Urteil des VG Koblenz vom 06.12.2010

VG Koblenz: juristische person, abnahme des werks, abnahme des werkes, zivilrechtliche streitigkeit, altes recht, bauherr, besteller, behörde, öffentlich, satzung

VG
Koblenz
06.12.2010
4 K 149/10.KO
Wegerecht
Verkündet am: 06.12.2010
gez. ...
Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle
Verwaltungsgericht
Koblenz
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Verwaltungsrechtsstreit
der Ortsgemeinde Eitelborn, vertreten durch den Bürgermeister der Verbands-gemeinde Montabaur,
Konrad-Adenauer-Platz 8, 56410 Montabaur,
- Klägerin -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Martini, Mogg, Vogt, Ferdinand-Sauerbruch-Straße 26,
56073 Koblenz,
gegen
die ... GmbH,
- Beklagte -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Klinge - Hess, Rheinstraße 2 a, 56068 Koblenz,
wegen Straßen- und Wegerechts
hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom
6. Dezember 2010, an der teilgenommen haben
Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Dr. Bayer
Richter am Verwaltungsgericht Porz
Richter am Verwaltungsgericht Hübler
ehrenamtlicher Richter selbständiger Landwirt Sehn
ehrenamtliche Richterin Bankkauffrau Stern
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden
Betrages vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d
Die Klägerin verlangt von der Beklagten einen Vorschuss zur Beseitigung von Sachmängeln aus einem
nach ihrer Auffassung schlecht erfüllten Vertrag, den sie dem öffentlichen Recht zuordnet.
Die Beklagte ist eine juristische Person des Privatrechts und seit dem 20. November 2008
Rechtsnachfolgerin der Firma E. Wohnbau GmbH. Die Rechtsvorgängerin war Eigentümerin der beiden
unbebauten „Handtuchgrundstücke“ in Flur 9, Parzellen 21 und 22. Diese Grundstücke, die inzwischen
vereinigt, in sechs Baugrundstücke aufgeteilt und teilweise bebaut sind, lagen zwischen der R.-Straße und
der am Ortsrand verlaufenden Wegeparzelle 218/5. Die Wegeparzelle führt vom H.-Weg im Süden bis zur
Straße H. im Norden. Danach setzt sich der Weg auf der Parzelle 215 bis zur Straße W. im Norden fort.
Es besteht weder ein Bebauungsplan noch eine Wegebenutzungssatzung.
Die Klägerin gehörte früher zum Unterwesterwaldkreis, der zum Regierungsbezirk Wiesbaden der
preußischen Provinz Hessen-Nassau gehörte. Es existiert noch eine Akte über einzelne Grundstücke, die
der Gemeinde Eitelborn bei einer Konsolidation im Jahre 1908 zugemessen wurden. Die
zugemessenen Grundstücke als solche spielen im vorliegenden Verfahren keine Rolle. Wichtig ist jedoch,
dass die Akte sowohl „die Bezeichnung der Grundstücke nach dem Lagerbuch bzw. dem künftigen
Kataster“ (z.B. Blatt 9, Nr. 29) als auch die „Bezeichnung der konsolidierten Grundstücke nach der
Konsolidationskarte“ enthält (z.B. Blatt 9, Nr. 1707). Ferner existiert speziell zur Flur 9 noch die Flurkarte
vom 30. Juli 1908 (Blatt 9) mit folgendem Vermerk:
„Ausgefertigt im geodätisch-technischen Bureau der Königlichen Generalkommission zu Cassel im Jahre
1908 durch den Zeichner Hildebrand mittels Kartierung der von den Landmessern Baldus III und
Lichtenstein in den Jahren 1904, 1905 und 1907 bewirkten Wege- und Planaufmessung.“
Die Flurkarte zeigt einen vollständig unbebauten Bereich, der - wie bei einer heutigen Flurbereinigung –
künstlich geschaffene, parallel liegende Grundstücke enthält. Die Grundstücke tragen jeweils sowohl die
damals neue Katasternummer als auch – in Klammern - die alte Konsolidierungsnummer (z.B. 29 (1707)).
Die Grundstücksblöcke werden von mehreren, im Wesentlichen geradlinig verlaufenden Wegen
durchzogen. Unter anderem sind die Wegeparzellen 218 und 215 mit einer Breite von 3,00 m
eingezeichnet. Die heutigen Straßen W., H., H.-Weg und die R.-Straße sind als Wege mit Breiten von
3,00 m bzw. 5,00 m eingezeichnet.
Ausweislich einer Mitteilung des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum in Montabaur vom 2. Juli 2010
gab es in der Gemeinde Eitelborn sowohl im Jahre 1872 als auch in den Jahren 1905 – 1907
Bodenordnungsverfahren.
Am 29. November 2000 erteilte der Gemeinderat das Einvernehmen zur Errichtung von drei
Doppelhäusern auf den Grundstücken Nr. 21 und 22 in Flur 9 zugunsten der Firma E. Wohnbau GmbH.
Gleichzeitig wurde der Ortsbürgermeister ermächtigt, „einen entsprechenden Erschließungsvertrag“ mit
dem Bauträger abzuschließen.
Am 13. März 2001 schlossen die Klägerin, die Verbandsgemeinde Montabaur und die Rechtsvorgängerin
der Beklagten einen als „öffentlich-rechtlich“ bezeichneten Vertrag. In der Vorbemerkung heißt es unter
anderem:
„Der Bauherr ist Eigentümer der Grundstücke Flur 9, Flurstück Nr. 21 (1.062 qm) und Nr. 22 (1.062 qm) in
der Gemarkung Eitelborn. Er beabsichtigt, die v.g. Grundstücke mit 3 Doppelhäusern zu bebauen.
