Urteil des VG Koblenz vom 18.10.2010

VG Koblenz: verordnung, gebühr, behörde, angemessene frist, amtshandlung, fax, unverzüglich, fahrtkosten, kennzeichen, nummer

VG
Koblenz
18.10.2010
4 K 571/10.KO
Gebührenrecht, Straßenverkehrsrecht, Zwangsvollstreckungsrecht, Verfassungsrecht
Verkündet am: 18.10.2010
gez. ...
Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle
Verwaltungsgericht
Koblenz
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Verwaltungsrechtsstreit
des Herrn ...,
- Kläger -
gegen
den Landkreis Ahrweiler, vertreten durch den Landrat, Wilhelmstraße 24 - 30, 53474 Bad Neuenahr-
Ahrweiler,
- Beklagter -
wegen Verwaltungsgebühren
hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom
18. Oktober 2010, an der teilgenommen haben
Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Dr. Bayer
Richter am Verwaltungsgericht Hübler
Richter Dr. Stieber
ehrenamtliche Richterin Hausfrau Bäcker
ehrenamtlicher Richter selbständiger Kaufmann Zimmer
für Recht erkannt:
Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 28. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
12. April 2010 wird aufgehoben, soweit er einen Betrag von mehr als 35,10 € festsetzt. Im Übrigen wird die
Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 1/5 und der Beklagte zu 4/5.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen einen Gebührenbescheid des Beklagten für ein
Zwangsstilllegungsverfahren.
Auf den Kläger war vom 2. Juni 2008 bis 18. Mai 2009 das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen
AW – ... zugelassen. Am 16. April 2009 erhielt der Beklagte vom Kraftfahrt-Bundesamt Mitteilung, dass für
das oben genannte Fahrzeug bereits seit dem 1. Januar 2009 kein Versicherungsschutz mehr bei der D.
L. Versicherung AG bestehe.
Wie sich später im Widerspruchsverfahren herausstellte, war das Fahrzeug während der gesamten Zeit
bei der C. Versicherung haftpflichtversichert. Die Mitteilung über das nicht mehr bestehende
Versicherungsverhältnis bei der D. L. Versicherung AG ging darauf zurück, dass der Kläger einen
Versicherungswechsel zum 1. Januar 2009 anstrebte und bei der D. L. Versicherung AG auch eine neue
KFZ-Haftpflichtversicherung abgeschlossen hatten. Seine Vorversicherung bei der C. Versicherung hatte
der Kläger jedoch nicht gekündigt. Infolge dessen bestand für den Kläger eine Doppelversicherung. Diese
Situation wurde letztlich dadurch beseitigt, dass die spätere Versicherung bei der D. L. Versicherung AG
storniert wurde. Diese Hintergründe waren dem Beklagten nicht bekannt.
Nach der Mitteilung forderte der Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 22. April 2009 unter Anordnung
der sofortigen Vollziehung auf, unverzüglich eine neue gültige Versicherungsbestätigung vorzulegen oder
das betreffende Fahrzeug außer Betrieb zu setzen. Für den Fall der Nichtbefolgung wurde die
Entstempelung der Kennzeichenschilder durch Anwendung unmittelbaren Zwangs angedroht. Der
Bescheid enthielt darüber hinaus einen Hinweis auf die noch zu erhebenden Gebühren für diesen
Bescheid und eine eventuell erforderliche Vollstreckung. Für die etwaige Zwangsmaßnahme wurden eine
Gebühr von 100,-€ sowie 39,- € Auslagen für Außendienstfahrten in Aussicht gestellt. Der Bescheid vom
22. April 2009 wurde dem Kläger am 23. April 2009 mittels Postzustellungsurkunde zugestellt.
Mit E-Mail vom 27. April 2009 wendete sich die damalige Lebensgefährtin des Klägers an den Beklagten.
Sie bat um eine Fristverlängerung, da der Kläger zurzeit seinen Dienst im Kosovo verrichte und erst Mitte
Mai mit dem Fahrzeug für eine Woche nach Hause komme. Sie werde versuchen, die erbetenen
Unterlagen so früh wie möglich zu versenden. Mit E-Mail vom selben Tag antwortete der Beklagte, dass
man einer Fristverlängerung nicht zustimmen könne. Gegebenenfalls habe es einen
Versicherungswechsel gegeben, der der Zulassungsstelle nicht angezeigt worden sei. Sollte der Kläger
die Angelegenheit nicht bis zum 4. Mai 2009 klären können, sei man gezwungen, das Fahrzeug
polizeilich zur Fahndung auszuschreiben.
Am 18. Mai 2009 wurden die Kennzeichen des Fahrzeugs entwertet, als der Kläger die Kennzeichen
abmontiert bei seinem Heimaturlaub mitgebracht hatte.
Mit Bescheid vom 28. Mai 2009 wurde der Kläger auf Grundlage der §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 i.V.m. Ziffer 254
der Anlage zu § 1 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr vom 26. Juni 1970 zu einer
Gebühr in Höhe von 26,55 € für die Aufforderung vom 22. April 2009, 100 € für die Zwangsmaßnahmen,
zuzüglich 5,90 € Abmeldegebühr, 3,45 € Postauslagen und 39 € Fahrtkosten des Außen-
dienstmitarbeiters, insgesamt also zu 174,90 € herangezogen. Weitere Ausführungen zur Gebührenhöhe
enthält der Bescheid nicht.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 30. Mai 2009 Widerspruch ein. Die Maßnahme der
Zwangsentstempelung sei nicht erforderlich gewesen, da der genannte PKW zu keiner Zeit ohne die er-
forderliche Versicherung angemeldet gewesen sei. Dies sei der Zulassungsstelle per Fax als Antwort auf
das erste Schreiben vom 22. April 2009 mitgeteilt worden. Als Nachweis sei eine Kopie der bestehenden
Kfz-Versicherung übermittelt worden. Soweit diese Information innerhalb der Behörde nicht weitergeleitet
worden sei, könne dies nicht zu seinen Lasten gehen.
