Urteil des VG Göttingen vom 07.03.2014

VG Göttingen: genfer flüchtlingskonvention, aufschiebende wirkung, universal periodic review, kommission der eg, asylbewerber, eugh, asylverfahren, fair trial, politische verfolgung, verordnung

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Keine systemischen Mängel im Asylverfahren Polens
VG Göttingen 2. Kammer, Beschluss vom 07.03.2014, 2 B 55/14
Art 3 Abs 2 EGV 343/2003
Tenor
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes wird
abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens; Gerichtskosten werden
nicht erhoben.
Gründe
Der Antrag der Antragsteller,
die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Bescheide der
Antragsgegnerin vom 27. 01.2014 anzuordnen, mit der sie die
Antragsgegnerin verpflichtet wissen wollen, ihnen bestimmte
asylverfahrensrechtliche Rechtspositionen zuzuerkennen,
hat keinen Erfolg.
Die Kammer lässt offen, ob der Antrag schon deshalb unzulässig ist, weil die
Antragsteller ein Durchentscheiden in der Sache begehren, aber nur eine
Aufhebung der Entscheidung der Antragsgegnerin erreichen können. Denn
der Antrag ist aus anderen Gründen unbegründet.
Gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG in der hier anzuwendenden Fassung des Art. 1
Nr. 27 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU (sog.
Qualifikationsrichtlinie) vom 28. August 2013 (BGBl. I Nr. 54 vom 5. September
2013, S. 3474), die nach Art. 7 Satz 2 dieses Gesetzes am Tag nach der
Verkündung - somit dem 6. September 2013 - in Kraft getreten ist, ordnet das
Bundesamt, sofern ein Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG)
oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§
27a AsylVfG) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an,
sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der
Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften
der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die
Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der
Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen
Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Absatz 2 der geänderten
Fassung des § 34a AsylVfG sind Anträge nach § 80 Absatz 5 der
Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung innerhalb
einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei
rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig.
Die in der Hauptsache anhängige Klage ist innerhalb der 2-wöchigen Frist des
§ 74 Abs. 1 Halbs. 1 AsylVfG erhoben worden, sodass ein
Rechtschutzbedürfnis für den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden
Wirkung besteht; der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist
innerhalb der Wochenfrist gestellt worden.
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Der Antrag hat Erfolg, wenn eine Abwägung des öffentlichen
Vollzugsinteresses der Antragsgegnerin mit dem privaten
Aussetzungsinteresse der Antragsteller ergibt, dass an dem Vollzug des
Bescheides ein öffentliches Interesse nicht besteht. . Diese Abwägung ist
maßgeblich anhand der Erfolgsaussichten in der Hauptsache vorzunehmen,
soweit diese sich bei summarischer Prüfung im vorliegenden Verfahren des
einstweiligen Rechtsschutzes abschätzen lassen. Diese Interessenabwägung
fällt vorliegend zulasten der Antragsteller aus, denn die angefochtenen
Bescheide des Bundesamtes vom 27. Januar 2014 begegnen keinen
durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Die Antragsteller haben am 30. April oder 1. Mai 2013 in Polen einen
Asylantrag gestellt und sind am 2. Mai 2013 nach Deutschland weitergereist.
Hierfür sprechen sowohl ihr eigener Vortrag wie auch die Treffer der Kategorie
1, die das Bundesamt im System Eurodac für die Antragsteller angezeigt
bekommen hat. Zudem korrespondiert hiermit die Erklärung der polnischen
Behörden vom 08. November 2013 gegenüber dem Bundesamt, die
Antragsteller gem. Art. 16 Abs. 1 d) VO (EG) 343/2003 des Rates vom 18.
Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und des Verfahrens zur
Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem
Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedsstaat gestellten Asylantrags
zuständig ist (ABl. EU L 50 vom 25. Februar 2003, S. 1) - sog. Dublin-II-
Verordnung -, geändert durch VO (EG) 1103/2008 vom 22. Oktober 2008 (ABl.
EU L 304 vom 14. November 2008, S. 80), nach Maßgabe des Artikels 20
dieser Verordnung wiederaufzunehmen, weil es sich bei den Antragstellern um
Asylbewerber handelt, die ihren Antrag auf Asyl während der Antragsprüfung
zurückgezogen und danach einen weiteren Asylantrag in einem anderen
Mitgliedsstaat gestellt haben. Gemäß Art. 2 f) der Dublin-II-Verordnung gilt als
„Rücknahme des Asylantrags“ die vom Antragsteller im Einklang mit dem
einzelstaatlichen Recht ausdrücklich oder stillschweigend unternommenen
Schritte zur Beendigung des Verfahrens, das aufgrund des von ihm
eingereichten Asylantrags eingeleitet wurde. Somit besteht die Zuständigkeit
Polens für die Antragsteller nach Maßgabe der Dublin-II-Verordnung.