Um eine bedarfsgerechte straßenmäßige Anbindung zu gewährleisten, soll die zur Bebauung anstehende
Fläche zur R.-Straße hin geschlossen und der Fahrzeugverkehr über den in der Verlängerung des F.-Weg
vorhandenen Wirtschaftsweg (Flurstück 218/5) geführt werden.“
In Teil A des Vertrags (Regelungen zur Straßenerschließung) übernahm die Rechtsvorgängerin der
Beklagten folgende Verpflichtungen:
§ 1 Abs. 1: Der Bauherr übernimmt zur straßenmäßigen Anbindung der Flurstücke 21 und 22 auf seine
Kosten die Arbeiten der bituminösen Befestigung eines Teilstücks des Wirtschaftsweges 218/5 von der
südlichen Grenze der Parzelle 19/7 bis zur südlichen Grundstücksgrenze der Parzelle 23/6.
§ 1 Abs. 2: Das Wegestück ist mit frostsicherem Unterbau bituminös nach den Vorgaben der
Ortsgemeinde bzw. in deren Auftrag der Verbandsgemeindeverwaltung Montabaur (Fachbereich 8) in
Parzellenbreite auszubauen.
§ 1 Abs. 3: Die Fertigstellung hat bis spätestens zum Abschluss der Baumaßnahmen auf den Flurstücken
21 und 22 zu erfolgen.
§ 1 Abs. 6: Für den Fall der späteren Erschließung des Wegeflurstückes 218/5 durch die Ortsgemeinde
Eitelborn ergeben sich für den Bauherrn bzw. die nachfolgenden Grundstückseigentümer keine
Ansprüche auf Minderung der Erschließungsbeiträge aufgrund von selbst hergestellten und finanzierten
Straßen- oder Wegeflächen.
§ 1 Abs. 8: Die wegemäßige Erschließung über das Flurstück 22 erfolgt durch den Bauherrn auf dessen
Kosten. Diese Wegefläche verbleibt in seinem Eigentum. Er übernimmt hierfür die Unterhaltungs- und
Verkehrssicherungspflicht.
§ 3 Abs. 1: Der Bauherr übernimmt für die von ihm hergestellte bituminöse Befestigung des Teilstücks des
Wegeflurstücks 218/5 die Gewährleistungspflicht nach § 633 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Der
Bauherr hat dafür Sorge zu tragen, dass das vg. Wegestück zum Zeitpunkt der Abnahme durch die
Ortsgemeinde Eitelborn den anerkannten Regeln der Technik und Baukunst entspricht und nicht mit
Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Zweck
aufheben oder mindern.
§ 3 Abs. 2: Die Gewährleistungszeit beträgt gem. § 638 Absatz 1 BGB 5 Jahre, sie beginnt mit der
mangelfreien Abnahme durch die Ortsgemeinde Eitelborn.
§ 3 Abs. 3: Der Bauherr zeigt der Ortgemeinde Eitelborn die Fertigstellung des Wegestücks an. Die
Ortsgemeinde setzt innerhalb von 4 Wochen nach Eingang der Anzeige einen Abnahmetermin fest…
§ 3 Abs. 4: Sofern bei der Abnahme Mängel festgestellt werden, muss der Bauherr diese innerhalb von 6
Wochen nach der Abnahme auf seine Kosten beseitigen. Im Falle des Verzuges ist die Ortsgemeinde
Eitelborn berechtigt, die Mängel auf Kosten des Bauherrn beseitigen zu lassen (sog. Ersatzvornahme).“
Im Teil B des Vertrags (Regelungen zur Erschließung mit Wasser- und Kanalleitungen) heißt es unter
anderem:
„§ 1 Abs. 1: Der Bauherr übernimmt die Erschließung mit Wasser – und Kanalleitungen innerhalb der
Flurstücke 21 und 22 auf seine Kosten …
§ 1 Abs. 2: Das Schmutz- und Niederschlagswasser wird entsprechend dem Entwässerungskonzept des
Architekturbüros S., Eitelborn Anlage 1 und 2 über das Flurstück 22 abgeführt und in den Straßensammler
in der R.-Straße eingeleitet.“
In der Folgezeit führte die Rechtsvorgängerin der Beklagten auf dem Wegestück Bauarbeiten durch. Eine
Abnahme ist bisher nicht erfolgt.
Ein von der Verbandsgemeinde Montabaur in Auftrag gegebenes Gutachten vom 31. August 2006 kam zu
folgenden Ergebnissen: Der Wirtschaftsweg sei als Anliegerstraße bzw. als Wohnweg in die Bauklasse V /
VI der RStO einzuordnen. Ein frostsicherer Unterbau sei nicht nachgewiesen, die eingebaute Tragdeck-
schicht weise an der Oberfläche zu große Unebenheiten auf, die Dicke der Tragschicht sei unbekannt und
das Niederschlagswasser werde unkontrolliert auf die Parzelle 22 bzw. auf den „unterliegenden“ Teil des
Wirtschaftsweges abgeleitet.
Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 22. Juli 2009 auf, das Wegestück bis zum 31.
Oktober 2009 vertragsgemäß herzustellen.
Am 10. Februar 2010 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie trägt vor, die Rechtsvorgängerin der Beklagten
habe sich vertraglich verpflichtet, eine bestimmte Teilstrecke des Wirtschaftsweges 218/5 in bestimmter Art
und Weise herzustellen. Dieser Verpflichtung sei sie nicht vollständig nachgekommen. Insoweit verweist
die Klägerin auf das oben genannte Gutachten. Hieraus ergebe sich insbesondere, dass der frostsichere
Unterbau nicht vorhanden sei. Die Beklagte habe am 02.06.2008 gegenüber dem Ortsbürgermeister
erklärt, dass sie ihre Vertragspflichten als erfüllt betrachte und nichts weiter unternehmen werde. Sie habe
auch die ihr gesetzte Frist zur Nachbesserung verstreichen lassen. Deshalb sei die Klägerin nach § 3 Abs.