Mit Bescheid vom 12. April 2010 wies der Kreisrechtsausschuss bei dem Beklagten den Widerspruch
zurück. Auf Grundlage der §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 und Ziffer 254 der Anlage zu § 1 der
Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) seien für Maßnahmen im
Zusammenhang mit der Stilllegung eines Fahrzeugs infolge fehlenden Versicherungsschutzes Gebühren
zu erheben (§ 6a Abs. 1 Nr. 3 StVG, § 1 Abs. 1 Satz 1 GebOSt). Der Gebührenrahmen betrage dabei
14,30 € bis 286,- €. Die der Gebührenerhebung zugrunde liegende Amtshandlung sei rechtmäßig
gewesen, der Kläger sei Gebührenschuldner und die Gebühr sei im Hinblick auf den vorgegebenen
Gebührenrahmen angemessen. Der Beklagte sei gemäß § 25 Abs. 4 Satz 1 FZV verpflichtet gewesen,
unverzüglich den Fahrzeugschein einzuziehen und das Kennzeichen zu entstempeln. Der Beklagte habe
eine entsprechende Anzeige erhalten. Eine Pflicht zur inhaltlichen Überprüfung dieser Anzeige bestehe
nicht. Soweit der Kläger vortrage, dem Beklagten seien per Fax entsprechende Nachweise über einen
Versicherungsschutz zugegangen, könne dem nicht gefolgt werden. Ein solches Antwortfax sei nicht zu
den Behördenakten gelangt. Dies gehe zu Lasten des Klägers, da er nicht nur die Übersendung der
Versicherungsbestätigung nachweisen müsse, sondern auch den Zugang bei der Behörde. Das
Absenden eines Faxes löse keine Zugangsfiktion aus. Auch die übrigen Voraussetzungen für eine
Gebührenerhebung seien gegeben. Weitere Ausführungen zur Festlegung der Gebühr im vorgegebenen
Gebührenrahmen enthält der Widerspruchsbescheid nicht.
Der Bescheid vom 12. April 2010 wurde dem Kläger mittels Übergabe-Einschreiben am 14. April 2010
zugestellt.
Nachdem der Kläger mit E-Mails vom 7. und 13. Mai 2010 versucht hatte, auf elektronischem Weg Klage
zu erheben und seitens des Gerichts auf die
– mangels qualifizierter elektronischer Signatur – unzulässige Klageerhebung hingewiesen worden war,
hat der Kläger letztlich mit Schriftsatz vom 13. Mai 2010, eingegangen bei Gericht am Montag, den 17. Mai
2010, Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem
Widerspruchsverfahren. Der Beklagte sei über den bestehenden Versicherungsschutz informiert worden.
Dass dieser Nachweis nicht weitergeleitet wurde, könne nicht zu seinen Lasten gehen. Hinzu komme,
dass sich der PKW zum besagten Zeitpunkt nicht mehr im Verkehrsbereich der Europäischen Union
befunden habe und dass er im Ausland veräußert worden sei.
Der Kläger beantragt,
den Gebührenbescheid vom 28. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2010
aufzuheben.
Der Beklagtenvertreter beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hält die Klage für unzulässig, weil der Widerspruchsbescheid dem Kläger bereits am
14. April 2010 zugegangen, und die Klagefrist bei Klageerhebung am 17. Mai abgelaufen gewesen sei.
Hilfsweise trägt der Beklagte zur Rechtmäßigkeit des Gebührenbescheides vor: Nach der Mitteilung des
Kraftfahrt-Bundesamtes sei der Beklagte verpflichtet gewesen, das Fahrzeug außer Betrieb zu setzen.
Entsprechende Maßnahmen habe der Beklagte sodann mit Bescheid vom 22. April 2009 eingeleitet. Eine
gültige Versicherungsbestätigungskarte sei vom Kläger in der Folgezeit nicht vorgelegt worden. Das vom
Kläger angesprochene Fax sei beim Beklagten nicht eingegangen. Dies gehe, wie im
Widerspruchsbescheid ausführlich dargelegt, zu Lasten des Klägers. Dementsprechend seien die im
Anschluss durchgeführten Zwangsmaßnahmen rechtmäßig.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Sitzungsniederschrift, die zu den Akten
gereichten Unterlagen der Beteiligten und die vorgelegten Verwaltungs- und Widerspruchsakten
verwiesen; sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
1. Die Klage ist zulässig, sie wurde insbesondere innerhalb der Klagefrist gemäß § 74 Abs. 1 der
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erhoben. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger mittels
Übergabe-Einschreiben am 14. April 2010 zugestellt. Der Abgangsvermerk für den Bescheid steht unter
dem Datum vom 12. April 2010. Für ein Übergabe-Einschreiben i.S.d. § 4 Abs. 1, 1. Alt. des
Verwaltungszustellungsgesetzes des Bundes (VwZG) gilt gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 VwZG, dass es am
dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt gilt, es sei denn, dass es nicht oder zu einem späteren
Zeitpunkt zugegangen ist. Ein tatsächlicher früherer Zugang ist unerheblich, da nach dem gesetzlichen
Wortlaut ein Abweichen von der 3-Tages-Fiktion nur erfolgt, wenn das Dokument „nicht“ oder „zu einem
späteren Zeitpunkt“ zugeht (vgl. Danker, in: Fehling/Kastner, Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 2010, § 4 VwZG
Rn. 8 m.w.N.). Danach gilt der Bescheid am 15. April 2010 als zugegangen. Das Ende der Monatsfrist
(§ 74 Abs. 1 VwGO) fällt demzufolge auf Samstag, den 15. Mai 2010, weshalb die Frist zur Klageerhebung
gemäß § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) am 17. Mai 2010 endete und
die Klageerhebung vom selben Tag fristgerecht erfolgte.
2. Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Soweit mit dem
2. Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Soweit mit dem
Gebührenbescheid vom 28. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. April 2010
Kosten in Höhe von mehr als 35,10 € festgesetzt wurden, ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt den
Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). In Höhe von 35,10 € ist der Bescheid hingegen
rechtmäßig.
a) Der Gebührenbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids ist im Einzelnen rechtmäßig, soweit
er für den Bescheid vom 22. April 2009 eine Gebühr in Höhe von 26,55 € und Auslagen für die Zustellung
in Höhe von 3,45 € festsetzt. Darüber hinaus ist lediglich eine Abmeldegebühr in Höhe von 5,10 € anstelle
der festgesetzten 5,90 € rechtmäßig.
Die Kostenerhebung (Gebühren und Auslagen) für den Bescheid vom 22. April 2009 beruht auf §§ 1
Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 und Ziffer 254 der Anlage zu § 1 der Gebührenordnung für Maßnahmen im
Straßenverkehr (GebOSt) vom 26.06.1970 (BGBl I 1970, 865), zuletzt geändert durch Art. 4 der
Verordnung vom 21.4.2009 (BGBl I 2009, 872). Danach sind für Maßnahmen im Zusammenhang mit der
Stilllegung eines Fahrzeugs infolge fehlenden Versicherungsschutzes Gebühren und Auslagen zu
erheben (§ 6a Abs. 1 Nr. 3 StVG, § 1 Abs. 1 Satz 1, § 2 GebOSt).
Die der Gebühr in Höhe von 26,55 € zugrunde liegende Amtshandlung war rechtmäßig, da der Beklagte
nach der Mitteilung durch das Kraftfahrt-Bundesamt gemäß § 25 Abs. 4 Satz 1 der Verordnung über die
Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr (FZV) verpflichtet war, das Fahrzeug unverzüglich außer
Betrieb zu setzen. Dieser Pflicht genügt der Beklagte mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
regelmäßig dadurch, dass er den Fahrzeughalter – wie hier – auffordert, eine neue
Versicherungsbestätigung vorzulegen oder das Fahrzeug still zu legen (vgl. BGH NJW 1987, 2737).
Gleichzeitig dient der Bescheid vom 22. April 2009 der Vorbereitung einer unter Umständen
vorzunehmenden zwangsweisen Durchsetzung. Eine Pflicht des Beklagten, die Mitteilung auf ihre
inhaltliche Richtigkeit hin zu überprüfen, besteht nicht, da dies dem Zweck der Vorschrift – unversicherte
Fahrzeuge schnellstmöglich aus dem Verkehr zu entfernen – zuwiderliefe (vgl. BVerwG MDR1975, 433,
zu § 29c StVZO). Auch die übrigen Voraussetzungen für eine Kostenerhebung liegen vor. Der Kläger ist
insbesondere Kostenschuldner i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird
diesbezüglich auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen, denen die
Kammer folgt (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Die Gebührenerhebung für den Bescheid vom 22. April 2009 ist auch der Höhe nach nicht zu
beanstanden. Ziffer 254 der Anlage zu § 1 zur GebOSt sieht für Maßnahmen der vorliegenden Art einen
Gebührenrahmen von 14,30 € bis 286,- € vor. Diesen hat die Behörde ihrer Entscheidung zugrunde
gelegt. Danach ist die konkrete Gebühr zwar ins Ermessen der Behörde gestellt, die dieses entsprechend
den Vorgaben des § 6 GebOSt i.V.m. § 9 Abs. 1 des Verwaltungskostengesetzes des Bundes (VwKostG)
am Verwaltungsaufwand und dem wirtschaftlichen Wert der Amtshandlung auszurichten hat. Liegt jedoch
die Gebühr – wie hier – deutlich im unteren Bereich des Gebührenrahmens, ist es unschädlich, wenn die
Behörde lediglich die Amtshandlung an sich als Grundlage der Gebührenbemessung heranzieht und ihre
Ermessensentscheidung nicht weiter begründet.
Die Auslagen in Höhe von 3,45 € sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt erstattungsfähig.
Die Grundlage für die Abmeldegebühr bilden § 1 Abs. 1 und Ziffer 224.1 der Anlage zu § 1 GebOSt.
Danach ist für die vorgenommene Abmeldung des Fahrzeugs eine Festgebühr in Höhe von 5,10 €
vorgesehen. Die fehlende Angabe der maßgeblichen Gebührenziffer 224.1 hindert die insoweit
bestehende Rechtmäßigkeit nicht, da es sich um eine Festgebühr handelt und die Gebührenposition im
Bescheid ausdrücklich als „Abmeldegebühr“ aufgeführt ist. Soweit die Gebühr allerdings über den
Festbetrag hinaus festgesetzt wurde, ist diese rechtswidrig, da es hierfür an einer
Ermächtigungsgrundlage fehlt.
b) Die weiteren Festsetzungen von Vollstreckungsgebühren in Höhe von 100,- € und Auslagen in Höhe
39,- € für Fahrtkosten des Außendienstmitarbeiters sind rechtswidrig. Denn der Bescheid vom 28. Mai
2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. April 2010 ist insoweit auf die falsche
Rechtsgrundlage gestützt und eine Aufrechterhaltung des Bescheids unter Anwendung der richtigen
Rechtsgrundlage ist hier nicht möglich.
