Urteil des VG Karlsruhe vom 13.02.2017

aufschiebende wirkung, einreise, asylg, schutz der ehe

VG Karlsruhe Beschluß vom 13.2.2017, A 10 K 5999/16
Einstweiliger Rechtschutz gegen ein Einreise- und Aufenthaltsverbot; fehlendes
Rechtschutzbedürfnis bzw. fehlender Anordnungsgrund
Leitsätze
1. Für Eilanträge gegen das behördliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 7 Satz 1 AufenthG
besteht regelmäßig kein Rechtsschutzbedürfnis, da das behördliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11
Abs. 7 Satz 2 AufenthG erst mit der Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam wird.
2. Im Falle eines Eilantrages gegen das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG
fehlt es regelmäßig an dem erforderlichen Anordnungsgrund, da es Ausländern grundsätzlich zumutbar ist,
freiwillig auszureisen, um die Sperrwirkung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots zu vermeiden.
Tenor
Die Anträge auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes werden abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des - gerichtskostenfreien - Verfahrens als Gesamtschuldner.
Gründe
I.
1
Die Antragsteller sind kosovarische Staatsangehörige, die Antragstellerin Ziff. 1 die Mutter des
minderjährigen Antragstellers Ziff. 2. Sie reisten am 27.04.2015 in die Bundesrepublik ein und stellten einen
Tag später Asylanträge. Zur Begründung trug die Antragstellerin Ziff. 1 unter Vorlage einer Eheurkunde vor,
seit August 2014 mit einem deutschen Staatsangehörigen verheiratet zu sein. Sie sei nach Deutschland
gekommen, um bei diesem zu sein, er wisse aber noch nichts von ihrem Besuch. Probleme mit staatlichen
Behörden oder sonstige Konflikte habe es in ihrer Heimat nicht gegeben. Der Antragsteller Ziff. 2 gab an,
ausgereist zu sein, da er nicht allein im Kosovo habe zurückbleiben wollen.
2
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte die Anträge auf Asylanerkennung und Zuerkennung der
Flüchtlingseigenschaft mit Bescheid vom 25.10.2016 als offensichtlich unbegründet ab (Ziff. 1 u. 2),
erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Ziff. 3) und stellte fest, dass keine Abschiebungsverbote
vorliegen (Ziff. 4). Die Antragsteller wurden aufgefordert, die Bundesrepublik innerhalb einer Woche nach
Bekanntgabe der Entscheidung des Bundesamtes zu verlassen. Sollten sie die Ausreisefrist nicht einhalten,
würden sie nach Kosovo oder in einen anderen Staat, in den sie einreisen dürften oder der zu ihrer
Rückübernahme verpflichtet sei, abgeschoben (Ziff. 5). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs.
7 Satz 1 AufenthG wurde angeordnet und auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet (Ziff. 6), das
gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der
Abschiebung (Ziff. 7). Zur Begründung verwies das Bundesamt auf die Einstufung des Kosovos als sicherer
Herkunftsstaat. Die Ehe der Antragstellerin Ziff. 1 mit einem deutschen Staatsangehörigen habe auf die
Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots keinen Einfluss, da sie bei der Prüfung eines möglichen
inlandsbezogenen Vollstreckungshindernisses durch die Ausländerbehörde Berücksichtigung finde.
3
Die Antragsteller haben daraufhin Klage erhoben und - mit separatem Schriftsatz - einen Antrag im
Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gestellt. Die Abschiebungsandrohung und das festgesetzte
Einreise- und Aufenthaltsverbot verstießen gegen den Schutz der Ehe und der Familie durch die staatliche
Ordnung. Wörtlich beantragen die Antragsteller,
4
die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge
vom 25.10.2015 anzuordnen.
II.
5
1. Gemäß § 76 Abs. 4 Satz 1 AsylG entscheidet der Berichterstatter über die Eilanträge als Einzelrichter.
6
2. Nachdem sich die Antragsteller in ihrer Antragsschrift ausdrücklich auf das festgesetzte Einreise- und
Aufenthaltsverbot beziehen, legt der Einzelrichter die Eilanträge dahingehend aus, dass sich die
Antragsteller in der Sache erstens gegen die Abschiebungsandrohung des Bundesamtes wenden, zweitens
vorläufigen Rechtsschutz gegen das gesetzliche und drittens gegen das behördliche Einreise- und
Aufenthaltsverbot begehren. Unter Zugrundelegung des genannten Interesses geht der Einzelrichter gemäß
§ 122 Abs. 1, § 88 VwGO von folgenden Anträgen aus:
7
1. Die aufschiebende Wirkung der Klage A 10 K 5998/16 gegen die Abschiebungsandrohung im Bescheid des
Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 25.10.2016 anzuordnen,
8
2. die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, das im Bescheid vom
25.10.2016 festgesetzte gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG vorläufig
bis zum Eintritt der Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung auf 0 Monate ab dem Tag der Abschiebung zu
befristen,
9
hilfsweise die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der zuständigen
Ausländerbehörde mitzuteilen, dass die Abschiebung der Antragsteller bis zu einer erneuten Entscheidung
des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge über die Befristung des gesetzlichen Einreise- und
Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 AufenthG unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Gerichts nicht vollzogen werden darf.