4 des Vertrags zur Ersatzvornahme berechtigt und hierfür könne sie gemäß § 62 Satz 2 VwVfG in
Verbindung mit § 633 Abs. 3 BGB a.F. bzw. § 637 Abs. 3 BGB n.F. einen Kostenvorschuss verlangen. Es
sei anerkannt, dass Gewährleistungsansprüche auch vor Fertigstellung des Werkes geltend gemacht
werden dürften, wenn der Schuldner die Vertragserfüllung und/oder die Mängelbeseitigung – wie hier –
ernsthaft und endgültig verweigere. Hilfsweise werde der Anspruch auf §§ 280, 281 BGB n.F. gestützt. Die
Kosten würden auf 27.500 € geschätzt.
Nachdem das Gericht auf das besondere Rechtsregime für Wirtschaftswege hingewiesen und Zweifel an
der Wirksamkeit des Vertrags geäußert hat, trägt die Klägerin erstmals vor, es handele sich nicht um einen
in der Flurbereinigung entstandenen Wirtschaftsweg. Deshalb sei § 58 Abs. 4 FlurbG nicht anwendbar.
Ein etwaiger Verstoß gegen außer Kraft getretene alte Rechtsvorschriften könne heute kein gesetzliches
Verbot im Sinne des § 134 BGB begründen. Außerdem gebe es keine Personen mehr, die an dem
ursprünglichen Bodenordnungsverfahren teilgenommen hätten. Im Übrigen sei die landwirtschaftliche
Zweckbestimmung des Weges durch die Zustimmung des Gemeinderats zu dem Vertragswerk wirksam
abgeändert worden. Selbst wenn § 58 Abs. 4 FlurbG anwendbar wäre, sei eine förmliche Satzung nur
erforderlich, wenn es um die anderweitige Benutzung des Weges gehe und nicht um dessen Herstellung
als Erschließungsweg. Die bituminöse Befestigung sei für die Landwirte nur vorteilhaft. Schließlich könne
sich die Beklagte nicht auf eine etwaige Nichtigkeit des Vertrags berufen, denn sie benötige den Weg für
ihre Bauvorhaben.
Die Klägerin beantragt,
1) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 27.500 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz p.a. hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche über 27.500 €
hinausgehenden Aufwendungen und Schäden zu ersetzen, die durch eine mangelfreie Herstellung einer
bituminösen Befestigung des Wirtschaftsweges, Gemarkung Eitelborn, Flur 9, Parzelle 218/5 – F.-Weg
(Teilstück von der südlichen Grenze der Parzelle 19/7 bis zur südlichen Grundstücksgrenze der Parzelle
23/6), mit einem den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Unterbau und einer den
allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Fahrbahnentwässerung in Parzellenbreite
entstehen,
3) hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte zur Herstellung einer bituminösen Befestigung des
Wirtschaftsweges, Gemarkung Eitelborn, Flur 9, Parzelle 218/5 – F.-Weg (Teilstück von der südlichen
Grenze der Parzelle 19/7 bis zur südlichen Grundstücksgrenze der Parzelle 23/6), mit einem den
allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Unterbau und einer den allgemein
anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Fahrbahnentwässerung in Parzellenbreite verpflichtet
ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, der Vertrag verstoße gegen ein gesetzliches Verbot. Die Zweckbestimmung eines
Wirtschaftsweges könne gemäß § 58 Abs. 4 FlurbG nur durch eine – hier nicht vorliegende – Satzung
geändert werden. Bei dem fraglichen Weg handele es sich um einen für landwirtschaftliche Zwecke
geschaffenen Weg aus einem altrechtlichen Bodenordnungsverfahren. Dies ergebe sich aus den
vorgelegten Unterlagen aus preußischer Zeit.
Auch wenn der Vertrag wirksam wäre, könnten die Klageanträge darauf nicht gestützt werden. Die
Beteiligten seien davon ausgegangen, dass die Beklagte nur ein Provisorium in Form einer bituminösen
Befestigung herstellen müsse, die dem damals vorhandenen Zustand in der Verlängerung des Weges
entsprechen sollte. Dies ergebe sich auch aus dem Hinweis auf die künftige Erschließung durch die
Klägerin in § 1 Abs. 6 des Vertrags. Von allgemein anerkannten Regeln der Technik sei keine Rede
gewesen. Erst recht enthalte der Vertrag keine Verpflichtung zur Herstellung einer
Oberflächenentwässerung. Das Gutachten sei deshalb zu Unrecht von der Bauklasse V / VI ausgegangen.
Nach der Erinnerung des Geschäftsführers der Beklagten sei die Wegeparzelle in dem fraglichen
Teilstück von der beauftragten Fachfirma 40 bis 50 cm ausgekoffert und mit frostsicherem Unterbau
hergestellt worden. Die Beklagte habe ihre Verpflichtungen erfüllt. Deshalb sei der Anspruch verjährt.
Zumindest sei er noch nicht fällig, weil bisher noch keine drei Doppelhäuser verwirklicht worden seien. Im
Übrigen habe das OVG Rheinland-Pfalz im Beschluss vom 1. Juli 2010 festgestellt, dass es sich gerade
nicht um einen Werkvertrag handele. Die Kostenschätzung und die Zinshöhe seien nicht belegt. Der Fest-
stellungsantrag sei unzulässig.
Das Gericht hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 20. Mai 2010 an das Landgericht Koblenz verwiesen,
weil es sich in Wahrheit um eine zivilrechtliche Streitigkeit aus einem Werkvertrag handele. Das OVG
Rheinland-Pfalz hat die Verweisung mit Beschluss vom 1. Juli 2010 – 1 E 10718/10.OVG – aufgehoben,
weil es sich nicht um einen Werkvertrag sondern um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag handele.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift und die bei gezogenen
Konsolidierungsunterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist insgesamt abzuweisen. Die Klägerin kann keinen Zahlungsanspruch geltend machen, denn
der zugrunde liegende Vertrag ist nichtig (1). Selbst wenn er wirksam wäre, stehen der Klägerin weder
Gewährleistungsansprüche noch Erfüllungs- oder Schadensersatzansprüche zu (2). Der
Feststellungsantrag und der Hilfsantrag haben ebenfalls keinen Erfolg (3).
