Urteil des VG Hannover vom 10.02.2012

VG Hannover: therapie, behinderung, schule, anspruch auf bewilligung, wahrscheinlichkeit, gesellschaft, restriktive auslegung, erwerb, icd, eltern

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Eingliederungshilfe nach SGB VIII hier: Anspruch auf
Kostenübernahme für Legasthenietherapie (bejaht)
1. Schulische Teilleistungsstörungen (hier: Lese-Rechtschreibschwäche -
LRS) stellen für sich genommen keine seelischen Störungen im Sinne des §
35 a SGB VIII dar.
2. Ob das Jugendamt den Begriff der "Teilhabebeeinträgchtigung" zutreffend
ausgelegt hat, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle.
3. Zur Auslegung des Begriffs der Teilhabebeeinträchtigung.
VG Hannover 3. Kammer, Urteil vom 10.02.2012, 3 A 2962/11
§ 36a SGB 8, § 35a SGB 8, § 1 Abs 1 SGB 8
Tenor
Der Bescheid des Beklagten vom 05.07.2011 wird aufgehoben.
Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin Eingliederungshilfe gemäß § 35a
SGB VIII in Form der Übernahme der Kosten für die bereits begonnene LRS-
Therapie bei Frau D. im Umfang von 40 Therapieeinheiten zu bewilligen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht
erhoben.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann
die Kostenvollstreckung seitens der Klägerin mittels Sicherheitsleitung in Höhe
des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor
Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin ist im Juli 2002 geboren. Sie lebt mit ihren Eltern und ihren drei
Geschwistern in E..
Im Jahr 2008 wurde die Klägerin regulär in die Grundschule F. eingeschult.
Nach einem Umzug der Familie nach E. wechselte die Klägerin zum Schuljahr
2009/2010 in die Grundschule G., in der sie sodann das erste Schuljahr
wiederholte. Derzeit besucht die Klägerin die 3. Klasse.
Von Beginn der Schulzeit an zeigte sich, dass die Klägerin besondere
Schwierigkeiten mit dem Lesen und Schreiben hat, während ihr mathematische
Aufgabenstellungen keine grundlegenden Probleme bereiteten. Die Schwäche
im Bereich Lesen und Schreiben war auch der Grund für die Wiederholung der
1. Klasse. Weder dadurch noch mit der Teilnahme am zusätzlichen schulischen
Förderunterricht konnte diese Problematik allerdings grundlegend gemindert
bzw. gar behoben werden. Bis in die jüngere Vergangenheit hinein unterliefen
der Klägerin beim Lesen und Schreiben nach wie vor deutlich
überdurchschnittlich viele Fehler. Außerdem benötigte die Klägerin für die
Bewältigung derartiger Aufgaben sowohl in der Schule als auch zu Hause
übermäßig viel Zeit. Der fehlende Lernfortschritt in diesem Bereich verunsicherte
die Klägerin und machte sie zunehmend traurig und resignativ. Sie entwickelte
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eine zunehmend negative Grundeinstellung zum Fach Deutsch und zog sich
aus der aktiven Mitarbeit im Unterricht zurück bzw. verweigerte teilweise die
Bearbeitung von Aufgaben.
Wegen dieser Problematik stellten die Eltern der Klägerin diese Anfang 2011
dem Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie H. in I. vor, der die Klägerin
mehrfach untersuchte und unter dem 02.05.2011 eine gutachtliche Äußerung
abgab. Darin attestierte er der Klägerin bei mindestens durchschnittlicher
Intelligenz eine Lese- und Rechtschreibstörung im Sinne von F 81.0 des ICD 10
sowie eine sonstige emotionale Störung des Kindesalters gemäß F 93.9 des
ICD 10. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten verwiesen.
Unter dem 08.04.2011 stellte die Klägerin beim Beklagten einen Antrag auf
Leistungen nach § 35a SGB VIII. Der Beklagte befragte die Klägerin und ihre
Eltern im Rahmen eines Hausbesuchs sowie mit einem Elternfragebogen und
holte von der Grundschule G. einen Schulbericht ein. Wegen der Einzelheiten
wird auf den über den Hausbesuch gefertigten Vermerk vom 24.05.2011, den
ausgefüllten Elternfragebogen und den Bericht der Schule vom 15.04.2011
Bezug genommen.
