Urteil des VG Gelsenkirchen vom 16.12.2009

VG Gelsenkirchen (kläger, kündigung, www, inhaber, anbieter, jugendschutz, internet, access provider, staatsvertrag, örtliche zuständigkeit)

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 14 K 4086/07
Datum:
16.12.2009
Gericht:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Spruchkörper:
14. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
14 K 4086/07
Schlagworte:
Inernet, Domain, Domaininhaber; Admin, Jugendmedienschutz,
pornografische Inhalte, Altersverifikation, geschlossene Benutzergruppe,
Linkhaftung, Anbieter, Angebot, Ausland, Internetangebote, Hyperlink,
Gebührenfestsetzung
Normen:
JMStV § 4; JMStV § 4 Abs 2; JMStV § 20; RStV § 59; StGB § 184
Leitsätze:
Beanstandung unzulässiger pornografischer Internetangebote nach dem
Jugendmedienschutz-Staatsvertrag durch die Landesmedienanstalt
gegenüber dem Domaininhaber und Admin nach den Grundsätzen der
Linkhaftung.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn
nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit
leistet.
Tatbestand:
1
Der Kläger wendet sich gegen eine auf der Grundlage des Jugendmedienschutz-
Staatsvertrages (JMStV) ergangene Beanstandungs- und Untersagungsverfügung der
Beklagten betreffend mehrere auf den Kläger registriert gewesene Internet-Domains.
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Seit 2005 erhielt die nach dem Jugendschutzmedien-Staatsvertrag durch die obersten
Landesjugendbehörden eingerichtete gemeinsame Stelle Jugendschutz aller Länder
"jugendschutz.net" Hinweise auf ein Seitennetzwerk, dessen Inhalte von den
Beschwerdeführern als pornografisch beschrieben wurden. Zu den beanstandenden
Internetangeboten gehörten unter anderem die Internetseiten www.poppen-
kostenlos.info sowie www.poppen-privat.com. Der Vorgang wurde daraufhin von
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jugendschutz.net im Einzelnen gesichtet, bewertet und die relevanten Daten am 9.
Oktober 2006 mittels eines Screencam gesichert. Ausweislich der Ermittlungen betrieb
der Anbieter ein Seitennetzwerk, das allein dazu diente, auf das ausländische Angebot
"poppen-kostenlos.com" zu verlinken, ohne dass eine hinreichende Altersüberprüfung
stattfand.
Nach mehreren Anbieterwechseln wurde der seinerzeit aktuelle Anbieter, der Kläger,
von jugendschutz.net mit Schreiben vom 7. August 2006 als Verantwortlicher der
vorgenannten, sowie weiterer im Einzelnen bezeichneter Websites, die Gegenstand der
weiteren Klageverfahren 14 K 4083/07, 4084/07 und 4085/07 sind - darauf aufmerksam
gemacht, dass auf den Websites unzulässige jugendgefährdende Inhalte frei zugänglich
seien. Der Kläger wurde aufgefordert, die Angebote eigenverantwortlich den
gesetzlichen Anforderungen entsprechend anzupassen, insbesondere sicherzustellen,
dass die angebotenen Inhalte nur Erwachsenen zugänglich seien (geschlossene
Benutzergruppe). Erkennbare Änderungen waren bis zum 10. Oktober 2006 nicht zu
verzeichnen. Ausweislich einer an diesem Tag durchgeführten Whois-Abfrage war der
Kläger bezüglich der genannten Domains als Domain-Inhaber (Registrant) sowie als
administrativer Ansprechpartner (Admin) ausgewiesen.
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Daraufhin übermittelte jugendschutz.net den Vorgang an die gemäß § 14 JMStV
gebildete Kommission für Jugendmedienschutz (KJM). Die Mitglieder dieser Prüfgruppe
gelangten im Rahmen einer anlässlich der Prüfgruppensitzung vom 6. Dezember 2006
vorgenommenen Live-Sichtung zu dem einstimmigen Ergebnis, dass die Angebote
gegen § 4 Abs. 2 JMStV verstießen (Verbreitung pornografischer Inhalte ohne
hinreichende (Alters-)Schutzvorkehrungen). Neben einer Beanstandung und
Untersagung des Angebots wurde die Einleitung eines Ordnungswidrigkeiten-
verfahrens empfohlen. Unter dem 10. Januar 2007 übersandte die KJM den Vorgang an
die Beklagte als die für den Wohnsitz des Klägers zuständige Landesanstalt für Medien.
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Die Beklagte hörte den Kläger unter dem 30. Januar 2007 unter Darstellung der
Rechtsgrundlagen zu dem vorgenannten Sachverhalt an und gab ihm Gelegenheit zur
Stellungnahme bis zum 14. Februar 2007. Unter dem 12. Februar 2007 erfolgte eine
förmliche Anhörung des Klägers als Betroffener gemäß § 55 des
Ordnungswidrigkeitengesetzes - OWiG -.
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Mit Schreiben vom 15. Februar 2007 übersandte der Kläger unter Bezugnahme auf ein
Telefongespräch (mit der Referatsleiterin der Beklagten, Frau R. ,)
Kündigungsunterlagen zu Domains. Er führte aus, die Firma united domains AG habe
seine damalige Kündigung nicht anerkannt, so dass er den Vorgang an seinen
Prozessbevollmächtigten übergeben habe. Anhand der anliegenden
Rechnung/Mahnung sei ersichtlich, dass er die Domains bereits Mitte letzten Jahres
gekündigt habe. Beigefügt waren eine Rechnung der united domains AG vom 6.
Februar 2007, ein - nicht unterschriebenes - Formular über die Kündigung und
Löschung von Domains des Klägers gegenüber der united domains AG - auf dem die
vorliegend in Streit stehenden Domains nicht ausdrücklich ausgewiesen waren - sowie
eine E-Mail der vorgenannten Firma vom 8. August 2006. Darin heißt es unter anderem,
dass ein vom Kläger in Bezug genommenes Kündigungsschreiben vom 25. Mai 2006
dort zuvor nicht vorgelegen habe, so dass die Domains nach wie vor registriert seien
und sich automatisch verlängert hätten. Anhand des jetzigen Schreibens würden die
angegebenen Domains nun zum Ablaufende gekündigt und könnten für den noch zu
zahlenden Zeitraum genutzt werden.
7
Wegen der weiteren Einzelheiten der Anlagen wird auf Blatt 42 bis 44 Teil 1 der Beiakte
Heft 2 verwiesen.
