Urteil des VG Freiburg vom 23.09.2016

aufschiebende wirkung, erneuerbare energien, vorprüfung, umweltverträglichkeitsprüfung

VG Freiburg Beschluß vom 23.9.2016, 6 K 2683/16
Immissionsschutzrechtliche Genehmigung im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG für
drei Windenergieanlagen (Windfarm);Vorläufiger Rechtsschutz ausländischer
Grenznachbarn;Gerichtlicher Prüfungsmaßstab des § 4a Abs. 2 bis 4 UmwRG;
Umweltverträglichkeitsprüfung;Standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles gemäß §§ 3c
Satz 2, 3a UVPG;Konzentrationswirkung nach § 13 BImSchG und weitere behördliche
Gestattungen (u.a Waldumwandlungsgenehmigung)Schall-, Schatten- und Lichtimmissionen
sowie optische Bedrängung;Beeinträchtigung einer Pensionspferdehaltung und
Wertminderung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs;Brandschutzkonzept
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der
Beigeladenen.
Der Streitwert wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
1 Der Antragsteller wendet sich im Wege vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine immissionsschutzrechtliche
Genehmigung vom 30.05.2016. Die Grundstücke des Antragstellers (Meisterlandwirt und Arbeitspädagoge)
liegen in der Schweiz (Kanton Schaffhausen), direkt an der Grenze zu Deutschland. Er betreibt dort seit
2006 Land- und Forstwirtschaft (45 ha landwirtschaftliche Nutzfläche mit Acker- und Futteranbau, ferner 16
ha Forstwirtschaftsfläche; Nutztierhaltung von 50 Schafen) und eine Pferdepension. Der Pensionspferdestall
„XXX“ beherbergt derzeit 30 Pferde, für 2017 ist eine Erweiterung der Stallungen für bis zu 50 Pferde
geplant.
2 Die im Streit stehende immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 30.05.2016 wurde der
Rechtsvorgängerin der Beigeladenen (einer aus 11 Gesellschaftern bestehenden Betreibergesellschaft) vom
Landratsamt Konstanz erteilt. Unter gleichzeitiger Anordnung der sofortigen Vollziehung gestattet diese
Genehmigung die Errichtung und den Betrieb der Windenergieanlage „Windpark XXX“, bestehend aus 3
Windenergieanlagen (WEA) des Typs Nordex N 131 3300 PH 134 (Nennleistung jeweils 3,3 MW;
Rotordurchmesser: 131 m, Nabenhöhe: 134 m; Gesamthöhe: 199,5 m) auf den Grundstücken Flst.Nrn. ..., ...
sowie ... und ... der Gemarkung ... Die Entfernung der geplanten WEA zu den Gebäuden auf den
Grundstücken des Antragstellers beträgt (ca.) 1254 m (WEA 1), 650 m (WEA 2) und 818 m (WEA 3).
3 Gegen die seinem Verfahrensbevollmächtigten am 03.06.2016 zugestellte Genehmigung erhob der
Antragsteller am 27.06.2016 Widerspruch, über den noch nicht entschieden worden ist. Ein zugleich
gestellter Antrag auf Aussetzung des Sofortvollzugs ist vom LRA und - mit förmlichem Beschluss vom
02.08.2016 - von der Widerspruchsbehörde (RP Freiburg) abgelehnt worden.
4 Der Antragsteller hat am 08.08.2016 einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt. Er trägt vor, die vom
Landratsamt gegebene Begründung des Sofortvollzugs rechtfertige diesen nicht. Es möge zwar zutreffen,
dass ein besonderes öffentliches Interesse an einem zügigen und zeitgerechten Ausbau der
Windenergienutzung bestehe, dies reiche für die erforderliche Einzelfallbegründung indessen nicht, da es
sonst für nahezu jede Windkraftanlage gelte und mithin den Ausnahmefall zur Regel mache. Eine
gesetzliche Sofortvollzugsanordnung wie etwa bei § 212a BauGB fehle, weshalb im Einzelfall - woran es
hier indessen fehle – konkrete und substantielle Gründe hinzukommen und belegt werden müssten.
Überwiegende Interessen der Beigeladenen rechtfertigten ebenfalls keinen Sofortvollzug, da es hier um rein
wirtschaftliche Interessen gehe, denen gegenüber seine, des Antragstellers, private Interessenlage nicht
ausreichend gewürdigt worden sei. An einem überwiegenden öffentlichen Interesse fehle es schließlich auch
deshalb, da sich ein belastbarer Nachweis der ausreichenden Windhöffigkeit des Vorhabenstandorts nicht in
den Antragsunterlagen befinde. Ein Verfahrensmangel liege vor, da eine Öffentlichkeitsbeteiligung
unterblieben sei. Hierdurch habe er seine berechtigten Belange erst zu einem Zeitpunkt einbringen können,
als die Entscheidung bereits festgestanden habe. Zumindest stehe dieser Umstand der Anordnung eines
Sofortvollzugs entgegen. Gravierend sei ferner der Verstoß gegen die Vorschriften über die
Umweltverträglichkeitsprüfung. Die standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls sei erst am 04.03.2016
erfolgt. Hierdurch sei gegen das Gebot der Unverzüglichkeit nach § 3a UVPG verstoßen worden, da der
Verfahrensbeginn bereits im Februar 2015 gelegen habe. Die Vorprüfung aber habe nicht erst im
Schlussstadium, sondern bereits zu Beginn des Verfahrens zu erfolgen. Alles deute darauf hin, dass
hierdurch der Verzicht auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung nachträglich habe gerechtfertigt werden
sollen. Die Genehmigungsbehörde berufe sich auf die Meinung der angehörten Fachbehörden, habe dabei
aber übersehen, dass sie die Entscheidung selbst treffen müsse. Ferner habe sie unter dem erheblichen
Druck der Beigeladenen gestanden und sei wohl kaum noch bereit gewesen, in diesem späten
Verfahrensstadium für den Fall einer UVP-Pflicht das gesamte Verfahren noch einmal aufzurollen. Bereits
unter dem 18.02.2016 sei vom RP Freiburg die Waldumwandlungsgenehmigung erteilt worden. Darin finde
sich der Hinweis, das Landratsamt habe mit Schreiben vom 12.02.2016 die Planreife des Antrags bestätigt.
Auch dies unterstreiche einmal mehr, dass das Landratsamt schon zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht
mehr an eine Ablehnung des Antrags gedacht habe und hinsichtlich des - ohnehin erst späteren -
Ergebnisses der Vorprüfung zum UVPG bereits voreingenommen gewesen sei. Im Übrigen habe diese
Vorprüfung auch nicht den inhaltlichen Kriterien der Anlage 2 zum UVPG entsprochen. Der verspätete
Aktenvermerk vom 04.03.2016 trage dem in keiner Weise Rechnung. Ferner seien die Auswirkungen auf
Schutzgebiete in der unmittelbaren Schweizer Nachbarschaft nicht gesehen worden. Einen diesbezüglichen
Hinweis habe der Kanton Schaffhausen in seiner Stellungnahme vom 26.02.2016 gegeben. Bereits die
Möglichkeit einer negativen Auswirkung hätte für eine UVP-Pflicht ausgereicht; die Tatsache, dass die
Schweizer Behörden letztlich den Anlagen zugestimmt hätten, sei deshalb irrelevant. Die ferner erteilten
Gestattungen (Waldumwandlungsgenehmigung, naturschutzrechtliche Genehmigung für die Zuwegung und
temporäre Rangier- und Lagerflächen sowie die straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis) seien
Maßnahmen, die von der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG umfasst seien und folglich diese dennoch
erteilten Genehmigungen rechtswidrig machten. Habe das Landratsamt diese Maßnahmen aber nicht zum
Gegenstand des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens gemacht, sei die Genehmigung
schon deshalb fehlerhaft. In materieller Hinsicht würden die bisherigen Rahmenbedingungen (ruhige, von
Störungen freigehaltene Umgebung, Naherholungsraum) durch Schall und Schattenwurf erheblich
beeinträchtigt. Neben der Gefahr für seine pädagogische und soziale Arbeit bestehe auch eine erhebliche
Beeinträchtigung der artgerechten Pferdehaltung, auch durch die notwendige Nachtkennzeichnung der
WEA. Da diese gewissermaßen vor seiner Haustür errichtet würden, stelle dies eine erhebliche optische
Beeinträchtigung dar. Dies alles habe schließlich auch gravierende wirtschaftliche Nachteile bzw.
Wertverluste zur Folge, die 20 - 30% betragen dürften. Das Schallgutachten des XXX weise (was vom Ast.
näher ausgeführt wird) Widersprüche und Unstimmigkeiten auf. Die dortige Einstufung seines Gebiets als
Misch-/Dorfgebiet sei ferner falsch, da sie nicht der Erholungsfunktion seiner Einrichtung und dem Charakter
als Naherholungsgebiet Rechnung trage. Hinsichtlich des Schattenwurfs würden die zulässigen Richtwerte
überschritten, die Auflage in der Genehmigung betreffend eine Abschaltung sei nicht ausreichend, zumal
sich die besondere Nutzung seines Anwesens nicht auf die Gebäude beschränke. Die vorgeschriebene Tag-
/Nachtkennzeichnung durch Anbringung von Gefahrenfeuern führe ebenfalls zu erheblichen Belästigungen,
so vor allem auch der Pensionspferde, die sich nachts im Freien aufhielten. Dies werde voraussichtlich viele
Pferdehalter dazu veranlassen, künftig keine Pferde mehr bei ihm einzustellen. Der mit der WEA 2
eingehaltene Abstand von 650 m widerspreche dem Windenergieerlass Baden-Württemberg, wo gegenüber
Wohngebieten ein Abstand von 700 m vorgeschrieben sei. In artenschutzrechtlicher Hinsicht werde nicht
ausreichend berücksichtigt, dass sich die WEA 1 in einem Dichtezentrum des Rotmilans befinde. Das
Landschaftsbild, welches bislang keinerlei technische Vorbelastungen aufweise, werde insbesondere im
Bereich des Sichtbeziehungen aus Richtung Schweiz erheblich beeinträchtigt. Schließlich habe er
Befürchtungen bezüglich eines Brandes der in nächster Nähe zu seinem Anwesen befindlichen WEA. Komme
es dazu, müsse er mit erheblichen Schäden rechnen, gerade auch wegen des Waldgebiets und der fehlenden
Erschließung. Das in der Genehmigung thematisierte Brandschutzkonzept liege ihm nicht vor und bedürfe
einer Prüfung.
5 Der Antragsteller beantragt,
6
die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des
Landratsamts Konstanz vom 30.05.2016 wiederherzustellen.
7 Der Antragsgegner und die Beigeladene haben, die Rechtmäßigkeit der Genehmigung verteidigend,
ausführlich erwidert und beantragen,
8
den Antrag abzulehnen.
9 Dem Gericht liegen die Genehmigungsakten (fünf Hefte ) vor. Nachdem die ursprünglich
beigeladene XXX die Genehmigung an die YYY übertragen hatte, ist die Beiladung jener aufgehoben und
stattdessen die YYY beigeladen worden.
II.
