschlägigen Formvorschriften des § 105 VwGO i.V.m. § 162 Abs. 1
ZPO nicht gewahrt sind. Eine mit einer Vollstreckungsklausel versehene Ausfertigung
des Prozessvergleichs vom 23. Februar 2010 (vgl. § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§
724, 725 ZPO) ist den Vollstreckungsgläubigern erteilt worden. Auch die nach § 167
Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 795 Satz 1 und 750 Abs. 1 ZPO erforderliche Zustellung
des Vergleichs ist erfolgt. Das Protokoll über die mündliche Verhandlung des
Verwaltungsgerichts vom 23. Februar 2010, in der der Vergleich geschlossen worden
ist, ist den Vollstreckungsschuldnern von Amts wegen zugestellt worden. Eine
Zustellung durch die Vollstreckungsgläubiger selbst ist darüberhinaus nicht erforderlich,
vgl. zuletzt OVG NRW, Beschluss vom 10. Juli 2006 - 8 E 91/06 - , NVwZ - RR
2007, 140; anderer Auffassung VGH Mannheim, Beschluss vom 03. April 1990 - 8
S 341/90 - , NVwZ - RR 1990, 447; zum Meinungsstand vgl. weiterhin Kraft in
Eyermann, Kommentar zur VwGO, 13. Auflage 2010, § 168 Rdnr. 18.
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Selbst wenn man aber eine Zustellung des Prozessvergleichs durch die Gläubiger
selbst rechtlich für erforderlich halten würde, für die hier nichts ersichtlich ist, könnten die
Schuldner aus diesem Verfahrensverstoß keine Rechte für sich herleiten. Die
Zustellungsregelung des § 750 ZPO dient ausschließlich dem Schutz des
Vollstreckungsschuldners. Es ist den anwaltlich vertretenen Schuldnern unbenommen,
auf diesen Schutz zu verzichten und sich - wie hier - auf das Vollstreckungsbegehren
sachlich einzulassen. Eine entsprechende Verfahrensrüge ist den
Vollstreckungsschuldnern damit gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 295 ZPO in jedem
Fall abgeschnitten.
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II.
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Zur Überzeugung des Gerichts steht jedoch nicht fest, dass auch die besonderen
Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung nach § 888 Abs. 1 ZPO, der hier über § 167
Abs. 1 Satz 1 VwGO Anwendung findet, vorliegen. Kann eine Handlung durch einen
Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des
Schuldners abhängt, nach § 888 Abs.1 Satz 1 ZPO auf Antrag von dem Prozessgericht
des ersten Rechtszugs zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung
durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch
Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei. Der Vollstreckungsgläubiger muss
beweisen, dass die Voraussetzungen des § 888 ZPO vorliegen,
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vgl. nur Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung,
69. Auflage 2011, § 888 ZPO, Randziffer 6.
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Gemessen daran ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass die
Vollstreckungsschuldner die von ihnen gemäß Ziffern 1. und 2. des Prozessvergleichs
vom 23. Februar 2010 geschuldeten Handlungen unterlassen haben.
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Unter Ziffer 1. des Vergleichs haben die Schuldner sich verpflichtet, im Bereich von 3
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Metern parallel zur Grundstücksgrenze zwischen dem Flurstück 00 und den Flurstücken
000 und 000 auf ihrem Grundstück eine gemischte Hecke mit einheimischem Gehölz
entlang der gesamten Grundstücksgrenze zu pflanzen, und zwar - aus Sicht des
Grundstücks der Schuldner in Richtung auf die Parzellen 000 und 000 - unmittelbar
hinter den zur Zeit dort stehenden Kirschbäumen. Es bestehen aus Sicht der Kammer
keine vernünftigen Zweifel daran, dass die Vollstreckungsschuldner dieser
Verpflichtung nachgekommen sind. Sie haben in der Antragserwiderung vom 16.
Dezember 2010 dargelegt, dass die Anpflanzung durch Büsche in Höhe von
mindestens 50 cm in lockerer Anordnung mit Abständen zwischen 50 cm und 1 Meter
erfolgt sei, so wie es ihnen ihr Gärtner für eine derartige Hecke vorgegeben habe.
