Urteil des VG Freiburg vom 23.09.2016

gewinnerzielungsabsicht, betreiber, gaststätte, gewerbe

VG Freiburg Urteil vom 23.9.2016, 4 K 2257/15
Nicht rechtsfähiger Verein als Betreiber einer Gastwirtschaft; Feststellung der
Gewinnerzielungsabsicht; Gemeinnützigkeit eines Getränkeausschanks in einem
Nachbarschaftstreff
Leitsätze
Ein nicht rechtsfähiger Verein muss trotz fehlendem Formenzwang, gerade auch in Abgrenzung zur BGB-
Gesellschaft und zu einem losen Zusammenschluss ohne rechtlich relevanten Organisationsgrad, vor allem eine,
wenn auch nicht notwendig schriftlich fixierte, hinreichend konkrete körperschaftliche Verfasstheit aufweisen,
für die insbesondere das Vorhandensein der notwendigen Vereinsorgane - Vorstand und Mitgliederversammlung
- wesenseigen ist.
Werden in einem Betrieb Speisen und Getränke nicht unter dem ortsüblichen Preis abgegeben, lässt sich daraus
in der Regel ohne Weiteres auf eine Gewinnerzielungsabsicht schließen.
Gewinnerzielungsabsicht wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die aus der Abgabe von Speisen und / oder
Getränken erzielten Überschüsse allein der Finanzierung von für sich genommen defizitären gemeinnützigen
Zwecken dienen.
Einzelfall, in dem die Gewerblichkeit eines Getränkeausschanks in einem Nachbarschaftstreff wegen des
Bagatellcharakters verneint wurde.
Tenor
Nr. II. der Verfügung der Beklagten vom 05.05.2014 und insoweit der Widerspruchsbescheid des
Regierungspräsidiums Freiburg vom 31.08.2015 werden aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
1 Der Kläger wendet sich gegen eine ihm gegenüber ausgesprochene Untersagung der Ausübung eines
Gaststättengewerbes.
2 Am 01.07.1997 wurden durch die Stadt Freiburg Geschäftsräume in der A-Straße 2 (Nebengebäude) an X, Y
und den Kläger „zum Betrieb eines Kioskes mit Verkauf von Zeitschriften, Tabakwaren, abgepacktem Eis,
Süßigkeiten, Getränken etc. sowie einer Kunstgalerie mit Verkauf von Kunstgegenständen“ vermietet; die
Mietzahlungen erfolgen bis heute durch den Kläger.
3 Mit Wirkung zum 01.01.1999 meldete der Kläger am 22.01.1999 gemäß § 14 GewO ein Gewerbe an unter
Bezeichnung der Tätigkeit als „Kiosk - Einzelhandel: Zeitschriften und Zeitungen, Süßwaren, Tabakwaren,
alkoholische + nichtalkoholische Getränken, verpackte Lebensmittel, Geschenkartikel, verpacktes Speiseeis,
Kunst + Kunsthandwerk“ sowie ferner „Schlüsseldienst, Stehcafé, Konzertkartenverkauf, Reisebedarf und
Büroartikel“. Laut Aktenvermerk vom 22.01.1999 wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass die Abgabe
von Getränken oder zubereiteten Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle erlaubnispflichtig sei und er
insoweit einer Gaststättenerlaubnis bedürfe.
4 In der Folgezeit kam es u.a. aufgrund einer Anwohnerbeschwerde wegen Ruhestörung und Nichteinhaltung
der Ladenschlusszeiten zu einem Schriftwechsel zwischen der Beklagten und dem Kläger, in dessen Verlauf
der Kläger der Beklagten mit Schreiben vom 21.08.1999 mitteilte, am 24.06.1999 sei ein Verein -
„Freundeskreis zur Förderung ...“ - gegründet worden, welcher sich als ideeller Träger des „K“ verstehe.
Auch in der Folgezeit fungierte der Kläger als (alleiniger) Ansprechpartner der Beklagten, wobei mitunter
neben dem Kläger der Freundeskreis im Briefkopf stand.
5 Nachdem Überprüfungen durch die Beklagte am 15.06.2001 ergeben hatten, dass sich im sowie vor dem „K“
Sitzgelegenheiten befänden und dass dort Kaffee in verschiedenen Variationen zu unterschiedlichen Preisen
(von Espresso zu 2,-- DM bis zu Eiskaffee zu 4,50 DM) sowie Kuchen und Croissants angeboten würden,
hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 02.07.2001 zu einer beabsichtigten Anordnung der
Schließung des nicht genehmigten Gaststättenbetriebs an.
6 Mit Schreiben vom 20.07.2001 erläuterte der Kläger unter dem Absender „K Verein -- M L -- Freundeskreis
zur Förderung ...“, dass der Freundeskreis „K“ als Verein eingetragen werden solle und zukünftig
Ansprechpartner für die Beklagte sei. 90% der Menschen, die den Laden beträten, seien Mitglieder des
Freundeskreises „K“, der über 300 Mitglieder habe. Die Sitzgelegenheiten und die Möglichkeit, den zum
Selbstkostenpreis erworbenen Kaffee zu konsumieren, seien diesen Mitgliedern vorbehalten. Für Dritte sei
der „K“ ein Ladengeschäft. Gewinne seien kaum zu erwarten. Mit weiterem Schreiben vom 14.09.2001
erläuterte der Kläger, es gebe einen Verein „K“, der Träger des „K“ sei. Daneben bestehe ein Freundeskreis,
der kein Verein sei, sondern ein alternatives Bürgerforum. Es bestehe keine Gewinnerzielungsabsicht;
eventuelle Überschüsse würden für kulturelle Angelegenheiten verwendet. Anlässlich einer persönlichen
Vorsprache des Klägers bei der Beklagten am 22.10.2004 wiederholte der Kläger seine Ausführungen und
erklärte weiter, es gebe keine festen Preise, sondern Orientierungspreise; Ziel des Verkaufs sei es in erster
Linie, die Räumlichkeiten als Treffpunkt zu erhalten. Ferner legte er Bescheide des Finanzamts F-Stadt vom
15.11.2001, 11.12.2002 und 26.03.2004 vor, wonach die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb im Jahr
2000 -20.200 DM, im Jahr 2001 -1.666 DM und im Jahr 2002 -2.601 EUR betrugen.
7 Unter dem 20.09.2004 meldete der Kläger bei der Beklagten das Gewerbe rückwirkend zum 21.12.2002 ab
mit der Begründung „Umwandlung in soz.-kult. Nachbarschaftsprojekt - Einkaufsgemeinschaft ab 1/1/2000“.
8 Aufgrund anhaltender Anwohnerbeschwerden wegen ruhestörenden Lärms erfolgte am 15.12.2012 eine
weitere Nachschau durch den Polizeivollzugsdienst zur Überprüfung, ob es sich bei dem „K“ um eine
gegebenenfalls erlaubnispflichtige Gaststätte handelt. Laut polizeilichem Bericht befanden sich im Verkaufs-
und Schankraum u.a. ein Warensortiment mit über 230 Einzelartikeln, insbesondere alkoholischen und
alkoholfreien Getränken, Graffitidosen, Hygieneartikeln, Lebensmitteln, Milchprodukten, Speiseeis,
Zigaretten und Süßwaren, überwiegend mit Einzelpreisauszeichnungen (z.B. R-Tannenzäpfle 0,33l zu 1,50
EUR; R-Bier 0,5l zu 2,00 EUR), ca. 10 bis 15 Sitz- und Stehgelegenheiten, eine Vielzahl an angebrochenen
Hardalkoholika sowie Verabreichungsmöglichkeiten von Warmgetränken wie Tee (laut Preisliste zu 1,00
EUR), Kaffee (zu 2,00 EUR), Espresso (zu 1,50 EUR) und Schoki (zu 2,00 EUR) mit dazugehörigen
Zubereitungsutensilien und angebrochene Lebensmittel im Kühlschrank.
