Urteil des VG Freiburg vom 25.08.2016

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VG Freiburg Urteil vom 25.8.2016, 7 K 2476/16
Ablehnung behinderungsbedingten Mehrbedarfs bei sehr hohem Einkommen und
geringfügiger jährlicher Belastung
Leitsätze
1. Es ist auch bei einem behinderungsbedingten Mehrbedarf zweifelhaft, ob bei sehr hohem Einkommen und
einer geringfügigen (jährlichen) Belastung die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 SchwbAV
erfüllt sind.
2. Es begegnet jedenfalls keinen rechtlichen Bedenken, wenn das Integrationsamt die Übernahme der Kosten
für einen behinderungbedingten Mehrbedarf unter Verweis auf die außergewöhnlich guten
Einkommensverhältnisse (hier: mehr als 100.000 EUR) ablehnt, solange die Summe der jährlichen
Aufwendungen begrenzt bleibt (hier: fünf Prozent des Jahreseinkommens).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Tatbestand
1 Der Kläger begehrt die Kostenübernahme für eine technische Arbeitshilfe.
2 Er ist selbständiger Physiotherapeut und blind. Mit Bescheid des Versorgungsamtes R. vom 09.11.1989
wurde die Schwerbehinderteneigenschaft und ein Grad der Behinderung von 100 Prozent festgestellt.
Nachdem ihm in der Vergangenheit verschiedene Leistungen vom Integrationsamt des Beklagten bewilligt
worden waren, beantragte er am 23.02.2016 erneut eine begleitende Hilfe nach SGB IX. Er bat um
Übernahme der Kosten in Höhe von 199,92 EUR für das Update einer Software („Jaws 17“), die digitale
Inhalte in gesprochene Sprache umwandelt bzw. über eine Braillezeile ausgibt. Dieses Update sei
erforderlich geworden, weil die Vorgängerversion mit dem neuen Windows-Betriebssystem nicht mehr
kompatibel sei.
3 Das Integrationsamt lehnte den Antrag mit Bescheid vom 24.02.2016 ab. Zwar könnten nach § 102 Abs. 3
SGB IX i. V. m. §§ 21, 18 der Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabenverordnung (im Folgenden: SchwbAV)
Leistungen zur begleitenden Hilfe im Arbeitsleben auch zum Erhalt einer selbständigen beruflichen Existenz
aus Mitteln der Ausgleichabgabe erbracht werden. Gemäß der internen Geschäftsanweisung würden
behinderungsbedingte Mehraufwendungen auch im Regelfall übernommen. Nur bei besonders günstigen
Einkommensverhältnissen, wenn das Einkommen die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Kranken-
und Pflegeversicherung um mehr als das Anderthalbfache übersteige, werde dem schwerbehinderten
Menschen ein Eigenanteil von fünf Prozent des betrieblichen Ertrags des Vorjahres zugemutet. Die
Beitragsbemessungsgrenze habe im Jahr 2015 bei 49.500 EUR gelegen. Der Kläger habe nach seinen
eigenen Angaben im Vorjahr einen Gewinn von 104.232,87 EUR erwirtschaftet. Zahlen für 2015 lägen noch
nicht vor, weshalb die letzten verfügbaren Zahlen zu Grunde gelegt würden. Demnach verfüge der Kläger
über besonders günstige Einkommensverhältnisse, weshalb es ihm zumutbar sei, die Kosten von 199,92 EUR
selbst zu tragen.
4 Am 13.03.2016 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein. Er verwies darauf, dass in der Vergangenheit
Leistungen mit Blick auf die fragliche Software übernommen worden seien. Die Gewährung von Leistungen
dürfe nicht einkommensabhängig erfolgen, da es sonst zwei Klassen von schwerbehinderten Menschen gebe:
Solche, die wenig arbeiteten und verdienten und daher eigentlich keine Hilfsmittel benötigten, und solche,
die mehr arbeiteten und mehr verdienten, dann aber ihre Hilfsmittel selbst bezahlen müssten. Überdies sei
ein sehender Kollege ihm gegenüber im Vorteil, da er keine Hilfsmittel für seine Arbeit benötige. Dies
verstoße gegen § 7 Abs. 1 und 2 des Behindertengleichstellungsgesetzes.