1) Der vom OVG Rheinland-Pfalz – für die Beteiligten und das Gericht bindend – als öffentlich-rechtlich
eingestufte Vertrag vom 13. März 2001 ist nichtig. Er verstößt gegen ein gesetzliches Verbot (§ 62 VwVfG,
§ 134 BGB). Eine Gemeinde ist nicht befugt, einen in einem Bodenordnungsverfahren entstandenen
Wirtschafts- oder Flurbereinigungsweg durch bloßen Vertrag einem anderem als einem land-
wirtschaftlichen Zweck zuzuführen.
Es ist anerkannt, dass ein gesetzliches Verbot auch dann vorliegen kann, wenn es sich aus dem
jeweiligen Gesetzeszusammenhang ergibt, ohne dass das Verbot im Gesetz ausdrücklich ausgesprochen
wird (Palandt, BGB, 69. Aufl., § 134 Rdn. 2). In allen Flurbereinigungs-, Umlegungs- und sonstigen
Bodenordnungsverfahren ist vorgesehen, dass die dort geschaffenen Wirtschafts-, Feld- oder
Gewannenwege nur zum landwirtschaftlichen Verkehr bestimmt sind, und dass eine Änderung der
Zweckbestimmung, wenn überhaupt, nur in bestimmten Verfahren und unter bestimmten
Voraussetzungen möglich ist (vgl. heute § 58 Abs. 4 FlurbG). Die Privilegierung der landwirtschaftlichen
Nutzung beruht darauf, dass die Landwirte bzw. deren Rechtsvorgänger entschädigungslos zur
Landabgabe für den Wegebau herangezogen worden sind. Daraus folgt ein unausgesprochenes Verbot
für eine Änderung der Zweckbestimmung außerhalb der jeweils anzuwendenden Rechtsvorschriften, bzw.
ohne einen gültigen Bebauungsplan. Eine Änderung der Zweckbestimmung liegt vor, wenn ein
landwirtschaftlicher Weg als befestigte Zufahrt zu einer Wohnbebauung genutzt werden soll, denn dann
dient er nicht mehr ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken.
Ein Vertrag, der gegen dieses Verbot verstößt, ist nichtig. Dies gilt im öffentlichen Recht ungeachtet des
Umstands, dass zweiseitige Rechtsgeschäfte im Zivilrecht in der Regel gültig bleiben (vgl. Palandt, a.a.O.,
§ 134 Rdn. 9). Nach § 62 Satz 2 VwVfG gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches nur „ent-
sprechend“, d.h. soweit sie mit dem öffentlichen Recht vereinbar sind. Im öffentlichen Recht gilt gemäß Art
20 Abs. 3 GG der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Deshalb hat das
Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 26. März 2003 – 9 C 4.02 – folgenden Leitsatz aufgestellt:
„Ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag nichtig, weil die darin vereinbarte Leistung des Bürgers gegen ein
gesetzliches Verbot verstößt, handelt der Bürger, wenn er sich gegenüber dem Zahlungsanspruch der
Behörde hierauf beruft, nicht allein deshalb rechtsmissbräuchlich, weil der Vertrag auf seinen Wunsch
abgeschlossen wurde und die Behörde die Leistung bereits erbracht hat.“
Die Kammer hat keine Bedenken, diese Rechtsprechung auch auf den Fall anzuwenden, in denen sich
der Bürger bzw. eine juristische Person des Privatrechts in einem Vertrag zu einer Leistung gegenüber
der Behörde verpflichtet hat.
Im vorliegenden Fall ergibt sich der Verstoß gegen das gesetzliche Verbot aus Folgendem:
Der Weg Nr. 218 entstand entweder in dem Konsolidierungsverfahren der Jahre 1905 – 1908 oder des
Jahres 1872. Die Unterlagen sind nur noch bruchstückhaft erhalten. In der Karte vom 30. Juli 1908 ist der
fragliche Weg zusammen mit anderen Wegen bereits eingezeichnet; außerdem enthält die Karte den
Vermerk, dass die Wege in den Jahren 1904, 1905 und 1907 „aufgemessen“ wurden. In der einzigen
noch vorhandenen Akte von 1908 werden der Gemeinde Eitelborn in der Flur 9 nur bestimmte
Grundstücke, jedoch nicht die Wege als solche „zugemessen“. Diese Umstände könnten dafür sprechen,
dass die Wege damals schon vorhanden waren. Zwingend ist diese Schlussfolgerung jedoch nicht, denn
wegen der Unvollständigkeit der Akten ist es theoretisch denkbar, dass die Wege in den Jahren 1904,
1905 und 1907 zu- und aufgemessen wurden, so dass sie am 30. Juli 1908 nicht mehr eigens erwähnt
wurden. Sollten die Wege aber schon vor 1904 vorhanden gewesen sein, dann wäre der
Entstehungszeitpunkt auf das Jahr 1872 zu verlegen. Denn nach Mitteilung des Dienstleistungszentrums
Ländlicher Raum gab es zu jenem Zeitpunkt ebenfalls ein Konsolidierungsverfahren in Eitelborn. Andere
altrechtliche Verfahren sind nicht bekannt geworden.