Eine Zuständigkeit der Antragsgegnerin gem. Art. 3 Abs. 2 der Dublin-II-
Verordnung besteht nicht. Die Antragsgegnerin hat ihr Selbsteintrittsrecht nach
dieser Bestimmung nicht dadurch ausgeübt, dass sie die Antragsteller nicht
nur zu ihrem Reiseweg, sondern am 26. Juni 2013 auch im Einzelnen zu Ihren
Fluchtgründen angehört hat. Sie hat damit eine sachliche Prüfung des
Asylantrags der Antragsteller nicht verbunden und nicht verbinden wollen. Dies
hat sie den Antragstellern unter dem 29. Oktober auch so mitgeteilt, so dass
auch bei diesen nicht der Eindruck einer inhaltlichen Sachprüfung entstehen
konnte (vgl. die beschließende Kammer, Urteil vom 25.07.2013 -2 A 652/12- ,
Beschluss vom 11.10.2013 -2 B 806/13-).
Das Selbsteintrittsrecht der Antragsgegnerin hat sich auch nicht zu einer
Selbsteintrittspflicht verdichtet.
Nach dem Art. 16a Abs. 2 GG, §§ 26a, 27a, 34a AsylVfG zu Grunde liegenden
Konzept der sog. normativen Vergewisserung ist davon auszugehen, dass
u.a. in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (sog. sichere Drittstaaten)
die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge
(Genfer Flüchtlingskonvention - GFK -) vom 28. Juli 1951 (BGBl 1953 II S. 560)
und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und der Grundfreiheiten
(EMRK) vom 4. November 1950 (BGBl 1952 II S. 685, 953) sichergestellt ist,
und daher dort einem Asylsuchenden keine politische Verfolgung droht oder
unzumutbare Bedingungen herrschen. Nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts (grundlegend Urt. v. 14.5.1996 - 2 BvR
1938/93, 2 BvR 2315/93 -, BVerfGE 94, 49 ff.) ergeben sich Hinderungsgründe
für eine Abschiebung in einen derartigen Drittstaat ausnahmsweise dann,
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wenn der Asylsuchende individuelle konkrete Gefährdungstatbestände
geltend machen kann, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des
Konzepts der normativen Vergewisserung von Verfassungs und Gesetzes
wegen berücksichtigt werden können und damit von vorneherein außerhalb
der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich
heraus gesetzt sind. Dies ist - bezogen auf die Verhältnisse im
Abschiebezielstaat - etwa dann der Fall, wenn sich die für die Qualifizierung
des Drittstaats als sicher maßgeblichen Verhältnissen schlagartig geändert
haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung darauf noch aussteht
oder wenn der Aufnahmestaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu
Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung zu
greifen droht und dadurch zum Verfolgerstaat wird. An die Darlegung eines
solchen Sonderfalls sind nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts allerdings hohe Anforderungen zu stellen.
Außerdem ist der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom
21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 -, NVwZ 2012, 417) zu entnehmen, dass
Asylbewerber dann nicht an einen nach der Dublin II-Verordnung an sich
zuständigen Mitgliedsstaat überstellt werden dürfen, wenn nicht unbekannt
sein kann, dass systemische Mängel des Asylverfahrens und der
Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedsstaat ernsthafte
und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der
Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder
erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GR-Charta ausgesetzt zu
werden.
Die Antragsteller sind nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln
und unter Berücksichtigung ihres Vortrages nicht von einem solchen
Sonderfall betroffen. Es bestehen nach Überzeugung des Gerichtes keine
durchgreifenden Anhaltspunkte für erhebliche systemische Mängel des
Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Polen (ebenso vgl. VG
Saarbrücken, Beschluss vom 24.06.2013 - 6 L 839/13 -; VG Kassel, Beschluss
v. 27.8.2013 – 9 L 984/13.K.S.A - ; VG Schleswig, Beschluss v. 27.8.2013 – 1
B 43/13 - zitiert nach juris; VG Stade, Beschluss v. 2.10.2013 – 3 B 3029/13 -;
VG Oldenburg, Beschluss v. 16.8.2013 - 3 A 5177/13 - ; VG Hannover,
Beschluss v. 30.8.2013 – 1 B 6140/13 - ; VG Braunschweig, Beschluss v.
29.7.2013 – 8 B 434/13 - ; VG Osnabrück, Beschluss v. 26.9.2013 – 5 B
133/13 -). Anhaltspunkte dafür, dass Polen seinen Verpflichtungen,
Asylbegehren nach einer Asylantragstellung nicht ordnungsgemäß zu prüfen,
nicht nachkommt, sind nicht festzustellen. Die Kammer folgt der umfassend
wie folgt begründeten Auffassung des Verwaltungsgerichts Lüneburg, das in
seinem Beschluss vom 18.11.2013 -2 B 64/13- ausgeführt hat:
„Die rechtlichen Regelungen des vergemeinschafteten Asyl- und
Flüchtlingsrechts der europäischen Union hat Polen in den wesentlichen
Grundzügen in nicht zu beanstandender Weise umgesetzt (UNHCR,
Submission by the United Nations High Commissioner for Refugees for the
Office of the High Commissioner for Human Rights‘ Compilation Report -
Universal Periodic Review: Poland, vom November 2011, abrufbar unter
www.refword.org).