9 Mit Bescheid vom 05.05.2014 untersagte die Beklagte dem Kläger die selbständige Ausübung des Gewerbes
„Kiosk – Einzelhandel mit Zeitschriften und Zeitungen, Süßwaren, Tabakwaren, alkoholischen und
nichtalkoholischen Getränken, Lebensmitteln, Geschenkartikeln, verpacktem Speiseeis, Reisebedarf,
Büroartikel, Hygieneartikel, Haushaltswaren und Medikamenten; Ausstellung und Einzelhandel mit Kunst
und Kunsthandwerk; Schlüsseldienst, Stehcafé, Konzertkartenverkauf“ und räumte ihm eine Frist zur
Abwicklung des Geschäftsbetriebs von sechs Wochen nach Eintritt der Vollziehbarkeit dieser Entscheidung
ein (Nr. I); unter Nr. II wurde dem Kläger die Fortsetzung des in der Betriebsstätte betriebenen
Gaststättengewerbes ohne Gaststättenerlaubnis untersagt. Die Beklagte begründete ihre Verfügungen
damit, dass es sich bei dem „K“ um ein Gewerbe handele, da es ein umfangreiches Warensortiment mit
Preisauszeichnungen, eine Kasse sowie Anschreib- und Mitarbeiterlisten gebe. Die angegebenen Preise seien
marktüblich, weshalb eindeutig die Absicht bestehe, durch den Verkauf der Waren einen Gewinn zu
erwirtschaften. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob sich das Warenangebot tatsächlich nur oder
hauptsächlich an einen nicht näher identifizierbaren „Freundeskreis“ richte. Der Kläger sei Betreiber im
Sinne des § 1 GastG. Er habe das Gewerbe bereits 1999 bis 2004 auf sich angemeldet und sei im gleichen
Haus wohnhaft. Daneben habe er sich gegenüber der Polizei als Verantwortlicher und Betreiber
ausgegeben, während die weiteren Mieter nie in Erscheinung getreten seien und die Existenz des Vereins,
der den „K“ betreiben solle, nicht belegt sei.
10 Die - vorliegend allein noch streitgegenständliche - Untersagung des ohne Erlaubnis betriebenen
Gaststättengewerbes (Nr. II des Bescheids) begründete die Beklagte damit, dass im „K“ ein umfangreiches
Sortiment überwiegend alkoholischer Getränke zu Preisen, in denen eine deutliche Gewinnspanne
einkalkuliert sei, angeboten und bereitgehalten werde. Es gebe die Möglichkeit, Speisen mittels eines Ofens
verzehrfertig zuzubereiten. Die Ausstattung mit diversen Sitzgelegenheiten, Theke, Kaffeemaschine und
Ofen zeige, dass dort erworbene Getränke und Speisen auch an Ort und Stelle verzehrt werden könnten,
was nach Erkenntnissen der Polizei auch erfolge. Nach § 31 GastG i.V.m. § 15 Abs. 2 GewO könne die
Fortsetzung eines Gaststättengewerbes, zu dessen Ausübung eine Erlaubnis erforderlich sei, verhindert
werden, wenn es ohne Zulassung betrieben werde. Von dieser Möglichkeit werde Gebrauch gemacht. Die
Entscheidung sei geeignet und auch erforderlich. Sie sei auch nicht unverhältnismäßig, da der
Gaststättenbetrieb auch materiell rechtswidrig sei. Der Versagungsgrund des § 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG greife
ein, da an dieser Stelle ausweislich der Festsetzungen des Bebauungsplans 1-023 „Im Grün“ Schank- und
Speisewirtschaften mit Ausnahme von Bestandsschutz genießenden gastronomischen Betrieben unzulässig
seien. Ferner liege der Versagungsgrund nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 GastG vor, da eine Toilette in den Räumen des
„K“ nach den Feststellungen der Polizei nicht vorhanden sei. Daneben fehle dem Kläger die erforderliche
Zuverlässigkeit im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG, weil er sich seiner Verpflichtung der
Gewerbeanmeldung seit Jahren entziehe.
11 Der Kläger legte am 16.05.2014 Widerspruch ein. Zum Sachverhalt trug er vor, dass der „K“ eine gewisse
Grundversorgung im Viertel mit einfachen Bedarfsgütern gewährleisten solle und durch die ehrenamtliche
Mitarbeit zahlreicher Freiwilliger am Leben gehalten werde. Die Mitglieder des Freundeskreises bestimmten
regelmäßig selbst, welchen Preis sie bezahlten, wobei insbesondere diejenigen, die sich dort ehrenamtlich
engagierten, nicht die ausgeschriebenen Preise bezahlten. Die Einnahmen würden ausschließlich zur
Deckung der Unkosten verwendet; eine Auszahlung an Private verfolge nicht. Ein im Verhältnis zu den
laufenden Fixkosten wesentlicher Überschuss werde nicht erwirtschaftet. Die Voraussetzungen für eine
Gewerbeuntersagung und für die Untersagung der Fortsetzung des Betriebs der Gaststätte lägen vor
diesem Hintergrund nicht vor.
12 Mit Blick auf die Untersagung des Gaststättenbetriebs trug der Kläger vor, dass keine erlaubnispflichtige
Gaststätte vorliege, weil es sich beim „K“ nicht um eine gewerbsmäßige Tätigkeit handele. Der Betrieb des
„K“ sei nicht darauf angelegt, einen Überschuss zu finanzieren. Dies sei nach wenigen Monaten des Betriebs
offensichtlich geworden, weswegen auch der Verein „Freundeskreis zur Förderung ...“ gegründet worden
sei. Die Veräußerung von Lebensmitteln habe fortan der Unkostendeckung des Wareneinsatzes sowie der
sonstigen Kostendeckung und damit der Aufrechterhaltung des Projektes dienen sollen. Etwaige Unter- und
Überdeckungen würden durch Investitionen in den „K“ oder durch den Verzicht auf dieselben aufgefangen.
Die Einnahmen aus dem „K“ subventionierten auch nicht andere, etwa gemeinnützige Zwecke, vielmehr
existiere kein über die Existenz des „K“ selbst hinausgehender, weiterer Zweck. Ziel sei vielmehr allein die
Existenz des „K“ als öffentlicher Anlauf- und Treffpunkt und Lebensraum für den Stadtteil. Selbst wenn man
aber eine Gewinnerzielungsabsicht annehmen wolle, fehle es am Vorliegen der Gewerbsmäßigkeit, weil es
sich nach dem Gesamtbild der Betätigung und der Intensität des Gewinnstrebens jedenfalls um eine so
genannte „Bagatellsache“ handele. Bereits die Lage und äußere Gestaltung des „K“ seien nicht auf
Laufkundschaft ausgerichtet; am vorwiegend benutzten Seiteneingang hänge ein Schild „Keine
Gastronomie, kein Anspruch“, um letzte Zweifel auszuräumen. Eine „Bedienung“ von „Kundschaft“ finde
nicht statt, auch keine Kontrolle der Bezahlung. Eine Erlaubnispflicht ergebe sich auch nicht aus § 23 Abs. 1
GastG, da hier § 23 Abs. 2 GastG einschlägig sei; nach dem äußeren Erscheinungsbild des „K“ liege gerade
keine Gaststätte im üblichen Sinne vor. Soweit ausgeführt werde, in den Räumen befänden sich
Gelegenheiten, Speisen und Getränke vor Ort zu verzehren, werde eine für einen soziokulturellen
Treffpunkt übliche Beschaffenheit eines Sozialraums beschrieben. Für Dritte präsentiere sich der „K“ eher als
geschlossene Gesellschaft. Der Eingang sei nur über ein Gartentor möglich. Es sei für Dritte zweifelhaft, ob
der „K“ für jedermann zugänglich sei. Außerdem verfüge der „K“ über Toiletten. Schließlich werde der „K“
vom Verein „Freundeskreis zur Förderung ...“ betrieben und nicht vom Kläger. Außerdem dürfe die
gaststättenrechtliche Erlaubnis nicht aus baurechtlichen Gründen versagt werden, denn Bewirtungsräume
in kulturellen und sozialen Einrichtungen seien nach dem Bebauungsplan „Im Grün“ zulässig. Schließlich sei
die Untersagung ermessensfehlerhaft, weil unverhältnismäßig.
