Urteil des VG Köln vom 09.09.2010

VG Köln (wiederherstellung der aufschiebenden wirkung, anerkennung, antrag, verwaltungsgericht, gewährleistung, hauptsache, zertifizierung, risiko, träger, interesse)

Verwaltungsgericht Köln, 18 L 1112/10
Datum:
09.09.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
18. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
18 L 1112/10
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des
Verfahrens. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 Euro
festgesetzt.
Gründe Der Antrag,
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den Bescheid der Antragsgegnerin vom 08.06.2010 aufzuheben,
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hilfsweise, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten,
die Antragstellerin vorläufig bis zur Rechtskraft des Bescheides vom 08.06.2010 als
Schulungseinrichtung im Sinne des § 7 d AEG anzuerkennen,
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hat mit dem Haupt- und dem Hilfsantrag keinen Erfolg.
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Der Hauptantrag, den die Kammer sinngemäß als Antrag auf Wiederherstellung der
aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs auslegt, hat keinen Erfolg, weil insoweit das
öffentliche Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegt.
Der Untersagungsbescheid vom 08.06.2010 ist offensichtlich rechtmäßig. Die
Untersagung ist erforderlich im Sinne von § 5 a Abs. 2 AEG, um einen festgestellten
Verstoß der Antragstellerin gegen § 7 d AEG zu beseitigen bzw. einen künftigen
Verstoß zu verhüten. Nach dem eindeutigen Wortlaut von § 7 d Satz 1 Nr. 1 AEG bedarf
der Betreiber einer Einrichtung, in der dem Fahr- und Zugbegleitpersonal oder
sonstigen, mit sicherheitsrelevanten Aufgaben betrautem Eisenbahnpersonal die
erforderlichen Kenntnisse über Fahrzeuge, Strecken, Betriebsvorschriften und
Betriebsverfahren sowie über geltende Notfallverfahren vermittelt werden, einer
Anerkennung durch die zuständige Behörde nach Maßgabe einer aufgrund des § 26
Absatz 1 AEG ergangenen Rechtsverordnung. Eine solche Anerkennung liegt im Falle
der Antragstellerin nicht vor.
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Entgegen der Auffassung der Antragstellerin stellt § 7 d Satz 1 AEG auch eine zulässige
Berufsausübungsregelung für die Berufsgruppe "Träger einer Schulungseinrichtung"
dar, weil vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls - nämlich die Gewährleistung
eines hohen Sicherheitsstandards des Eisenbahnsystems - für das Erfordernis einer
Anerkennung sprechen. Dass die Kriterien für die Anerkennung vom Verordnungsgeber
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bislang nicht festgelegt worden sind, verletzt die Antragstellerin (noch) nicht in ihrem
Grundrecht auf Berufsfreiheit, da die Antragsgegnerin nach Auffassung der Kammer
zumindest hilfsweise auf inhaltliche Vorgaben der Richtlinie 2007/59/EG vom 23.
Oktober 2007 oder aber auf den von der Antragsgegnerin angesprochenen Leitfaden
der ERA zurückgreifen kann und damit über eine tragfähige Entscheidungsgrundlage
verfügt.
Auch die Interessenabwägung im Übrigen geht zu Lasten der Antragstellerin aus. Die
bisherigen Ausgaben und Verpflichtungen, welche die Antragstellerin trotz der noch
fehlenden Anerkennung getätigt hat bzw. eingegangen ist, betreffen das eigene
unternehmerische Risiko der Antragstellerin. Auf der anderen Seite steht das - die
Interessen der Antragstellerin überwiegende - öffentliche Interesse der Gewährleistung
eines hohen Sicherheitsstandards im Eisenbahnwesen.
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Auch der Hilfsantrag hat keinen Erfolg. Die begehrte vorläufige Anerkennung als
Schulungseinrichtung gemäß § 7 d Satz 1 Nr. 1 AEG stellt eine Vorwegnahme der
Hauptsache dar, so dass an Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch strenge
Anforderungen zu stellen sind. Vorliegend liegt ein Anordnungsanspruch nicht vor.
Denn nach dem jetzigen Sachstand ist vollkommen offen, ob die Antragstellerin die
Voraussetzungen für eine Anerkennung erfüllt. Das von ihr vorgelegte Zertifikat über die
Zulassung als Träger für die Förderung der beruflichen Weiterbildung reicht hierfür
offensichtlich nicht aus. Insoweit kann die Kammer offen lassen, ob das bereits deshalb
der Fall ist, weil - wofür Vieles spricht - die Zertifzierungsstelle die
fachgebietsspezifischen Voraussetzungen für die Durchführung der
Schulungsmaßnahmen nicht geprüft hat. Jedenfalls ist das Zertifikat wegen der
fehlenden Anerkennung aber ruhend gestellt worden, so dass die Antragstellerin aus
der Zertifizierung derzeit keine Rechte ableiten und sich deshalb auch gegenüber der
Antragsgegnerin nicht mit Erfolg auf die Zertifizierung berufen kann.
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Soweit in dem Antrag als Minus ein - nach Auffassung der Kammer gegebener -
Anspruch auf materielle Bescheidung des Antrages auf Anerkennung nach § 7 d Satz 1
Nr. 1 AEG enthalten ist, besteht insoweit kein Anordnungsgrund, weil die
Antragsgegnerin ihre Bereitschaft erklärt hat, den Antrag der Antragstellerin binnen zwei
Monaten zu bescheiden. Dieses weitere Abwarten ist der Antragstellerin zumutbar, weil
sie die gegenwärtigen Verpflichtungen auf eigenes unternehmerisches Risiko hin
eingegangen ist.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus §§
53 Abs. 2 und 52 Abs. 2 GKG. Im Hinblick auf die begehrte Vorwegnahme der
Hauptsache hat die Kammer den Auffangstreitwert in voller Höhe berücksichtigt.
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