Urteil des VG Gießen vom 15.05.2003

VG Gießen: satzung, hundesteuer, öffentliche sicherheit, stadt, abgabenordnung, steuerrecht, erlass, steuersatz, rasse, steuerfestsetzung

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Gericht:
VG Gießen 9.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 E 2490/00
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 163 AO 1977
(Hundesteuer - Kampfhund)
Tatbestand
Die Stadtverordnetenversammlung der beklagten Stadt beschloss im Dezember
1998 eine Satzung über die Erhebung einer Hundesteuer; die Satzung trat nach
Bekanntmachung Anfang des Jahres 1999 in Kraft. Zum Steuersatz bestimmt § 5
Abs. 1 der Satzung, dass die Steuer jährlich für den ersten Hund 72,00 DM und für
den zweiten Hund 120,00 DM beträgt. § 5 Abs. 3 der Satzung bestimmt, dass
abweichend von Abs. 1 die Steuer für einen gefährlichen Hund im Sinne des Abs. 4
jährlich 600,00 DM und für einen Kampfhund im Sinne des Abs. 5 jährlich 1.200,00
DM beträgt.
Der Abs. 4 Satz 1 des § 5 der Satzung lautet wie folgt:
"Als gefährliche Hunde gelten:
Hunde, die auf Angriffslust oder auf über das natürliche Maß
hinausgehende Kampfbereitschaft oder auf Schärfe oder auf andere gleich
wirkende Zuchtmerkmale gezüchtet oder ausgebildet oder abgerichtet wurden,
Hunde, die sich als bissig erwiesen haben,
Hunde, die in gefahrdrohender Weise Menschen anspringen oder
Hunde, die andere Tiere hetzen oder reißen."
Der Absatz 5 des § 5 der Satzung bestimmt in seinen Sätzen 1 bis 3 Folgendes:
(5) Kampfhunde sind solche Hunde, bei denen nach ihrer besonderen
Veranlagung, Erziehung oder Charaktereigenschaft die erhöhte Gefahr schwerer
Verletzungen von Personen oder Tieren besteht. Als solche Kampfhunde gelten
insbesondere Hunde folgender Rassen oder Gruppen sowie deren Kreuzungen
untereinander oder mit Hunden anderer Rassen, Gruppen oder Kreuzungen: Pit-
Bull, Bandog, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier und Tosa-Inu.
Als Kampfhunde gelten auch Hunde folgender Rassen oder Gruppen sowie deren
Kreuzungen untereinander, solange nicht ein Sachverständiger oder eine
sachverständige Stelle auf Kosten der Hundehalterin/des Hundehalters
begutachtet und die Stadt feststellt, dass von dem Hund keine erhöhte Gefahr im
Sinne des Abs. 5 Satz 1 ausgeht: Bullmastiff, Bullterrier, Dogo Argentino. Dogue
de Bordeaux, Fila Brasileiro, Mastiff, Mastino Espanol, Mastino Napoletano und
Rhodesian Ridgeback.
Am 14.02.1999 meldete der Kläger auf einem von der Stadt an beide Eheleute
adressierten Formular an, dass er zwei Hunde hält, beides Mischlinge von
American Staffordshire-Terriern.
Der Magistrat der Beklagten zog daraufhin die klagenden Eheleute mit einem
Hundesteuerbescheid vom 02.06.1999 zur Hundesteuer mit einem auf 2.400,00
DM festgesetzten Jahresbetrag heran.
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Die anwaltlich vertretenen Kläger legten im Juni 1999 mit Schreiben vom
22.06.1999 Widerspruch ein. Sie machten geltend, dass die in § 5 Abs. 3 und 5 der
Satzung getroffene Regelung einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalte. Die
Regelung verstoße gegen das Gleichheitsgebot des Artikel 3 des Grundgesetzes,
da die Einordnung als Kampfhund allein nach der Rassezugehörigkeit
vorgenommen werde. Die beiden Hunde der Kläger hätten sich noch nie als bissig
erwiesen, hätten weder in gefahrdrohender Weise Menschen angefallen noch Tiere
gehetzt oder gerissen. Die Kläger seien erfahrene Hundeführer und könnten auf
eine nunmehr zehnjährige Mitgliedschaft in einem Hundesportverein verweisen.