13 Nachdem das Regierungspräsidium F mit Schreiben vom 27.01.2015 dem Kläger u.a. die Gelegenheit
gegeben hatte, Nachweise über den Betrieb des „K“ und seine Ertragslage vorzulegen, begründete der
Kläger seinen Widerspruch ergänzend damit, der Verein „K - Freundeskreis zur Förderung ...“ sei erstmalig
mit Schreiben vom 21.08.1999 gegenüber der Beklagten aufgetreten, habe seine Gründung vom
24.06.1999 angezeigt und die Korrespondenz des „K“ gegenüber der Beklagten übernommen. Mit Schreiben
vom 20.07.2001 habe der Kläger die Beklagte aufgefordert, sich zukünftig nicht an ihn persönlich, sondern
an den Verein zu wenden. Auch in weiteren Schreiben sei der Verein gegenüber der Beklagten aufgetreten,
um dieser die Organisation des „K“ näher zu bringen, und habe die Verantwortung für den „K“ übernommen.
Der Verein trage auch heute noch die Verantwortung für den „K“; nicht nur der Kläger bringe sich ein. Es
bestehe eine hierarchiefreie Struktur. Die Organisation des „K“ werde gemeinschaftlich durchgeführt und
verantwortet. Dies ergebe sich auch aus Erklärungen, die verschiedene Personen in einem
sozialgerichtlichen Verfahren abgegeben hätten. Auch aus dem Informationsblatt „K informiert“ sowie dem
Umstand, dass Bewohner des Viertels Mitglied im Verein hätten werden können und dafür die „G Card“ als
Mitgliedsausweis bekommen hätten, zeige sich die Existenz des Vereins. Aus alldem ergebe sich, dass seit
dem Jahr 2000 durchgängig und vollständig der „K“ durch den nicht eingetragenen Verein betrieben werde.
Ein solcher nicht eingetragener Verein unterliege keinen Formvorschriften. Der Verein „K“ habe eine
körperschaftliche Verfassung, man könne Mitglied werden und es gebe mit dem Kläger auch einen Sprecher,
der als Vorstand im Sinne des Vereinsrechts als Ansprechpartner fungiere. Die von der Beklagten
angeführten Indizien seien lediglich Beleg für die Funktion des Klägers innerhalb dieses Vereins. Es sei für
den Verein selbstverständlich, dass man gegenüber den Behörden Ansprechpartner benenne und
Verantwortung übernehme; diese Aufgabe sei aufgrund seiner langjährigen Erfahrung dem Kläger
übertragen worden. Der Kläger erhalte für seine Tätigkeit im „K“ weder Entgelt noch sonstigen Ausgleich.
Auch das Sozialgericht F sei in einem Verfahren des Klägers gegen die Bundesanstalt für Arbeit - Arbeitsamt
F -, in dem es um die Frage gegangen sei, ob der Kläger aus der Tätigkeit für den „K“ Einnahmen generiere,
zu der Auffassung gelangt, die Tätigkeit des Klägers sei ehrenamtlicher Natur und leiste keinen Beitrag zu
dessen Lebensunterhalt. Soweit die Beklagte von einer Gewinnspanne ausgehe, sei erwähnt, dass die
monatlichen Fixkosten des K (Telekom, Miete, B, Stellplatz) 958 EUR betrügen. Hinzu kämen verschiedene
Zeitungen und Zeitschriften, die im Abonnement bezogen würden zu monatlichen Kosten von etwa 29 EUR.
Ferner gehöre zum „K“ ein Kleintransporter, für den Abschreibungen und Benzinkosten von etwa 150 EUR
monatlich anzusetzen seien. Schließlich seien ca. 50 EUR pro Monat für Reparaturen und Anschaffungen zu
veranschlagen. Der „K“ unterliege keinen Buchführungspflichten. Das Konto spiegele die
Vermögensverhältnisse des „K“ jedoch relativ genau wieder; danach ergäben sich in den Monaten März bis
Mai 2014 sowie November 2014 bis Februar 2015 Zuflüsse zwischen 3.313 EUR und 6.061 EUR sowie
Abbuchungen zwischen 3.074 EUR und 6.370 EUR, was zu monatlichen Bilanzen von -969 EUR bis zu 868
EUR führe. Was die Gewinnmargen betreffe, so betrügen diese bei Tabakerzeugnissen etwa 10% des
Einkaufspreises. Die monatliche Bilanz über sieben Monate zeige, dass die Einnahmen gerade ausreichten,
um die Ausgaben zu decken. Die Preisauszeichnungen dienten nur einer Orientierung der Vereinsmitglieder;
meist würden Selbstkostenpreise mit geringem Solidaritätsaufschlag bezahlt. Der Regelfall der Nutzung sei
ein geselliges Beisammensein von Freunden, die durch ihren Konsum den Erhalt des Raumes sicherten. Der
„K“ sei ein Sozialraum für den Kontakt und den Austausch zwischen Bewohnern und Nutzern des Stadtteils
und setze als solcher die Erhältlichkeit von Getränken und Snacks voraus. Was Feierlichkeiten rund um den
1. Mai betreffe, so seien dort früher Getränke an die Öffentlichkeit verkauft worden; eine solche Tätigkeit,
die im Übrigen aufgegeben worden sei, mache den Verein nicht zu einem Gaststättengewerbe.
14 Dem Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums F vom 31.08.2015
im Hinblick auf die Gewerbeuntersagung gemäß Nr. I des Bescheides vom 05.05.2014 abgeholfen.
Hinsichtlich Nr. II des Bescheides wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung der
Zurückweisung führte das Regierungspräsidium aus, der Kläger habe keinen überzeugenden Nachweis über
die wirksame Gründung des Vereins „K – Freundeskreis zur Förderung ...“ vorlegen und belegen können,
dass das Gaststättengewerbe nicht von ihm selbst, sondern von dem Verein betrieben werde. Weder sei aus
den vorgelegten Handzetteln erkennbar, von welchen Personen der Verein gegründet worden sei, noch gebe
es klare Regelungen bezüglich der Vereinsorgane und Vertretungsbefugnisse. Aufgrund einer
Gesamtbetrachtung sei lediglich von einer losen Verbindung verschiedener Personen mit gleichem Interesse
auszugehen. Die Untersagungsverfügung sei daher zu Recht an den Kläger adressiert, da er der tatsächliche
Betreiber sei. Selbst wenn er sein Gewerbe mit anderen Personen aus dem Freundeskreis betriebe, wäre er
als Gesellschafter der dann vorliegenden BGB-Gesellschaft richtiger Adressat der Untersagung. Der
unbestritten betriebene Alkoholausschank erfolge mit Gewinnerzielungsabsicht, denn die Preise seien
marktüblich und lägen zum Teil deutlich über den jeweiligen Einkaufspreisen. Der Vortrag, es entstehe
lediglich geringer Überschuss, sei aufgrund fehlender Aufzeichnungen nicht nachprüfbar. Fest stehe jedoch,
dass die Getränke zu einem Überschuss führen sollten, der zur Deckung der Aufwendungen für den übrigen
Betrieb des „K“ (Einzelhandel und Treffpunkt) verwendet werde. Diese Trennung des Gastgewerbes von den
übrigen Tätigkeiten im „K“ sei möglich. Dass ein gewerbliches Tätigwerden vorliege, ergebe sich auch daraus,
dass Tabakwaren vom Großhandel zu Konditionen bezogen würden, die nur gewerbsmäßigen
Wiederverkäufern gewährt würden. Dass die aus dem Gaststättenbetrieb erwirtschafteten Überschüsse
eventuell für soziale und ideelle Zwecke verwendet würden, ändere nichts an der Gewerbsmäßigkeit des
Gaststättenbetriebs, vielmehr müssten Gewinnerzielungsabsicht und Gewinnverwendung getrennt werden.