5 Den Widerspruch wies der Widerspruchsausschuss des Beklagten mit Bescheid vom 30.06.2016 zurück.
Darin wird die Begründung des Ausgangsbescheids vertieft und ergänzend darauf hingewiesen, dass eine
Benachteiligung gegenüber schwerbehinderten Menschen mit geringem Verdienst nicht vorliege, da die
Ausgleichsabgabe vornehmlich denjenigen zu Gute kommen solle, die ohne Kostenübernahme wegen ihrer
finanziellen Situation in ihrer beruflichen Existenz gefährdet würden. Eine unzulässige Ungleichbehandlung
gegenüber Nichtschwerbehinderten bestehe deshalb nicht, weil der Kläger in seiner Teilhabe am Leben in
der Gesellschaft nicht benachteiligt werde. Im Übrigen sei es nicht Aufgabe des Schwerbehindertenrechts,
dem schwerbehinderten Menschen in jeder Lebenslage umfassende Hilfen zum Ausgleich
behinderungsbedingter Nachteile zu leisten. Vielmehr sei zu berücksichtigen, in welchem Umfang bereits
Fördermaßnahmen erbracht worden seien. Dabei müsse beachtet werden, dass die zur Verfügung
stehenden Mittel begrenzt seien.
6 Der Kläger hat am 26.07.2016 Klage erhoben. Er vertieft sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren
und macht insbesondere geltend, er habe einen Anspruch darauf, ohne Rücksicht auf sein Einkommen so
gestellt zu werden, wie ein Nichtschwerbehinderter. Anspruchsbegründend sei § 19 SchwbAV, der keine
Einschränkungen enthalte. Auf eine interne Geschäftsanweisung des Beklagten könne es daher nicht
ankommen.
7 Der Kläger hat schriftsätzlich (sachdienlich) beantragt,
8
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 24.02.2016 und seines Widerspruchsbescheides
vom 30.06.2016 zu verpflichten, ihm antragsgemäß die Übernahme der Kosten für das Software Update
„Jaws 17“ in Höhe von 199,92 EUR zu bewilligen.
9 Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
10 die Klage abzuweisen.
11 Zur Begründung wird auf den Widerspruchsbescheid verwiesen und ergänzend ausgeführt, die beantragte
Leistung stehe im Ermessen des Integrationsamtes. In Ermangelung bundesweiter Regelungen zur
Auslegung und Anwendung von § 102 Abs. 3 SGB IX i. V. m. §§ 17 ff. SchwbAV seien interne
Bearbeitungsgrundsätze in Gestalt einer Geschäftsanweisung aufgestellt worden. Danach würden
Leistungen dann abweichend vom Regelfall nur unter Berücksichtigung eines Selbstbehalts gewährt, wenn
der schwerbehinderte Mensch über besonders günstige Einkommensverhältnisse verfüge. An diese Vorgaben
habe sich das Integrationsamt vorliegend gehalten. Daher sei der Antrag des Klägers ermessensfehlerfrei
abgelehnt worden.
12 Der Kammer liegen die Verwaltungsakten des Beklagten (ein Band) vor. Wegen der weiteren Einzelheiten
des Sach- und Streitstandes wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
13 Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Berichterstatter an Stelle der Kammer ohne mündliche
Verhandlung (§§ 87a Abs. 2 und 3, 101 Abs. 2 VwGO).
