Urteil des VG Göttingen vom 06.11.2013

VG Göttingen: gemeinde, satzung, in ungerechtfertigter weise, anteil, abstimmung, erlass, vertretung, empfehlung, abschlag, verfügung

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Kommunalaufsichtliche Beanstandung einer
Straßenausbaubeitragssatzung
Bei der Festlegung von Anteilssätzen in einer
Straßenausbaubeitragssatzung muss der Abwägungsvorgang des
Ortsgesetzgebers nicht zwingend vollständig dargelegt und nachvollziehbar
sein; sofern nicht ersichtlich sachfremde Erwägungen zugrunde gelegt
wurden, kommt es maßgeblich darauf an, dass beim Erlass der Satzung das
beitragsrechtliche Vorteilsprinzip im Ergebnis gewahrt wird.
VG Göttingen 1. Kammer, Urteil vom 06.11.2013, 1 A 282/12
§ 6 Abs 1 S 1 KAG ND, § 6 Abs 5 S 1 KAG ND, § 170 Abs 1 S 2 KomVerfG ND, § 173
Abs 1 S 1 KomVerfG ND, § 68 KomVerfG ND
Tatbestand
Mit der Klage wehrt sich die Klägerin gegen eine kommunalrechtliche
Beanstandungsverfügung des Beklagten.
Am 27.08.2002 beschloss der Rat der Klägerin eine „Satzung über die
Erhebung von Beiträgen nach § 6 des Niedersächsischen
Kommunalabgabengesetzes für straßenbauliche Maßnahmen in der
Gemeinde B.“ (im Folgenden: Straßenausbaubeitragssatzung). Unter § 4 Abs.
1 der Satzung („Vorteilsbemessung“) setzte die Klägerin den Anteil der
Anlieger am Aufwand für den Ausbau der im Einzelnen genannten öffentlichen
Einrichtungen fest. Mit Beschluss vom 22.06.2010 verringerte der Rat der
Klägerin den Anliegeranteil im Vergleich zur Ursprungsfassung in einem
Einzelpunkt. In einer ersten Beanstandungsverfügung vom 30.05.2011
beanstandete der Beklagte sowohl den Änderungsbeschluss als auch den
Satzungsbeschluss vom 27.08.2002 und führte zur Begründung aus, die in der
Satzung festgelegten Beitragssätze entsprächen sämtlich nicht dem
Vorteilsprinzip des § 6 Abs. 5 des Nds. Kommunalabgabengesetzes (NKAG)
bzw. den von der Rechtsprechung als gerechtfertigt erachteten Anteilssätzen.
Daraufhin legte die Verwaltung der Klägerin dem Rat den Entwurf einer
Neufassung der Straßenausbaubeitragssatzung vor, der sich an einer
Mustersatzung des Nds. Innenministeriums und an der Rechtsprechung des
Nds. Oberverwaltungsgerichts orientierte. In der Sitzung vom 26.07.2012 hob
der Rat die Straßenausbaubeitragssatzung vom 27.08.2002 sowie seinen
Änderungsbeschluss vom 22.06.2010 auf und fasste einen Beschluss über
den zum 27.08.2002 rückwirkenden Erlass einer neuen
Straßenausbaubeitragssatzung. In der Sitzung verwies einer der Ratsherren
auf einen dem Rat zustehenden Beurteilungsspielraum bei der Festlegung von
Ober- bzw. Untergrenzen für die Festsetzung des Anliegeranteils von „+/- 5%“
und schlug vor, die in der Verwaltungsvorlage vorgesehenen Anteile der
Anlieger am Aufwand für alle Einrichtungen um jeweils fünf Prozentpunkte zu
senken, was zu einer entsprechenden Beschlussfassung des Rats führte. Die
Anliegeranteile wurden danach wie folgt festgesetzt (§ 4 Abs. 1 der Satzung):
1.bei öffentlichen Einrichtungen, die überwiegend dem
Anliegerverkehr dienen, sowie bei verkehrsberuhigten
Wohnstraßen
70%
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2.bei öffentlichen Einrichtungen mit starkem innerörtlichem Verkehr
a)für Fahrbahnen, Trenn-, Seiten-, Rand- und Sicherheitsstreifen,
Böschungen, Schutz- und Stützmauern, Ersatzleistungen wegen
Veränderung des Straßenniveaus, Busbuchten und Bushaltestellen
(auch innerhalb Parkstreifen) und Radwege sowie für die
Beauftragung Dritter mit der Planung und Bauleitung sowie für
Verwaltungskosten, die ausschließlich der Maßnahme
zuzurechnen sind
35%
