Urteil des VG Köln vom 01.03.2007

VG Köln: markt, beurteilungsspielraum, zusammenschaltung, post, behörde, unternehmen, kommission, produkt, kollokation, betreiber

Verwaltungsgericht Köln, 1 K 4148/06
Datum:
01.03.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
1. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 K 4148/06
Tenor:
Ziffer I. 3 des Bescheides der Bundesnetzagentur vom 29. August 2006
wird aufgehoben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin und die Beklagte je zur
Hälfte.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
1
Die Klägerin betreibt ein digitales zellulares Mobilfunknetz nach dem GSM- Standard
und dem UMTS-Standard.
2
Mit Bescheid vom 29. August 2006 ( ), zugestellt am 30. August 2006, entschied die
Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen
(Bundesnetzagentur - BNetzA) zum einen, dass - aufgrund der Festlegung durch ihre
Präsidentenkammer - die als "Betroffene" bezeichnete Klägerin auf dem bundesweiten
(Großkunden-)Markt für Anrufzustellungen in ihr Mobiltelefonnetz über beträchtliche
Marktmacht verfüge. Zum anderen beschloss die BNetzA:
3
"I.
4
R e g u l i e r u n g s v e r f ü g u n g
5
1. Die Betroffene wird dazu verpflichtet, Betreibern von öffentlichen Telefonnetzen
6
1.1 die Zusammenschaltung mit ihrem öffentlichen Mobiltelefonnetz am
Vermittlungsstandort der Betroffenen zu ermöglichen,
7
1.2 über die Zusammenschaltung Verbindungen in ihr Netz zu terminieren und
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1.3 zum Zwecke des Zugangs gemäß Ziffern 1.1 und 1.2 Kollokation sowie im Rahmen
dessen Nachfragern bzw. deren Beauftragten jederzeit Zutritt zu diesen Einrichtungen
zu gewähren.
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2. Die Betroffene wird dazu verpflichtet, dass Vereinbarungen über Zugänge nach Ziffer
1 auf objektiven Maßstäben beruhen, nachvollziehbar sind, einen gleichwertigen
Zugang gewähren und den Geboten der Chancengleichheit und Billigkeit genügen.
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3. Die Entgelte für die Gewährung des Zugangs und der Kollokation gemäß Ziffer 1
unterliegen der Genehmigung nach Maßgabe des § 31 TKG.
11
II.
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Der Betroffenen wird auferlegt, ein Standardangebot für Zugangsleistungen, zu deren
Angebot sie durch die in dieser Entscheidung ergangene(n) Regulierungsverfügung
verpflichtet worden ist und für die eine allgemeine Nachfrage besteht, innerhalb von drei
Monaten nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu veröffentlichen.
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Die Angaben zu den Standorten des Zugangs bzw. der Kollokation müssen nicht
veröffentlicht werden, sie müssen nur auf Nachfrage interessierten Unternehmen
zugänglich gemacht werden."
14
Zur Begründung führte die BNetzA aus:
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Die sachlich relevanten Märkte entsprächen der von der EU-Kommission
ausgesprochenen Empfehlung für Markt 16 ("Anrufzustellung in einzelnen
Mobilfunktelefonnetzen"). Es handele sich mithin um die bundesweiten GSM- und
UMTS-Mobilfunknetze von U. , W. , F. und der Klägerin. Auf diesen
regulierungsbedürftigen relevanten Märkten für Anrufzustellung in das jeweilige
Mobiltelefonnetz verfüge das jeweilige Unternehmen über beträchtliche Marktmacht im
Sinne des § 11 des Telekommunikationsgesetzes (TKG). Die Zusammenschaltungs-
und die Terminierungsverpflichtung seien der Klägerin nach § 21 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 2 Nr.
1 TKG auferlegt worden. Ein Absehen von letzterer Verpflichtung wäre den Interessen
der Endnutzer zuwidergelaufen. Die Auferlegung der Verpflichtung sei gerechtfertigt und
stehe in einem angemessenen Verhältnis zu den Regulierungszielen des § 2 Abs. 2
TKG. Die Kollokationsverpflichtung erfolge auf der Grundlage von § 21 Abs. 3 Nr. 4
TKG. Sie sei geeignet, erforderlich und unter Berücksichtigung des Kriterienkatalogs
des § 21 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 7 TKG auch angemessen. Rechtliche Grundlagen für
das Diskriminierungsverbot seien die §§ 9 Abs. 2, 13 und 19 TKG.
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Die Entgelte für die auferlegten Zugangsverpflichtungen seien gemäß § 30 Abs.1 Satz 1
TKG der Vorabregulierung zu unterwerfen gewesen, weil die in § 30 Abs. 1 Satz 2 TKG
aufgeführten Voraussetzungen für ein Abweichen vom Genehmigungserfordernis nach
Satz 1 nicht vorlägen. Die nachträgliche Regulierung sei nämlich nicht ausreichend, um
das Regulierungsziel der "Wahrung der Verbraucherinteressen" zu erreichen. Die
Verbraucherinteressen würden mittelbar durch die Entgelte der Klägerin berührt, wenn
diese überhöht seien, was dann der Fall sei, wenn sie sich nicht an den Kosten der
effizienten Leistungsbereitstellung (KeL) orientierten. Durch eine nachträgliche
Regulierung gemäß § 38 TKG könne die gebotene Kostenorientierung nicht
ausreichend sichergestellt werden, weil insoweit nur eine Missbrauchskontrolle dahin
stattfinde, ob die Entgelte maßlos seien. Die Verbraucherinteressen würden durch die
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Entgelte der Klägerin auch deshalb wesentlich betroffen, weil ein Netzbetreiber die
Terminierung in das Netz der Klägerin einkaufen müsse, um Verbindungen in das
Mobilfunknetz der Klägerin anbieten zu können. Das Terminierungsentgelt sei ein Teil
seiner Kosten, die er - zumindest teilweise - an seine Endkunden weitergebe.
Erfahrungsgemäß führten spürbare Absenkungen der (Vorleistungs-)Entgelte zu
durchschnittlich niedrigeren Endkundenentgelten. Eine Übergangsfrist zur Einführung
der ex-ante-Regulierung sei nicht vorzusehen gewesen. Die zehnwöchige Antragsfrist
nach § 31 Abs. 5 TKG diene nicht dem Schutz des regulierten Unternehmens, sondern
demjenigen der Nachfrager. Ohnehin könne durch eine vorläufige Anordnung gemäß §
130 TKG sichergestellt werden, dass die Klägerin durch die sofortige Einführung der
Genehmigungspflicht nicht um ihren Entgeltanspruch gebracht werde. Zudem sei der
Klägerin schon seit Februar 2006 bekannt, dass die Einführung einer
Genehmigungspflicht erwogen werde, weshalb sie hinreichend Zeit zur Vorbereitung
ihres Genehmigungsantrages gehabt habe. Die Pflicht zur Einräumung einer
Übergangsfrist folge auch nicht aus § 13 Abs. 1 Satz 1 TKG, der lediglich den Widerruf
einer Verpflichtung, nicht aber deren erstmalige Auferlegung regele. Die Auferlegung
der Verpflichtung zur Erstellung eines Standardangebotes folge aus § 23 Abs. 1 TKG.
Die Klägerin hat am 15. September 2006 Klage erhoben. Sie trägt vor:
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Der Bescheid sei formell rechtswidrig, weil kein ordnungsgemäßes
Konsultationsverfahren stattgefunden habe. So sei sie - die Klägerin - zum Entwurf der
Regulierungsverfügung nicht ordnungsgemäß angehört worden. Insbesondere die
alleinige Durchführung einer Anhörung zum an U. gerichteten Entwurf einer
Regulierungsverfügung sei nicht ausreichend gewesen. Eine Heilung der
Verfahrensfehler nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG)
scheitere an dessen Unanwendbarkeit. Dieser Verfahrensfehler sei nicht unbeachtlich
im Sinne des § 46 VwVfG. Auch habe die BNetzA ihre noch im Konsultationsverfahren
bestehende Rechtsauffassung, bei freiwilliger Fortsetzung des Absenkungspfades
reiche eine ex-post-Kontrolle aus, stillschweigend geändert. Die genannten Fehler
verletzten sie auch in ihren Rechten. Der Verfahrensfehler habe zu Abwägungsfehlern
geführt.
