Urteil des VG Gelsenkirchen vom 21.10.2002

VG Gelsenkirchen: anspruch auf bewilligung, fristlose kündigung, eheähnliche lebensgemeinschaft, eheähnliche gemeinschaft, sozialhilfe, kennzeichen, firma, wohnung, erlass, glaubhaftmachung

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 17 L 1851/02
Datum:
21.10.2002
Gericht:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Spruchkörper:
17. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
17 L 1851/02
Tenor:
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt. Der
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Die
Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten
nicht erhoben werden.
G r ü n d e :
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1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, da die
Rechtsverfolgung aus den nachstehend dargelegten Gründen, die insoweit
entsprechend gelten, keine Erfolgsaussichten bietet (vgl. § 166 der
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung - ZPO - ).
Zudem wurde die gemäß § 166 VwGO i.V.m. § 117 Abs. 2 ZPO erforderliche Erklärung
über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht vorgelegt.
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2. Der Antrag,
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den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der
Antragstellerin ab dem 30. Juni 2002 vorläufig weitere Sozialhilfe zu gewähren,
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hat keinen Erfolg.
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Vorliegend stehen nur die sozialhilferechtlichen Ansprüche der Antragstellerin selbst,
nicht aber ihres Sohnes E. E1. zur Entscheidung. Die anwaltlich vertretene
Antragstellerin hat - worauf sie auch mit Schriftsatz des Antragsgegners vom 29. August
2002 hingewiesen wurde - ausdrücklich nur ihre eigenen Ansprüche verfolgt und ihren
Sohn nur bei der Schilderung ihrer Situation seit der Hilfeeinstellung erwähnt. Im
Übrigen folgt aus dem in § 11 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) zum Ausdruck
gekommenen Grundprinzip des Sozialhilferechts, wonach jedes Mitglied einer
Bedarfsgemeinschaft - auch ein im Haushalt lebendes minderjähriges Kind - einen
individuellen Anspruch auf Bewilligung von Sozialhilfe hat, dass Hilfeansprüche
einzelner Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nicht von anderen Mitgliedern gerichtlich
geltend gemacht werden können.
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Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 21. Januar 1993 - 5 C 3.91 -,
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BVerwGE 92,1; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein- Westfalen (OVG
NRW), Beschluss vom 22. Juli 2002 - 16 B 1098/02 - m.w.N.
Dies gilt auch für die unterkunftsbezogene Hilfe zum Lebensunterhalt, so dass die
Antragstellerin im Hinblick auf die gemeinsame Wohnungsnutzung von vornherein nur
den auf sie entfallenen Kopfteil in zulässiger Weise gerichtlich erstreiten kann.
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Soweit die Antragstellerin im Übrigen die Gewährung der Hilfe zum Lebensunterhalt in
vollem Umfang begehrt, ist der Antrag unzulässig. Dem steht bereits das Verbot der
Vorwegnahme der Hauptsache entgegen. Es entspricht ständiger Rechtsprechung der
Kammer und des OVG NRW, dass zur Sicherung des Lebensunterhalts im Rahmen des
einstweiligen Rechtsschutzes für erwachsene Antragsteller grundsätzlich nur das zum
Lebensunterhalt Unerlässliche erstritten werden kann. Dies wird bei laufenden
Leistungen mit etwa 80 % der regelmäßigen Unterstützung angesetzt.
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Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. März 1997, - 8 B 1/97 -; 6. Februar 1997 - 8 B
52/97 -; 11. Mai 1998 - 24 B 450/98 -; 19. Januar 2000 - 22 B 2017/98 - und 24. August
2000 - 22 B 1083/00 - .
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Soweit der Antrag danach zulässig ist, erweist er sich als unbegründet.
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Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines
vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese
Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um
wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. Danach kann
eine einstweilige Anordnung erlassen werden, wenn ein Anordnungsgrund, d. h. die
besondere Eilbedürftigkeit der Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes, und das
Bestehen des geltend gemachten Anspruches (sog. Anordnungsanspruch) glaubhaft
gemacht worden sind (§ 123 Abs. 3 VwGO, §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Dies ist hier nicht
der Fall.