Nachdem der Kläger bislang keine Gaststättenerlaubnis beantragt habe, müsse nicht entschieden werden,
ob er Versagungsgründe erfülle. Ermessensfehler seien nicht erkennbar.
15 Der Kläger hat am 30.09.2015 Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen
aus dem Verwaltungsverfahren und trägt ergänzend vor, dass nach wie vor Betreiber der Stätte nicht er,
sondern der nicht eingetragene Verein „K“ / „I“, der über Namen, Zweck, Rechtsform, innerer Struktur,
Sprecher und Sitz verfüge, sei. Er selbst sei als „Dorfältester“ in den letzten Jahren lediglich zum Sprecher
bestimmt worden. Die jeweilige innere „crew“ gehe aus dem Freundeskreis hervor und trage die zentralen
Entscheidungen konsensual. Im Übrigen sei der „K“ als nicht gewinnorientierte, genehmigungs- oder
anzeigepflichtige minimalversorgerische soziokulturelle Liebhaberei einzustufen. Dem erweiterten
Projektfreundeskreis würden durch den „K“ teils ganz praktische Dinge hilfsweise und entgeltfrei zur
Verfügung gestellt, wie Zeitung und Zeitschriften, Computer, Werkzeuge insbesondere für
Fahrradreparaturen, Blutdruckmessgerät, W-Lan und Handylademöglichkeiten, Tischtennisschläger, Skat
und Spiele; auch gebe es die Möglichkeit, Mitgebrachtes aufzuwärmen und zu konsumieren oder gemeinsam
zu kochen. Der K sei ein „Ersatzwohnzimmer“ und eine Entspannungsoase. Der Warenverkehr sei dabei
nebensächlich. Was den Umsatz betreffe, so habe im Erhebungszeitraum März bzw. Mai bis November 2015
der theoretische Überschuss für Tabakwaren bei ca. 150 EUR pro Sommer-Monat als Maximum gelegen, bei
Getränken bei 1.300 EUR, wobei sich der tatsächliche Überschuss bei Getränken deutlich reduziere, v.a.
wegen günstigerer Weitergabe im Freundeskreis oder aus sozialen Gründen oder Mengenrabatt. Dem
stünden Kosten für Miete (500 EUR pro Monat), Energie (325 EUR), Netz (40 EUR), Fahrzeug (über 200
EUR), Fahrzeugabschreibungen (50 EUR), Zeitschriften (30 EUR) und sonstiges (Leuchtmittel, Reparaturen,
Ersatzteile, Hygieneartikel etc. - über 50 EUR), somit ca. 1200 EUR monatlich - auch während der
umsatzschwächeren Wintermonate - gegenüber. In der Gastronomie liege der gewöhnliche reale
prozentuale rechnerische Mindestüberschuss bei 300%, Richtsatz der Finanzämter sei 257%; der „K“ liege
hier um mindestens die Hälfte drunter. Angesichts der jährlichen Defizite könne nicht von einer
Gastronomie, von Gewinnorientiertheit und Gewerblichkeit die Rede sein. Der Kläger sei klagebefugt, da er -
zu Unrecht - zum Adressaten des Bescheides gemacht worden sei.
16 Auf die Aufklärungsverfügung des Gerichts teilt der Kläger mit, bei der Frage, welche Form „K/I“ habe, stehe
der erklärte Wille - Wir-Bewusstsein mit austauschbaren Akteuren - ganz oben. Dieser gehe dahin, dass alle
Beteiligten gleichberechtigt stimmberechtigt seien und dass keiner privaten Profit aus dem K ziehen solle.
Dass der K durch den Verein, nicht durch den Kläger geführt werde, sei von Anfang an klar gemacht worden;
so gingen auch die Rechnungen an den K mit der Ergänzung „L“. Mitgliederversammlungen seien häufig vor
Weihnachten, aber auch vor dem 1. Mai oder am Ende von Sommersemestern. Prinzipiell gebe es eine
konsensuale Form der Bekanntmachung, u.a. eine entsprechende Notiz auf der Tafel hinter der Theke.
Anfänglich hätten die Mitgliederversammlungen monatlich stattgefunden. Es gehe auf den Versammlungen
um konsensuale Entscheidungen. Ende Juli 2015 sei z.B. über die Umbenennung des Projekts zum
01.08.2015 mit einhergehender Gesundschrumpfung beraten und entschieden worden, aber auch über die
zunehmende „Verprollung“ im Stadtteil, das Überhandnehmen der Sozialarbeit und das hiesige Verfahren.
Beschlüsse würden stets im Konsens der gesamten Gemeinschaft erreicht, so auch bezüglich der Auswahl
der jeweiligen ehrenamtlichen Handlungsbeauftragten (Sachvorstände) je nach Fähigkeit, Interesse und
zeitlicher Verfügbarkeit. Sie seien in ihrer rollenspezifischen Bestimmung dem Verein sozusagen
rechenschaftspflichtig. Die hohe Fluktuation der gewöhnlich studentischen Aktiven beeinflusse einen
Wechsel der Handlungsbeauftragten. Im Besitz des Vereins befindliche Gegenstände seien teilweise
Vereinseigentum, teilweise geliehenes Privateigentum. Die Verhältnisse in ihrer unumstößlichen Verfasstheit
seien also nicht nur deutlich von solchen irgendeiner BGB-Gesellschaft abgrenzbar, sondern bereits in ihren
Merkmalen und Grundsätzen und gerade in der Praxis elementar distinktiv und damit auch so zu behandeln.
17 Der Kläger beantragt,
18 Nr. II der Verfügung der Beklagten vom 05.05.2014 und insoweit den Widerspruchsbescheid des
Regierungspräsidiums F vom 31.08.2015 aufzuheben.
19 Die Beklagte beantragt,
20 die Klage abzuweisen.
21 Sie verweist zur Begründung auf die Ausführungen im Verwaltungsverfahren und trägt ergänzend vor, es
sei bereits fraglich, ob die Klage nicht wegen fehlender Klagebefugnis unzulässig sei, da der Kläger in seiner
Klagebegründung explizit darauf abstelle, dass nicht er, sondern ein nicht eingetragener Verein Betreiber
des „K“ sei, sodass er selbst durch die Verfügung nicht beschwert sei; eine Klagebefugnis sei nur dann
gegeben, wenn der Kläger selbst - wie von der Beklagten angenommen - Betreiber sei. Objektiv sei der
Kläger, auch wenn in der Vergangenheit immer wieder von einem Verein die Rede gewesen sei und auch die
Beklagte selbst teilweise unkritisch selbst von einem Verein gesprochen habe, persönlicher Betreiber des
unzulässigen Gaststättengewerbes. Dies ergebe sich unter anderem daraus, dass der Kläger faktisch
alleiniger Pächter und Vertragspartner im Zusammenhang mit dem Betrieb des „K“ sei. Ferner entspreche
die Annahme, der Kläger sei Betreiber, auch den Wahrnehmungen der Polizei im Rahmen der Nachschau.
Der Kläger habe auch im laufenden Verfahren es nicht vermocht, die Angaben zum angeblichen Verein zu
konkretisieren. Bezüglich der Gewinnerzielungsabsicht seien die Gesamtumstände heranzuziehen. Das
Gesamtgepräge des „K“ aber gehe deutlich über eine nicht gewerbsmäßig betriebene Liebhaberei hinaus
und lasse nur den eindeutigen Schluss auf eine Gewinnerzielungsabsicht zu. So seien die Preise etwa für
Espresso, Cola oder Kaffee mit denen gewerblicher Anbieter (etwa „B“) vergleichbar, obwohl die Preise des
„K“ vor bereits vier Jahren erhoben worden seien und die laufenden Kosten beim K deutlich unter denen von
ortsüblichen Gaststätten, etwa was Miete oder Personalkosten betreffe, liegen dürften. Auch handele es sich
beim „K“, der nahezu täglich geöffnet habe, ersichtlich nicht um eine „Bagatelle“, sondern um einen Betrieb,
der wie jeder andere gewinnorientierte Gaststättenbetrieb ausgerichtet sei. Nicht erheblich sei dagegen, ob
tatsächlich Gewinn erwirtschaftet worden sei. Im Übrigen könnten die vom Kläger vorgetragenen Positionen
etwa für „Energie“, „Fahrzeug“ oder „Zeitschriften“ nicht daraufhin überprüft werden, ob es sich nicht auch
um Privatausgaben des Klägers handele.