Die Einordnung als "Kampfhund" stelle das tatsächliche Wesen der beiden Hunde
geradezu auf den Kopf.
Im März 2000 schrieben die Kläger, sie wollten trotz des Urteils des
Bundesverwaltungsgerichts vom 19.01.2000 an ihrem Widerspruch festhalten. Die
Besteuerung sei rechtswidrig und in sich widersinnig. Davon abgesehen werde
beantragt, die Steuerschuld gemäß § 227 Abgabenordnung aus Billigkeitsgründen
zu erlassen.
Der ältere Hund sei knapp elf Jahre alt, der jüngere fünf Jahre. Beide Hunde seien
Familienhunde, die sozial voll integriert sind. Der ältere Hund sei aus dem Tierheim
in R. geholt worden und mittlerweile mehr als zehn Jahre im Familienverband
integriert. Beide Hunde seien im Turnierhundesport tätig. Die beiden Kläger hätten
an Lehrgängen für diesen Sport teilgenommen, der Kläger zudem mit Erfolg an
einem sogenannten Ausbildungsleiterlehrgang. Unabhängig von dem Ausgang des
Widerspruchsverfahrens sei die erhobene Steuer aus Billigkeitsgründen zu
erlassen.
Der Magistrat der beklagten Stadt wies den Widerspruch der beiden Eheleute mit
Widerspruchsbescheid vom 19.06.2000 als unbegründet zurück. Der
Widerspruchsbescheid wurde den Klägerbevollmächtigten am 26.06.2000
zugestellt.
Am 26.07.2000 haben die Kläger Klage erhoben. Mit der Klageschrift wird im
Wesentlichen das Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Es sei
kein Grund ersichtlich, die beiden Hunde der Kläger anders zu behandeln als die
sonstigen ungefährlichen Hunde, bei denen für den ersten Hund 72,00 DM und für
den zweiten lediglich 120,00 DM an Steuern zu zahlen wären. Die Differenzierung
der Steuern nach der Rassenzugehörigkeit verstoße gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz.
Die Kläger beantragen,
den Hundesteuerbescheid der beklagten Stadt vom 02.06.1999 in der
Form des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2000 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Kammer hat mit Beschluss vom 26.03.2003 den Rechtsstreit dem Einzelrichter
zur Entscheidung übertragen. Im Übrigen wird auf die Verhandlungsniederschrift
vom 13.05.2003 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Hundesteuerbescheid der beklagten
Stadt vom 02.06.1999 und der Widerspruchsbescheid vom 19.06.2000 sind
rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Der Steuerbescheid hat seine Rechtsgrundlage in § 7 des Hessischen Gesetzes
über kommunale Abgaben i. V. m. den §§ 1 bis 5 der Satzung der Beklagten vom
11.12.1998 über die Erhebung einer Hundesteuer.
§ 7 des Hessischen Gesetzes über kommunale Abgaben (vom 17.03.1970, GVBl I
S. 225 - HessKAG -) bestimmt in seinem Abs. 1, dass die Gemeinden Steuern
nach Maßgabe der Gesetze erheben. Soweit solche Gesetze nicht bestehen,
können die Gemeinden nach § 7 Abs. 2, § 2 Abs. 1 HessKAG örtliche
Aufwandsteuern aufgrund von Satzungen erheben. Bis Ende des Jahres 1998 gab
es in Hessen ein Hundesteuergesetz, das die Gemeinden verpflichtete, eine
Hundesteuer als Gemeindesteuer zu erheben. Das Hundesteuergesetz vom
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Hundesteuer als Gemeindesteuer zu erheben. Das Hundesteuergesetz vom
09.03.1957 (HessGVBl I S. 28) bestimmte, dass der Steuersatz im Rahmen der in
§ 5 Abs. 2 des Gesetzes bestimmten Mindest- und Höchstsätze durch Ortssatzung
festgesetzt wird. Mit dem Hessischen Gesetz vom 03.11.1998 (GVBl I S. 405)
wurde das Hundesteuergesetz zu Ende des Jahres 1998 aufgehoben. Dies
bedeutet aber nicht, dass die Gemeinden keine Hundesteuer mehr erheben
dürfen, sondern lediglich, dass sie nicht mehr verpflichtet sind, Hundesteuern zu
erheben. Durch das Aufhebungsgesetz vom 03.11.1998 wurde in das
Kommunalabgabengesetz eine Sonderbestimmung zur Hundesteuer betreffend
das Steuergeheimnis eingeführt.