8
Nach Prüfung dieser Unterlagen teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 2.
März 2007 mit, dass aus den übersandten Unterlagen keine Kündigung der
streitgegenständlichen Seiten ersichtlich werde, so dass das Verfahren ohne weitere
Benachrichtigung weiter betrieben werde, wenn nicht bis zum 16. März 2007 weitere
Unterlagen vorgelegt würden. Mit Schreiben vom 22. März 2007 erklärte der Kläger,
dass er auf "irgendwelche Eintragungen (Admin-C usw.)" keinen Einfluss nehmen
könne, da ihm wegen Nichtzahlung und Kündigung Mitte letzten Jahres die besagten
Domains sowieso nicht mehr gehörten. Außerdem habe er sich nie persönlich dort als
Admin-C eingetragen. Die Kündigung der Domains sei aus den Kündigungsunterlagen
ersichtlich.
9
Ausweislich weiterer Whois-Abfragen vom 22. März sowie 11. April 2007 war der Kläger
weiterhin als "Owner" bzw. "Registrant" und Admin registriert. Mit Schreiben vom 5. April
2007 wurde der Vorgang bei der Staatsanwaltschaft Bochum zur Anzeige gebracht.
10
In den folgenden Monaten ergaben weitere Sichtungen der Beklagten unter anderem
vom 28. Juni und 31. Juli 2007, dass die Angebote weiterhin auf das ausländische
Angebot www.poppen-kostenlos.com verlinkten. Die Eintragungen des Klägers als
Domain-Inhaber und Admin-C der Seiten waren nach wie vor nicht gelöscht.
Nachfolgend kam der 44. Prüfausschuss Telemedien der KJM auf der Grundlage einer
Beschlussempfehlung der Beklagten weiterhin einstimmig zu dem Ergebnis, dass ein
Verstoß gegen § 4 Abs. 2 JMStV vorliege. Die Beklagte wurde unter dem 29. August
2007 ersucht, ein rechtsaufsichtliches Verfahren gemäß deren Beschlussvorlage
durchzuführen.
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Mit vorliegend streitbefangenem Bescheid vom 10. Oktober 2007 stellte die Beklagte
gegenüber dem Kläger fest, dass die von diesem verbreiteten, im Einzelnen benannten
Angebote gegen die benannten Bestimmungen des Jugendmedien-
schutzstaatsvertrages verstoßen hätten; das werde medienrechtlich beanstandet. Der
Kläger werde angewiesen, derartige Verstöße künftig zu unterlassen. Für diesen
Bescheid wurde nach dem Gebührentarif zur KJM-Kostensatzung eine Gebühr in Höhe
von 300,00 Euro erhoben.
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Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus: Der Kläger habe mit den
benannten Internetangeboten über einen nachweisbaren Zeitraum von über neun
Monaten ein Seitennetzwerk betrieben, dass allein dazu gedient habe, auf das
ausländische Angebot www.poppen-kostenlos.com zu verlinken. Bei dieser Webseite
handele es sich um eine Erotik-Community, bei der sich der Nutzer mit einer gültigen E-
Mail-Adresse ohne Altersabfrage habe anmelden können. Die Darstellungen im
Memberbereich präsentierten frei zugängliche sexuelle Darstellungen und Handlungen.
Aus seinem Vorbringen im Anhörungsverfahren und den von ihm übersandten
Schreiben hätten keine Anhaltspunkte für eine behauptete Kündigung der
beanstandeten Domains entnommen werden können. Insbesondere sei der Kläger
ausweislich einer Whois-Abfrage vom 11. April 2007 nach wie vor als Domain-Inhaber
und auch als administrativer Ansprechpartner der Angebote registriert gewesen. Auch
hätten die in den Monaten Juni und Juli 2007 durchge-führten Sichtungen erhärtet, dass
die beanstandeten Angebote nach wie vor auf das genannte ausländische Angebot
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verlinkten, über das weiterhin Inhalte zugänglich gewesen seien, die nach den zu § 184
StGB entwickelten Kriterien als pornografisch zu bewerten gewesen seien. Die Sichtung
der Angebote am 23. August 2007 habe ergeben, dass die Inhalte nun nicht mehr
aufrufbar seien. Allerdings sei die Eintragung des Klägers als Domain-Inhaber und
Admin-C der Seiten nach wie vor nicht gelöscht. Hiernach lägen die Voraussetzungen
für eine Beanstandung und eine Untersagung nach § 20 Abs. 1 und 4 JMStV, § 59 Abs.
3 Rundfunkstaatsvertrages - RStV - vor. Die über die Verlinkung aufrufbaren
Darstellungen rückten unter Ausklammerung sonstiger menschlicher Bezüge sexuelle
Vorgänge in grob aufdringlicher Weise in den Vordergrund, wie anhand konkreter
Beispiele zum Sichtungszeitpunkt 31. Juli 2007 im Einzelnen ausgeführt wurde. Für die
unzulässigen Inhalte sei der Kläger verantwortlich. Insoweit sei sein Hinweis
unerheblich, sich nie persönlich als Admin-C eingetragen zu haben, da er ebenfalls als
Domain-Inhaber registriert sei. Ohne Belang sei auch, dass die pornografischen Inhalte
selbst auf Fremdangeboten gelegen hätten und nur über Verlinkungen aufrufbar
gewesen seien. Nach den Grundsätzen zur Linkhaftung sei unter Berücksichtigung der
Gesamtgestaltung der Angebote jedenfalls von einem "zu eigen machen" dieser
Fremdinhalte auszugehen. Eine geschlossene Benutzergruppe im Sinne des § 4 Abs. 2
Satz 2 JMStV sei zu keinem Zeitpunkt gegeben gewesen. Die Internetangebote seien
zwar aktuell nicht mehr aufrufbar, der Verstoß habe jedoch über einen Zeitraum von
über neun Monaten bestanden, ohne dass der Kläger etwas unternommen habe. Ihm
wäre es als eingetragener Admin-C möglich gewesen, die Domains sofort löschen zu
lassen, unabhängig davon, ob er die Eintragung selbst vorgenommen habe oder dies
durch Dritte geschehen sei. So hätte er den unzulässigen Zustand einfach und schnell
beseitigen können. Stattdessen habe der Kläger bis zum Bescheiderlass nichts gegen
seine "angeblich unberechtigte" Registrierung unternommen. Es erscheine somit
erforderlich, ihm durch die Beanstandung und Untersagung noch einmal das
Unrechtsbewusstsein für Fälle dieser Art zu vermitteln und für die Zukunft sicher zu
stellen, dass er solche Verstöße nicht mehr begehe.
