Urteil des VG Gelsenkirchen vom 13.06.2006

VG Gelsenkirchen: empfang, wohnung, anzeige, rundfunk, anschrift, abmeldung, berechtigung, zugang, erlöschen, befreiung

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 14 K 1211/06
Datum:
13.06.2006
Gericht:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Spruchkörper:
14. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
14 K 1211/06
Tenor:
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von
Rechtsanwalt L. aus L1. wird abgelehnt.
G r ü n d e :
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Gemäß § 166 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i. V. m. § 114 Satz 1
Zivilprozessordnung - ZPO - erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder
nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte
Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
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Die - wohl nur angekündigte - Klage mit dem sinngemäß gestellten Antrag,
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den Gebührenbescheid des Beklagten vom 4. November 2005 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 23. März 2006 aufzuheben,
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bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, so dass Prozesskostenhilfe unbeschadet
des Vorliegens der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen zu versagen ist.
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Der Beklagte hat gemäß § 2 Abs. 2 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages vom 31.
August 1991 (RGebStV) in der seit April 2005 gültigen Fassung einen Anspruch gegen
den Kläger auf Zahlung der in dem streitbefangenen Gebührenbescheid vom 4.
November 2005 ausschließlich festgesetzten Rundfunkgebühren für Juli bis September
2005 und gemäß § 4 Abs. 7 RGebStV i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 der Satzung über das
Verfahren zur Leistung der Rundfunkgebühren des Westdeutschen Rundfunks Köln
Anspruch auf Zahlung des Säumniszuschlages.
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Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV hat jeder Rundfunkteilnehmer vorbehaltlich der
Regelungen der §§ 5 und 6 für jedes von ihm zum Empfang bereitgehaltene
Rundfunkempfangsgerät eine Grundgebühr und für das Bereithalten jedes
Fernsehgerätes jeweils zusätzlich eine Fernsehgebühr zu entrichten, wobei beide
Bestandteile der Rundfunkgebühr auch dann zu entrichten sind, wenn nur ein
Fernsehgerät bereitgehalten wird. Nach § 4 Abs. 1 RGebStV beginnt die
Rundfunkgebührenpflicht mit dem ersten Tag des Monats, in dem ein
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Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereitgehalten wird.
Nach Aktenlage ist davon auszugehen, dass der Kläger, soweit hier von Belang,
jedenfalls ab August 2004 ein Hörfunk- und ein Fernsehgerät in seiner Wohnung in der
I.-----straße in L1. zum Empfang bereit gehalten hat. Denn das hat er in seinem -
erneuten - Anmeldungsformular vom 29. September 2004 (Bl. 7 BA) ausdrücklich so
angegeben und durch seine Unterschrift bestätigt. Es ist nicht ansatzweise substantiiert
worden, dass diese Erklärung nicht zutreffend sein sollte.
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Inwieweit die zwischen den Beteiligten streitige, sich zu Rundfunkempfangsgeräten in
der früheren Wohnung des Klägers in der I1.--- straße in C. verhaltende
vorangegangene formularmäßige Anmeldung vom 25. Mai 2004 (Bl. 1 BA) inhaltlich
zutreffend ist, ist für den vorstehenden Rechtstreit ohne Belang. Denn selbst wenn
letztere inhaltlich unzutreffend gewesen sein sollte, wie der Kläger geltend macht, und
er folglich in der Wohnung in C. keine Rundfunkgeräte zum Empfang bereit gehalten
hätte, wäre seine Rundfunkgebührenpflicht jedenfalls ab August 2004 erneut bzw.
erstmals begründet worden.
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Bei der insoweit einschlägigen Anzeige vom 29. September 2004 handelt es sich um
eine tatsächliche Erklärung bzw. „Wissenserklärung" ohne rechtsbegründende Wirkung;
die Rundfunkgebührenpflicht entsteht gemäß § 4 Abs. 1 RGebStV unabhängig von der
Anzeige mit dem ersten Tag, in dem ein Rundfunk- bzw. Fernsehgerät zum Empfang
bereitgehalten wird.
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Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 9. März 2004 - 27 K 955/02 - www.justiz.nrw.de, OVG
NRW, Beschluss vom 9. September 2004 - 19 A 2556/03 -.
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Deshalb ist unerheblich, dass der Beklagte die ursprünglich als „Neuanmeldung"
gekennzeichnete Anmeldung vom 29. September 2004 lediglich als
Adressenänderungsmitteilung bewertet hat.
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Der Kläger hat entgegen seinem Vorbringen in der Klagebegründung im Verwaltungs-
und Widerspruchsverfahren nicht hinreichend substantiiert geltend gemacht, diese
zweite Anmeldung sei inhaltlich unzutreffend gewesen und er ab August 2004 (auch) in
seiner Wohnung in L1. kein Fernsehgerät zum Empfang bereit gehalten habe.