In einer internen Vorlage für eine "Entscheiderkonferenz" im Jugendamt des
Beklagten, deren Teilnehmer im Verwaltungsvorgang nicht dokumentiert sind,
schlug die den Fall bearbeitende Mitarbeiterin vor, dem Antrag stattzugeben, da
zwar noch keine Teilhabebeeinträchtigung festgestellt werden könne, diese aber
aus ihrer Sicht mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen könne (BA, Bl. 36 - 39). Im
Ergebnis folgte die "Entscheiderkonferenz" diesem Vorschlag jedoch nicht,
sondern kam zu dem Ergebnis, dass der Antrag abzulehnen sei, da eine
Teilhabebeeinträchtigung weder vorliege noch mit hoher Wahrscheinlichkeit
drohe.
Die Klägerin hat gegen den daraufhin unter dem 05.07.2011 ergangenen
Ablehnungsbescheid am 03.08.2011 Klage erhoben. Sie macht geltend, dass
die Bewilligungsvoraussetzungen vorlägen. Insbesondere sei sie bereits aktuell
in ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt bzw. drohe ihr eine
derartige Beeinträchtigung. Das habe bereits der Facharzt Herr H. festgestellt.
Im September 2011 hat die Klägerin eine auf zunächst 40 Therapieeinheiten
begrenzte LRS-Therapie bei Frau D. begonnen, die von ihren Eltern privat
finanziert wird. Wegen der Einzelheiten des Inhalts und des bisherigen Verlaufs
der Therapie wird auf den Bericht der Therapeutin vom 06.01.2012 verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung seines Ablehnungsbescheides vom
05.07.2011 zu verpflichten, ihr Eingliederungshilfe gemäß § 35a SGB
VIII in Form der Übernahme der Kosten für die bereits begonnene LRS-
Therapie bei Frau D. im Umfang von zunächst 40 Therapieeinheiten zu
bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist wie auch schon im Ablehnungsbescheid darauf, dass bei der
Klägerin nach der fachlichen Einschätzung seines Jugendamtes weder eine
Teilhabebeeinträchtigung vorliege noch eine solche mit hoher
Wahrscheinlichkeit drohe. Die Klägerin sei in ihren sozialen Funktionen nicht
beeinträchtigt und eine solche Beeinträchtigung sei auch in Zukunft nicht zu
erwarten. Nach den Angaben der Schule, die im Verlauf des Klageverfahrens
nochmals aktualisiert worden seien, sei sie in ihrer Klasse gut integriert, gehe
gern zur Schule und weise keine besonderen Auffälligkeiten gegenüber Kindern
ohne LRS-Schwäche auf, insbesondere zeige sie keine psychosomatischen
Symptome oder extremen Selbstwertprobleme und auch keine
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Schulverweigerung. Dass sie in der Klasse nicht gern laut vorlesen wolle, sei bei
der LRS-Schwäche verständlich, begründe aber noch keine
Teilhabebeeinträchtigung. Sie zeige normale Schul- und Prüfungsängste, die
andere Kinder ohne LRS-Problematik auch hätten. Auch außerhalb der Schule
habe sie normale altersgemäße soziale Kontakte. Die Fachkraft habe sie beim
Hausbesuch als lebensfrohes, aufgeschlossenes und nicht auf den Mund
gefallenes Mädchen erlebt.
Die Kammer hat das Verfahren mit Beschluss vom 07.02.2012 zur
Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.
Der Einzelrichter hat in der mündlichen Verhandlung die Klägerin persönlich
angehört sowie Beweis erhoben durch Vernehmung der die Klägerin im Fach
Deutsch unterrichtenden Lehrkräfte J. und Frau K.. Wegen des Ergebnisses der
Beweisaufnahme wird auf das Terminsprotokoll verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten sowie des
Sachverhalts im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen,
den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt des beigezogenen
Verwaltungsvorgangs verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig und hat in der Sache Erfolg.
1.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf Bewilligung einer LRS-
Therapie aus § 35a Abs. 1 SGB VIII. Danach haben Kinder oder Jugendliche
Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn
1. ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs
Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2. daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine
solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm sind erfüllt und die bereits
begonnene Therapie ist die geeignete und erforderliche Hilfe.
a) Die seelische Gesundheit der Klägerin wich jedenfalls in dem für die
Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als
sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand ab.
Eine Abweichung von der seelischen Gesundheit im Sinne von § 35a Abs. 1 S.