22 Auf die Aufklärungsverfügung des Gerichts ergänzt die Beklagte, dass die Einschätzung des Finanzamts F,
die mutmaßlich darauf beruhe, dass der Betrieb tatsächlich keinen Gewinn abgeworfen habe, für sie nicht
bindend sei; es gebe eigene umfangreiche Erkenntnisse zu dem Vorgang.
23 Dem Gericht haben die einschlägige Verwaltungsakte der Beklagten (1 Heft), die Dokumentation der PD F
zur Nachschau am 15.12.2012 (1 Ordner) sowie die Widerspruchsakte des Regierungspräsidiums F (1 Heft)
vorgelegen. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der Einzelheiten ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe
24
1.
Die Klage ist als Anfechtungsklage statthaft nach § 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO und auch im Übrigen gemäß §§
42, 68 ff. VwGO zulässig.
25 Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Kläger als Adressat der Untersagungsverfügung unabhängig
davon gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, ob er zu Recht oder, wie er meint, zu Unrecht als Betreiber
des „K“ in Anspruch genommen worden ist. Richtig ist zwar, dass der Adressat eines Verwaltungsaktes im
Einzelfall aus der so genannten Adressatentheorie dann keine Klagebefugnis für sich herleiten kann, wenn
er zwar Bekanntgabeadressat, nicht aber zugleich auch Inhaltsadressat des belastenden Verwaltungsaktes
ist; dies kann der Fall sein, wenn der angefochtene Bescheid beispielsweise an den Insolvenzverwalter oder
Betreuer gerichtet ist, inhaltlich aber eindeutig das insolvente Unternehmen oder der Betreute verpflichtet
werden (zum Auseinanderfallen von Bekanntgabe- und Inhaltsadressat vgl. etwa VG Köln, Urteil vom
24.07.2012 - 14 K 957/11 -, juris; OVG NRW; Beschluss vom 12.10.2015 - 12 A 2011/15 -, juris; VG
Frankfurt (Oder), Urteil vom 20.04.2016 - 5 K 249/14 -, juris). Vorliegend aber ist der Kläger auch
Inhaltsadressat, denn die Beklagte geht davon aus, er sei Betreiber des „K“, und gibt daher ihm persönlich -
und nicht etwa einem Dritten - auf, den Betrieb des Gaststättengewerbes im „K“ zu unterlassen.
26
2.
Die Klage ist auch begründet. Denn die Untersagungsverfügung in Nr. II des Bescheids der Beklagten vom
05.05.2014, wodurch dem Kläger die Fortsetzung des in der Betriebsstätte „K“ betriebenen
Gaststättengewerbes ohne Gaststättenerlaubnis untersagt wird, und insoweit der Widerspruchsbescheid
des Regierungspräsidiums F vom 31.08.2015 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten
(§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
27 Gemäß § 15 Abs. 2 GewO, der nach § 31 GastG i.V.m. § 1 LGastG, welcher die Fortgeltung des
Gaststättengesetzes als Landesrecht regelt, auf Gaststättenbetriebe Anwendung findet, kann die
Fortsetzung eines Betriebes verhindert werden, wenn ein Gaststättengewerbe, zu dessen Beginn eine
Erlaubnis erforderlich ist, ohne diese Erlaubnis begonnen wird.
28 Die Voraussetzungen für eine auf § 1 LGastG i.V.m. § 31 GastG i.V.m. § 15 Abs. 2 Satz 1 GewO gestützte
Untersagungsverfügung liegen nicht vor. Die Beklagte hat zwar den Kläger zurecht als Betreiber des „K“ in
Anspruch genommen (dazu unter 2.1). Allerdings handelt es sich beim Getränkeausschank im „K“ letztlich
nicht um einen gewinnorientiert arbeitenden Gewerbebetrieb (dazu unter 2.2).
29
2.1
Der Kläger ist richtiger Adressat einer auf § 1 LGastG i.V.m. § 31 GastG i.V.m. § 15 Abs. 2 S. 1 GewO
gestützten Untersagungsverfügung, denn die Kammer ist zu der Überzeugung gelangt, dass er Betreiber
des „K“ ist.
30 Der Kläger bestreitet dies, sieht vielmehr einen nicht rechtsfähigen Verein als Träger des „K“. Wäre dies der
Fall, spräche viel dafür, dass nicht der Kläger als Privatperson, sondern allenfalls - je nach den für den Verein
geltenden Vertretungsregelungen - als Vertreter dieses Vereins für die Untersagungsverfügung hätte
herangezogen werden dürfen. Denn auch ein rechtsfähiger Verein kann, wie sich aus § 2 Abs. 1 Satz 2
GastG ergibt, Inhaber einer Gaststättenerlaubnis sein; das Gaststättengesetz geht folglich davon aus, dass
nicht nur natürliche oder juristische Personen, sondern auch nicht rechtsfähige Vereine Betreiber einer
Gaststätte sein können und für den Fall, dass eine Gaststätte durch einen nicht rechtsfähigen Verein ohne
die erforderliche Erlaubnis betrieben wird, die Fortsetzung des Betriebs dem Verein gegenüber zu
untersagen ist. Wenn der „K“ dagegen durch einen Zusammenschluss in Form einer BGB-Gesellschaft
betrieben würde, machte dieser Umstand ein Vorgehen gegenüber dem Kläger als Privatperson nicht
rechtswidrig. Da Personenvereinigungen ohne Rechtsfähigkeit wie BGB-Gesellschaften nicht Träger einer
Gaststättenerlaubnis sein können, müssen in einem derartigen Falle einer oder mehrere der dahinter
stehenden Gesellschafter als Gewerbetreibende die persönliche Erlaubnis erwerben (Metzner, GastG, 6.
Aufl., § 2 Rn. 18 und § 1 Rn. 30, m.w.N.; Michel/Kienzle/Pauly, GastG, 14. Aufl., § 2 Rn. 15), kommen folglich
auch nur der bzw. die Gesellschafter als Betreiber der Gaststätte und folglich als Adressaten einer
Untersagungsverfügung im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 GewO in Betracht.
31 Die Behörde darf im Interesse der Wirksamkeit des ordnungsrechtlichen Instrumentariums zur Bestimmung
der Betreibereigenschaft an das äußere Bild der gewerblichen Betätigung anknüpfen; entscheidend ist, wer
nach außen tätig wird und Geschäfte in seinem Namen abwickelt (BVerwG, Urteile vom 16.12.1992 - 1 B
162/92 -, juris, und vom 14.07.2003 - 6 C 10/03 -, juris). Diese vor allem für so genannte
Strohmannverhältnisse entwickelte Rechtsprechung kann Leitlinie auch für die Frage sein, ob handelnder
Gewerbetreibender eine Einzelperson oder eine hinter dieser stehende Personenvereinigung ist.