10 3. die aufschiebende Wirkung der Klage A 10 K 5998/16 gegen das im Bescheid vom 25.10.2016
festgesetzte behördliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG anzuordnen.
11 3. Bei dieser Auslegung sind die Anträge Ziff. 1 und Ziff. 2 zulässig (a und b), der Antrag Ziff. 3 hingegen
bereits unzulässig (c).
12 a) Der Antrag Ziff. 1 auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die
Abschiebungsandrohung des Bundesamtes ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75
AsylG statthaft. Die einwöchige Antragsfrist des § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG wurde gewahrt.
13 b) Statthafter Rechtsbehelf im Eilverfahren gegen das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot ist allein
ein Antrag nach § 123 VwGO. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung würde den Antragstellern
insoweit nicht helfen, da diese die von der Antragsgegnerin getroffene Befristungsentscheidung
suspendieren und das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG infolgedessen
unbefristet gelten würde (OVG Nds., Beschluss vom 14.12.2015 - 8 PA 199/15 -, juris Rn. 5 m.w.N.). Die
einwöchige Antragsfrist des § 36 Abs. 3 Satz 10 AsylG wurde gewahrt.
14 c) Die Eilanträge gegen das behördliche Einreise- und Aufenthaltsverbot (Ziff. 3) sind gemäß § 80 Abs. 5
Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 Abs. 1 AsylG statthaft. Die ehemals strittige Frage, ob es sich bei
Rechtsbehelfen gegen die Anordnung und Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das
Bundesamt um asylrechtliche Streitigkeiten handelt (vgl. VG Oldenburg, Beschluss vom 02.10.2015 - 5 B
3636/15 - juris Rn. 21; VG Regensburg, Beschluss vom 10.09.2015 - RO 9 K 15.1357 -, juris Rn. 6), bei
denen Klagen gemäß § 75 Abs. 1 AsylG im Regelfall keine aufschiebende Wirkung haben, wurde mit der
Einfügung des § 83c AsylG durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz 2015 (Gesetz vom 20.10.2015,
BGBl. 2015 I S. 1722) ausdrücklich beantwortet und bejaht (ebenso VG Stuttgart, Beschluss vom
22.07.2016 - A 2 K 2113/16 -, juris Rn. 14; Bauer, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage 2016,
§ 11 AufenthG Rn. 86; vgl. BT-Drs. 18/6185, S. 36).
15 Eilanträgen gegen das behördliche Einreise- und Aufenthaltsverbot fehlt jedoch regelmäßig das erforderliche
Rechtsschutzbedürfnis. Denn das behördliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wird gemäß § 11 Abs. 7 Satz
2 AufenthG erst mit der Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Abgelehnte
Asylbewerber werden durch das angeordnete Einreise- und Aufenthaltsverbot vor der Bestandskraft des
Ablehnungsbescheids mithin noch nicht beschwert (VG Stuttgart, Beschluss vom 22.07.2016 - A 2 K
2113/16 -, juris Rn. 16; VG Ansbach, Beschluss vom 01.03.2016 - AN 4 S 16.30141 -, juris Rn. 11; VG
Münster, Beschluss vom 20.01.2016 - 4 L 39/16.A -, juris Rn. 13).
16 Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus dem durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz 2015 in das
Gesetz eingefügten § 36 Abs. 3 Satz 10 AsylG, wonach Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes
gegen die Anordnung und Befristung nach § 11 Abs. 7 Satz 1 AufenthG innerhalb einer Woche nach
Bekanntgabe zu stellen sind. Denn aus den Gesetzesmaterialien geht hervor, dass diese Vorschrift
ausschließlich der Harmonisierung der Antragsfristen dienen sollte (BT-Drs. 18/6185, S. 33). Es ist insofern
nicht davon auszugehen, dass Eilanträge auch ohne Rechtsschutzbedürfnis zulässig sein sollen (VG
Stuttgart, Beschluss vom 22.07.2016 - A 2 K 2113/16 -, juris Rn. 17; a.A. Bauer, in: Bergmann/Dienelt,
Ausländerrecht, 11. Auflage 2016, § 11 AufenthG Rn. 75).
17 4. Erfolg in der Sache haben die Anträge aber auch insoweit nicht, wie sie zulässig sind.