Die Gebühr für die Zwangsvollstreckung in Höhe von 100,- € ist auf § 1 Abs. 1 und Ziffer 254 Satz 3 der
Anlage zu § 1 GebOSt gestützt. Satz 3 der Gebührenziffer 254 lautet:
„Die Gebühr umfasst auch die im Zusammenhang mit der Vollstreckung der Anordnungen entstehenden
Kosten.“
Dieser Satz wurde mit Artikel 5 der Vierten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und
anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 18. Juli 2008 (BGBl I 2008, 1338) in die Anlage zu
§ 1 GebOSt aufgenommen. Hintergrund der Ergänzung war, dass nach der Rechtsprechung des
erkennende Gerichts (Urteil vom 6. November 2006 – 4 K 615/06.KO –, NVwZ-RR 2007, 509), bestätigt
durch das OVG Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 19. März 2007 – 7 A 11632/06.OVG – nach juris) sowie
anderer Verwaltungsgerichte (vgl. VGH Kassel, Beschluss vom 9. Dezember 2009 – 5 D 2775/09 –
m.w.N., nach juris) auf Grundlage der bis dahin geltenden Gebührenziffer 254, die lediglich aus den
beiden ersten Sätzen der heutigen Fassung bestand, keine Gebühren für die Vollstreckung der ansonsten
nach Gebührenziffer 254 gebührenpflichtigen Maßnahme erhoben werden konnten. Mit Blick darauf heißt
es in der Begründung des Zustimmungsbeschlusses des Bundesrates (BR-Drs. 302/08 (Beschluss), S. 8)
zur Einführung des Satzes 3 ausdrücklich:
„Die Frage, ob die im Rahmen der zwangsweisen Stilllegung entstehenden Kosten für die verschiedenen
Zwangsmaßnahmen nach Gebühren-Nummer 254 GebOSt oder nach den landesrechtlichen
Vollstreckungsregelungen zu erfolgen hat, wird in der verwaltungsgerichtlichen Rechts-sprechung
zwischenzeitlich unterschiedlich beurteilt. Es gibt inzwischen eine Tendenz dazu, Gebühren-Nummer 254
eng auszulegen mit der Folge, dass insoweit auf das Vollstreckungsrecht des jeweiligen Landes
zurückzugreifen ist.
Die Thematik ist in der Vergangenheit bereits wiederholt auf Bund-Länder-Ebene angesprochen worden.
Dabei hat die Mehrheit der Länder die Auffassung vertreten, Gebühren-Nummer 254 umfassend
anzuwenden. Bei Gelegenheit sollte eine entsprechende Ergänzung der Gebühren-Nummer 254
vorgenommen werden.“
Mit der entsprechenden Aufnahme des Satz 3 hat der Verordnungsgeber den Gebührentatbestand der
Gebührenziffer 254 auf die im Zusammenhang mit der Vollstreckung der Anordnungen entstehenden
Kosten erweitert.
Allerdings ist die mit Artikel 5 der Vierten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und
anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 18. Juli 2008 (BGBl I 2008, 1338) vorgenommene
Ergänzung des Gebührentatbestands der Ziffer 254 um den Satz 3 wegen eines Verstoßes gegen das
Zitiergebot nichtig.
Gemäß Art. 80 Abs. 1 Satz 3 des Grundgesetzes (GG) ist in einer bundesrechtlichen Verordnung deren
Rechtsgrundlage anzugeben. Zu den Voraussetzungen und Zwecken des Zitiergebots hat das
Bundesverfassungsgericht (BVerfG, NJW 1999, 3253, 3256 f.) im Einzelnen ausgeführt:
„Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG ist in einer bundesrechtlichen Verordnung deren Rechtsgrundlage
anzugeben. Das erfordert, daß nicht nur das ermächtigende Gesetz als solches, sondern die
ermächtigende Einzelvorschrift aus diesem Gesetz in der Verordnung genannt wird. […]
1. Im gewaltenteilenden System des Grundgesetzes dient das Zitiergebot dem Zweck, die Delegation von
Rechtssetzungskompetenz auf die Exekutive in ihren gesetzlichen Grundlagen verständlich und
kontrollierbar zu machen.
Nach der rechtsstaatlich-demokratischen Verfassungsordnung des Grundgesetzes bedarf die
Rechtssetzung durch die Exekutive einer besonderen Ermächtigung durch die Legislative. Art. 80 Abs. 1
GG legt fest, welchen Anforderungen solche Ermächtigungen und die auf ihrer Grundlage erlassenen
Verordnungen genügen müssen.
Das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG soll nicht nur die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage
kenntlich und damit auffindbar machen. Es soll auch die Feststellung ermöglichen, ob der
Verordnunggeber beim Erlaß der Regelungen von einer gesetzlichen Ermächtigung überhaupt Gebrauch
machen wollte (vgl. Nierhaus in: Bonner Kommentar , Art. 80 Rn. 322). Die Exekutive
muß durch Angabe ihrer Ermächtigungsgrundlage sich selbst des ihr aufgegebenen
Normsetzungsprogramms vergewissern und hat sich auf dieses zu beschränken. Es kommt daher nicht
nur darauf an, ob sie sich überhaupt im Rahmen der delegierten Rechtssetzungsgewalt bewegt, vielmehr
muß sich die in Anspruch genommene Rechtssetzungsbefugnis gerade aus den von ihr selbst
angeführten Vorschriften ergeben (vgl. BVerwG, NJW 1983, S. 1922).
