Urteil des VG Köln vom 15.12.2010

VG Köln (hauptsache, anordnung, erlass, verwaltungsgericht, obsiegen, treppenhaus, wahrscheinlichkeit, glaubhaftmachung, antrag, errichtung)

Verwaltungsgericht Köln, 4 L 1263/10
Datum:
15.12.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 L 1263/10
Tenor:
1. Die Anträge werden abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens trägt die
Antragstellerin mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des
Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 100.000,00 Euro
festgesetzt.
Gründe
1
Die Anträge,
2
1. den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, das unter
lfd. Nr. 00 in der Denkmalliste der Stadt T. eingetragene Gebäude X.------straße 00-00 -
mit Ausnahme der straßenseitigen Fassaden - aus der Denkmalliste zu löschen,
3
2. den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den
Nachtragsbauantrag vom 2.7.2010 positiv zu bescheiden,
4
haben keinen Erfolg.
5
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen
Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung
erlassen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern
oder wenn diese Regelung aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Erlass einer
einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der Antragsteller sowohl einen
Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat (§ 123
Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Ist der Antrag - wie vorliegend - auf eine
Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet, so sind an die Glaubhaftmachung von
Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch erhöhte Anforderungen zu stellen. Der
Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt dann nur in Betracht, wenn ein Obsiegen
des Antragstellers in der Hauptsache bei summarischer Prüfung mit hoher
Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und der Erlass der einstweiligen Anordnung zur
Gewährung effektiven Rechtsschutzes notwendig ist, weil die sonst zu erwartenden
6
Nachteile für den Antragsteller schlechterdings unzumutbar wären und sich auch bei
einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr ausgleichen ließen.
Gemessen an diesen Anforderungen kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung
im vorliegenden Fall nicht in Betracht.
7
a) Es fehlt bereits an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs, da nicht mit
der für eine Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit
von einem Obsiegen der Antragstellerin in der Hauptsache auszugehen ist. Die
Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind nach dem gegenwärtigen Sach- und
Streitstand vielmehr als offen einzuschätzen. Hinsichtlich des Antrages zu 1. wird die
tatsächlich und rechtlich schwierige Frage zu klären sein, ob nach der Eintragung des
Objekts X.------straße 00-00 in die Denkmalliste die Denkmaleigenschaft - etwa aufgrund
der mit Bescheid vom 7.10.2008 genehmigten und durchgeführten Abbrucharbeiten -
(teilweise) entfallen ist und ob - bejahendenfalls - der Antragstellerin ein Anspruch auf
(teilweise) Löschung aus der Denkmalliste gemäß § 3 Abs. 4 DSchG NRW zusteht. In
diesem Zusammenhang wird möglicherweise auch der Umstand Bedeutung gewinnen,
dass sowohl die - bestandskräftige - Teilabbruchgenehmigung vom 7.10.2008 als auch
die - bestandskräftige - Baugenehmigung zur Errichtung des Facharztzentrums vom
20.5.2010 die Auflage beinhalteten, das Treppenhaus zu erhalten. Angesichts der
Komplexität dieser Fragen, die einer abschließenden Beantwortung im Rahmen des
vorliegenden Eilverfahrens nicht zugänglich sind, kann nicht angenommen werden,
dass die Antragstellerin im Hauptsacheverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit obsiegen
wird. Entsprechendes gilt hinsichtlich des Antrages zu 2., in dessen Rahmen ebenfalls
von Bedeutung sein wird, ob dem in Rede stehenden Treppenhaus weiterhin die
Denkmaleigenschaft zukommt und ob der Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen
Erlaubnis zum Abbruch des Treppenhauses ab dem 1. Obergeschoss die Auflagen zur
bestandskräftigen Teilabbruchgenehmigung vom 7.10.2008 sowie zur bestandskräftigen
Baugenehmigung vom 20.5.2010 entgegenstehen.
8
b) Daneben fehlt es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes. Die
Antragstellerin beruft sich insoweit ausschließlich auf wirtschaftliche Interessen und
macht geltend, dass sich eine geänderte Bauausführung entsprechend dem
Nachtragsbauantrag, d.h. unter Abbruch des Treppenhauses ab dem 1. Obergeschoss,
erst nach einem - positiven - Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht mehr
realisieren ließe, da die mit den zukünftigen Praxisbetreibern abgeschlossenen
Mietverträge eine bezugsfertige Überlassung der Praxisräume spätestens zum 1.3.2011
vorsähen. Dies reicht nach Auffassung der Kammer nicht aus, um einen die
Vorwegnahme der Hauptsache gebietenden Anordnungsgrund annehmen zu können.
Dabei schlägt zu Lasten der Antragstellerin maßgeblich zu Buche, dass sie für die
kurzfristige Änderung der Bauplanung und die daraus resultierenden Schwierigkeiten
bei der Einhaltung des vertraglich vereinbarten Bezugsdatums selbst verantwortlich ist.
Noch bei der Stellung des Bauantrages für die Errichtung des Facharztzentrums unter
dem 16.12.2009 sollte das Treppenhaus ausweislich der beigefügten Pläne in
sämtlichen Geschossen erhalten bleiben. Bei dieser Sachlage kann nicht davon
gesprochen werden, dass die mit einem Verweis auf den Ausgang der Hauptsache für
die Antragstellerin verbundenen Nachteile schlechterdings unzumutbar sind.
9
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die außer-
gerichtlichen Kosten des Beigeladenen waren nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil
er keinen Antrag gestellt und sich damit nicht dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO
10
ausgesetzt hat.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG. Der festgesetzte
Betrag entspricht der geschätzten wirtschaftlichen Bedeutung des begehrten
Teilabrisses des Treppenhauses für die Antragstellerin. Von einer Reduzierung des
Streitwertes im einstweiligen Rechtsschutzverfahren hat die Kammer abgesehen, da die
gestellten Anträge auf eine endgültige Vorwegnahme der Hauptsache hinauslaufen (vgl.
Ziff. 1.5 Satz 2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004).
11