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Soweit sich der Antrag auf den Zeitraum vor der Antragstellung bei Gericht bzw. nach
dem Ende des Monats der gerichtlichen Entscheidung bezieht, ist er nach der
sozialhilfegerichtlichen Rechtsprechung im Lande Nordrhein-Westfalen von vornherein
mangels Vorliegens eines Anordnungsgrundes unbegründet.
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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Juli 1991 - 8 B 830/91 -.
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Für den verbleibenden, hier allein entscheidungserheblichen Zeitraum vom 8. August
2002 bis zum 31. Oktober 2002 hat die Antragstellerin hinsichtlich der (kopfteilig auf sie
entfallenen) Kosten der Unterkunft bereits einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft
gemacht.
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Nach der Rechtsprechung des OVG NRW ist in einem auf die Gewährung laufender
Kosten für die Unterkunft gerichteten einstweiligen Anordnungsverfahren ein
Anordnungsgrund grundsätzlich (erst) dann gegeben, wenn der jeweilige Hilfe
Suchende glaubhaft macht, dass er ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung
nach Ablauf des - aus der Sicht der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung -
nächstfolgenden Fälligkeitszeitpunktes für die Zahlung des Mietzinses ernsthaft mit
einer Kündigung und Räumungsklage rechnen muss. Das setzt voraus, dass einerseits
ohne die beantragte einstweilige Anordnung zum nächsten Fälligkeitszeitpunkt die
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gesetzlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB für eine fristlose
Kündigung durch den Vermieter eintreten würden, andererseits aber auch ernsthaft
erwartet werden muss, dass der Vermieter nicht nur von seinem Kündigungsrecht,
sondern auch von der Möglichkeit der Räumungsklage Gebrauch machen wird. Erst
eine dergestalt unmittelbar und ernsthaft drohende Kündigung und Räumungsklage
begründen eine aktuelle Notlage, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur
Wahrung wirksamen vorläufigen Rechtsschutzes erfordern kann.
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 12. Dezember 1994 - 8 B 2650/94 -, NWVBl. 1995,
140, vom 20. September 1996 - 24 B 1874/96 - und vom 16. März 2000 - 16 B 308/00 -,
NWVBl. 2000, 392 = NJW 2000, 2523.
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Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen kann das erkennende Gericht nicht ausgehen.
Zum Einen erschöpft sich das Vorbringen der Antragstellerin in der Behauptung, dass
seit Juli 2002 ein Mietrückstand bestehe, ohne dass dies in geeigneter Weise glaubhaft
gemacht worden wäre. Zum Anderen ist nicht ernsthaft zu erwarten, dass der Vater der
Antragstellerin als ihr Vermieter wegen etwaiger Mietrückstände mit den genannten
mietrechtlichen Konsequenzen (Kündigung und ggf. Räumungsklage) reagieren und die
Obdachlosigkeit seiner Tochter und seines Enkelkindes in Kauf nehmen wird. Dies
erscheint aufgrund der engen familiären Beziehung zwischen den Mietvertragsparteien
unwahrscheinlich, zumal die Antragstellerin ihren Angaben zufolge auch auf andere
Weise, nämlich durch Bereitstellung des mütterlichen Kraftfahrzeugs, von ihren Eltern
unterstützt worden ist, und hätte jedenfalls - über die (nicht erfolgte) Glaubhaftmachung
eines qualifizierten Mietrückstandes hinaus - einer gesonderten Darlegung und
Glaubhaftmachung bedurft.
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Vgl. zu dem Erfordernis der positiven Glaubhaftmachung im Falle persönlicher
Beziehungen zwischen den Mietvertragsparteien OVG NRW, Beschluss vom 16. März
2000 -, aaO.
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Darüber hinaus hat die Antragstellerin auch einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft
gemacht.