Die Bundesregierung hat zur Behandlung tschetschenischer Asylsuchender in
Polen in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten H., I., J.,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE folgendes erklärt (BT-
Drucksache 17/14795 v. 25.9.2013 , Frage Nr. 6):
„Im Rahmen der Dublin-Verfahren und in gerichtlichen Eilverfahren vor den
Verwaltungsgerichten von russischen Staatsangehörigen tschetschenischer
Volkszugehörigkeit, die über Polen nach Deutschland einreisen, werden sehr
häufig gesundheitliche Beeinträchtigungen zw. Erkrankungen vorgetragen.
Nach aktueller Auskunft der Liaisonbeamtin des Bundesamtes für Migration
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und Flüchtlinge ist die medizinische Versorgung dort für Asylbewerber wie folgt
sichergestellt:
Die Behandlung von Asylbewerbern, die eine medizinische Versorgung und
eine psychologische Betreuung in Anspruch nehmen müssen, ist in Polen
kostenlos und erfolgt grundsätzlich durch qualifiziertes Personal. Die
medizinische Versorgung während des Flüchtlingsverfahrens umfasst alle
Ausländer (gemäß Art. 73 des polnischen Flüchtlingsgesetzes), die einen
Antrag auf Flüchtlingsschutz gestellt haben und sich bei der
Sozialhilfeabteilung des Amtes für Ausländer registriert haben, unabhängig
von ihrer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen oder außerhalb. Personen
im Flüchtlingsverfahren haben den gleichen Anspruch auf den Umfang der
medizinischen Versorgung wie polnische Staatsangehörige (ausgeschlossen
sind lediglich Kurfahrten). Die medizinische Versorgung von Personen im
Flüchtlingsverfahren in Polen koordiniert das Zentrale Krankenhaus des
Innenministeriums in Warschau. Die medizinische Versorgung umfasst:
- Durchführung sog. epidemiologischer Untersuchungen – alle Ausländer, die
zum ersten Mal einen Antrag auf Flüchtlingsschutz stellen, werden in der
Aufnahmeeinrichtung in Biala Podlaska oder in Podkowa Lesna-Debak
epidemiologisch untersucht. Die Untersuchung beinhaltet die Feststellung, ob
der Ausländer an Infektionskrankheiten leidet (drunter Tuberkulose, Hepatitis B
und C Typ, HIV, Geschlechtskrankheiten).
- In jeder Aufnahmeeinrichtung in Polen gibt es medizinische
Behandlungsräume, dort stehen Krankenschwestern, ein Arzt und ein
Kinderarzt zur Verfügung.
- Kranke Personen, die spezielle Untersuchungen benötigen, werden ans
Krankenhaus oder zu speziellen Untersuchungen überwiesen. Die
Untersuchungen finden entweder im Zentralen Krankenhaus des Innen- und
Verwaltungsministeriums statt oder auch in anderen Krankenhäusern, mit dem
das Zentrale Krankenhaus eine Vereinbarung unterschrieben hat.
- Zahnbehandlungen.
- Psychologische Hilfe
- Rehabilitation.
Nach dem Bericht der Helsinki Foundation for Human Rights (Helsinki-Stiftung)
„Migration is not a crime“ aus dem Jahr 2013 erhalten Ausländer schriftlich und
mündlich alle erforderlichen Informationen über die Möglichkeit, medizinische
und psychologische Betreuung zu erhalten. In allen Zentren können die
Ausländer medizinische Hilfe erhalten, wobei es – wie auch in deutschen
Unterkünften – Sprachschwierigkeiten mit dem medizinischen Personal geben
kann. Zudem können sich z.B. Opfer von Übergriffen innerhalb der Unterkünfte
an die Polizei wenden.