Außerdem dient Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG der Offenlegung des Ermächtigungsrahmens gegenüber dem
Adressaten der Verordnung. Das soll ihm die Kontrolle ermöglichen, ob die Verordnung mit dem
ermächtigenden Gesetz übereinstimmt. Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG statuiert insoweit ein rechtsstaatliches
Formerfordernis, das die Prüfung erleichtern soll, ob sich der Verordnunggeber beim Erlaß der
Verordnung im Rahmen der ihm erteilten Ermächtigung gehalten hat (vgl. BVerfGE 24, 184 <196>).
[…]
4. Eine Mißachtung des Zitiergebots verletzt ein "unerläßliches Element des demokratischen
Rechtsstaates" (vgl. Bartlsperger, Zur Konkretisierung verfassungsrechtlicher Strukturprinzipien, VerwArch
58 <1967>, S. 249 ff. <270>). Ein solcher Mangel führt deshalb zur Nichtigkeit der Verordnung (vgl. Wilke
in: v. Mangoldt/Klein, Bonner Grundgesetz, 2. Aufl. 1969, Art. 80 Anm. XI. 2 d; Nierhaus, a.a.O., Rn. 328
<"formelle Wirksamkeitsvoraussetzung">; Bauer in: Dreier , Grundgesetz, Kommentar, Bd. 2 1998,
Art. 80 Rn. 43; Ossenbühl in: HStR III, § 64 Rn. 65).“
Diesen Anforderungen genügt die Vierte Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und
anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 18. Juli 2008 (BGBl I 2008, 1338) in Bezug auf die
Änderung der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr in Artikel 5 nicht. Die Vierte
Änderungsverordnung zitiert die Ermächtigungsgrundlagen eingangs wie folgt:
„Auf Grund des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b, c, d, h, j und r sowie § 6e Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und § 63 Nr. 2
des Straßenverkehrsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310,
919), von denen § 6 Abs. 1 und § 6e Abs. 1 Satz 1 durch Artikel 2 Nr. 4 und § 63 durch Artikel 2 Nr. 3
Buchstabe a Doppelbuchstabe bb des Gesetzes vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1958) geändert worden
sind, verordnet das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:“
Damit fehlt das Zitat der für die Änderung der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr
heranzuziehenden Ermächtigungsnorm des § 6a Abs. 2 StVG, die sich ihrerseits auch auf Maßnahmen im
Zusammenhang mit der Stilllegung von Kraftfahrzeugen bezieht (§ 6a Abs. 1 Nr. 3 StVG).
In diesem Zusammenhang genügt es indes auch nicht, dass die zu ändernde Verordnung
(Stammverordnung) ihrerseits dem Zitiergebot nach Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG genügt, indem dort in der
Eingangsformel die einzelgesetzliche Ermächtigungsgrundlage des § 6a Abs. 2 und Abs. 3 StVG benannt
wird. Wird nämlich
– wie hier – der Regelungsbereich der Stammverordnung durch eine Änderungsverordnung erweitert,
können die oben dargelegten verfassungsrechtlichen Vorgaben nur erfüllt werden, wenn auch die
Änderungsverordnung selbst den Anforderungen an das Zitiergebot genügt (vgl. OVG Berlin-
Brandenburg, Urteil vom 24. März 2010 – OVG 1 A 1.09 – nach juris).
Dies folgt aus den oben dargelegten, vom Bundesverfassungsgericht benannten Zwecken des
Zitiergebots. Blickte man allein auf den Normadressaten, dem durch die Angabe der Ermächtigungsnorm
die Prüfung ermöglicht und erleichtert werden soll, ob sich der Verordnungsgeber beim Erlass der
Verordnung im Rahmen der ihm erteilten Ermächtigungsgrundlage gehalten hat (BVerfG, a.a.O.), könnte
diese Funktion möglicherweise auch allein durch die Angabe der Ermächtigungsgrundlage in der
Stammverordnung erfüllt sein. Insoweit könnte sich der Normadressat nämlich durch die Zitierung in der
Stammverordnung ein Bild darüber machen, ob die einzelnen Regelungen – auch die neu
hinzugekommenen – von der zitierten Ermächtigungsgrundlage gedeckt sind. Allerdings erschöpft sich
der Zweck des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG nicht in einer Informationsfunktion zugunsten des
Normadressaten.
Vielmehr dient das Zitiergebot auch dazu, dem Verordnungsgeber selbst Grundlage und Umfang seiner
Rechtssetzungsbefugnis bewusst zu machen. So soll die Angabe der Ermächtigungsgrundlage die
Feststellung ermöglichen, ob der Normgeber bei Erlass der Regelung von einer bestimmten gesetzlichen
Ermächtigung überhaupt Gebrauch machen wollte; der Verordnungsgeber muss sich durch die Angabe
der Ermächtigungsgrundlage des ihm aufgegebenen Normsetzungsprogramms vergewissern und hat
sich auf dieses zu beschränken (BVerfG, a.a.O.). Diese, vor allem im Rechtssetzungsverfahren zum
Tragen kommende Funktion des Zitiergebots erfordert, dass dem Zitiergebot auch in einer
Änderungsverordnung genüge getan werden muss, jedenfalls dann, wenn der Regelungsbereich durch
die Änderungsverordnung erweitert wird (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, a.a.O.). Denn allein aus der
Angabe der Ermächtigungsnorm(en) in der Stammverordnung lassen sich keine Rückschlüsse darauf
ziehen, ob der Verordnungsgeber sich bei Erlass der Änderungsverordnung dieser
Ermächtigungsgrundlage bewusst war und dessen Vorgaben und Grenzen vor Augen hatte.