Der Klägerin ist zuzugeben, dass das gesetzliche Verbot vorliegend nicht aus § 58 Abs. 4 FlurbG folgen
kann. Denn das Flurbereinigungsgesetz ist nicht auf die Zeit vor seinem ersten Inkrafttreten am 1. Januar
1954 anzuwenden (BVerwG, Urteil vom 26.08.1976 – V C 41.75 -). Stattdessen bestimmt § 156 Satz 3
FlurbG (alte und neue Fassung), dass die Rechtswirksamkeit von Anordnungen, Festsetzungen und
Entscheidungen der Behörden und Spruchstellen aus der Zeit vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes nach
dem bisherigen Recht zu beurteilen ist. Daraus hat das BVerwG (a.a.O) folgende Schlussfolgerung
gezogen:
„Es ist deshalb altes Recht für die Prüfung der Frage heranzuziehen, ob ein Umlegungsplan
rechtswirksam erlassen worden ist, und auch dafür, welche rechtlichen Wirkungen er hat. Hieran wollte
das Flurbereinigungsgesetz nichts ändern. Mit den Rechtswirkungen im Zusammenhang stehend muß
aber auch die spätere Änderungsmöglichkeit früher erlassener Festsetzungen gesehen werden, denn sie
wird maßgebend davon bestimmt, welche rechtliche Qualität das alte Recht solchen Festsetzungen beige-
messen hat. Das nunmehr geltende Recht gibt mangels ausdrücklich angeordneter Rückwirkung für eine
Beantwortung dieser Frage nichts her (vgl. hierzu Urteil vom 12. Dezember 1957 -
BVerwG 1 C 103.56
-).
Gerade deshalb führt der in
§ 156 Satz 3 FlurbG
sich niederschlagende Rechtsgedanke zu dem Ergebnis,
daß nach Inkrafttreten des Flurbereinigungsgesetzes auch für die Änderung der früheren
Umlegungspläne das frühere Umlegungsrecht maßgebend bleibt.“ [Unterstreichung durch die Kammer]
Das Entscheidende an diesem Urteil ist, dass die Frage der Abänderbarkeit altrechtlicher
Bodenordnungsmaßnahmen nach altem Recht zu beurteilen ist. Dieser Auffassung hat sich das OVG
Rheinland-Pfalz (Urteil vom 01.04.2004 – 1 C 10464/03.OVG –) ausdrücklich angeschlossen. Deshalb ist
zunächst zu klären, welches alte Recht anwendbar ist.
Die vor dem Flurbereinigungsgesetz geltende Reichsumlegungsordnung vom 16. Juni 1937 (RGBl I S.
629) bestimmte in § 156 Satz 4, dass jenes Gesetz auf anhängige Verfahren nicht anwendbar ist. Daraus
folgt, dass es auf bereits beendete Verfahren erst recht nicht anzuwenden war.
Neben und vor der Reichsumlegungsordnung galt in Eitelborn preußisches Recht, denn das Amt
Montabaur gehörte zur preußischen Provinz Hessen-Nassau (vgl. § 1 des Gesetzes vom 20.09.1866 – GS
S. 555 -; Erlass vom 07.12.1868 – GS S. 1056 –). Das preußische Bodenordnungsrecht wurde in
Rheinland-Pfalz nicht durch Landesrecht abgelöst. Deshalb galt § 12 des preußischen Gesetzes über die
Beschleunigung der Umlegung vom 3. Dezember 1935 - GS S. 143 - fort (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil
vom 01.04.2004 – 1 C 10464/03.OVG -). Diese Vorschrift bestimmte, dass nur die Landeskulturbehörde
einen Auseinander-setzungsplan ändern kann, und dies auch nur dann, wenn ein überwiegendes
wirtschaftliches Bedürfnis der Beteiligten oder allgemeine Rücksichten die Änderung oder Ergänzung der
gemeinschaftlichen Anlagen erfordern. In dem zitierten Urteil des OVG Rheinland-Pfalz heißt es hierzu
gemeinschaftlichen Anlagen erfordern. In dem zitierten Urteil des OVG Rheinland-Pfalz heißt es hierzu
folgerichtig:
„Eine Abänderung durch die Kommune mittels eines Bebauungsplans ist hingegen in diesem Gesetz
nicht vorgesehen. Der Auffassung der Antragsgegnerin, § 12 könne verfassungskonform nur so ausgelegt
werden, dass heute unter Berücksichtigung der kommunalen Planungshoheit die Kommune zur
Einziehung berechtigt sein müsse, vermag der Senat nicht zu folgen. Die Antragsgegnerin verkennt dabei,
dass auch nach der heutigen Rechtslage der Kommune nicht das Recht zur Einziehung jeglicher Straßen,
insbesondere nicht das Recht zur Änderung bestimmter qualifizierter Straßen (s. FStrG und LStrG) zusteht
und zudem noch eine Behörde vorhanden ist, die der im preußischen Gesetz angesprochenen Landes-
kulturverwaltung entspricht.“
Landeskulturbehörde war in Rheinland-Pfalz zunächst das Kulturamt als Flur-bereinigungsbehörde; seit
der Änderung des AGFlurbG vom 16. Oktober 2003 (GVBl S. 293) ist das Dienstleistungszentrum
Ländlicher Raum zuständige Flur-bereinigungsbehörde. Daraus folgt, dass selbst eine Überplanung des
Weges durch einen Bebauungsplan nur mit Zustimmung der Flurbereinigungsbehörde möglich gewesen
wäre. Erst recht folgt daraus, dass die Beteiligten des vorliegenden Rechtsstreits die Zweckbestimmung
des Wirtschaftsweges nicht durch bloßen Vertrag ändern konnten, wenn es sich dabei um einen Weg
handelte, für den ein Auseinandersetzungsplan bestand. Letzteres war hier der Fall.