Bei der maßgeblichen Gebührenbemessung seien sowohl der mit der Amtshandlung
verbundene Verwaltungsaufwand als auch die Bedeutung, der wirtschaftliche Wert oder
der sonstige Nutzen der Amtshandlung für den Kostenschuldner zu berücksichtigen.
Angesichts des vorgegebenen Gebührenrahmens von 100,00 bis 2.500,00 Euro sei die
festgesetzte Gebühr angemessen und sachgerecht.
14
Gegen den Bescheid erhob der Kläger mit Anwaltsschriftsatz fristgemäß Widerspruch
sowohl gegen die materielle Entscheidung als auch gegen die getroffene
Gebührenentscheidung. Eine Begründung erfolgte nachfolgend nicht.
15
Im Anschluss an eine Mitteilung der Staatsanwaltschaft C. , wonach das gegen den
Kläger eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen Verbreitung pornografischer Schriften
andauere, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 6.
Dezember 2007 unter wesentlicher Bezugnahme auf die Ausführungen im
Ausgangsbescheid als unbegründet zurück.
16
Der Kläger hat am 21. Dezember 2007 Klage erhoben.
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Er führt zur Begründung im Wesentlichen aus: Ein in den Niederlanden wohnender
Geschäftspartner, der keine deutschen Domains habe erwerben können, habe die
Geschäftsidee gehabt, mit deren Erwerb Geld zu verdienen. Absprachegemäß habe er,
der Kläger, daraufhin im Jahre 2005 bei dem Anbieter united domains AG ca. 300
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Domains erworben. Deren Namen seien ihm vor dem Kauf von dem Holländer mitgeteilt
worden; insoweit habe es sich um Begriffe aus dem Sport, der Industrie und aus vielen
anderen Lebensbereichen, auch mit sexuellen bzw. pornografischen Namen gehandelt,
darunter auch die von der Beklagten beanstandeten. Alleiniger Zweck sei der
Weiterverkauf an Dritte gewesen. Sämtliche Domains hätten kurz nach dem Kauf wieder
zum Verkauf gestanden. Da er die Unterlagen an seinen Geschäftspartner aus Holland
übermittelt habe, habe lediglich dieser Zugriff darauf gehabt. Ihm, dem Kläger, sei nicht
bekannt, ob der Geschäftsfreund die gekauften Domains zu anderen Domains verlinkt
habe. Im späten Frühjahr 2006 seien ihm erste überhöhte Rechnungen des Anbieters
united domains AG zugestellt worden. Da zudem keine Domains verkauft worden seien
und er die überhöhten Rechnungen nicht habe bezahlen wollen, habe er mit Schreiben
vom 25. Mai 2006 sämtliche Domains bei dem Domain-Anbieter gekündigt. Da er
gleichwohl in der Folgezeit weitere Rechnungen erhalten habe, habe er mit Schreiben
vom 29. Juni 2006 nochmals die Kündigung erklärt. Nachfolgend habe er auch keine
Rechnungen mehr bezahlt und keinen Zugriff auf die Domains gehabt. Auch sei er nicht
mehr für eine Verlinkung zu anderen Domains verantwortlich gewesen.
Mit Schreiben der Beklagten vom 30. Januar 2007 habe er dann zu seiner
Überraschung erfahren, dass ein Teil der von ihm erworbenen Domains angeblich
gegen Jugendschutzbestimmungen verstoßen habe. Sodann habe er schriftlich auf die
bereits erfolgte Kündigung hingewiesen. Zudem habe ihm in einem Telefonat die als
Zeugin benannte Referatsleiterin der Beklagten, Frau R. , glaubhaft zugesichert, dass
die Sache erledigt sei und nicht weiterverfolgt würde. Soweit die Beklagte nachfolgend
das Verfahren weitergeführt und ihm vorgehalten habe, seine Kündigungserklärung
beziehe sich nicht auf die streitgegenständlichen Domains, sei dass für ihn nicht nur
überraschend gewesen, sondern auch in der Sache unrichtig. Seine Kündigung vom 29.
Juni 2006 habe sich auf alle Domains bei der united domains AG bezogen. Er habe
lediglich versäumt, sich ein Zweitexemplar der Kündigungserklärung aufzubewahren
und könne lediglich das Fax gleichen Datums vorlegen. Hiernach sei der Bescheid aus
mehreren Gründen rechtswidrig:
19
Es sei schon kein deutsches Recht anwendbar, da Inhaber der Internetseite
www.poppen-kostenlos.com, auf die in der beanstandeten Weise verlinkt worden sei,
eine Gesellschaft mit Sitz in Österreich sei (Wand S Limited). Für die Beanstandung
bzw. Sanktionierung eines angeblichen medienrechtlichen Verstoßes in Österreich sei
die Beklagte nicht zuständig. Unabhängig davon sei er lange bevor sich die Beklagte
mit dem Sachverhalt befasst habe nicht mehr Inhaber der beanstandeten Domains und
somit medienrechtlich nicht mehr verantwortlich für deren Nutzung und deren Inhalt
gewesen. Ferner sei es jedem Internetnutzer möglich, Links auf andere Domains und
Internetseiten zu setzen, z. B. über die Suchmaschine Google. Auch habe der Bescheid
auf Grund der ihm gegenüber abgegebenen Zusicherung gemäß § 38 VwVfG nicht
ergehen dürfen. Die Geldbuße sei unverhältnismäßig hoch und willkürlich veranschlagt.
Es sei nicht verständlich, weshalb die Beklagte für einen angeblichen Verstoß vier
verschiedene Geldbußen verhänge. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass er eine
Verlinkung der Domains zu der Internetseite www.poppen-kostenlos.com vorgenommen
habe. Soweit sich die Beklagte in Bezug auf diese Internetseite auf eine mangelnde
Altersüberprüfung berufe, werde verkannt, dass eine sichere Überprüfung im Internet gar
nicht möglich sei. Eine effektive Barriere bestehe nach mehrfacher obergerichtlicher
Rechtsprechung nicht, weil für "interessierte" Kinder und Jugendliche
Umgehungsmöglichkeiten bestünden. Schließlich könne er nicht dafür verantwortlich
gemacht werden, dass die united domains AG ihn nach erfolgter Kündigung ohne sein
20
Wissen noch als Inhaber der Domains geführt habe.
Der Kläger beantragt,
21
den Bescheid der Beklagten vom 10. Oktober 2007 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2007 aufzuheben.