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Der angefochtene Bescheid sei auch materiell rechtswidrig. Dies gelte zunächst für die
darin enthaltene Festlegung der Präsidentenkammer. Die Feststellung beträchtlicher
Marktmacht sei im Falle der Klägerin schon deshalb unzutreffend, weil sie auf dem
jedenfalls vorliegend nicht anwendbaren Konzept "Ein Netz-Ein Markt" beruhe. Selbst
bei Anwendung dieses Grundsatzes aber verfüge sie nicht über beträchtliche
Marktmacht. Es treffe nicht zu, dass jedes Mobilfunknetz im Rahmen der Terminierung
einen eigenen Markt darstelle, denn eine Substitution der Terminierungsleistung der
Klägerin sei Endkunden, von deren Nachfrage die Vorleistungsnachfrage direkt
abgeleitet werde, auf zahlreichen Wegen - etwa durch Inanspruchnahme von Home-
Zone Produkten oder Rückrufen - möglich. Die BNetzA habe es versäumt, eine
gesonderte Untersuchung zum Substitutionsverhalten durchzuführen. Im Übrigen seien
auch die Angebote von Service-Providern und Discountern fälschlich außer Acht
gelassen worden. Schließlich nutze sie, die Klägerin, als einziger deutscher
Mobilfunknetzbetreiber nicht nur ein Netz, da ihr GSM-Netz noch nicht voll ausgebaut
sei. Zum Zwecke der Terminierung nutze sie in etwa 10 % aller für Endkunden
benutzten Verkehrsminuten das Netz von U.
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Auch unter Zugrundelegung des Konzepts der BNetzA fehle ihr die beträchtliche
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Marktmacht. Eine Preissetzungsfreiheit bestehe in ihrem Falle als kleinstem
Mobilfunkunternehmer allenfalls eingeschränkt. Sie könne ihre Terminierungsentgelte
nicht unabhängig von den drei großen Netzbetreibern festsetzen. Derzeit biete sie
deshalb Terminierungsleistungen unterhalb der ihr tatsächlich entstehenden Kosten an.
Die BNetzA habe unzulässigerweise versäumt, das Marktversagen bezogen auf den
konkreten Netzbetreiber festzustellen. Insbesondere U1. verfüge über eine beträchtliche
direkte entgegengerichtete Nachfragemacht; eine solche werde im Übrigen auch durch
Service-Provider und Discounter und deren No-Frills Angebote ausgeübt. Zudem übten
die Endkunden eine indirekte entgegengerichtete Nachfragemacht aus.
Die Behörde habe nicht ausreichend untersucht und substantiiert dargelegt, wieso das
allgemeine Wettbewerbsrecht nicht ausreiche. Auf die Märkte-Empfehlung der
Kommission könne sie sich insoweit nicht stützen, weil diese veraltet sei. Insbesondere
hätte geprüft werden müssen, ob die von der BNetzA angenommene
Regulierungsbedürftigkeit der Mobilfunkterminierungsentgelte erst durch die
Regulierung der Festnetztarife geschaffen worden sei. Jedenfalls in Bezug auf die
Terminierung auf "H. "-Festnetznummern habe die Klägerin keine beträchtliche
Marktmacht, weil sie sich insoweit nicht unabhängig von ihren Wettbewerbern,
insbesondere den Festnetzanbietern, verhalten könne.
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Die Marktdefinition der BNetzA sei auch insofern unzutreffend, als die Leistung "lokale
Anrufweiterleitung", die im Rahmen der Terminierung im Netz der Klägerin nicht
existiere, nicht habe einbezogen werden dürfen. Auch die Anrufzustellung im Rahmen
von "H. ", die überwiegend im Festnetz von C. (Germany) erfolge, sei nicht
Marktbestandteil.
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Die Regulierungsverfügung selbst sei auch materiell rechtswidrig, dies insbesondere im
Hinblick auf die Anordnung der ex-ante-Entgeltgenehmigungspflicht. Insoweit sei es
zunächst zu einem völligen Ermessensausfall gekommen. Des Weiteren erforderten die
Regulierungsziele, insbesondere dasjenige der Wahrung der Verbraucherinteressen,
keine ex-ante-Kontrolle. Zu deren Wahrung sei nicht unbedingt ein möglichst niedriges
Niveau der Terminierungsentgelte anzustreben; vielmehr sei auch eine hochwertige
Versorgung im Sinne der Verbraucher, für die wiederum Investitionen in Milliardenhöhe
erforderlich seien, die allein unter Heranziehung der Terminierungsentgelte als
Kostendeckungsbeitrag möglich seien. Sinkenden Verbraucherpreisen auf der einen
Seite stünden damit steigende Verbraucherpreise auf der anderen gegenüber. Diesen
sog. Wasserbetteffekt habe die BNetzA verkannt. Ihre Terminierungsentgelte seien nicht
überhöht, zumal sie einen freiwilligen Absenkungspfad eingeschlagen habe, welcher
eine Entgeltüberhöhung auch für die Zukunft ausschließe. In der Nichtberücksichtigung
dieses Absenkungspfades liege ein weiteres Abwägungsdefizit. Die Tatsache, dass
sich F. als einziger der vier Mobilfunknetzbetreiber geweigert habe, eine Vereinbarung
über den Absenkungspfad zu schließen, sei für Regulierungsmaßnahmen gegenüber
ihr, der Klägerin, unerheblich. Für das Verhalten von F. könne sie nicht verantwortlich
gemacht werden; vielmehr hätten die jeweiligen Absenkungspfade der einzelnen
Mobilfunknetzbetreiber unabhängig voneinander beurteilt werden müssen. Die Behörde
habe unzutreffenderweise KeL als Maßstab für die Frage der Entgeltüberhöhung
gewählt und nicht den Missbrauchsmaßstab. Jedenfalls sei eine nachträgliche
Entgeltregulierung, deren Prüfungstiefe die BNetzA verkannt habe, ausreichend
gewesen. Weiter sei die Abwägung der verschiedenen Regulierungsziele unzureichend
ausgefallen, was einem völligen Abwägungsausfall gleichkomme. Ein weiteres
Abwägungsdefizit liege in der unzureichenden Berücksichtigung des Regulierungsziels
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der Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs, welches in ihrem Falle als
nicht erheblich qualifiziert worden sei. Insoweit hätte die BNetzA berücksichtigen
müssen, dass eine milde Regulierung der Entgelte der Klägerin gerade zur Herstellung
eines chancengleichen Wettbewerbs hätte beitragen können. Insoweit habe die BNetzA
erwägen müssen, ob hinsichtlich der aufzuerlegenden Regulierungsmaßnahmen
zwischen den Betreibern zu differenzieren sei. Ein weiteres Abwägungsdefizit liege in
der nicht ausreichenden Berücksichtigung des Regulierungsziels des § 2 Abs. 2 Nr. 3
TKG. Infolge des Ausfalls geplanter Einnahmen aufgrund der angefochtenen Verfügung
unterblieben voraussichtlich ein Teil des geplanten Netzausbaus der Klägerin sowie
weitere Innovationen.
Auch die Auferlegung der Zusammenschaltungs- und Terminierungsverpflichtung sowie
der Gleichbehandlungsverpflichtung sei aus Gründen der Verhältnismäßigkeit
rechtswidrig, diejenige der Kollokationsverpflichtung sei aus Gründen der Unmöglichkeit
rechtswidrig; die Rechtswidrigkeit der Verpflichtung zur Vorlage eines
Standardangebotes folge daraus, dass es eine Nachfrage nach isolierten
Terminierungsleistungen der Klägerin nicht gebe.
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Jedenfalls in Bezug auf die Terminierung unter "H. "-Festnetzrufnummern seien die
angeordneten Regulierungsmaßnahmen rechtswidrig. Eine Zusammenschaltung und
Terminierung sei ihr insoweit schon nicht möglich, da die "H. "-Rufnummern aus dem
Bestand der C. (Germany) stammten.
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Der Hilfsantrag sei notwendig, da unklar sei, ob die Marktabgrenzung zum regelnden
Teil der Regulierungsverfügung gehöre.
