Urteil des VG Hannover vom 01.07.2014

VG Hannover: grundsatz der erforderlichkeit, volumen, abfallentsorgung, öffentlich, anteil, grundstück, geschäftsführung, kostendeckungsprinzip, aufteilung, abfallbeseitigung

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Abfallgebühren
Die Erhebung einer einheitlichen Grundgebühr pro Grundstück für die
Abfallentsorgung ist zulässig. Sie darf aber nur die kalkulierten Fixkosten
der Abfallentsorgung abdecken, die unabhängig von dem Umfang der
Müllproduktion sind.
Wird die Abfallentsorgung durch einen privaten Dritten durchgeführt,
verlangt das Kostendeckungsprinzip, dass in der Gebührenkalkulation ein
an diesen zu zahlendes Entgelt eingestellt wird, das nur kalkulierte Kosten
enthält, die für die übertragene Aufgabe der Abfallentsorgung entstehen. Die
Berücksichtigung eines Gewinnzuschlages bei der Entgelthöhe verstößt
gegen das Kostendeckungsprinzip, wenn es sich bei dem Dritten um eine
GmbH des Privatrechts handelt, deren Alleingesellschafter die Kommune ist.
VG Osnabrück 1. Kammer, Urteil vom 01.07.2014, 1 A 10/12
§ 12 Abs 2 S 2 AbfG ND, § 5 Abs 4 KAG ND, § 5 Abs 3 KAG ND, Art 3 Abs 1 GG
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu Abfallgebühren für das
Kalenderjahr 2012 in Höhe von 170,98 Euro und eine Gebührenfestsetzung
für die Folgejahre.
Der Beklagte beauftragte mit dem „Entsorgungsvertrag über die Entsorgung
von Abfällen aus privaten Haushaltungen und anderen Herkunftsbereichen“
(im Folgenden als „Entsorgungsvertrag“ bezeichnet) vom 23. November 2001
die F. GmbH (im Folgenden als „G. GmbH“ bezeichnet), mit der Durchführung
seiner sämtlichen Aufgaben im Bereich der Abfallentsorgung sowie zur
Beseitigung von Abfällen aus anderen Herkunftsbereichen, soweit die
Entsorgungspflicht nicht auf die G. GmbH übertragen wurde.
Der Beklagte ist Alleingesellschafter der G. GmbH. Diese nimmt sowohl die
aufgrund des Entsorgungsvertrages übertragenen Aufgaben für den Beklagten
in Form der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung wahr, als auch Tätigkeiten
im gewerblichen Bereich. Der Beklagte stellt der G. GmbH seit Abschluss des
Arbeitnehmerüberlassungsvertrags vom 01. Oktober 2002 für beide
Tätigkeitsfelder das im Regiebetrieb beschäftigte Personal zur Verfügung.
Nach dem Entsorgungsvertrag erfolgt die Überlassung unentgeltlich, soweit
die Mitarbeiter im Rahmen der Wahrnehmung der Geschäftsführung für den
Beklagten handeln. Für den Anteil, den die Mitarbeiter im sonstigen
gewerblichen Bereich tätig werden, hat die G. GmbH dem Beklagten die
entstandenen Personalkosten zu erstatten. Der Beklagte zahlt der G. GmbH
für die Geschäftsführung ein - nach der Kalkulation der Entgelte und
Vergütungen für die von der G. GmbH erbrachten Einsammel-, Erfassungs-,
Entsorgungs- und Verwaltungsleistungen“ (im Folgenden als
„Entgeltkalkulation G. GmbH“ bezeichnet) berechnetes - Entgelt, das - neben
den sonstigen Kosten - als Kostenposition in die „Betriebswirtschaftliche
Gebührenkalkulation für die Abfallwirtschaft im Landkreis Osnabrück (im
Folgenden als „Gebührenkalkulation Landkreis Osnabrück“ bezeichnet)
eingestellt wurde. Das Entgelt beinhaltet seit dem „Ersten Änderungsvertrag
Selbstkostenfestpreise 01.01.2012 bis 31.12.2014 zum Entsorgungsvertrag
über die Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushaltungen und anderen
Herkunftsbereichen vom 31.11.2001“ (im Folgenden als „Änderungsvertrag
Selbstkostenfestpreise“ bezeichnet) vom 06. März 2012 einen
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Gewinnzuschlag in Höhe von 5 % auf die Eigenleistungen der G. GmbH
(eigene Wertschöpfungsbereiche), die etwa 30 % der Kosten ausmachen (vgl.
Ziff. 3.4 Entgeltkalkulation G. GmbH).
Gemäß § 2 der „Satzung über die Erhebung von Abfallgebühren für die
Abfallentsorgung“ (im Folgenden als „AGS“ bezeichnet) setzen sich die zu
zahlenden Gebühren für Grundstücke, die ausschließlich oder teilweise
wohnlich genutzt werden und bei denen die Entsorgung mit Müllgroßbehältern
(MGB) mit 30 – 1.100 l erfolgt, aus einer Grundstücksgrundgebühr, einer
Behälter-/Sackgrundgebühr und einer Leistungsgebühr zusammen. Die
Grundstücksgrundgebühr beträgt einheitlich für alle Grundstücke gem. § 3
Abs. 2 Satz 2 Ziff. a) AGS 67,61 Euro pro Jahr. Bei der Behälter-
/Sackgrundgebühr differenziert der Beklagte zwischen Restmüllbehältern mit
einer Größe von 30 l bis 240 l und Restmüllbehältern mit einem Volumen von
1.100 l. Für die erstgenannten Behältnisse wird einheitlich eine jährliche
Gebühr in Höhe von 16,97 Euro pro Restabfallbehältnis festgesetzt. Bei den
großen Restmüllbehältern differenziert der Beklagte weiter nach dem
Abholrhythmus. So beträgt die jährliche Grundgebühr bei einem
Restmüllbehälter mit einem Volumen von 1.100 l bei einem vierwöchentlichen
Rhythmus 207,42 Euro, bei einem zweiwöchentlichen Rhythmus 395,38 Euro
und bei einem wöchentlichen Rhythmus 771,29 Euro.
Nach der Gebührenkalkulation Landkreis Osnabrück betragen die kalkulierten
Gesamtkosten durchschnittlich pro Jahr im Kalkulationszeitraum von 2012 bis
2014 21.549.848,00 Euro. Diese setzen sich aus 13.809.714,00 Euro fixen
Kosten und 7.740.134,00 Euro variablen (mengenabhängigen) Kosten
zusammen (vgl. Anlage 1/7 zur Gebührenkalkulation Landkreis Osnabrück).