22
Die Beklagte beantragt,
23
die Klage abzuweisen.
24
Sie führt unter Bezugnahme auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide ergänzend
aus:
25
Die Richtigkeit des klägerischen Vortrags, nur als Zwischenhändler der streitigen
Domains agiert zu haben, werde mit Nichtwissen bestritten. Eine schriftliche Mitteilung,
aus der sich eine Kündigung der bei der united domains AG registrierten Domains
ergebe, sei der Beklagten nie zugegangen. Unzutreffend sei auch die Behauptung über
eine angebliche Zusicherung durch ihre Referentin, Frau R. , die Angelegenheit würde
nicht weiter verfolgt. Dem Kläger sei vielmehr verdeutlicht worden, dass er als
Domaininhaber und als Admin-C registriert sei; entgegen der fernmündlichen
Ankündigung des Klägers, eine Kündigung beweisen zu können, seien die nachfolgend
übersandten Schreiben dafür ungeeignet gewesen, weil sie sich insbesondere nicht zu
den streitbefangenen Domains verhielten. Auch im Übrigen griffen die Einwände nicht
durch. Der Kläger sei als Dienstanbieter von Fremdinhalten für die von ihm verbreiteten
Drittinhalte verantwortlich. Er vermittele den Zugang zur Nutzung fremder Informationen.
Auf Grund der Linkhaftung sei er als primär Verantwortlicher für den unzulässigen Inhalt
einzuordnen. Selbst wenn er nur als sekundärer access-provider einzustufen wäre, hätte
er in Anspruch genommen werden können. Dass in § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV verlangte
Altersverifikationssystem zur Herstellung einer sogenannten geschlossenen
Benutzergruppe sei höchstrichterlich sanktioniert. Es möge zutreffen, dass der bloße
Einsatz von Filtersystemen keinen umfassenden Jugendschutz gewährleisten könne.
Altersverifikationssysteme im Sinne der genannten Bestimmung würden jedoch mit
hohem technischen und ökonomischen Aufwand entwickelt und seien äußerst
wirkungsvoll. Sie ermöglichten die Internetverbreitung von Pornografie, ohne den
Jugendschutz zu gefährden. Schließlich verkenne der Kläger, dass gegen ihn keine
Geldbuße verhängt worden sei. Vielmehr sei für die notwendigen Amtshandlungen eine
Gebühr erhoben worden, deren Angemessenheit durch den im Verwaltungsvorgang
dokumentierten hohen Verwaltungsaufwand belegt werde.
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Aus den beigezogenen Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft C. ergibt sich, dass
dem Kläger mit rechtskräftig gewordenem Strafbefehl des Amtsgerichts I. vom 1. Oktober
2008 wegen des Zugänglichmachens pornografischer Schriften an Personen unter 18
Jahren gemäß § 184 Abs. 1 Nr. 2 StGB eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen auferlegt
worden ist (39 JS 148/07). Wegen der Einzelheiten wird auf die übersandten Akten der
Staatsanwaltschaft verwiesen.
27
Das erkennende Gericht hat ferner unter dem 20. November 2009 eine Auskunft des
Domain-Verwalters united domains AG zu der behaupteten Kündigung der streitigen
Domains eingeholt. Wegen des Inhalts sowie deren Antwortschreiben vom 2. Dezember
2009 wird auf den Inhalt der Gerichtsakte (Bl. 64 f bzw. 71 ff) Bezug genommen.
28
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
29
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Beanstandungs- und Untersagungsver-
fügung im angefochtene Bescheid der Beklagten vom 10. Oktober 2007 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2007 ist ebenso rechtmäßig wie die
Gebührenfestsetzung im Ausgangsbescheid und verletzt den Kläger nicht in eigenen
Rechten (§ 113 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).
31
A) Rechtsgrundlagen für die verfügte Beanstandung und Untersagung sind die §§ 20
Abs. 1 und 4 Jugendmedienschutz-Staatsvertrag - JMStV - i.V.m. § 59 Abs. 3
Rundfunkstaatsvertrag - RStV -. Diese Regelungen haben sich vom Zeitpunkt der
letzten Behördenentscheidung bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht
substantiell geändert. Die angegriffene Ordnungsverfügung ist bezogen auf beide
Beurteilungszeitpunkte rechtmäßig, so dass keiner Vertiefung bedarf, ob und in
welchem Umfang ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung in Rede steht.
32
Nach den genannten Bestimmungen trifft die nach näherer Maßgabe zuständige
Landesmedienanstalt die erforderlichen Maßnahmen gegenüber einem Anbieter von
Telemedien u.a. dann, wenn gegen Bestimmungen des Jugendmedienschutz-
Staatsvertrages verstoßen wird.
33
I. Die formellen Voraussetzungen sind erfüllt.
34
Die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Beklagten folgt aus § 20 Abs. 1, 4 und Abs.
6 i.V.m. § 14 Abs. 1 JMStV als der für den Wohnsitz des Klägers zuständigen
Landesmedienanstalt. Der Staatsvertrag stellt eine einheitliche, bei den
Medienanstalten der Länder konzentrierte Aufsicht für alle elektronischen Online-
Dienste her, nachdem der Bundesgesetzgeber im Jugendschutzgesetz (JuSchG) vom
23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730) insoweit auf Jugendschutzbestimmungen verzichtet
hatte. Der Staatsvertrag dient dem Schutz aller Nutzer, besonders aber dem von Kindern
und Jugendlichen, vor Online-Angeboten, die die Entwicklung oder Erziehung von
Kindern und Jugendlichen gefährden können oder die Menschenwürde oder sonstige
durch das Strafgesetzbuch geschützte Rechtsgüter verletzen (§ 1 JMStV).
35
Der Zuständigkeit der Beklagten steht nicht entgegen, dass Inhaber der Internetseite
www.poppen-kostenlos.com, über die die nachfolgend darzulegenden porno-grafischen
Angebote unmittelbar abrufbar waren und auf die die beanstandeten Domains des
Klägers verlinkten, eine im Ausland (Österreich) ansässige Firma sein mag. Die
Regelungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages gelten für alle pornografischen
Angebote in Deutschland. Sie erfassen grundsätzlich auch die Angebote aus dem
Ausland, die im Inland abgerufen werden können, und gelten nach § 3 Abs. 1 und Abs.
5 Nr. 1 Telemediengesetz - TMG - insbesondere auch für Angebote aus anderen
Mitgliedstaaten der Europäischen Union.