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Die Klägerin beantragt,
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1. den Bescheid der Bundesnetzagentur vom 29. August 2006 aufzuheben,
29
2. hilfsweise,
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festzustellen, dass Anrufzustellungen im Rahmen des "H. "-Produktes der Klägerin auf
"H. "-Festnetznummern nicht dem regulierungsbedürftigen relevanten Markt im Sinne
der vorgenannten Bescheides unterfallen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie verteidigt den angefochtenen Bescheid und trägt vor: Der Bescheid sei zunächst
formell rechtmäßig. Die insoweit behaupteten Fehler des Konsultations- und
Konsolidierungsverfahrens verletzten die Klägerin ohnehin nicht in ihren Rechten. Die
Verfahren seien aber auch ordnungsgemäß durchgeführt worden. Insbesondere habe
sie ihren Standpunkt zur Relevanz des Absenkungspfades nicht geändert; auch sei kein
Automatismus in der von der Klägerin angenommenen Weise angelegt gewesen.
Jedenfalls seien etwaige Fehler geheilt worden oder unbeachtlich.
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Darüber hinaus sei der Bescheid auch materiell rechtmäßig. Dies gelte zunächst für die
Marktdefinition und -analyse. Hinsichtlich der Marktdefinition stehe ihr ein
Beurteilungsspielraum zu, innerhalb dessen die Stellungnahmen der Kommission und
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der übrigen nationalen Regulierungsbehörden weitestgehend zu berücksichtigen seien.
Dass es zu einer Über- oder Unterschreitung dieses Beurteilungsspielraums bzw. einer
Zweckverfehlung oder einem Missbrauch gekommen wäre, sei weder ersichtlich noch
vorgetragen. Der Wunsch der Klägerin nach einem abweichenden
Entscheidungsergebnis reiche hierfür nicht aus. Hilfsweise sei darauf hinzuweisen,
dass die Einzelnetzbetrachtung rechtmäßig sei. Insbesondere bestehe nicht jede
Substitutionsmöglichkeit auf Endnutzerebene auch gleichzeitig auf der vorliegend in
Rede stehenden Vorleistungsebene. Aber auch bei Substitutionsmöglichkeiten, die die
Höhe der Terminierungsentgelte beeinflussten, sei ein Wettbewerbsdruck auf das
Angebot von Terminierungsleistungen nicht feststellbar. Insbesondere beim "H. "-
Produkt der Klägerin, das ohnehin nur von 35 % ihrer Teilnehmer genutzt werde, sei die
Austauschbarkeit deshalb nicht gegeben, weil es insoweit gerade an der für Anrufe an
Mobilfunknummern typischen orts-unabhängigen Erreichbarkeit des Angerufenen fehle.
Auch das methodische Vorgehen der BNetzA sei nicht zu beanstanden; schon im
Ansatz komme es nicht auf eine empirische Begründung der Marktabgrenzung an, da
die Bewertung der Austauschbarkeit auf Abstraktionsvorgängen beruhe. Auch der
Umstand, dass die Klägerin teilweise auf Vorleistungen von U. angewiesen sei, ändere
nichts an der sachlichen Marktabgrenzung. Dass die Klägerin für die
Leistungserbringung technisch auf die Mitwirkung eines anderen
Mobilfunknetzbetreibers angewiesen sie, ändere nichts daran, dass es für den
Terminierungsnachfrager auch für diese Anrufe kein Substitut zur Anrufzustellung durch
die Klägerin, in deren Netz die Mobilfunknetznummer geschaltet sei und welche
insoweit allein den Preis für die Terminierung bestimme, gebe. Die
Regulierungsbedürftigkeit des Terminierungsmarkts sei zu Recht im Rahmen der zu
treffenden Prognoseentscheidung bejaht worden. Auch die Marktanalyse, bei der
ebenfalls ein Beurteilungsspielraum auf Seiten der Behörde bestehe, sei rechtmäßig.
Auch das "H. "-Produkt sei zu Recht in den Markt einbezogen worden. Insbesondere
handele es sich hierbei um eine von der Klägerin gegenüber C. (Germany) erbrachte
Mobilfunkterminierung. Nur insoweit sei das Produkt Teil des Marktes, nicht aber soweit
die Weiterleitung durch C. (Germany) betroffen sei. Die Marktanalyse sei rechtmäßig.
Auch insoweit habe sie einen Beurteilungsspielraum. Die Klägerin verfüge über
beträchtliche Marktmacht, die auch nicht durch direkte oder abgeleitete Nachfragemacht
ausgeglichen werde. Eine andere Beurteilung sei insbesondere nicht durch die von der
Klägerin aufgezeigte bisherige Entwicklung der Terminierungsentgelte bedingt. Die
erreichten Ab- senkungen seien eher als Indiz für das Ausmaß der ursprünglichen
Überhöhung zu werten und zur Abwendung behördlichen Einschreitens erfolgt. Ihre
Behauptung, sie erbringe die Terminierungsleistungen kostenunterdeckend, sei
unsubstantiiert. Die Auferlegung der Genehmigungspflicht sei ebenfalls zu Recht erfolgt.
Auf der Tatbestandsseite des § 30 Abs. 1 Satz 2 TKG sei ihr ein Beurteilungsspielraum
eingeräumt, auf der Rechtsfolgenseite ein Dispensermessen, welche beide nicht auf
Null reduziert gewesen seien. Für die zu treffende Entscheidung sei keine positive
Feststellung erforderlich gewesen, dass die zu regulierenden Entgelte tatsächlich
überhöht seien. Eine solche habe sie auch nicht getroffen; sie habe lediglich festgestellt,
dass derartige Überhöhungen die Regulierungsziele gefährden würden. Auch sei keine
Vergleichsmarktbetrachtung durchgeführt worden, die eine Methode der - vorliegend
noch nicht anstehenden - Entgeltregulierung sei. Bei der Gewinnung des
Abwägungsmaterials auf der vorgelagerten Stufe sei sie nicht auf das gesetzliche
Instrumentarium der Entgeltregulierung beschränkt. Die Auffassung der Klägerin, im
Rahmen von § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TKG müsse stets die Bedeutung aller
Regulierungsziele für den konkreten Sachverhalt herausgearbeitet werden, und
anschließend seien alle Regulierungsziele mit der ihnen jeweils zukommenden
Bedeutung in eine Abwägung mit den anderen Regulierungszielen einzustellen, finde
keine Stütze im Gesetz. Zur Wahrung der Verbraucherinteressen seien nicht möglichst
niedrige Terminierungsentgelte angestrebt worden, sondern lediglich ein nicht
überhöhtes Entgeltniveau. Im Übrigen fördere eine Senkung der Terminierungsentgelte
durch den hierdurch ausgeübten Druck zur Kostenminimierung eher die Investitions-
und Innovationsbereitschaft als eine Beibehaltung überhöhter Terminierungsentgelte.
Der von der Klägerin bemühte Wasserbetteffekt sei hinsichtlich § 2 Abs. 2 Nr. 1 TKG
ohne Belang. Quersubventionierungen zugunsten einzelner Verbrauchergruppen, die
erst durch überhöhte Entgelte möglich würden, berührten keine gesetzlich geschützten
Verbraucherinteressen. Bei der Abwägungsentscheidung sei auch der vereinbarte
Absenkungspfad ausdrücklich einbezogen worden. Entgegen der Ansicht der Klägerin
sei die Behörde zudem der Frage nachgegangen, ob bei den kleineren
Mobilfunknetzbetreibern zumindest im Bereich der Entgeltregulierung eine
eingriffsschwächere Regulierung u.a. im Hinblick auf die unterschiedlichen
Startbedingungen geboten sein könnte als bei den D-Netz- Betreibern, dies allerdings
nicht in der streitgegenständlichen Regulierungsverfügung, sondern derjenigen, die
gegenüber F. ergangen sei.