32 Nach dem äußeren Bild spricht Vieles dafür, den Kläger als Betreiber der Gaststätte anzusehen. Dies ergibt
sich zunächst daraus, dass er vormals den „K“ gewerberechtlich auf den eigenen Namen angemeldet und
diese Anmeldung nicht etwa mit Gründung des „K - Freundeskreis zur Förderung ...“ im Jahre 1999
entsprechend abgeändert hat; auch die Abmeldung im Jahr 2004 erfolgte mit der Begründung, der Betrieb
sei zum 01.01.2000 in ein „soz.kult. Nachbarschaftsprojekt - Einkaufsgemeinschaft“ umgewandelt worden,
von der Gründung eines Vereins ist dort nicht die Rede. In den Steuererklärungen der Jahre 2000 folgende
deklarierte der Kläger die mit dem „K“ verbundenen Einnahmen und Ausgaben als (eigene) Einkünfte aus
Gewerbebetrieb und nicht als Umsätze eines - grundsätzlich der Steuer- und Abgabenpflicht unterliegenden
- nicht eingetragenen Vereins. Der Kläger ist Teil der Mietergemeinschaft für die Räumlichkeiten des „Ks“
und derjenige, der monatliche Mietzahlungen leistet; die weiteren Mieter sind seit der Anmeldung des
Gewerbes durch den Kläger nicht mehr in Erscheinung getreten. Schließlich fungierte der Kläger seit
Gründung des „K“ als nahezu alleiniger Ansprechpartner gegenüber der Beklagten und war zugleich
meistens in den Räumlichkeiten des „K“ präsent.
33 Zwar hat der Kläger Recht mit seinem Hinweis, dass seit 1999 in der Korrespondenz des Klägers mit der
Beklagten immer wieder der „K - Freundeskreis zur Förderung ...“ Erwähnung und sich auch wiederholt im
Briefkopf als Ergänzung zum Namen des Klägers findet. Im Einzelfall, wie gegenüber dem Verein B e.V., trat
„K.org“, vertreten durch einen Herrn D, auch selbst im Rechtverkehr auf. Es ist auch durchaus lebensnah
anzunehmen, ein solches Projekt wie der „K“ werde nicht von einem Einzelnen betrieben, vielmehr stehe
eine Gruppe Interessierter dahinter. Dies bedeutet jedoch entgegen der Auffassung des Klägers mitnichten,
dass automatisch vom Vorliegen eines nicht rechtsfähigen Vereins auszugehen wäre.
34 Zwar sind an Gründung und Bestehen eines nicht rechtsfähigen Vereins keine strengen Anforderungen zu
stellen. Ein nicht rechtsfähiger Verein entsteht vielmehr bereits durch rechtsgeschäftliche Einigung einer
Mehrheit von Personen darüber, in einem körperschaftlich verfassten Verband einem gemeinsamen Interesse
nachzugehen (BGH, Urteil vom 14.11.1977 - II ZR 107/76 -, juris; jurisPK-BGB Bd. 1, 7. Aufl., § 54 Rn. 33).
Allerdings muss ein nicht rechtsfähiger Verein trotz fehlendem Formenzwang, gerade auch in Abgrenzung
zur BGB-Gesellschaft und zu einem losen Zusammenschluss ohne rechtlich relevanten Organisationsgrad,
vor allem eine, wenn auch nicht notwendig schriftlich fixierte (jurisPK-BGB Bd. 1, 7. Aufl., § 54 Rn. 34;
Ermann, BGB, 14. Aufl., § 25 Rn. 1), hinreichend konkrete körperschaftliche Verfasstheit aufweisen, für die
insbesondere das Vorhandensein der notwendigen Vereinsorgane - Vorstand und Mitgliederversammlung -
wesenseigen ist (jurisPK-BGB Bd. 1, 7. Aufl., § 54 Rn. 32 ff.; Stöber/Otto, Handbuch zum Vereinsrecht, 11.
Aufl., II. Rn. 14, 1495, 1506 ff.; Palandt, BGB, 74. Aufl., § 54 Rn 6). Von derartigen Mindestanforderungen im
Hinblick auf eine körperschaftliche Verfassung gehen auch die vom Kläger zitierten Entscheidungen (BGH,
Urteil vom 14.11.1977 - II ZR 107/76 -, juris; OLG Frankfurt, Urteil vom 19.12.1984 - 9 U 107/83 -, juris)
aus.
35 Eine sonach erforderliche körperschaftliche Struktur ist im vorliegenden Fall für die Kammer auf Grundlage
der Akten und der Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht erkennbar. Allein der Umstand,
dass der Kläger gegenüber der Beklagten immer wieder auf das Bestehen eines entsprechenden nicht
eingetragenen Vereins hingewiesen und - jedenfalls für die Anfangszeit - die Abhaltung von
Mitgliederversammlungen sowie die Möglichkeit, schriftlich dem „Freundeskreis zur Förderung ...“
beizutreten, belegt hat, reicht allein für die Annahme der tatsächlichen Gründung eines solchen Vereins
nicht aus. Entscheidend ist vielmehr, ob eine entsprechende körperschaftliche Struktur besteht. Davon aber
ist zur Überzeugung der Kammer nicht auszugehen.
36 Insoweit fällt auf, dass sich den Äußerungen des Klägers während des Verwaltungsverfahrens bereits nicht
entnehmen lässt, welcher Zusammenschluss den Charakter eines Vereins haben soll: Im Schreiben des
Klägers an die Beklagte vom 21.08.1999 wird auf einen am 24.06.1999 gegründeten, nicht eingetragenen
„Verein“ mit dem Namen „Freundeskreis zur Förderung ...“ hingewiesen, welcher ideeller Träger des „K“ sei;
diesem Freundeskreis konnte man seinerzeit auf grünen Karten beitreten. Mit Schreiben vom 20.07.2001
sprach der Kläger dagegen von einem „Verein K“, der Ende 1999 gegründet worden sei; dies entspricht den
Äußerungen im Schreiben vom 14.09.2001 an die Beklagte, wonach es einen Betreiberverein (im Briefkopf
bezeichnet als „K Verein“) und daneben einen Freundeskreis gebe, welcher kein Verein sei, sondern ein
alternatives Bürgerforum von Leuten, die im Viertel lebten und über ein spezifisches soziokulturelles
Verständnis verfügten und in diesem Sinne Stadtteilarbeit und Kulturarbeit machten. Diese Unterscheidung
zwischen einem Verein, der eine feste Gruppe von sieben Leuten sei, und einem Freundeskreis mit ca. 350
Mitgliedern wurde ausweislich eines Aktenvermerks vom 29.06.2004 bei einer persönlichen Vorsprache des
Klägers und Herrn Ds bei der Beklagten hervorgehoben. Im Widerspruchsschreiben des seinerzeitigen
Prozessbevollmächtigten vom 10.07.2014 dagegen wird wiederum der am 24.06.1999 gegründete Verein
„Freundeskreis zur Förderung ...“ als „Trägerverein“ des „K“ bezeichnet. Auch in der mündlichen
Verhandlung konnte der Kläger letztlich nicht klären, welcher rechtliche Organisationsgrad „K.org“ auf der
einen und der Freundeskreis auf der anderen Seite zukommen. Bereits aus diesen einander
widersprechenden Aussagen wird deutlich, dass Klarheit darüber, welchen konkreten Strukturen im Umfeld
des „K“ der Charakter eines nicht eingetragenen Vereins zukommen soll, offenbar auch bei den unmittelbar
Beteiligten wie dem Kläger nicht besteht.