36
Vgl. grundlegend BGH, Urteil vom 18. Oktober 2007 - I ZR 102/05 - NJW 2008, 1882,
juris, RdNr. 44; nachfolgend BVerfG, Beschluss vom 24. September 2009 - 1 BvR
1184/08 -, 1 BvR 1231/04 - 1 BvR 1184/08 -, juris.
37
Das im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag geregelte nähere Verfahren ist eingehalten
worden. Insbesondere hat die auf der Grundlage des § 14 Abs. 2 JMStV gebildete
Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), die gemäß § 16 Abs. 1 JMStV für die
abschließende Beurteilung von Angeboten nach diesem Staatsvertrag zuständig ist,
bzw. der von dieser gemäß § 14 Abs. 5 gebildete Prüfausschuss die hier verfügte
Entscheidung getroffen (§ 14 Abs. 1 Satz 2 JMStV); das dazu erforderliche
Einstimmigkeitserfordernis ist gegeben (§ 14 Abs. 5 Satz 3 JMStV).
38
Auch ist der Kläger zuvor von der durch die obersten Landesjugendbehörden
eingerichteten gemeinsamen Stelle Jugendschutz aller Länder "jugendschutz.net", die
organisatorisch an die KJM angebunden ist, auf den (gerügten) Verstoß hingewiesen (§
18 Abs. 1 bis 4 JMStV) und vor Erlass der angefochtenen Verfügung gesondert angehört
worden (vgl. § 28 VwVfG).
39
Dahingehende Bedenken hat der Kläger auch nicht angemeldet.
40
II. Die materiellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der §§ 20 Abs. 1, 4 i.V.m. § 4 Abs.
2 JMStV sind gleichfalls erfüllt. Der Kläger hat als Anbieter von Telemedien gegen das
in § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Satz 2 JMStV statuierte Verbot verstoßen. Danach sind
unbeschadet strafrechtlicher Verantwortlichkeit solche Angebote unzulässig, die in
sonstiger Weise pornografisch sind, wenn nicht sichergestellt ist, dass sie nur
Erwachsenen zugänglich gemacht werden (geschlossene Benutzergruppe).
41
1. Die von der streitbefangenen Verfügung erfassten Internetangebote www.poppen-
kostenlos.info und www.poppen-privat.com betreffen Telemedien i.S.d. §§ 2 und 20
JMStV. Telemedien sind insbesondere Online-Angebote, die im Internet abrufbar sind.
42
BGH, Urteil vom 18. Oktober 2007 - I ZR 102/05 - a.a.O., juris, RdNr. 15.
43
Das stellt der Kläger auch nicht in Abrede, so dass es keiner vertiefenden Ausführungen
dazu bedarf.
44
2. Nicht ernstlich zweifelhaft ist, dass Angebote i.S.d. § 3 Abs. 2 Nr. 1 JMStV mit
unzulässigem pornografischen Inhalt gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JMStV in Rede
stehen.
45
In dem angefochtenen Bescheid ist im einzelnen spezifiziert dargelegt worden, dass die
beanstandeten Internetauftritte über einen näher benannten längeren Zeitraum auf das
ausländische Angebot www.poppen-kostenlos.com verlinkten, über das pornografische
Inhalte i.S.d. § 4 Abs. 2 JMStV zugänglich waren. Denn die abrufbaren Darstellungen
rückten unter Ausklammerung sonstiger menschlicher Bezüge sexuelle Vorgänge in
grob aufdringlicher Weise in den Vordergrund, wobei der Obszönitätscharakter und die
sexuell stimulierende Weise durch visuelle Gestaltungsmittel, u.a. durch extreme
Fokussierung auf sexuelle Handlungen sowie auf Geschlechtsteile verstärkt wurden.
46
Es unterliegt keinen Bedenken, dass die Beklagte zur Begriffsbestimmung i.S.d. § 4
Abs. 2 JMStV insoweit auf die von der Rechtsprechung zu § 184 StGB entwickelten
Kriterien abstellt. Zweifel an der Authentizität der im Bescheid vom 10. Oktober 2007 an
Hand von Pfad- und Bildbeschreibungen detailliert dargelegten Beispielsfälle bestehen
nicht. Solche hat der Kläger auch nicht angemeldet. Die Kammer nimmt wegen der
47
Einzelheiten auf die Begründung des Bescheides Bezug.
Dass das Internetangebot des Klägers als solches nicht pornografisch gewesen sein
mag und ihm ggf. keine Rechte an den auf www.poppen-kostenlos.com angebotenen
Inhalten zugestanden haben mögen, ist bei der gebotenen zweckorientierten und
funktionalen Auslegung des Begriffs "Angebot" in § 4 Abs. 2 JMStV ohne Bedeutung.
48
Vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2007 - I ZR 102/05 - a.a.O., Juris, RdNr. 17
49
Unerheblich ist auch in diesem Zusammenhang, dass Inhaber der Internetseite
www.poppen-kostenlos.com eine im Ausland (Österreich) ansässige Firma sein mag.
50
Die Beklagte hat auch zutreffend angenommen, dass eine sog. geschlossene
Benutzergruppe i.S.d. § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV zu keinem Zeitpunkt gegeben war. Es ist
höchstrichterlich anerkannt, dass eine zuverlässige Altersverifikation i.S.d. Bestimmung
eine "effektive Barriere" zwischen der pornografischen Darstellung und dem
Minderjährigen erfordert. Ein Altersverifikationssystem, das den Zugang zu
pornografischen Angeboten im Internet bspw. nach Eingabe einer Ausweisnummer
sowie der Postleitzahl des Ausstellungsortes sowie weiterer persönlicher Daten (wie
Adresse, Kreditkartennummer oder Bankverbindung) ermöglicht, genügt schon nicht den
Anforderungen des § 4 Abs. 2 JMStV. Erst Recht genügt keine bloße E-Mail- und sog.
Nickname-Angabe, wie sie bei den hier benannten Internetauftritten gefordert worden
sind.
51
BGH, Urteil vom 18. Oktober 2007 - I ZR 102/05 - a.a.O. juris, dort LS 5 sowie RdNr. 23
ff, 30 ff.
52
Dass auf den besagten Internetangeboten darüber hinausgehende, in der
Rechtsprechung als hinreichend effektiv bewertete Altersverifikationssysteme
vorhanden waren, macht der Kläger selbst nicht geltend.