14 1. Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Gewährung der
beantragten Leistung noch – hilfsweise – auf ermessensfehlerfrei Neubescheidung seines Antrags. Der
Bescheid des Beklagten vom 24.02.2016 und sein Widerspruchsbescheid vom 30.06.2016 sind rechtmäßig
und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
15 Die Bescheide sind formell rechtmäßig und auch in materieller Hinsicht rechtlich nicht zu beanstanden. Die
Entscheidung des Beklagten, dem Kläger die begehrte Leistung nicht zu gewähren, leidet weder an einem
Ermessensfehler (a), noch ist mit ihr eine ungerechtfertigte Benachteiligung des Klägers im Verhältnis zu
nicht schwerbehinderten Menschen oder zu weniger einkommensstarken schwerbehinderten Menschen
verbunden (b).
16 a) Grundlage für die begehrte Leistung einer begleitenden Hilfe im Arbeitsleben zur Erhaltung einer
selbständigen Existenz ist § 102 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c) SGB IX i. V. m. §§ 21, 18, 19 SchwbAV.
Gemäß § 21 Abs. 4 SchwbAV sind die Vorschriften der §§ 17 bis 20 und 22 bis 27 SchwbAV zugunsten von
Selbständigen entsprechend anzuwenden. Dies bedeutet, dass die Voraussetzungen unter denen eine
begleitende Hilfe im Arbeitsleben bezuschusst werden kann, sich nicht allein aus den Vorschriften ergeben,
die sich mit den einzelnen Leistungsarten beschäftigen (hier: § 19 SchwbAV), sondern dass die „vor die
Klammer gezogenen“, für alle Leistungsarten geltenden Vorschriften der §§ 17, 18 SchwbAV ebenfalls zu
beachten sind.
17 Das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Leistung ist
zwischen den Beteiligten nicht umstritten. Allerdings bestehen mit Rücksicht auf die außergewöhnlich gute
Einkommenssituation des Klägers (Jahreseinkommen von über 100.000 EUR) bereits Zweifel daran, ob durch
die relativ geringfügige Zahlung von knapp 200 EUR seine Teilhabe am Arbeitsleben ermöglicht, erleichtert
oder gesichert wird, wie es von § 18 Abs. 2 Nr. 1 SchwbAV gefordert wird oder ob die Leistung für die
Eingliederung des Klägers im Erwerbsleben nicht schlicht irrelevant ist. Darüber hinaus erscheint es
erwägenswert, Satz 1 dieser Vorschrift wortlautgetreu – und damit entgegen der von der wohl
herrschenden Auffassung (VG Stade, Urt. v. 25.06.2003 - 4 A 1687/01 -, juris, Rn. 25 m. w. N.; Cramer,
Schwerbehindertengesetz, 5. Aufl. 1998, § 18 SchwbAV Rn. 6) präferierten historischen Interpretation (vgl.
BR-Drs. 482/87, S. 61) – dahingehend auszulegen, dass zwar im Regelfall und damit anders als bei den
„sonstigen Fällen“ nach Satz 2 Leistungen bei behinderungsbedingtem Mehrbedarf ohne Rücksicht auf die
Einkommensverhältnisse geleistet werden (dürfen), dass diese jedoch im Einzelfall, wenn nämlich eine
Eigenbeteiligung wegen außergewöhnlich hoher Einkünfte und vergleichsweise geringen Belastungen ohne
Weiteres zumutbar erscheint, ausnahmsweise bereits nach den tatbestandlichen Voraussetzungen nicht
gewährt werden dürfen (so im Ergebnis auch Neumann/Pahlen, Schwerbehindertengesetz, 9. Aufl. 1999, §
18 SchwbAV Rn. 3). Die Fragen können jedoch auf sich beruhen, weil jedenfalls die Ablehnung der Leistung
ermessensfehlerfrei erfolgt ist.
18 Leistungen an schwerbehinderte Menschen für die begleitende Hilfe im Arbeitsleben zur Erhaltung einer
selbständigen beruflichen Existenz stehen gemäß § 102 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c) SGB IX – anders als
diejenigen nach § 102 Abs. 3a und 4 SGB IX – im (pflichtgemäßen) Ermessen des Integrationsamts. Auch
nach der SchwbAV ist der Charakter einer Ermessensleistung nicht zweifelhaft, weil sowohl in § 18 Abs. 2
SchwbAV als auch in § 19 SchwbAV davon die Rede ist, dass Leistungen erbracht bzw. übernommen werden
können.