b)für Randsteine und Schrammborde, Gehwege sowie
Grünanlagen als Bestandteil der öffentlichen Einrichtung
55%
c)für Beleuchtungseinrichtungen, für Rinnen und andere
Einrichtungen der Oberflächenentwässerung sowie für Rad- und
Gehwege in kombinierter Form
45%
d)für Parkflächen (auch Standspuren) mit Ausnahme der
Busbuchten und Bushaltestellen
65%
e)für niveaugleiche Mischflächen
45%
3.bei öffentlichen Einrichtungen, die überwiegend dem
Durchgangsverkehr dienen,
a)für Fahrbahnen, Trenn-, Seiten-, Rand- und Sicherheitsstreifen,
Böschungen, Schutz- und Stützmauern, Ersatzleistungen wegen
Veränderung des Straßenniveaus, Busbuchten und Bushaltestellen
(auch innerhalb Parkstreifen) und Radwege sowie für die
Beauftragung Dritter mit der Planung und Bauleitung sowie für
Verwaltungskosten, die ausschließlich der Maßnahme
zuzurechnen sind
20%
b)für Randsteine und Schrammborde, Gehwege sowie
Grünanlagen als Bestandteil der öffentlichen Einrichtung
45%
c)für Beleuchtungseinrichtungen, für Rinnen und andere
Einrichtungen der Oberflächenentwässerung sowie für Rad- und
Gehwege in kombinierter Form
35%
d)für Parkflächen (auch Standspuren) mit Ausnahme der
Busbuchten und Bushaltestellen
55%
4.bei Gemeindestraßen im Sinne von § 47 Nr. 3 NStrG
70%
5.bei Fußgängerzonen
45%
Nach Anhörung beanstandete der Beklagte mit Bescheid vom 23.10.2012 den
Beschluss vom 26.07.2012 über den rückwirkenden Erlass der Neufassung
der Straßenausbaubeitragssatzung. Zur Begründung führte er aus, der
Gemeinde stehe bei der Abwägung der wirtschaftlichen Vorteile der
Beitragspflichtigen gegenüber den Vorteilen der Allgemeinheit ein Spielraum
zu. Die Festsetzung des Gemeindeanteils sei kein exakter
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Berechnungsvorgang, sondern eine ortsgesetzgeberische Ermessens- und
Gestaltungsentscheidung, die vom Vorteilsprinzip des NKAG bestimmt sei. Im
Rahmen der Vorteilsabwägung hätten die Gemeinden das Maß der zu
erwartenden Nutzung der ausgebauten Anlage durch die
Grundstückseigentümer einerseits und die Allgemeinheit andererseits
gegenüberzustellen und auf dieser Grundlage die jeweiligen Anteilssätze
festzulegen. Bei seiner Entscheidung habe der Ortsgesetzgeber sämtliche in
der Baulast der Gemeinde stehenden Straßen in den Blick zu nehmen. Der der
Gemeinde zustehende Einschätzungsspielraum solle einen Ausgleich für die
Unsicherheit bieten, die mit der Bewertung der Anteile des Anlieger- und des
Durchgangsverkehrs ohne präzise Datenerhebung zwangsläufig verbunden
sei. Er orientiere sich an Leitlinien, die von der Rechtsprechung entwickelt
worden seien. Von diesen Leitlinien dürfe die Gemeinde nach oben oder unten
bis zu 5% abweichen. Es sei nicht ersichtlich, dass die Klägerin eine am
Vorteilsprinzip orientierte Abwägung getroffen habe. Die Anteilssätze der
Mustersatzung seien vielmehr ohne jede Abwägung schematisch und
willkürlich um jeweils fünf Prozentpunkte gesenkt worden. Dies gelte sogar für
Anteilssätze, die auch nach Auffassung der Klägerin für diese überhaupt keine
Relevanz hätten. Ein Einschreiten der Kommunalaufsicht sei notwendig, da
der den Anliegern eingeräumte Vorteil von der Allgemeinheit getragen werden
solle. Zwar habe die Haushaltssituation der Beklagten nicht zu der
Entscheidung beigetragen; die Gemeinde dürfe jedoch bei der Abwägung die
eigene Haushaltssituation nicht außer Acht lassen. Eine finanzielle
Leistungsfähigkeit der Klägerin sei seit Jahren nicht gegeben. Es widerspreche
ihrem Interesse, ihre Haushaltssituation zusätzlich zu belasten, nur um den
Bürgern einen ungerechtfertigten Vorteil zu verschaffen.