10 Die Kammer entscheidet über den Eilantrag, ohne dem Antrag des Prozessbevollmächtigten des
Antragstellers vom 16.09.2016 zu entsprechen, eine Fristverlängerung zur Stellungnahme um weitere 2
Wochen - bis zum 26.09. - einzuräumen. Hierdurch würde das entscheidungsreife Verfahren, in welchem das
Landratsamt die Baufreigabe nur noch vom Ergehen einer gerichtlichen Entscheidung abhängig gemacht
hat, in nicht vertretbarer Weise verzögert. Der Antragsteller hat am 11.08.2016 eine überaus ausführliche
Antragsbegründung vorlegen lassen, auf welche der Antragsgegner am 05.09. und die Beigeladene am
12.09. erwidert haben. Angesichts der dem Gericht bereits seit 18.08.2016 vorliegenden Akten war damit
Entscheidungsreife im Rahmen des summarischen Verfahrens eingetreten. Der allein mit Urlaub des
Sachbearbeiters sowie Verhinderung zweier im Verwaltungsrecht tätiger Sozien wegen Urlaubs und
Krankheit begründete Fristverlängerungsantrag enthält demgegenüber keine Hinweise dazu, in welcher
inhaltlichen Hinsicht eine ergänzende Stellungnahme noch erforderlich wäre bzw. erfolgen soll. Bis zum
16.09. war schließlich auch kein weiterer Vortrag zum Brandschutz erfolgt, obwohl der Antragsteller sich
einen solchen bereits in der Antragsbegründung vom 11.08. - mithin 5 Wochen zuvor - im Anschluss an eine
Prüfung des Brandschutzkonzepts vorbehalten hatte.
11 Der Antrag ist nach § 80a Abs. 3, Abs. 2 Nr. 1, § 80 Abs. 5 VwGO zulässig, aber unbegründet.
12
1.)
Der Antrag ist zulässig, insbesondere besitzt der Antragsteller die entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO
erforderliche Antragsbefugnis. Ausländischen Grenznachbarn, die durch ein Vorhaben ausgelöste
grenzüberschreitende Immissionen abwehren wollen, kann die Klage-/Antragsbefugnis in aller Regel nicht
abgesprochen werden. Zwar ist eine solche Befugnis weder in der VwGO noch im Fachrecht ausdrücklich
geregelt. Insoweit kommt es, da Klage- und Antragsbefugnis dem materiellen Recht folgen, darauf an, ob die
Rechtsnormen, deren Verletzung geltend gemacht wird, auch dem ausländischen Grenznachbarn subjektiv-
öffentliche Rechte verleihen. Hier ist davon auszugehen, dass die in § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 3 und § 6 Abs. 1
BImSchG sowie § 35 BauGB statuierten materiellen Genehmigungsvoraussetzungen mit den darin
enthaltenen Schutzgütern Leben, Gesundheit und Eigentum sowie dem zugleich darin angelegten
Drittschutz nicht auf Bewohner des Bundesgebiets beschränkt sind. Werden diese Rechtsgüter ohne
ausdrückliche Beschränkung auf inländische Personen geschützt, bedarf es eines besonderen Grundes dafür,
Nachbarn im grenznahen Ausland die drittschützende Wirkung vorzuenthalten. Ein derartiger Grund ist
nicht erkennbar. Darüber hinaus dürfte sich die grenzüberschreitende Drittwirkung im Sinne eines Verbots
grenzüberschreitender Umweltbeeinträchtigungen im Wege völkerrechtsfreundlicher Auslegung auch auf die
Anforderungen des zwischenstaatlichen Nachbarrechts zurückführen lassen (vgl. für das Abwägungsgebot
im deutschen Fachplanungsrecht: BVerwG, Urt. v. 16.10.2008 – 4 C 3.07 –, Rn. 16-21, juris).
13 Der Antragsteller kann als Eigentümer und Bewohner unmittelbar an der Grenze liegender land- und
forstwirtschaftlicher Betriebsflächen geltend machen, möglicherweise in eigenen Rechten verletzt zu sein.
Angesichts der Größe und der Zahl der genehmigten WEA sowie deren Entfernung zu seinem Betrieb ist es
nicht von vornherein ausgeschlossen, dass er dort schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des
drittschützenden § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein könnte.
14
2.)
Der Antrag ist indessen unbegründet.
15
a.)
Die Anordnung des Sofortvollzugs ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Das
Begründungserfordernis dient dazu, die Behörde zu einer sorgfältigen Prüfung des besonderen Interesses an
der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts anzuhalten. Dem Betroffenen sollen die für die
Sofortvollzugsanordnung maßgeblichen Gründe zur Kenntnis gebracht werden, so dass ihm eine
Verteidigung seiner Rechte möglich ist. Außerdem soll die Begründung die Grundlage für eine gerichtliche
Kontrolle der Sofortvollzugsanordnung bilden. Aus ihr muss hinreichend nachvollziehbar hervorgehen, dass
und aus welchen besonderen Gründen die Behörde im konkreten Fall dem besonderen öffentlichen Interesse
an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts den Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen
einräumt und aus welchen im dringenden öffentlichen und/oder im Interesse eines Beteiligten liegenden
Gründen sie es für gerechtfertigt oder geboten hält, den durch die aufschiebende Wirkung eines
Rechtsbehelfs ansonsten eintretenden vorläufigen Rechtsschutz einstweilen zurückzustellen. Ob und
inwieweit die von der Behörde dargelegten Gründe inhaltlich zutreffen, ist dagegen für die Einhaltung des
nur formellen Begründungserfordernisses nicht von Bedeutung. Auch einer Auseinandersetzung mit den
entgegenstehenden Interessen des Antragstellers bedarf es im Rahmen der Begründung der
Sofortvollzugsanordnung nicht. Diese Abwägung ist der gerichtlichen Entscheidung über die
Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung vorbehalten (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 23.02.2016 -
3 S 2225/15 -, Rn. 8, juris; Beschl. v. 06.07.2015 – 8 S 534/15 –, Rn. 17, juris; Beschl. v. 25.09.2012 - 10 S
731/12 - Rn. 5, juris; Beschl. v. 27.09.2011 – 1 S 2554/11 –, Rn. 3, juris).
16 Dass sich die Genehmigungsbehörde des notwendigen Einzelfallbezugs und der Begründungsbedürftigkeit
der Abweichung vom Grundsatz des § 80 Abs. 1 VwGO bewusst gewesen ist, ergibt eindeutig ein Blick auf
Abschnitt XII. (Seite 42-45) der Genehmigungsentscheidung. Dort ist ausführlich dargelegt worden, warum
der Sofortvollzug im überwiegenden öffentlichen, durch die Zielsetzungen des Erneuerbare-Energien-
Gesetzes und des Klimaschutzgesetzes gerechtfertigten sowie im überwiegenden Interesse der
Beigeladenen angeordnet wurde. Damit wurde dem formellen Begründungserfordernis in jeder Hinsicht
Rechnung getragen.
17
b.)
In materieller Hinsicht ist die Anordnung des Sofortvollzugs ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.
18 Über die zuvor erfolgte formale Prüfung hinaus, ob eine ausreichend begründete Anordnung des
Sofortvollzugs gemäß § 80 Abs. 3 VwGO vorliegt, lässt die wohl überwiegende Meinung bei der Abwägung
der widerstreitenden Interessen beim Verwaltungsakt mit Doppelwirkung - wie hier - keine Prüfung
vorausgehen bzw. zusätzlich erfolgen, ob tatsächlich ein besonderes Interesse am Sofortvollzug besteht. Die
Frage, wer hier bis zur Hauptsacheentscheidung das Risiko der Herbeiführung vollendeter Tatsachen tragen
muss, bestimmt sich danach nach dem materiellen Recht, also der Erfolgsaussicht des
Hauptsacherechtsbehelfs (BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 01.10.2008 – 1 BvR 2466/08 –, Rn. 21, juris;
VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 23.02.2016 – 3 S 2225/15 –, Rn. 12, juris; Beschl. v. 08.03.2011 – 10 S 161/09
–, Rn. 5, juris).
19 Selbst wenn man indessen mit einer anderen Auffassung (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 06.07.2015
– 8 S 534/15 –, Rn. 23-27, juris; VG Freiburg, Beschl. v. 05.02.2016 – 4 K 2679/15 –, Rn. 104, juris) ein
zusätzliches besonderes Interesse an der Anordnung des Sofortvollzuges fordert, so liegt dieses hier vor. Es
ergibt sich, wie auch vom Landratsamt gesehen, aus dem Ziel des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, den
Ausbau der erneuerbaren Energien rasch zu fördern (vgl. § 1 EEG 2014), und aus dem mit dem
Klimaschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg verfolgten Zweck, die Treibhausgasimmissionen zu
reduzieren, wobei dem Ausbau erneuerbarer Energien besondere Bedeutung zukommt, und zwar selbst
dann, wenn es sich im Einzelfall um geringe Beiträge zur Treibhausgasminderung handelt (vgl. §§ 4, 5 KSG).
Daraus ergibt sich ein besonderes öffentliches Interesse im Einzelfall, ohne dass eine gesetzliche Anordnung
des Sofortvollzugs (wie etwa in § 212a BauGB) erforderlich gewesen wäre (VGH Bad.-Württ., Beschl. v.
06.07.2015, a.a.O.). Erheblich unterstrichen wird dies noch, wenn man die ausführliche Stellungnahme des
RP Freiburg vom 10.02.2016 (dort unter IV. , VAS. 2745 ff.) in den Blick
nimmt. Danach komme es nach dem Energieszenario Baden-Württemberg 2050 wesentlich darauf an, den
Anteil der erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch bis 2020 auf 25 % und bis 2050 auf 80 %
auszubauen. Bei der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien bedürfe es dabei einer Erhöhung von (im
Jahr 2014) 23,7 % auf 38 % der Bruttostromerzeugung. Im Fokus stehe dabei insbesondere der Ausbau der
Windkraft, die eine sehr emissionsarme Form der Stromerzeugung ermögliche. Lege man das 10 %-Ziel der
Landesregierung für die Windkraft bei der Frage des Ausbaubedarfs für die Stromerzeugung bis zum Jahr
2020 zu Grunde, so sei in den nächsten 5 Jahren insgesamt noch ein Zubau von rund 1000-1200 Anlagen
mit einer mittleren Leistung von 2,5-3,0 MW erforderlich. Das geplante Vorhaben trage mit einer
Nennleistung von 9,9 MW daher zum angestrebten Ziel des Ausbaus der Stromerzeugung durch Windkraft
bei.
20 Auf die Zweifel des Antragstellers an der Eignung des Standorts zur Windenergienutzung (sog.
Windhöffigkeit) kommt es nicht durchschlagend an. Der damit angesprochene Aspekt der Wirtschaftlichkeit
des Vorhabens wirkt sich allenfalls auf das Gewicht des privaten Interesses der Beigeladenen aus, ohne
indessen am Bestehen eines besonderen öffentlichen Interesses etwas zu ändern (VG Freiburg, Beschl. v.
05.02.2016, a.a.O.). Allerdings sind solche Zweifel in der Sache letztlich auch mit überaus hoher
Wahrscheinlichkeit nicht gerechtfertigt. Wie das RP Freiburg in der zuvor genannten Stellungnahme
weiterhin ausführt, weist der Windatlas Baden-Württemberg für die Standorte der geplanten WEA eine
mittlere jährliche Windgeschwindigkeit von 5,75-6,0 m/s in 100 m und von 6,0-6,25 m/s in 140 m Höhe über
Grund aus, womit bereits von einer (am Referenzertragswert des EEG orientierten) Eignung auszugehen
sei. Von der Beigeladenen 12 km nordöstlich des geplanten Standorts durchgeführte Windmessungen
wiesen ebenfalls entsprechend ausreichende Werte auf. Darüber hinaus stand dem RP Freiburg als
zusätzliche Datenquelle eine (von der Beigeladenen mit Blick auf geheimhaltungsbedürftige Betriebsdaten
nur intern vorgelegte) gutachterliche Energieertragsprognose zur Verfügung. Diese weist für den gesamten
Windpark einen jährlichen mittleren Parkenergieertrag von 24,38 GWh/a aus, womit nach Auffassung des
RP Freiburg gut geeignete Windbedingungen vorliegen.