18 a) Der Antrag Ziff. 1 auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die
Abschiebungsandrohung des Bundesamtes ist unbegründet.
19 Prüfungsmaßstab für die Frage der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die auf § 34
Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 59 AufenthG gestützte Abschiebungsandrohung ist § 36 Abs. 4 Satz 1
AsylG. Hiernach darf die Aussetzung der Abschiebung nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an
der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (vgl. auch Art. 16a Abs. 4 Satz 1 GG).
Ernstliche Zweifel in diesem Sinne liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme
einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, Urteil vom 14.05.1996 - 2 BvR 1516/93 -,
BVerfGE 94, 166, Leitsatz 2.b.).
20 Ein Asylantrag ist gemäß § 30 Abs. 1 AsylG offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine
Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft
offensichtlich nicht vorliegen. Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den
Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder,
um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält (§ 30 Abs. 2 AsylG). Die
Abweisung der Asylklage als offensichtlich unbegründet setzt voraus, dass im maßgeblichen Zeitpunkt der
Entscheidung des Verwaltungsgerichts (vgl. § 77 Abs. 1 AsylG) an der Richtigkeit der tatsächlichen
Feststellungen des Gerichts vernünftigerweise keine Zweifel bestehen können und bei einem solchen
Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung (nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre)
die Abweisung der Klage sich dem Verwaltungsgericht geradezu aufdrängt (BVerfG, Beschluss vom
20.09.2001 - 2 BvR 1392/00 -, juris Rn. 17 m.w.N.). In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kommt es
darauf an, ob die Offensichtlichkeitsentscheidung in Bezug auf die geltend gemachten Asylgründe bei der
hier gebotenen summarischen Prüfung mit der erforderlichen Richtigkeitsgewähr bestätigt werden kann
(vgl. VG Würzburg, Beschluss vom 03.04.2014 - W 1 S 14.30293 -, juris Rn. 15).
21 Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Offensichtlichkeitsentscheidung des Bundesamtes nicht zu
beanstanden. Die Antragsteller haben aller Voraussicht keinen Anspruch auf Asylanerkennung,
Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (aa).
Abschiebungsverbote dürften ebenfalls nicht vorliegen (bb). Die Abschiebungsandrohung schließlich erweist
sich bei summarischer Prüfung gleichfalls als rechtmäßig (cc).
22 aa) Der Anerkennung der Antragsteller als Asylberechtigte steht bereits Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG
entgegen, da sie nach eigenen Angaben auf dem Landweg nach Deutschland eingereist sind.
23 Voraussetzung für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist gemäß § 3 Abs. 1 AsylG unter anderem,
dass sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität,
politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines
Herkunftslandes befindet. Hieran dürfte es im Fall der Antragsteller fehlen. Die Antragstellerin Ziff. 1 hat in
ihrer Anhörung beim Bundesamt offen eingeräumt, dass ihnen im Kosovo keine Verfolgung droht. Sie seien
allein wegen ihres hier lebenden Mannes nach Deutschland gekommen. Der Antragsteller Ziff. 2 hat diese
Angaben bestätigt.
24 Die Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG dürften ebenfalls nicht
vorliegen. Die Antragsteller behaupten selbst nicht, dass ihnen im Kosovo die Verhängung oder
Vollstreckung der Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im
Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts droht.
25 bb) Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 u. 7 AufenthG dürften gleichfalls nicht vorliegen. Die Ehe der
Antragstellerin Ziff. 1 mit einem deutschen Staatsangehörigen begründet kein solches Verbot. Denn
Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 u. 7 AufenthG können sich nur aus solchen Umständen ergeben,
welche dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung drohen (sog. zielstaatsbezogene
Abschiebungshindernisse). Bestehen Hindernisse, die einer Vollstreckung der Ausreisepflicht
entgegenstehen, weil anderenfalls ein Schutz des Rechtsguts im Bundesgebiet verletzt würde (sog.
inlandsbezogene Vollstreckungs-/ Abschiebungshindernisse), muss sich der Ausländer auf einen Antrag auf
Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG bei der örtlich zuständigen Ausländerbehörde verweisen lassen (OVG
Nds., Urteil vom 18.05.2010 - 11 LB 186/08 -, juris Rn. 47; VG München, Urteil vom 24.10.2016 - M 17 K
16.32996 -, juris Rn. 41).
26 cc) Schließlich erweist sich bei summarische Prüfung auch die Abschiebungsandrohung als rechtmäßig. Die
Ehe der Antragstellerin Ziff. 1 ist als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis insoweit erneut nicht zu
berücksichtigen (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19.11.1999 - 19 B 1599/98 -, juris Rn. 36 f.). Die formellen
Anforderungen des § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG sind eingehalten; die Dauer der Ausreisefrist von einer
Woche ergibt sich aus § 36 Abs. 1 AsylG.