Am 23.11.2012 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie führt aus, es bestehe kein
Rechtssatz, der sie dazu verpflichte, Obergrenzen für die Festsetzung des
Anliegeranteils an den Ausbaukosten auszuschöpfen. Die Obergrenzen in
Mustersatzungen hätten nur Empfehlungscharakter. Die Gemeinde habe
Ermessen auszuüben und die Anteilssätze unter Gegenüberstellung der
schätzungsweise zu erwartenden Benutzung der betreffenden Anlage durch
Anlieger bzw. Allgemeinheit festzulegen. So sei sie beispielsweise bei der
abweichenden Festlegung der Anteilssätze für die Fahrbahn und die Gehwege
von Durchgangsstraßen verfahren. Ihre Entscheidung sei auch gerichtlich nur
eingeschränkt überprüfbar. Entsprechend der Rechtsprechung unterscheide
die Satzung zwischen den drei Haupttypen von Straßen (Anlieger-, Innerorts-
und Durchgangsstraßen). Für Anliegerstraßen liege die Obergrenze des
Anliegeranteils bei 75%, die Untergrenze bei 55 bis 60%. Mit 70% liege die
Satzung immer noch im oberen Bereich dieses Spielraums. Die Abstufung der
übrigen Sätze um fünf Prozentpunkte sei dem „Gebot der Stimmigkeit“
geschuldet.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 23.10.2012 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er wiederholt den Inhalt seiner Verfügung und trägt ergänzend vor, im Vorfeld
der Satzungsänderung sei in Gesprächen deutlich geworden, dass für die
Klägerin eine Entlastung der Anlieger im Vordergrund gestanden habe, nicht
jedoch ausschließlich die angemessene Gewichtung der Inanspruchnahme
der Anlagen durch die Anlieger bzw. die Allgemeinheit. Fiskalische bzw. sozial-
oder allgemeinpolitische Gesichtspunkte dürften die Entscheidung jedoch nicht
bestimmen, vielmehr müsse sich diese ausschließlich am Vorteilsprinzip
orientieren. Der Anliegeranteilssatz von 45% für Gehwege an
Durchgangsstraßen entspreche nicht dem Vorteilsprinzip, bereits ein Satz von
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50% sei vorteilswidrig, weil die Untergrenze unterschritten werde. Aus dem
Protokoll der Ratssitzung vom 26.07.2012 ergebe sich nicht der geringste
Hinweis auf eine Vorteilsabwägung, sodass die Festlegung der Anteilssätze
willkürlich gewesen sei.
Im Übrigen wird wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten
auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und den
Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der
mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Die Beanstandungsverfügung des
Beklagten vom 23.10.2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren
Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Beanstandungsverfügung sind §§ 170 Abs. 1 Sätze 1
und 2, 173 Abs. 1 Satz 1 des Nds. Kommunalverfassungsgesetzes
(NKomVG). Gemäß § 170 Abs. 1 Sätze 1 und 2 NKomVG schützen die
Aufsichtsbehörden die Kommunen in ihren Rechten und sichern die Erfüllung
ihrer Pflichten. Sie stellen sicher, dass die Kommunen die geltenden Gesetze
beachten (Kommunalaufsicht) und die Aufgaben des übertragenen
Wirkungskreises rechtmäßig und zweckmäßig ausführen (Fachaufsicht). Die
angefochtene Verfügung des Beklagten stellt eine Maßnahme der
Kommunalaufsicht dar, denn sie betrifft eine Angelegenheit der örtlichen
Gemeinschaft, die gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 NKomVG zum eigenen
Wirkungskreis der Klägerin gehört. Gemäß §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 NKAG sind
die Gemeinden berechtigt, aufgrund einer Satzung kommunale Abgaben zu
erheben; auf dieser gesetzlichen Grundlage hat der Rat der Klägerin die
beanstandete Straßenausbaubeitragssatzung beschlossen. Der Beklagte führt
nach § 171 Abs. 2 NKomVG die Kommunalaufsicht über die Klägerin als
kreisangehörige Gemeinde. Gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 NKomVG kann die
Kommunalaufsichtsbehörde Beschlüsse einer Kommune beanstanden, wenn
sie das Gesetz verletzen.
Die Kommunalaufsicht ist nach § 170 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 NKomVG eine reine
Rechtskontrolle. Maßstab der Aufsicht sind Gesetze im formellen oder
materiellen Sinn, ungeschriebene Rechtsquellen und das Richterrecht. In
Fällen, in denen die Kommune nach ihrem Ermessen handelt, zählt zur
Rechtmäßigkeitskontrolle auch die Überprüfung, ob die gesetzlichen Grenzen
des Ermessens überschritten wurden oder von dem Ermessen in einer dem
Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht
worden ist. Da das Handeln der Kommunalaufsichtsbehörden dem
Opportunitätsprinzip unterliegt, besteht keine Pflicht zum Einschreiten gegen
rechtswidrige Beschlüsse. Vielmehr ist der Aufsichtsbehörde ein Ermessen
eingeräumt und sie hat zu entscheiden, ob sie einschreitet und welche Mittel
sie wählt. Insoweit muss die Kommunalaufsicht im Einzelfall zwischen den
Interessen der Allgemeinheit an der Beseitigung rechtswidriger Zustände und
dem Selbstverwaltungsinteresse der Kommune abwägen (vgl. zu alledem
Smollich in: Blum und andere, Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen,
Stand: Juli 2013, § 170 NKomVG Rn. 6 ff.).