Ein „Auseinandersetzungsplan“ im Sinne des späteren § 12 des Gesetzes zur Beschleunigung der
Umlegung wurde in dem Konsolidationsverfahren von 1872 bzw. 1905/08 geschaffen. Das ergibt sich aus
Folgendem: In der Provinz Hessen-Nassau wurde zwar speziell für den Regierungsbezirk Wiesbaden die
preußische Gemeinheitstheilungs-Ordnung vom 5. April 1869 (GS S. 526) eingeführt. Diese war jedoch im
vorliegenden Zusammenhang nicht einschlägig, denn sie betraf nur die Ablösung von Dienstbarkeiten
und die Teilung von Grundstücken, die von mehreren Miteigentümern ungeteilt besessen und gemeinsam
als Weide, Grasschnitt, Waldmast, Holz- oder Streunutzung, Plaggen-, Rasen- und Bültenhieb sowie zur
Torfgewinnung genutzt wurden. Stattdessen wurde bereits in § 1 der Verordnung über die
Güterkonsolidation im Regierungsbezirk Wiesbaden vom 2. September 1867 (GS S. 1462) das
nassauische Konsolidationsrecht aufrecht erhalten und auch in den übrigen Teilen des
Regierungsbezirks eingeführt. Das nassauische Recht hatte in der Verordnung über die
Güterkonsolidation vom 12. September 1829 (Verordnungsblatt des Herzogthums Nassau, 1829, S. 65)
sowie in den dazu ergangen vier Instruktionen ein eigenständiges Bodenordnungsrecht geschaffen.
Speziell die erste Instruktion vom 2. Januar 1830 (Verordnungsblatt des Herzogthums Nassau, 1830, S.
22) enthielt Vorschriften über die Anlegung von Feld- und Gewannenwegen. § 19 Abs. 1 regelte, dass die
Gewannenwege mit einer Breite von umgerechnet 2,50 m entschädigungslos zur Verfügung gestellt
werden mussten. Als Ausgleich dafür durften diese Wege gemäß § 19 Abs. 2 nur zu Feldarbeiten und
nicht zu anderen Zwecken benutzt werden. Auch die Feldwege, die eine Breite von mindestens 5,00 m
haben mussten, dienten gemäß § 19 Abs. 3 nur dazu, um frei und ungehindert zu den Gewannen zu
kommen. Damit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das nassauisch-preußische Recht die Feld-
und Gewannenwege ausschließlich zur landwirtschaftlichen Nutzung vorsah.
Der Weg Nr. 218 war ein Gewannenweg im Sinne des § 19 Abs. 1 der ersten Instruktion vom 2. Januar
1830. Ein Gewann ist ein zusammenhängender Block von mehreren landwirtschaftlichen Grundstücken
(vgl. § 17 Abs. 1). Der Weg Nr. 218 führte an mehreren Gewannen entlang, hatte – wie die übrigen Wege
auch – einen geradlinigen Verlauf (vgl. § 16 Abs. 1) und verfügte über die vorgeschriebene Mindestbreite
von 2,50 m (vgl. § 19 Abs. 1), denn er war sogar 3,00 m breit. Seine Existenz wird durch die amtliche Karte
vom 30. Juli 1908 hinreichend bewiesen.
Aus alledem folgt, dass ein „Auseinandersetzungsplan“ im Sinne des späteren § 12 des preußischen
Gesetzes zur Beschleunigung der Umlegung vorlag. Ob dieser „Auseinandersetzungsplan“ die
Rechtsnatur einer Satzung hatte, die gegebenenfalls obsolet werden konnte, ist dem Gericht nicht
bekannt. In § 19 der preußischen Umlegungsordnung vom 21. September 1920 (GS S. 453) war lediglich
bestimmt, dass die Rechtswirkungen der Umlegung mit der Ausführung des Auseinandersetzungsplans
bzw. mit dessen Vollstreckbarkeitserklärung eintreten. Selbst wenn man jedoch zugunsten der Klägerin
unterstellt, dass ein Auseinandersetzungsplan die Rechtsnatur einer Satzung hatte und dass er durch die
Änderung der tatsächlichen Umstände ganz oder teilweise gegenstandslos werden konnte, wäre der
Auseinandersetzungsplan allenfalls westlich der Wegeparzelle 218 durch die in die Flur 9 hinein
wachsende Bebauung der Ortsgemeinde Eitelborn obsolet geworden (falls für jenen Ortsteil nicht sogar
ein Bebauungsplan mit Zustimmung der Flurbereinigungsbehörde existiert). Östlich des Weges gibt es
aber bis heute noch landwirtschaftliche Grundstücke, so dass der Weg als solcher noch
landwirtschaftlichen Zwecken zu dienen bestimmt war, als die Änderung der Zweckbestimmung ver-
traglich eingeführt werden sollte. Deshalb war die Klägerin nicht befugt, mit der Rechtsvorgängerin der
Beklagten einen Teil dieses Weges als Zufahrt für Wohngrundstücke herrichten zu lassen, zumal diese
Nutzungsänderung nur im Interesse der Vertragsparteien und nicht im Interesse der Allgemeinheit lag.
Der Vertrag verstößt daher gegen ein gesetzliches Verbot und ist deshalb nichtig.
Etwas anderes würde auch dann nicht folgen, wenn man annehmen würde, dass die Gemeinde
zumindest mit Zustimmung der Flurbereinigungsbehörde eine Änderung der Zweckbestimmung durch
bloßen Vertrag herbeiführen könnte. Abgesehen davon, dass diese Zustimmung nicht erteilt wurde, würde
aus § 58 Abs. 2 VwVfG in Verbindung mit § 1 LVwVfG ein weiterer Nichtigkeitsgrund folgen. Denn nach
dieser Vorschrift ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag, der in Rechte Dritter (hier der Landwirte) eingreift, so
lange schwebend unwirksam, bis die andere Behörde ihre Zustimmung bzw. ihr Einverständnis erteilt hat.
Aus einem schwebend unwirksamen Vertrag können Ansprüche ebenso wenig eingeklagt werden wie
aus einem endgültig unwirksamen Vertrag.
2) Selbst wenn der Vertrag wirksam wäre, hätte der Hauptantrag keinen Erfolg. Da der Vertrag vor dem 1.
Januar 2002 geschlossen wurde, sind gemäß § 62 Satz 2 VwVfG in Verbindung mit Art. 229 § 5 EGBGB
die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis dahin geltenden Fassung anzuwenden.