Auch die Auferlegung der übrigen regulatorischen Verpflichtungen sei
rechtmäßigerweise erfolgt. Insbesondere mit der Kollokationsverpflichtung werde der
Klägerin nichts Unmögliches abverlangt, da sie jedenfalls die Verfügungsmacht über die
angemieteten Räumlichkeiten innehabe. Im Übrigen komme eine Beschränkung von
Zugangsverpflichtungen auf verfügbare Kapazitäten nicht in Betracht. Auch ihr
Unvermögen in Bezug auf "H. " könne die Klägerin einfach beheben, indem sie
entweder in ihrem Netz eine Rufnummernumwertung implementiere oder ihren
Zusammenschaltungspartnern die erforderliche Information über die
Rufnummernumwertung zur Verfügung stelle.
36
Gegen die Zulässigkeit des Hilfsantrages bestünden Bedenken, da insoweit eine
abstrakte Rechtsfrage zur Entscheidung gestellt werde. Jedenfalls sei der Antrag
unbegründet.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Bundesnetzagentur
verwiesen.
38
Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Klage hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
40
Der angefochtene Bescheid der BNetzA vom 29. August 2006 ist insoweit rechtswidrig
und verletzt die Klägerin insofern in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 der
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), als ihre Zugangs- und Kollokationsentgelte in
Ziffer I. 3. der Genehmigung nach Maßgabe des § 31 TKG unterworfen worden sind. Im
Übrigen ist der angefochtene Bescheid rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in
ihren Rechten.
41
Dabei ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des
angefochtenen Bescheides der Zeitpunkt der Entscheidung der BNetzA,
42
vgl. Urteile der Kammer vom 05. November 1998 - 1 K 5929/97 - und vom 20. Oktober
43
2005 -1 K 6724/02-; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG
NRW) Urteil vom 07. Februar 2000 - 13 A 180/99 -; Bundesverwaltungsgericht
(BVerwG), Urteile vom 25. April 2001 - 6 C 6.00 -, NVwZ 2001,1399 (UA 12) und vom
03. Dezember 2003 - 6 C 20.02 - (UA 13).
Zunächst liegen die von der Klägerin gerügten Fehler bei der Durchführung des
Konsultationsverfahrens nicht vor. Insbesondere genügte die Veröffentlichung des U. -
Mobile-Konsultationsentwurfes den Anforderungen der §§ 12 Abs. 1 Satz 1, 13 Abs. 1
Satz 1 TKG in der hier maßgeblichen Fassung vom 22. Juni 2004 (BGBl. I 2004, 1190).
44
Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 TKG gibt die Regulierungsbehörde den interessierten Kreisen
Gelegenheit, zu dem Entwurf der Ergebnisse nach den §§ 10 und 11 Stellung zu
nehmen. Dies gilt gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 TKG entsprechend, wenn die
Regulierungsbehörde - wie vorliegend - auf Grund einer Marktanalyse nach § 11
Verpflichtungen u.a. nach den §§ 19, 20, 21, 24, 30 auferlegt, sofern die Maßnahme
Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten hat.
45
Den Anforderungen der genannten Vorschriften genügt es, jeweils nur den Tenor des
Entscheidungsentwurfs zu Konsultation zu stellen. Dies ergibt sich aus einem Vergleich
der Absätze 1 und 2 des § 12 TKG, in denen der Gesetzgeber zwischen dem bloßen
Entwurf einerseits und einem begründeten Entwurf andererseits unterscheidet. Denn
während in § 12 Abs. 1 TKG (wie auch in Art. 6 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie (Richtlinie
2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 07. März 2002 über
einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -
dienste, ABl. EG Nr. L 108, S. 33 - RRL -), deren Umsetzung § 12 TKG dient), lediglich
vom Entwurf der Ergebnisse die Rede ist, sieht § 12 Abs. 2 Nr. 1 TKG (entsprechend der
zugrundeliegenden Vorschrift des Art. 7 Abs. 3 RRL) vor, dass nach Durchführung des
Verfahrens nach Absatz 1, der Entwurf der Ergebnisse mit einer Begründung der
Kommission und den anderen nationalen Regulierungsbehörden zur Verfügung gestellt
wird. Eine andere Vorgehensweise wäre auch insofern nicht sachgerecht, als sie dazu
führen würde, dass jede beabsichtigte Änderung der Begründung des Entwurfes eine
erneute Konsultationspflicht auslöste.
46
Über den in Bezug auf ihr Unternehmen beabsichtigten Tenor aber war die Klägerin
auch durch die Veröffentlichung des Konsultationsentwurfes bezüglich des
Unternehmens U. mit dem Zusatz, dass im Wesentlichen identische Beschlusskonzepte
gegenüber allen vier Mobilfunknetzbetreibern vorlägen, informiert.
47
Dies gilt auch in Ansehung des Umstandes, dass sich in mehreren Fußnoten der Zusatz
48
"Dies wäre anders zu beurteilen, wenn die Betroffene den Absenkungspfad freiwillig
fortsetzen würde, also entsprechende Vereinbarungen schließen würde. In diesem Fall
könnte die Beschränkung auf eine nachträgliche Entgeltkontrolle zur Erreichung der
Regulierungsziele ausreichen, weil die Betroffene an den Absenkungspfad gebunden
wäre."
49
befand. Diese Anmerkung relativierte nicht den beabsichtigten Tenor, sondern räumte
der Klägerin lediglich die Möglichkeit ein, weiter gegen die beabsichtigte Auferlegung
der ex-ante-Regulierung vorzutragen.
50
Der angefochtene Bescheid ist auch - mit Ausnahme seiner Ziffer I. 3 - materiell
51
rechtmäßig.
Dies gilt zunächst für die Festlegung der Präsidentenkammer und die in diesem
Zusammenhang durchgeführte Marktdefinition und Marktanalyse.
52
Nach § 10 Abs. 1 TKG legt die Regulierungsbehörde im Rahmen der Marktdefinition die
sachlich und räumlich relevanten Telekommunikationsmärkte fest, die für eine
Regulierung nach den Vorschriften des Teiles 2 des TKG in Betracht kommen. Bei
dieser Marktabgrenzung ist gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 TKG die Empfehlung der
Kommission vom 11. Februar 2003 (ABl. EG Nr. L 114 S. 45 - Märkteempfehlung -)
weitestgehend zu berücksichtigen. Diese hat den Markt 16 - Anrufzustellung in
einzelnen Mobiltelefonnetzen - als potentiell regulierungsbedürftig eingestuft und damit
wiederum Anhang I Ziffer 2 zur RRL, der den Markt für Anrufzustellung in öffentlichen
Mobilfunknetzen als einen der Märkte benannte, die in die erste Empfehlung der
Kommission über die relevanten Produkt- und Dienstmärkte aufzunehmen waren,
umgesetzt. Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber auf diese Weise die
Märkteempfehlung zum Tatbestandsmerkmal des § 10 TKG erhoben hat, ergibt sich,
dass eine Abweichung von ihr nur ausnahmsweise aufgrund nationaler Besonderheiten
gerechtfertigt sein kann,
53
vgl. auch: Urteil der Kammer vom 17. November 2005 - 1 K 2924/05 -.
54
Im Regelfall hat die BNetzA damit im Rahmen der Marktabgrenzung - lediglich - die
räumliche Tragweite des relevanten Marktes zu bestimmen,
55
vgl. Ziff. 36 der Leitlinien der Kommission zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher
Marktmacht nach dem gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische
Kommunikationsnetze und -dienste (ABl. EG Nr. C 165 Seite 6 - Leitlinien -).
56
Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die BNetzA im Rahmen der Marktdefinition
über einen Beurteilungsspielraum verfügt, wie sich aus § 10 Abs. 2 Satz 2 TKG ergibt.
57
Dies führt dazu, dass das Verwaltungsgericht - lediglich - zu prüfen hat, ob die BNetzA
58
(1) etwaige Verfahrensbestimmungen eingehalten,
59
(2) ihrer Entscheidung einen zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt
zugrunde gelegt,
60
(3) sich an allgemeingültige Bewertungsgrundsätze und -maßstäbe gehalten,
61
(4) bei ihrer Entscheidung die konkurrierenden Belange nicht krass, d.h. in einer zur
objektiven Gewichtigkeit dieser Belange außer Verhältnis stehenden Weise
fehlgewichtet,
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(5) objektive Kriterien zugrunde gelegt und das Willkürverbot nicht verletzt,
63
(6) und die Beurteilung so ausführlich begründet hat, dass dem Gericht die ihm
obliegende beschränkte inhaltliche Kontrolle (Punkte 2 bis 5) möglich wird.