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Die gegenteilige Behauptung in der Klageschrift, der Kläger habe entsprechendes
vornehmlich im Schreiben vom 24. Mai 2005 u.a. klargestellt, trifft so nicht zu und
entbindet ihn das aus den nachfolgenden Gründen für die hier streitigen Monate nicht
von der Rundfunkgebührenpflicht.
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Wie die Beteiligten im einzelnen zutreffend ausgeführt haben, hat der Kläger in seinem
persönlichen Schreiben vom 21. Juni 2004 (Bl. 2 BA) ausschließlich dargelegt, aus
welchen Gründen seine vorangegangene Anmeldung vom 25. Mai (nicht: 5. Mai) 2004
inhaltlich nicht zutreffend sei.
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Der schriftliche Widerspruch seines Prozessbevollmächtigten vom 24. Mai 2005 (Bl. 10
BA) gegen den - vorliegend nicht streitbefangenen - Gebührenbescheid vom 5. April
2005 (Bl. 9 BA) nimmt darauf ausdrücklich Bezug und verhält sich nahezu
ausschließlich zu Rundfunkempfangsgeräten in der vormaligen Wohnung des Klägers
in der I1.---straße in C. , wie in zahlreichen Formulierungen unzweideutig zum Ausdruck
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kommt („...Anmeldebescheinigung ... über seine damalige Wohnung I2. ....Unsere
Mandantschaft hat sich hierzu bereits mit Schreiben vom 21.06.2004 eingehend
geäußert und mitgeteilt, dass das in aller Eile unterzeichnete Formular unrichtig sei.
Radiogeräte seien nicht vorhanden und das Fernsehgerät defekt...In jedem Falle wurde
in dem Schreiben klargestellt, dass weder ein Fernsehgerät zum Empfang von
Rundfunkgeräten (gemeint: Rundfunksendungen) noch ein Radiogerät bereit gehalten
werden....so konnten Sie jedenfalls aus dem Schreiben vom 21.06.2004 entnehmen,
dass unser Mandant in seiner alten Wohnung I2. . 16...keine Rundfunkgeräte mehr zum
Empfang bereit hält...Gleichwohl erhält unsere Mandantschaft nunmehr, noch zu dem an
der neuen Anschrift des elterlichen Hauses einen Gebührenbescheid...."). Allein der
abschießende eher beiläufige Hinweis, „Sollte unsere Mandantschaft in nächster Zeit
Rundfunkgeräte zum Empfang bereit halten, so wird Ihnen dies angezeigt werden, dann
allerdings unter Beifügung eines Befreiungsantrages"), könnte darauf hindeuten, der
Kläger habe auch in Abrede stellen wollen, in seiner neuen Wohnung in L1.
Rundfunkgeräte zum Empfang bereit zu halten.
Die weiteren anwaltlichen Widerspruchsschreiben vom 15. und 28. November 2005
nehmen ausdrücklich auf das vorstehend auszugsweise zitierte Schreiben vom 24. Mai
2005 Bezug, ohne einen neuen Sachverhalt auch nur anzudeuten. Soweit darin deshalb
schlicht vorgetragen wird, im Widerspruch vom 24. Mai 2005 „mitgeteilt" bzw.
„klargestellt" zu haben, dass der Kläger keine Rundfunkgeräte zum Betreib bereit halte,
kann dem nach den vorstehenden Ausführungen nicht mit der erforderlichen
Eindeutigkeit entnommen werden, diese Aussage beziehe sich auch auf die aktuelle
Wohnung in L1. .
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Diesen Erklärungen, vornehmlich dem nicht weiter begründeten abschließenden
Hinweis im Schreiben vom 24. Mai 2005, kommt jedenfalls keine die aus der
Anmeldung vom 29. September 2004 resultierende erhebliche Indizwirkung der
inhaltlichen Richtigkeit hinreichend erschütternde Bedeutung zu, die es rechtfertigen
würde, dem Kläger Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Das gilt jedenfalls in einer
Konstellation wie der vorliegenden:
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Es ist vor dem Hintergrund der zwischen den Beteiligten bereits in bezug auf die
Anmeldung vom 25. Mai 2004 in C. entstandenen Ungereimtheiten, wie sie im
Schriftwechsel vom 21. Juni und 11. August 2004 ihren Niederschlag gefunden haben,
nach Aktenlage schlechterdings nicht nachvollziehbar, dass der Kläger nur wenige
Wochen später unter dem 29. September 2004 abermals eine inhaltlich unzutreffende
Anmeldeerklärung, nunmehr für L1. , abgegeben haben könnte. Insoweit fehlt - auch in
der Klagebegründung - jegliches plausible Vorbringen, dass und warum er (auch) bei
Abgabe dieser Anmeldung von falschen Voraussetzungen ausgegangen sein und er
entgegen den eindeutigen Verlautbarungen unter dieser Anschrift kein Fernsehgerät
zum Empfang bereit gehalten haben sollte. Es erscheint lebensfremd, dass der Kläger
nach so kurzer Zeit abermals „irrtümlich ein Formular unterschrieben" haben könnte, das
er „nicht genau gelesen habe" - so seine Formulierungen betreffend das
Anmeldeformular vom 25. Mai 2004 - , nachdem ihm die Bedeutung einer solchen
Anmeldung mit Schreiben des Beklagten vom 11. August 2004 eindringlich vor Augen
geführt worden ist. Der wiederholte Hinweis auf den Defekt des in der alten Wohnung im
C. vorhanden gewesenen Geräts gebietet eine solche Schlussfolgerung nicht oder lässt
eine solche Annahme auch nur als wahrscheinlich erscheinen. Es ist nicht fernliegend,
dass der Kläger sich anlässlich des Wechsels in seine neue Wohnung im elterlichen
Haus ein funktionstüchtiges Empfangsgerät zugelegt oder ein solches zur Verfügung
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gestellt bekommen hat.
