Urteil des VG Gelsenkirchen vom 15.06.2009

VG Gelsenkirchen: aufschiebende wirkung, verfügung, sanierung, ermessensfehler, gewerbe, datum, vollziehung

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 7 L 331/09
Datum:
15.06.2009
Gericht:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
7 L 331/09
Schlagworte:
Gewerbeuntersagung
Tenor:
Der Antrag wird auf Kosten der Antragstellerin abgelehnt.
Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.
G r ü n d e:
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Der sinngemäß gestellte Antrag,
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die aufschiebende Wirkung der Klage gleichen Rubrums 7 K 1563/09 gegen die
Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 2. März 2009 wiederherzustellen bzw.
hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung anzuordnen,
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ist gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - zulässig, aber nicht
begründet. Die sofortige Vollziehung der angefochtenen Verfügung, mit der der
Antragstellerin die weitere selbständige Ausübung des Gewerbes „Zimmerei im
Holzsystembau" im stehenden Gewerbe und jeder anderen selbständigen und leitenden
unselbständigen gewerblichen Tätigkeit wegen Unzuverlässigkeit auf Dauer untersagt
worden ist, ist im überwiegenden öffentlichen Interesse geboten. Demgegenüber muss
das private Interesse der Antragstellerin an einer weiteren selbständigen oder leitenden
unselbständigen gewerblichen Tätigkeit zurückstehen.
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An der Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagung bestehen nämlich nach der im
vorliegenden Verfahren nur gebotenen summarischen Prüfung keine ernstlichen
Zweifel. Die Antragstellerin ist unzuverlässig im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 1 der
Gewerbeordnung - GewO -. Die Gewerbeuntersagung ist auch unter Beachtung des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zum Schutz der Allgemeinheit vor weiteren
Schadenszufügungen durch die Antragstellerin notwendig. Dies gilt auch bezüglich der
erweiterten Untersagung gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO. Zur Vermeidung von
Wiederholungen wird in entsprechender Anwendung des § 117 Abs. 5 VwGO auf die im
Wesentlichen zutreffende Begründung der angefochtenen Verfügung Bezug
genommen. Auch wenn dort in einzelnen Formulierungen nicht nur auf die
Unzuverlässigkeit der Antragstellerin abgestellt, sondern auch die Unzuverlässigkeit
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ihres Geschäftsführers thematisiert wird, wird doch in (noch) ausreichendem Maße
deutlich, dass vorliegend allein das Verhalten der gewerbetreibenden Antragstellerin
rechtlich erheblich und auch nur ihr die weitere Gewerbetätigkeit untersagt worden ist.
Rechts- oder Ermessensfehler können deshalb nicht festgestellt werden.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch ein Sanierungskonzept für den Betrieb
der Antragstellerin weder vorgetragen noch erkennbar ist. Die Rückstände beim
Finanzamt C. -Mitte sind während des Verwaltungsverfahrens von Juni 2008 bis
Februar 2009 von ca. 20.000 EUR auf über 47.000 EUR angestiegen. Auch die übrigen
Rückstände sind nicht abgebaut worden, sondern summierten sich auf über 23.000
EUR, so dass im Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung - auf diesen kommt es
gemäß ständiger Rechtsprechung an - Rückstände von über 70.000 EUR aufgelaufen
waren.
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Auch während des vorliegenden gerichtlichen Verfahrens ist keine Änderung zum
Positiven festzustellen. Dabei kann dahinstehen, ob bei der T. -C1. ein Guthaben von
ca. 8.000 EUR mit den Rückständen von ca. 19.000 EUR verrechenbar ist oder nicht;
auch bejahendenfalls betragen allein dort die Beitragsrückstände immer noch ca.
11.000 EUR und die Rückstände insgesamt über 65.000 EUR.
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Nach alledem muss davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin wirtschaftlich
leistungsunfähig ist. Dabei ist völlig belanglos, welche Ursachen zu der Überschuldung
und der wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit geführt haben. Im Interesse eines
ordnungsgemäßen Wirtschaftsverkehrs muss von einer Gewerbetreibenden erwartet
werden, dass sie bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit ohne Rücksicht
auf die Ursachen ihrer wirtschaftlichen Schwierigkeiten ihren Gewerbebetrieb
umgehend aufgibt.
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Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.
November 1997 - 4 A 156/97 -, S. 7 des amtlichen Umdrucks unter Hinweis auf das
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Februar 1982 - 1 C 146.80 -, GewArch
1982, 294.
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Es bleibt der Antragstellerin unbenommen, im Falle einer doch noch möglichen
Sanierung des Betriebes und ihrer Vermögensverhältnisse unmittelbar mit der
Antragsgegnerin eine Duldungsvereinbarung zu erreichen zu versuchen, die vom
Gericht bei der dargestellten Sachlage nicht vorgeschlagen werden konnte.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht
auf § 53 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes und entspricht der
Streitwertpraxis des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen in sog.
erweiterten Gewerbeuntersagungsverfahren (vgl. Beschluss vom 1. Oktober 2004 - 4 B
1637/04 -, NVwZ-RR 05, 215).
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