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Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 BSHG ist Hilfe zum Lebensunterhalt demjenigen zu
gewähren, der seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus
eigenen Kräften oder Mitteln, vor allem aus seinem Einkommen oder Vermögen,
beschaffen kann. Daraus folgt, dass derjenige keinen Anspruch auf Hilfe zum
Lebensunterhalt hat, der in der Lage ist, den Bedarf an notwendigem Lebensunterhalt
entweder aus seinem (oder ihm zurechenbarem) Einkommen oder aus seinem (oder
ihm zurechenbarem) Vermögen zu decken. Da das Vorhandensein eigener bzw.
zurechenbarer Mittel (negatives) Tatbestandsmerkmal für einen Anspruch auf Sozialhilfe
ist, muss der Hilfe Suchende beweisen, dass er seinen Lebensunterhalt nicht durch
eigenes oder ihm zurechenbares Einkommen oder Vermögen sicherstellen kann. Die
Nichtaufklärbarkeit dieses anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmals geht zu
Lasten desjenigen, der das Bestehen des Anspruchs behauptet, also des jeweiligen
Hilfebedürftigen.
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Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. März 1997 - 8 B 1/97 - vom 22. Dezember 1994 - 8
B 3119/94 - und vom 12. September 2000 - 16 B 725/00 -.
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Deutliche Zweifel an der Hilfebedürftigkeit der Antragstellerin rühren zunächst daher,
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dass sie vor der Hilfeeinstellung als Nutzerin eines Kraftfahrzeugs in Erscheinung
getreten ist und offensichtlich auch zur Zeit ein - anderes - Kraftfahrzeug nutzt. Die mit
dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges verbundenen erheblichen Kosten legen nämlich
regelmäßig die Annahme nahe, dass der betreffende Sozialhilfe Begehrende über nicht
offenbarte Mittel verfügt, die es ihm erlauben, diese Kosten zu tragen. Es ist Sache des
jeweiligen Antragstellers, derartige Zweifel an seiner Hilfebedürftigkeit durch
nachprüfbare konkrete Angaben auszuräumen.
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 4. Oktober 1994 - 8 B 2134/94 - und vom 22.
Dezember 1994 - 8 B 3119/94 -.
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Dies ist vorliegend nicht geschehen. Es steht außer Streit, dass die Antragstellerin in der
Vergangenheit den - auf ihre Mutter zugelassenen - Pkw G. G1. mit dem amtlichen
Kennzeichen C. -X. 204 nutzte. Laut Aktenvermerk vom 21. Februar 2002 geht die
Kriminalpolizei davon aus, dass die Antragstellerin für den Vater ihres Kindes, Herrn I.
T. , der selbst nicht im Besitze einer Fahrerlaubnis ist, mit dem o.g. Fahrzeug
Kurierdienstfahrten für die Firma L. in N. (Subunternehmer für den I1. -Versand) getätigt
hat. Auch die Antragstellerin hat laut Niederschrift über ihre persönliche Vorsprache
beim Antragsgegner am 11. Juli 2002 zugegeben, dieses Fahrzeug für private Zwecke
zu nutzen; zudem hat sie dabei angegeben, im Hinblick auf die Tätigkeit für den
Kurierdienst den Kindesvater gefahren zu haben. Diese recht intensive Nutzung des
Kraftfahrzeugs spricht dafür, dass die Antragstellerin als tatsächliche Nutzerin des
Fahrzeuges - jedenfalls teilweise - auch die mit dem Betrieb verbundenen Kosten
getragen hat.
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Gleiches gilt im Hinblick auf die Nutzung eines (weiteren) Kraftfahrzeuges. Die
Antragstellerin hat selbst eingeräumt, Nutzerin eines nur kurz danach, nämlich am 12.
Juli 2002 zugelassenen roten G2. mit dem amtlichen Kennzeichen S. -J (oder Y) 5446
zu sein. Nach ihren eigenen Angaben im Rahmen ihrer am 15. August 2002 gestellten
Strafanzeige gegen den Kindesvater wegen vorsätzlicher Körperverletzung und
Diebstahls ist es zu einem Streit mit dem Kindesvater über die Nutzung des Pkw
gekommen. Der Polizeibericht führt hierzu aus:
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„Ausgelöst hatten diesen Streit unterschiedliche Auffassungen über den Pkw der
Geschädigten. Bei diesem Pkw handelt es sich um einen roten G3. D. , amtliches
Kennzeichen S. -J 5446. Im Fahrzeugschein eingetragen ist der Beschuldigte, nach
Angaben der Geschädigten aus versicherungstechnischen Gründen und, weil sie von
der Sozialhilfe lebt, (sie) kein Fahrzeug besitzen darf. Laut Kaufvertrag und Eintrag im
Fahrzeugbrief (befindet sich derzeit bei einer den Kauf finanzierenden Bank) ist die
Geschädigte die Eigentümerin des Fahrzeuges. Der Beschuldigte wollte an diesem
Abend den Pkw nutzen, die Geschädigte stimmte dem nicht zu."
