Urteil des VG Hannover vom 07.11.2013

VG Hannover: aufschiebende wirkung, geschlossene bauweise, vollziehung, grundstück, nachbar, hauptsache, genehmigung, akteneinsicht, duldungspflicht, aussetzung

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--- kein Dokumenttitel vorhanden ---
Zu den Voraussetzungen einer Abweichung von den
Grenzabstandsvorschriften.
VG Hannover 4. Kammer, Beschluss vom 07.11.2013, 4 B 6889/13
§ 66 BauO ND, § 5 BauO ND
Tenor
Die aufschiebende Wirkung des von der Antragstellerin gegen die
Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 03.07.13 erhobenen
Widerspruchs wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte
Baugenehmigung für die Errichtung von Balkonen.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks D. 16 in E., das mit einem
viergeschossigen Mehrfamilienwohnhaus bebaut ist. Im Westen grenzt das
Grundstück an das ebenfalls mit einem viergeschossigen
Mehrfamilienwohnhaus bebaute Grundstück des Beigeladenen. Beide
Wohnhäuser sind Bestandteil der geschlossenen viergeschossigen
Blockrandbebauung entlang der D. im Bereich zwischen den Einmündungen
der F. und der G. Die einheitliche Rückseite der Häuserzeile weist nach Süden
auf einen begrünten Innenhof. Balkone sind weder am Gebäude der
Antragstellerin noch an den Nachbargebäuden vorhanden.
Der Straßenzug liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes.
Unter dem 03.07.13 genehmigte die Antragsgegnerin dem Beigeladenen die
Errichtung von zwei jeweils 3,00 m breiten Balkonanlagen mit insgesamt sechs
Balkonen vor der 17,00 m breiten Südfassade seines Gebäudes. Für beide
Balkonanlagen ist jeweils ein Abstand von 0,70 m zu den seitlichen Grenzen
vorgesehen; insoweit erlaubte die Antragsgegnerin eine Abweichung von den
Grenzabstandsvorschriften. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die
genehmigten Bauvorlagen Bezug genommen.
Unter dem 22.07.13 erhob die Antragstellerin Widerspruch gegen die
Baugenehmigung, über den noch nicht entschieden ist. Auch über den unter
dem 08.08.13 gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung liegt noch
keine Entscheidung vor. Insoweit erging unter dem 15.08.13 lediglich eine
Zwischennachricht, dass die beantragte Akteneinsicht wegen des laufenden
Prüfungsverfahrens nach § 80 Abs. 4 VwGO nicht gewährt werden könne.
Am 07.10.13 hat die Antragstellerin um Gewährung vorläufigen
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Rechtsschutzes nachgesucht. Da die Antragsgegnerin über ihren Antrag auf
Aussetzung der Vollziehung nicht innerhalb angemessener Frist entschieden
habe, sei ihr Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zulässig. In
der Sache bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der dem
Beigeladenen gewährten Abweichung. Der geringe Abstand der Balkone führe
zu Lärmbelästigungen der in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen
Schlafräume ihrer Mieter, die durch die angeordneten Sichtblenden nicht
vermieden werden könnten. Auch die Nutzung ihres Gartens sei beeinträchtigt.
Letztlich sei die Erteilung einer Abweichung nicht erforderlich gewesen. Der
Beigeladene könne die geplanten Balkonanlagen auch bei Einhaltung der
vorgeschriebenen Abstände verwirklichen.
Inzwischen hat der Beigeladene begonnen, anstelle der Fenster Balkontüren
einzubauen. Die Balkonanlagen sollen ab der 46. Kalenderwoche aufgestellt
werden.
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung ihres gegen die Baugenehmigung der
Antragsgegnerin vom 03.07.13 erhobenen Widerspruchs anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie hält den Antrag für unzulässig. Die Antragstellerin habe im Verfahren nach
§ 80 Abs. 4 VwGO noch eine ergänzende Stellungnahme angekündigt, die
bislang nicht erfolgt sei. Eine Entscheidung habe sie daher zurück stellen
dürfen. Zudem müsse der Beigeladene vor Baubeginn noch eine prüffähige
Statik einreichen. Dies sei bislang nicht erfolgt. Die Abweichung von den
Grenzabstandsvorschriften habe sie zu Recht erlaubt. In der geschlossenen
Bauweise dürften Balkone in einem beliebigen Abstand zur Grenze errichtet
werden, sofern ihre Breite höchstens ein Drittel der Gebäudebreite ausmache.