37 Auch gab (und gibt) es zwar unregelmäßig abgehaltene Mitgliederversammlungen des Freundeskreises, in
denen laut Kläger konsensuale Absprachen getroffen werden, wie sich auch immer die Mitgliedschaft, die
offenbar nicht (mehr) durch Ausfüllen eines Mitgliedsformulars beantragt wird und die mit keinerlei
(Zahlungs-)Pflichten verbunden ist, erworben werden kann. Auffallend aber ist, dass in den Akten an keiner
Stelle von einem Vorstand als Handlungsorgan des - wie auch immer namentlich bezeichneten - nicht
eingetragenen Vereins die Rede ist, geschweige denn, dass es Aussagen dazu gäbe, aus wie vielen Personen
dieser besteht, nach welchen Regeln er bestellt und abberufen wird und in welcher Form er, sollte es sich
um einen mehrgliedrigen Vorstand handeln, den Verein gegenüber Dritten vertritt. Weder der Kläger noch
eine andere im Zusammenhang mit dem „K“ auftretende Person hat sich im Vorfeld der mündlichen
Verhandlung zu irgend einem Zeitpunkt gegenüber der Beklagten als Vorstandsmitglied bezeichnet; lediglich
im Rahmen der Widerspruchsbegründung verwendet der Kläger an einer Stelle das Wort „Vorstand“
gleichberechtigt neben „Sprecher“, ohne dies aber näher auszuführen. Besonders deutlich wird das Fehlen
klarer vereinsrechtlicher Strukturen auch aus der vom Kläger vorgelegten Niederschrift vom 02.09.2002 im
Verfahren des Klägers gegen die Bundesanstalt für Arbeit vor dem Sozialgericht F (...). Die in diesem
Verfahren vernommenen Zeugen machten zwar ausführliche Angaben zu Art und Umfang der Tätigkeiten
des Klägers wie auch anderer Personen für den „K“. An keiner Stelle in den Zeugenaussagen aber wurden
organisatorische Strukturen benannt, innerhalb derer die beteiligten Personen tätig geworden sind. Auch in
jüngerer Zeit hat der Kläger an keiner Stelle der Sache nach körperschaftliche Strukturen skizziert, wie sie
für einen Verein erforderlich wären. Dies gilt auch für die Angaben des Klägers in der mündlichen
Verhandlung. Danach habe der Kläger die Rolle eines Sprechers des Freundeskreises inne. Daneben gebe es
etwa Herrn D, der sich um Finanzen kümmere. Weitere, namentlich vom Kläger nicht benannte Mitglieder
des Freundeskreises übernähmen unterschiedliche Aufgaben, wenn sie anfielen. Wichtigere Entscheidungen
würden in der Mitgliederversammlung besprochen und im Konsens beschlossen. Solche flexiblen Strukturen,
in denen gerade nicht im Vorhinein geklärt ist, wer nach welchem Verfahren durch die
Mitgliederversammlung für welchen Zeitraum mit welchen konkreten Aufgaben und welchen
Vertretungsbefugnissen nach außen ausgestattet ist, mögen dem Charakter des „K“ und dem
gesellschaftlichen Selbstverständnis seiner Mitglieder mit ihrem Bemühen um „hierarchiefreie Strukturen“
und konsensuale Entscheidungen am meisten entsprechen; eine körperschaftliche Verfasstheit, wie es dem
Wesen eines Vereins entspräche, konnte die Kammer hierin jedoch ungeachtet des Umstands, dass der
Kläger in der mündlichen Verhandlung von „Sachvorständen“ sprach, nicht erkennen. Vielmehr ergab sich
sowohl in den Akten als auch in den Aussagen des Klägers das Bild eines selbstorganisierten
basisdemokratischen Zusammenschlusses interessierter Bewohner des Viertels, die je nach zeitlicher
Verfügbarkeit und in immer wieder wechselnder Besetzung gleichberechtigt für das „K“ tätig sind, anpacken,
wo es nötig ist, und sich je nach Engagement in unterschiedlichem Umfang in die Abläufe dort einarbeiten,
wobei dem Kläger vor allem aus Gründen häufiger Anwesenheit im „K“ und jahrelanger Erfahrung mit
diesem Projekt automatisch für unbestimmte Zeit die Rolle eines Sprechers zufiel.
38 Träger des „K“ ist daher zur Überzeugung der Kammer kein nicht eingetragener Verein. Ob hinter dem „K“
eine BGB-Gesellschaft steht, kann vorliegend offen bleiben, da auch in diesem Falle, wie bereits dargelegt,
der Kläger als Betreiber des „K“ tauglicher Adressat der Untersagungsverfügung wäre.
39
2.2
In dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der letzten
Verwaltungsentscheidung (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 02.02.1982 - 1 C 20/78 - juris) am 31.08.21015
lagen jedoch die sachlichen Voraussetzungen des § 1 LGastG i.V.m. § 31 GastG i.V.m. § 15 Abs. 2 S. 1 GewO
für eine Untersagung der Fortsetzung des in der Betriebsstätte A-Straße 2 betriebenen
Gaststättengewerbes ohne Gaststättenerlaubnis nicht vor. Denn die Kammer ist auf Grundlage der
mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass der Kläger im „K“ kein der Erlaubnispflicht gemäß § 31
GastG i.V.m. § 1 LGastG unterfallendes Gaststättengewerbe betreibt.
40 Einer Erlaubnis bedarf nach § 1 LGastG, § 2 Abs. 1 S. 1 GastG, wer ein Gaststättengewerbe betreiben will,
sofern keiner der in § 2 Abs. 2 GastG genannten, hier offensichtlich nicht einschlägigen Ausnahmefälle
vorliegt. Nach § 1 Abs. 1 GastG betreibt ein Gaststättengewerbe, wer im stehenden Gewerbe Getränke
(Schankwirtschaft) oder zubereitete Speisen (Speisewirtschaft) zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht,
wenn der Betrieb jedermann oder bestimmten Personen zugänglich ist.
41 Erste - und zentrale - Voraussetzung der Erlaubnispflicht ist folglich das Vorliegen eines - durch die Begriffe
Schankwirtschaft oder Speisewirtschaft näher definierten - Gewerbes.
42
2.2.1
Unstreitig werden im „K“ jedenfalls für Mitglieder des Freundeskreises alkoholische und
nichtalkoholische Getränke (wie diverse Spirituosen, Bier, Kaffee, Tee, heiße Schokolade, Sprudel, Coca-Cola,
Apfelsaftschorle) - und wohl vereinzelt auch (einfache) Speisen wie in der Mikrowelle erhitzte Fertigpizzen -
zum Verzehr an Ort und Stelle angeboten.
43 Dass die Abgabe von Getränken im „K“ nicht ausschließlich zum Verzehr an Ort und Stelle erfolgt, der „K“
vielmehr Getränke auch - und sogar vor allem - über die Ladentheke an Käufer abgibt, die diese Getränke
nicht vor Ort verzehren, schließt die Annahme eines Gaststättenbetriebes nicht aus. Der Begriff „an Ort und
Stelle“ enthält die Kennzeichnung einer räumlichen und zeitlichen Beziehung von Verabreichen und
Verzehr. Diese Voraussetzungen sind stets dann erfüllt, wenn besondere Vorrichtungen für den Verzehr vor
Ort bereitgehalten werden wie etwa Sitz- oder Abstellgelegenheiten, aber auch bereits dann, wenn der
Verkäufer zu erkennen gibt, dass er mit der Möglichkeit des Genusses der Getränke an Ort und Stelle
rechnet und auch mit solchem Verhalten einverstanden ist (vgl. Michel/Kienzle/Pauly, GastG, 14. Aufl., § 1
Rn. 45, m.w.N., der sogar eine bloße Duldung des Verzehrs an Ort und Stelle ausreichen lässt). Diese
Voraussetzungen für einen Verzehr an Ort und Stelle sind hier unproblematisch gegeben, da im „K“ mehrere
Sitzgelegenheiten und Stehtische vorhanden sind, die zum Verzehr der Getränke vor Ort einladen und
hierfür genutzt werden; dass der Verzehr in den Räumen des „K“ sowie unmittelbar davor erfolgen soll und
auch tatsächlich erfolgt, wird vom Kläger nicht bestritten. Dass insoweit ein gemischter Betrieb - neben dem
Ausschank auch der Verkauf von Getränken - vorliegt, steht der Annahme eines Gaststättenbetriebs auch
dann nicht entgegen, wenn - wie vorliegend - der Einzelhandel überwiegt und dem Betrieb sein eigentliches
Gepräge gibt (Michel/Kienzle/Pauly, GastG, 14. Aufl., § 1 Rn. 53; Metzner, GastG, 6. Aufl., § 1 Rn. 84).
44
2.2.2
Allerdings kann die Kammer nicht erkennen, dass der Getränkeausschank im „K“ gewerblichen
Charakter hat.