21 Nach jeder dieser beiden vorgenannten Auffassungen kommt es letztlich - entweder allein, oder zusätzlich –
bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen darauf an, wie die Erfolgsaussicht des in der Hauptsache
erhobenen Rechtsbehelfs zu beurteilen ist. Der Prüfungsmaßstab für das vorläufige Rechtsschutzverfahren
ergibt sich hier aus § 4a Abs. 3 UmwRG. Danach ist § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO (hier i.V.m. § 80a Abs. 3, Abs.
1 Nr. 2 VwGO) mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung
ganz oder teilweise wiederherstellen kann, wenn im Rahmen einer Gesamtabwägung ernstliche Zweifel an
der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (zum Maßstab der ernstlichen Zweifel vgl. BVerwG,
Beschl. v. 16.09.2014 – 7 VR 1.14 –, Rn. 11, juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 06.07.2015, a.a.O., Rn. 29).
Diese Regelung gilt nicht nur für gemäß § 3 UmwRG anerkannte Vereinigungen, sondern auch für Beteiligte
nach § 61 Nr. 1 VwGO und damit auch für den Antragsteller (§ 4a Abs. 4 UmwRG). Das UmwRG findet
gemäß seinem § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a.) Anwendung. Danach gilt es für Entscheidungen im Sinne von § 2
Abs. 3 UVPG über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach dem UVPG eine Pflicht zur Durchführung
einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen kann. Die Möglichkeit einer UVP-Pflicht folgt hier aus §
2 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 a) UVPG i.V.m. der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Bei den zur Genehmigung
gestellten WEA handelt es sich nicht um drei einzelne Anlagen. Vielmehr ist Genehmigungsgegenstand die
Errichtung und Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 Metern
mit 3 bis weniger als 6 Windkraftanlagen i.S.v. Nr. 1.6.3 der Anlage 1 zum UVPG. Von einer Windfarm ist -
wie unstreitig hier - dann auszugehen, wenn drei oder mehr Windkraftanlagen einander räumlich so
zugeordnet werden, dass sich ihre Einwirkungsbereiche überschneiden oder wenigstens berühren (BVerwG,
Urt. v. 30.06.2004 – 4 C 9.03 –, Rn. 33, juris).
22 Auf der Grundlage der umfangreichen Akten und des ausführlichen Beteiligtenvortrags ist die Kammer der
Überzeugung, dass der Widerspruch des Antragstellers vom 27.06.2016 aller Voraussicht nach erfolglos
bleiben wird, da die Errichtung und der Betrieb der 3 genehmigten WEA sehr wahrscheinlich nicht gegen
nachbarschützende Vorschriften verstoßen. Mangels damit ernstlicher Zweifel überwiegen das öffentliche
Interesse und dasjenige der Beigeladenen an einem zeitnahen Beginn der Errichtung und Nutzung.
23
Die Entscheidung des Landratsamts, auf die Durchführung einer UVP zu verzichten, ist sehr
wahrscheinlich rechtlich nicht zu beanstanden. Allerdings wäre ein Fehler erheblich gewesen. Gemäß § 4
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG kann die Aufhebung u.a. einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, für
die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer
Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann, verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des
UVPG (a.) erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder (b.) erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur
Feststellung der UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Dies gilt
gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG auch, wenn - was hier vom Antragsteller eingewendet wird - eine
durchgeführte UVP-Vorprüfung nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt. Diese Regelung gilt nicht
nur für gemäß § 3 UmwRG anerkannte Vereinigungen, sondern auch für Beteiligte nach § 61 Nr. 1 VwGO
und damit auch für den Antragsteller (§ 4 Abs. 3 Satz 1 UmwRG). Ein etwaiger Fehler wäre erheblich, ohne
dass es nach nationalem Recht darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften der
Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts dienen und ob dieser Fehler die Sachentscheidung
beeinflusst haben könnte (BVerwG, Urt. v. 17.12.2013 – 4 A 1.13 –, Rn. 41, juris; VGH Bad.-Württ., Beschl.
v. 06.07.2015, a.a.O., Rn. 8).
24 Ob das Vorhaben einer Windfarm mit 3 Windkraftanlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m
UVP-pflichtig ist, hängt gemäß § 3c Satz 2 UVPG i.V.m. Nr. 1.6.3 der Anlage 1 zu diesem Gesetz von einer
standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalles (sog. Screening-Verfahren) ab. Dies hat das Landratsamt
zutreffend erkannt und eine solche Vorprüfung durchgeführt. Mit ausführlich begründetem Vermerk vom
04.03.2016, welcher in den Akten (VAS. 2919-2925) dokumentiert wurde, stellte die Genehmigungsbehörde
fest, dass eine UVP unterbleibt. Damit wurde § 3c Satz 6 UVPG genügt, da darin die der Vorprüfung zu
Grunde gelegten Unterlagen, die wesentlichen Prüfschritte und die dabei gewonnenen Erkenntnisse
zumindest grob skizziert sind (BVerwG, Beschl. v. 28.02.2013 – 7 VR 13.12 –, Rn. 15, juris). Die gemäß § 3a
Satz 2, 2. HS UVPG im Fall des Unterbleibens einer UVP erforderliche Bekanntgabe erfolgte schließlich, was
gemäß § 21 Abs. 1 UVwG zulässig war, am 11.03.2016 auf der Internetseite des Landkreises Konstanz
unter „Amtliche Bekanntmachungen“ (VAS. 2971).
25 Diese Entscheidung ist sehr wahrscheinlich nicht zu beanstanden. Gemäß § 3a Satz 4 UVPG unterliegt die
aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung
unterbleiben soll, eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle und ist nur daraufhin zu überprüfen, ob die
Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden ist, und ob das Ergebnis
nachvollziehbar ist. Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis
gegebene Begründung zugrunde zu legen ist. Nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen
in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, können für die Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und
damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung
nicht maßgeblich sein (BVerwG, Urt. v. 18.12.2014 – 4 C 36.13 –, Rn. 27-30, juris). Anknüpfend an die der
zuständigen Behörde in § 3a Satz 4 UVPG im Screening-Verfahren eingeräumte Beurteilungsermächtigung
bestimmt ferner § 4a Abs. 2 Nrn. 1 bis 4 UmwRG (i.V.m. § 4a Abs. 4 UmwRG), dass die behördliche
Entscheidung im gerichtlichen Verfahren nur darauf zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und
zutreffend erfasst wurde, die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten
wurden, das anzuwendende Recht verkannt wurde, und sachfremde Erwägungen vorliegen (vgl. dazu
BVerwG, Urt. v. 17.12.2013 – 4 A 1/13 –, Rn. 32/33, juris).
26 Dies zugrunde gelegt, ergibt die summarische Prüfung, dass aller Voraussicht nach die Verneinung einer
UVP-Pflicht nachvollziehbar ist, ohne dass bei dieser Feststellung die rechtlichen Vorgaben verkannt, von
einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen und Verfahrensvorschriften verletzt sowie
sachwidrige Erwägungen angestellt worden wären:
27 Das Landratsamt hat seine Feststellungsentscheidung zum Einen auf die Antragsunterlagen der
Beigeladenen, insbesondere dabei auf die gutachterliche Ausarbeitung des Büros XXX vom 13.01.2016
(„Standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls“ ) gestützt. Zum Anderen hat es die mit
Schreiben vom 29.10.2015 angeforderten Stellungnahmen der Fachbehörden und Träger öffentlicher
Belange verwertet, die bis Ende Februar 2016 eingegangen waren (Untere Wasserbehörde 30.11.2015
, Untere Immissionsschutzbehörde 01.12.2015 , Regionalverband Hochrhein-
Bodensee 30.11.2015 , RP Freiburg - Landesbetrieb Forst 01.12.2015 , RP
Freiburg, Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau 01.12.2015 , Kreisforstamt
30.11.15 , Untere Naturschutzbehörde 07.12.2015 und 09.02.2016
VAS. 2731-2736>, RP Freiburg 10.02.2016 sowie Kanton Schaffhausen 26.02.2016
). Dieser Ermittlungsumfang ist nicht zu beanstanden. Die Behörde darf im Rahmen der
Vorprüfung nicht bereits mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe
„durchermitteln“ und damit unzulässigerweise die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter
Missachtung der für diese obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung vorwegnehmen; sie ist vielmehr auf eine
überschlägige Vorausschau beschränkt. Andererseits darf sich die Vorprüfung nicht in einer oberflächlichen
Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und
ausreichender Informationen erfolgen. Hierzu zählen auch vom Vorhabenträger eingeholte Fachgutachten,
die gegebenenfalls durch zusätzliche Ermittlungen der Behörde ergänzt werden können. Bei der Frage,
welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt
werden, kommt der Behörde ein Einschätzungsspielraum zu (vgl. m.w.N.: BVerwG, Urt. v. 18.12.2014,
a.a.O., Rn. 27-30; Urt. v. 25.06.2014 – 9 A 1/13 –, Rn. 18, juris). Das Gericht kann nicht erkennen, dass
dieser Spielraum verlassen worden wäre. Angesichts der in Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG normierten
Schutzkriterien, welche Belange des Natur-, Landschafts- und Wasserschutzes sowie der Raumordnung
betreffen, und die mit Blick auf die Grenznähe des Vorhabens auch Belange des Nachbarstaates in den Blick
zu nehmen hatten, ist es nicht zu beanstanden, ein demgemäß breites Spektrum an fachlichen Beiträgen
einzuholen.
28 Das Landratsamt hat im Screening-Verfahren aller Voraussicht nach auch nicht gegen § 3a Satz 1 UVPG
verstoßen. Danach stellt zuständige Behörde auf Antrag des Trägers eines Vorhabens oder anlässlich eines
Ersuchens nach § 5, andernfalls nach Beginn des Verfahrens, das der Entscheidung über die Zulässigkeit des
Vorhabens dient, auf der Grundlage geeigneter Angaben zum Vorhaben sowie eigener Informationen
unverzüglich fest, ob nach den §§ 3b bis 3f für das Vorhaben eine Verpflichtung zur Durchführung einer
Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Mangels entsprechenden Feststellungsantrags oder Ersuchens des
Vorhabenträgers hatte hier die Feststellung nach Beginn des am 29.10.2015 eingeleiteten
immissionsschutzrechtlichen Verfahrens zu ergehen. Aller Voraussicht nach ist sie auch unverzüglich erfolgt.
Das Gebot der Unverzüglichkeit der Feststellung ist Folge der Überschlägigkeit der Prüfung
(Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band 1, § 3c UVPG, Rn. 14 [Oktober 2003]). Kommt der Behörde aber bei
der Frage, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung
benötigt werden, ein Einschätzungsspielraum zu, und hat sie diesen – wie zuvor dargelegt - nicht
überschritten, kann auch nicht von einer schuldhaften Verzögerung der Feststellungsentscheidung
ausgegangen werden. Die letzten fachlichen Stellungnahmen der schweizerischen Behörden lagen am
26.02.2016 vor, nur eine Woche später - am 04.03.2016 - erging die (Negativ-)Feststellung gemäß § 3c
UVPG. Vor diesem Hintergrund kann die Kammer nicht erkennen, hier habe sich die Behörde - wie vom
Antragsteller behauptet - aufgrund eines erheblichen Drucks durch die Beigeladene sowie einer zu späten
Feststellung gebunden gefühlt und somit nicht mehr unvoreingenommen bzw. unter Anwendung
unsachgerechter Maßstäbe entschieden.