Die Missachtung des Zitiergebots in der Vierten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung
und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 18. Juli 2008 (BGBl I 2008, 1338) in Bezug auf
die Änderung der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr in Artikel 5 führt deshalb insoweit
zur Nichtigkeit der Änderungsverordnung. Danach verbleibt es dabei, dass die Gebührenziffer 254
weiterhin in der zuvor geltenden Fassung anzuwenden ist, die nach der Rechtsprechung der Kammer und
anderer Verwaltungsgerichte (s.o.), keine Ermächtigungsgrundlage für eine Gebühr enthält, die im
Zusammenhang mit der Vollstreckung der Anordnungen steht.
Der Gebührenbescheid kann auch nicht durch einen Wechsel der Ermächtigungsgrundlage unter
Anwendung des dann maßgebenden Landeskostenrechts (vgl. dazu VG Koblenz, NVwZ-RR 2007, 509,
510 und OVG Rheinland-Pfalz a.a.O.) aufrecht erhalten werden. Nach § 8 Abs. 4 der Kostenordnung zum
Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz (LVwVGKostO) wird für die Anwendung des unmittelbaren
Zwangs nach § 65 des Landesverwaltungsvollstreckungsgesetzes (LVwVG) eine Gebühr von mindestens
10,- € und höchstens 1.530,- € erhoben, während der hier angewendete Gebührenrahmen der
Gebührenziffer 254 in der Anlage zu § 1 GebOSt eine Rahmengebühr von 14,30 €bis 286,- € vorsieht. Da
insoweit ein deutlich unterschiedlicher Gebührenrahmen vorliegt, ist das Auswahlermessen des
Beklagten bei der Festsetzung der Rahmengebühr von vornherein fehlerhaft betätigt worden, weil der
falsche Rahmen zu Grunde lag. Es lässt sich jedenfalls nicht mit Sicherheit ausschließen, dass die Gebühr
bei Anwendung des Landesrechts geringer ausgefallen wäre (VG Koblenz, a.a.O.). Danach ist die
Festsetzung einer Gebühr in Höhe von 100,- € vorliegend rechtswidrig.
Dasselbe gilt für die Festsetzung von Auslagen in Höhe von 39.- € für die Fahrtkosten des
Außendienstmitarbeiters. Da diese Auslagen im Zusammenhang mit der Vollstreckung angefallen sind
und die Gebührenziffer 254 der Anlage zu § 1 GebOSt – wie dargelegt – die Kosten der Vollstreckung
nicht umfasst, können die damit angefallenen Auslagen, auch wenn dieses grundsätzlich von § 2 GebOSt
umfasst sind, nicht auf Grundlage der GebOSt geltend gemacht werden. Vielmehr sind auch die mit der
Vollstreckung anfallenden Auslagen nach dem Landeskostenrecht geltend zu machen. Auch insoweit
scheidet eine Auswechselung der Ermächtigungsgrundlagen aus. Während § 2 Nr. 6 und 6a GebOSt
lediglich allgemein die Erstattungsfähigkeit von Auslagen bestimmen, die im Zusammenhang mit
Außendiensteinsätzen entstehen können, sieht § 10 Abs. 4 LVwVGKostO für jede Dienstreise und jeden
Dienstgang des Vollstreckungsbeamten eine Pauschale von 2,56 € vor. Die Kammer lässt es mit Blick auf
§ 1 Abs. 2 Nr. 2 des Landesgebührengesetzes (LGebG) offen, ob neben der Pauschalen in Höhe von
2,56 € zusätzlich Fahrtkosten nach dem Landesgebührengesetz geltend gemacht werden können, oder
ob diese mit der Pauschale abgegolten sind. Soweit darüber hinaus ein gesonderte Abrechnung der
Fahrtkosten in Betracht kommt, müsste für diese gemäß § 10 Abs.
1
Satz 2 LGebG i.V.m. § 1 der
Landesverordnung über die Festsetzung eines Pauschbetrages für die Kraftfahrzeugbenutzung
(KPauschVO) grundsätzlich eine Kilometerpauschale von 0,31 € je Kilometer angesetzt werden. Die
Kammer sah sich insoweit auch gehindert, anstelle des Beklagten die zuvor genannten Pauschalen als
Auslagen im Rahmen der Vollstreckung aufrecht zu erhalten. Insoweit war es für das Gericht nämlich nicht
feststellbar, wie viele Dienstreisen bzw. Dienstgänge der Beklagte festsetzen wollte. Wie sich aus dem
Vortrag des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung ergibt, werden die 39,- € als
Gesamtpauschale – ohne weitere Kostenbegründung – angesetzt. Dies erklärt auch, warum es bereits in
dem Bescheid vom 22. April 2009 möglich war, die voraussichtlichen Auslagen hierfür in Höhe von 39,- €
anzukündigen. Aus den Verwaltungsakten ergibt sich, dass insgesamt fünf Vollstreckungsversuche
unternommen wurden, wohingegen in dem Kostenbescheid lediglich drei dieser Versuche (07.05.09,
13.05.09 und 14.05.09) als Grundlage der Auslagenerhebung angegeben werden. Dementsprechend ist
nicht erkennbar, wie viele Dienstreisen bzw. Dienstgänge (unter Umständen zuzüglich entsprechender
Kilometerpauschale) der Beklagte, der eine Gesamtpauschale vor Augen hatte, bei einer
vorzunehmenden Einzelpauschale hätte abrechnen wollen.