64
In Anwendung dieser Grundsätze ist zunächst gegen die erfolgte Marktabgrenzung
65
rechtlich nichts zu erinnern. Die BNetzA hat unter zutreffender Zugrundelegung des
Regel-Ausnahme- Verhältnisses zwischen Märkteempfehlung und etwaiger
Abweichung (vgl. Festlegung Seiten 20, 40 und 42) in Anwendung des "Ein-Netz-Ein-
Markt"-Konzepts das nationale Mobiltelefonnetz der Klägerin als relevanten Markt
abgegrenzt, da sie Anlass für eine Abweichung von der Märkteempfehlung nicht sah.
Ihrer Prüfung der Erforderlichkeit eines Abweichens von der Märkteempfehlung hat sie
in angängiger Weise das Bedarfsmarktkonzept (vgl. Festlegung Seiten 29 ff.)
zugrundegelegt,
vgl. BVerwG, Urteil vom 25. April 2001 - 6 C 6/00 -, NVwZ 2001, 1399 (1402); Ziffern 38-
54 Leitlinien,
66
demzufolge es wesentlich auf die funktionelle Austauschbarkeit der Produkte und
Dienstleistungen aus Sicht der Nachfrager ankommt und der sachlich relevante Markt
somit durch sämtliche Produkte oder Dienstleistungen, die von den Verbrauchern
hinsichtlich ihrer Eigenschaften, Preislage und ihres vorgesehenen
Verwendungszwecks als austauschbar angesehen werden, bestimmt wird,
67
vgl. u.a.: BGH, Beschlüsse vom 12. Dezember 1978, BGHZ 73, 65 (72), und vom 24.
Oktober 1995, BGHZ 131,107 (110),
68
wobei die tatsächliche Anschauung des verständigen Abnehmers maßgebend ist,
69
vgl.: BGH, Beschluss vom 26. Mai 1987, BGHZ 101, 100 (103).
70
Hiervon ausgehend ist die BNetzA zu dem Schluss gelangt, dass jeder Netzbetreiber in
seinem Netz alleiniger Anbieter ist, da derzeit keine Möglichkeit der Substitution der
Leistung der Anrufzustellung zu einem bestimmten Anschluss durch einen andern
Netzbetreiber besteht. In diesem Zusammenhang hat die BNetzA ausführlich untersucht,
ob etwaige Substitute Einfluss auf die vorzunehmende Marktabgrenzung haben konnten
(vgl. Festlegung Seiten 31 - 37). Dabei hat sie insbesondere auch die von der Klägerin
als Substitutionsmöglichkeiten genannten Produkte "H. ", SMS, Voice-over-IP (VoIP)
und Rückruf eingehend gewürdigt. Es ist nicht zu erkennen, dass die BNetzA bei dieser
ausführlichen Würdigung der verschiedenen Substitutionsmöglichkeiten ihren
Beurteilungsspielraum (siehe oben S. 14) verletzt hätte.
71
Dies gilt insbesondere auch insoweit, als die BNetzA das Produkt "H. " insofern als zum
Mobilfunkterminierungsmarkt zugehörig qualifiziert hat, als nicht die Gesamtleistung -
bestehend aus Festnetzterminierung durch C. (Germany) plus Mobilfunkterminierung
durch die Klägerin - in Rede steht, sondern lediglich der von der Klägerin erbrachte
Bestandteil, die Mobilfunkterminierung.
72
Die BNetzA hat diesen Aspekt, dass letztlich auch ein "H. "-Anruf auf die geographische
Nummer auf das Mobiltelefon und nicht den Festnetzanschluss des Endkunden
zugestellt wird, in ihrer auch insoweit umfänglichen Begründung in den Blick genommen
(vgl. Festlegung Seiten 32 - 38), was rechtlich nicht zu beanstanden ist; durch diese
Einordnung sind nicht die Grenzen des Beurteilungsspielraumes ü- berschritten worden.
73
Soweit die Kammer in einem obiter dictum zu ihrer Entscheidung im Verfahren 1 K
8432/04 vom 15. September 2005 hat anklingen lassen, bei den Home-Zone- Produkten
stehe allein eine Festnetzterminierungsleistung in Rede, hält sie hieran nicht fest.
74
Irrelevant für die Marktabgrenzung ist der Umstand, dass die Klägerin noch nicht über
ein voll ausgebautes Netz verfügt und dieserhalb ihrerseits auf Vorleistungen der U.
zurückgreifen muss ("National Roaming"). Funktional handelt es sich auch insoweit um
eine Terminierung im Netz der Klägerin, in dem auch die Nummer geschaltet ist.
75
Soweit die Klägerin schließlich rügt, die Einbeziehung der lokalen Anrufweiterleitung in
den Markt 16 auf Seite 8 der Regulierungsverfügung sei rechtswidrig im Hinblick darauf,
dass sie eine solche nicht erbringe, kann sie hiermit nicht durchdringen.
76
Da sich die bewusste Feststellung nicht im Tenor der Regulierungsverfügung findet und
die BNetzA an sie auch keine Konsequenzen geknüpft hat, ist sie lediglich als
Begründungselement zu werten, dem keine selbstständige regelnde Wirkung zukommt.
Insoweit haben die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung auch
klargestellt, dass soweit im angegriffenen Bescheid von "Anrufweiterleitung" die Rede
sei, es sich - lediglich - um den denknotwendigen Bestandteil der von der Klägerin zu
erbringenden Terminierungsleistung handele.
77
Nach alledem hat die BNetzA bei der erfolgten Marktabgrenzung unter Zugrundelegung
des "Ein-Netz-Ein-Markt"-Konzepts die Grenzen ihres Beurteilungsspielraumes (siehe
oben S. 14) unter weitestgehender Berücksichtigung der Märkteempfehlung nicht
überschritten.
78
Des Weiteren ist auch die Durchführung des so genannten Drei-Kriterien-Tests nach §
10 Abs. 2 Satz 1 TKG rechtlich nicht zu beanstanden.
79
Nach dieser Vorschrift kommen für eine Regulierung Märkte in Betracht, die (1) durch
beträchtliche und anhaltende strukturell oder rechtlich bedingte Marktzutrittsschranken
gekennzeichnet sind, (2) längerfristig nicht zu wirksamem Wettbewerb tendieren und auf
denen (3) die Anwendung des allgemeinen Wettbewerbsrechts allein nicht ausreicht,
um dem betreffenden Marktversagen entgegenzuwirken.
80
Auch insoweit ist wiederum die Verpflichtung der BNetzA zur weitestgehenden
Berücksichtigung der Märkteempfehlung mit den oben dargelegten Konsequenzen zu
beachten.
81
Ausgehend von dem geschilderten Regel-Ausnahme-Verhältnis bezüglich
Märkteempfehlung und Abweichung hiervon ist gegen die diesbezüglichen
Ausführungen der BNetzA auf Seiten 44/45 der Festlegung - insbesondere diejenigen
hinsichtlich des 3. Kriteriums des Ausreichens des allgemeinen Wettbewerbsrechts -
nichts zu erinnern. Es ist nicht erkennbar, dass die Behörde mit ihren - mit dem
Bundeskartellamt gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 TKG abgestimmten - Darlegungen dazu,
das allgemeine Wettbewerbsrecht ermögliche nur ein punktuelles Eingreifen,
erforderlich seien aber wesentlich detailliertere Befugnisse, zudem ermögliche das TKG
ein schnelleres Einschreiten, ihren Beurteilungsspielraum (siehe oben S. 14) verletzt
hätte. Vielmehr sind diese Erwägungen - auch mit Blick auf das Begründungserfordernis
- ausreichend.
82
Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang insbesondere rügt, die BNetzA habe die
Auswirkungen der Festnetzregulierung auf die entgegengerichtete Nachfragemacht im
Zusammenhang mit der Frage des Ausreichens des allgemeinen Wettbewerbsrechts
83
nicht hinreichend untersucht, ist darauf zu verweisen, dass insoweit - im Kontext des §
11 TKG - auf Seiten 50 ff. der Festlegung sehr wohl umfängliche Überlegungen erfolgt
sind.
