Urteil des VG Freiburg vom 26.10.2016

kost und logis, bedürftigkeit, aufenthaltserlaubnis, prozesskosten

VG Freiburg Beschluß vom 26.10.2016, 7 K 2062/16
Verpflichtungserklärung eines Familienangehörigen gegenüber der Ausländerbehörde
Leitsätze
Eine Verpflichtungserklärung steht der Bedürftigkeit des Klägers im Rahmen der Entscheidung über die
Bewilligung von Prozesskostenhilfe jedenfalls dann nicht entgegen, wenn die Ablehnung der beantragten
Aufenthaltserlaubnis bestandskräftig geworden ist, weil die Verpflichtungserklärung regelmäßig gerade deshalb
abgegeben wird, um die "Sicherung des Lebensunterhaltes" gerade als Voraussetzung für die Erteilung einer
Aufenthaltserlaubnis zu erreichen.
Tenor
Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht bewilligt und Rechtsanwalt
... beigeordnet (§ 166 VwGO, §§ 114, 115, 119, 120, 121 ZPO).
Ratenzahlungen sind nicht zu leisten.
Gründe
1 Die Kammer entscheidet durch den Berichterstatter (§ 87a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 VwGO).
2 Dem Kläger war auf seinen Antrag hin Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zu
bewilligen und Rechtsanwalt ... beizuordnen.
3 Nach § 166 VwGO in Verbindung mit §§ 114 ff. ZPO ist Prozesskostenhilfe auf Antrag einer Partei zu
bewilligen, wenn sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der
Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und wenn die beabsichtigte
Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig
erscheint.
4 Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger vor, insbesondere hat der Kläger seine Bedürftigkeit in der
erforderlichen Form dargelegt.
5 Der Bedürftigkeit des Klägers steht schließlich jedenfalls im vorliegenden Fall nicht entgegen, dass sein Bruder
für ihn gegenüber der Ausländerbehörde eine Verpflichtungserklärung i.S.v. § 68 AufenthG abgegeben hat.
Der Kläger hat nämlich im Rahmen einer Absprache mit den Ausländerbehörden seine vorliegende Klage
gegen die die Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnis ablehnenden Bescheide zurückgenommen, um so
dann während des Zeitraumes, in der sein Aufenthalt fortan geduldet wird, eine Lösung seiner
Visumsproblematik zu erreichen. Die ablehnenden Bescheide sind damit bestandskräftig geworden, so dass
die abgegebene Verpflichtungserklärung ihr Ziel nicht erreicht hat.
6 Verpflichtungserklärungen werden nämlich regelmäßig in der Weise abgegeben, dass mit ihr die Erteilung
eines Aufenthaltstitels ermöglicht werden soll (vgl. auch § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 3 AufenthG; das dort
vorgesehene Tatbestandsmerkmal „Sicherung des Lebensunterhalts" kann als erfüllt angesehen werden,
wenn der Ausländer eine Verpflichtungserklärung § 68 AufenthG vorlegen kann, Zeitler, HTK-AuslR, § 2
AufenthG - zu Abs. 3 -). Daher kann die Erklärung keinen Erstattungsanspruch begründen, wenn die
beantragte Aufenthaltserlaubnis später gleichwohl nicht erteilt wurde und der Ausländer oder die Ausländerin
nur eine Duldung erhält (Funke-Kaiser, in: GK-AuslR, § 68 AufenthG Rn. 23 m.w.N.).
7 Wenn aber die Verpflichtungserklärung im Falle eines bestandskräftig abgelehnten Antrages auf Erteilung
einer Aufenthaltserlaubnis keine (finanzielle) Wirkung erzeugt, insbesondere keine Inanspruchnahme hier des
Bruders des Klägers ermöglicht, kann sie auch nicht der Bedürftigkeit des Klägers entgegen stehen.
8 Aus diesem Grund bedarf es keiner Prüfung mehr, ob der Begriff der Kosten des Lebensunterhaltes in § 68
AufenthG überhaupt die Tragung der Prozesskosten erfassen würde. Gleiches gilt für die Frage, ob der Kläger
aus der Verpflichtungserklärung
selbst (und nicht nur die Ausländerbehörde im Haftungswege nach § 68
AufenthG) einen Anspruch gegen seinen Bruder auf Kostenübernahme hätte und ob ein solcher Anspruch bei
der Bedürftigkeitsprüfung der Prozesskostenhilfe zu berücksichtigen wäre. Dass der Bruder des Klägers
diesem Kost und Logis gewährt und ihm freiwillig monatlich 100 EUR gibt, wie der Kläger in seiner Erklärung
zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ausgeführt hat, schließt seine Bedürftigkeit im
Rechtssinne jedenfalls nicht aus. Anhaltspunkte für eine (darüber hinausgehende) Unterhaltsgewährung oder
gar -verpflichtung des Bruders des Klägers sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
9 Dieser Beschluss ist für die Beteiligten unanfechtbar. Der Staatskasse (Bezirksrevisor) steht die Beschwerde
innerhalb von drei Monaten ab Übergabe der Entscheidung an die Geschäftsstelle zu (§ 166 VwGO, § 127
Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ZPO).