1 Nr. 1 SGB VIII liegt nach ständiger Rechtsprechung der Kammer nicht bereits
dann vor, wenn ein Facharzt bzw. -therapeut das Vorliegen einer
umschriebenen Entwicklungsstörung schulischer Fertigkeiten wie z.B. einer
Lese- und Rechtschreibstörung attestiert hat. Im Zusammenhang mit
schulischen Teilleistungsstörungen ist eine Abweichung von der für das
Lebensalter typischen Gesundheit vielmehr nur zu bejahen, wenn zusätzlich zu
der Teilleistungsstörung eine seelische Störung vorliegt (sog. sekundäre
Neurotisierung; vgl. mit ausführlicher Begründung u.a. Urt. der Kammer vom
20.05.2008, 3 A 3648/07, m.w.N., JAmt 2009, S. 385 ff).
Eine derartige, auf der LRS beruhende seelische Störung lag in dem Zeitpunkt,
in dem die Klägerin die hier verfahrensgegenständliche Therapie begonnen
hatte, vor. Ausweislich des Gutachtens des Facharztes für Kinder- und
Jugendpsychiatrie H. vom 02.05.2011 bestand zu jenem Zeitpunkt eine
seelische Störung in Form einer sonstigen emotionalen Störung des
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Kindesalters nach F 93.9 des ICD 10. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass sich
daran bis zur Aufnahme der Therapie etwas geändert hatte. Das Gutachten
wurde von einem Therapeuten im Sinne von § 35a Abs. 1a S. 1 SGB VIII auf
Grundlage des ICD-10 abgegeben und auch vom Beklagten inhaltlich
akzeptiert.
Soweit sich als Folge der nunmehr von der Klägerin aufgenommenen Therapie
deren seelischer Zustand inzwischen gebessert haben sollte, ist das im
vorliegenden Verfahren nicht zu berücksichtigen. Zwar kommt es in Verfahren
der vorliegenden Art, bei denen die Bewilligung einer Jugendhilfeleistung
begehrt wird, grundsätzlich auf die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der
mündlichen Verhandlung an. Das gilt aber nicht, wenn - wie im vorliegenden
Verfahren - die begehrte Hilfe vor Abschluss des laufenden Verfahrens selbst
beschafft und deshalb (nur noch) um eine Kostenerstattung gestritten wird. In
einem solchen Fall sind vielmehr die Verhältnisse maßgebend, die im Zeitpunkt
der Selbstbeschaffung vorgelegen haben.
b) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme spricht viel dafür, dass bei der
Klägerin aufgrund der seelischen Störung spätestens im Sommer 2011 bereits
eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft eingetreten
war. Jedenfalls aber war eine solche Beeinträchtigung zu erwarten, da sie mit
hoher Wahrscheinlichkeit einzutreten drohte.
aa) Ob eine Beeinträchtigung der Teilhabe vorliegt oder mit hoher
Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, hat der Jugendhilfeträger nach fachlicher
Erkenntnis zu beurteilen. Gleichwohl handelt es sich nach der Rechtsprechung
der Kammer bei dem Begriff der Teilhabebeeinträchtigung um einen
unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Auslegung durch den Jugendhilfeträger
von den Verwaltungsgerichten voll überprüfbar ist (vgl. u.a. Urt. vom 20.05.2008,
3 A 3648/07, a.a.O., m.w.N.; Nds. OVG, Beschl. vom 25.03.2010, 4 LA 43/09,
JAmt 2010, 378; Wiesner in: Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, Rn. 25a, m.w.N.).
Die Auslegung und Anwendung dieses Tatbestandsmerkmals seitens des
Beklagten entspricht im vorliegenden Fall nicht dem Gesetz.
bb) Die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft im Sinne einer Partizipation ist
gekennzeichnet durch die aktive, selbstbestimmte und altersgemäße Ausübung
sozialer Funktionen und Rollen in den das Kind beziehungsweise den
Jugendlichen betreffenden Lebensbereichen wie Familie, Verwandtschafts- und
Freundeskreis, Schule und außerschulischen Betätigungsfeldern (z.B.
