Urteil des VG Köln vom 29.09.2006

VG Köln: stichprobe, amt, abwasser, kläranlage, wissenschaft, behörde, verordnung, ausgabe, form, zustand

Verwaltungsgericht Köln, 14 K 1615/03
Datum:
29.09.2006
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
14. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
14 K 1615/03
Tenor:
Der Festsetzungsbescheid des beklagten Amtes vom 28.05.2001 und
der Widerspruchsbescheid der gleichen Behörde vom 18.02.2003
werden insoweit aufgehoben, als der Kläger darin zu einer
Abwasserabgabe von mehr als 34.215,65 Euro (66.920,00 DM)
herangezogen worden ist.
Die Kosten des Verfahrens trägt das beklagte Amt.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d
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Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu einer Abwasserabgabe für das
Einleiten von Schmutzwasser für das Heranziehungsjahr 1999. Er betreibt (u.a.) die
Kläranlage C. und leitete daraus das geklärte Schmutzwasser in den Bröhlbach ab
(Einleitungsnummer 000000/000). Hierfür wurde ihm unter dem 08.08.1994 eine
wasserrechtliche Erlaubnis erteilt, die im hier maßgeblichen Zeitraum in der Fassung
des 2. Änderungsbescheides vom 27.08.1998 anzuwenden ist. In dieser
wasserrechtlichen Erlaubnis ist als Probenahmeart die „qualifizierte Stichprobe"
angeordnet und wie folgt definiert:
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„Sie umfasst mindestens fünf Stichproben, die, in einem Zeitraum von höchstens zwei
Stunden im Abstand von nicht weniger als zwei Minuten entnommen, gemischt werden."
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Für den Parameter „CSBWB" wurde der Überwachungswert im Widerspruchsbescheid
vom 02.08.1995 auf den Wert 90,0 mg/l festgesetzt.
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Mit Schreiben vom 19.11.1998 erklärte der Kläger (u.a.) den für Phosphor (Pgesamt)
eianzuhaltenden Überwachungswert mit 2 mg/l.
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Mit Bescheid vom 18.05.2001 setzte das beklagte Amt gegenüber dem Kläger für die
Einleitung von Schmutzwasser in den Bröhlbach für das Veranlagungsjahr 1999 eine
Abwasserabgabe in Höhe von insgesamt 111.522,27 Euro (218.118,60 DM) fest. Bei
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der Ermittlung der Abgabenhöhe wurde für die Parameter CSBBW und Phosphor
jeweils eine Überschreitung der Überwachungswerte am 22.12.1999 zugrundegelegt,
was zu einer entsprechenden Erhöhung der Schadeinheiten führte. Wegen der
Berechnung im Einzelnen wird auf den Inhalt des Bescheides Bezug genommen. Für
beide Parameter wird festgestellt, dass die einzuhaltenden Mindestanforderungen
jeweils überschritten worden seien.
Gegen diesen Festsetzungsbescheid legte der Kläger unter dem 31.05.2001
Widerspruch ein.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, Vergleichsanalysen, die mit dem
bei der Probenahme angefallenen Restwasser durchgeführt worden seien, hätten
wesentlich niedrigere Werte für die Parameter CSBW und Phosphor ergeben. Als einzig
denkbare Ursache für die unterschiedlichen Messergebnisse komme eine mangelhafte
Homogenisierung in Betracht. Wegen eines nahezu zeitgleich mit der Probenahme
aufgetretenen Störfalles habe es erhöhten Schlammauftrieb im Ablauf der Kläranlage
gegeben. Die dabei auftretenden Schlammpartikel hätten zu einer starken
Inhomogenität der Gesamtprobe geführt.
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Nachdem das Staatliche Umweltamt Köln in mehreren Stellungnahmen die
Ordnungsgemäßheit der Probenahme bestätigt und das Probenahmeprotokoll vorgelegt
hatte, ergänzte der Kläger seinen Widerspruch dahingehend, dass entgegen der
einschlägigen DIN-Norm die Wasserprobe nicht zunächst auf nichthomogenisierbare
Stoffe geprüft worden sei, obwohl eine deutliche Trübung vorgelegen habe. Wegen der
Schlammpartikel dürfte eine Homogenisierung mit dem Magnetrührer nicht möglich
gewesen sein.