Wie bereits dargelegt, kann die Kommunalaufsichtsbehörde gemäß § 173 Abs.
1 Satz 1 NKomVG Beschlüsse einer Kommune beanstanden, wenn sie das
Gesetz verletzen. Beschlüsse sind Entscheidungen der kollegialen
Beschlussorgane der Kommune und somit auch des Rats bzw. der Vertretung.
Der in der Sitzung des Gemeinderats der Klägerin vom 26.07.2012 gefasste
Satzungsbeschluss kann somit grundsätzlich Gegenstand einer
Beanstandungsverfügung sein. Der Beschluss erweist sich jedoch als im
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Wesentlichen rechtmäßig und unterliegt daher bereits deshalb nicht der
Beanstandung. Soweit gegen ihn rechtliche Bedenken bestehen, leidet die
Beanstandungsverfügung unter einem Ermessensfehler; sie ist daher
insgesamt aufzuheben.
Gemäß § 1 Abs. 1 NKAG sind die Gemeinden und Landkreise berechtigt, nach
Maßgabe dieses Gesetzes kommunale Abgaben (Steuern, Gebühren,
Beiträge) zu erheben, soweit nicht Bundes- oder Landesrecht etwas anderes
bestimmt. Kommunale Abgaben dürfen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 NKAG nur
aufgrund einer Satzung erhoben werden, die nach Satz 2 der Vorschrift unter
anderem den Maßstab und den Satz der Abgabe bestimmen soll. Gemäß § 6
Abs. 1 Satz 1 NKAG können die Gemeinden und Landkreise zur Deckung
ihres Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung
und Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den
Grundstückseigentümern erheben, denen die Möglichkeit der
Inanspruchnahme dieser öffentlichen Einrichtungen besondere wirtschaftliche
Vorteile bietet. Dabei sind die Beiträge nach den Vorteilen zu bemessen (§ 6
Abs. 5 Satz 1 NKAG; sog. Vorteilsprinzip).
Nach der Rechtsprechung des Nds. OVG überlässt § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG
es der freien Entscheidung der Gemeinde, ob sie überhaupt Beiträge erheben
will, sodass eine Rechtspflicht der Gemeinden zur Erhebung von
Straßenausbaubeiträgen nicht besteht. Schaffe allerdings eine Gemeinde
durch eine Straßenausbaubeitragssatzung die Voraussetzungen für die
Erhebung von Beiträgen, so sei sie hinsichtlich des „Wie(-viel)“ den rechtlichen
Bindungen des NKAG unterworfen. Danach müssten die von den Gemeinden
erhobenen Beiträge im richtigen Verhältnis zu den besonderen wirtschaftlichen
Vorteilen stehen, die den beitragspflichtigen Grundstückseigentümern durch
die Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung geboten würden. Insofern
stehe den Gemeinden ein ortsgesetzgeberisches Ermessen zu; dies gelte
insbesondere bei der Bestimmung des „Gemeindeanteils“, durch den der
Vorteil der öffentlichen Einrichtung für die Allgemeinheit abgegolten werde und
der zusammen mit dem Anteil der Grundstückseigentümer bzw. (bei Straßen)
Anlieger die Gesamtkosten der Einrichtung zu decken bestimmt sei. Als Fehler
der gemeindlichen Ermessenausübung kämen insbesondere Verstöße gegen
das Vorteilsprinzip oder gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz in
Betracht. Das Vorteilsprinzip erfordere eine Berücksichtigung der
Verkehrsbedeutung der ausgebauten Straßen und der ausgebauten
Teileinrichtungen. Dabei müsse jedenfalls zum einen nach reinen
Wohnstraßen (Anliegerstraßen), Straßen mit starkem innerörtlichem Verkehr
(Haupterschließungs- oder Innerortsstraßen) und Straßen mit
Durchgangsverkehr (Hauptverkehrs- oder Durchgangsstraßen) sowie zum
anderen wenigstens nach Fahrbahnen und Gehwegen unterschieden werden.