Sportvereine, kirchliche Gruppen, Pfadfinder) sowie Ausbildungsbereichen (VG
Düsseldorf, Urt. v. 05.03.2008, Az. 19 K 1659/07, JAmt 2008, 212ff.; Wiesner,
a.a.O., § 35a Rn. 19; vgl. auch Fischer in: Schellhorn/Fischer/Mann, SGB
VIII/KJHG, 3. Aufl. 2007, Rn. 11; sowie VG Sigmaringen, Urt. v. 25.01.2005, 4 K
2105/03, JAmt 2005, 246ff: Teilhabe als aktive und selbstbestimmte Gestaltung
des gesellschaftlichen Lebens). Eine Auslegung des Begriffs der Teilhabe am
Leben in der Gesellschaft im Sinne von § 35a Abs. 1 S.1 Nr. 2 SGB VIII hat sich
an der grundlegenden Zielbestimmung in § 1 Abs. 1 SGB VIII zu orientieren,
nach der jeder junge Mensch ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und
auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen
Persönlichkeit hat. Die soziale Teilhabe ist daher im Hinblick auf die
altersgemäßen Entwicklungsaufgaben mit konkreten Inhalten zu füllen (für eine
Einbeziehung der Entwicklungspsychologie plädieren auch Kölch/Wolff/Fegert,
Teilhabebeeinträchtigung - Möglichkeiten der Standardisierung im Verfahren
nach § 35a SGB VIII, JAmt 2007, 1, 2f., und Harnach-Beck in:
Jans/Happe/Saurbier/Maas, Jugendhilferecht, 33. Lfg. 2006, § 35a Rn. 43). Als
wesentliche Entwicklungsaufgaben im mittleren Schulalter (8-12 Jahre) werden
soziale Kooperation, Selbstbewusstsein, Erwerb der Kulturtechniken sowie das
Spielen und Arbeiten im Team benannt (Harnach-Beck, ebenda).
Eine Beeinträchtigung liegt vor, wenn die Teilhabe aufgrund der seelischen
Störung tatsächlich eingeschränkt ist. Zum Verständnis des zweigliedrigen
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Behinderungsbegriffs des § 2 Abs. 1 SGB IX und des daran angelehnten § 35a
Abs. 1 SGB VIII kann auf die Leitlinien der Internationalen Klassifikation der
Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) zurückgegriffen werden, da der
Gesetzgeber sich bei der Einführung des Begriffs an der zu der ICF führenden
internationalen Diskussion orientieren wollte (vgl. den Gesetzesentwurf der
Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein SGB IX vom
16.01.2001, Bundestags-Drs. 14/5074, S. 98, 121; Wiesner, a.a.O. § 35a Rn. 5
und 19). Nach der ICF liegt eine Behinderung vor, wenn im Zusammenhang mit
einer Schädigung die Handlungsfähigkeit und die üblichen
Partizipationsmöglichkeiten eingeschränkt sind. Die Norm, mit der die
Leistungsfähigkeit und die tatsächliche Leistung verglichen werden, ist das
entsprechende Leistungsbild eines Menschen ohne vergleichbares
Gesundheitsproblem. Die WHO-Definition betont stark die sozialen Aspekte von
Behinderung. Ob aus abweichenden Verhaltens- und Erlebensweisen oder
körperlichen Besonderheiten eine Behinderung resultiert, hängt danach
wesentlich davon ab, mit welchen Umweltbedingungen ein Mensch
zurechtkommen muss. Erst die Wechselwirkung von personellen
Einschränkungen mit Kontextfaktoren formt das Ausmaß einer Behinderung.
Behinderung ist demnach die negative Wechselwirkung zwischen einer Person
mit einem Gesundheitsproblem (bestimmt nach ICD-10) und ihren
Kontextfaktoren auf ihre Funktionsfähigkeit (insbesondere die Teilnahme an
einem oder mehreren Lebensbereichen). Erleichternde oder einschränkende
Kontextfaktoren können dabei nicht nur Umweltfaktoren sein, sondern auch
personenbezogene Faktoren, die internal das Zurechtkommen mit einer
beeinträchtigenden Situation mitbestimmen. Subjektive Krankheitsverarbeitung,
das Umgehen mit der Problematik bei der Partizipation sind individuelle
Faktoren, die neben objektiven Faktoren des sozialen Umfelds genauso erfasst
werden müssen wie die Einstellung der betroffenen Kinder und Jugendlichen
und ihrer Sorgeberechtigten (Wiedergabe nach den zusammenfassenden
Erläuterungen bei Harnach-Beck in: Jans/Happe/Saurbier/Maas,
Jugendhilferecht, 33. Lfg. 2006, Vorbem. § 35a Rn. 23, und Kölch/Wolff/Fegert,
a.a.O., S. 2 f.).