Laut Auskunft der Liaisonbeamtin des Bundesamtes für Migration und
Flüchtlinge in Polen vom April 2013 wird gemäß Artikel 68 des polnischen
Flüchtlingsgesetzes vom 13. Mai 2003 jeder Ausländer, der in seinem Antrag
auf Flüchtlingsschutz erklärt hat, dass er Opfer von psychischer oder
physischer Gewalt ist, vor seiner Anhörung im Flüchtlingsverfahren an einen
Psychologen verwiesen. Dieses Gespräch findet im Amt für Ausländer in
Warschau statt. Während dieses Gespräches ist neben dem Psychologen
auch ein Dolmetscher anwesend, der ebenso wie der Psychologe vom Budget
des Amtes für Ausländer bezahlt wird. Nach diesem Gespräch verfasst der
Psychologe eine Stellungnahme, aus der hervorgeht, ob bei dem Antragsteller
ein Verdacht auf PTBS besteht und ob die Teilnahme eines Psychologen bei
der Anhörung erforderlich ist. Wenn der Psychologe festgestellt hat, dass seine
Anwesenheit bei der Anhörung im Flüchtlingsverfahren erforderlich ist, nimmt
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er an der Anhörung teil. Er beobachtet das Verhalten und die Reaktionen des
Antragstellers, er hat das Recht, Fragen zu stellen, und vom Anhörenden kann
er verlangen, von bestimmten Fragen abzusehen. Nach der Anhörung verfasst
der Psychologe eine Stellungnahme, die Bestandteil der Akte im
Flüchtlingsverfahren ist, auf die sich der Entscheider im Bescheid berufen
muss. Sofern der Psychologe eine PTBS festgestellt hat, informiert er den
Antragsteller über die Erforderlichkeit der Behandlung und die
Kontaktaufnahme mit dem Psychologen in der Aufnahmeeinrichtung, in der der
Antragsteller untergebracht ist. Der Zugang zum Psychologen ist kostenlos,
und es gibt keine festgelegte Zahl an Gesprächen mit dem Psychologen (jeder
Fall wird individuell behandelt). Wenn es erforderlich ist, verweist der
Psychologe per Überweisungsschein an einen Psychiater zur weiteren
Behandlung.
Das polnische Amt für Ausländer arbeitet derzeit mit vier Psychologen
zusammen (einer davon ist speziell im Umgang mit Minderjährigen geschult),
die Erstgespräche mit Antragstellern durchführen und auch an den
Anhörungen teilnehmen. Darüber hinaus gibt es in jeder Aufnahmeeinrichtung
Psychologen, die dort Dienst haben und zu denen Antragsteller
uneingeschränkten Zugang haben.
Antragsteller können sich sowohl an die Psychologen, mit denen das
polnische Amt für Ausländer zusammenarbeitet, als auch an die Psychologen,
die für nichtstaatliche Organisationen tätig sind, wende. Die Informationen zum
Zugang zum Psychologen erhalten Antragsteller in den
Aufnahmeeinrichtungen, in denen sie untergebracht sind. Nach alledem ist
davon auszugehen, dass für psychisch kranke Menschen systemische
Mängel im in Polen praktizierten Asylverfahren nicht bestehen (so auch
Verwaltungsgericht – VG – Saarland, Beschluss vom 29. Juli 2013 – 3 L
961/13).
Aufnahmebedingungen in Polen
Der Bericht der Helsinki-Stiftung „Migration is not a crime“, der sich auf eine
Überprüfung der sechs „Guarded Centres for Foreigners“ in Polen, also der
sechs geschlossenen/bewachten Ausländereinrichtungen im Herbst 2012
beschränkte, rügt zwar im Einzelnen die Einweisungs- und
Versorgungsbedingungen in dieser Art von Einrichtungen, hebt aber auch
hervor, dass sie ziemlich unterschiedlich organisiert und ausgestattet sind
(siehe Seite 36 des Berichts). Weiterhin ergibt sich aus dem Bericht der
Helsinki-Stiftung zur Unterbringungssituation u.a. , dass die Zentren offiziell für
die Unterbringung von Ausländern umgebaut, zum Teil umfänglich renoviert
wurden und sich in gutem Zustand befinden. Die umfangreiche Regulierung
des Aufenthalts in diesen Unterkünften ist zwar im Verhältnis mit den
Unterkünften in Deutschland erheblich restriktiver, erreicht aber nicht die
Qualität einer Inhaftierung. Des Weiteren ist die Möglichkeit, mit der Welt
außerhalb des jeweiligen Zentrums in Kontakt zu treten, sichergestellt;
gleiches gilt für Besuche von Verwandten und die Möglichkeit, sich an
internationale Organisationen zu wenden (vgl. VG Magdeburg, Beschluss vom
29. Juli 2013 – 3 b 185/13 MD) Einem Bericht des US Departement of State
zufolge hat die polnische Regierung zusätzlich zu den
geschlossenen/bewachten Einrichtungen für Ausländer elf offene Zentren für
Asylsuchende initiiert, die sich in den Gebieten Warschau, Bialystok und Lublin
befinden und ungefähr 2000 Personen aufnehmen können.“
Ergänzend ist auszuführen, das sich nach dem Bericht der Helsinki-Stiftung
„Migration is not a crime“ im November 2012 391 Ausländer in den
geschlossenen/bewachten Einrichtungen befanden, davon 300 Männer, 57
Frauen und 34 Kinder (Seite 7). Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in
diesen Einrichtungen belief sich auf etwa 2 Monate (Seite 11). Alle
Einrichtungen sind mit hohen Mauern oder Zäunen mit Stacheldraht umgeben
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und die Flüchtlinge sind in Flügeln für Familien, alleinstehende Männer und –
in einigen Zentren – für alleinstehende Frauen untergebracht, ferner z.T. in
Flügel für bestimmte Nationalitäten (Georgier). Die Tagesabläufe sind
weitgehend reguliert durch feste Zeiten für Mahlzeiten, die
Badezimmernutzung und Fernsehen.