Lediglich in der Gesamtschau beider Balkonanlagen werde die danach
zulässige Breite geringfügig um 0,34 m überschritten. Für die Nachbarrechte
der Antragstellerin mache es aber keinen Unterschied, ob die an ihrer Grenze
geplante Balkonanlage nun 3,00 m oder wie nach der Drittelregelung zulässig
2,83 m breit sei. Theoretisch müsse die Antragstellerin sogar eine 5,66 m
breite Balkonanlage an ihrer Grenze dulden. Damit sei belegt, dass der Breite
der Balkone keine Bedeutung für den seitlichen Grenzanstand zukomme.
Der Beigeladenen stellt keinen Antrag.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und
der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist nach §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 VwGO
zulässig, weil die Antragsgegnerin über den am 08.08.13 gestellten Antrag der
Antragstellerin, die Vollziehung der angefochtenen Baugenehmigung
auszusetzen, nicht innerhalb angemessener Frist entschieden hat. Entgegen
der Auffassung der Antragsgegnerin hatte die Prozessbevollmächtigte der
Antragstellerin im Aussetzungsverfahren keine ergänzende Stellungnahme
angekündigt, sondern lediglich Akteneinsicht in ihren Kanzleiräumen beantragt
und sich eine weitere Stellungnahme vorbehalten. Nachdem ihr dies durch
Zwischennachricht der Antragsgegnerin vom 15.08.13 mit Hinweis auf das
laufende Prüfungsverfahren verweigert wurde, durfte die Antragstellerin davon
ausgehen, dass eine Entscheidung der Antragsgegnerin bevorstand. Da die
Entscheidung dann innerhalb der folgenden sieben Wochen nicht erging, hat
sich die Antragstellerin zu Recht an das Gericht gewandt.
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Im Übrigen hat der Beigeladene damit begonnen, statt der vorhandenen
Fenster Balkontüren einzubauen und die Aufstellung der Balkonanlagen für
die 46. Kalenderwoche angekündigt. Damit steht der Baubeginn unmittelbar
bevor, so dass eine Verletzung der hier aus den Grenzabstandsvorschriften
hergeleiteten Nachbarrechte droht, § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO.
Das Rechtsschutzbegehren hat in der Sache Erfolg.
Nach §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz1 VwGO kann das Gericht der
Hauptsache die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, wenn
das Interesse des Nachbarn, von der Vollziehung der angegriffenen
Baugenehmigung verschont zu bleiben, das Interesse des Bauherrn an ihrer
Ausnutzung überwiegt. Im Rahmen der vorzunehmenden
Interessenabwägung ist das Risiko des Nachbarn, die Folgen der
Verwirklichung der angegriffenen Maßnahme trotz möglichen späteren
Erfolges in der Hauptsache dulden zu müssen, mit dem Risiko des Bauherrn
abzuwägen, die Verwirklichung des Vorhabens trotz möglicher späterer
Klageabweisung aufschieben zu müssen. Bei der zwischen beiden
Folgeabschätzungen vorzunehmenden Abwägung spielt die Erfolgsaussicht
des eingelegten Rechtsbehelfs in der Regel eine entscheidende Rolle. Bei der
im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung lässt
sich hier absehen, dass der von der Antragstellerin erhobene Widerspruch
Erfolg haben wird.
Die Anfechtung einer Baugenehmigung durch einen Nachbarn kann nur dann
zum Erfolg führen, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und der Nachbar
dadurch in seinen Rechten verletzt wird. Die Zulassung des Bauvorhabens
durch die Bauaufsicht verletzt einen Nachbarn dann in seinen Rechten, wenn
sie mit Vorschriften nicht vereinbar ist, die - zumindest auch - die Funktion
haben, nachbarliche Rechte zu schützen. Das ist hier der Fall; die erteilte
Baugenehmigung verletzt die nachbarschützenden
Grenzabstandsvorschriften.
Zu Recht gehen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass die
geplanten Balkonanlagen die in § 5 NBauO vorgeschriebenen Grenzabstände
nicht einhalten.
Die Kammer geht für das vorläufige Rechtsschutzverfahren davon aus, dass
die Hauptgebäude auf den Grundstücken der Antragstellerin und des
Beigeladenen nach § 5 Abs. 5 Satz 1 BauO errichtet worden sind. Zwar
schreibt hier kein Bebauungsplan die geschlossene Bauweise i. S. d. § 5 Abs.