Die somit nach Maßgabe seiner Anmeldung vom 29. September 2004 im August 2004
dem Grunde nach entstandene Rundfunkgebührenpflicht hat jedenfalls in den Monaten
Juli bis August 2005 fortbestanden.
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Eine - wie hier - einmal durch Anmeldung bzw. durch das Bereithalten eines Rundfunk-
und Fernsehgeräts zum Empfang entstandene Rundfunkgebührenpflicht kann nur nach
Maßgabe der speziellen Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 RGebStV durch Abmeldung
beendet werden. Eine rückwirkende Abmeldung ist nicht möglich.
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Nach dieser Vorschrift endet die Gebührenpflicht erst mit Ablauf des Monats, in dem das
Bereithalten eines Rundfunkgerätes endet, jedoch nicht vor Ablauf des Monats, in dem
dies der Landesrundfunkanstalt angezeigt worden ist.
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Es entspricht gesicherter Rechtsprechung, dass das Erlöschen der
Rundfunkgebührenpflicht mithin an zwei materiell-rechtliche Voraussetzungen
gebunden ist, nämlich an das Ende des Bereithaltens eines Rundfunkempfangsgerätes
und dessen Anzeige gegenüber der Gebühreneinzugszentrale. Die Anzeige wird (erst)
mit Zugang bei der GEZ wirksam.
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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. April 2001 - 4 A 5369/00 -, VG Düsseldorf, Urteil
vom 9. März 2004 - 27 K 955/02 - www.justiz.nrw.de -.
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Aus der eindeutigen Regelung des § 4 Abs. 2 RGebStV resultiert die Berechtigung des
Beklagten, selbst dann Gebühren fordern zu dürfen, wenn der Inanspruchgenommene
kein Rundfunkempfangsgerät mehr zum Empfang bereit gehalten hatte. Das ist in der
obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt.
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OVG NRW, Beschluss vom 26. April 2001 - 4 A 5369/00 -.
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Dies rechtfertigt sich auch daraus, dass die Rundfunkgebühr nicht Gegenleistung für
eine entsprechende Leistung der jeweiligen Rundfunkanstalten (Inanspruchnahme von
Rundfunksendungen) ist, sondern das von den Ländern eingeführte Mittel zur
Finanzierung der Gesamtveranstaltung Rundfunk.
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BVerfG, Beschluss vom 27. Juli 1971, - 2 BvF 1/68, 2 BvR 702/68 - BVerfGE 31, 314
(329).
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Aus den obigen Erwägungen ergibt sich, dass bis zum hier streitigen
Forderungszeitraum eine solche Anzeige nicht festzustellen und die Rundfunkgebühr
damit zu Recht festgesetzt worden ist. Insbesondere beziehen sich die benannten
Schreiben seines Prozessbevollmächtigten nicht mit der zu fordernden Eindeutigkeit auf
die aktuelle Wohnung des Klägers. Einen - notwendigen - Antrag auf Befreiung von der
Rundfunkgebührenpflicht hat er nicht gestellt.
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Auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage der Reichweite der Anmeldeerklärung
vom 25. Mai 2004 und der Voraussetzungen, unter denen ein (defektes) Gerät i.S.d. § 1
Abs. 2 RGebStV zum Empfang bereit gehalten wird, kommt es von daher nicht an.
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Es obliegt dem Kläger, dem Beklagten für die Zukunft in der gebotenen eindeutigen
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Form anzuzeigen, dass er in der von ihm bewohnten Wohnung keine Rundfunkgeräte
zum Empfang bereit hält, bzw. einen Befreiungsantrag zu stellen.
Die Höhe der festgesetzten Gebühren entspricht den gesetzlichen Regelungen (vgl. § 8
des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages in der hier anwendbaren Fassung).
Dahingehende Einwände hat der Kläger auch nicht erhoben.
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