53
3. Der Kläger ist auch als Anbieter der beanstandeten Angebote i.S.d. §§ 3, 4 und 20
JMStV richtiger Adressat der Beanstandungs- und Unterlassungsverfügung.
54
Der Zweck des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags, Kinder und Jugendliche vor
jugendgefährdenden Angeboten in elektronischen Informations- und
Kommunikationsmedien wirksam zu schützen, erfordert eine weite Auslegung des
Anbieterbegriffs in § 3 Abs. 2 Nr. 2 JMStV. Anbieter ist deshalb auch derjenige, der
Internetnutzern über seine Website Zugang zu Inhalteanbietern vermittelt.
55
BGH, Urteil vom 18. Oktober 2007 - I ZR 102/05 - a.a.O., juris, RdNr. 16.; zum Sinn und
Zweck (und amtl. Begründung in NRW) auch VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli
2006 - 15 K 2170/03 - m.w.Nw.
56
Hiernach ist die Anbietereigenschaft des Klägers nicht zweifelhaft. Denn er war
Domaininhaber und sog. Admin C. der im Bescheid benannten Internetangebote. Das
ergibt sich aus den vielfach eingeholten und in den Verwaltungsvorgängen
dokumentierten Whois- Auszügen. Dass der Kläger die streitbefangenen Domains
jedenfalls zunächst erworben hat, stellt er letztlich auch nicht in Abrede.
57
Als solcher verschaffte er Internetnutzern auf den streitbefangenen Internetauftritten
58
Zugang zu den pornografischen Angeboten, ohne dass Haftungsbeschränkungen des
Telemediengesetzes zu seinen Gunsten eingriffen (§§ 7 ff, insbesondere § 7 Abs. 2 Satz
2 TMG). Seiner ordnungsrechtlichen Inanspruchnahme steht nicht entgegen, dass der
Zugang zu den rechtswidrigen Angeboten (nur) über sog. Hyperlinks eröffnet worden ist.
Denn zumindest derjenige, der sich die fremden Informationen, auf die mit Hilfe des
Hyperlinks verwiesen wird, zu eigen macht, haftet dafür wie für eigene Informationen.
BGH, Urteil vom 18. Oktober 2007 - I ZR 102/05 - a.a.0. juris, RdNr. 20.
59
So liegt es hier. Schon angesichts des Namens der in Rede stehenden Domains, die
der Kläger ganz bewusst so erworben hat, um damit, wie er einräumt, Geld zu
verdienen, kann nicht ernstlich bezweifelt werden, dass es dem Erwerber der Seiten
jedenfalls in hohem Maße auch darum ging, die Internetnutzer zu pornografischen
Angeboten zu führen, die nach § 4 Abs. 2 JMStV nur Erwachsenen zugänglich gemacht
werden dürfen. Ein "zu eigen machen" der pornografischen Angebote nach den
Grundsätzen der sog. Linkhaftung ist damit gegeben.
60
Da der Kläger zugleich Domaininhaber und Admin war, bedarf es keiner Entscheidung,
ob seine ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit schon allein aufgrund seiner Stellung
als administrativer Ansprechpartner begründet werden könnte, wofür jedenfalls in der
vorliegenden Konstellation vieles spricht.
61
Vgl. allg. zum Streitstand Hoffmann, Die Entwicklung des Internet-Rechts bis Mitte 2009,
NJW 2009, S. 2649 (2652) und LG Berlin, Urteil vom 13.01.2009 - 15 O 957/07 - juris
einerseits sowie OLG Düsseldorf, Urteil vom 3. Februar 2009 - I-20 U 1/08 -, juris,
andererseits.
62
Sein Bemerken, sich nie persönlich als Admin "eingetragen" zu haben, ist von
vornherein irrelevant, da es auf eine solche persönlich herbeigeführte Eintragung nicht
ankommt. Ohne die Benennung eines (inländischen) administrativen Ansprechpartners
ist eine Domainregistrierung in Deutschland nicht möglich. Dass sich der Kläger
gegenüber dem Domain- Registrar united domains AG der Sache nach als ein solcher
Ansprechpartner benannt hat, folgt aus seinem Vorbringen zu den Hintergründen des
Domainerwerbs.
63
Sein maßgeblicher Einwand, die streitbefangenen Domains gekündigt zu haben, und
zwar lange bevor die Beklagte an ihn herangetreten sei, greift schon vom Tatsächlichen
nicht durch. Deshalb kann offen bleiben, ob eine etwaig vorgenommene bloße
Kündigung der Rechtmäßigkeit der Bescheide überhaupt entgegen stehen könnte.
64
Die Beklagte hat zutreffend angeführt, dass sich aus den vom Kläger im Verwaltungs-
bzw. Widerspruchsverfahren übermittelten Schreiben oder sonstigen vermeintlichen
Belegen eine Kündigung der beanstandeten Domains gerade nicht entnehmen lässt. An
keiner Stelle der vom Kläger vorgelegten Schriftstücke werden diese benannt, auch
nicht in dem (nicht unterschriebenen) Telefax vom 29. Juni 2006. Vielmehr werden
darauf maschinenschriftlich einige wenige andere Domains, wenn auch teilweise mit
möglicherweise ähnlichem sexuellem Hintergrund (wie rödeln.com, rödeln.org), aber
auch christenworld.de, christenworld.com aufgeführt. Der auf dem Telefax
handschriftlich angebrachte Zusatz "u.s.w." ist gänzlich unbestimmt und lässt nicht mit
der gebotenen Eindeutigkeit erkennen, dass sich der Löschungsantrag auf sämtliche bei
der united-domais AG auf den Namen des Klägers seinerzeit registrierten Domains
65
bezog. Vielmehr heisst es in dem Löschungsantrag ausdrücklich, dass der (jeweilige)
Antragsteller als Domain-Inhaber bzw. Admin-C auf alle Rechte der "oben aufgeführten
Domain(s)" verzichte. Die im vorliegenden Verfahren streitbefangenen Domains waren
indes nicht aufgeführt.
Zudem hat die gerichtliche Überprüfung erhärtet, dass (auch) das vom Kläger
ausdrücklich in Bezug genommene, ihm angeblich nicht mehr zugängliche, an den
Domain-Registrar united-domains AG gerichtete Kündigungsschreiben vom 25. Mai
2006 bzw. die damit übersandte umfängliche (vierseitige) "Kündigungsliste" sich nicht
zu den beanstandeten Domains verhält, weil (gerade) diese vom Kläger nicht als von
ihm gekündigt "angekreuzt" worden waren (Bl. 71 ff, (76 ff) d.A.). Ein dahingehendes
"Missverständnis" auf Klägerseite erscheint ausgeschlossen. Vielmehr hat der Kläger
bspw. bzgl. der Domain poppen-kostenlos.info ausdrücklich handschriftlich vermerkt:
"bleibt". Damit übereinstimmend hat die united-domains AG mit Schreiben vom 2.