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Nachdem das Staatliche Umweltamt Köln auch diesen Ausführungen entgegengetreten
war, wurde der Widerspruch mit Bescheid des beklagten Amtes vom 18.02.2003 als
unbegründet zurückgewiesen.
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Am 15.03.2003 hat der Kläger Klage erhoben.
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Ergänzend trägt er vor, die Ordnungsgemäßheit der Probenahme könnten allein die
Probenehmer bestätigen. Das beklagte Amt hätte zudem angeben müssen, in welcher
Form die Vorgaben der einschlägigen DIN eingehalten worden seien. Im Übrigen hätten
die Rührdauer und im Hinblick auf den eingetretenen Störfall alle weiteren einzelnen
SchrittteSchritte der Probenahme protokolliert werden müssen.
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid des beklagten Amtes vom 28.05.2001 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides der gleichen Behörde vom 18.02.2003 insoweit aufzuheben,
als der Kläger darin zu einer Abwasserabgabe von mehr als 34.215,65 Euro (=
66.920,00 DM) herangezogen worden ist.
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Das beklagte Amt beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Es tritt dem gesamten Vorbringen des Klägers entgegen und legt eine weitere
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Bestätigung des Staatlichen Umweltamtes Köln vom 04.12.2003 zum Ablauf der
Probenahme am 2222.12.1999 vor.
Die Kammer hat die Probenehmer T. und T1. als Zeugen zu dem Ablauf der
Probenahme am 2219.12.1999 ????? gehört. Wegen des Ergebnisses der
Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen. Wegen der weiteren
Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der vorgelegten Verwaltungsvorgänge des beklagten Amtes Bezug
genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Klage ist zulässig und begründet.
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Der Bescheid des beklagten Amtes vom 28.05.2001 über die Festsetzung eines
Abwasserabgabe für die Einleitung von Schmutzwasser in den Brölbach für das
Veranlagungsjahr 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.02.2003
ist im angefochtenen Umfang bezüglich der Parameter CSB und Phosphor rechtswidrig
und verletzt den Kläger dadurch in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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Die in dem Festsetzungsbescheid des beklagten Amtes vom 28.05.2001 gemäß §§ 4
und 6 des Abwasserabgabengesetzes (AbwAG) in der im hier maßgeblichen
Veranlagungsjahr 1999 anzuwendenden Fassung der Bekanntmachung vom
03.11.1994 (BGBl. I, S. 3370), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom
25.08.1998 (BGBl. I. S. 2455) enthaltene Heranziehung zu einer Abwasserabgabe für
die Parameter CSB und Phosphor ist hinsichtlich der Höhe der Abgabe rechtswidrig,
weil die -vermeintlichen- Überschreitungen des wasserrechtlich festgesetzten bzw.
erklärten Überwachungswertes am 22.12.1999 wegen fehlerhafter Probenahmen nicht
berücksichtigt werden können.
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Nach § 4 Abs. 4 Satz 2 AbwAG wird die Zahl der Schadeinheiten erhöht, wenn die
Überwachung durch staatliche oder staatlich anerkannte Stellen i.S.d. Satzes 1 ergibt,
dass ein der Abgabenberechnung zugrunde zu legender Überwachungswert im
Veranlagungszeitraum nicht eingehalten ist und auch nicht als eingehalten gilt. Gemäß
§ 4 Abs. 2 Satz 3 AbwAG richtet sich die Erhöhung nach dem Vomhundertsatz, um den
der höchste gemessene Einzelwert den Überwachungswert überschreitet. Wird der
Überwachungswert einmal nicht eingehalten, so bestimmt sich die Erhöhung nach der
Hälfte des Vomhundertsatzes, wird der Überwachungswert mehrfach nicht eingehalten,
nach dem vollen Vomhundertsatz (§ 4 Abs. 2 Satz 4 AbwAG).