Bei der gemeindlichen Hundesteuer handelt es sich um eine zulässige örtliche
Aufwandsteuer im Sinne des § 7 HessKAG und des Artikels 105 Abs. 2a GG (vgl.:
Hess.VGH Beschluss vom 29.05.2001 - 5 N 92/00 - HessVGRspr. 2002 S. 89, 90
HSGZ 2001, 346, 347, BVerwG Urteil vom 19.01.2000 - 11 C 8.99 - BVerwGE 110,
265, 268, HSGZ 2000, 189). Die in Streit stehende Satzung der Beklagten vom
11.12.1998 über die Erhebung einer Hundesteuer ist rechtmäßig aufgrund der §§ 5
und 51 der Hessischen Gemeindeordnung und der §§ 1, 2 und 7 des Hessischen
Kommunalabgabengesetzes beschlossen, bekannt gemacht und zum 01.01.1999
in Kraft getreten. Der angefochtene Hundesteuerbescheid entspricht den
Bestimmungen der Satzung.
Entgegen dem Vorbringen der Kläger verstoßen die zur Anwendung gelangten
Bestimmungen dieser Hundesteuersatzung nicht gegen höherrangiges Recht,
insbesondere auch nicht gegen das Gleichheitsgebot des Artikel 3 Abs. 1
Grundgesetz oder gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (vgl. BVerwG, Urteil
vom 19.01.2000 - 11 C 8.99 - BVerwGE 110, 265; Hess. VGH Beschluss vom
29.05.2001 - 5 N 92/00 - HSGZ 2001, 346, HessVGRspr. 2002, 89). Die Beklagte
verfolgt mit ihren Satzungsbestimmungen zu gefährlichen Hunden im Rahmen
ihrer kommunalsteuerrechtlichen Gestaltungsfreiheit zulässigerweise das Ziel, in
ihrem Gebiet ganz generell das Halten solcher Hunde zurückzudrängen, die
aufgrund ihrer durch Züchtung geschaffenen typischen Eigenschaften in
besonderer Weise die Eignung aufweisen, ein gefährliches Verhalten zu entwickeln,
sei es auch erst nach Hinzutreten anderer Faktoren (BVerwG Urteil vom
19.01.2000, BVerwGE 110, 265, 274, 275; Hess. VGH Beschluss vom 29.05.2001,
HSGZ 2001, 349). Hunde der Rasse American Staffordshire-Terrier, zu der im
Sinne des § 5 Abs. 5 der Steuersatzung die Hunde der Kläger gehören, zählen zu
den im Bundesgesetz zur Bekämpfung gefährlicher Hunde (vom 12.04.2001, BGBl
I Seite 530) namentlich genannten vier gefährlichen Hunderassen (§ 2 des
Bundesgesetzes) und zu den drei Hunderassen, deren Gefährlichkeit in der
Hessischen Gefahrenabwehrverordnung über das Halten und Führen von
gefährlichen Hunden (vom 15.08.2000, GVBl I S. 411) unwiderleglich vermutet
worden war, insbesondere auch unabhängig von dem Ergebnis einer
Wesensprüfung des jeweiligen Hundes (§ 2 der Verordnung).
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 29.08.2001 (11 N
2497/00, HSGZ 2002, 28, NVwZ-RR 2002, 650) die Anordnung einer
unwiderleglichen Vermutung der Gefährlichkeit in § 2 der Hessischen
Gefahrenabwehrverordnung für nichtig erklärt und den Leitsatz aufgestellt, eine an
die Zugehörigkeit zu bestimmten Hunderassen anknüpfende unwiderlegliche
Vermutung der Aggressivität und Gefährlichkeit von Hunden gegen Menschen
oder Tiere in eine Gefahrenabwehrverordnung sei zur Abwehr abstrakter Gefahren
für die öffentliche Sicherheit nicht erforderlich und verstoße gegen den
Gleichheitssatz, wenn es der Verordnungsgeber bei statistisch vergleichbar
auffällig gewordenen Hunderassen bei einer widerleglichen Vermutung belasse. In
den Gründen des Urteils heißt es unter anderem, unter den Gesichtspunkten der
Erforderlichkeit und auch der Verhältnismäßigkeit erscheine es nicht vertretbar,
einem Teil der Halter von statistisch besonders gefährlichen Hunden mit einer
unwiderleglichen Vermutung die Möglichkeit abzuschneiden, die individuelle
Ungefährlichkeit der von ihnen gehaltenen Hunde in einem geordneten Verfahren
nachzuweisen. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat indessen ausdrücklich
betont, dass diese Entscheidung und ihre Gründe keine Geltung für das
Steuerrecht beanspruchen und zutreffend Folgendes ausgeführt: "Mit dieser
Entscheidung setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu dem Beschluss des 5.