Insgesamt ergibt für Polen trotz der freiheitsentziehenden Einrichtungen, in die
nur eine Minderheit der Flüchtlinge aufgenommen wird und die im Hinblick
darauf, dass die Flüchtlinge bei der Gewährung von Freizügigkeit größtenteils
das Land in Richtung Westen verlassen würden, auch berechtigten Zielen
dienen, danach das Bild eines asylverfahrensrechtlichen Regimes und von
Aufnahmebedingungen, das den Maßgaben der Genfer Flüchtlingskonvention
und des asylrechtlichen System der Europäischen Union in den Grundlinien
genügt. So wird das Refoulement-Verbot im Grundsatz eingehalten, es werden
geordnete Asylverfahren geführt und in überschaubarer Zeit Entscheidungen
getroffen, die Einzelfallentscheidungen darstellen und es werden den
Asylbewerbern während des Asylverfahrens im Großen und Ganzen auch
ausreichende Lebensgrundlagen (Unterkunft, Verpflegung, medizinische Hilfe)
zur Verfügung gestellt. Allerdings gibt es, wie dargestellt, nach wie vor nicht
unerhebliche Mängel. Die Vorgaben der Aufnahmerichtlinie (RL 2003/9/EG,
jetzt RL 2013/33/EU vom 26.06.2013) werden in einer Reihe von Punkten
(Information, juristische Beratung, medizinische Versorgung) in der Praxis nicht
immer eingehalten. Legt man aber die in der Rechtsprechung des EuGH
aufgeführten Gründe für die Zuständigkeitsregelungen der Dublin II-VO und
den sich daraus ergebenden strengen Maßstab an die Qualifizierung als
systemische Mängel an, so stellen sich die aufgeführten Mängel im
Asylverfahren und bei den Aufnahmebedingungen in Polen auch in der
Summe nicht als systemische Mängel in dem oben dargestellten Sinn dar und
es gibt auch keine entsprechenden Anhaltspunkte dafür, die einer Prüfung im
Hauptsacheverfahren bedürften (wie hier auch VG Saarland, Beschluss vom
26.06.2013 - 6 L 839/13 -, juris; VG Ansbach, Beschluss vom 20.03.2012 - AN
10 E 11.30140 -, juris; a.A. VG Meinigen, Beschluss vom 26.04.2013 - 8 E
20075/13 Me).“
Folglich führen auch die, durch die zahlreich vorgelegten ärztlichen Atteste nur
oberflächlich beschriebenen Krankheiten der Antragsteller zu 1.) und 2.) nicht
zu einem systemischen Mangel. Sollten sie an ein posttraumatischen
Belastungsstörung leiden, was nach den Stellungnahmen des Asklepios
Fachklinikums K. vom 06.02.2014 nicht ausgeschlossen erscheint, muss dies
bei einer Überstellung nach Polen und im dortigen Verfahren beachtet werden.
Gleiches gilt für die übrigen diagnostizierten Erkrankungen.
Ergänzend ist zum polnischen Rechtsschutzsystem auszuführen, dass von
teilweise unzureichender Rechtsberatung berichtet wird (vgl. Bericht des
Comité Belge d"aide aux refugiés vom 8. Juni 2011 "Polish asylum procedure
und refugee status determination - Report following the mission to Poland form
12 to 15 September 2010"). Selbst wenn man davon ausgeht, dass hinsichtlich
der rechtlichen Beratung die Vorgaben des Unionsrechts in Polen nicht immer
eingehalten werden, handelt es sich um Defizite in Einzelfällen, die gemessen
an den oben dargestellten strengen Anforderungen des EuGH aber keine
systemischen Mängel darstellen (ebenso VG Düsseldorf, Beschluss vom
19.11.2013 - 25 L 2154/13.A-; VG Kassel, Beschluss vom 26.08 2013 - 4 L
984/13.KS.A -, jeweils zitiert nach juris).
Ferner besteht die Möglichkeit, die ablehnende Entscheidung in einer Art
Widerspruchsverfahren überprüfen zu lassen und gegen die
Widerspruchsentscheidung Klage vor dem Verwaltungsgericht in Warschau zu
erheben, gegen dessen Entscheidung ein Rechtsmittel zum "Supreme Court"
zur Verfügung steht. Zwar hat die Klage vor dem Verwaltungsgericht in
Warschau keine aufschiebende Wirkung. Auf entsprechenden Antrag setzt
das Verwaltungsgericht aber in den meisten Fällen die ablehnende
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Entscheidung bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache aus (Vgl. Helsinki
Foundation for Human Rights, aida Asylum Information Database, National
Country Report, Poland, Stand: 15. April 2013, S. 14; Helsinki Foundation for
Human Rights, Asylum system in Poland - right to an effective remedy and fair
trial, 29. August 2013, S. 2.).