Der Beklagte nahm für alle drei Gebühren eine getrennte Kostenkalkulation
vor. Dabei wies er der Grundstücksgrundgebühr und der Behälter-
/Sackgrundgebühr lediglich die fixen Kosten zu. Nach der Gebührenkalkulation
Landkreis Osnabrück dient die grundstücksbezogene Grundgebühr einer
Abdeckung von kalkulatorisch ermittelten Fixkosten in Höhe von 6.360.528,00
Euro und die Behälter-/Sackgrundgebühr der Abdeckung von fixen Kosten in
Höhe von 2.057.841,00 Euro.
Mit Abfallgebührenbescheid vom 01. Januar 2012 forderte die G. GmbH - die
für den Beklagten die Gebührenerhebung durchführt - von dem Kläger eine
Jahresgebühr für das Kalenderjahr 2012 in Höhe von insgesamt 170,98 Euro.
Die G. GmbH berechnete eine Grundstücksgrundgebühr in Höhe von 67,61
Euro, eine Behälter-/Sackgrundgebühr für einen Restabfallbehälter in Höhe
von 16,97 Euro sowie Leistungsgebühren für die Abholung und Entsorgung
des Restabfalls bei einer Mülltonne mit 120 l Volumen in Höhe von 61,20 Euro
und des Bioabfalls bei einer Tonne mit 60 l Volumen in Höhe von 25,20 Euro.
Für die Folgejahre setzte die G. GmbH - vorbehaltlich unveränderter
Verhältnisse - eine Jahresgebühr in identischer Höhe fest.
Der Kläger hat am 24. Januar 2012 Klage erhoben.
Zur Begründung seiner Klage trägt er im Wesentlichen wie folgt vor:
Die Erhebung einer Behälter-/Sackgrundgebühr sei unzulässig, weil sie neben
die Grundstücksgrundgebühr trete und die Erhebung von zwei Grundgebühren
unzulässig sei. Die Behältergrundgebühr sei als angeblich gesonderter
Bestandteil der Grundgebühr doppelt überbürdet worden. Zudem seien
kalkulierte Kostenpositionen sowohl bei der Kalkulation der Leistungsgebühr
als auch bei der Kalkulation der Grundstücksgrundgebühr berücksichtigt
worden. Es sei auch nicht nachzuvollziehen, warum die
Grundstücksgrundgebühr um tatsächlich 126 % angehoben worden sei. Der
Gebührenmaßstab führe auch dazu, dass kein Anreiz zur Müllvermeidung bei
kleineren Haushalten gegeben werde. Er verstoße weiter gegen das
Gleichheitsgebot, weil Mehrpersonenhaushalte pro Person weniger bezahlten.
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Die Aufstellung der Kosten zur restabfallbehälteranzahlabhängigen
Grundgebühr sei nicht nachvollziehbar und eine Überprüfung unzumutbar.
Der Kläger beantragt,
den Abfallgebührenbescheid der G. GmbH vom 01. Januar 2012
aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es liege keine doppelte Inrechnungstellung von Kostenpositionen vor, weil die
Grundstücksgrundgebühr 29,5 %, die Behälter-/Sackgrundgebühr 9,5 % und
die Leistungsgebühr 61,0 % der Gesamtkosten abdecke. Die Aufteilung in
Leistungs- und Grundgebühren sei zulässig. Es sei auch nicht zu erkennen,
dass ein Nebeneinander mehrerer Grundgebühren verboten sei. Entscheidend
sei allein, dass bei den Grundgebühren nur fixe Kosten eingestellt würden,
was vorliegend erfolgt sei. Die Erhöhung der Grundgebühr hänge mit einer
durch den Kreistag des Beklagten in seiner Sitzung vom 19. Dezember 2011
verabschiedeten neuen Gebührenstruktur zusammen, bei der mit der
Grundstücksgrundgebühr ein höherer Anteil der bei der Abfallentsorgung
entstehenden invariablen Kosten abgedeckt werde. Ein Verstoß gegen § 12
Abs. 6 Satz 3, 2. Halbsatz Nds. Abfallgesetz (NAbfG), wonach im Regelfall nur
50 % des Gesamtgebührenaufkommens über Grundgebühren refinanziert
werden solle, liege nicht vor. Grundstücksgrundgebühr und Behälter-
/Sackgrundgebühr refinanzierten lediglich 39 % des
Gesamtgebührenaufkommens. Eine einheitliche Grundgebühr sei nach der
Rechtsprechung grundsätzlich zulässig, wenn mit ihr nicht mehr als 30 % der
Gesamtkosten refinanziert würden. Vorliegend würde mit der undifferenzierten
Grundstücksgrundgebühr lediglich 29,5 % der Gesamtkosten refinanziert, so
dass die Rechtsprechung eingehalten sei. Für den darüber hinausgehenden
Anteil habe der Beklagte im Rahmen der Behälter-/Sackgrundgebühr eine
entsprechende Differenzierung nach Anzahl und Behältertyp sowie
Abholrhythmus vorgenommen. Vor diesem Hintergrund sei in der Erhebung
der beiden Grundgebühren auch kein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot zu
sehen. Im Übrigen bestünden sehr wohl Anreize zur Abfallvermeidung
entsprechend der Vorgaben in § 12 Abs. 1 NAbfG. Die Kalkulation trage
zudem betriebswirtschaftlichen Grundsätzen Rechnung und sei durchaus
nachvollziehbar.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze,
wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die
beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Sie sind Gegenstand
der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
I. Die zulässige Klage hat keinen Erfolg, weil sie unbegründet ist. Der
angegriffene Abfallgebührenbescheid des Beklagten vom 01. Januar 2012 ist
rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz
1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Der Kläger ist als Eigentümer eines Grundstücks i. S. v. § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs.
2 der Abfallentsorgungssatzung Anschluss- und Benutzungspflichtiger und
damit gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 AGS dem Grunde nach gebührenpflichtig. Die
Höhe der festgesetzten Jahresgebühr für die Abfallentsorgung von 170,98
Euro ergibt sich aus §§ 2, 3 Abs. 1 und 2 AGS. Sie setzt sich aus der
Grundstücksgrundgebühr in Höhe von 67,61 Euro (§ 3 Abs. 2 Satz 2 Ziff. a)
AGS), einer Behälter-/Sackgrundgebühr in Höhe von 16,97 Euro (§ 3 Abs. 2
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Satz 2 Ziff. b) AGS), sowie einer Leistungsgebühr für die vierwöchentliche
Entsorgung von Restmüll aus einem Abfallbehälter mit 120 l Volumen in Höhe
von 61,20 Euro (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Ziff. a) AGS) und einer Leistungsgebühr für
die Abholung von Bioabfall aus einer Tonne mit 60 l Volumen (§ 3 Abs. 1 Satz
2 Ziff. d) AGS) zusammen.
Die Rechtsgrundlagen der Gebührenerhebung sind nach Auffassung der
Kammer nicht zu beanstanden. Zur Rechtswidrigkeit der Gebührenerhebung
führende Bedenken bezüglich bestehen weder hinsichtlich der festgelegten
Gebührenmaßstäbe (1.) noch bezüglich der Kalkulation der einzelnen
Gebührensätze (2.).