Auch die Marktanalyse gemäß § 11 TKG ist nicht zu beanstanden. Nach § 11 Abs. 1
TKG prüft die Regulierungsbehörde im Rahmen der Festlegung nach § 10, ob auf dem
untersuchten Markt wirksamer Wettbewerb besteht. Wirksamer Wettbewerb besteht
nicht, wenn ein oder mehrere Unternehmen auf diesem Markt über beträchtliche
Marktmacht verfügen. Ein Unternehmen gilt als Unternehmen mit beträchtlicher
Marktmacht, wenn es entweder allein oder gemeinsam mit anderen eine der
Beherrschung gleichkommende Stellung einnimmt, das heißt eine wirtschaftlich starke
Stellung, die es ihm gestattet, sich in beträchtlichem Umfang unabhängig von
Wettbewerbern und Endnutzern zu verhalten. Dabei berücksichtigt die Behörde
weitestgehend die von der Kommission aufgestellten Kriterien, niedergelegt in den
Leitlinien.
84
Aus letzterem Satz folgt, dass der BNetzA auch hinsichtlich der Marktanalyse ein
Beurteilungsspielraum zukommt. Denn die so inkorporierten Leitlinien sehen wiederum
in Ziffern 22 und 71 vor, dass die Regulierungsbehörden bei der Ausübung ihrer
Befugnisse gemäß Artt. 15 und 16 RRL aufgrund der komplizierten
ineinandergreifenden Faktoren (wirtschaftlicher, sachlicher und rechtlicher Art), die bei
der Definition relevanter Märkte und bei der Ermittlung von Unternehmen mit
beträchtlicher Marktmacht gewürdigt werden müssen, über einen weitreichenden
Ermessensspielraum (was, da vorliegend die tatbestandliche Seite in Rede steht, nach
deutschem Sprachgebrauch einen Beurteilungsspielraum meint) verfügen.
85
Es ist nicht ersichtlich, dass die BNetzA bei ihrer Einschätzung, die Klägerin verfüge auf
ihrem Markt für Anrufzustellung in ihr Mobiltelefonnetz über beträchtliche Marktmacht,
ihren Beurteilungsspielraum verletzt hätte.
86
Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die BNetzA in ihrer Festlegung ausdrücklich
den von der Klägerin hervorgehobenen Aspekt, dass die Feststellung eines
Marktanteiles von 100 % noch nicht die Feststellung einer beträchtlichen Marktmacht
bedeute, teilt (vgl. Festlegung Seiten 47 und 70).
87
Die von der Klägerin erhobenen Rügen gegen das methodische Vorgehen der BNetzA
im Rahmen der Marktanalyse greifen nicht durch:
88
Insbesondere hat die BNetzA untersucht, ob die Mobilfunkanbieter in unterschiedlichem
Maße über ansehnliche Marktmacht verfügen und inwieweit eine gegenseitige
Abhängigkeit der Mobilfunkanbieter voneinander bestehe (vgl. Festlegung Seiten 47 f.
und 58 f.). Des Weiteren hat sie ausführlich das Bestehen einer etwaigen
entgegengerichteten Nachfragemacht der E. (vgl. Festlegung Seiten 50 - 55) sowie
alternativer Festnetzbetreiber (vgl. Festlegung Seiten 55 - 58) geprüft. Gleiches gilt für
die Untersuchung einer entgegengerichteten indirekten Nachfragemacht durch
Endkunden (vgl. Festlegung Seiten 61 - 69).
89
Dass die BNetzA insoweit ihren Beurteilungsspielraum (siehe oben S. 14) verletzt hätte,
ist nicht zu erkennen.
90
Nach alledem ist die Festlegung nach §§ 10 und 11 TKG rechtmäßig erfolgt.
91
Auch die Regulierungsverfügung ist - mit Ausnahme ihrer Regelung unter Ziffer I. 3 -
rechtmäßig.
92
Dies gilt zunächst für die Auferlegung der Zusammenschaltungs- und
Terminierungsverpflichtung.
93
Rechtsgrundlage für diese Maßnahmen sind die §§ 9 Abs. 2, 13 Abs. 3 und § 21 Abs. 3
Nr. 2 TKG. Nach den genannten Vorschriften soll die Regulierungsbehörde Betreibern
öffentlicher Telekommunikationsnetze, die - wie die Klägerin - über beträchtliche
Marktmacht verfügen, die Verpflichtung auferlegen, die Zusammenschaltung von
Telekommunikationsnetzen zu ermöglichen. Dabei erfasst der Begriff der
"Zusammenschaltung" in §§ 3 Nr. 34, 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG auch die Terminierung. Dies
ergibt sich aus Anhang I Nr. 2 zur RRL, die, da das TKG u.a. ihrer Umsetzung dient,
94
vgl. u.a.: BR-Drucksachen 755/03, Seite 1, 75 und 200/04, Seite 1; C. -Drucksache
15/2674, Seite 5,
95
zur Auslegung heranzuziehen war. Dort wird nämlich unter dem Begriff der
Zusammenschaltung u.a. die Anrufzustellung genannt.
96
Die Fassung des § 21 Abs. 3 TKG als Soll-Vorschrift führt zu einer Einschränkung des
Ermessensspielraums der Behörde insofern, als die in Absatz 3 genannten
Verpflichtungen in der Regel auferlegt werden müssen und nur in atypischen
Sonderfällen hiervon abgesehen werden kann. Nach Absatz 3 soll die
Regulierungsbehörde die dort genannten Verpflichtungen "nach Absatz 1" auferlegen.
Aus der sprachlichen Differenzierung zur Formulierung des Absatzes 2, wonach die
Behörde "unter Beachtung von Absatz 1" bestimmte Verpflichtungen auferlegen kann,
folgt, dass im Rahmen des Absatzes 3 eine Prüfung der Kriterien nach Absatz 1 Nrn. 1
bis 7 unterbleibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber durch den
Verweis auf Absatz 1 in Absatz 3 zum Ausdruck bringen wollte, dass er die in Absatz 1
genannten Zielvorgaben im Regelfall durch eine Anordnung nach Absatz 3 als erfüllt
ansieht,
97
vgl.: Thomaschki in: Berliner Kommentar zum TKG, § 21 Rdn. 142;
Piepenbrock/Attendorn in: Beck´scher TKG Kommentar, 03. Auflage, § 21 Rdn. 258.
98
Ein atypischer Sonderfall, der die BNetzA zum Absehen von der Auferlegung der
Zusammenschaltungs- bzw. Terminierungsverpflichtung hätte berechtigen können, liegt
nicht vor. Ein solcher ist insbesondere nicht in dem Umstand zu sehen, dass die
Klägerin angibt, bisher freiwillige Zusammenschaltungen in keinem Falle grundlos
verweigert zu haben. Angesichts der überragenden Wichtigkeit der
Zusammenschaltung, auf die die Marktteilnehmer angewiesen sind, um überhaupt auf
dem Markt auftreten zu können, ist die abstrakte Gefahr, dass das freiwillige Angebot
zurückgezogen und damit ein Scheitern der Zusammenschaltung provoziert wird,
ausreichend für die Auferlegung der Zusammenschaltungsverpflichtung.
99
Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang rügt, die Auferlegung der
Zusammenschaltungs- und Terminierungsverpflichtung sei in Bezug auf das "H. "-
Produkt deshalb rechtswidrig, weil ihr insoweit etwas Unmögliches abverlangt werde,
kann sie hiermit nicht gehört werden. Zwar trägt sie unwidersprochen vor, die
100
Terminierung in ihrem Mobilfunknetz nur im Zusammenwirken mit C. (Germany)
vornehmen zu können, weil C. (Germany) zunächst eine Rufnummernumwertung
vornehmen und eine netzbetreiberspezifische Portierungskennung einfügen müsse.
Dies ändert aber nichts daran, dass - wie die Klägerin selbst einräumt - der letzte Schritt
der Anrufzustellung im Mobilfunknetz der Klägerin stattfindet. Nur dieser letzte Schritt
wird aber - wie dargelegt - von der Regulierungsverfügung überhaupt erfasst. Mit der
streitgegenständlichen Zusammenschaltungs- und Terminierungsverpflichtung wird der
Klägerin nicht etwa aufgegeben, Anrufe an "H. "-Festnetznummern unmittelbar - unter
Ausschluss von C. (Germany) - selbst von einem anderen Zusammenschaltungspartner
entgegen zu nehmen bzw. das "H. "-Produkt zu "zerschlagen", wie sie befürchtet.