Dezember 2009 unmissverständlich ausgeführt, dass die vom Beklagten beanstandeten
und vom Gericht im einzelnen benannten (gelisteten) Domains nicht vom Kläger,
sondern vom Domain-Verwalter selbst wegen Zahlungsausfalls zum jeweiligen
Ablaufende der Registrierungsperiode gekündigt worden seien.
66
Auch aus den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten ergibt sich, dass die Angaben
des Klägers zu der angeblichen Kündigung sämtlicher Domains bereits im Jahre 2006
nicht der Realität entsprechen: So hat er ausweislich eines im Ermittlungsverfahren
übersandten Kündigungsschreibens bspw. die im Verfahren 14 K 4084/07
streitbefangene Domain www.poppen-kostenlos.de erst am 30. Juni 2008 gegenüber
der Denic gekündigt.
67
Seiner ordnungsrechtlichen Verantwortlichkeit nicht entgegen steht schließlich, dass der
Kläger die Unterlagen (auch) bzgl. der beanstandeten Domains an einen
Geschäftspartner in den Niederlanden übergeben haben und dem Kläger nicht bekannt
gewesen sein will, dass die von ihm erworbenen Domains zu anderen Domains mit
pornografischem Inhalt verlinkt worden sind.
68
Der Kläger hat sein Vorbringen hinsichtlich des angeblichen niederländischen
Geschäftspartners selbst im Anschluss an das Bestreiten durch die Beklagte schon nicht
ansatzweise belegt oder sonst verifiziert. Sein Vorbringen erweist sich auch angesichts
der aufgezeigten offenbar unwahren Angaben zu der Kündigung der Internetauftritte
hiernach schon als bloße Schutzbehauptung.
69
Unabhängig davon könnte sich der Kläger seiner nach deutschem Recht begründeten
ordnungsrechtlichen Verantwortung durch eine solche nach außen nicht offenbarte,
rechtlich mindestens bedenkliche "Geschäftstransaktion" nicht wirksam entziehen. Das
gilt jedenfalls, solange er als verantwortlicher Domain-Inhaber und Admin der
beanstandeten Domains in Deutschland registriert ist bzw. war. Während dieses
Zeitraums oblagen ihm mindestens entsprechende, ohne weiteres zumutbare
Prüfpflichten. Wenn er diesen nicht nachgekommen ist/sein sollte, wäre er auch deshalb
zu Recht als verantwortlicher Anbieter bzw. ordnungsrechtlicher "Störer" in Anspruch
genommen worden. Soweit er die Verlinkung der Domains mit "Nichtwissen" bestritten
hat, geht das deshalb ins Leere.
70
Insoweit unterscheidet sich der vorstehende Fall grundlegend bspw. von der
Fallkonstellation, in der ein Domain-Inhaber die Nutzung der Domain rechtswirksam in
71
Deutschland verpachtet und deshalb eine Haftung dieses Domainverpächters gewissen
Einschränkungen unterliegen mag.
Vgl. dazu und zur Störereigenschaft/Prüfpflichten: BGH, Urteil vom 30. Juni 2009 - VI ZR
210/08 -, NJW-RR 2009, 1413, zitiert nach juris.
72
Weiterhin erhärtet die rechtskräftige Verurteilung des Klägers gemäß § 184 Abs. 1 Nr. 2
StGB, dass er zu Recht auch ordnungsrechtlich als Anbieter der fraglichen Angebote in
Anspruch genommen wird.
73
4. Die verfügte Beanstandung und Untersagung stellen schließlich eine "erforderliche
Maßnahme" im Sinne von § 20 Abs. 1, 4, § 4 Abs. 2 JMStV und § 20 Abs. 3 RStV dar
und sind im übrigen verhältnismäßig.
74
Welche Maßnahmen bei einem Verstoß als "erforderlich" im Sinne dieser
Bestimmungen in Betracht kommen, ist in den Staatsverträgen nicht näher bestimmt.
75
Die Beanstandung beinhaltet einen vergleichsweise geringen Eingriff. Angesichts
dessen, dass dem Kläger durch das Hinweisschreiben von jugendschutz.net
mindestens seit August 2006 die Verstöße gegen die Bestimmungen des
Jugendmedienschutz- Staatsvertrages bekannt geworden sind, die Internetangebote
gleichwohl über viele weitere Monate noch aufrufbar waren, erweist sich diese
Maßnahme als erforderlich und geeignet sowie angemessen, dem Kläger den
begangenen Rechtsvorstoß nachdrücklich vor Augen zu führen. Ein milderes Mittel ist
insoweit nicht ersichtlich.
76
Die Regelung wird nicht dadurch unverhältnismäßig, dass die beanstandeten Angebote
zum Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheides am 10. Oktober 2007 nicht mehr
aufrufbar waren. Der hiermit verfolgte Sinn und Zweck, dem Kläger das
Unrechtsbewusstsein für Fälle dieser Art zu vermitteln und der Gefahr erneuter
diesbezüglicher Rechtsverletzungen zu begegnen, wird dadurch nicht in Frage gestellt.
Das gilt auch deshalb, weil er sich letztlich als uneinsichtig gezeigt und sich
insbesondere sein sinngemäßes Vorbringen, sogar schon vor dem besagten Hinweis
alles ihm Mögliche zur Kündigung bzw. Löschung der Domains und damit zur
Verhinderung weiterer Rechtsverstöße unternommen zu haben, als unzutreffend
herausgestellt hat.
77
Der Einwand, eine sichere Altersüberprüfung und ein umfassender Jugendmedien-
schutz seien im Internet letztlich gar nicht möglich, gebietet keine andere Bewertung,
führt insbesondere nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme. Auch wenn der
Zugang zu pornografischen Angeboten im Internet durch die gesetzlich vorgeschriebene
Sicherstellung des ausschließlichen Erwachsenenzugangs nicht völlig verhindert wird,
kann er dadurch doch zumindest verringert werden und stellt die Maßnahme einen
Schritt in die richtige Richtung dar. Deshalb ist auch rechtlich unerheblich, dass auf
nach Deutschem Recht untersagte Inhalte möglicherweise anderweitig über das Internet
zugegriffen werden kann.