Dieser Betrachtungsweise steht die Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts nicht entgegen. Im Urteil vom 26.11.1998 (Az. 5 C3
8/97, FEVS 49, 487ff.) hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass für
die Frage, ob eine seelische Behinderung vorliege, entscheidend sei, ob die
seelischen Störungen nach Breite, Tiefe und Dauer so intensiv seien, dass sie
die Fähigkeit zur Eingliederung in die Gesellschaft beeinträchtigen. Damit hat
sich das Bundesverwaltungsgericht lediglich zur Qualität der seelischen Störung
geäußert und verdeutlicht, dass diese zu einer Teilhabebeeinträchtigung führen
muss. Dies hat der Gesetzgeber zwischenzeitlich mit § 35 Abs. 1 S.1 Nr. 2 SGB
VIII ausdrücklich normiert. Anschließend hat das Bundesverwaltungsgericht
festgestellt, dass es danach rechtlich nicht zu beanstanden sei, wenn ein
Tatsachengericht einerseits bei bloßen Schulängsten, die andere Kinder teilen,
eine seelische Behinderung verneint und andererseits beispielhaft als
behinderungsrelevante seelische Störungen die auf Versagensängsten
beruhende Schulphobie, die totale Schul- und Lernverweigerung, den Rückzug
aus jedem sozialen Kontakt und die Vereinzelung in der Schule anführt. Die hier
vom Bundesverwaltungsgericht benannte Untergrenze der
Teilhabebeeinträchtigung stimmt mit dem Maßstab der ICF überein, da es damit
auf die bei anderen Kindern ebenfalls gelegentlich vorkommenden Ängste und
mithin auf Menschen ohne ein vergleichbares Gesundheitsproblem abstellt.
Dass die aufgezählten Verhaltensweisen nach Breite, Tiefe und Dauer so
intensiv sind, dass sie die Fähigkeit zur Eingliederung in die Gesellschaft
beeinträchtigen, steht ebenfalls außer Frage. An welcher Schwelle jedoch eine
relevante Beeinträchtigung beginnt, hat das Bundesverwaltungsgericht in der
Entscheidung überhaupt nicht erörtert. Aus der Entscheidung kann
insbesondere nicht abgeleitet werden, dass Verhaltensweisen der genannten
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Art bzw. Schwere bereits vorliegen müssen, um eine Teilhabebeeinträchtigung
zu bejahen. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Beispiele lediglich nicht für
falsch gehalten. Soweit in der Rechtsprechung nach wie vor zum Teil eine auf
Versagensängsten beruhende Schulphobie, die totale Schul- und
Lernverweigerung, der Rückzug aus jedem sozialen Kontakt oder die
Vereinzelung in der Schule als (Mindest-)Voraussetzungen für das Vorliegen
einer Teilhabebeeinträchtigung im Sinne des § 35a Abs. 1 SGB VIII bezeichnet
werden, beruht das unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen auf einer
Fehlinterpretation des Gesetzes.
Es lässt sich unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks zudem nicht
rechtfertigen, das Vorliegen der Voraussetzung von § 35a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB
VIII erst dann zu bejahen, wenn die (drohende) Teilhabebeeinträchtigung eine
besonders gravierende Intensität hat. Eine derartige Qualifikation der
Behinderung sehen weder das oben erörtere Behinderungskonzept der ICF,
noch der Wortlaut der anspruchsbegründenden Norm vor. Das Gesetz fordert in
§ 35a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VIII nur eine Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in
der Gesellschaft und kein (partielles) Unvermögen zur Teilhabe. Anders als § 53
SGB XII knüpft § 35a SGB VIII den Anspruch auf Eingliederungshilfe auch nicht
an eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit. Sofern eine restriktive
Auslegung für interessengerecht gehalten wird, weil es primär Aufgabe der
Schule sei, Teilleistungsstörungen zu beheben oder in ihren Auswirkungen
abzumildern (z.B. VG Göttingen, Urt. v. 10.07.2007, Az. 2 A 483/05, JAmt 2007,
539ff.; ebenso VG Hamburg, Urt. vom 24.11.2009, Az. 13 K 4032/07, juris),
vermengt dieses Argument in unzulässiger Weise zwei Prüfungsebenen.
Zunächst ist nämlich zu klären, ob eine Teilhabebeeinträchtigung vorliegt und
ein Anspruch auf Eingliederungshilfe besteht. Erst in einem nachfolgenden
Schritt ist zu prüfen, ob die Leistung vorrangig von einem anderen
Leistungsträger zu erbringen ist und erbracht wird und die Leistungspflicht des
Jugendhilfeträgers deshalb als subsidiär zurücktritt.