Vielmehr ist die Klägerin lediglich gehalten, im Rahmen des bestehenden "H. "-
Produktes - wie bislang auch - Mobilfunkterminierungen vorzunehmen.
Des Weiteren hat die BNetzA der Klägerin zu Recht die Kollokationsverpflichtung nach
der Soll-Vorschrift des § 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG auferlegt. Der diesbezüglich vorgebrachte
Einwand der Klägerin, sie sei lediglich Mieterin der Kollokationsräume und könne daher
dritten Nachfragern keine Verfügungsrechte einräumen, führt nicht zur Annahme eines
Ausnahmefalles, der ein Absehen von der Auferlegung der Pflicht zur Kollokation
rechtfertigen könnte. Eine Vertragsgestaltung kann nicht dazu angetan sein, den
Zugangsanspruch der Zusammenschaltungspartner zu vereiteln. Insofern ist die
Klägerin gehalten, auf ihren Vertragspartner C. (Germany) dergestalt einzuwirken, dass
die jederzeitige Zugangsgewährung für die Zusammenschaltungspartner - wie offenbar
bislang auch - gewährleistet ist. Sollte sich dies als nicht möglich herausstellen, muss
sie die Kollokation anderweitig - etwa durch Schaffung eigener Kollokationsflächen oder
durch kundenseitige Zusammenschaltung bzw. eine solche außerhalb des
Kollokationsraumes (was die Regulierungsverfügung ausdrücklich für möglich erklärt) -
sicherstellen.
101
Auch die Auferlegung der Gleichbehandlungsverpflichtung ist rechtlich nicht zu
beanstanden.
102
Nach den Vorschriften der §§ 9 Abs. 2, 13 Abs. 3, 19 TKG kann die Regulierungsbe-
hörde einen Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes mit beträchtlicher
Marktmacht - wie die Klägerin - dazu verpflichten, dass Vereinbarungen über Zugänge
auf objektiven Maßstäben beruhen, nachvollziehbar sein, einen gleichwertigen Zugang
gewähren und den Geboten der Chancengleichheit und Billigkeit genügen müssen.
103
Die BNetzA hat die Auferlegung der Gleichbehandlungsverpflichtung u.a. auf den
Umstand gestützt, dass die Klägerin vertikal integriert sei und somit grundsätzlich eine
Gefahr des internen Einräumens von günstigeren Konditionen bestehe; Ausnah-
megründe seien vorliegend nicht ersichtlich.
104
Diese Ermessenserwägungen sind nicht zu beanstanden.
105
Denn allgemein wird es als grundsätzlich geboten betrachtet, in wettbewerbsdefizitären
Märkten gegenüber den marktmächtigen Unternehmen die
telekommunikationsrechtliche Gleichbehandlungsverpflichtung anzuordnen,
insbesondere dann, wenn Unternehmen mit Marktmacht - wie die Klägerin - vertikal
integriert sind und Dienste für andere Anbieter erbringen, mit denen sie auf dem
nachgelagerten Markt in Wettbewerb stehen,
106
vgl. Piepenbrock/Attendorn, Beck´scher TKG Kommentar, 03. Auflage, § 19 Rdn. 19
sowie Erwägungsgrund 17 der ZRL; ferner: Nolte in: Berliner Kommentar zum TKG, § 19
Rdn. 18, m.w.N., der in einer solchen Fallkonstellation sogar eine
Ermessensreduzierung auf Null annimmt.
107
Schließlich ist auch die Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Standardangebotes
rechtmäßig.
108
Nach der insoweit von der BNetzA herangezogenen Ermächtigungsgrundlage des § 23
Abs. 1 TKG soll die Regulierungsbehörde einen Betreiber eines öffentlichen
Telekommunikationsnetzes, der - wie die Klägerin - über beträchtliche Marktmacht
verfügt und einer Zugangsverpflichtung nach § 21 TKG unterliegt, verpflichten, ein
Standardangebot für die Zugangsleistung zu veröffentlichen, für die eine allgemeine
Nachfrage besteht.
109
Aus der Ausgestaltung der Norm als Soll-Vorschrift ergibt sich, dass im Regelfall im
Rahmen jeder Zugangsverpflichtung nach § 21 TKG für die jeweils umfassten
Leistungen eine Verpflichtung zur Abgabe eines Standardangebotes aufzuerlegen ist.
110
Der insoweit von der Klägerin erhobene Einwand, eine Nachfrage nach isolierten
Terminierungsleistungen gebe es nicht, da Zusammenschaltungen immer auf
Gegenseitigkeit beruhten, sie aber ein Standardangebot nur für die von ihr zu
erbringenden Terminierungsleistungen in ihrem Netz abgeben könne, ist nicht dazu
angetan, einen Ausnahmefall zu belegen. Vielmehr versteht sich von selbst, dass sich
das von der Klägerin zu erstellende Standardangebot nur auf "ihre" Seite der
Zusammenschaltung beziehen soll, nämlich die von ihr zu erbringenden
Terminierungsleistungen in ihrem Netz.
111
Rechtswidrig ist die Regulierungsverfügung allerdings insoweit, als die BNetzA in Ziffer
I. 3 die Entgelte der Klägerin für Zugangsgewährung und Kollokation der
Entgeltregulierung nach § 31 TKG unterworfen hat; insoweit war sie aufzuheben.
112
Nach dem als Ermächtigungsgrundlage herangezogenen § 30 Abs. 1 Satz 1 TKG
unterliegen Entgelte eines Betreibers eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes, der
- wie die Klägerin - über beträchtliche Marktmacht verfügt, für nach § 21 auferlegte
Zugangsleistungen einer Genehmigung nach Maßgabe des § 31. Gemäß § 30 Abs. 1
Satz 2 TKG soll die Regulierungsbehörde abweichend von Satz 1 solche Entgelte dann
einer nachträglichen Regulierung nach § 38 Abs. 2 bis 4 unterwerfen, wenn
113
1. der Betreiber nicht gleichzeitig auch auf dem Markt für Endkundenleistungen, auf dem
der Betreiber tätig ist, über beträchtliche Marktmacht verfügt,
114
2. nach Inkrafttreten des Gesetzes beträchtliche Marktmacht festgestellt worden ist, ohne
dass der Betreiber zuvor auf dem relevanten Markt von der Regulierungsbehörde als
marktbeherrschend eingestuft wurde und
115
3. diese Maßnahme zur Erreichung der Regulierungsziele nach § 2 Abs. 2 ausreicht.
116
Die Voraussetzungen dieser Soll-Vorschrift - von denen lediglich die Ziffer 3 umstritten
ist - lagen im maßgeblichen Zeitpunkt vor. Dies ergibt sich aus Folgendem:
117
Die Regelung des Satzes 2 des § 30 Abs. 1 TKG soll dem
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung tragen; ex-ante-Genehmigungsprozeduren
sollen auf das erforderliche Maß beschränkt werden,
118
vgl. zu § 28 TKGE: C. -Drucksache 15/2679, Seite 14.
119
Ebenso betonen die europarechtlichen Vorgaben, dass die jeweils auferlegten
Verpflichtungen angemessen, gerechtfertigt und erforderlich bzw. verhältnismäßig sein
müssen, vgl. Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 07. März 2002 über den Zugang zu elektronischen
Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren
Zusammenschaltung, ABl. EG Nr. L 108, S. 7 - ZRL -, Ziffern 117 und 118 der Leitlinien.
Ziffer 118 der Leitlinien lautet:
120
"...Das Verhältnismäßigkeitsprinzip ist im Gemeinschaftsrecht fest verankert. Es besagt
im Wesentlichen, dass die Mittel, die zur Erreichung eines bestimmten Zwecks
eingesetzt werden, nicht über das hinausgehen sollten, was zur Erreichung dieses
Zwecks angemessen und erforderlich ist.... Die Mittel, die zur Erreichung dieses Ziels
eingesetzt werden, müssen notwendig sein, sollten aber keine unzumutbare Belastung
darstellen, d.h. bei den ergriffenen Maßnahmen sollte es sich um das Minimum handeln,
was zur Erreichung des in Frage stehenden Ziels erforderlich ist."
