Urteil des VG Gelsenkirchen vom 10.07.2007

VG Gelsenkirchen: aufschiebende wirkung, cannabis, entziehung, anhörung, verfügung, konsum, vollziehung, behörde, leib, gesundheit

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 7 L 668/07
Datum:
10.07.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
7 L 668/07
Schlagworte:
Entziehung, Fahrerlaubnis, Cannabis
Tenor:
Der Antrag wird auf Kosten des Antragstellers abgelehnt.
Der Streitwert wird auf 3.750 EUR festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der Antrag,
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die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die
Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 19. Juni 2007 wiederherzustellen bzw.
anzuordnen,
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ist gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - zulässig, aber
unbegründet. Die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens vorzunehmende
Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus, weil die Ordnungsverfügung
bei summarischer Prüfung mit großer Wahrscheinlichkeit rechtmäßig ist. Zur
Begründung verweist die Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen auf die
Ausführungen in der angegriffenen Verfügung des Antragsgegners, denen sie im
Grundsatz folgt (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO). Allerdings ist nicht ersichtlich, warum vor dem
Erlass dieser Verfügung nicht eine Anhörung - ggfs. mit einer kurzen Frist - möglich
gewesen sein sollte. Der darin liegende Verfahrensfehler ist aber gemäß §°45 Abs. 1
Nr. 3 und Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen
vorliegend unbeachtlich, da die Anhörung nachgeholt werden kann.
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Ausgangspunkt der Betrachtung ist im vorliegenden Fall, dass der Antragsteller am 23.
Februar 2007 ein Kraftfahrzeug unter Cannabiseinfluss geführt und dadurch bewiesen
hat, dass er zwischen Konsum von Cannabis und Fahren nicht trennen kann,
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vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschlüsse
vom 15. Dezember 2003 - 19 B 2493/03 - und 7. Februar 2006 - 16 B 1392/05 -.
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Der im Blut des Antragstellers nach dem Ergebnis des toxikologischen Gutachtens von
Prof. Dr. N. (Institut für Rechtsmedizin der Universität C. ) vom 22. April 2007
festgestellte THC-Wert von 2,4 ng/ml übersteigt den zu § 24 a Abs. 2 des
Straßenverkehrsgesetzes - StVG - durch die Grenzwertkommission festgesetzten Wert
von 1 ng/g bzw. ml und rechtfertigt daher die Annahme eines zeitnahen Konsums mit
entsprechender Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit. Das Erreichen dieses
Grenzwertes ist nämlich entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers für die
Annahme relevanten Cannabiseinflusses erforderlich, aber auch ausreichend,
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vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 -
mit zahlreichen Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur.
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Da der Antragsteller damit bewiesen hat, dass er zwischen Cannabis- Konsum und
Fahren nicht trennen kann, kommt es vorliegend nicht darauf an, ob er gelegentlich oder
gar regelmäßig Cannabis konsumiert (Ziffer 9.2.1 der Anlage 4 zur
Fahrerlaubnisverordnung - FeV -).
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Vgl. dazu: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Februar 2007 -
10 S 3202706 -, Verkehrs-mitteilungen 2007, 48
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Angesichts der feststehenden Ungeeignetheit des Antragstellers - bei diesem
Sachverhalt steht die Entziehung nicht im Ermessen der Behörde - bestehen auch keine
Bedenken an der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entziehungsverfügung. Die
damit verbundenen Schwierigkeiten hat der Antragsteller hinzunehmen, weil gegenüber
seinen Interessen das Interesse am Schutz von Leib, Leben und Gesundheit anderer
Verkehrsteilnehmer eindeutig überwiegt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die
Voraussetzungen für die Entziehung der Fahrerlaubnis zwischenzeitlich nicht mehr
vorliegen. Es bleibt dem Antragsteller unbenommen, den hierfür erforderlichen
Nachweis ggf. noch im Widerspruchsverfahren oder in einem späteren
Wiedererteilungsverfahren durch eine medizinisch-psychologische Untersuchung zu
führen, die zwingend vorgeschrieben ist (vgl. § 14 Abs. 2 FeV).
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Angesichts dessen ist auch die Zwangsmittelandrohung nicht zu beanstanden.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht
auf § 53 Abs. 3 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 und 2 des Gerichtskostengesetzes und
entspricht der Praxis bei Eilverfahren bezüglich der Fahrerlaubnis der Klasse B, wenn -
wie vorgetragen - der Antragsteller Berufskraftfahrer ist.
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