Klarstellend ist schließlich zu betonen, dass eine Beeinträchtigung der Teilhabe
bereits vorliegt, wenn sich die Störung in einem der relevanten Lebensbereiche
auswirkt (so auch explizit die Gesetzesbegründung, a.a.O., S. 98, und Kunkel,
Das Verfahren zur Gewährung einer Hilfe nach § 35 a SGB VIII, JAmt 2007, S.
18), und dass sie nicht nur durch eine Ausgrenzung von Seiten der Umwelt,
sondern auch durch subjektive Schwierigkeiten des Betroffenen, von sich aus
aktiv am Leben in der Gesellschaft teilzunehmen, bedingt werden kann (ebenso
Wiesner, a.a.O., § 35a Rn. 19).
Hinsichtlich des Maßstabs der Wahrscheinlichkeit hat das
Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 26.11.1998 (a.a.O.) folgende Vorgaben
gemacht: Es sei nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht eine
Wahrscheinlichkeit von wesentlich mehr als 50% verlange. Dabei sei für die
Prognose insbesondere bedeutsam, auf welche Zeit bezogen die
Wahrscheinlichkeit eines Eintritts einer Behinderung beurteilt werden solle.
Hierfür komme kein starrer Zeitrahmen in Betracht, sondern eine nach Sinn und
Zweck der Eingliederungshilfe bemessene Zeit. Sei es nämlich Ziel der
Eingliederungshilfe für von einer seelischen Behinderung bedrohte Kinder und
Jugendliche, den Eintritt einer solchen Behinderung zu verhüten, so sei der
Beginn der Bedrohung so früh, aber auch nicht früher anzusetzen, dass noch
Erfolg versprechende Eingliederungshilfemaßnahmen gegen den Eintritt einer
Behinderung eingesetzt werden könnten.
cc) Nach diesen Maßstäben drohte im Sommer 2011 eine
Teilhabebeeinträchtigung zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit in absehbarer
Zukunft einzutreten.
(1) Wie oben ausgeführt gehört zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft im
Sinne des § 35a SGB VIII für (Grund-)Schulkinder u.a. ein nach den
individuellen intellektuellen Fähigkeiten angemessener Erwerb der wesentlichen
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Kulturtechniken (Lesen, Schreiben, Rechnen), denn das gehört zu den
wesentlichen sozialen Entwicklungsaufgaben in diesem Alter. Im Erwerb
angemessener Fähigkeiten im Bereich des Schreibens und insbesondere des
Lesens war und ist die Klägerin jedoch beeinträchtigt. Dabei folgte - und das ist
das Entscheidende - diese Beeinträchtigung nicht allein und auch nicht
maßgeblich aus der bei ihr bestehenden LRS. Vielmehr hatte die Klägerin, wie
sich insbesondere im Rahmen der Beweisaufnahme ergeben hat, im Verlauf
ihrer ersten Grundschuljahre als Folge der andauernden Misserfolgs- bzw.
Versagenserlebnisse in diesem Bereich eine zunehmend negative
Grundeinstellung in Richtung hin zu einer resignativen Haltung zu den
Lernanforderungen im Bereich des Schreibens und Lesens entwickelt.
Insbesondere diese negative innere Einstellung und nicht die LRS an sich
hinderte sie in immer stärkerem Maße daran, mit den Lernanforderungen m
Bereich Lesen und Schreiben altersgemäß umzugehen und sie letztlich auch in
angemessenem Umfang zu bewältigen. Beide Zeuginnen haben
übereinstimmend ausgesagt, dass die Klägerin sich insbesondere im Verlauf der
2. Klasse aus der aktiven Mitarbeit im Fach Deutsch zunehmend
zurückgezogen und vor allem der Bearbeitung von Aufgaben im Bereich des
Lesens und Schreibens verweigert habe. Die Klägerin habe sich zunehmend
stiller und zurückgezogener verhalten. Die Zeugin L. hat zudem angegeben, die
Leistungs- und Lernbereitschaftskurve der Klägerin habe nach der Aufnahme
der LRS-Therapie deutlich ins Positive gedreht. Das lässt den Umkehrschluss
zu, dass die Entwicklung davor eine negative Richtung aufwies. Das deckt sich
mit den Angaben der Zeugin K., wonach die Klägerin insbesondere seit dem
Februar 2011 durchaus typischerweise die Mitarbeit im Fach Deutsch bei
Aufgaben im Bereich des Lesens und Schreibens verweigert und in solchen
Situationen regelrecht "zugemacht" habe, wobei sie im Regelfall auch mittels
persönlicher Ansprache nicht mehr zur weiteren Mitarbeit habe motiviert werden
können. Die Klägerin habe sich vielmehr in solchen Situationen stur verhalten.