1. a) Die Erhebung einer einheitlichen Grundstücksgrundgebühr gem. §§ 2
Satz 1 Ziff. a), 3 Abs. 3 Satz 2 Ziff. a) AGS ist rechtlich zulässig. Sie ist
insbesondere mit dem allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1
Grundgesetz (GG) vereinbar.
Die Erhebung einer einheitlichen Grundgebühr führt zwar dazu, dass die
Erzeuger geringerer Abfallmengen pro Liter erzeugten Abfalls im Ergebnis
mehr bezahlen müssen, als die Erzeuger durchschnittlicher oder
überdurchschnittlicher Abfallmengen. Doch ist die darin liegende höhere
Belastung sachlich gerechtfertigt. Durch die Aufspaltung der Gesamtgebühr in
eine verbrauchsunabhängige Grundgebühr und (zumindest teilweise)
verbrauchsabhängige Zusatzgebühren wird gewährleistet, dass die
weitgehend gleichermaßen durch jede Benutzergruppe verursachten
Vorhaltekosten sachgerecht – orientiert an der Verursachung der Fixkosten -
verteilt werden. Durch die Grundgebühr sollen die Bezieher geringer
Leistungsmengen stärker an den invariablen Kosten (Fixkosten) der
Leistungserstellung beteiligt werden als bei einer strikt mengenbezogenen
Gebührenbemessung. Hierfür spricht der Gesichtspunkt, dass der Anteil an
der Verursachung der Vorhaltekosten nicht entsprechend der Verringerung der
tatsächlichen Abfallmenge abnimmt. Bei Beachtung dieser Umstände gebietet
eine am Gerechtigkeitsgedanken orientierte Betrachtungsweise nicht, alle
Kosten nach dem Maß der Inanspruchnahme zu verteilen und
unberücksichtigt zu lassen, dass bestimmte Kosten gleichermaßen von allen
Benutzern verursacht werden (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 20. Januar 2000 - 9 L
2396/99 -, juris, Rn. 8; BVerwG, Beschluss vom 12. August 1981 - 8 B 20.81 -
juris).
Ebenfalls nicht zu beanstanden ist es, dass der Beklagte für die Bemessung
der Grundgebühr an das angeschlossene Grundstück anknüpft. Der Maßstab
für die Grundgebühr muss - verbrauchsunabhängig - im Wesentlichen an Art
und Umfang der aus der Lieferbereitschaft folgenden abrufbaren
Arbeitsleistung ausgerichtet sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 01. August 1986 - 8
C 112.84 -, juris). Hierzu darf die Grundgebühr - bei Beachtung der
Verwaltungspraktikabilität und der besonderen örtlichen Verhältnisse - nicht in
einem offensichtlichen Missverhältnis stehen. Da Abfälle typischerweise auf
bewohnten Grundstücken und Gewerbegrundstücken anfallen und von diesen
entsorgt werden, besteht ein hinreichend enger Bezug zwischen dem
Anknüpfungskriterium Grundstück und den durch das
Abfallbeseitigungssystem vermittelten Vorteilen. Insbesondere wird dem
Umstand Rechnung getragen, dass die Bewirtschaftung eines Grundstücks
erfahrungsgemäß zu einem Mehranfall von Müll führt und es daher in
besonderem Maße erforderlich macht, ein betriebsbereites
Abfallbeseitigungssystem vorzuhalten (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 20. Januar
2000, a.a.O.).
Der Beklagte war auch nicht aufgrund des Gleichheitssatzes verpflichtet, für
die Grundgebühr einen genaueren Maßstab als denjenigen des Grundstücks
zu wählen, also z.B. zusätzlich nach der Anzahl der sich auf dem Grundstück
aufhaltenden Personen zu differenzieren. Zwar führt die Erhebung einer gleich
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hohen Grundgebühr für alle angeschlossenen Grundstücke zu einer
Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte. Denn die Gebühr ist unabhängig
von dem Umstand, ob auf dem Grundstück eine Person oder mehrere
Personen leben, obwohl im letzteren Fall das Abfallbeseitigungssystem
typischerweise stärker in Anspruch genommen wird. Diese Gleichbehandlung
aller Grundstücke durch die Erhebung einer pauschalen Grundgebühr ist indes
gleichwohl grundsätzlich rechtlich nicht zu beanstanden. Denn die
Vorhaltekosten für die Abfallentsorgung sind unabhängig von der jeweils zu
entsorgenden Menge an Abfall zu einem ganz wesentlichen Teil durch
invariable Kosten für das Vorhalten des Abfallbeseitigungssystems bedingt. So
hat der Beklagte bei seiner Gebührenkalkulation für die Kalenderjahre 2012 bis
2014 (siehe letzte Zeile der Anlage 1/7 zur Gebührenkalkulation Landkreis
Osnabrück) Fixkosten in einer Gesamthöhe von 13.809.714,00 Euro ermittelt.
Alle diese Kostenpositionen sind indes zu einem erheblichen Teil unabhängig
von dem konkret auf dem Grundstück angefallenen Müll dadurch bedingt,
dass das einzelne Grundstück mit dem Müllwagen angefahren wird und die
Abfallbehälter entleert werden müssen. Bezogen auf die Fixkosten ist es daher
relativ unerheblich, welches Volumen die auf den angeschlossenen
Grundstücken bereitgehaltenen Abfallbehälter haben. Erst wenn die
Vorhaltekosten (Fixkosten) deshalb steigen, weil das verstärkte Aufkommen
von Abfall größere Vorhalteleistungen erfordert, so dass mehr Fahrzeuge
eingesetzt und mehr Beschäftigte angestellt werden müssen, kann die
sachliche Rechtfertigung dafür, auch die Erzeuger von wenig Abfall
gleichermaßen über die Grundgebühr zu den Vorhaltekosten heranzuziehen,
in Zweifel gezogen werden, weil die Vorhaltekosten dann nur bestimmten
Gruppen zuzuordnen sind. Dieser Grenzbereich ist regelmäßig nicht
überschritten, wenn über die Grundgebühr nicht mehr als 30 % der
Gesamtkosten der Abfallbeseitigung abgedeckt werden (vgl. Nds. OVG, Urteil
vom 27. Juni 2011 - 9 LB 168/09 -, juris; Urteil vom 20. Januar 2000, a.a.O.;
Urteil vom 24. Juni 1998 - 9 L 2722/96 -, juris). Diese Grenze hat der Beklagte
bei der Erhebung der Grundstücksgrundgebühr für die Kalenderjahre 2012 bis
2014 nach der „abfallpolitischen Verrechnung I“ (vgl. Anl. 4/3 des Berichts der
ECONUM-Anlage zur Vorlage Umwelt 9/2011) eingehalten. Denn von den
kalkulierten Gesamtkosten der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung in Höhe
von 21.549.848,00 Euro (siehe letzte Zeile der Anlage 1/7 zur
Gebührenkalkulation Landkreis Osnabrück) hat er lediglich 6.360.140,31 Euro
der insgesamt 13.809.714,00 Euro Fixkosten (siehe erste Zeile der Ziff. 4 der
Gebührenkalkulation Landkreis Osnabrück) über die Grundstücksgrundgebühr
abgedeckt. Dieser Betrag macht lediglich einen Anteil von etwa 29,51 % an
den kalkulierten Gesamtkosten der Abfallbeseitigung aus und liegt unter dem
Anteil der Fixkosten (vgl. zum Erfordernis der Erfassung ausschließlich
invariabler Kosten Rosenzweig/Freese, NKAG, Kommentar,
Loseblattsammlung mit Stand Dezember 2013, § 5 Rn. 158, 346).