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Auch die Nachbarn der Antragstellerin haben, wie sich aus dem Vermerk des
Antragsgegners vom 9. Oktober 2002 ergibt, angegeben, „dass Herr T. und Frau B. sich
ein neues Kfz zugelegt haben". Der am 17. Oktober 2002 vom Antragsgegner dem
Gericht vorgelegte Halterauszug des Straßenverkehrsamtes bestätigt schließlich, dass
ein roter G3. mit dem amtlichen Kennzeichen S. -Y 5446 am 12. Juli 2002 auf den
Kindesvater, Herrn I2. T. , zugelassen worden ist. Da Herr T. - wie oben erwähnt - selbst
nicht im Besitze einer Fahrerlaubnis ist, spricht all dies spricht dafür, dass die
Antragstellerin nach wie vor die hauptsächliche Nutzerin dieses Kraftfahrzeugs ist und
die mit dessen Betrieb verbundenen Kosten auch tragen kann.
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Weitere Unklarheiten an den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der
Antragstellerin resultieren daraus, dass sie in der Vergangenheit für den Kurierdienst L.
tätig geworden ist, indem sie mit dem bzw. für den Kindesvater Kurierfahrten
durchgeführt hat, was nahelegt, dass sie über (verschwiegene) Einkünfte verfügt hat.
Die Behauptung der Antragstellerin bei ihrer Vorsprache im Sozialamt am 11. Juli 2002,
dies nur „unentgeltlich" und „aus Freundschaft" getan zu haben, erscheint lebensfremd.
Diese Einlassung, mit der sie ihre Tätigkeit für die Firma L. als eher untergeordnet
darstellen möchte, verträgt sich nur schwerlich mit den im Aktenvermerk vom 21.
Februar 2002 dokumentierten Ermittlungsergebnissen der Kriminalpolizei, wonach laut
Zeugenaussagen, u.a. vom Geschäftsführer der Firma L. , die Antragstellerin nicht nur
Fahrten durchgeführt, sondern auch Auslieferungen getätigt und Geldleistungen
entgegen genommen hat. Zudem steht die Behauptung der Antragstellerin im
Widerspruch zu den Einlassungen des Kindesvaters in dessen richterlichen
Beschuldigtenvernehmung vom 29. Mai 2002, in der dieser angab:
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„Ich habe zusammen mit Frau B. bei der Firma Curierdienst L. GmbH gearbeitet. Da sie
Sozialhilfeempfängerin war, haben wir beide auf meinen Namen gearbeitet. Frau B. kam
dann auf die Idee, die Pakete nicht an die ordnungsgemäßen Empfänger auszuliefern...
An einem Tag war ich selbst krank und habe keine Pakete ausgeliefert. An diesem Tag
hat Frau B. auch mehrere Pakete verschwinden lassen... Den Inhalt der Pakete haben
wir dann gemeinsam verkauft ... Mit den bei der Durchsuchung der Wohnung der Frau B.
aufgefunden Drogen habe ich nichts zu tun..."
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Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob die Antragstellerin mit dem Vater ihres
Kindes, Herrn I2. T. , in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft lebt. Ergänzend sei
jedoch angemerkt, dass trotz der dies bestreitenden Bekundungen der Antragstellerin
und trotz der eidesstattlichen Versicherung des Herrn T. vom 8. August 2002 nach
gegenwärtigem Sach- und Streitstand einiges für die Annahme einer eheähnlichen
Lebensgemeinschaft zwischen der Antragstellerin und Herrn I2. T. und damit für die
Anwendbarkeit des § 122 Satz 1 BSHG spricht. Nach dieser Vorschrift dürfen Personen,
die in eheähnlicher Gemeinschaft leben, hinsichtlich der Voraussetzungen sowie des
Umfangs der Sozialhilfe nicht besser gestellt werden als Ehegatten. Eine eheähnliche
Gemeinschaft ist gegeben bei einer Lebensgemeinschaft zwischen einem Mann und
einer Frau, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft
gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges
Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehungen in einer
reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Mai 1995 - 5 C 16/93 -, NJW 1995, 2802.