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Vorliegend sind jedoch die maßgeblichen Überwachungswerte für die Parameter CSB
und Phosphor im gesamten Veranlagungsjahr 1999 eingehalten worden. Die von dem
Staatlichen Umweltamt Köln (StUAK) angenommene Überschreitung der Werte kann
das beklagte Amt im Rahmen der Abgabenberechnung nicht berücksichtigen, weil
insoweit keine ordnungsgemäße qualifizierte Stichprobe des Abwassers gezogen
worden ist.
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Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts das
Probenahmeprotokoll des StUAK vom 22.12.1999 als öffentliche Urkunden i.S.d. § 98
VwGO i.V.m. §§ 415 Abs. 1, 418 Abs. 1 ZPO anzusehen, welche bei richtiger
Würdigung auch die Aussage enthalten, dass die Messungen fehlerfrei erfolgt seien, da
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die Protokollierung von Messungen und Messergebnissen nur dann einen
nachvollziehbaren Sinn hat, wenn zugleich die Ordnungsgemäßheit der Probenahme
bescheinigt wird. Dies hat zur Folge, dass der Inhalt der Urkunden den vollen Beweis für
die darin bezeugten (durch Auslegung ermittelten) Tatsachen begründet (§ 98 VwGO
i.V.m. § 418 Abs. 1 ZPO). Gemäß § 98 VwGO i.V.m. § 418 Abs. 2 ZPO ist allerdings der
Gegenbeweis zulässig, der aber nur dann erbracht ist, wenn das Gericht vom Gegenteil
des Urkundsinhalts voll überzeugt ist. Die bloße Möglichkeit eines anderen
Geschehensablaufs i.S.d. Vorhandenseins von (auch ernstlichen) Zweifeln an der
Richtigkeit der urkundlichen Feststellungen genügt nicht.
Vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 15.1.2002 - 9 C 4.01 -, DVBl. 2002, S. 487 (491); OVG
NRW, Beschluss vom 9.8.2002 - 9 B 911/02 - S. 4 BA.
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Vorliegend steht jedoch in tatsächlicher Hinsicht unzweifelhaft fest, fest, dass die
qualifizierte Stichprobenahme am 22.12.1999 durch Mitarbeiter des StUAK nicht
ordnungsgemäß erfolgt ist. Nach dem vorgelegten Probenahmeprotokoll und den
übereinstimmenden Erklärun- gen der Zeugen T. und T1. wurde die qualifizierte
Stichprobe so genommen, dass jede der erforderlichen 5 Stichproben durch jeweils
mehrere Schöpfvorgänge gewonnen wurde. Nur so konnte in dem protokollierten
Zeitraum von lediglich 12 Minuten Gesamtdauer bei Einhaltung von mindestens 2
Minuten Zeitabstand zwischen den 5 Stichproben die erforderlichen Gesamtmenge des
Abwassers (mindestens 6,25 Liter, nach den Angaben der Zeugen vermutlich sogar
mehr) entnommen werden.
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Diese Art der Probenahme erfüllt jedoch nicht die Voraussetzungen, die § 2 Nr. 3 i.V.m.
Nr. 1 der Verordnung über Anforderungen an das Einleiten von Abwasser in Gewässer
vom 21.03.1997 (Abwasserverordnung - AbwV) in der Fassung der 2.
Änderungsverordnung vom 22.12.1998 und die DIN 38402-11 (Ausgabe Dezember
1995) an das Vorliegen einer qualifizierten Stichprobe stellen. Dabei gelangte die DIN
38402-A11 (Ausgabe Dezember 1995) zur Probenahme von Abwasser auf die hier
streitgegenständlichen Probenahmen zwar noch nicht über den Verweis in Nr. I 2 der
Anlage „Analysen- und Messverfahren" zu § 4 AbwV zur Anwendung, da dieser Verweis
erst mit der - am 01.06.2000 in Kraft getretenen - Dritten Änderungs- verordnung vom 29.