Der Gleichheitsgrundsatz erfordere eine plausible Abstufung der insoweit
bestimmten Anteilssätze, also eine hinreichende „Stimmigkeit“ der Anteilssätze
untereinander. Das Differenzierungsgebot hinsichtlich der Teileinrichtungen sei
lediglich für Anlieger der sog. Anliegerstraßen eingeschränkt, weil diese
Straßen in erster Linie der Benutzung durch die Eigentümer der anliegenden
Grundstücke zu dienen bestimmt seien. Des Weiteren vertritt das Nds. OVG
die Auffassung, dass Grundlage für die von der Gemeinde im Rahmen des § 6
Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 NKAG zu treffende „abwägende“
Ermessensentscheidung das Vorteilsprinzip bilde. Die Gemeinde habe daher
das Maß der schätzungsweise zu erwartenden Benutzung der ausgebauten
Straße durch die Anlieger einerseits und durch die Allgemeinheit andererseits
gegenüberzustellen und dementsprechend die jeweiligen Anteilssätze
festzulegen. Dabei gelte das Vorteilsprinzip nicht nur im Verhältnis der
Beitragspflichtigen untereinander, sondern auch im Verhältnis der
Allgemeinheit zur Gesamtheit der Anlieger. Es erschöpfe sich nicht darin, den
Beitragspflichtigen nur vor zu hohen, nicht vorteilsgerechten Beiträgen zu
schützen (sog. Obergrenze). Die Gemeinde übe das ihr zustehende
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Einschätzungsermessen bei der Festsetzung des Anliegeranteils (und damit
korrespondierend des Allgemeinanteils) nur dann sachgerecht aus, wenn der
durch den Erlass der Straßenausbaubeitragssatzung erklärten Verpflichtung
zur Beitragserhebung durch eine angemessene Vorteilsbemessung Rechnung
getragen werde. Daraus folge auch die Anerkennung einer Untergrenze der
Vorteilsbemessung (vergleiche zu alledem Nds. OVG, Beschluss vom
06.06.2001 - 9 LA 907/01 -, NdsVBl. 2002, 105 m.w.N.). Die Kammer stellt fest,
dass sie dieser Rechtsprechung folgt.
Innerhalb des durch das Vorteilsprinzip für die Bestimmung des Gemeinde-
bzw. des Anliegeranteils festgesetzten Rahmens muss der Gemeinde somit
ein gewisser „Einschätzungsspielraum“, ein „Beurteilungsspielraum“ bzw. ein
„Bewertungsermessen“ zugebilligt werden, da eine sichere Prognose über das
Verhältnis der wahrscheinlichen Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage
durch die Allgemeinheit einerseits und die Anlieger andererseits nicht möglich
ist (Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2013, § 8 Rn. 367a
mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen). Dieser Spielraum schließt „aus
der Natur der Sache heraus eine ca. +/- 5% umfassende Bandbreite“ ein (OVG
Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.12.2004 - 6 A 11406/04 -, juris), die „einen
Ausgleich für die insbesondere tatsächliche Unsicherheit bieten [soll], die mit
der Bewertung der Anteile des Anlieger- sowie des Durchgangsverkehrs ohne
präzise Datenerhebung zwangsläufig verbunden ist“ (OVG Rheinland-Pfalz,
Urteil vom 16.01.2007 - 6 A 11315/06 -, juris). Weil die Festsetzung des
Gemeinde- und des Anliegeranteils sich ausschließlich am Vorteilsprinzip zu
orientieren hat, darf die Entscheidung des Ortsgesetzgebers nicht von
anderen, namentlich von fiskalischen und sozial- oder allgemeinpolitischen
Gesichtspunkten bestimmt sein. Deshalb wäre z. B. das Bestreben einer
finanziellen Entlastung der Grundeigentümer zu Lasten des kommunalen
Haushalts keine Erwägung, die zulässigerweise in die Bestimmung der
Beitragsanteile eingestellt werden dürfte (vgl. Driehaus, a.a.O., Rn. 367b
m.w.N.). Für die Bemessung des Gemeinde- bzw. Anliegeranteils kann nach
der Rechtsprechung des Nds. OVG grundsätzlich von bestimmten, an
Erfahrungssätzen orientierten „Leitlinien“ ausgegangen werden. Danach
können auf die Grundstückseigentümer „bei reinen Wohnstraßen bis zu 75%
der Ausbaukosten umgelegt werden, bei sonstigen Straßen mit starkem
innerörtlichem Verkehr für den Fahrbahnausbau bis zu 40%, den
Bürgersteigausbau bis zu 60% … Bei reinen Durchgangsstraßen scheint in der
Regel ein Satz von 20 bis allenfalls 30% für den Fahrbahnausbau
angemessen zu sein, während der Vorteil für den Bürgersteigausbau auch hier
bis zu 60% angenommen werden kann, weil der Bürgersteig den Anliegern
besondere Vorteile bietet“ (so Nds. OVG seit Urteil vom 08.09.1969 - I A 23/68
- in std. Rspr., vgl. Driehaus, a.a.O., Rn. 371 m.w.N.).