Dieses Vorbringen haben die Vollstreckungsschuldner durch mehrere Fotografien (Blatt
53 und 54 der Gerichtsakte) belegt. Danach besteht kein durchgreifender Zweifel, dass
die Vollstreckungsschuldner Heckensträucher in der von ihnen angesprochenen
Anordnung im Bereich von ca. 3 Metern entlang der Grenze zwischen den Flurstücken
00 und 000/000 gepflanzt haben. Zur Anlage einer mehrreihigen Hecke sind die
Schuldner nach Ziffer 1. des Prozessvergleiches entgegen der Auffassung der
Vollstreckungsgläubiger nicht verpflichtet. Ob und inwieweit sich die gesetzten
Sträucher zu einer geschlossenen Hecke verdichten werden, bleibt abzuwarten. Sollte
sich aus den eingepflanzten Setzlingen auch nach längerem Zuwarten keine
geschlossene Hecke im herkömmlichen Sprachgebrauch entwickeln, so bleibt es den
Vollstreckungsgläubigern unbenommen, eine erneute Zwangsvollstreckung gegen die
Schuldner anzustrengen. Im Augenblick haben diese ihrer Verpflichtung in
ausreichendem Maße genügt.
Nach Überzeugung des Gerichts sind die Schuldner auch ihrer Verpflichtung nach Ziffer
2. des Prozessvergleichs vom 23. Februar 2010 ausreichend nachgekommen. Sie
haben sich danach verpflichtet, den zur Zeit auf der Parzelle 00 vorhandenen Paddock
in der Südwestecke ihres Grundstücks in folgendem Sinne nach Westen zu erweitern:
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"Der Paddock wird in Verlängerung der Grundstücksgrenze zwischen der Parzelle
00 einerseits und der Parzelle 000 andererseits in einer Länge von ungefähr 8
Metern in Richtung Westen, sodann nach Norden verspringend bis an den Weg
zum Reitplatz, schließlich nach Osten verspringend bis zur westlichen
Grundstücksgrenze mit der Parzelle 00 erweitert. Die genannte Fläche wird mit
einem Zaun eingezäunt. Der zur Zeit vorhandene Zaun entlang der westlichen
Grundstücksgrenze der Parzelle 00 wird in dem Bereich der Erweiterung des
Paddocks entfernt."
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Den Vollstreckungsgläubigern ist zwar einzuräumen, dass Verlauf bzw. Umfang der von
den Schuldnern vorgenommen Einfriedung des Paddocks nicht wörtlich exakt der von
den Schuldnern unter Ziffer 2. Satz 2 des Prozessvergleichs eingegangenen
Verpflichtung entsprechen. Dies räumen die Vollstreckungsschuldner in der
Antragserwiderung letztlich selbst ein und ergibt sich auch aus der von ihnen
vorgelegten Skizze (Blatt 60 der Gerichtsakte). Die Vollstreckungsschuldner
rechtfertigen den Verlauf des von ihnen errichteten Paddocks mit Vorgaben, die ihnen
vom Landrat des Oberbergischen Kreises (Umweltamt) auferlegt worden seien. Das
Gericht ist dennoch der Überzeugung, dass die Vollstreckungsschuldner mit der
Errichtung des Paddocks in seiner jetzigen Gestalt ihrer Verpflichtung unter Ziffer 2. des
Prozessvergleichs noch in ausreichendem Maße nachgekommen sind. Ziffer 2. des
Prozessvergleichs bedarf insoweit der Auslegung. Diese Ziffer ist in den Vergleich
aufgenommen worden vor dem Hintergrund, dass sich in der südwestlichen Ecke des
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Flurstücks 00 entlang der Grenze zum Grundstück der Vollstreckungsgläubiger die im
Betrieb der Vollstreckungsschuldner gehaltenen Pferde gedrängt haben, weil diese auf
dem Flurstück 00 keinen ausreichenden Auslauf hatten. Aus Sicht der
Vollstreckungsgläubiger kam es durch diese eng begrenzte Freilauffläche an der
Grenze zu ihrem Grundstück zu unzumutbaren Beeinträchtigungen. Um in diesem Punkt
für Abhilfe zu sorgen, haben die Vollstreckungsschuldner sich unter Ziffer 2. des
Vergleichs zu einer Erweiterung des vorhandenen Paddocks nach Westen vom
Grundstück der Vollstreckungsgläubiger weg verpflichtet. Damit sollte für die im Betrieb
gehaltenen Pferde eine ausreichende Auslaufmöglichkeit geschaffen werden und die
Beeinträchtigung durch die Tierhaltung für das Grundstück der Vollstreckungsgläubiger
deutlich vermindert werden. Die Kammer ist davon überzeugt, dass dieser von Ziffer 2.
des Vergleichs beabsichtigte Zweck auch mit dem Paddock, so wie er jetzt von den
Schuldner errichtet worden ist, erreicht wird. Denn es bestehen keine vernünftigen
Zweifel daran, dass die im Betrieb der Schuldner gehaltenen Pferde nunmehr
ausreichenden Auslauf auf einer Fläche von ca. 300 qm haben und die
Beeinträchtigungen durch die Pferdehaltung für das Grundstück der Gläubiger insoweit
auf ein zumutbares Maß gemindert werden.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 Abs. 1 und 159 Satz 2 VwGO. Die
Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 1 GKG.
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