b) In Bezug auf die Erhebung der Behälter-/Sackgrundgebühr gem. §§ 2 Satz
1 Ziff. b), 3 Abs. 2 Satz 2 Ziff. b) bis e) AGS bestehen ebenfalls keine
Bedenken.
Insbesondere verstößt deren zusätzliche Erhebung nicht gegen den
allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG. Zwar
decken beide Gebühren zusammen etwa 39,06 % der kalkulierten
Gesamtkosten in Höhe von 21.549,848,00 Euro ab - weil sie nach der
Kalkulation zu Gebühreneinnahmen in Höhe von insgesamt 8.418.396,00
Euro führen - und übersteigen somit die Grenze der vorgenannten
Rechtsprechung des Nds. OVG (Urteil vom 27. Juni 2011, a.a.O., Rn. 29) von
30 % der Gesamtkosten, bis zu der regelmäßig davon auszugehen ist, dass
alle Nutzer der öffentlichen Einrichtung gleichmäßig von den Vorhaltekosten
profitieren. Diese Rechtsprechung betrifft jedoch allein die Abdeckung von
Kosten durch eine einheitliche Grundgebühr. Dies trifft aber nur auf die
Grundstücksgrundgebühr zu, nicht hingegen auf die Behälter-
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/Sackgrundgebühr. Bei Letzterer wird hinsichtlich der Gebührenhöhe nach der
Anzahl der Behälter, der Behältergröße sowie dem Abholrhythmus
differenziert. Die Gebühr enthält somit gewisse leistungsbezogene Elemente
und berücksichtigt dadurch gerade, dass bestimmte Gruppen von Nutzern
stärker von Vorhalte- und Bereitstellungskosten profitieren und die dadurch
entstehenden Mehrkosten ihnen zugerechnet werden können (vgl. Nds. OVG,
Urteil vom 26. März 2003 - 9 KN 439/02 -, juris, Rn. 24).
Dabei verteilt der Beklagte die Mehrkosten anhand sachgerechter Kriterien
verursachungsgerecht auf die Nutzer. Die vorgenommene Differenzierung
bezüglich der Höhe der Behälter-/Sackgrundgebühr nach der Anzahl der
Behälter und deren Größe (Behälter mit 30 l bis 240 l Volumen einerseits und
mit 1.100 l Volumen andererseits) sowie dem Abholrhythmus sind sachlich
gerechtfertigt. Erforderlich sind sachliche, am Wert der Vorhalteleistung und
Betriebsbereitschaft orientierte Gesichtspunkte für die vorgenommene
Unterscheidung. Vorliegend kommt es also auf Dreierlei an. Es bedarf einer
sachlichen Rechtfertigung, dass die Höhe der Grundgebühr von der Anzahl
der Behälter abhängig gemacht wird, für Restmüllbehälter mit einem Volumen
von 30 l bis 240 l und für solche mit einem Volumen von 1.100 l
unterschiedliche Gebührenhöhen vorgesehen werden, sowie nur bei den
Abfallbehältern mit einem Volumen von 1.100 l in Bezug auf die
Gebührenhöhe weiter nach dem Abholrhythmus differenziert wird.
Diesen Anforderungen wird die differenzierte Erhebung der Behälter-
/Sackgrundgebühr gerecht. Die Differenzierung nach der Anzahl der
Abfallbehälter ist nicht zu beanstanden, da die Vorhalteleistung für jeden
Behälter anfällt. Eine Differenzierung nach dem Volumen und dem
Abholrhythmus entspricht den in den unterschiedlichen Bereichen anfallenden
fixen Kosten. Dies wird bei Betrachtung der Gebührenkalkulation Landkreis
Osnabrück deutlich. So werden in die Behälter-/Sackgrundgebühr - nach der
Erläuterung auf Seite 8 und der Auflistung auf Seite 13 der
Gebührenkalkulation Landkreis Osnabrück - ausschließlich solche Kosten
einberechnet, die tatsächlich von der Restabfallbehälteranzahl und -größe
abhängig sind. Dementsprechend hat der Beklagte in der Anlage 1/9 zur
Gebührenkalkulation Landkreis Osnabrück die Gesamtkosten jeweils für die
(zweirädrige) Behälter mit einer Größe von 30 l bis 240 l einerseits und die für
(vierrädrige) Behälter mit einer Größe von 1.100 l berechnet, indem er die
anteiligen Kosten der Einsammlung und der Behältergestellung als
Kostenposition eingestellt hat. Dabei betragen die kalkulierten
vierradbehälterabhängigen Kosten der Einsammlung des Restmülls
314.456,00 Euro und der Gestellung der Restmüllbehälter 16.753,00 Euro, bei
den zweiradbehälterabhängigen Kosten sind es 1.579.268,00 Euro bzw.
147.363,00 Euro. In den Anlagen 3/3 bis 3/5 zur Gebührenkalkulation
Landkreis Osnabrück erfolgt eine weitere Differenzierung bei den Behältern mit
einer Größe von 1.100 l durch eine Kostenzuordnung nach dem jeweiligen
Abholrhythmus. Bedenken im Hinblick auf die Nachvollziehbarkeit der
Kostenaufstellung in diesen Anlagen hat die Kammer nicht. In der Anlage 4/2
wird sodann eine Kalkulation der einzelnen Gebührenhöhen durch Teilung der
jeweiligen Gesamtkosten durch die jeweilige Anzahl der Behältnisse erreicht.