Nachdem der Beklagte in einer ersten Beanstandungsverfügung vom
30.05.2011 im Hinblick auf die in der Straßenausbaubeitragssatzung der
Klägerin ursprünglich festgelegten Anteilssätze eine Verletzung des
Vorteilsprinzips gerügt hatte, hat sich die Verwaltung der Klägerin bei der
Erarbeitung eines neuen Satzungsentwurfs an den Empfehlungen der
Mustersatzung des Niedersächsischen Innenministeriums vom 22.06.1982
(Nds. MBl. S. 923 ff.) orientiert. Von dieser Empfehlung ist der Rat der Klägerin
in seiner Sitzung am 26.07.2012 abgerückt und hat die Sätze für die einzelnen
Einrichtungen um jeweils fünf Prozentpunkte niedriger festgesetzt. Der
Beklagte rügt insoweit, dass ein Ermessensausfall vorliege, weil sich der Rat
der Klägerin bei seiner Entscheidung nicht am Vorteilsprinzip orientiert,
sondern pauschal, willkürlich und ohne jede Begründung einen Abschlag von
den Werten der Mustersatzung vorgenommen habe. Diese Auffassung teilt die
Kammer nicht. Das Protokoll der Ratssitzung lässt erkennen, dass die
Ratsmitglieder vor der Abstimmung durch eine Vertreterin der Verwaltung der
Klägerin nochmals über die Rechtslage belehrt worden sind und sodann
länger über den Satzungsentwurf diskutiert haben. Es ist daher davon
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auszugehen, dass das kommunalabgabenrechtliche Vorteilsprinzip, das
bereits Gegenstand der vorangehenden Beanstandungsverfügung des
Beklagten und dessen Bedeutung den Ratsmitgliedern somit bekannt war, die
Diskussion maßgeblich bestimmte. Soweit im Rahmen der Erörterung die
Frage eines Beurteilungsspielraums bei der Festlegung des Anliegeranteils
angesprochen wurde, betrifft auch dieser Teil der Diskussion die richtige
Anwendung des Vorteilsprinzips. Das Gericht hat deshalb keinen Zweifel
daran, dass der Rat der Klägerin in Kenntnis der geltenden rechtlichen
Regelungen eine - kollektive - Ermessensentscheidung getroffen hat.
Allerdings ist dem Beklagten darin zuzustimmen, dass das Protokoll der
Ratssitzung eine aussagekräftige Begründung der Entscheidung nicht enthält.
Dies ist nach Auffassung der Kammer jedoch auch nicht notwendig, denn die
vom Rat vorzunehmende Festlegung von Anteilssätzen unter Anwendung des
Vorteilsprinzips des Art. 6 Abs. 5 Satz 1 NKAG ist keine
Ermessensentscheidung im Sinne der Lehre vom Verwaltungsermessen. Zwar
ist nach den oben genannten Grundsätzen die Ausübung eines
ortsgesetzgeberischen Ermessens unabdingbar; insoweit weicht die
Rechtslage von derjenigen ab, die der Entscheidung des Nds. OVG vom
08.11.2010 (9 LA 199/09, juris, betreffend die Festlegung eines Steuersatzes
der Vergnügungssteuer) zugrunde lag. Eine mit § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG
(i.V.m. § 1 Nds. VwVfG) vergleichbare Regelung, wonach die Begründung von
Verwaltungsakten Ermessensgesichtspunkte erkennen lassen soll, enthält
weder das Nds. Kommunalverfassungsgesetz noch das NKAG. § 68 NKomVG
fordert lediglich, dass über den wesentlichen Inhalt der Verhandlungen der
Vertretung ein Protokoll zu fertigen ist, in dem Abstimmungs- und
Wahlergebnisse festzuhalten sind. Das Abstimmungsverhalten einzelner
Mitglieder der Vertretung ist nur auf deren ausdrücklichen Wunsch
festzuhalten. Diesen Vorgaben entspricht das Protokoll der Ratssitzung vom
26.07.2012. Wie bereits dargelegt, ist ihm ist zum Tagesordnungspunkt 11 zu
entnehmen, dass die Verwaltung der Klägerin in das Thema eingeführt hat und
es vor der Abstimmung zu einer längeren Diskussion gekommen ist, in der
auch über die Frage eines Beurteilungsspielraums gesprochen wurde.
Außerdem sind der Beschlusstext und das Ergebnis der Abstimmung
dokumentiert. Damit ist der wesentliche Inhalt der Ratssitzung zu Protokoll
genommen worden. Darüber hinaus war es nicht erforderlich und wäre es im
Hinblick auf das freie Mandat der Ratsmitglieder (§ 54 Abs. 1 NKomVG) auch
rechtlich fragwürdig gewesen, die Motivation jedes einzelnen Ratsmitglieds für
sein Abstimmungsverhalten zu erkunden und zu protokollieren. § 2 NKAG
sieht ebenfalls keine Regelung zur Dokumentation von
Ermessenserwägungen vor.