Mai 2000 in die Anlage zu § 4 AbwV aufgenommen worden ist. Jedoch war diese DIN
auch ohne ausdrückliche Anordnung des Verordnungsgebers schon bei den hier
fraglichen Beprobungen von Abwasser i.R.d. § 4 Abs. 4 Satz 1 AbwAG zu beachten,
weil sie bereits seit Dezember 1995 dem Stand der Wissenschaft und Technik
entsprach und die Ordnungsgemäßheit der Probenahme eine wichtige Voraussetzung
für die Präzision und Richtigkeit der nachfolgenden Analyse und damit auch für die
Höhe der Abwasserabgabe ist. Daher vollzieht die Änderung der AbwV zum 1. Juni
2000 insoweit lediglich den aktuellen Stand der Wissenschaft und Technik nach. Dies
bestätigt auch die Begründung zur Neufassung der Anlage zu § 4 AbwV durch die Dritte
Änderungsverordnung vom 29. Mai 2000, in welcher es heißt: „Mit § 4 in Verbindung mit
der Anlage werden für die in den Anhängen aufgeführten Wasserinhaltsstoffe und
biologischen Wirkungen die bei der Bestimmung der Anforderung maßgebenden
Verfahren aktualisiert und dem neuesten Stand der Normung angepasst."
(Hervorhebungen durch das Gericht).
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Vgl. BR-Drucksache 771/99 vom 27.12.1999, S. 46.
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Zu den nach diesen Vorgaben an eine „qualifizierte Stichprobe" zu stellenden
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Anforderungen hat die erkennende Kammer bereits in mehreren Urteilen vom
07.12.2004 (14 K 9354/02 u. a.) ausgeführt:
„Gemäß § 2 Nr. 3 AbwV - ... - ist unter einer qualifizierten Stichprobe eine Mischprobe
aus mindestens fünf Stichproben, die in einem Zeitraum von höchstens zwei Stunden im
Abstand von nicht weniger als zwei Minuten entnommen und gemischt werden, zu
verstehen. Nach § 2 Nr. 1 AbwV ist eine Stichprobe eine einmalige Probenahme aus
einem Abwasserstrom. Das daraus folgende wesentliche Merkmal der qualifizierten
Stichprobe als Mischung aus mindestens fünf - im Abstand von nicht weniger als zwei
Minuten durchgeführten - einmaligen Probenahmen i.S.v. Schöpfvorgängen aus einem
Abwasserstrom ergibt sich ebenfalls aus Ziff. 4.2 der DIN 38402- A11: Nach der
Anmerkung zu Ziff. 4.2.4 a.E. ist eine bei der behördlichen Einleiterüberwachung
eingesetzte besondere Form der Durchschnittsprobe die „qualifizierte Stichprobe",
worunter eine Sammelprobe aus mindestens 5 Stichproben verstanden wird, die im
Abstand von nicht weniger als 2 min und über eine Zeitspanne von höchstens 2 h
entnommen werden. Gemäß Ziff. 4.2.3 ist eine Sammelprobe i.S.d. DIN aber eine aus
mehreren Einzelproben vereinigte Probe, wobei nach Ziff. 4.2.1 unter einer Einzelprobe
i.S.d. DIN eine durch einmalige Entnahme (meist durch Schöpfen) gewonnene Probe zu
verstehen ist. Dem widerspricht - anders als der Beklagte und der Zeuge ..... meinen -
auch nicht, dass gemäß Ziff. 4.2.2 eine Stichprobe i.S.d. DIN definiert wird als eine oder
mehrere Einzelproben zur Beurteilung eines momentanen Zustandes. Denn im Fall der
qualifizierten Stichprobe i.S.d. § 2 Nr. 3 AbwV können die dafür zu nehmenden
einzelnen Stichproben - aufgrund der insoweit höher und damit vorrangigen
Stichprobendefinition in § 2 Nr. 1 AbwV - jeweils nur als eine Einzelprobe i.S.d. Ziff.