29 Das Landratsamt hat schließlich mit hoher Wahrscheinlichkeit bei seiner Entscheidung die Vorgabe des § 3c
Satz 2 UVPG beachtet, wonach die Vorprüfung eine überschlägige Einschätzung und keine
vorweggenommene UVP sein soll. Es hat hierbei zunächst die Merkmale des Standortes für das Screening
berücksichtigt und dabei geprüft, ob trotz der geringen Größe des Vorhabens allein aufgrund der besonderen
örtlichen Gegebenheiten erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen auf das betroffene schützenswerte
Gebiet auftreten können. Es hat hierzu die in Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG genannten besonders
empfindlichen Gebiete in den Blick genommen und festgestellt, dass am direkten Standort der geplanten
Windkraftanlagen keine solchen Gebiete betroffen seien. Aus den oben genannten, im Rahmen der
Vorprüfung eingeholten Beiträgen geht hervor, dass - auch mit Blick auf die Möglichkeit,
Umweltauswirkungen durch Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen auszuschließen (vgl. zu diesem
zulässigen Gesichtspunkt § 3c Satz 3 UVPG) - eine UVP-Pflicht zu verneinen sei. Dass die
Genehmigungsbehörde diese Stellungnahmen zugrunde gelegt und sich diese zu eigen gemacht hat, ist
sachgerecht und nicht zu beanstanden. Der Vorwurf des Antragstellers, das Amt für Abfallrecht und
Gewerbeaufsicht habe keine eigene Entscheidung getroffen, sondern lediglich die Stellungnahmen der
Fachbehörden wiedergegeben und hierdurch gewissermaßen diese entscheiden lassen, trifft ausweislich der
im Aktenvermerk vom 04.03.2016 gegebenen ausführlichen Begründung nicht zu.
30 Das im Rahmen der überschlägigen Prüfung gewonnene Ergebnis ist schließlich aller Voraussicht nach auch
nachvollziehbar und plausibel. Vom Gericht zu beanstandende Rechtsfehler, welche diese
Nachvollziehbarkeit ausgeschlossen hätten, sind im summarischen Verfahren nicht erkennbar. Solches hätte
vorausgesetzt, dass die Vorprüfung entweder Ermittlungsfehler aufweist, die so schwer wiegen, dass sie
ersichtlich auf das Ergebnis durchschlagen konnten, oder dass das Ergebnis außerhalb des Rahmens
zulässiger Einschätzung liegt (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 25.09.2012 – 10 S 731/12 –, Rn. 28, juris; Beschl.
v. 23.02.2016 – 3 S 2225/15 –, Rn. 29, juris). Dies indessen ist nicht feststellbar.
31 Der Vorwurf des Antragstellers, die Vorprüfung sei mit Blick auf die möglichen grenzüberschreitenden
Auswirkungen auf Schutzgebiete und Vogelzug lückenhaft, greift nicht durch. Bei einer standortbezogenen
Vorprüfung des Einzelfalls sind nach § 3c Satz 2 UVPG die in der Anlage 2 Nr. 2 UVPG aufgeführten
Schutzkriterien zu berücksichtigen. Sie soll dazu dienen, ausschließlich die spezifischen
Standortbedingungen darauf hin zu überprüfen, ob trotz der geringen Größe des Vorhabens eine
Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist oder nicht. Es sind danach nur solche Vorhaben UVP-pflichtig,
die eine Gefährdung spezifischer ökologischer Schutzfunktionen befürchten lassen; auf ihre allgemeine
Umweltrelevanz kommt es nicht an (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 05.04.2016 – 3 S 373/16 –, Rn. 32, juris;
Hoppe/Beckmann, a.a.O., § 3c, Rn. 16). Ausschlaggebend ist nicht der abstrakte Umstand, dass ein Terrain
mit rechtlich anerkanntem Schutzstatus tangiert wird, sondern die Unvereinbarkeit des Vorhabens mit den
konkreten Festsetzungen der einschlägigen Schutzgebietsausweisung (VG Freiburg, Beschl. v. 05.02.2016,
a.a.O., Rn. 91, juris; Landmann/Rohmer, a.a.O., § 3c UVPG, Rn. 33 [Oktober 2003]). Grenzüberschreitende
Auswirkungen auf die Schweiz hat die Vorprüfung entgegen der Kritik des Antragstellers aller Voraussicht
nach hinreichend überschlägig in diese Prüfung einbezogen. Dies war allerdings auch geboten. Denn eine
Beeinträchtigung von Schutzgebieten ist nicht bereits ohne weiteres im Hinblick darauf zu verneinen, dass
das Vorhaben selbst mit seinem direkten Standort außerhalb eines Schutzgebietes liegt; vielmehr erscheint
es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass durch das Vorhaben die Austauschbeziehungen zwischen
verschiedenen Schutzgebieten und Gebietsteilen - etwa durch die Unterbrechung von Flugrouten oder
Wanderkorridoren - beeinträchtigt werden oder ein Funktionsverlust des eigentlichen Schutzgebietes - etwa
durch Gefahr einer Barrierewirkung - droht, so dass eine standortbezogene Vorprüfung im Einzelfall auch
mit Blick auf Vorhaben, die sich außerhalb eines Schutzgebietes befinden, zur Erforderlichkeit einer UVP-
Prüfung führen kann (VG Freiburg, Beschl. v. 05.02.2016, a.a.O., Rn. 86, juris, m.w.N.). Das Landratsamt
hat diesen Gesichtspunkt nicht vernachlässigt. Ausweislich des Vermerks vom 04.03.2016 (dort Seite 3) hat
es zwar zunächst nur den direkten Standort der WEA abgehandelt, dann aber doch noch ergänzend in den
Blick genommen, dass das Planungs- und Naturschutzamt des Kantons Schaffhausen (Stellungnahme vom
26.02.2016) sowie das Schweizerische Bundesamt für Umwelt - Sektion UVP und Raumordnung
(Stellungnahme vom 24.02.2016) keine Anhaltspunkte für erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen
gegeben haben. Zwar führt das Planungs- und Naturschutzamt zunächst aus, die Darstellung der
Schutzgebiete habe sich auf die deutsche Seite beschränkt, obwohl auf Schweizer Seite in unmittelbarer
Nähe der geplanten WEA das Naturschutzgebiet „XXX“ mit zahlreichen Trockenstandorten von nationaler
Bedeutung liege. Es sei nicht ausschließen, dass dieses Gebiet durch Schattenwurf beeinträchtigt werde.
Gleichwohl schließt das Amt damit, der Kanton Schaffhausen stehe dem Projekt befürwortend gegenüber.
Hinreichende Anhaltspunkte im Rahmen einer überschlägigen Prüfung, auf dieses Naturschutzgebiet könne
das Vorhaben erhebliche Auswirkungen haben, gehen somit aus der Stellungnahme gleichwohl nicht hervor.
Auch sonst drängte sich nichts dafür auf, eine allenfalls zeitweise tägliche Beschattung von Trockenrasen
durch Windkraftanlagen könne diese nachhaltig beeinträchtigen. Das Bundesamt für Umwelt weist in seiner
Stellungnahme darauf hin, das Projekt liege in der unmittelbaren Umgebung des Landschaftsschutzgebiets
„YYY“ und legt sodann eingehend dar, warum aufgrund der verschiedenen Sichtbeziehungen bzw. visuellen
Auswirkungen keine erhebliche Beeinträchtigung der Schutzziele (weitgehend unberührte Silhouette des
„YYY“ erhalten; Ruhe und Abgeschiedenheit erhalten) durch das Vorhaben vorliegt. Schließlich führt das
Bundesamt aus, dass es entsprechend der Einschätzung der Konfliktpotenzialkarte Vogelzug der Schweizer
Vogelwarte S... im Gebiet keinen Schwerpunkt für einen großräumigen Vollzug gebe. Angesichts dieser
Stellungnahmen der schweizerischen Behörden kann nicht davon ausgegangen werden, das Ergebnis der
überschlägigen Prüfung des Landratsamts verlasse den Rahmen einer zulässigen Einschätzung.
32 In seine überschlägige Bewertung hat das Landratsamt schließlich auch die Zufahrtswege zu den WEA
einbezogen. Es hat erkannt, dass sich das FFH-Gebiet „...“ in unmittelbarer Wegenähe befindet und ferner
ein nach § 30a LWaldG geschütztes Waldbiotop mit dem Vorkommen des streng geschützten Frauenschuhs
von einem Zufahrtsweg gequert wird. Gleichwohl sind in plausibler Weise erhebliche nachteilige
Umweltauswirkungen von der Behörde verneint worden, weil Vermeidungsmaßnahmen im Sinne von § 3c
Satz 3 UVPG solche Einwirkungen offensichtlich ausschließen. Denn das FFH-Gebiet grenzt nur an den
Zufahrtsweg, ohne in Anspruch genommen zu werden und das Frauenschuhvorkommen wird aufgrund von
Schutzvorrichtungen (Bauzaun während der Wegearbeiten sowie ökologische Baubegleitung) keine
Beeinträchtigungen erfahren. Der Einwand des Antragstellers, dass die Wegebaumaßnahmen in einem
forstrechtlichen Waldumwandlungsverfahren sowie ferner in einem naturschutzrechtlichen Genehmigungs-
und einem straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnisverfahren abgearbeitet und durch die dort jeweils
zuständigen Behörden gestattet worden seien, was gegen § 13 BImSchG und die Konzentrationswirkung
verstoße, kann nicht durchgreifen. Sofern sich diese weitergehenden Gestattungen nicht auf den durch die
WEA und die diesen zugeordneten Nebengebäude beziehen, dürften sie erforderlich gewesen sein, da
Maßnahmen außerhalb des Betriebsstandorts nicht von der Konzentrationswirkung umfasst sind (in diesem
Sinne Jarass, BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 13 Rn. 9; vom Erfordernis einer zusätzlichen
Waldumwandlungsgenehmigung geht offenbar auch der VGH Baden-Württemberg aus, vgl. Beschl. v.
06.07.2015, a.a.O., Rn. 15). Etwas anderes dürfte zwar für den unmittelbaren Betriebsstandort gelten,
angesichts der - wie zuvor dargelegt - erfolgten hinreichenden Berücksichtigung der Schutzkriterien der
Anlage 2 Nr. 2.3 zum UVPG betreffend das gesamte von der Maßnahme betroffene Gebiet (Standort nebst
Zuwegungen) kann insoweit jedoch kein Verstoß gegen § 3c UVPG erkannt werden.
33 Eine Umweltverträglichkeitsprüfung (mit Öffentlichkeitsbeteiligung) auf der Grundlage des Art. 2 des
Übereinkommens über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen (sog. Espoo-
Konvention, vom 25.02.1991 - für Deutschland aufgrund Zustimmungsgesetzes vom 07.06.2002 [BGBl. II S.
1406] am 18.06.2002 in Kraft getreten) hatte schließlich nicht zu erfolgen, da es sich beim geplanten
Vorhaben um kein solches im Sinne des Anhangs I dieser Konvention handelt.