Senats des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. Mai 2001 - 5 N 92/00 -
und zu dem darin zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Januar
2000 - 11 C 8.99 - (BVerwGE 110, 265), mit denen die Vereinbarkeit der an die
Hunderasse anknüpfenden unwiderleglichen Vermutung der
Kampfhundeeigenschaft in Hundesteuersatzungen mit höherrangigem Recht
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Kampfhundeeigenschaft in Hundesteuersatzungen mit höherrangigem Recht
bestätigt worden ist. Wie das Bundesverwaltungsgericht in der zitierten
Entscheidung hervorgehoben hat, sind bei Rechtsnormen im Steuerrecht
Typisierungen und Pauschalierungen in weiterem Umfang als in anderen
Rechtsgebieten möglich und widersprechen nicht dem Gleichheitssatz, soweit nicht
durch "prohibitive" Steuersätze, die einem Verbot der Kampfhundehaltung im
Ergebnis gleichkämen, eine wegen ihrer "erdrosselnden" Wirkung ohnehin
unzulässige Besteuerung herbeigeführt wird (BVerwG a.a.O., S. 271 f.). Hier geht
es indessen um eine unwiderlegliche Vermutung der Kampfhundeeigenschaft in
einer Gefahrenabwehrverordnung, die ein Verbot der Hundehaltung zur Folge
hätte und damit weit stärker in die Rechtsstellung der Betroffenen eingreifen würde
als eine erhöhte Steuerlast. Deshalb sind unter dem Gesichtspunkt der
Verhältnismäßigkeit höhere Anforderungen an die Regelung zu stellen als im
Steuerrecht." (Seite 32 des Urteils vom 29.08.2001, Az. 11 N 2497/00, NVwZ-RR
2002, 653, HSGZ 2002, 33).
Von den Klägern sind vernünftige Gründe vorgebracht worden, die dagegen
sprechen, dass sie für ihre beiden Hunde eine Steuer für Kampfhunde von
insgesamt 2.400,00 DM jährlich festgesetzt wird. Es ist jedoch rechtlich nicht zu
beanstanden und hält sich im Rahmen kommunalsteuerrechtlicher
Gestaltungsfreiheit, dass die gewählten Vertreter der Bürgerschaft der beklagten
Stadt mit der Hundesteuersatzung vom Dezember 1998 alle Hunde der Rasse
American Staffordshire-Terrier zu den Kampfhunden gezählt und für Hunde dieser
Rasse unabhängig von den jeweiligen individuellen Eigenschaften der Hunde einen
Steuersatz von jährlich 1.200,00 DM festgesetzt haben.
Die Erhöhungen des Satzes der Hundesteuer für Hunde der genannten
Kampfhunde-Rassen auf jährlich 1.200,00 DM ist zwar eine drastische Maßnahme,
aber generell verhältnismäßig und rechtmäßig auch bezüglich solcher Hunde, die
bereits vor Erhöhung der Hundesteuer von den Steuerpflichtigen gehalten wurden.