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Soweit die Antragstellerin beim Amtsgericht E2. am 12. Dezember 2001 den Erlass
einer einstweiligen Verfügung gegen Herrn T. des Inhalts, dass dieser sie und ihren
Sohn nicht belästigen, bedrohen, beleidigen, körperlich und verbal angreifen und
Telefonterror betreiben dürfe, erwirkte und damit die bereits zum damaligen Zeitpunkt
bestehenden Zweifel des Antragsgegners zunächst zerstreuen konnte, dürfte sich durch
den weiteren Zeitablauf dieses Indiz für eine (dauerhafte) Trennung der Antragstellerin
vom Vater ihres Kindes überholt haben. Bei Betrachtung der weiteren Ereignisse spricht
nämlich vielmehr vieles für die Annahme, dass sich Herr T. nicht nur gelegentlich,
sondern regelmäßig bei der Antragstellerin aufgehalten hat und eine eheähnliche
Lebensgemeinschaft bestanden hat bzw. noch besteht. Bei der am 28. Mai 2002
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durchgeführten Durchsuchung der Wohnung durch die Kriminalpolizei, bei der auf
Wunsch der Polizei wegen des (auch vorliegenden) Verdachts des
Sozialhilfemissbrauchs Mitarbeiter des Sozialamtes teilnahmen, wurden Bekleidung,
Toilettenartikel sowie in großen Mengen persönliche Post des Kindesvaters (die
allerdings an die elterliche Adresse „I3.----straße 3a" gerichtet war) gefunden. Auch nach
mehrfach geäußerter Auskunft von Wohnungsnachbarn gegenüber den Mitarbeitern des
Sozialamtes ist Herr T. zusammen mit der Antragstellerin in die Wohnung eingezogen
und hält sich ständig dort auf. Dies wird bestätigt durch eine Beschwerde der
Eigentümer und Bewohner des Hauses X1.---straße 3 vom 15. Juli 2002 an die
Hausverwaltung, wonach sich der „türkische Lebensgefährte bzw. Mitbewohner" der
Antragstellerin regelmäßig in dieser Wohnung aufhält bzw. diese mit ihr bewohnt. Es
fügt sich schließlich zu den Einlassungen des Kindesvaters bei seiner richterlichen
Vernehmung am 29. Mai 2002, in der er angab:
„Zu meiner Anschrift ist folgendes zu sagen. Ich halte mich zum Teil bei meinen Eltern,
I3.----straße 3a , E2. , auf. Meistens halte ich mich jedoch bei Frau B. , X1.--- straße 3,
E2. , auf..."
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Vor diesem Hintergrund erscheinen die Bekundungen der Antragstellerin, nur mit dem
Vater ihres Kindes befreundet zu sein, jedoch nicht mit ihm zusammen zu leben, als
bloße Schutzbehauptung. Auch der durch die Sachverhaltschilderung der Strafanzeige
vom 15. August 2002 dokumentierte (neuerliche) Streit zwischen der Antragstellerin und
Herrn T. dürfte vor dem Hintergrund bereits zuvor erfolgter Streitigkeiten und
anschließender Versöhnungen wenig geeignet sein, von einer (endgültigen) Trennung
der beiden auszugehen. Der Umstand, dass die Antragstellerin und Herr T. , wie die
gemeinsame Haltung und Nutzung von Kraftfahrzeugen sowie die gemeinsame
Ausübung einer Erwerbstätigkeit zeigen, wirtschaftlich in vielfältiger Weise miteinander
verbunden sind, spricht zudem dafür, dass es sich nicht um eine bloße
Wohngemeinschaft handelt.
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Nach alledem liegt es bei der Antragstellerin, dem Antragsgegner durch eine
vollständige Offenlegung ihrer bislang unklar gebliebenen wirtschaftlichen Verhältnisse
bzw. auch der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kindesvaters aufs Neue die Prüfung zu
ermöglichen, ob für die Zukunft wieder eine Hilfegewährung in Betracht kommt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.
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