34 Vom Antragsteller behauptete weitere Verstöße gegen formelles und materielles Recht liegen ferner sehr
wahrscheinlich ebenfalls nicht vor, so dass es auch insoweit an ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit
der Genehmigung fehlt:
35
Unabhängig davon, ob insoweit Schutznormen betroffen gewesen wären, ist das sonstige
Genehmigungsverfahren aller Voraussicht nach zutreffend als vereinfachtes Verfahren gemäß § 19 BImSchG
durchgeführt worden. Dies folgt aus § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c.) und Nr. 2 der 4. BImSchV sowie dem - oben
ausgeführten - Umstand, dass sehr wahrscheinlich keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach den §§ 3a bis
3f UVPG durchzuführen war. Gemäß § 19 Abs. 2 BImSchG sind im vereinfachten Verfahren § 10 Absatz 2, 3,
4, 6, 7 Satz 2 und 3, Absatz 8 und 9 sowie die §§ 11 und 14 nicht anzuwenden. Einer
Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 10 Abs. 3 BImSchG bedurfte es folglich nicht. Die nach Nr. 1.4 des
Windenergieerlasses Baden-Württemberg (Gemeinsame Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Umwelt,
Klima und Energiewirtschaft, des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, des
Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur und des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft vom
09.05.2012 - Az.: 64-4583/404 -, GABl. 2012, 413 - im Folgenden: Windenergieerlass) besonders
hervorgehobene Bedeutung der Beteiligung der Öffentlichkeit außerhalb der Regional- und Bauleitplanung
sowie eines förmlichen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens ist rechtlich unverbindlich.
Das verdeutlicht der Erlass gerade auch dadurch, dass er die behördliche Empfehlung an den Vorhabenträger
anregt, von den vielfältigen Möglichkeiten einer Beteiligung der Öffentlichkeit Gebrauch zu machen.
Unabhängig davon hat die Beigeladene dem gleichwohl aber auch aktiv Rechnung getragen, indem sie
öffentliche Informationsveranstaltungen im Landkreis Konstanz und in der Schweiz durchgeführt hat.
36
Auch ein Verstoß der angefochtenen Genehmigung gegen drittschützende materiell-rechtliche
Vorschriften ist schließlich aller Voraussicht nach zu verneinen.
37 Anhaltspunkte dafür, der Antragsteller werde durch die geplanten Windenergieanlagen schädlichen
Umwelteinwirkungen durch Geräusche ausgesetzt, gibt es nicht. Genehmigungspflichtige Anlagen sind nach
§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und
sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die
Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Für Bauplanungsrecht gilt Entsprechendes über § 35
Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Schädliche Umwelteinwirkungen sind nach der Definition des § 3 Abs. 1 BImSchG
Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder
erhebliche Belästigungen herbeizuführen. Umwelteinwirkungen sind „schädlich“ und „erheblich“ in diesem
Sinne, wenn sie unzumutbar sind. Die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärmimmissionen erfolgt an Hand
der (auf der Grundlage des § 48 BImSchG erlassenen) Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA
Lärm - vom 26.8.1998, die in Nr. 6.1 Immissionsrichtwerte vorgibt. Der dort normativ konkretisierte
gesetzliche Maßstab für die Schädlichkeit von Geräuschen ist abschließend und im gerichtlichen Verfahren
bindend, soweit die TA Lärm bestimmten Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer
Schutzbedürftigkeit bestimmte Immissionsrichtwerte zuordnet und das Verfahren zur Ermittlung und
Bewertung der Geräuschimmissionen vorschreibt (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 06.07.2015 – 8 S 534/15 –,
Rn. 40, juris; Beschl. v. 06.07.2016 – 3 S 942/16 –, Rn. 14/15, juris).
38 Das Schallgutachten des XXX vom 22.07.2015, ergänzt durch (wegen Änderung des Standorts und der
Nennleistung erforderlicher) Nachberechnung vom 28.09.2015 sowie ferner ergänzt durch (nunmehr
ausschließlich deutsche Regelungen zugrunde legende) Nachberechnung vom 02.03.2016 (VAS. 1271-1343)
gelangt für das Anwesen des Antragstellers (Immissionsort E ) zu einer Zusatzbelastung von
39,8 dB(A) und nach Zuschlag von 2,66 dB(A) im Sinne der oberen Vertrauensbereichsgrenze zu einem
Beurteilungspegel von 42,5 dB(A). Eine Schallvorbelastung wurde verneint, so dass die ermittelte
Zusatzbelastung zugleich die maßgebliche Gesamtbelastung darstellt. Unter Zugrundelegung der gemäß
dem Prüfprogramm der §§ 5 und 6 BImSchG maßgeblichen deutschen normativen Vorgaben gelangt das
Gutachten schließlich unter Einstufung des Anwesens des Antragstellers entsprechend einem Dorf- oder
Mischgebiet gemäß TA Lärm Nr. 6.1 c) (Richtwert Nacht: 45 db(A); Richtwert Tag: 60 dB(A)) zum Ergebnis,
dass die Lärmrichtwerte der TA Lärm unterschritten werden. Von den geplanten Anlagen gehen danach
keine Lärmimmissionen aus, die zulasten des Antragstellers das Maß des Zumutbaren überschreiten.
39 Diese Schallimmissionsprognose ist sehr wahrscheinlich nicht zu beanstanden. Sie geht für die Berechnung
von einem Schalleistungspegel von 104,5 dB(A) und einem Zuschlag von 2,66 dB(A) für Unsicherheiten beim
Schallleistungspegel, Prognosemodell, Serienstreuung der WEA und Abschirmmaß aus. Sie beruht, wie in Nr.
A.2.2 und A.2.3.4 der TA Lärm vorgegeben, auf der DIN ISO 9613-2. Angewendet wird, da es sich bei WEA
um hochliegende Lärmquellen handelt, das alternative Verfahren nach Nr. 7.3.2 (Berechnung mit A-
bewerteten Einzahlkenngrößen) der DIN ISO 9613-2 an (zu diesem Erfordernis vgl. VGH Bad.-Württ.,
Beschl. v. 06.07.2015, a.a.O., Rn. 42, juris sowie Nr. 5.6.1.1, Absatz 4 des Windenergieerlasses). Ein
Zuschlag für Ton- und Impulshaltigkeit erfolgt nicht, da diese für entsprechende Anlagentypen in der Regel
bei Schalldruckpegelmessungen durch autorisierte Institute bewertet und in den Berichten zur
schalltechnischen Vermessung dokumentiert sowie den technischen Unterlagen der WEA-Hersteller
angegeben werden. Da in den Schallpegeldokumenten des Herstellers keine Angaben hierüber zu finden
sind, ging das Gutachten nach dem Stand der Technik davon aus, dass keine Zuschläge zu berücksichtigen
seien. Anhaltspunkte, dies sei fehlerhaft gewesen, gibt es nicht.
40 Die vom Antragsteller gerügten Unklarheiten und Unsicherheiten können die Tragfähigkeit der XXX-
Expertise nicht erschüttern. Das Ausgangsgutachten vom 22.07.2015 führt auf Seite 22 (unter 4.3
Orographie – Geländemodell zur Erstellung von Isohypsen) zwar aus, bei der Digitalisierung der Höhenlinien
hätten etwaige Abweichungen auf Schweizer Seite nicht genügend angegeben werden können, da sich die
Höhenreferenzen unterschieden. Allerdings wird unmittelbar anschließend ausgeführt, die verwendeten
Höhenmodelle seien in der Tallage miteinander kombiniert worden, um etwaige Höhenfehler im Nahbereich
zu minimieren. Fehlende Werte seien nach Möglichkeit korrigiert worden, so dass die Daten im Rahmen der
Genauigkeit zur Modellierung und Berechnung als belastbar eingestuft würden, da der Nahbereich durch das
Höhenmodell gut abgebildet werde. Relevante Zweifel an der Sachgerechtigkeit und Tragfähigkeit dieses
Vorgehens gibt es nicht. Für das Anwesen des Antragstellers dürfte dies schon deshalb gelten, da die
Gebäude und ein Teil der Grundstücke direkt an der deutschen Grenze liegen, wo auf der Grundlage des für
die deutsche Seite verwendeten digitalen dreidimensionalen Geländemodells nur geringfügige
Abweichungen bei der Höhengenauigkeit bestehen (Gutachten Seite 21/22).
41 Soweit das Ausgangsgutachten vom 22.07.2015 seiner Lärmbeurteilung zunächst Schweizer Regelungen
zugrunde legte, konnte es darauf nicht ankommen. Die an deutschen Vorgaben orientierten
Nachberechnungen sind vom XXX Süd unter dem 28.09.2015 und dem 02.03.2016 nachgeliefert worden.
Maßgeblich kann sich der Antragsteller lediglich auf die ihm durch das materielle deutsche Recht
vermittelten Schutzstandards berufen. §§ 5 und 6 BImSchG legen ausschließlich diese Rechtslage als
materielles Genehmigungserfordernis zugrunde. Besondere völkerrechtliche Regelungen zwischen der
Bundesrepublik und der Schweiz, auf die sich der Antragsteller darüber hinaus zu seinem Schutz berufen
könnte, sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Aus dem Unterschied zwischen schweizerischer
Rechtslage und deutscher Rechtslage erklärt sich schließlich auch der vom Antragsteller – deshalb vergeblich
– monierte Unterschied beim Unsicherheitszuschlag. Denn die ursprünglich um 9 dB(A) auf einen
Beurteilungspegel von 47,6 dB(A) erhöhte Zusatzbelastung war mit Blick auf schweizerische Regelwerke
erfolgt (vgl. Ausgangsgutachten vom 22.07.2015, Seiten 30/31). Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass bei
konsequenter Zugrundelegung schweizerischer Regelwerke der dort in Wohn- und Gewerbezonen
(Mischzonen) sowie Landwirtschaftszonen (Empfindlichkeitsstufe III) zugrunde gelegte Nachtrichtwert von
50 dB(A) dann sogar ebenfalls noch unterschritten gewesen wäre (vgl. Ausgangsgutachten, Seiten 10, 13,
18 und 23).
42 Die Zuordnung des maßgeblich nach deutscher Rechtslage prognostizierten Beurteilungspegels von 42,5
dB(A) zur Gebietsart eines Misch- oder Dorfgebiets und den gemäß TA Lärm Nr. 6.1 c) hierfür geltenden -
unterschrittenen - Immissionsrichtwerten begegnet schließlich sehr wahrscheinlich ebenfalls keinen
rechtlichen Bedenken. Der Antragsteller will seine Schutzbedürftigkeit derjenigen einer Nutzung im reinen
Wohngebiet bzw. im Kur- oder Kleinsiedlungsgebiet gleichgestellt sehen. Dem kann indessen mit überaus
hoher Wahrscheinlichkeit nicht gefolgt werden. Nr. 6.6 der TA Lärm sieht hinsichtlich der Zuordnung des
Immissionsortes vor, dass sich die Art der in Nr. 6.1 bezeichneten Gebiete und Einrichtungen aus den
Festlegungen in den Bebauungsplänen ergibt. Gebiete und Einrichtungen, für die – wie im Fall des
Antragstellers – keine Planfestsetzungen bestehen, sind nach Nr. 6.1 entsprechend der Schutzbedürftigkeit
zu beurteilen. Das Anwesen des Antragstellers liegt eindeutig im Außenbereich. Die Wohn-/Betriebsgebäude
stellen hier die einzige Bebauung dar und sind (Luftlinie) von den im Zusammenhang bebauten Ortsteilen
von ... (CH) ca. 2,5 km, von ... (D) ca. 2 km und von ... (CH) ca. 1 km entfernt. Die bauliche Nutzung dient
einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb und ferner einer - unter arbeitspädagogischen Aspekten mit
diesem Betreib in Verbindung stehenden - sozialen Einrichtung für bis zu 6 schulentlassene, männliche
Jugendliche sowie schließlich dem ebenfalls damit im Zusammenhang stehenden Betrieb einer
Besenwirtschaft. Daraus rechtfertigt sich allenfalls die Orientierung an einem Dorfgebiet (vgl. § 5 Abs. 1
sowie Abs. 2 Nrn. 1, 5 und 7 BauNVO) und den für dieses geltenden Immissionsrichtwerten, die gemäß Nr.