78
BVerfG, Beschluss vom 24. September 2009 - 1 BvR 1184/08 -, 1 BvR 1231/04 - 1 BvR
1184/08 -, juris; vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 19. März 2003 - 8 B 2567/02 -,
juris, RdNr. 68, 93.
79
Die zudem verfügte Untersagung derartiger Verstöße für die Zukunft ist gleichfalls
bedenkenfrei. Auch dieses letztlich nur die Rechtslage konkretisierende Gebot bedingt
einen eher geringen Eingriff in die Rechte des Klägers. Angesichts seines vorstehend
aufgezeigten Verhaltens ist auch insoweit die Erforderlichkeit und Geeignetheit sowie
Angemessenheit zu bestätigen, weil ohne das ausdrückliche Untersagungsgebot eine
Wiederholung gleichartiger Verstöße zu besorgen war bzw. ist. Sollte der Kläger, wie er
behauptet, ohnehin Domains der hier in Rede stehenden Art nicht mehr nutzen bzw.
nutzen wollen, wäre der Rechtseingriff für ihn um so weniger belastend.
80
Der Rechtmäßigkeit des Bescheides steht auch eine angebliche fernmündliche
Zusicherung der Referentin der Beklagten, Frau R. , nicht entgegen, die Angelegenheit
würde nicht weiter verfolgt.
81
Es ist schon nicht hinreichend substantiiert, dass vom objektiven Empfängerhorizont aus
in dem besagten Telefonat eine rechtserhebliche Erklärung im Sinne eines
materiellrechtlichen Bindungswillens für die Beklagte abgegeben worden sein könnte.
82
Unabhängig davon stünde der Wirksamkeit einer etwaigen Zusicherung, einen
Verwaltungsakt, etwa in Form einer Beanstandung und/oder Untersagung zu
unterlassen, überdies das Schriftformerfordernis gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG
entgegen, das nicht gewahrt wäre.
83
Schließlich beruhte eine solche vermeintliche Erklärung der Beklagten allenfalls auf der
behaupteten Kündigung der Domains durch den Kläger. Eine solche hat es, wie sich im
Nachhinein herausgestellt hat, nicht gegeben. Einer etwaigen verbindlichen Erklärung
der Beklagten wäre folglich nachträglich die Grundlage entzogen worden, so dass eine
Bindungswirkung entfallen wäre (vgl. § 38 Abs. 3 VwVfG).
84
Dem schriftsätzlich angebotenen, in der mündlichen Verhandlung ohnehin nicht
unterbreiteten, Beweisangebot zu dem Gesprächsinhalt brauchte deshalb wegen
Unerheblichkeit nicht nachgegangen zu werden.
85
B) Auch die im Ausgangsbescheid getroffene Gebührenentscheidung ist rechtmäßig.
86
Rechtsgrundlage der festgesetzten Verwaltungsgebühren - es handelt sich nicht, wie
der Kläger wohl meint, um "Bußgeldfestsetzungen" - ist § 14 Abs. 9 JMStV i.V.m. der
KJM-Kostensatzung vom 22. Juli 2004.
87
Zum Zeitpunkt des Erlasses des Gebührenbescheides am 10. Oktober 2007 galt § 14
Abs. 9 JMStV in seiner vom 1. März 2007 bis 31. August 2008 gültigen Fassung.
Insoweit sah Abs. 9 Sätze 2 und 3 - ebenso wie die im Bescheid zitierten Sätze 5 und 6
der Ursprungsfassung - vor, dass von den Verfahrensbeteiligten durch die zuständigen
Landesmedienanstalten Kosten in angemessenem Umfang zu erheben sind; näheres
regeln die Landesmedienanstalten durch übereinstimmende Satzungen.
88
Diese Bestimmungen finden sich in der aktuellen, seit 1. September 2008 gültigen
Fassung des Jugendmedienschutz- Staatsvertrag zwar nicht wieder. Daraus folgt aber
nicht, dass nach Ansicht der Staatsvertragsschließenden für Verfahren der
vorstehenden Art die Verfahrensbeteiligten keine Kosten (mehr) zu tragen hätten. Denn
eine entsprechende Regelung ist seit diesem Zeitpunkt in § 35 Abs. 11 RStV enthalten.
Keiner Entscheidung bedarf deshalb, ob und ggf. wie sich ein nachträglicher Wegfall der
89
gesetzlichen Grundlage auf die Rechtmäßigkeit der Gebührenentscheidung ausgewirkt
hätte.
Nach § 1 der somit nach wie vor einschlägigen KJM-Kostensatzung (Satzung) vom 22.
Juli 2004 werden für eine Amtshandlung aufgrund des Jugendmedienschutz-
Staatsvertrages Kosten (Gebühren und Auslagen) nach näherer Maßgabe der Satzung
sowie des anliegenden Gebührentarifs erhoben.
90
Solche Amtshandlungen sind hier unzweifelhaft erfolgt. Der Kläger ist auch
Kostenschuldner i.S.d. § 5 der Satzung. Er hat die Amtshandlungen veranlasst, weil sie
in seinem Pflichtenkreis erfolgt sind; dass diese gegen seinen Willen durchgeführt
worden sein mögen, ist gebührenrechtlich unerheblich.
91
Die Höhe der Gebühren ergibt sich aus §§ 2, 3 der Satzung. Hiernach ist insbesondere
der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand zu berücksichtigen. Nach
Ziff. 8 der Anlage zur Satzung werden für hier einschlägige Maßnahmen 100 bis 2.500
EUR erhoben. Angesichts des aus den Verwaltungsvor-gängen ersichtlich werdenden
erheblichen Aufwandes (insbesondere vielfache Whois-Abfragen,
Kontrollen/Sicherungen der jeweiligen Internetauftritte u.a. durch die
Prüfgruppenmitglieder) bestehen keine Bedenken, dass die Beklagte pro Domain 150,-
EUR Gebühr festgesetzt hat, zumal dieser Betrag im unteren Bereich des
Gebührenrahmens angesiedelt ist. Weil der Verwaltungsaufwand für jede beanstandete
Domain angefallen ist, ist ein "Mengenrabatt" gebührenrechtlich nicht veranlasst.
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Die Gebührenfestsetzung im Widerspruchsbescheid ist mangels dahingehenden
Antrages nicht streitbefangen; sie unterläge überdies auch keinen durchgreifenden
Bedenken (§ 2 Abs. 2 der Satzung).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der
Zivilprozessordnung.
94