Nach dem Vorstehenden kommt es nicht darauf an, ob der
Abwägungsvorgang des Ortsgesetzgebers im Einzelfall vollständig dargelegt
und nachvollziehbar ist. Maßgeblich ist ausschließlich, dass der festgesetzte
Beitragssatz gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 NKAG den der Allgemeinheit und den
Anliegern jeweils entstehenden Vorteil im Wesentlichen zutreffend zum
Ausdruck bringt. Eine Satzung, die im Ergebnis das Vorteilsprinzip hinreichend
berücksichtigt, ist nicht rechtswidrig und kann daher von der Aufsichtsbehörde
nicht beanstandet werden. Etwas anderes müsste zwar wohl gelten, wenn der
Rat bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht das Vorteilsprinzip berücksichtigt,
sondern unter bewusstem Verstoß gegen dieses Prinzip andere Erwägungen
zugrunde gelegt hätte. Entsprechendes wirft der Beklagte der Klägerin vor,
indem er behauptet, diese habe die Anlieger in ungerechtfertigter Weise auf
Kosten der Allgemeinheit von Beiträgen entlasten wollen. Dass ein solches
Motiv für den Satzungsbeschluss ausschlaggebend gewesen sein könnte, ist
jedoch bloße Spekulation. Eine solche Annahme würde der Mehrheit der
Ratsmitglieder unterstellen, dass im Zeitpunkt der Abstimmung sachfremde
Erwägungen für ihr Stimmverhalten maßgeblich gewesen seien. Hierfür hat die
Kammer keine tragfähigen Anhaltspunkte.
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Bei einer Überprüfung der Wahrung des Vorteilsprinzips erweist sich die
beanstandete Satzung nur in einem einzigen Punkt als rechtswidrig. Dem aus
dem allgemeinen Gleichheitssatz folgenden Gebot, die Anteilssätze für die
verschiedenen Einrichtungen plausibel aufeinander abzustimmen (vgl. Nds.
OVG, Urteil vom 27.02.1980 - 9 C 2/79 -, DVBl. 1980, 760; Beschlüsse vom
06.06.2001, a.a.O., und vom 18.03.2004 - 9 ME 342/02 -), wurde mit der
beanstandeten Satzung entsprochen, die sich an der Mustersatzung des Nds.
Innenministeriums orientiert und die dort empfohlenen Anteilssätze lediglich
geringfügig (meist um fünf Prozentpunkte) niedriger festsetzt. Damit wird das
Erfordernis der Abstimmung der Sätze aufeinander gewahrt. Der
Satzungsgeber hat sich mit dem Abschlag von fünf Prozentpunkten auch
weitgehend im Rahmen des Spielraums gehalten, der ihm durch die
Rechtsprechung im Hinblick auf die Schwierigkeiten, den Vorteil angemessen
zu bewerten, zugestanden wird.
Für Straßen, die überwiegend dem Anliegerverkehr dienen, muss der
Anliegeranteil nach der Rechtsprechung des Nds. OVG (Beschluss vom
06.06.2001, a.a.O.) jedenfalls über 50% liegen, wobei ein Anteil von 75%
mehrfach akzeptiert worden ist. Mit der Festsetzung von 70% wird das
Vorteilsprinzip somit gewahrt. Die Festsetzung des Anliegeranteilssatzes von
35 % für den Ausbau der Fahrbahnen von Straßen mit starkem innerörtlichem
Verkehr unterschreitet den vom Nds. OVG für vorteilsgerecht erachteten Wert
von „bis zu 40%“ lediglich um fünf Prozentpunkte und hält sich im Rahmen
zulässigen ortsgesetzgeberischen Ermessens. Dasselbe gilt (gerade noch) im
Hinblick auf die Festsetzung eines Anliegeranteils von 20% für den Ausbau
der Fahrbahnen von Durchgangsstraßen. Dieser unterschreitet die
Empfehlung der Mustersatzung (30%) zwar nicht nur um fünf, sondern um
zehn Prozentpunkte. Er bewegt sich jedoch noch an der Untergrenze des vom
Nds. OVG für zulässig gehaltenen Rahmens („20 bis allenfalls 30%“). Es kann
daher dahinstehen, ob es sich auswirkt, dass die Baulast für die Fahrbahn der
einzigen in ihrem Bereich vorhandenen Durchgangsstraße gar nicht bei der
Klägerin liegt. Die übrigen Festsetzungen halten sich gleichfalls weitestgehend
im Rahmen eines das Vorteilsprinzip wahrenden ortsgesetzgeberischen
Ermessens und entsprechen dem Gebot, die Anteilssätze für die
verschiedenen Einrichtungen plausibel aufeinander abzustimmen. Soweit der
Beklagte hinsichtlich der Gehwege an der Durchgangsstraße (die der
Straßenbaulast der Klägerin unterliegen) rügt, der Anliegeranteil sei mit 45% zu
niedrig festgesetzt, hat die Klägerin die Festsetzung nachvollziehbar mit ihrer
besonderen örtlichen Situation begründet. Sie hat bereits vor Erlass der
Beanstandungsverfügung mit Schreiben vom 04.09.2012 vorgetragen, die
Gehwege an der einzigen Durchgangsstraße würden in besonderem Maß von
den Anwohnern von Nebenstraßen genutzt, um gemeindliche Einrichtungen
zu erreichen. Der Anteil dieser Nutzer sei mit zwei Dritteln der
Gesamteinwohnerzahl zu bemessen, sodass die Gehwege überwiegend von
der Allgemeinheit und nur in geringerem Umfang von den Anliegern genutzt
würden. Diese Erwägungen erscheinen geeignet, eine geringfügig unterhalb
der Empfehlung der Mustersatzung (50%) liegende Festsetzung des
Anliegeranteils zu begründen.