6.1 c) der TA Lärm tags 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) betragen.
43 In diesem Zusammenhang sind schließlich noch die Nebenbestimmungen in Abschnitt III Nr. 8 sowie
Abschnitt V Nr. 7 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 30.05.2016 von Bedeutung. Sie
stellen sicher, dass ausgehend von den zuvor genannten maßgeblichen Immissionsrichtwerten durch den
Betrieb der Windfarm keine unzumutbaren Beeinträchtigungen zulasten des Antragstellers entstehen.
Danach darf, was durch Messung nachzuweisen ist, der immissionswirksame Schalleistungspegel von 104,5
dB(A) je Anlage nicht überschritten werden. Ferner dürfen keine tonhaltigen Geräusche auftreten.
Insbesondere aber ist vom Betreiber sicherzustellen, dass die im Schallgutachten prognostizierten
Immissionswerte an den jeweiligen Immissionsorten (darunter dem Anwesen des Antragstellers) den
maßgeblichen Beurteilungspegel (nachts) von 42,5 dB(A) nicht überschreiten. Es handelt sich hierbei um
eine zulässige Verlagerung des Immissionsschutzes in die Nebenbestimmungen (vgl. dazu OVG Sachs.-Anh.,
Urt. v. 24.03.2015 – 2 L 184/10 –, Rn. 65-67, juris sowie Bay. VGH, Beschl. v. 20.11.2014 – 22 ZB 14.1828
–, Rn. 14, juris). Sollte es entgegen den Festlegungen in den Nebenbestimmungen zu höheren
Lärmbelastungen kommen oder impulshaltigen Geräusche auftreten, so wird die Windfarm abweichend von
der Genehmigung betrieben, was wiederum ein behördliches Einschreiten nach sich zöge (VGH Bad.-Württ.,
Beschl. v. 06.07.2015, a.a.O., Rn. 44).
44 Aller Voraussicht nach vergeblich beruft sich der Antragsteller ferner auf eine unzumutbare Belästigung
durch den von der Windfarm auf sein Anwesen ausgehenden Schattenwurf. Wissenschaftlich gesicherte
Grenz- oder Richtwerte für die Beurteilung dieser von den Wetterbedingungen, der Windrichtung, dem
Sonnenstand und den Betriebszeiten der Anlage abhängigen Effekten liegen bisher nicht vor. In der
Rechtsprechung wird deshalb mangels besserer Erkenntnisse auf die vom Länderausschuss für
Immissionsschutz (LAI) im Mai 2002 beschlossenen „Hinweise zur Ermittlung und Bewertung der optischen
Immissionen von Windenergieanlagen (WEA-Schattenwurf-Hinweise)“ zurückgegriffen. Nach Ziff. 3.1 dieser
Hinweise ist bei der Genehmigung von Windenergieanlagen sicherzustellen, dass Wohn- und Schlafräume
sowie andere schutzwürdige Räume nicht mehr als 30 Stunden im Jahr - das ist eine tatsächliche
Beschattungsdauer von 8 Stunden pro Jahr (vgl. Nr. 5.6.1.2 des Windenergieerlasses) - und nicht mehr als
30 Minuten am Tag durch den periodischen Schattenwurf einer Windenergieanlage beeinträchtigt werden.
In der Rechtsprechung werden diese Werte als „konservativ“, d.h. auf der sicheren Seite liegend, bezeichnet
(vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 06.07.2016 – 3 S 942/16 –, Rn. 26, juris, m.w.N.).
45 Das Schattenwurfgutachten des XXX Süd vom 22.07.2015, ergänzt durch die (wegen Standortänderung
der WEA erforderliche) Nachberechnung vom 28.09.2015 (VAS. 1345-1415), gelangt, ohne dass insoweit
Einwendungen gegen seine Verwertbarkeit ersichtlich oder vorgetragen wären, für den Immissionsort D (das
Anwesen des Antragstellers) zu einer Schattenbelastung von 25:44 Stunden im Jahr sowie 37 Minuten pro
Tag durch die südlichste Windenergieanlage. Damit wird der tagesbezogene Richtwert überschritten, und
zwar um 7 Minuten. Gleichwohl wird der Antragsteller durch die genehmigte Errichtung und Betrieb mit
überaus hoher Wahrscheinlichkeit nicht unzumutbar beeinträchtigt, da diese für die betroffene WEA 3 in
Abschnitt III Nr. 9 der Inhaltsbestimmungen vorschreibt, dass der Schattenwurf 8 Stunden im Jahr und 30
Minuten am Tag nicht überschreiten darf. Dies wird durch die in der genehmigten Anlagenbeschreibung
(VAS. 1171/1172) vorgesehene Abschaltautomatik sichergestellt. Abschnitt V Nr. 7 der Nebenbestimmungen
ordnet für die WEA 3 die Anbringung einer Schattenwurfabschaltung sowie die Registrierung der ermittelten
Daten zu Abschalt- und Beschattungszeiträumen sowie deren 3-jährige Aufbewahrung an. Sofern eine
Abschalteinrichtung verwendet wird, die keine meteorologischen Parameter erfassen kann, darf die
astronomische maximal mögliche Beschattungsdauer von 30 Stunden im Jahr (worst case) bzw. 30 Minuten
am Tag nicht überschritten werden. Durch den damit verbindlich angeordneten Einsatz einer
Abschaltautomatik ist sichergestellt, dass es nicht zu einer Überschreitung der höchstzulässigen
Schattenwurfdauer kommt. Entsprechende Inhalts- und Nebenbestimmungen in Genehmigungen sind in der
Rechtsprechung anerkannt (vgl. etwa VG München, Beschl. v. 24.08.2016 – M 1 SN 16.2024 –, Rn. 39, juris;
VG Minden, Urt. v. 11.03.2015 – 11 K 3061/13 –, Rn. 115, juris; VG Meiningen, Urt. v. 28.07.2010 – 5 K
670/06 Me –, Rn. 86, juris).
46 Die durch die luftfahrtrechtlich erforderliche Hinderniskennzeichnung (sog. Befeuerung) der WEA erzeugten
Aufhellungen und Blendungen stellen zwar ebenfalls Lichtimmissionen dar. Auch insoweit ist jedoch eine
unzumutbare Beeinträchtigung zulasten des Antragstellers mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (vgl. etwa Beschl. v. 10.12.2015 – 22 CS 15.2247 –, Rn. 45, juris)
bezieht sich in seiner Rechtsprechung auf eine im Jahr 2010 von der Universität Wittenberg-Halle
durchgeführte Studie, wonach solche Hinderniskennzeichnungen keine erhebliche Belästigungswirkung
auslösen und auch keine ins Gewicht fallende Blendwirkung verursachen (vgl. Abschlussbericht vom
30.04.2010 zum BMU-Forschungsvorhaben : Akzeptanz und Umweltverträglichkeit der
Hinderniskennzeichnung von Windenergieanlagen, dort Seite 24 - im Internet zugänglich unter:
http://sozpsy-forschung.psych.uni-
halle.de/HKworkshop/projektbericht/HK_Abschlussbericht_MLU_04_05_10.pdf). Hierfür spreche vor allem
auch, dass die von der Befeuerung von Windkraftanlagen ausgehenden Lichtstrahlen dazu dienten, von
Luftfahrzeugführern wahrgenommen zu werden, sie mithin nicht gezielt auf die Erdoberfläche hin
ausgerichtet oder gar gebündelt seien. Wie bereits die 4. Kammer des VG Freiburg (Beschl. v. 05.02.2016,
a.a.O., Rn. 44), schließt sich auch die erkennende Kammer dieser obergerichtlichen Auffassung angesichts
der Abstände der WEA an. Eine noch weitergehende erhebliche Verminderung etwaiger Emissionswirkungen
wird vorliegend noch durch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung erzielt. Diese gibt nämlich in
Abschnitt V Nrn. 7.8 und 7.9 mittels Nebenbestimmungen vor, sowohl bei Tages- wie Nachtkennzeichnung
das jeweilige Gefahrenfeuer zur Verminderung der Belästigungswirkung von Anwohnern so nach unten
abzuschirmen, dass unterhalb eines Winkels von -5° unterhalb der Horizontale nicht mehr als 5 % der
Nennlichtstärke abgestrahlt wird.
47 Soweit der Antragsteller schließlich im Zusammenhang mit Schall und Signalbefeuerung eine erhebliche
Beeinträchtigung bei der Pferdehaltung befürchtet, dürfte auch dies aller Voraussicht nach unbegründet
sein. Auf diesen bereits im Genehmigungsverfahren vorgebrachten Einwand hin hatte die
Genehmigungsbehörde eine ausführliche Stellungnahme des Veterinäramtes vom 20.05.2016 (VAS.
3075/3076) eingeholt. Darin führte die Veterinärbehörde aus, zur Beurteilung, ob Pferde in ihrem
Wohlbefinden durch Windkraftanlagen gestört würden, könnten aufgrund vergleichbarer anatomischer und
physiologischer Strukturen und Vorgänge, ähnlicher Verhaltensweisen sowie ähnlicher
Wirkungsmechanismen Analogieschlüsse zum Menschen herangezogen werden. Da sich Heim- und
Nutztiere nicht von ihren Stallungen entfernen könnten, seien mindestens die Vorgaben für Dorfgebiete
einzuhalten. Da die Immissionsrichtwerte für solche eingehalten würden, bestehe kein näherer
Überprüfungsbedarf. Soweit ersichtlich, geht ferner die obergerichtliche Rechtsprechung davon aus, dass sich
Windenergieanlagen nicht in unzumutbarer Weise auf die Haltung von Pferden auswirken können. So hat
der Bayerische VGH (Beschl. v. 22.05.2012 – 22 ZB 12.548 –, Rn. 3, juris) unter Zugrundelegung fachlicher
Stellungnahmen, darunter eines Gutachtens der Universität Bielefeld vom 17.11.2004, ausgeführt, danach
gehe weder von den akustischen noch von den optischen Reizen einer Windkraftanlage eine Gefahr für
Pferde aus. Die Tiere reagierten vielmehr auf Reize, die ungefährlich und nicht mit negativen Auswirkungen
verbunden seien, mit rascher Gewöhnung. Dies gelte jedenfalls bei fachgerechter Pferdehaltung. Dieses
Gutachten der Universität Bielefeld (im Internet zugänglich unter http://www.buerger-fuer-
eggebek.de/downloads/faunapferdegutachten.pdf) untersuchte den Einfluss von Windenergieanlagen auf
Pferde, indem die zu erwartenden Reize mit der Sinneswahrnehmung durch Pferde und den darauf
folgenden denkbaren Reaktionen der Tiere in Zusammenhang gebracht wurden. Ferner wurden mittels einer
standardisierten Umfrage in 424 Fällen die Erfahrungen von Pferdehaltern mit ihren Pferden bezüglich
Windenergieanlagen erfasst und bewertet. In der Zusammenfassung kommt das Gutachten zu dem
Ergebnis, Pferde zeigten bei ungewohnten und besonders bei plötzlich einsetzenden Reizen verschiedene
schadensvermeidende Reaktionen von Aufmerken bis Durchgehen (panikartige Flucht). Sie seien sehr
lernfähig und zeigten meist schnelle Gewöhnung an neue Umgebungsreize. Von Windenergieanlagen gingen
nur eine statische Optik und regelmäßige Discoeffekte der Rotoren aus. Beim Anlaufen und Abschalten der
WEA träten nur sehr allmähliche Bewegungsänderungen und damit Reizveränderungen auf. Das normale
Umfeld eines Pferdes weise demgegenüber eine Fülle von Reizen auf, die lauter, greller, unvorhersehbarer
und plötzlicher seien als jene, die von WEA ausgingen. Nur in 11 der 424 Fälle (2,6 %) seien überhaupt
bemerkbare Reaktionen aufgetreten, jedoch sei in der Regel baldige Gewöhnung erfolgt. In keinem Fall seien
heftige Reaktionen wie Steigen oder Durchgehen aufgetreten. Insgesamt seien daher die von WEA
ausgehenden Reize auf Pferde im Vergleich zu sonstigen ortsüblichen Reizen als unerheblich zu beachten.