5 Satz 1 NBauO vor. Diese ergibt sich aber zwingend aus der nach den
vorliegenden Luftbildern und Straßenkarten vorhandenen geschlossenen
Straßenrandbebauung entlang der D. zwischen den Einmündungen der F.
und der G., § 34 Abs. 1 BauGB. Daher sind die Hauptgebäude nach
städtebaulichem Planungsrecht ohne Grenzabstände zu errichten (vgl. Breyer
in Große-Suchsdorf, NBauO, 9. Aufl. 2013, § 5 Rn 143). Die 7,45 m hohen
Balkonanlagen müssten, da sie außerhalb der in geschlossener Bauweise zu
überbauenden Fläche errichtet werden sollen, damit grundsätzlich einen
Abstand von 1/2 H sprich 3,72 m zu den seitlichen Grenzen halten, § 5 Abs. 2
Satz 1 NBauO.
Balkone können jedoch, selbst wenn sie außerhalb der in geschlossener
Bauweise zu überbauenden Fläche errichtet werden sollen, das Privileg des §
5 Abs. 7 Satz 1 NBauO in Anspruch nehmen. Dies gilt grundsätzlich auch für
selbständig aufgeständerte Balkonanlagen (so OVG Lüneburg, Bes. v.
29.12.00 - 1 M 4235/00 -, BRS 63 Nr. 143). Voraussetzung ist jedoch, dass die
Balkone nicht mehr als ein Drittel der Breite der jeweiligen Außenwand in
Anspruch nehmen. Da die Südwand am Gebäude des Beigeladenen 17,00 m
breit ist, sind in jeder Geschossebene Balkone bis zu einer Breite von 5,66 m
in einem beliebigen Abstand von der Grenze zulässig. Der Beigeladene plant
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jedoch zwei Balkonanlagen mit einer Gesamtbreite von 6,00 m und kann sich
daher nicht auf das Abstandsprivileg des § 5 Abs. 7 Satz 1 NBauO berufen.
Um die somit vorliegende Abstandsunterschreitung von jeweils etwa 3,00 m zu
beiden seitlichen Grenzen des Baugrundstücks zu legalisieren, hat die
Antragsgegnerin vor-aussichtlich zu Unrecht eine Abweichung von den
Grenzabstandsvorschriften erlaubt. Nach § 66 NBauO können Abweichungen
von den Anforderungen des Gesetzes zugelassen werden, wenn diese unter
Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung und unter
Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten Belange mit den öffentlichen
Belangen, insbesondere den Anforderungen nach § 3 Abs. 1 NBauO
vereinbar sind. Nach Auffassung der Kammer liegen hier die objektiven
Voraussetzungen für die im Ermessen der Antragsgegnerin stehende
Abweichungsentscheidung nicht vor.
Das in § 5 NBauO sehr differenziert geregelte Abstandsflächenrecht soll eine
ausreichende Belichtung und Belüftung der Gebäude sowie ein Mindestmaß
an sozialen Freiräumen gewährleisten (so Breyer in Große-Suchsdorf, a. a. O.,
§ 5 Rn 22). Gleichzeitig begrenzen Abstandsregelungen die von dem
jeweiligen Nachbarn hinzunehmende Bebauung auf ein Maß, jenseits dessen
die Bebauung für den Nachbarn unzumutbar ist und sind so auch Maßstab
dafür, was nach dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme dem
jeweiligen Nachbarn zuzumuten ist (so OVG Münster, Bes. v. 28.08.95 - 7 B
2117/95 -, Juris). Dies gilt umso mehr, als mit der Neuordnung der
Abstandsregelungen durch die am 01.11.12 in Kraft getretene Neufassung der
Nds. Bauordnung die Abstandsfläche generell halbiert und den betroffenen
Grundstückseigentümern damit bereits ein enges Zusammenrücken
zugemutet wird. Mit der Regelung der § 5 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1
NBauO hat der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt, dass ein Nachbar auch
in den Bereichen der geschlossenen Bauweise außerhalb der überbaubaren
Fläche diesen ohnehin bereits reduzierten Regelabstand von 1/2 H
mindestens aber 3,00 m beanspruchen darf. Nur ausnahmsweise soll dieser
reduzierte Regelabstand noch weiter eingeschränkt werden können. Im Wege
der Privilegierung des § 5 Abs. 7 Satz 1 NBauO wird dem Nachbarn im
Interesse des jeweiligen Bauherrn zugemutet, Balkone in der Abstandsfläche
hinzunehmen. Quasi als Ausgleich wird im Gegenzug die Duldungspflicht auf
Balkone mit einem gesetzlich genau vorgeschriebenen Maß begrenzt. Dieser
gesetzlich fein austarierte Interessenausgleich kann nicht mehr erreicht
werden, wenn im Wege von Abweichungen weitaus größere Gebäudeteile in
der eigentlich freizuhaltenden Abstandsfläche erlaubt werden, mithin die durch
§ 5 Abs. 2 Satz 1 NBauO ohnehin schon ausgeweitete Duldungspflicht des
Nachbarn im Interesse des Bauherrn noch weiter ausgedehnt wird.