Nach der alten Fassung wurde zwischen Erfüllungsansprüchen bis zur Abnahme und
Gewährleistungsansprüchen nach der Abnahme unterschieden. § 633 Abs. 2 BGB a.F. enthielt einen
besonderen Mängelbeseitigungsanspruch, der als modifizierter Erfüllungsanspruch angesehen wurde.
Hiernach konnte der Besteller die Beseitigung eines Mangels verlangen, der den Wert oder die
Tauglichkeit des Werks zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch
aufhob oder minderte. Der Mängelbeseitigungsanspruch konnte nach Fälligkeit der Werkleistung und vor
deren Abnahme geltend gemacht werden (Palandt, BGB, 61. Aufl. Vorb v § 633 Rdn 4). Wenn der
Unternehmer mit der Beseitigung des Mangels in Verzug war, weil er ihn nicht innerhalb einer ihm
gesetzten angemessenen Frist behoben hat, oder wenn er die Beseitigung endgültig abgelehnt hat
(Palandt, a.a.O., § 633 Rdn 8), konnte der Besteller gemäß § 633 Abs. 3 BGB a.F. den Mangel selbst
beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen. Insoweit hatte die Rechtsprechung
dem Besteller auch einen Anspruch auf Vorschuss eingeräumt (Palandt, a.a.O., § 633 Rdn 9).
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Dabei kann dahin stehen, ob das geschuldete Werk im Zeitpunkt
der Beseitigungsaufforderung vom 22. Juli 2009 schon fällig war (vgl. dazu § 1 Abs. 3 des Vertrags) und
ob die vorher erklärte Weigerung der Beklagten vom 2. Juni 2008 die gegebenenfalls fehlende Fälligkeit
ersetzen konnte. Denn entscheidend ist, dass die Klägerin die behaupteten Mängel nicht substantiiert
dargelegt hat. Zwar musste auch nach dem noch anzuwendenden alten Recht grundsätzlich der
Unternehmer die Mängelfreiheit beweisen; allerdings traf den Besteller die Darlegungslast. Wenn er den
Mangel bzw. die Unvollständigkeit des Werks – wie hier - vor Abnahme des Werks geltend machte,
musste er zumindest hinreichend genau die Mangelsymptome bezeichnen (Palandt, a.a.O., § 633 Rdn
10). Daran fehlt es vorliegend, so dass die Zahlungsklage bei unterstellter Wirksamkeit des Vertrags
unschlüssig ist.
Die Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe keinen frostsicheren Unterbau eingebaut, beruht nicht
auf eigener Kenntnis, sondern auf einer bloßen Interpretation des Gutachtens. Das Gutachten kommt
jedoch lediglich zu dem Ergebnis, dass die Beklagte den frostsicheren Unterbau nicht nachgewiesen
habe. Der fehlende Nachweis eines Unterbaus ist aber nicht identisch mit einem tatsächlich fehlenden
Unterbau. Die Klägerin hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass eine diesbezügliche Nachweispflicht
vereinbart war. Der Vertragstext enthält hierzu nichts. § 1 Abs. 2 des Vertrags bestimmt nur, dass der Weg
nach den Vorgaben der Ortsgemeinde bzw. der Verbandsgemeinde auszubauen ist. Die Klägerin hat
nicht einmal behauptet, dass es solche Vorgaben gab und dass die Beklagte davon abgewichen ist. Wenn
die Klägerin ferner meint, die Nachweispflicht ergebe sich indirekt aus § 3 Abs. 1 des Vertrags, wonach
die Beklagte dafür Sorge zu tragen hat, dass das Wegestück den anerkannten Regeln der Technik und
Baukunst entspricht, besteht eine derartige Verpflichtung allenfalls erst im Zeitpunkt der (hier nicht
erfolgten) Abnahme. Im Übrigen bedürfte es insoweit noch der Klärung, welche anerkannten Regeln der
Technik für die „bituminöse Befestigung“ eines Wirtschaftsweges gelten. Zu denken wäre insoweit an die
„Zusätzliche Technische Vorschriften und Richtlinien für die Befestigung ländlicher Wege (ZTV LW)“,
herausgegeben von der Forschungsgesellschaft für Straßenverkehr (Nr. 975). Dass dieses technische
Regelwerk verletzt ist, wurde nicht behauptet.
Das Gericht weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Richtlinien für die Standardisierung des
Oberbaus von Verkehrsflächen in der Ausgabe 2001 (RStO 01), nach Ziffer I Abs. 4 des Allgemeinen
Rundschreibens des Bundesverkehrsministers vom 25. September 2001 erstmals für Straßen
anzuwenden waren, die nach dem 31. März 2002 begonnen wurden. Die dort enthaltene Tafel 1 (Seite
17) gilt für Asphaltdecken für Fahrbahnen auf F2- und F3-Böden. Für F1-Böden gilt die Tafel 1 nicht. Die
Bauklassen werden nach der bemessungsrelevanten Beanspruchung auf der Grundlage der
durchschnittlichen täglichen Verkehrsstärke des Schwerverkehrs (DTV-SV) oder anhand detaillierter
Achslastdaten ermittelt (Ziffer 2.6.1 RStO 01). Zeile 1 der Tafel 1 gilt für die Kategorie „Asphalttragschicht
auf Frostschutzschicht“. Diese Kategorie kennt von unten nach oben folgende Schichten, die aber nicht
für jede Bauklasse einzuhalten sind, und die bei den einzelnen Bauklassen unterschiedliche Stärken
aufweisen können: Frostschutzschicht, Asphalttragschicht, Asphaltbinderschicht, Asphaltdeckschicht. Die
Tafel 1 der RStO 86 enthält andere Schichten mit anderen Stärken.