Danach erweist sich der Gebührenbescheid in Höhe von insgesamt 139,80 €, die sich im Einzelnen aus
0,80 € zu viel festgesetzten Abmeldegebühren, 100,- € Vollstreckungsgebühren und 39,- €
Vollstreckungsauslagen zusammensetzen, bereits mangels Ermächtigungsgrundlage als rechtswidrig.
c) Unabhängig davon hält die Festsetzung von Gebühren in Höhe von 100,- € und Auslagen in Höhe von
39,- € für die Vollstreckung auch losgelöst von der dargelegten Nichtigkeit der Gebührenziffer 254 Satz 3
der Anlage zu § 1 GebOSt einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die zugrunde liegende
Amtshandlung in Form der Vollstreckung ist zwar größtenteils nicht zu beanstanden, die konkrete
Festsetzung der Kosten jedoch rechtswidrig.
Die Vollstreckung, als kostenbegründende Amtshandlung, ist größtenteils rechtmäßig. Der Beklagte hat
den Kläger mit Bescheid vom 22. April 2009 – wie oben ausgeführt – zu Recht aufgefordert, unverzüglich
einen gültigen Versicherungsnachweis vorzulegen oder das bezeichnete Fahrzeug still zu legen.
Dieser für sofort vollziehbar erklärten Aufforderung ist der Kläger nicht nachgekommen. Er kann sich
diesbezüglich nicht darauf berufen, er bzw. seine damalige Lebensgefährtin habe einen entsprechenden
Nachweis per Fax an den Beklagten versendet. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nicht in der
Lage ist, eine entsprechende Versandbestätigung vorzulegen. Überdies müsste im Weiteren nicht nur der
Versand, sondern auch der Zugang bei der Behörde nachgewiesen werden (vgl. VG Frankfurt, Urteil vom
12.02.2004 – 6 E 5430/03 – nach juris, m.w.N.). In diesem Zusammenhang konnte auch das im Rahmen
der mündlichen Verhandlung vorgelegte Faxjournal des Beklagten zur vorgetragenen Empfängernummer
keine Anhaltspunkte für einen Zugang des angeblich am 4. Mai 2009 übersendeten Faxes bringen.
Letztlich konnte der Kläger nicht einmal mit Sicherheit sagen, von welchem Ort aus das Fax versendet
worden sein soll. Ungeachtet der Frage, ob dem Beklagten ein entsprechendes Fax mit Anlagen
zugegangen ist, hätte mit den vermeintlichen Anlagen, wie sie der Kläger im gerichtlichen Verfahren
vorgelegt hat, der mit Verfügung vom 22. April 2009 geforderte Versicherungsnachweis nicht geführt
werden können. Als Anlage wird nämlich ein Versicherungsschein der C. Versicherung vorgelegt, der als
Endzeitpunkt den 1. Januar 2009 benennt. Die Kammer verkennt nicht, dass in dem Versicherungsschein
darauf hingewiesen wird, dass sich der Vertrag um ein Jahr verlängert, wenn er nicht rechtzeitig vor Ablauf
gekündigt wird. Ob sich der Vertrag allerdings verlängert hat oder gekündigt wurde, ist dem
Versicherungsschein nicht zu entnehmen. Auch der ebenfalls hierzu vorgelegte Kontoauszug, der eine
Zahlung an die C. ausweist, ist kein Versicherungsnachweis, weil eine Zahlung kein Beleg über ein
bestehendes Versicherungsverhältnis darstellt.
Auch die übrigen Vollstreckungsvoraussetzungen sind erfüllt. Insbesondere hat der Beklagte die
Zwangsmaßnahme gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 LVwVG schriftlich angedroht und den Bescheid, der die
schriftliche Androhung enthält, zugestellt (§ 66 Abs. 6 LVwVG). Darüber hinaus hat der Beklagten dem
Kläger i.S.d. § 66 Abs. 1 Satz 3 LVwVG auch eine angemessene Frist zur Erfüllung der Verpflichtung
gesetzt. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte den Kläger dazu aufgefordert hat, unverzüglich die
entsprechenden Nachweise vorzulegen und die Frist auf drei Werktage konkretisiert hat. Hierbei ist zu
beachten, dass der Beklagte gemäß § 25 Abs. 4 Satz 1 FZV seinerseits dazu verpflichtet ist, das als
unversichert gemeldete Fahrzeug unverzüglich still zu legen. Aus diesem Grund kann eine vorangehende
Aufforderung, die Angelegenheit anderweitig zu klären, mit einer kurzen Frist zur Erfüllung verbunden
werden. Der Umstand, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt im Ausland war und die geforderten
Handlungen kaum innerhalb der gesetzten Frist nachkommen konnte, hindert die Angemessenheit der
Fristsetzung nicht. Zum einen wusste der Beklagte bei der Androhung nicht, dass der Kläger mit dem
Fahrzeug im Ausland verweilt. Zum anderen gilt wieder, dass die Behörde ihren Pflichten nach § 25 Abs. 4
Satz 1 FZV nachzukommen hat.