Änderungen der Gebührenhöhe im Rahmen der abfallpolitischen
Verrechnungen sind ausweislich der Anlagen 4/3 bis 4/5 nicht vorgenommen
worden.
§ 12 Abs. 6 Satz 3, 2. Hs. NAbfG - wonach der Anteil der Grundgebühren in
begründeten Fällen 50 vom Hundert des gesamten Gebührenaufkommens
übersteigen kann - steht der Erhebung der Grundstücksgrundgebühr und der
Behälter-/Sackgrundgebühr ebenfalls nicht entgegen, weil sie zusammen
lediglich 39,06 % der kalkulierten Gesamtkosten decken. Auf die rechtliche
Einordnung der Behälter-/Sackgrundgebühr als Grundgebühr i. S. d. Vorschrift
kommt es daher insoweit schon gar nicht an.
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Im Übrigen übersteigt auch die Summe der kalkulierten Einnahmen durch die
Erhebung der Grundstücksgrundgebühr und der Behälter-/Sackgrundgebühr
in Höhe von 8.418.369,00 Euro nicht die kalkulierten fixen Kosten der
Abfallentsorgung in Höhe von 13.809.714,00 Euro.
Die gleichzeitige Erhebung zweier Grundgebühren - für den Fall, dass die
Behälter-/Sackgrundgebühr eine solche überhaupt darstellen sollte - begegnet
keinen rechtlichen Bedenken. Die Erhebung mehrerer Grundgebühren ist
gesetzlich nicht ausgeschlossen, entscheidend ist allein, ob die
Grundgebühren ausschließlich die invariablen Kosten abdecken und dem
allgemeinen Gleichheitssatz genügen. So spricht § 5 Abs. 4
Niedersächsisches Kommunalabgabengesetz (NKAG) zwar von der Erhebung
„einer Grundgebühr“ neben einer nach Art und Umfang der Nutzung zu
bemessenden Gebühr nach § 5 Abs. 3 NKAG. Die Verwendung des
unbestimmten Artikels „einer“ ist jedoch nicht anzahlbezogen zu verstehen.
Der Gesetzgeber macht mit dieser Regelung lediglich deutlich, dass neben
einer von der tatsächlichen bzw. wahrscheinlichen Inanspruchnahme
abhängigen Leistungsgebühr i. S. V. § 5 Abs. 3 NKAG auch eine davon
unabhängige Grundgebühr erhoben werden kann. Auch § 12 Abs. 6 Satz 3
NAbfG spricht von der Erhebung von „Grundgebühren“. Gegen das Verbot der
Erhebung zweier Grundgebühren spricht zudem der Umstand, dass eine
Grundgebühr auch mehrere Komponenten enthalten kann
(Rosenzweig/Freese, a.a.O., § 5 Rn. 350) und sich im vorliegenden Fall die
Grundgebühr aus einer an das Grundstück anknüpfenden Komponente und
einer auf Behältergröße, -anzahl und Abholrhythmus abstellende Komponente
zusammensetzen könnte.
c) Die Gebührenmaßstäbe verstoßen auch nicht gegen die in § 12 Abs. 2 Satz
2 NAbfG enthaltene Vorgabe, wonach die Gebühren so gestaltet werden
sollen, dass die Vermeidung und Verwertung von Abfällen gefördert wird. Die
Art der Gebührenerhebung schafft sehr wohl Anreize zur Vermeidung und
Verwertung von Abfällen. Die Finanzierung der Abfallbeseitigung erfolgt zu
etwa 61 % über Leistungsgebühren. Auch der Kläger kann durch die Wahl
eines möglichst kleinen Abfallbehältnisses und möglichst großen
Abholrhythmusses Einfluss auf die Gebührenhöhe nehmen.
2. Es sind auch keine zur Unwirksamkeit der Satzung führenden Fehler bei der
Gebührenkalkulation erkennbar.
a) Nach Ziff. 2 der Gebührenkalkulation Landkreis Osnabrück setzt sich der
Abfallhaushalt aus „Unternehmerentgelten für Dienstleistungen“ (überwiegend
G. GmbH) und „sonstigen Kosten“ zusammen. Für die Ermittlung der von dem
Beklagten an die G. GmbH zu zahlenden Entgelte besteht eine eigene
Entgeltkalkulation, die Entgeltkalkulation G. GmbH.
Weder der Ansatz der „sonstigen Kosten“ (aa)), noch der
„Unternehmerentgelte für Dienstleistungen“ (bb)) enthalten zur Unwirksamkeit
der Satzung führende Kalkulationsfehler.
Für die Bemessung des Gebührenbedarfs gilt das Kostendeckungsprinzip,
wonach das Gebührenaufkommen in der Regel nur die voraussichtlichen
Kosten der Einrichtung im Kalkulationszeitraum decken, diese aber nicht
übersteigen soll (Rosenzweig/Freese, a.a.O., § 5 Rn. 50). Dies setzt eine
ordnungsgemäße Kalkulation der voraussichtlichen Kosten nach
betriebswirtschaftlichen Grundsätzen voraus. Dabei dürfen nur Kosten
Berücksichtigung finden, die für den ordnungsgemäßen Betrieb der öffentlich-
rechtlichen Einrichtung erforderlich sind. Der Grundsatz der Erforderlichkeit
begrenzt nach allgemeinen gebührenrechtlichen Grundsätzen den Umfang der
als gebührenfähig anzusehenden Kosten. Er beruht auf der Überlegung, dass
eine sparsame und wirtschaftliche Haushaltsführung besonders dort geboten
ist, wo das kommunale Handeln Gebührenpflichten auslöst und deshalb dazu
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führt, dass Dritte die Kosten letztlich zu übernehmen haben. Aufwendungen
dürfen daher nur insoweit in die Gebührenkalkulation eingestellt werden, als
sie notwendig und im Blick auf eine sachgerechte Aufgabenerfüllung
unvermeidbar sind (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 20. Januar 2000 - 9 K 2148/99 -,
juris). Kosten sind dann nicht mehr erforderlich, wenn sie in einer für die
Kommune erkennbaren Weise eine grob unangemessene Höhe erreicht
haben, also sachlich schlechthin unvertretbar sind (vgl. BVerwG, Beschluss
vom 30. April 1997 - 8 B 105/97 -, juris).