19 Gemäß § 114 Satz 1 VwGO ist das Verwaltungsgericht hinsichtlich der Ausübung eines behördlichen
Ermessensspielraums auf die Prüfung beschränkt, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder
Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens
überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden
Weise Gebrauch gemacht ist. Ein solcher Ermessensfehler ist vorliegend nicht ersichtlich.
20 Der Beklagte hat (im Widerspruchsbescheid) seine Entscheidung nachvollziehbar auf die Erwägung gestützt,
die Mittel aus der Schwerbehindertenausgleichsabgabe vorrangig denjenigen schwerbehinderten Menschen
zu Gute kommen zu lassen, für die die Aufbringung der Mittel für eine behinderungsbedingte Arbeitshilfe zu
einer deutlichen finanziellen Belastung führen und ihre beruflichen Existenz gefährden würde. Dass der
Beklagte damit auf die finanzielle Belastbarkeit des Klägers mit Blick auf das Verhältnis des fraglichen
Bedarfs zu seinem (bereits sehr hohen) Einkommen abgestellt hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Es
entspricht – im Gegenteil – gerade dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Ermächtigung. Hierzu hat das
Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein zutreffend ausgeführt (Urt. v. 18.02.2016 - 3 LB 17/15 -, juris,
Rn. 27 ff.):
21 Sowohl die Normen des SGB IX als auch die Normen der SchwbAV verfolgen den Sinn und Zweck der
Eingliederung des schwerbehinderten Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Im Gesetzesentwurf
der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter
(SchwbBAG) vom 18. Mai 2000, Drucksache 298/00, S. 28) heißt es:
22 "Menschen mit Behinderungen sind in besonderem Maße auf den Schutz und die Solidarität der
Gesellschaft angewiesen. Ihre Eingliederung in Arbeit und Ausbildung ist wesentlicher Ausdruck und
gleichzeitig Voraussetzung für eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Angesichts der
seit Jahren überdurchschnittlich hohen Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen ist die sich aus Art. 3
Abs. 3 S. 2 GG ergebende Verpflichtung für Politik und Gesellschaft, sich aktiv um die Integration von
Menschen mit Behinderungen in den Beruf zu bemühen, noch nicht ausreichend eingelöst. Mit einem
'Gesetz zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter' soll die Chancengleichheit
schwerbehinderter Menschen im Arbeits- und Berufsleben verbessert und die Arbeitslosigkeit
schnellstmöglich und nachhaltig abgebaut werden".
23 Hieraus ergibt sich, dass primärer Sinn und Zweck des SGB IX die Sicherung und Förderung der Teilhabe
schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist. Zugleich soll durch die
Einführung umfassender Maßnahmen die Chancengleichheit schwerbehinderter Menschen im Arbeitsleben
erreicht werden. In § 18 Abs. 2 Nr. 1 SchwbAV heißt es, dass Leistungen an schwerbehinderte Menschen
zur begleitenden Hilfe im Arbeitsleben erbracht werden können, wenn die Teilhabe am Arbeitsleben auf
dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung von Art und Schwere der Behinderung auf
besondere Schwierigkeiten stößt und durch die Leistungen ermöglicht, erleichtert oder gesichert werden
kann. Auch aus dieser Vorschrift ergibt sich, dass Leistungen zur begleitenden Hilfe im Arbeitsleben – wie
etwa eine Arbeitsassistenz – an schwerbehinderte Menschen erbracht werden können, wenn die Teilhabe
am Arbeitsleben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt hierdurch ermöglicht, erleichtert oder gesichert wird.
24 Und weiter (Rn. 30):
25 Wenn Sinn und Zweck der Vorschriften ist, die Eingliederung schwerbehinderter Menschen in das
Arbeitsleben zu fördern, so kann dies primär nur für solche schwerbehinderten Menschen gelten, die zuvor
gar nicht oder nur teilweise eingegliedert sind oder deren Eingliederung nur mit der Hilfe einer
Arbeitsassistenz erhalten werden kann.