Eine andere Frage ist die Verhältnismäßigkeit der einzelnen Vollstreckungsmaßnahmen. So hatte die
damalige Lebensgefährtin des Klägers den Beklagten darüber informiert, dass der Kläger im Kosovo sei
und Mitte Mai 2009 mit dem Fahrzeug zurückkomme. Der erste Vollstreckungsversuch wurde allerdings
bereits am 7. Mai 2009 vorgenommen. Insoweit fehlte zumindest diesem Vollstreckungsversuch im
Zusammenhang mit den bekannten Informationen von vornherein die Eignung. Etwas anderes könnte
allenfalls dann gelten, wenn der Beklagte die Auskünfte der damaligen Lebensgefährtin inhaltlich in Frage
gestellt hat. Den weiteren Vollstreckungsversuchen ab dem 13. Mai 2009 kann unter Berücksichtigung der
Angabe, der Kläger komme Mitte Mai zurück, eine generelle Eignung nicht abgesprochen werden. Die
Amtshandlung ist damit lediglich in Bezug auf einen einzelnen – erfolglosen – Vollstreckungsversuch
rechtswidrig, im Übrigen jedoch rechtmäßig. Insoweit müssten entsprechende Kosten für den
unverhältnismäßigen Vollstreckungsversuch heraus gerechnet werden.
Trotz einer danach größtenteils rechtmäßigen Amtshandlung als Grundlage der Gebührenerhebung, ist
die vorgenommene Festsetzung rechtswidrig. Stützt man
– ungeachtet der verfassungsrechtlichen Bedenken – die Gebührenerhebung auf Ziffer 254 Satz 3 der
Anlage zu § 1 GebOSt, ist der Gebührenbescheid bereits formell rechtswidrig, weil ein Verstoß gegen § 1
Abs. 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz (LVwVfG) i.V.m. § 39 Abs. 1 S. 3
Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes (VwVfG) vorliegt. Danach soll ein schriftlicher Verwaltungsakt
die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens
ausgegangen ist. Ist – wie hier – eine Rahmengebühr vorgesehen, steht die Festsetzung der konkret
angemessenen Gebühr im Ermessen der Behörde, die dieses entsprechend der Bemessungsgrundsätze
des Gebührenrechts (vgl. § 6 GebOSt i.V.m. §§ 3, 9 Abs. 1 VwKostG) ausüben muss. Der
Gebührenbescheid des Beklagten vom 28. Mai 2009 setzt eine Gebühr von 100,- € fest, enthält jedoch
keinerlei Ausführungen zu den Gesichtspunkten, die der Beklagte dem von ihm auszuübenden
Festsetzungsermessen zugrunde gelegt hat. Die Ausführungen zur Ermessensausübung waren auch
nicht entbehrlich, weil die festgesetzte Gebühr sich nicht am unteren Rand des Gebührenrahmens
(14,30 € bis 286,- €) bewegt.
Eine Heilung nach § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG ist nicht eingetreten, weil der Widerspruchsbescheid
vom 12. April 2010 ebenfalls keine Gesichtspunkte zu den Grundlagen der Ermessenerwägungen enthält.
Der Verstoß ist vor dem Hintergrund des § 46 VwVfG relevant, weil nicht auszuschließen ist, dass die
Behörde bei Beachtung des Verfahrensrechts das ihr zugestandene Ermessen in einer anderen Weise
ausgeübt hätte.
Der Gebührenbescheid ist in Anlehnung an die formelle Rechtswidrigkeit wegen fehlender Begründung
der Ermessenserwägungen auch materiell rechtswidrig, weil ein Ermessensfehler nach § 114 S. 1 VwGO
– Ermessensausfall – vorliegt. Ermessenserwägungen sind im gerichtlichen Verfahren weder erfolgt noch
hätten sie die Rechtswidrigkeit gemäß § 114 S. 2 VwGO beseitigt können, weil es nach dieser Vorschrift
lediglich möglich ist, Ermessenserwägungen im gerichtlichen Verfahren zu ergänzen. Eine erstmalige
Ermessensausübung – wie sie hier vorgelegen hätte – ist hingegen ausgeschlossen (ständige
Rechtsprechung, vgl. nur BVerwG, Urt. v. 5. September 2006 – 1 C 20.05 – juris Rz. 22 m.w.N.).
Auch die Festsetzung der Auslagen in Höhe von 39,- € ist selbst dann, wenn man die
verfassungsrechtlichen Bedenken an der Ermächtigungsgrundlage hinten an stellte, rechtswidrig. Zwar
könnten bei Anwendbarkeit der Gebührenziffer 254 Satz 3 der Anlage zu § 1 GebOSt dem Grunde nach
auch die Auslagen der Vollstreckung über § 2 GebOSt festgesetzt werden. Allerdings fehlt es vorliegend
an einer nachvollziehbaren Kalkulation zur Höhe der angefallenen Kosten. Eine pauschale
Auslagenerhebung, wie sie der Beklagte vorgenommen hat, ist – anders als in § 10 Abs. 4 LVwVGKostO
und § 10 Abs. 1 Satz 2 LGebG (s.o.) – weder in der GebOSt noch dem Verwaltungskostengesetz des
Bundes vorgesehen.
3. Nach alledem war dem Antrag des Klägers in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang stattzugeben
und die Klage im Übrigen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Danach tragen die Beteiligten die Kosten
entsprechend ihres Unterliegens, also der Kläger zu 1/5 und der Beklagte 4/5.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung
...
gez. Dr. Bayer
gez. Hübler
gez. Dr. Stieber
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 174,90 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).
Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit der
Beschwerde
angefochten werden.
gez. Dr. Bayer
gez. Hübler
gez. Dr. Stieber