aa) Bei dem Ansatz der „sonstigen Kosten“ liegt eine verursachungsgerechte
Trennung der entstandenen Personal- und Sachkosten vor. Der Beklagte hat
den Anteil der für die Abfallwirtschaft anfallenden Kosten richtig angesetzt,
indem er nur die Kosten berücksichtigt hat, die auch für diesen Bereich
angefallen sind. Dies wird insbesondere bei der Einstellung von
Personalkosten deutlich. Dabei hat er beachtet, dass das eigene Personal
nicht nur im Bereich der Abfallwirtschaft eingesetzt wird, sondern auch für die
Bewältigung anderer Aufgaben des Beklagten und dass das der G. GmbH
überlassene Personal neben der Geschäftsführung für den Beklagten auch
Aufgaben im Rahmen der anderen (gewerblichen) Aufträge der G. GmbH
wahrnimmt. Bei der dadurch erforderlichen Aufteilung und Zuordnung der
Kostenanteile auf die einzelnen Bereiche sind Fehler nicht substantiiert geltend
gemacht worden und auch nicht ersichtlich. So wird in einer differenzierten
Darstellung der in Anlage 1/3 zur Gebührenkalkulation Landkreis Osnabrück
aufgelisteten Positionen für Dienstleistungen Querschnittsfunktion des
Landkreises bei den Personal- und Sachkosten der Grundbetrag aufgeführt
und anschließend - bei den Personalkosten - unter Berücksichtigung des
Anteils an der Gesamtarbeitszeit die auf den Bereich Abfallwirtschaft
anfallenden Kosten dargestellt. Damit nimmt der Beklagte die erforderliche
Aufteilung der Kosten zwischen der Abfallwirtschaft und seinen anderen
Aufgabenbereichen vor. Die in Anlage 1/4a zur Gebührenkalkulation Landkreis
Osnabrück aufgeführten Personalkosten für Mitarbeiter aus dem Regiebetrieb -
die nach dem unbestrittenen Vortrag nicht bereits Teil der Anlage 1/3 zur
Gebührenkalkulation Landkreis Osnabrück sind - enthalten ebenfalls nur die
Personalkostenanteile entsprechend des Anteils der Einsatzzeiten für die
Geschäftsführung für den Beklagten, nicht hingegen für den Einsatz im
(sonstigen) gewerblichen Bereich der G. GmbH. Damit wird auch hier
verursachungsgerecht eine Aufteilung der Kosten zwischen der
Geschäftsführung der G. GmbH für die Abfallwirtschaft des Beklagten und der
sonstigen gewerblichen Tätigkeit der G. GmbH vorgenommen. Die Einstellung
dieser Personalkosten als eigene Kosten und nicht als Teil des an die G.
GmbH zu zahlenden Entgeltes steht im Einklang mit dem Entsorgungsvertrag
zwischen dem Beklagten und der G. GmbH. Nach dessen § 6 Abs. 1 stellt der
Beklagte das im Regiebetrieb Abfallwirtschaft beschäftige Personal der G.
GmbH für die Betriebsführung bezüglich der übertragenen Aufgaben
unentgeltlich zur Verfügung. Die (nach dem Anteil der Arbeitszeit zu
berechnenden) anteiligen Personalkosten, die auf den sonstigen gewerblichen
Bereich fallen, hat die G. GmbH, gem. § 15 Abs. 1 dieses
Entsorgungsvertrages zu erstatten (vgl. auch §§ 1, 4
Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen dem Beklagten und der G. GmbH
vom 01. Oktober 2002). Die Personalkosten werden auch nicht bei der
Berechnung der Höhe des Entgeltes erneut berücksichtigt (vgl.
Entgeltkalkulation G. GmbH; Personalübersicht mit Zuordnung zu
Kostenstellen enthält keine Namen von Beschäftigen, die der Beklagte an die
G. GmbH „verliehen“ hat, so dass es sich ausschließlich um Angestellte der G.
GmbH handelt). Für die Sachkosten wird in den §§ 6 Abs. 3 und 15 Abs. 3 des
Entsorgungsvertrages eine entsprechende sachgerechte Aufteilung der
entstehenden Kosten vorgenommen. Auch der Ansatz der sonstigen in Anlage
1/4a zur Gebührenkalkulation Landkreis Osnabrück unter die „sonstigen
Kosten“ fallenden Positionen - Abschreibungen für die selbst angeschafften
Zweiradrestabfallbehälter (zzgl. Zinsen) - begegnet keinen Bedenken.
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bb) Zur Unwirksamkeit führende Kalkulationsfehler beim Ansatz der Entgelte
für die G. GmbH liegen nicht vor. Bei der Ermittlung der Selbstkosten der G.
GmbH erfolgte eine ordnungsgemäße Trennung zwischen der öffentlich-
rechtlichen Aufgabenwahrnehmung für den Beklagten und dem gewerblichem
Bereich (1). Der Ansatz des Gewinnzuschlags in Höhe von 5 % auf die
Eigenleistungen der G. GmbH gem. § 6 Nr. 2 Änderungsvertrag
Selbstkostenfestpreise ist zwar fehlerhaft, aber im Ergebnis unbeachtlich (2).
(1) Das von der Beklagten an die G. GmbH zu zahlende
Betriebsführungsentgelt ist als Fremdleistung gem. § 5 Abs. 2 Satz 4 NKAG -
wonach auch Entgelte für in Anspruch genommene Fremdleistungen zu den
Kosten gehören - gebührenfähig. Dabei kann Dritter im Sinne dieser Norm
auch eine von der Kommune beherrschte Gesellschaft sein, wie hier die G.
GmbH (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 17. Juli 2012 - 9 LB 187/09 -, juris, Rn. 45).
Entgelte für Fremdleistungen können im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 4 NKAG in
die Gebührenkalkulation eingestellt werden, wenn eine rechtliche
Zahlungsverpflichtung der gebührenerhebenden Kommune gegenüber dem
die Fremdleistung erbringenden Dritten besteht und sich dessen Entgelt in
dem vom kostenbezogenen Erforderlichkeitsprinzip vorausgesetzten Rahmen
bewegt (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 17. Juli 2012, a.a.O.). Eine rechtliche
Zahlungsverpflichtung der Beklagten gegenüber der G. GmbH besteht
aufgrund des vorgelegten Entsorgungsvertrages vom 06. März 2012, der
rückwirkend zum 01. Januar 2012 in Kraft getreten ist. Hat keine
Ausschreibung der Leistung - wie hier - stattgefunden, ist die Angemessenheit
des Entgeltes für die Fremdleistung anhand des Preisrechts zu beurteilen. Bei
Einhaltung dieser Vorschriften scheidet ein Verstoß gegen den Grundsatz der
Erforderlichkeit der Kosten aus. Als geforderter Nachweis für die
Erforderlichkeit der in Ansatz gebrachten Betriebsführungskosten dient
insbesondere die Preisermittlung unter Beachtung des Preisprüfungsrechts
entsprechend der Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen
Aufträgen (in der hier einschlägigen Änderungsfassung durch Art. 289 Abs. 5
vom 25. November 2003, BGBl I S. 2304) in Verbindung mit den Leitsätzen für
die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten (LSP) als Anlage zur
Verordnung PR Nr. 30/53. Werden die für die Betriebsführung vereinbarten
Preise auf der Grundlage des Preisprüfungsrechts berechnet, sind sie in der
Gebührenkalkulation regelmäßig als angemessen und erforderlich zu
akzeptieren (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 22. Juni 2009 - 9 LC 409/06 -, juris,
vom 22. Januar 1999 - 9 L 1803/99 -, juris und vom 24. Juni 1998 - 9 L
2504/96 -, juris). Gem. § 5 der Verordnung PR Nr. 30/53 muss bei
Selbstkostenpreisen auf die angemessenen Kosten des Auftragnehmers
abgestellt werden. Nach Nr. 5 Abs. 3 LSP besteht der Selbstkostenpreis aus
der Summe der der Leistung zuzurechnenden Kosten. Kosten, die nicht für die
Leistung entstanden sind, dürfen nicht mit einberechnet werden. Dies macht
eine verursachungsgerechte Kostenverteilung erforderlich, wenn bestimmte
Sach- oder Personalmittel für mehrere Aufgaben verwendet werden.