Sie, die Zeugin, habe dieses Verhalten als im Ansatz resignativ empfunden.
Dieses Verhalten habe die Klägerin auch noch zu Beginn der 3. Klasse gezeigt.
Nach Aufnahme der Therapie habe sich dieses Verhalten dagegen deutlich im
Sinne einer nunmehr positiven Arbeitshaltung und Einstellung der Klägerin
gegenüber den Anforderungen im Bereich des Lesens und Schreibens
verändert.
Diese Schilderungen zeichnen zusammen mit den Angaben, die die Eltern im
Verlauf des Verfahrens gemacht haben, sowie mit den Ausführungen von Herrn
H. in seinem Gutachten vom 02.05.2011 ein insgesamt negatives
Entwicklungsbild bezüglich der Lern- und Leistungsbereitschaft der Klägerin im
Bereich des Lesens und Schreibens vor Aufnahme der LRS-Therapie, wie es für
derartige Fälle bei fehlender therapeutischer Bearbeitung nach den Kenntnissen
des Einzelrichters aus der vielfachen Bearbeitung entsprechender Fälle
durchaus typisch ist. Kinder mit schulischen Teilleistungsschwächen erleben ein
kontinuierliches punktuelles "Versagen" in der Schule, aus dem sie auch mit den
herkömmlichen ggf. von Schule und Elternhaus bereit gestellten Hilfen -
Unterstützung bei den Hausaufgaben, zusätzliches Lernen, Förderunterricht -
nicht herauskommen. Als Folge entwickeln sich emotional eine negative
Selbstwahrnehmung ("Ich bin zu blöd!") mit der Tendenz zu depressivem
Empfinden und eine negative Grundeinstellung zu den entsprechenden
schulischen Anforderungen, die sich im weiteren Verlauf des Schulbesuchs
wegen der stetig steigenden Anforderungen tendenziell immer weiter verstärkt
und schließlich in Resignation und Verweigerung münden kann.
(2) Zur Überzeugung des Einzelrichters führt die Gesamtschau auf alle
Erkenntnisse, insbesondere unter Berücksichtigung der Schilderungen der
Zeuginnen, zu dem Schluss, dass sich die Klägerin spätestens im Verlauf des
Jahres 2011 in genau solch einer Entwicklung befand. Angesichts dessen ist die
positive fachliche Einschätzung des Beklagten zum prognostischen weiteren
Verlauf der Entwicklung der Klägerin nicht nachvollziehbar. Vielmehr sind keine
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Tatsachen erkennbar, die eine solche, von der ursprünglichen Einschätzung der
mit der Bearbeitung des Falles betrauten Mitarbeiterin abweichende positive
Prognose rechtfertigen könnten.
Es ist zunächst nicht nachvollziehbar, dass, wie der Beklagte im Bescheid
ausgeführt hat, bereits eine "weiterhin" erfolgende "konsequente Umsetzung"
des Erlasses des Nds. Kultusministeriums zur Förderung von Schülerinnen und
Schülern mit besonderen Schwierigkeiten im Lesen, Rechtschreiben oder
Rechnen vom 04.10.2005 auf die Klägerin die eingetretene Entwicklung hätte
durchbrechen und ins Positive ändern können. Vielmehr steht gar nicht fest,
dass bzw. inwieweit dieser Erlass in der von der Klägerin besuchten Schule
überhaupt angewendet wird und inwieweit dabei den spezifischen Problemen
der Klägerin Rechnung getragen werden könnte. Ausweislich des Schulberichts
vom 15.04.2011 fand zumindest bis dahin eine Förderung nach Maßgabe des
Erlasses offenbar gerade nicht statt, denn das entsprechende Ankreuzfeld ist in
dem Bericht nicht markiert, sondern stattdessen das Feld für sonstige
Fördermaßnahmen ausgefüllt.