Damit ist davon auszugehen, dass in Polen im Grundsatz ein System
effektiven Rechtsschutzes gegen ablehnende Entscheidungen im
Asylverfahren besteht. Soweit die Helsinki Foundation for Human Rights in
dem letztgenannten Bericht Fälle aufführt, in denen Betroffene vor dem
Abschluss eines Rechtsbehelfsverfahrens abgeschoben worden sein sollen,
mögen sich in diesen Einzelfällen Defizite des polnischen
Rechtsschutzsystems zeigen, diese stellen aber keine systemischen Mängel
im Sinne der Rechtsprechung des EuGH dar.
Auch der Umstand, dass die Antragsteller bei einer Rückführung nach Polen
nicht in das “normale“ Aufnahmeverfahren gelangen, führt nicht zu einer
Entscheidung im Sinne des antragstellerischen Begehrens.
Die Antragsteller sind nach den Maßstäben des polnischen Flüchtlingsrechts
gegenwärtig vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer, denn ihr offenbar am 30.
April/01. Mai 2013 in Polen geäußertes Asylgesuch gilt als zurückgenommen,
wie die auf Art. 16 Abs. 1 d) EGV 343/2003 gestützte Übernahmeerklärung des
Office for Foreigners of the Republic of Poland - Department for Refugee
Procedures - mit Schreiben vom 08. November 2013 belegt. Dass ihr
Asylverfahren in Polen aufgrund der Obliegenheitsverletzung, sich nicht
unverzüglich in der zugewiesenen Aufnahmeeinrichtung zu melden, sondern
stattdessen nach Deutschland unerlaubt weiterzureisen, derzeit eingestellt ist,
kann weder nach deutschen noch nach unionsrechtlichen Maßstäben
beanstandet werden. Gemäß § 20 Abs. 2 AsylVfG gelten für einen später
gestellten Asylantrag eines Ausländers, der seiner Verpflichtung zur
unverzüglichen Meldung in der zuständigen oder nächstgelegenen
Aufnahmeeinrichtung gem. § 18 Abs. 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 nicht
nachgekommen ist, die Regelungen über den Asylfolgeantrag gem. § 71
AsylVfG i.V.m. § 51 VwVfG. Die von einer Rücknahmefiktion i.S.d. Art. 16 Abs.
1 d) i.V.m. Art. 2 f) der Dublin-II-Verordnung betroffenen Antragsteller haben
nach Angaben des Bundesamtes unter Bezugnahme auf entsprechende
Auskünfte seiner Liaisonbeamten in Warschau, die in vergleichbaren, bei der
erkennenden Kammer anhängigen Verfahren eingeführt wurden, gemäß dem
polnischen Flüchtlingsschutzgesetz vom 13. März 2003 die Möglichkeit,
unmittelbar nach ihrer Überstellung an den zuständigen Mitgliedsstaat Polen
entweder einen Wiederaufnahmeantrag nach Art. 42 oder einen Folgeantrag
zu stellen. Ein Wiederaufnahmeantrag könne innerhalb einer Frist von 2
Jahren nach Verfahrenseinstellung gegenüber den polnischen
Grenzschutzbehörden gestellt werden. Ob ein betroffener Asylbewerber nach
entsprechender Stellung eines Wiederaufnahme- oder Folgeantrags in einer
geschlossenen Aufnahmeeinrichtung untergebracht werde, entscheide ein
zuständiges Gericht in Polen. Durchgreifende unionsrechtliche Bedenken
gegen diese nationalstaatlichen Asylverfahrensbestimmungen Polens, die
nach der Überstellung der Antragsteller in den zuständigen Mitgliedsstaat
offenbar Platz greifen, vermag die erkennende Kammer derzeit nicht zu
erblicken. Das Unionsrecht, namentlich Art. 18 der EU-Grundrechtscharta, Art.
6 EMRK und die Genfer Flüchtlingskonvention, schließt es nur aus, dass ein
Asylbewerber, der den zuständigen Mitgliedsstaat nach Asylantragstellung
illegal verlassen hat, ehe der Antrag inhaltlich geprüft wurde, später aber
dorthin überstellt wird, aufgrund einer zwischenzeitlich nach nationalem
Asylverfahrensrecht des zuständigen Mitgliedsstaats eingetretenen
Rücknahmefiktion keine Möglichkeit mehr hat, das fiktiv zurückgewiesene bzw.
eingestellte Asylverfahren fortzusetzen oder stattdessen einen neuen
Asylantrag zu stellen, um im Ergebnis eine inhaltliche Prüfung seines
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Asylbegehrens durch den zuständigen Mitgliedsstaat zu erreichen. Nur in
diesem Fall liefe der betroffene Drittstaatsangehörige tatsächlich Gefahr, ohne
jedwede inhaltliche Prüfung seines Asylantrags in den Herkunfts- oder gar
Verfolgerstaat zurückkehren zu müssen (vgl. Filzwieser/Sprung, Kommentar
zur Dublin II-Verordnung, 3. Auflage, K 14 zu Art. 2 m.w.N., unter Hinweis auf
das von der Kommission der EG gegen Griechenland beim EuGH am 31. März
2008 anhängig gemachte Vertragsverletzungsverfahren C-130/08; Mitteilung
vom 31. März 2008, abrufbar in juris). Das ist hier nicht der Fall.