Unter Berücksichtigung dieser Anforderungen bestehen keine Bedenken
gegen die grundsätzliche Gebührenfähigkeit der Betriebsführungskosten der
G. GmbH. Insbesondere lässt die Entgeltkalkulation eine Grundstruktur
erkennen, die die erforderliche Trennung zwischen den Kosten, die für den
gewerblichen Bereich der G. GmbH angefallen sind, und denen, die für die
Geschäftsführung für den Beklagten aufgrund des Entsorgungsvertrages
angefallen sind, gewährleisten kann. So erfolgte bei der Ermittlung der
Nettoselbstkosten die Bildung von Kostenträgern (Übersicht in Ziff. 10.3 der
Entgeltkalkulation G. GmbH), denen bestimmte Kostenstellen (Übersicht in Ziff.
10.2 der Entgeltkalkulation G. GmbH) zugeordnet wurden. Dabei hat der
Beklagten unter der Kostenträgernummer 5000 einen gewerblichen
Sammelkostenträger geschaffen, um die Kosten des gewerblichen Bereichs
von denen des öffentlich-rechtlichen Bereichs - zu denen alle übrigen
Kostenträger gehören - abzugrenzen. Im Gesamtergebnis verteilen sich die
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ermittelten Kosten in Höhe von insgesamt 21.146.554,00 Euro auf den
gewerblichen Bereich mit einem Kostenanteil in Höhe von 2.190.495,00 Euro
und den öffentlich-rechtlichen Bereich mit einem Kostenanteil in Höhe von
18.956.059,00 Euro. Den einzelnen Kostenstellen werden wiederum (ggf.
anteilig) bestimmte Kostenarten (Übersicht in Ziff. 10.1 der Entgeltkalkulation
G. GmbH) zugerechnet (vgl. Ziff. 5.1 bis 5.4 der Entgeltkalkulation G. GmbH).
Innerhalb der Kostenstellen erfolgt eine Verrechnung von Kosten
entsprechend ihrer Leistung für eine andere Kostenstelle (leistende
Kostenstelle gibt Kosten entsprechend der Höhe ihrer Leistung ab, bei der die
Leistung erhaltenen Kostenstelle werden die Kosten in dieser Höhe
zugerechnet - i. E. also gebührenneutrale Verrechnung). Grundlage für die
Ermittlung der Höhe der einzelnen Kostenarten sind Mengengerüste (vgl. Ziff.
9 der Gebührenkalkulation Landkreis Osnabrück), bei denen zwischen
gewerblichem und öffentlich-rechtlichem Bereich unterteilt wird. Diese
mehrstufige Vorgehensweise führt zu einer verursachungsgerechten
Kostenverteilung zwischen dem gewerblichen Bereich der G. GmbH und dem
der Leistungserbringung für den Beklagten. Die Unterscheidung bei den
Mengengerüsten zwischen gewerblichem Bereich und öffentlich-rechtlichem
Bereich ermöglicht bei den einzelnen Kostenarten und -stellen eine nach dem
Grad der Mitbenutzung verursachungsgerechte Verteilung der jeweils
entstehenden Kosten zwischen beiden Bereichen. Die gewerblichen
Kostenanteile werden dem Kostenträger mit der Nr. 5000 (gewerblicher
Sammelkostenträger) zugerechnet und sind damit nicht Teil der für die
Kalkulation des Entgelts und damit der Gebühren angesetzten Kosten der
Abfallbeseitigung. So können die Kosten der „Firmen-Box“ beim VfL
Osnabrück als Kosten der gewerblichen Öffentlichkeitsarbeit als Primärkosten
der Kostenstelle 175 ausgewiesen werden, die gänzlich dem Kostenträger mit
der Nr. 5000 zugerechnet wird und damit nicht Teil der für die Höhe der
Entgelte zugrunde gelegten Kosten wird. Einer weiteren Kostenstelle mit der
Nr. 290 (Verwaltung gewerblich), die vollständig dem Kostenträger mit der Nr.
5000 und damit dem gewerblichen Bereich zugeordnet wird, werden
verursachungsgerecht verschiedene Kostenarten teilweise gänzlich
(Inkassokosten, Ausgleichsabgabe SchwbG, Spenden) und teilweise anteilig
(z. B. vermögenswirksame Leistungen, Gesetze, Bücher, Zeitschriften, EDV-
Dienstleistungen) zugerechnet. Bei den Personalkosten - für die bei der G.
GmbH angestellten Personen - erfolgt nach der Personalübersicht der G.
GmbH eine Zuordnung zu den einzelnen Kostenstellen. Überdies ist dort der
Schlüssel für die Verrechnung auf den öffentlich-rechtlichen und den
gewerblichen Leistungsbereich genannt (Zuschlagssatz, Arbeitszeitanteile
nach Stunden, Anzahl der Aufträge bzw. Verrechnung über mehrere
Verrechnungsschlüssel in verschiedenen Stufen).
(2) Der Ansatz des gem. § 6 Nr. 2 Änderungsvertrag Selbstkostenfestpreise
vereinbarten Gewinnzuschlags für das allgemeine Unternehmerwagnis in
Höhe von 5 Prozent auf die Eigenleistung (eigene Wertschöpfungsbereiche
der G. GmbH) verstößt zwar gegen das Kostendeckungsprinzip. Der Verstoß
ist aber unbeachtlich und führt nicht zur Unwirksamkeit der Gebührensätze.