4.2.2 Satz 2 1. Alt. i.V.m. Ziff. 4.2.1 Satz 2 der DIN 38402-A11 angesehen werden.
Darüber hinaus spricht gegen die Auffassung des Beklagten und des StUAK - bei einer
qualifizierten Stichprobenahme i.S.d. § 2 Nr. 3 AbwV könne eine Stichprobe auch aus
mehreren Einzelproben (= Schöpfvorgängen) i.S.d. Ziff. 4.2.2 Satz 2 2. Alt. i.V.m. Ziff.
4.2.1 Satz 2 der DIN 38402-A11 bestehen -, dass eine solche Stichprobe nicht mehr -
wie in Ziff. 4.2.2 Satz 2 vorgesehen - geeignet ist, einen „momentanen" Zustand zu
beurteilen. Zwischen den einzelnen Schöpfvorgängen innerhalb einer derartigen
Stichprobenahme läge nämlich immer ein - wenn auch bloß kurzer - zeitlicher Abstand,
der allerdings dem Charakter der Stichprobe als einer „Momentaufnahme"
entgegenstehen würde. Dessen ungeachtet spricht gegen die Ansicht des Beklagten
und des StUAK, mehrere Einzelproben i.S.v. Schöpfvorgängen zu einer Stichprobe zu-
sammenzufassen, dass Ziff. 4.2.2 Satz 2 2. Alt. der DIN 38402-A11 die zweite Art der
Stichprobe lediglich als „mehrere Einzelproben" und nicht - wie Ziff. 4.2.3 Satz 2 die
Sammelprobe - als eine „aus mehreren Einzelproben verei- nigte Probe" (Hervorhebung
durch das Gericht) definiert. Schließlich würde es bei Unterstellung der Auffassung des
Beklagten und des StUAK als richtig auch nur noch von bloßen Zufälligkeiten - wie etwa
der für die qualifizierte Stichprobe insgesamt benötigten Abwassermenge, dem
Fassungsvermögen des eingesetzten Probenahmegerätes und der eigenen
Entscheidung des Probenehmers vor Ort - abhängen, wieviele und welche
Schöpfvorgänge als eine Stichprobe anzusehen sind."
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Die Kammer hat auch nach erneuter Überprüfung an dieser Auffassung festgehalten
und dazu ergänzend ausgeführt: „Der Vortrag des beklagten Amtes nach Erlass des
zitierten Urteils kann nicht zu einer anderen Betrachtung führen. Zunächst kann es
keinem Zweifel unterliegen, dass § 2 Nr. 3 AbwV unter der Überschrift
„Begriffsbestimmungen" auch eine Aussage dazu trifft, wie die qualifizierte Stichprobe
zu ziehen ist, denn der Wortlaut enthält klare Handlungsanwei- sungen. Soweit das
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beklagte Amt die AbwV durch den Verweis auf die DIN 38402-A 11 für in sich
widersprüchlich hält, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Der Ansicht, eine an Sinn
und Zweck der Regelungen orientierte Auslegung müsse zu dem Ergebnis führen, dass
eine qualifizierte Stichprobe auch durch einzelne Stichproben, die aus jeweils mehreren
Schöpfvorgängen bestehen, gewonnen werden könne, steht bereits der eindeutige
Wortlaut des § 2 Nr. 3 AbwV entgegen, der einer Auslegung nach anderen Kriterien
enge Grenzen setzt. Zudem sind allenfalls die Regelungen der DIN 38402-A 11 selbst
unter Ziff. 4.2 „Probenahmearten" in sich widersprüchlich, weil dort der Begriff der
„Stichprobe" nicht einheitlich verwandt wird. Indes lässt sich auch dieser (vermeintliche)
Widerspruch schon nach der DIN selbst ausräumen, so dass es nicht darauf ankommt,
dass ansonsten der Regelung der AbwV als der höherrangigen Rechtsquelle ohnehin
der Vorrang einzuräumen wäre. In der DIN wird nämlich die qualifizierte Stichprobe als
Sonderform der „Sammelprobe" dargestellt, die ihrerseits als eine aus mehreren
Einzelproben vereinigte Probe definiert wird. Nach allgemeinen Grundsätzen gehen
aber speziellere Regelungen den allgemeinen vor, so dass sich auf diesem Weg auch
die DIN 38402-A 11 in Übereinstimmung mit der AbwV bringen lässt. Schließlich kann
die Einbeziehung von DIN-Normen in der Anlage zu § 4 AbwV auch dahingehend
ausgelegt werden, dass die Bezugnahme nur insoweit erfolgt, als die AbwV selbst
hierzu keine Regelungen enthält".