Soweit die Antragsteller insoweit die Verschlechterung ihres
asylverfahrensrechtlichen Status nach ihrer Überstellung im Hinblick auf ihre
künftigen Aufnahme- und Unterbringungsbedingungen einwenden wollen,
rechtfertigt dieser Umstand ebenfalls nicht die Annahme systemischer Mängel
des polnischen Asylsystems im Sinne der o.g. EuGH- Rechtsprechung. Die
Antragsteller müssen sich aufgrund ihres eigenen Willensentschlusses, illegal
nach Deutschland weiterzureisen, die vermeintliche Verschlechterung ihres
Status bei der Weiterverfolgung ihres Asylbegehrens in Polen zurechnen
lassen.
Das polnische Asylverfahren gilt indessen mit Untertauchen bzw. Weiterreise
nach Deutschland regelmäßig als beendet oder zurückgenommen, so dass
der Asylbewerber sein Asylbegehren nur unter erschwerten Umständen (wohl
vergleichbar mit einem Wideraufnahmeverfahren nach § 51 VwVfG) in Polen
weiterverfolgen kann. Ist aber ein in Polen erstmalig registrierter Asylbewerber
entgegen der behördlichen Weisung, eine bestimmte Asylunterkunft zu seiner
Unterbringung aufzusuchen, nach Deutschland weitergereist, hat er zugleich
auch einen Verstoß im Sinne von Art. 16 Abs. 1 Buchstabe a der Richtlinie
2003/9/EG des Rates vom 27. Januar 2003 (ABl. L 31 vom 6.2.2003, S. 18)
zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in
den Mitgliedsstaaten - Aufnahmerichtlinie - begangen. In diesem Fall ist der
Mitgliedsstaat berechtigt, die an sich nach Art. 7 Abs. 1 zu gewährende
Bewegungsfreiheit des Asylbewerbers entsprechend Art. 16 Abs. 1 und 4 der
Aufnahmerichtlinie einzuschränken. Die Rücknahme des Asylbewerbers durch
Abschiebung nach Polen kann daher auch einen schlechteren
Unterbringungsstatus nach sich ziehen, der jedenfalls teilweise mit demjenigen
vergleichbar ist, der untergetauchte und vollziehbar ausreisepflichtige
Asylbewerber in Deutschland trifft (Abschiebungsgewahrsam). Freilich haben
sich solchermaßen weiterreisende Drittstaatsangehörige diesen schlechteren
Status bei der Verfolgung ihres Asylbegehrens und Unterbringung in Polen
selbst zuzuschreiben, denn es hat sie niemand gezwungen, nach
Deutschland weiterzureisen. Nach alledem kann nicht erkannt werden, das
hierin ein systemischer Mangel oder eine erniedrigende Behandlung liegt,
zumal überwiegend diese Einrichtungen eine angemessene
Gesundheitsversorgung und familiengerechte Unterbringung gewährleisten
(zu den Einzelheiten, so auch VG Potsdam, B. vom 23. September 2013 - VG
6 L 514/13.A).“
Dieser Befund wird auch durch die Rechtsprechung des EuGH zur
Anwendbarkeit der sog. Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 2008/115/EG des
Europäischen Parlamentes und des Rates vom 16. Dezember 2008, ABl. L
348, S. 98) auf bestimmte Gruppen von Asylbewerbern bestätigt. Der EuGH
hat in seinem Urteil vom 30. Mai 2013 (C-534/11 -, InfAuslR 2013, S. 285 ff., zit.
nach juris) unter anderem ausgeführt, dass den Regelungen der
Aufnahmerichtlinie nicht entgegensteht, dass die Inhaftierung eines
Drittstaatsangehörigen, der im Sinne der Verfahrensrichtlinie (Richtlinie
2005/85/EG) um internationalen Schutz ersucht hat, nachdem er gemäß Art.
15 der Rückführungsrichtlinie in Haft genommen worden war, auf der
Grundlage einer nationalen Rechtsvorschrift aufrecht erhalten wird, wenn sich
nach einer fallspezifischen Beurteilung sämtlicher relevanter Umstände
herausstellt, dass dieser Antrag einzig und allein zu dem Zweck gestellt wurde,
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den Vollzug der Rückführungsentscheidung zu verzögern oder zu gefährden,
und es objektiv erforderlich ist, die Haftmaßnahme aufrecht zu erhalten, um zu
verhindern, dass sich der Betroffene endgültig seiner Rückführung entzieht
(Tenor Nr. 2. des e.g. Urteils, zit. nach juris, Rn. 63). Mit anderen Worten wäre
es unionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Antragsteller nach ihrer
Überstellung an Polen ggf. auch nach Stellung eines Wiederaufnahme- oder
Folgeantrags gemäß den o.g. Regelungen des polnischen
Flüchtlingsschutzgesetzes zunächst in Gewahrsam genommen bzw. in einem
bewachten Aufnahmezentrum untergebracht werden und zunächst ein
polnisches Gericht über die Fortdauer des Gewahrsams, ggf. einer
Inhaftierung entscheiden muss. Das Unionsrecht gebietet es jedenfalls nicht,
dass die Stellung eines Asyl- bzw. Asylfolgeantrags automatisch zu einer
Beendigung der Inhaftierung bzw. des Gewahrsams des betroffenen
Drittstaatsangehörigen führt (vgl. dazu auch Hörich in ZAR 2013, S. 295 ff.,
Anmerkung zum Urteil des EuGH vom 30. Mai 2013, a.a.O.).