In Anwendung der aktuellen Rechtsprechung des Nds. OVG erweist sich die
Satzung lediglich insoweit als rechtswidrig, als der Anliegeranteil für eine
Fußgängerzone mit 45% festgesetzt worden ist. Zwar hat das Nds. OVG den
höchstens zulässigen Anliegeranteil bei Fußgängerzonen in einem Beschluss
vom 04.02.1976 - VI B 141/75 - und einem Urteil vom 27.01.1977 - VI A 192/75
- (jeweils bei juris) auf 50% der Ausbaukosten bemessen; danach wäre es
ermessensgerecht, den Anteil auf 45% festzusetzen. Allerdings hat das Nds.
OVG in einem weiteren Urteil vom 12.06.1990 (9 OVG A 149/88, juris)
ausgeführt, der von der Rechtsprechung bisher als Mindestgemeindeanteil für
Fußgängerzonen angenommene Prozentsatz von 50% sei eher zu hoch als
zu niedrig bemessen, weil Fußgängerzonen typische Anliegerstraßen seien.
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Obwohl diese Entscheidung nur vom Mindestgemeindeanteil spricht und
lediglich darauf hinweist, dass auch ein Gemeindeanteil von weniger als 50%
(und damit ein Anliegeranteil von mehr als 50%) ermessensgerecht sein kann,
ist ihr mit der notwendigen Deutlichkeit zu entnehmen, dass das Nds. OVG
einen Anliegeranteil von 45% bei Fußgängerzonen als vorteilswidrig ansieht.
Dies ergibt sich aus der Bemerkung des Nds. OVG, Fußgängerzonen seien
typische Anliegerstraßen. Anliegerstraßen jedoch sind solche Straßen, in
denen der Anliegerverkehr überwiegt, also mehr als 50% ausmacht (Nds.
OVG, Beschluss vom 06.06. 2001, a.a.O.; siehe oben). Auch Driehaus (a.a.O.,
Rn. 376) ist der Auffassung, dass bei Fußgängerzonen bereits ein
Anliegeranteil von 50% zu niedrig bemessen sei, und verweist auf eine
Entscheidung des Hess. VGH (Beschluss vom 29.06.1999 - 5 TZ 1251/99 -),
wonach hier auch ein Anliegeranteil von bis zu 75% grundsätzlich nicht zu
beanstanden sei. Zwar hätte die Klägerin von der Festsetzung eines
entsprechenden Anteils in der allgemeinen Beitragssatzung absehen können
(vgl. Driehaus, a.a.O., Rn. 365). Nachdem sie dies jedoch anders gehandhabt
hat, muss sie sich die Fehlerhaftigkeit ihrer Festsetzung entgegenhalten
lassen.
Ungeachtet dessen ist die Beanstandung auch in diesem Punkt rechtswidrig.
Wie oben dargelegt, hat die Kommunalaufsichtsbehörde im Fall eines
Gesetzesverstoßes gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 NKomVG unter Ausübung von
Ermessen darüber zu befinden, ob sie eine Beanstandung ausspricht oder
nicht. Ein Ermessen hat der Beklagte jedoch ersichtlich nur im Hinblick auf ein
Einschreiten gegen einen seiner Meinung nach vollständig rechtswidrigen
Satzungsbeschluss ausgeübt. Dagegen fehlen hinsichtlich einer
Beanstandung der Einzelregelung für die Fußgängerzone jegliche
Ermessenserwägungen. Hier hätte nach Auffassung des Gerichts
insbesondere berücksichtigt werden müssen, dass die in der Satzung
getroffene Regelung mit hoher Wahrscheinlichkeit gegenstandslos ist, weil die
Einrichtung einer Fußgängerzone für die Klägerin wegen ihrer
topographischen Lage nicht in Betracht kommt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO
i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.