So Urteile der Kammer 18.07.2006, -14 K 9999/03- und -14 K 924/04-.
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Kann mithin die Probenahme vom 22.12.1999 schon aus den dargestellten Gründen bei
der Festsetzung der Abwasserabgabe für das Veranlagungsjahr 1999 nicht
berücksichtigt werden, kommt es auf die weiteren von dem Kläger gerügten Mängel
nicht mehr an.
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Gleichwohl weist die Kammer darauf hin, dass die von dem Kläger gerügten Fehler bei
der Homogenisierung und deren Vorbereitung nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme
nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen, so dass es insoweit bei der
öffentlichen Beweiskraft des Probenahmeprotokolls verbleiben muss. Insbesondere die
in sich schlüssigen Aussagen des Zeugen T1. , an deren Wahrheitsgehalt zu zweifeln
kein Anlass besteht (der Zeuge arbeitet nicht mehr bei dem staatlichen Umweltamt Köln
und hat deshalb auch kein Eigeninteresse mehr daran, seine Tätigkeit als „rechtmäßig"
darzustellen), belegen, dass die Anforderungen der hier anzuwendenden DIN 38402-30
(Fassung ab 1998) eingehalten worden sein dürften. Der Zeuge hat insbesondere
nachvollziehbar dargelegt, wie er bei der Vorbereitung der Homogenisierung die in
Ziffern 5.1 und 5.2 der zitierten DIN vorgeschriebene Prüfung auf Störungen
vorgenommen hat. Dem gegenüber erweisen sich die zweifelnden Ausführungen des
Klägers eher als Vermutungen, die jedenfalls nicht geeignet sind, den öffentlichen
Glauben des Probenahmeprotokolls zu erschüttern. Dies gilt gleichermaßen für die
Eignung der Homogenisierung der Probe mit Hilfe eines Magnetrührwerkes. Diese
Homogenisie- rungstechnik wird in Ziffer 8.3.3 der zitierten DIN als „in der Regel
ausreichend" be- zeichnet. Da beide Zeugen übereinstimmend bestätigt haben, dass im
vorliegenden Fall die Homogenisierung -wenn auch nach längerem Rühren- erfolgreich
war, bestand auch keine Veranlassung, eine andere Homogenisierungstechnik
anzuwenden. Da zudem in der DIN eine konkrete Dauer der Homogenisierung mit dem
Magnetrührgerät nicht vorgeschrieben ist, musste auch die im konkreten Fall von den
Probenehmern als notwendig erachtete Rührzeit nicht in das Protokoll gesondert
aufgenommen werden. Dass die Ergebnisse privater Analysen bei der
Abgabenberechnung nicht zu berück- sichtigen sind, folgt bereits aus § 4 Abs. 4 Satz 1
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AbwAG, der eine Überwachung durch staatliche oder staatlich anerkannte Stellen
vorschreibt.
Die in Antrag und Tenor ausgewiesene Höhe der zu zahlenden Abwasserabgabe ergibt
sich aus einer Berücksichtigung der Schadeinheiten für CSB und Phosphor ohne
Erhöhung. Die so ermittelten Beträge sind nach § 9 Abs. 5 AbwAG um die Hälfte zu
reduzieren, da ohne Berücksichtigung der Probenahme vom 22.12.1999 die
Mindestanforderungen für diese Parameter eingehalten sind.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §
709 ZPO.
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