Die Antragsteller können sich schließlich auch nicht auf in ihrer Person
liegende Vollzugshindernisse berufen.
Die Rechtmäßigkeit einer Abschiebungsanordnung gem. § 34a Abs. 1 Satz 1
AsylVfG hängt unter anderem davon ab, ob die Überstellung in den
zuständigen Mitgliedsstaat aus subjektiven, in der Person des Ausländers
liegenden Gründen rechtlich oder tatsächlich möglich ist. Eine
Abschiebungsanordnung darf erst ergehen, sobald feststeht, dass die
Abschiebung bzw. Überstellung durchgeführt werden kann. Das
Niedersächsische Oberverwaltungsgericht - 13. Senat - hat hierzu in seinem
Beschluss vom 2. Mai 2012 - 13 MC 22/12 -, InfAuslR 2012 S. 298 ff., zit. nach
juris Rn. 27, Folgendes ausgeführt:
„Die Abschiebungsanordnung darf als Festsetzung eines Zwangsmittels erst
dann ergehen, wenn alle Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Abschiebung
nach § 26a oder § 27a AsylVfG i.V.m. § 34a AsylVfG erfüllt sind. Das bedeutet,
dass das Bundesamt vor Erlass der Abschiebungsanordnung gegebenenfalls
sowohl "zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse" als auch der
Abschiebung entgegenstehende "inlandsbezogene
Vollstreckungshindernisse" zu berücksichtigen hat. Es ist in diesem
Zusammenhang unter anderem verpflichtet zu prüfen, ob die Abschiebung in
den Dritt- bzw. Mitgliedstaat aus subjektiven, in der Person des Ausländers
liegenden und damit vom System der normativen Vergewisserung nicht
erfassten Gründen - wenn auch nur vorübergehend - rechtlich oder tatsächlich
unmöglich ist (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 30. August 2011 - 18 B 1060/11-,
Juris; VGH BW, Beschl. v. 31. Mai 2011 - A 11 S 1523/11 -, InfAuslR 2011,
310; Hamb. OVG, Beschl. v. 3. Dezember 2010 - 4 Bs 223/10 -, Juris; OVG
MV, Beschl. v. 29. November 2004 - 2 M 299/04 -; Funke-Kaiser in GK-
AsylVfG, a.a.O., § 34a, Rdnr. 15; Hailbronner, AuslR, § 34a AsylVfG, Rdnrn. 15
f., 43 ff., Loseblatt, Stand August 2006; jew. m.w.N.).“
Dieser Rechtsprechung hat sich die erkennende Kammer angeschlossen (vgl.
Beschlüsse vom 6. November 2013 - 2 B 848/13 -, zit. nach juris Rn. 6; und
vom 7. November 2013 - 2 B 783/13 -, zit. nach juris Rn. 8).
Zwar haben die Antragsteller zu 1.) und 2.) zahlreiche ärztliche Atteste
vorgelegt; aus keinem dieser Atteste ergibt sich jedoch eine
krankheitsbedingte Reiseunfähigkeit oder ein Abschiebungshindernis in Bezug
auf Polen. Die Atteste lassen für den Antragsteller zu 1.) einen möglicherweise
psychosozial bedingten chronischen Kopfschmerz mit leichten Herzproblemen
(Attest des Zentrums für Innere Medizin der UMG K. vom 22. November 2013)
bzw. einen Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung (so das
bereits zitierte Atteste des Asklepios Fachklinikums K. vom 3. Februar 2014)
erkennen. Für die Antragstellerin zu 2.) werden eine seit 5-6 Jahren
bestehende emotionale Belastung mit Druck auf dem linken Lungenflügel
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(Attest der UMG vom 06. Februar 2014) bzw. ebenfalls möglicherweise eine
posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert (Attest des Asklepios
Fachklinikums K. vom 3. Februar 2014). Abgesehen davon, dass die
Diagnosen sehr vage gehalten sind, werden in keinem der Atteste Aussagen
darüber getroffen, welche Auswirkungen diese Erkrankungen auf die
Reisefähigkeit der Antragsteller zu 1.) und 2.) haben und wie sie sich im Falle
ihrer Rückführung nach Polen entwickeln werden. Sie führen daher weder zu
einer rechtlichen noch zu einer tatsächlichen Unmöglichkeit der Rückführung
der Antragsteller nach Polen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).