27 b) Die Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz betreffend das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach
§ 11 Abs. 1 AufenthG (Antrag Ziff. 2) sind ebenfalls unbegründet.
28 Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Sicherung eines
Rechts des Antragstellers treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden
Zustands die Verwirklichung dieses Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Das
Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit
(Anordnungsgrund) sind hierbei gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 und § 294 ZPO glaubhaft zu
machen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben.
29 Die primär begehrte Reduzierung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 0 Monate kommt
schon deshalb nicht in Betracht, da über die Länge der Frist gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nach
Ermessen entschieden wird (Bayer. VGH, Urteil vom 12.07.2016 - 10 BV 14.1818 -, Ls., juris; a.A. - jedoch
wohl nur bei Ausweisungen - VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.12.2015 - 11 S 1857/15 - juris Rn. 25 ff.,
Beschluss vom 11.04.2016 - 11 S 393/16 -, juris Rn. 42). Die von den Antragstellern begehrte Reduzierung
käme daher in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 5 VwGO allenfalls bei einer
Ermessensreduzierung auf Null in Betracht. An einer solchen fehlt es jedoch. Vertretbar sind verschiedene
Befristungen.
30 Aber auch insoweit die Antragsteller hilfsweise die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehren, der
zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass ihre Abschiebung bis zu einer erneuten Entscheidung des
Bundesamtes über die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1, Abs. 2
Satz 1 AufenthG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts nicht vollzogen werden darf, haben
die Eilanträge keinen Erfolg. Zwar spricht manches dafür, dass die Antragsteller insoweit einen
Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht haben. Denn die Befristungsentscheidung des Bundesamtes leidet
nach summarischer Prüfung an einem Ermessensfehler, weil das Bundesamt die Ehe der Antragstellerin Ziff.
1 mit einem deutschen Staatsangehörigen nicht berücksichtigt hat. Auch lässt sich das Vorliegen eines
Anordnungsgrundes nicht bereits damit verneinen, dass keine konkreten Abschiebemaßnahmen gegen die
Antragsteller geplant sind. Denn Flüchtlinge, deren Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt
wurde, müssen, wenn die Frist zur freiwilligen Ausreise - wie hier - abgelaufen ist, jederzeit mit
aufenthaltsbeendenden Maßnahmen rechnen, sofern das Gericht ihrem Eilantrag gegen die
Abschiebungsandrohung nicht stattgibt. Ob und wann ihre Abschiebung konkret geplant ist, können sie
nicht wissen, da der Termin der Abschiebung dem Ausländer gemäß § 59 Abs. 1 Satz 8 AufenthG nach
Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise nicht angekündigt werden darf (VG Stuttgart, Beschluss vom
22.07.2016 - A 2 K 2113/16 -, juris Rn. 14; a.A. VG Sigmaringen, Beschluss vom 18.02.2016 - A 8 K 113/16
-, juris Rn. 14; Beschluss vom 21.10.2016 - A 3 K 3105/16 -, juris Rn. 22). Im Falle eines Eilantrages gegen
das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG fehlt es aber regelmäßig
deshalb - und so auch hier - an dem erforderlichen Anordnungsgrund, da es Ausländern grundsätzlich
zumutbar ist, freiwillig auszureisen, um die Sperrwirkung des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu
vermeiden (VG Aachen, Beschluss vom 28.07.2016 - 2 L 572/16.A -, juris Rn. 7; im Ergebnis so wohl auch
VG Sigmaringen, Beschluss vom 21.10.2016 - A 3 K 3105/16 -, juris Rn. 22). Das gesetzliche Einreise- und
Aufenthaltsverbot entfaltet, wie aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 AufenthG und im Umkehrschluss aus §
11 Abs. 6 Satz 1 AufenthG folgt, keine Sperrwirkung, wenn ein Ausländer, dem die Abschiebung angedroht
wurde, freiwillig ausreist (vgl. Bauer, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage 2016, § 11
AufenthG Rn. 7; Maor, in: BeckOK AuslR, Stand: 01.11.2016, § 11 AufenthG Rn. 39). Besondere Umstände,
die im vorliegenden Fall eine abweichende Betrachtung als geboten erscheinen lassen (vgl. VGH Bad.-
Württ., Beschluss vom 09.11.2012 - 11 S 2200/12 -, juris Rn. 11; VG Stuttgart, Beschluss vom 22.07.2016 -
A 2 K 2113/16 -, juris Rn. 35), wurden weder vorgetragen noch sind sie sonst ersichtlich. Der Antragstellerin
Ziff. 1 und ihrem Ehemann erscheint eine (vorübergehende) Trennung zumutbar. Sie leben, kurze Besuche
ausgenommen, seit ihrer Eheschließung freiwillig in verschiedenen Staaten.
31 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylG.
32 Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).