Der beanstandete Steuersatz erreicht nicht eine solche Höhe, dass damit aus
finanziellen Gründen generell die Abschaffung der Kampfhunde im Sinne der
Satzung erzwungen würde und dies im Ergebnis einem Verbot der Haltung dieser
Hunde gleichkäme (vgl. BVerwG Urteil vom 19.01.2000 - 11 C 8.99 - BVerwGE 110,
265, 270, 271; Hess. VGH Beschluss vom 29.05.2001 HSGZ 2001, 346, 350 und
zur Zulässigkeit eines Steuersatzes von jährlich 1.200,00 DM für gefährliche
Hunde VG Kassel Beschluss vom 30.06.1999 - 6 G 1322/99 - HSGZ 2000, 109, zur
Zulässigkeit eines Steuersatzes von jährlich 1.656,00 DM für gefährliche Hunde
OVG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 15.05.2001 - 14 B 472/01 - HSGZ 2001,
350, KStZ 2001, 192). Zutreffend führt das Bundesverwaltungsgericht in seinem
Urteil vom 19.01.2000 (BVerwGE 110, 265) in diesem Zusammenhang folgendes
aus: "Was das Fehlen einer Übergangsregelung in der Hundesteuersatzung
angeht, kann die Beklagte im Übrigen zu Recht auf die Vorschriften der
Abgabenordnung zur Stundung (§ 222 AO), zum Zahlungsaufschub (§ 223 AO)
und zum Erlass der Steuerschuld aus Billigkeitsgründen (§ 227 AO) verweisen.
Insbesondere die Möglichkeit des Steuererlasses gibt der Beklagten das Recht und
die Pflicht, unter besonderen Umständen sich aus dem Fehlen einer
Übergangsvorschrift ergebende Härten auszugleichen. Folglich bietet das
Steuerrecht durchaus eine Handhabe, im besonderen Einzelfall eine Situation zu
vermeiden, in der - als ein häufig angeführtes Beispiel - ein seit Jahren sich friedlich
verhaltender Kampfhund in ein Tierheim gegeben oder gar getötet werden
müsste, weil sein Halter die erhöhte Steuerlast objektiv nicht tragen kann."
Der von den Klägern im Widerspruchsverfahren genannte § 227 Abgabenordnung
betrifft nicht die hier streitige Festsetzung von Steuern, sondern den Erlass von
Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis. Nach § 163 der Abgabenordnung
können Steuern niedriger festgesetzt werden, wenn die Erhebung der Steuer nach
Lage des einzelnen Falles unbillig wäre; die Entscheidung über die abweichende
Festsetzung kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden. Gründe für eine
niedrigere Festsetzung der Steuer gemäß § 163 Abgabenordnung für einen Erlass
nach § 227 Abgabenordnung oder für eine Stundung betreffen nicht die
Rechtmäßigkeit der erfolgten Steuerfestsetzung und können nicht mit der hier
erhobenen Anfechtungsklage zulässig geltend gemacht werden, sondern das
Begehren auf niedrigere Steuerfestsetzung oder auf einen Erlass von Steuern
wäre nach einem entsprechenden Vorverfahren mit einer Verpflichtungsklage zu
verfolgen. Die von den Klägern vorgebrachten sachlichen Gründe bieten indes
auch keine Gründe, aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 der Abgabenordnung die
Hundesteuer niedriger festzusetzen. Dass die Kläger zuverlässige und
sachkundige Hundehalter sind und möglicherweise ein friedfertiges, ungefährliches
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sachkundige Hundehalter sind und möglicherweise ein friedfertiges, ungefährliches
Wesen und eine artgerechte Haltung der beiden Hunde in ihrer Familie nachweisen
können, das sind keine besonderen Umstände, sondern das wären vielmehr
Voraussetzungen für das Halten der Hunde nach der neuen Hessischen HundeVO
vom 10.05.2002 (GVBl I S. 90).
Die erhöhte Hundesteuer für sogenannte Kampfhunde dient rechtmäßig dem
öffentlichen Interesse der Beklagten, dass in ihrem Gebiet möglichst wenig Hunde
solcher Hunderassen gehalten werden, die auf eine erhöhte Kampfbereitschaft
oder Gefährlichkeit hin gezüchtet sind. Demgemäß schließt § 8 der Satzung die in
§ 6 der Satzung vorgesehenen Steuerbefreiungen und die in § 7 der Satzung
vorgesehene Steuerermäßigung für die Hunde aus, die im Sinne der Satzung als
gefährliche Hunde oder als Kampfhunde gelten.
Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen, da sie unterliegen (§ 154
Abs. 1 VwGO).
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit wegen der Kosten ergeht aufgrund
§ 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3
oder Nr. 4 VwGO liegen aus der Sicht des Verwaltungsgerichts nicht vor.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.