Der Beklagte hat sich zudem in keiner Weise mit dem Umstand
auseinandergesetzt, dass der von der Klägerin bis dahin über nahezu zwei
Jahre wahrgenommene Förderunterricht gerade nicht zu einer Verbesserung
oder zumindest Stabilisierung geführt hatte, sondern gleichwohl eine negative
Entwicklung eingetreten war. Soweit der Beklagte im Übrigen auf sonstige die
Klägerin stützende Faktoren (stabile, fürsorgliche Familienverhältnisse, soziale
Kontakte innerhalb und außerhalb der Schule, positive Erfahrungen in anderen
schulischen und außerschulischen Lebensbereichen) verweist, haben auch
diese Faktoren, die bereits seit Beginn der Schulzeit vorhanden waren, die
eingetretene negative Entwicklung in Bezug auf den Erwerb angemessener
Fähigkeiten im Bereich des Lesens und Schreibens offenkundig nicht
verhindern können.
Soweit der Beklagte schließlich auf Aussagen der Zeugin L. in dem im Verlauf
des Klageverfahrens zusätzlich eingeholten Schulbericht und in dem
anschließend zwischen dieser und der sachbearbeitenden Mitarbeiterin
geführten Telefongespräch verweist, kann auch dies die
Ablehnungsentscheidung des Beklagten nicht stützen. Wie sich im Rahmen der
Beweisaufnahme gezeigt hat, ging die Zeugin nämlich von einem Verständnis
des Begriffs "Teilhabebeeinträchtigung" aus, das mit dem oben dargelegten
Inhalt der maßgeblichen gesetzlichen Regelung nicht übereinstimmt. Die Frage
einer "psychischen Erkrankung" ist in dem Telefonat zudem in einem nur
unvollständigen Kontext nämlich in Bezug auf das Vorliegen von für die Zeugin
erkennbaren psychosomatischen Beschwerden erörtert worden.
c) Dass die zwischenzeitlich von der Klägerin aufgenommene Therapie die
geeignete und erforderliche Hilfe darstellt, zeigt schon der Umstand, dass die
Klägerin nach deren Aufnahme nach den übereinstimmenden Angaben der
beiden Zeuginnen eine deutlich positivere Grundeinstellung zu den
Anforderungen im Bereich des Lesens und Schreibens entwickelt und sich auch
insgesamt seelisch offenkundig stabilisiert hat. Die Fortsetzung der begonnenen
Therapie ist erforderlich, um diese positive Entwicklung weiter zu verfestigen und
die bisherigen Therapieerfolge nachhaltig zu sichern. Dabei entspricht es dem
üblichen fachlichen Vorgehen der Jugendämter zumindest im örtlichen
Zuständigkeitsbereich des erkennenden Gerichts, im Rahmen einer
Erstbewilligung zunächst mindestens 40 Therapieeinheiten zuzusprechen. Dem
folgt der Einzelrichter auch für dieses Verfahren.
d) Die zwischenzeitliche Selbstbeschaffung der Hilfe steht dem Erfolg der Klage
schließlich ebenfalls nicht entgegen, denn die Voraussetzungen des § 36a Abs.
3 SGB VIII, unter denen eine Selbstbeschaffung zulässig ist, sind erfüllt.
Insbesondere duldete die Deckung des Bedarfs keinen zeitlichen Aufschub bis
zur Entscheidung über die Klage. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem
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Erwerb ausreichender Fähigkeiten im Bereich des Lesens und Schreibens eine
elementare Bedeutung für die gesamte schulische Entwicklung eines Kindes
zukommt. Gerade ab dem Beginn der 3. Klasse werden ausreichende
Fähigkeiten in diesem Bereich auch in den übrigen Schulfächern, insbesondere
im Fach Mathematik wegen der Zunahme von textlich formulierten
Sachaufgaben aber auch etwa im Fach Sachkunde, immer wichtiger. Hinzu
kommt, dass mit dem Beginn der Notenvergabe für schriftliche Leistungen ab
der 3. Klasse der Leistungsdruck für die Schülerinnen und Schüler aber auch
deren Eigenwahrnehmung der schulischen Leistungsfähigkeit erheblich
anwächst. Angesichts dessen stand zu befürchten, dass die bisher im
Wesentlichen auf das Lesen und Schreiben beschränkte zunehmend negative
Grundeinstellung der Klägerin sich noch weiter verfestigen und zudem auf
weitere schulische Anforderungen ausdehnen würde. Die weitere Hinnahme
einer solchen Entwicklung war der Klägerin mit Blick auf die in § 1 Abs. 1, 3 SGB
VIII beschriebene Zielsetzung des Jugendhilferechts nicht zuzumuten.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die
Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 188 VwGO. Die Entscheidung zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708
Nr. 11, 711 ZPO.