26 Daraus folgt, dass das Integrationsamt bei der Entscheidung, wie es die begrenzten finanziellen Mittel der
Ausgleichabgabe verwendet, auch berücksichtigen kann, ob der Antragsteller bereits im Erwerbsleben
eingegliedert ist,
in welchem Maße diese Eingliederung durch die Gewährung der Leistung gesichert oder
erleichtert wird und ob andere schwerbehinderte Menschen vorrangig auf eine Unterstützung angewiesen
sind. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass das Schwerbehindertenrecht nicht die Aufgabe hat, dem
schwerbehinderten Menschen einen umfassenden Ausgleich seiner behinderungsbedingten Nachteile
sicherzustellen (vgl. VG Stade, Urt. v. 12.12.1997 - 1 A 753/97 -; VG Halle, Urt. v. 29.11.2001 - 4 A 496/99
-, jeweils juris [nur LS]).
27 Vor diesem Hintergrund handelt der Beklagte nicht ermessensfehlerhaft, wenn er von einer Gewährung der
Leistungen absieht, falls der schwerbehindert Mensch über ein das Anderthalbfache der
Beitragsbemessungsgrenze übersteigende, also sehr hohes Einkommen verfügt und der
behinderungsbedingte Mehrbedarf im Jahr den Betrag von fünf Prozent des Einkommens nicht überschreitet.
In diesem Fall wird die Eingliederung – wenn überhaupt (s. o.) – nur noch in geringem Maße erleichtert,
während anderen schwerbehinderte Menschen durch eine Leistungen überhaupt erst die Chance auf
Eingliederung eröffnet wird. Auf die Einkommensverhältnisse abzustellen, steht auch nicht in Widerspruch
zur Regelung des § 18 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 SchwbAV. Denn diese Vorschrift bezieht sich allein auf solche
Leistungen, die nicht einen behinderungsbedingten Mehrbedarf ausgleichen sollen. Nur bei diesen
muss das
Integrationsamt die Leistung verweigern, wenn (und nur insoweit) es dem schwerbehinderten Menschen
aufgrund seiner Einkommensverhältnisse angesonnen werden kann, die Aufwendung selbst zu tragen.
Dieses Kriterium ist weitaus strenger als die vom Beklagten für die Gewährung von Leistungen im Sinne des
§ 18 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 SchwbAV angelegten Maßstäbe. Behinderungsbedingter Mehrbedarf wird nach der
Verwaltungspraxis des Beklagten hingegen im Regelfall, das heißt auch bei durchaus auskömmlichen
Einkommensverhältnissen, ohne Eigenbeteiligung gewährt. Erst wenn das Einkommen außergewöhnlich gut
sind, kommt es zu einer Leistungseinschränkung. Damit wird der in § 18 Abs. 2 Nr. 2 SchwbAV zum
Ausdruck kommenden Differenzierung zwischen beiden Leistungsarten hinreichend Rechnung getragen.
28 b) Die Entscheidung des Beklagten verstößt auch nicht gegen Art. 3 des Grundgesetzes oder § 7 des
Behindertengleichstellungsgesetzes. Diesbezüglich wird auf die zutreffenden und ausführlichen
Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend ist anzumerken, dass
auch aus diesen Vorschriften der vom Kläger der Sache nach behauptete Rechtssatz des Inhalts,
behinderungsbedingte Erwerbsnachteile seien ausnahmslos, das heißt auch bei schwerbehinderten
Menschen, die – auch im Verhältnis zur Mehrzahl der nichtbehinderten Menschen – außergewöhnlich gut
verdienen, auszugleichen, nicht hergeleitet werden kann.
29 2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 188 VwGO nicht
erhoben.
30 Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO, aus denen die Berufung vom Verwaltungsgericht zuzulassen
wäre, sind nicht gegeben.