Grundsätzlich ist bei Selbstkostenerstattungspreisen ein Wagniszuschlag in
Höhe von 1 % angemessen, während bei der Vereinbarung eines
Selbstkostenfestpreises ein Wagniszuschlag in Höhe von 3 % wegen des im
Vergleich zu einem Erstattungspreis höheren Wagnisses angemessen sein
kann (vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. Juni 2008 - 9 A 373/06 -, juris; Nds. OVG,
Urteil vom 17. Juli 2012, a.a.O., Rn. 51). Dem liegt zugrunde, dass in dem
allgemeinen Unternehmerwagnis gemäß Nr. 47 Abs. 2 LSP die Wagnisse
zusammengefasst werden, die das Unternehmen als Ganzes gefährden, die in
seiner Eigenart, in den besonderen Bedingungen des Wirtschaftszweiges oder
in wirtschaftlicher Tätigkeit schlechthin begründet sind und die nach Nrn. 48
Abs. 1, 51 Buchstabe a LSP im kalkulatorischen Gewinn abgegolten werden.
Der Ansatz für diese Position soll auf lange Sicht die Existenz des
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Unternehmens gegen die Gefahren und Risiken sichern, die mit der
unternehmerischen Tätigkeit verbunden sind. Aus dem allgemeinen
Unternehmerwagnis müssen im Übrigen die Aufwendungen gedeckt werden,
die nach den LSP nicht zu den Kosten gehören. Zum allgemeinen
Unternehmerwagnis gehören z.B. Wagnisse, die aus der
gesamtwirtschaftlichen Entwicklung entstehen, etwa Konjunkturrückgänge,
plötzliche Nachfrageverschiebungen, Geldentwertungen, technische
Fortschritte. Bei der Betriebsführung durch eine kommunale
Eigengesellschaften ist ein Gewinnzuschlag für das allgemeine
unternehmerische Wagnis - ohne Abzug des daraus entstandenen
Gewinnzuwachses bei der Eigengesellschaft - hingegen nicht mit dem
Erforderlichkeits- und Kostendeckungsprinzip vereinbar (noch offen gelassen
in dem Urteil des Nds. OVG vom 17. Juli 2012, a.a.O, Rn. 54). Die Erzielung
von Gewinnen bei gebührenfinanzierten Einrichtungen, wie einer öffentlichen
Einrichtung zur Abfallbeseitigung, bei der gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 NKAG das
Gebührenaufkommen die Kosten der jeweiligen Einrichtung decken, aber nicht
übersteigen soll, ist grundsätzlich unzulässig. Ein kalkulatorischer
Gewinnzuschlag für ein allgemeines Unternehmerwagnis scheidet daher von
vornherein aus, wenn die Kommune die gebührenfinanzierte öffentliche
Einrichtung selbst, ggf. durch einen kommunalen Eigenbetrieb führt (vgl.
Schulte/Wiesemann in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, § 6
Rn. 83). Das Verbot einer Gewinnerzielung für gebührenfinanzierte, nicht
wirtschaftlich betriebene öffentliche Einrichtungen darf jedoch nicht dadurch
unterlaufen werden, dass sich der kommunale Einrichtungsträger zur
Betriebsführung eines privaten Unternehmens bedient, dessen alleiniger
Anteilseigner bzw. Gesellschafter er selbst ist (Eigengesellschaft) und für
dessen Betriebsführung ein Gewinnzuschlag berechnet wird, der letztlich im
Wesentlichen über die Gebührenerhebung dem kommunalen
Einrichtungsträger oder der Eigengesellschaft zufließt. Unter Berücksichtigung
dieser Erwägungen, ist der Ansatz des in § 6 Nr. 2 Änderungsvertrag
Selbstkostenfestpreise genannten Gewinnzuschlags in Höhe von 5 Prozent
auf die Eigenleistungen unzulässig, da es sich bei der G. GmbH um eine
Eigengesellschaft des Beklagten handelt.
Der Verstoß führt jedoch nicht zur Rechtswidrigkeit der Gebührenerhebung.
Liegt der Beschlussfassung über Abgabensätze eine Berechnung der
voraussichtlichen Kosten zugrunde, mit der bezüglich einzelner
Kostenbestandteile versehentlich gegen Rechtsvorschriften verstoßen wird, so
ist dieser Mangel gem. § 2 Abs. 1 Satz 3, 1. Halbsatz NKAG unbeachtlich,
wenn dadurch die Grenze einer rechtmäßigen Kostenvorausberechnung um
nicht mehr als 5 vom Hundert überschritten wird. Diese Voraussetzungen
liegen hier vor. Gem. § 6 Änderungsvertrag Selbstkostenfestpreise beträgt der
Gewinnzuschlag 5 Prozent auf die Eigenleistungen der G. GmbH, die nach
dem unbestrittenen Vortrag 30 Prozent der Kosten der Geschäftsführung im
Bereich der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung ausmachen (vgl. Ziff. 3.4
Entgeltkalkulation G. GmbH). Damit überschreitet die Aufnahme des
Gewinnzuschlags in die Entgelt- und die Gebührenkalkulation nicht die
gesetzlich festgesetzte Erheblichkeitsschwelle. Die Berechnung des
Gewinnzuschlages führt zu einer Erhöhung des - an die G. GmbH zu
zahlenden - Entgeltes um etwa 1,5 % und um eine darunter liegende
Erhöhung der Kosten bei der Gebührenkalkulation. Es ist weder vom Kläger
vorgetragen, noch ergeben sich Anhaltspunkte, dass der Beklagte mit der
Erhebung des Gewinnzuschlags vorsätzlich gegen das
Kostendeckungsprinzip verstoßen hat. Der Beklagte muss daraus folgende
Kostenüberdeckungen jedoch gem. § 2 Abs. 1 Satz 3, 2. Halbsatz NKAG in
der nächsten Gebührenkalkulation ausgleichen. Ein versehentlicher Verstoß
dürfte insoweit zukünftig ebenfalls ausscheiden.
b) Die von dem Kläger pauschal behauptete, aber nicht näher dargelegte
doppelte Berücksichtigung einer Kostenposition bei der Gebührenkalkulation
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mehrerer Gebühren ist nicht erkennbar. In Ziff. 3.3 der Gebührenkalkulation
Landkreis Osnabrück i. V. m. Anlagen 2/1 bis 2/13 werden lediglich
Gebührensatzobergrenzen für die Leistungsgebühren ermittelt, bei denen alle
Kostenpositionen berücksichtigt werden. Grundgebührenkomponenten bleiben
hier außer Betracht (vgl. Ziff. 3.1 Gebührenkalkulation Landkreis Osnabrück).
Bei der endgültigen Festlegung der Gebühren erfolgt keine doppelte Erfassung
von einzelnen Kostenpositionen.
c) Die Erhöhung der Grundstücksgrundgebühr hält sich im rechtlichen
Rahmen und entspricht der neuen Konzeption des Beklagten. Einer
gesonderten Begründung bedurfte es insoweit nicht.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr.
11, 711 ZPO.
III. Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a
Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.