121
Ausgehend von diesen Vorgaben ergibt sich, dass die Behörde das eingriffstärkere
Mittel der ex-ante-Regulierung erst anwenden darf, wenn feststeht, dass eine ex-post-
Regulierung nach Maßgabe des § 38 Abs. 2 bis 4 TKG nicht ausreichend ist. Bei dieser
Prüfung ist zum einen zu berücksichtigen, dass gemäß § 30 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 3 TKG
die ex-post-Regulierung lediglich zur Erreichung der Regulierungsziele ausreichen
muss, d.h. eine optimale Zielerreichung nicht gefordert ist. Zum anderen ist zu
berücksichtigen, dass auch die ex-post-Regulierung eine Art der Entgeltregulierung ist,
welche ebenfalls der Wahrung der Ziele des § 2 Abs. 2 TKG und erst recht dem in § 27
Abs. 1 TKG normierten speziellen Ziel der Entgeltregulierung dient. Sie wird daher vom
Gesetzgeber grundsätzlich als ebenso geeignetes Mittel der Preiskontrolle angesehen
wie die Genehmigungspflicht. Bei Endkundenleistungen, die die vorliegend in Rede
stehenden Verbraucherinteressen unmittelbarer berühren als Vorleistungsentgelte,
reicht nach der Vorstellung des Gesetzgebers die ex-post-Kontrolle sogar in der Regel
aus, § 39 Abs. 3 Satz 1 TKG. Zudem kann auch im Rahmen der ex-post-Regulierung in
der Form von § 38 Abs. 2 bis 4 TKG unter den Voraussetzungen des § 38 Abs. 2 Satz 3
TKG eine Kos- tenprüfung anhand von Kostenunterlagen in Betracht kommen. Dabei
kann die Behörde nicht nur missbräuchlich hohe Entgelte untersagen, sondern den
Maßstäben des § 28 TKG genügende Entgelte anordnen, § 38 Abs. 4 Satz 2 TKG.
122
Einer gerichtlichen Überprüfung anhand dieser Grundsätze hält die vorgenommene
Auferlegung der Vorabregulierung in der angefochtenen Regulierungsverfügung nicht
stand. Dabei hat das Gericht die nach § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TKG getroffene
Abwägungsentscheidung voll zu überprüfen; ein Beurteilungsspielraum ist der Behörde
insoweit nicht eingeräumt. Gegen die im Lichte des Art. 19 Abs. 4 GG als Ausnahme
anzusehende Einräumung eines Beurteilungsspielraumes spricht insofern zunächst,
dass weder der Gesetzes- wortlaut - anders als in § 10 Abs. 2 Satz 2 TKG - noch die
Gesetzesbegründung hierfür etwas hergeben. Auch ist nicht erkennbar, dass -
abweichend vom Normalfall - vorliegend etwa der gerichtliche Rechtsschutz an seine
Funktionsgrenzen stieße. Denn für die Überprüfung der behördlichen Auslegung des
123
Tatbestandsmerkmals "ausreicht" im dargelegten Sinne unter Wahrung des
Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit stehen hinreichend klare Kriterien zur Verfügung.
Dies gilt zumal, da das Gericht bei der Würdigung des in § 2 Abs. 2 TKG definierten
Abwägungsprogramms gegebenenfalls externen Sachverstand in Anspruch nehmen
kann.
Die BNetzA hat die Zugangs- und Kollokationsentgelte nach § 30 Abs. 1 Satz 1 TKG der
ex-ante-Regulierung unterworfen, da die Voraussetzungen für eine Abweichung vom
Genehmigungserfordernis des Satzes 1 nicht vorlägen; die nachträgliche Regulierung
sei nämlich nicht ausreichend, um das Regulierungsziel der Wahrung der
Verbraucherinteressen zu erreichen (§ 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TKG). Die
Verbraucherinteressen würden mittelbar durch überhöhte Entgelte der Klägerin
betroffen. Überhöht seien Entgelte grundsätzlich dann, wenn sie sich nicht an KeL
orientierten. Die gebotene enge Kostenorientierung der Entgelte könne durch eine
nachträgliche Regulierung gemäß § 38 TKG nicht ausreichend sichergestellt werden.
124
Der Ansatz der BNetzA, Entgelte seien dann überhöht, wenn sie sich nicht an KeL
orientierten, ist unzutreffend. Auch Entgelte, die nicht gegen den Missbrauchsmaßstab
des § 28 TKG verstoßen, können nicht überhöht sein. Der KeL-Maßstab des § 31 Abs. 1
und 2 TKG kann erst relevant werden, nachdem feststeht, dass Entgelte der ex-ante-
Regulierung unterworfen sind; er kann aber nicht schon bei der Klärung der Frage
herangezogen werden, ob die ex-ante- oder die ex- post-Regulierung einschlägig sein
soll. Die übrigen Ausführungen der BNetzA dazu, weshalb die ex-post-Regulierung
nicht ausreichend zur Wahrung der Verbraucherinteressen sei, erschöpfen sich in abs-
trakten, nicht an Tatsachen bzw. konkreten Zahlen belegten Ausführungen und
Vermutungen ohne Einzelfallbezug. Wollte man diese Art der Begründung genügen
lassen, wäre eine ex-post-Regulierung zur Wahrung der - nicht nur der Wahrung von
Verbraucherinteressen dienenden - Ziele des § 2 Abs. 2 TKG praktisch nie ausreichend.
125
Mit diesen - wie dargelegt - von einer unrichtigen Prämisse getragenen abstrakten
Überlegungen ist die BNetzA dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bzw. dem
dargelegten Stufenverhältnis zwischen ex-post- und ex-ante-Regulierung nicht gerecht
geworden.
126
Vgl. insoweit auch den von der BNetzA herangezogenen Gutachter König, demzufolge
die Nachteile einer ex-ante-Regulierung (u.a. die Gefahr des Übermaßes der
Regulierung) so gravierend seien, dass sie, als intensivste Regulierungsform, bei
Mobilfunkterminierungsentgelten erst zum Einsatz kommen solle, nachdem sich andere
weniger eingriffsintensive Instrumente als ungeeignet erwiesen hätten (Gutachten Seite
66 f.).
127
Da hiernach die BNetzA als mit besonderem Sachverstand ausgestattete,
wissenschaftlich unterstützte Fachbehörde (vgl. § 125 TKG) nicht belastbar und
ausreichend darlegen konnte, dass eine Regulierung nach § 38 Abs. 2 bis 4 TKG zur
Erreichung der Regulierungsziele nach § 2 Abs. 2 TKG nicht ausreicht, geht das Gericht
mangels anderweitiger gewichtiger Anhaltspunkte davon aus, dass im Gegenteil die
Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TKG im maßgeblichen Zeitpunkt
vorlagen. Dies gilt umso mehr, als nach den Feststellungen der Monopolkommission die
Mobilfunkterminierungsentgelte in Deutschland unterhalb des EU-Durchschnitts liegen,
128
Sondergutachten 39 (2003), Rdn. 210 ff., 213 ff.
129
Da auch die beiden übrigen Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Satz 2 TKG -
unproblematisch - erfüllt sind, liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen der Soll-
Vorschrift des Satzes 2 des § 30 Abs. 1 TKG insgesamt vor. Damit mussten - außer bei
atypischen Umständen - die Entgelte der nachträglichen Regulierung unterworfen
werden. Für das Vorliegen eines atypischen Sonderfalls ist indes nichts ersichtlich.
Insbesondere die insofern im Klageverfahren von der BNetzA angeführte Befürchtung
eines Vertragsverletzungsverfahrens gibt hierfür nichts her.
130
Der Hilfsantrag bleibt nach dem oben Gesagten jedenfalls ohne Erfolg, da die BNetzA
zu Recht Mobilfunkterminierungen im Rahmen des "H. "-Produktes auf "H. "-
Festnetznummern dem Markt 16 zugerechnet hat
131
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
132
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 135 Satz
3 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
133