Das OVG Lüneburg (Beschl. v. 21.06.2010 – 12 ME 240/09 –, Rn. 17, juris) lehnte die Annahme einer
rücksichtslosen Betroffenheit ab, nachdem eine konkrete Darlegung dazu fehlte, welche relevanten
Reaktionen bei der gehaltenen Pferderasse bzw. den konkret gehaltenen Tieren auf eine Windenergieanlage
bei den gegebenen Abständen (dort: 320 m) zu befürchten seien. Im summarischen Verfahren sowie mit
Blick auf den Umstand, dass auch der Antragsteller keine substantiierten gegenteiligen Anhaltspunkte
(fachliche Stellungnahmen o.ä.) vorgebracht hat, schließt sich das erkennende Gericht diesen Auffassungen
an.
48 Der Antragsteller befürchtet ferner Wirtschaftseinbußen beim Betrieb seiner Pensionspferdehaltung
aufgrund Vorbehalten seiner Kunden, was die Auswirkungen der WEA auf ihre Pferde betrifft. Zwar ist nicht
auszuschließen, dass Kunden bereits auf solche - nach derzeitiger Erkenntnis wohl nur theoretische -
Unsicherheiten reagieren und von einem Unterstellen ihrer Tiere absehen. Hierauf kann indessen der
Einwand einer unzumutbaren bzw. rücksichtslosen Betroffenheit nicht gestützt werden. Ein solcher setzt
vielmehr tatsächlich relevante und unzumutbare Immissionen der Windenergieanlage voraus. Bloße
(subjektive) Befürchtungen von Pferdehaltern hinsichtlich des Wohlbefindens ihrer Tiere genügen indessen
nicht (vgl. für einen Pferdezuchtbetrieb: OVG NRW, Beschl. v. 17.05.2002 – 7 B 665/02 –, Rn. 28, juris).
Dem Antragsteller obliegt es insoweit, solchen Reaktionen durch entsprechendes Aufklärungsverhalten
entgegenzuwirken (so VG München, Urt. v. 21.07.2015 – M 1 K 14.3793 –, Rn. 38, juris).
49 Auch der darüber hinaus sonst aufgrund der Nachbarschaft zu Windkraftanlagen vom Antragsteller
befürchtete Wertverlust seiner Grundstücke und seines Betriebs dürfte sehr wahrscheinlich nicht
weiterführen. Wertminderungen als Folge der Ausnutzung der einem Dritten erteilten (hier:
immissionsschutzrechtlichen) Genehmigung bilden nicht für sich genommen einen Maßstab dafür, ob
Beeinträchtigungen zumutbar sind oder nicht. Wenn es nicht zu einer unzumutbaren bzw. rücksichtslosen
Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten des betroffenen Anwesens kommt, dann betreffen die Chancen
und Risiken einer Veränderung des Verkehrswerts die Sphäre des Grundstückseigentümers (BVerwG, Beschl.
v. 13.11.1997 – 4 B 195/97 –, juris; Bay. VGH, Beschl. v. 21.06.2016 – 22 ZB 16.24 –, Rn. 35, juris; ebenso
unter dem Gesichtspunkt der „sonstigen Sachgüter“ in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UVPG: VGH Bad.-Württ.,
Beschl. v. 06.07.2015, a.a.O., Rn. 100/101).
50 Ein Rechtsverstoß zulasten des Antragstellers im Zusammenhang mit dem Abstand und der optischen
Wirkung der genehmigten Vorhaben ist aller Voraussicht nach ebenfalls zu verneinen. Das über § 6 Abs. 1
Nr. 2 BImSchG bei der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu prüfende bauplanungsrechtliche
Rücksichtnahmegebot gehört zu den in § 35 Abs. 3 BauGB nicht aufgeführten öffentlichen Belangen und
erfasst in Abgrenzung zu § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB Fälle, in denen nicht Immissionsbelastungen,
sondern sonstige nachteilige Wirkungen des Vorhabens auf die Interessen eines Nachbarn in Rede stehen.
Dazu gehören nach der Rechtsprechung auch Belastungen psychischer Art wie die „optisch bedrängenden“
Wirkungen, die von einem Bauvorhaben auf bewohnte Nachbargrundstücke ausgehen (BVerwG, Beschl. v.
11.12.2006 - 4 B 72.06 - Rn. 4, juris). In der obergerichtlichen Rechtsprechung haben sich hierzu zwei
Vermutungsregeln herausgebildet: Beträgt der Abstand zwischen einem Wohnhaus und einer
Windkraftanlage mindestens das Dreifache der Gesamthöhe (Nabenhöhe plus halber Rotordurchmesser) der
geplanten Anlage, wird von der Anlage in der Regel keine optisch bedrängende Wirkung zulasten der
Wohnnutzung ausgehen. Ist der Abstand geringer als das Zweifache der Gesamthöhe der Anlage, ist
dagegen regelmäßig eine optisch bedrängende Wirkung der Anlage anzunehmen (vgl. m.w.N.: VGH Bad.-
Württ., Beschl. v. 05.04.2016 – 3 S 373/16 –, Rn. 18, juris). Die Gesamthöhe der im vorliegenden Fall
genehmigten Windkraftanlagen beträgt bei einer Nabenhöhe von 134 m und 131 m Rotordurchmesser
199,50 m. Die Gebäude des Antragstellers sind von den Anlagen (ca.) 650 m, 818 m und 1254 m entfernt.
Bereits bezogen auf die nächstliegende Windkraftanlage besteht damit ein Abstand von mehr als dem
Dreifachen der Gesamthöhe. Besonderheiten des Einzelfalls, welche die damit begründete Vermutung einer
fehlenden optischen Bedrängung erschüttern bzw. entkräften könnten, gibt es nicht. Insbesondere
verhindert die räumliche Auf- bzw. Verteilung der einzelnen Windräder das Entstehen eines „optischen
Riegels“. Ferner muss berücksichtigt werden, dass sich das Anwesen des Antragstellers im Außenbereich
befindet und hierdurch gegenüber einem dort ebenso privilegierten Vorhaben in seiner Schutzwürdigkeit
gemindert ist (vgl. zu diesem die o.g. Vermutungsregel zulasten eines drittbetroffenen Nachbarn
relativierenden Gesichtspunkt: Bay. VGH, Beschl. v. 01.12.2014 – 22 ZB 14.1594 –, Rn. 15 ff., juris).
51 Demgegenüber kann sich der Antragsteller nicht darauf berufen, dass der Windenergieerlass (vgl. dort Nr.
4.3) einen Abstand zu Wohngebieten von mindestens 700 m empfiehlt. Denn unabhängig davon, dass es
sich vorliegend nicht um die dort im 4. Abschnitt des Windenergieerlasses betroffene Regionalplanungsebene
handelt, stellt diese Erlassvorschrift auch keine Schutznorm zu Gunsten des Antragstellers dar. Ohnehin
geht auch der Windenergieerlass im Folgenden davon aus, dass bei - wie hier - fehlender planerischer
Steuerung der Windenergienutzung der Vorhabenträger im immissionsschutzrechtlichen
Genehmigungsverfahren nachweisen kann, dass - wie hier geschehen – die von ihm beantragte
Windenergieanlage die Immissionsrichtwerte der TA Lärm auch bei geringeren Abständen einhält. Im
Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen der Teilfortschreibung des Regionalplans Hochrhein-
Bodensee, welche derzeit noch nicht verbindlich abgeschlossen ist, die geplanten Anlagen innerhalb des
Vorranggebietes VRG 12 (...) liegen (vgl. die Stellungnahme des Regionalverbandes Hochrhein-Bodensee
vom 30.11.2015 [VAS. 2491] und des RP Freiburg vom 10.02.2016 [VAS. 2739])
52 Aus einem kumulativen Zusammenwirken von Schall-, Licht- und Schattenimmissionen sowie optischen
Wirkungen kann der Antragsteller keine unzumutbare Beeinträchtigung herleiten. Das Erfordernis, die
Gesamtbelastung eines Schutzguts durch Immissionen zu berücksichtigen, beschränkt sich grundsätzlich auf
die einzelnen Immissionsarten (Bay. VGH, Beschl. v. 21.06.2016 – 22 ZB 16.24 –, Rn. 33, juris).
53 Anhaltspunkte dafür, dass die Genehmigung gegen den Schutz des Antragstellers zu dienen bestimmte
brandschutzrechtliche Vorschriften (§ 15 Abs. 1 LBO - zu dessen nachbarschützender Wirkung vgl. Sauter,
LBO 3. Aufl., Band 1, § 15 Rn. 8 [Januar 2015]) verstößt, gibt es schließlich ebenfalls nicht. Einer von ihm
geltend gemachten konkreten Gefahr der Ausbreitung von Feuer im Fall des Brandes einer WEA auf seine
Grundstücke ist mit den Maßgaben, die die immissionsschutzrechtliche Genehmigung in Abschnitt V Nrn.
2.6-2.14 ihrer Nebenbestimmungen trifft, mit hoher Wahrscheinlichkeit hinreichend vorgebeugt worden. Nr.
2.6 schreibt vor, dass das Brandschutzkonzept der Firma ... vom 29.12.2015 zu beachten und umzusetzen
ist. Dieses Brandschutzkonzept (VAS. 2315-2359) enthält umfängliche Maßgaben des vorbeugenden
baulichen, des anlagentechnischen, des organisatorischen sowie des abwehrenden Brandschutzes. Danach
ist die uneingeschränkte Zugänglichkeit und Befahrbarkeit der Zufahrtswege für Feuerwehrfahrzeuge zu
gewährleisten (Nr. 5.1 des Konzepts). Nr. 6.1 des Brandschutzkonzepts sieht die Sicherstellung eindeutiger
Brandmeldungen an die Leitstelle des Landkreises durch Rauch- und Brandmelder vor, welche wiederum
dem VdS-„Leitfaden für Brandschutz Windenergieanlagen“ zu entnehmen sind, wie er in der aktuellen
Version zusätzlich in Abschnitt V Nr. 2.6. Genehmigung zur Beachtung aufgegeben wurde. Laut Analyse des
Brandschutzkonzepts (vgl. dort Nr. 6.4) entspricht ferner der Blitz- und Überspannungsschutz der
Gesamtanlage den Anforderungen der Blitzschutzlasse 1 an äußeren und inneren Blitzschutz sowie
elektromagnetische Verträglichkeit. Dieses Blitzschutzsystem schützt die WEA vor Sachschäden bei
Blitzeinschlag, eine Brandentstehung kann somit weitestgehend ausgeschlossen werden. Nr. 7.5 des
Brandschutzkonzepts schreibt zur Vorbeugung vor technischen Defekten elektrischer und maschineller
Anlagen und der daraus folgenden Brandgefahren eine regelmäßig durchgeführte Wartung nach den
Vorgaben des Herstellers sowie die rechtzeitige Instandsetzung festgestellter Mängel vor. Ferner wird die
automatische Überwachung wichtiger Betriebsparameter vorgegeben, so dass Grenzwertüber- und -
unterschreitungen zu einer Alarmierung und Abschaltung der WEA führen.