Kann der Zweck der Abstandsflächenregelungen mit der zugelassenen
Abweichung somit nicht in gleicher Weise erreicht werden, darf
eine Abweichung allenfalls dann erlaubt werden, wenn gleichgewichtige
öffentliche Belange für sie streiten. Derartige Belange sind der Kammer aber
nicht ersichtlich. Die Belange des beigeladenen Bauherrn scheiden zumindest
in aller Regel schon deshalb als Gegengewicht aus, weil der Gesetzgeber in
dieser Hinsicht bereits durch die die gegenläufigen Interessen benachbarter
Grundeigentümer regelnden Abstandsvorschriften abschließende
Festlegungen getroffen hat (OVG Münster, Bes. v. 28.08.95, a. a. O.)
Anhaltspunkte dafür, dass sich die Antragstellerin hier - etwa wegen eigener
Verstöße gegen die Abstandsvorschriften - nicht auf die Einhaltung des
Grenzabstands berufen könnte, liegen ebenso wenig vor wie dafür, dass der
Beigeladene sein Bauvorhaben ohne die Abweichung gar nicht verwirklichen
könnte. Die Kammer geht vielmehr davon aus, dass es dem Beigeladenen
ohne weiteres möglich sei dürfte, die von ihm geplanten Balkonanlagen in der
Breite jeweils um wenige Zentimeter zu reduzieren und so die
Privilegierungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 7 Satz 1 NBauO zu erfüllen.
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Mit den von der Antragsgegnerin angestellten Überlegungen zu einem
möglichen rechtmäßigen Alternativverhalten des Beigeladenen, das zu
intensiveren Beeinträchtigungen der Antragstellerin führen könnte, lassen sich
die objektiven Voraussetzungen für eine Abweichung nach § 66 NBauO
ebenfalls nicht begründen. Die Antragsgegnerin hält die Abweichung für
gerechtfertigt, weil die Antragstellerin - bei alternativer Planung des
Beigeladenen - sogar eine Balkonanlage hinnehmen müsste, die - unter
Verzicht auf eine zweite Balkonanlage - unmittelbar an der Grenze zu ihrem
Grundstück eine maximale Breite von 5,66 m hätte. Im Vergleich dazu
beeinträchtige die mit der Abweichung genehmigte Balkonanlage ihre durch
die Abstandsvorschriften geschützten Belange in erheblich geringerem
Umfang. Das ist zwar tatsächlich richtig, rechtlich aber nicht überzeugend.
Denn diese Argumentation konsequent zu Ende gedacht, lägen ebenso gut
die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Abweichung für
eine weitere, an der anderen Grundstücksseite zu errichtende Balkonanlage in
einer Breite von ebenfalls 5,66 m vor. Dies hätte zur Folge, dass Bauherrn in
allen Fällen einen Anspruch auf (ermessensfehlerfreie Entscheidung über die)
Erteilung einer Abweichung für Balkonanlagen haben, die bis zu zwei Drittel
der jeweiligen Außenwand in Anspruch nehmen, weil der jeweilige Nachbar ein
Drittel ja ohnehin hinnehmen müsste. Dass dies mit dem Zweck der
gesetzlichen Wertung von § 5 Abs. 3 Nr. 2 NBauO nicht in Einklang steht, und
damit die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 Satz 1 NBauO
für die Erteilung einer Abweichung nicht gegeben sind, liegt auf der Hand.
Die Antragsgegnerin hat somit in objektiv rechtswidriger Weise eine
Abweichung von den grundsätzlich nachbarschützenden Regelungen des § 5
NBauO zugelassen und damit Nachbarrechte der Antragstellerin verletzt (zur
insoweit vergleichbaren Konstellation einer nach § 31 Abs. 2 BauGB erteilten
Befreiung von nachbarschützenden Vorschriften: BVerwG, Bes. v. 01.03.10 - 4
B 7.10, Juris). Auf die tatsächlichen Auswirkungen der zugelassenen
Abweichung kommt es genauso wenig an wie auf einen Vergleich mit den
Auswirkungen eines möglichen rechtmäßigen Alternativverhaltens.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1,162 Abs. 3 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG. Dabei
orientiert sich das Gericht am Streitwertkatalog der Bausenate des Nds. OVG
nach dem 01.01.2002 und bewertet die von der Antragstellerin geltend
gemachte Beeinträchtigung ihres Mehrfamilienhauses mit 30.000,00 €. Für das
hier vorliegende Eilverfahren ist dieser Wert zu halbieren.