Das Gutachten erläutert nicht, weshalb die RStO 01 angewendet wird, weshalb es sich vorliegend um F2-
bzw. F3-Böden handelt, weshalb die Bauklassen V oder VI einschlägig sind und weshalb abweichend von
den in der RStO 01 genannten Schichten die Frostschutzschicht, Asphaltdeckschicht, Tragdeckschicht und
Asphaltdeckschicht aufgeführt werden. Selbst wenn das Gutachten im Ergebnis zu Recht das Erfordernis
eines „frostsicheren Oberbaus“ von 45 cm postulieren würde, dann folgte daraus noch lange nicht, dass
dieser Oberbau bzw. Unterbau nicht verwirklicht worden ist. Die Beklagte hat jedenfalls das Gegenteil
erklärt. Es wäre der Klägerin ohne Weiteres möglich gewesen, während der Bauphase vor Ort oder durch
eine spätere Probebohrung die Dicke des Unterbaus in der ihr gehörenden Wegeparzelle 218/5
feststellen zu lassen.
Soweit die Klägerin rügt, dass die Dicke der Tragschicht unbekannt sei, ist auch dieser Vortrag
unsubstantiiert. Denn aus der bloßen Unkenntnis folgt noch nicht, dass die Beklagte ihre (angebliche)
Verpflichtung zur Herstellung einer bestimmten Dicke nicht erfüllt habe. Im Übrigen gilt auch hier, dass die
vertragliche Verpflichtung der Beklagten gemäß § 1 Abs. 3 des Vertrags nur nach Vorgaben der
Ortsgemeinde bzw. der Verbandsgemeinde bestand und dass diese Vorgaben offenbar nicht erfolgt sind.
Soweit zu große Unebenheiten an der Oberfläche gerügt werden, hat dies nichts mit Nichterfüllung,
sondern allenfalls mit der Verletzung von Sorgfaltspflichten zu tun. Denn auch die bituminöse Befestigung
eines Wirtschaftsweges mit Unebenheiten ist eine bituminöse Befestigung im Sinne des vertraglich
geschuldeten Werks und somit kein „aliud“. Eine etwaige Schlechterfüllung konnte nach dem hier
anzuwendenden alten BGB jedoch nur nach vorheriger Abnahme gerügt werden.
Soweit das unkontrolliert abfließende Niederschlagswasser gerügt wird, fehlt der Nachweis, dass eine
Verpflichtung zur Beseitigung des Niederschlagswassers auf dem fraglichen Wegestück besteht. Der Text
des Vertrags besagt hierzu nichts. In Teil B ist lediglich eine Entwässerung für das auf die Baugrundstücke
entfallende Niederschlagswasser geregelt. Diese Pflicht besteht im Übrigen nur gegenüber der
Verbandsgemeinde als Trägerin der Abwasserbeseitigung. Anderweitige Vorgaben durch die Klägerin
oder die Verbandsgemeinde für die Entwässerung der Wegefläche sind nicht ersichtlich.
An dem vorliegenden Ergebnis würde es auch nichts ändern, wenn der Zahlungsanspruch auf § 637 Abs.
3 BGB n.F. oder hilfsweise § 281 oder § 280 BGB n.F. zu stützen wäre. In allen Fällen wäre die Klage
unschlüssig.
Insoweit sei nur ergänzend darauf hingewiesen, dass die Gewährleistungspflicht nach § 3 Abs. 1 des
Vertrags erst „zum Zeitpunkt der Abnahme“ eingreift, und dass § 3 Abs. 2 des Vertrags den Beginn der
Gewährleistungsfrist an die mangelfreie Abnahme des Werkes knüpft. Eine Abnahme hat unstreitig nicht
stattgefunden. Nach eigenem Vortrag der Klägerin hat der Geschäftsführer der Beklagten bzw. ihrer
Rechtsvorgängerin gegenüber dem Ortsbürgermeister der Klägerin am 02.06.2008 erklärt, dass der Weg
vertragsgemäß hergestellt worden sei und dass die Beklagte an dem Weg nichts mehr tun werde. Wenn
das zutrifft, liegt hierin die Mitteilung der Fertigstellung nach § 3 Abs. 4 des Vertrags. Folglich hätte die
Klägerin vertragsgemäß innerhalb von vier Wochen nach Eingang dieser Mitteilung einen Termin zur
Abnahme bestimmen müssen. Da dies nicht geschehen ist, hat es die Klägerin selbst zu vertreten, dass
sie keine Gewährleistungsansprüche geltend machen kann.
Insoweit kann sich die Klägerin auch nicht auf § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB n.F. berufen. Danach steht es der
Abnahme gleich, wenn der Besteller das Werk nicht innerhalb einer ihm von dem Unternehmer
bestimmten angemessenen Frist abnimmt, obwohl er dazu verpflichtet ist. Das betrifft lediglich den hier
nicht gegebenen Fall, in dem sich der Besteller weigert, das Werk abzunehmen. Keinesfalls folgt daraus,
dass die angeblich nicht ordnungsgemäße Herstellung eine Abnahme entbehrlich macht. Der von der
Klägerin zitierte Aufsatz von Rechtsanwalt Folnović (BauR 2008,1360) stellt bislang nur eine
Mindermeinung dar.
3) Der zweite Klageantrag ist unbegründet. Selbst wenn ein Feststellungsantrag wegen fehlender
Bezifferbarkeit etwaiger künftiger Schäden im Prinzip zulässig wäre, kann dieser Antrag aus den
vorgenannten Gründen keinen Erfolg haben. Denn wenn gegenwärtig keine Mängelbeseitigungs-,
Gewährleistungs- oder Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können, kann auch kein dies-
bezüglicher Feststellungsantrag für die Zukunft erhoben werden.
Der Hilfsantrag ist unzulässig, weil anstelle des Feststellungsantrags eine unmittelbare Leistungsklage auf
Vertragserfüllung denkbar wäre. Allerdings würde dies, wie dargelegt, an dem unschlüssigen Vortrag
scheitern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO, §
709 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung
...
gez. Dr. Bayer
gez. Porz
gez. Hübler
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 27.500 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).
Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit der
Beschwerde
angefochten werden.
gez. Dr. Bayer
gez. Porz
gez. Hübler