54 Ausführlich befasst sich schließlich das Brandschutzkonzept unter Nr. 8 mit dem abwehrenden Brandschutz.
Im Fall des Brandes einer WEA bleibt der Feuerwehr in der Regel nur die Option des „kontrollierten
Abbrennens“. Ihre Aufgabe ist hierbei die Absicherung des Brandortes, die Verhinderung der Ausbreitung
von Folgebränden am Boden sowie der Ausdehnung des Brandes auf die Nachbarschaft bzw. den
umgebenden Wald. Dies macht es erforderlich, bei der Schadensmeldung eine eindeutig verwechslungsfreie
Zuordnung zu ermöglichen (Nr. 8.1 - Vorgabe deshalb: Individuelle Kennzeichnung jeder WEA in ca. 20 m
Höhe mit einer aus mindestens 500 m von 2 Seiten sichtbaren Beschriftung). Hinsichtlich der
Löschwasserversorgung (Nr. 8.3) ist eine Löschwassermenge für die Löschzeit von 30 Minuten bei 400l/min
(12 m³) vorzuhalten. Ferner muss nach 30 Minuten eine Wasserversorgung von 800 l/min sichergestellt
sein. Aufgrund der Besonderheit der Anlagen ist ein Feuerwehrplan nach DIN 14095 in Absprache mit der
zuständigen Brandschutzstelle zu erstellen und der Feuerwehr ... zur Verfügung zu stellen. In den Plänen
muss mindestens die Zufahrtsmöglichkeit für Einsatzfahrzeuge sowie die nächste Löschwasserversorgung
eingetragen sein (Nr. 8.4 des Konzepts). Schließlich schreibt das Konzept (Nr. 8.5) vor, dass die Anlage über
zwei voneinander unabhängige Zufahrten verfügen, die Zufahrtswege mindestens 4 m breit sein und ein
Lichtraumprofil mit einer Höhe von mindestens 4 m aufweisen und die Anlagen eindeutig gekennzeichnet
sein müssen.
55 Die Nrn. 2.7-2.12 des Abschnitts V. der Nebenbestimmungen der Genehmigung konkretisieren und ergänzen
diese Vorgaben des Brandschutzkonzepts. Danach ist der Feuerwehrplan gemäß DIN 14095 dem
Landratsamt vor Inbetriebnahme der Anlagen vorzulegen (Nr. 2.7). Der örtlichen Feuerwehr ist in
regelmäßigen Abständen Gelegenheit zur Begehung der Anlagen zu geben (Nr. 2.8). Die Beigeladene hat
unter Beachtung der Vorgaben der VwV Feuerwehrflächen sicherzustellen, dass die Windkraftanlagen
jederzeit über eine von der baurechtlich gesicherten Erschließung unabhängige und im vorzulegenden
Feuerwehrplan darzustellende Zuwegung erreichbar sind (Nr. 2.9). Nrn. 2.10 und 2.11 schließlich stellen die
Löschwasserversorgung sicher. Danach muss ein Löschwasserbehälter mit einem Nutzinhalt von mindestens
48 m³ in ausreichendem Schutzabstand zu den Windkraftanlagen erstellt werden, aus dem Löschwasser
jederzeit zur Verfügung steht. Sollte durch den vorgeschriebenen Feuerwehreinsatzplan nachgewiesen
werden, dass durch die Feuerwehr jederzeit ausreichend Löschwasser im Sinne der Nr. 8.3 des
Brandschutzkonzepts zur Verfügung steht, kann die erforderliche Größe des Behälters auf 12 m³ reduziert
werden. Diese Bestimmung trägt der Stellungnahme des stellvertretenden Kreisbrandmeisters vom
12.04.2016 (VAS 3025/3027) Rechnung. Darin wurde ausgeführt, aus Sicht des abwehrenden
Brandschutzes könne dem Vorhaben zugestimmt werden, wenn die im Brandschutzkonzept geforderte
Löschwassermenge vorgehalten werden. Zwar ist dort ferner ausgeführt, erforderlich sei die Beschaffung
zweier weiterer Löschfahrzeuge durch die Feuerwehr ... mit jeweils rund 800-1000 l Löschwassertank. Dem
trägt die Umsetzung in Abschnitt V Nrn. 2.10 und 2.11 der Nebenbestimmungen indessen dadurch
Rechnung, dass eine Löschwasserversorgung von mindestens 48 m³ nur dann auf 12 m³ reduziert werden
darf, wenn im Feuerwehreinsatzplan nachgewiesen wird, dass der Feuerwehr jederzeit gleichwohl
ausreichend Löschwasser entsprechend des Brandschutzkonzeptes zur Verfügung stehe. Hierdurch ist
sichergestellt, dass für den Fall einer unterbleibenden Beschaffung zweier weiterer Tankfahrzeuge durch die
Feuerwehr ... (worauf weder das Landratsamt noch die Beigeladene Einfluss haben) ausreichend
Löschwasser zur Verfügung steht.
56 Sowohl im Zusammenhang mit dem Brandschutz, als auch im Übrigen alle anderen Inhalts-
/Nebenbestimmungen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung betreffend gilt, dass unter Abschnitt I
Nr. 7 die Durchführung der Schlussabnahme gemäß § 67 Abs. 1 LBO angeordnet worden ist. Hierdurch wird
nicht nur im öffentlichen Interesse, sondern auch demjenigen der Nachbarn über die nur stichprobenweise
Bauüberwachung hinaus die Feststellung ermöglicht, dass das Vorhaben den genehmigten
Antragsunterlagen sowie den einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht (vgl. Sauter, a.a.O.,
§ 67 Rn. 1 und 3 [Januar 2015]).
57 Aller Voraussicht nach ist mit diesen Nebenbestimmungen, an deren Bestimmtheit und Umsetzbarkeit keine
vernünftigen Zweifel bestehen, etwaigen Brandgefahren hinreichend begegnet worden, ohne dass der
Antragsteller Weitergehendes verlangen könnte. Von Windkraftanlagen gehen grundsätzlich keine über das
allgemeine Lebensrisiko hinausgehenden Brandgefahren aus (Bay. VGH, Beschl. v. 18.02.2016 – 22 ZB
15.2412 –, Rn. 39, juris). Weder aus Vorschriften des Bundesimmissionsschutzgesetzes noch baurechtlichen
Regelungen geht hervor, dass eine brandschutzrechtliche Beurteilung von Windenergieanlagen erforderlich
wäre, die vergleichbar etwa derjenigen von Atomenergieanlagen ein geringeres Risiko für die Nachbarschaft
berücksichtigen müsste. Vielmehr sind die als Risikoakzeptanzschwelle anzunehmenden, jeder Person
zumutbaren Risiken vergleichbar mit dem Risiko, einen Verkehrs- oder sonstigen Unfall zu erleiden (Hess.
VGH, Beschl. v. 26.09.2013 – 9 B 1674/13 –, Rn. 24, juris). Der Antragsteller hat nicht dargelegt, dass
dieses Risiko im Fall der von den benachbarten Windenergieanlagen ausgehenden Brandgefahren signifikant
erhöht ist und es aus diesem Grund eines noch weitergehenden Brandschutzkonzepts bedurft hätte. Dass
die den Anlagen benachbarten Grundstücke mit Wald bestanden sind, auf den Feuer übertragen werden
könnte, ist beim Brandschutzkonzept ausreichend berücksichtigt worden. Dem wird insbesondere durch die
Regelungen über die Zuwegung und damit schnelle Erreichbarkeit sowie die Löschwasserversorgung
Rechnung getragen. Ernstliche Zweifel an der Tragfähigkeit hätten demgegenüber vorausgesetzt, dass
substantiiert aufgezeigt würde, welche weiteren Brandschutzauflagen für fachlich erforderlich und rechtlich
geboten halten werden (vgl. Bay. VGH, Beschl. v. 19.08.2015 – 22 ZB 15.458 –, Rn. 26, juris). Den Schutz
des Antragstellers verstärkend kommt aus Sicht der Kammer schließlich noch hinzu, dass sein Anwesen
deutlich mehr als 500 m - dem vom Brandschutzkonzept (vgl. dort Seite 18 unter 8.2) in Anlehnung an die
DFV-Empfehlung „Einsatzstrategien an Windenergieanlagen“ grundsätzlich einzuhaltenden
Sicherheitsabstand um ein Brandobjekt – von der nächstliegenden Windenergieanlage entfernt liegt. Auch
ist im betroffenen Bereich schließlich nicht von einer erhöhten Waldbrandgefahr auszugehen, da es sich hier
um Mischwald handelt (zur Waldstruktur vgl. die Ausführungen auf Seite 8 der forstrechtlichen
Umwandlungsgenehmigung vom 18.02.2016 [GAS. 389] sowie Seite 3 der Projektdarstellung [VAS. 1161]).
Entsprechende Berücksichtigung findet hierdurch auch Nr. 5.6.3.2 des Windenergieerlasses. Danach ist von
einer erhöhten Wald- oder Moorbrandgefahr nur auszugehen, wenn größere zusammenhängende Gebiete
mit einer Bewuchsstruktur an den Standort angrenzen, die eine hohe Ausbreitungsgeschwindigkeit eines
Brandes befürchten lassen. Solche Situationen sind in Baden-Württemberg wegen seiner nachhaltigen
Waldbewirtschaftung, der Laub- und Mischwaldanteile, dem stufigen Waldaufbau, aber auch der
überwiegend kleinteilig strukturierten Wälder die große Ausnahme.
58 Rechtsverstöße im Zusammenhang mit Vorschriften über den Artenschutz und das Landschaftsbild sowie
eine angeblich unzureichende Windhöffigkeit kann der Antragsteller im Rahmen des § 35 Abs. 1 und Abs. 3
BauGB schließlich nicht rügen, da diese Bestimmungen nicht (auch) seinem Schutz zu dienen bestimmt sind
(vgl. ausführlich m.w.N.: VG Freiburg, Beschl. v. 05.02.2016, a.a.O., Rn. 51-64).
III.
59 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt und sich
damit gemäß § 154 Abs. 3 VwGO für den Unterliegensfall einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat,
entspricht es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären, § 162 Abs. 3
VwGO.
60 Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG. Den für das Hauptsacheverfahren
gemäß Nr. 19.2 i.V.m. Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs 2013 maßgeblichen Streitwert von 15.000,-- EUR
reduziert die Kammer im Eilverfahren gleichwohl nicht, da die Entscheidung in der Hauptsache aufgrund der
bereits im Streit stehenden Zulässigkeit der Errichtung der Anlagen weitgehend vorweggenommen wird.