45 Das Gesetz legt seiner Regelung, wie sich schon aus seinem spezialgesetzlichen Charakter und im Übrigen
aus § 31 GastG ergibt, den Gewerbebegriff der GewO zugrunde (vgl. Metzner, GastG, 6. Aufl., § 1 Rn 6).
Gewerbe ist nach gefestigter Auffassung in Rechtsprechung und Lehre jede nicht sozial unwertige, auf
Dauer angelegte und auf Erzielung eines unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen Vorteils (Gewinn)
gerichtete selbständige Tätigkeit mit Ausnahme bestimmter, hier nicht einschlägiger Tätigkeiten (vgl. nur
Metzner, a.a.O., § 1 Rn. 6 ff., m.w.N.).
46 Kern des Gewerbebegriffs ist mithin die Gewinnerzielungsabsicht (vgl. zum Folgenden Metzner, a.a.O., § 1
Rn. 7 ff.; Michel/Kienzle/Pauly, GastG, 14. Aufl., § 1 Rn. 2 ff.; jew. m.w.N.). Unter Gewinn wird jeder
wirtschaftliche Vorteil verstanden, der zu einem Überschuss über die eigenen Aufwendungen führt.
Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass dieser Vorteil erstrebt wird; unerheblich ist daher, ob der
Betrieb geeignet ist, Gewinn zu erzielen, und ob die Gewinnerzielungsabsicht zum Ziel führt. Bei der
Gewinnerzielungsabsicht handelt es sich um eine sog. innere Tatsache (VG Würzburg, Urteil vom
29.03.2006 - W 6 K 05.634 -, juris). Auf sie ist aufgrund des Gesamtbildes der zu beurteilenden
Erwerbshandlung im Einzelfall zu schließen. Entscheidend ist, dass das Gesamtbild der zu beurteilenden
Erwerbshandlung im Einzelfall den allgemeinen Vorstellungen von einem Gewerbe entspricht (OVG Hbg.,
Urteil vom 06.07.1993 - Bf VI 12/91 -, juris; VG Würzburg, Urteil vom 29.02.2012 - W 6 K 11.384 -, juris).
Werden in einem Betrieb Speisen und Getränke nicht unter dem ortsüblichen Preis abgegeben, lässt sich aus
diesem Umstand in der Regel ohne Weiteres auf eine Absicht der Gewinnerzielung schließen, denn in den
ortsüblichen Preisen sind Überschüsse für die Unternehmer mit eingerechnet (vgl. dazu Hess. VGH,
Beschluss vom 01.11.1990 - 14 TH 2764/90 -, juris; Bayer. VGH, Beschluss vom 17.09.1979 - 22.CE -
744/79 -, GewArch 1980, 31; OVG NRW, Beschluss vom 29.03.1976 - XIV B 249/76 -, GewArch 1976, 236;
VG Halle (Saale), Urteil vom 13.10.2006 - 3 A 105/04 -, juris; Michel/Kienzle/Pauly, a.a.O., § 1 Rn. 2;
Metzner, a.a.O., § 1 Rn. 14).
47
2.2.2.1
Dass die Tätigkeit des Klägers im „K“, auch was den Getränkeausschank angeht, auf Dauer angelegt
war und ist, der Kläger folglich mit so genannter Fortsetzungsabsicht handelt, ergibt sich bereits daraus,
dass der „K“ bereits seit 1999 betrieben wird und dort von Beginn an neben anderen Aktivitäten auch
Getränke ausgeschenkt wurden.
48
2.2.2.2
Auch spricht nach Auffassung der Kammer Vieles dafür, dass nicht nur der Verkauf von Waren,
sondern auch der Getränkeausschank mit Gewinnerzielungsabsicht erfolgen (2.2.2.2.1); dies kann jedoch
letztlich dahinstehen, da der Getränkeausschank zur Überzeugung der Kammer jedenfalls als Bagatelle
anzusehen ist (2.2.2.2.2).
49
2.2.2.2.1
Der Kläger dürfte wohl auch mit Blick auf den Getränkeausschank im „K“ mit
Gewinnerzielungsabsicht gehandelt haben.
50 Anlässlich der Nachschau am 15.12.2012 ermittelte die Beklagte auf Preislisten bzw. Preisetiketten im „K“
diverse Preise für Getränkeflaschen - so etwa R (0.5 l) zu 2,00 EUR, Tannenzäpfle (0,33 l) zu 1,50 EUR,
Apfelsaftschorle (0,7 l) zu 1,80 EUR, Coca-Cola (Dose) zu 1,50 EUR oder Mirinda (Dose) zu 1,80 EUR - und
für Heißgetränke - Espresso zu 1,50 EUR, Kaffee zu 2,00 EUR, Schoki zu 2,00 EUR oder Tee zu 1,00 EUR.
Mit seiner Preisgestaltung, die im Grundsatz für den Verkauf der Getränke im „K“ über die Ladentheke und
den Ausschank innerhalb des „K“ gleichermaßen gilt, dürfte sich der „K“, auch nach Aussage des Klägers,
zwischen den Einkaufspreisen im Einzelhandel und denjenigen, die für den Ausschank in herkömmlichen
Gaststätten in unmittelbarer Nachbarschaft des „K“ wie etwa dem „E“ (dort etwa Bier 0,5 l zu Preisen ab
2,90 EUR, Coca Cola 0,3 l zu 2,20 EUR, Kaffee zu 1,90 EUR) verlangt werden, bewegen. Auf den Getränken
liegt, soweit es sich den vorgelegten Unterlagen entnehmen lässt, bei einem Verkauf zum ausgezeichneten
Preis gegenüber den Einkaufspreisen eine Gewinnspanne von etwa 200 % (so etwa bei R-pils 0,5 l bzw. W
extraherb 0,33 l - Einkauf pro Flasche ca. 0,63 EUR, Verkauf 2,00 EUR -, Radler 0,5 l - ca. 0,60 EUR / 2,00
EUR -, Apfelschorle 0,7 l - ca. 0,67 EUR / 1,80 EUR -).
51 Auf den ersten Blick spricht daher Vieles dafür, dass der Kläger mit der Preisgestaltung die Absicht verfolgt,
nicht nur durch den Verkauf, sondern auch durch den Ausschank von Getränken - die Abgabe von Speisen
dürfte wirtschaftlich nicht ins Gewicht fallen - Gewinn zu erzielen, und dass er auch tatsächlich Gewinne
erzielt, dass mit anderen Worten die Einnahmen aus dem Verkauf von Getränken im „K“ zum Konsum vor
Ort die unmittelbar durch das Verabreichen der Getränke entstehenden Kosten übersteigen. Dies gilt
vorliegend, auch wenn die Preise wohl etwas unterhalb des Preisniveaus benachbarter Kneipen liegen, umso
mehr, als die mit dem Getränkeausschank verbundenen Kosten deutlich unter denen herkömmlicher
Gaststütten liegen dürften, da hier aufgrund der ausschließlich ehrenamtlichen Mitarbeit von Mitgliedern des
Freundeskreises keinerlei Personalkosten anfallen.
52 Fraglich könnte in diesem Zusammenhang allein sein, ob eine derartige formale Betrachtungsweise, die den
Getränkeausschank isoliert betrachtet, dem besonderen Konzept und Charakter des „K“ und der Rolle, die
dem Getränkeausschank dort zukommt, gerecht wird.
53 Der Kläger, der den Umstand, dass durch die Abgabe von Getränken insgesamt Gewinn erzielt werden soll,
gar nicht in Abrede stellt, hält diese isolierte Betrachtung im Falle des „K“ für verfehlt, da eine Abgabe der
Getränke über dem Selbstkostenpreis unabdingbar sei, um zu verhindern, dass der „K“ insgesamt rote
Zahlen schreibe.
54 Insoweit gilt nach Auffassung der Kammer Folgendes:
55 Nach dem Bild, das sich das Gericht aufgrund der vorliegenden Akten sowie der Angaben des Klägers in der
mündlichen Verhandlung vom „K“ machen konnte, ist eine wichtige Funktion des „K“ für das Viertel die eines
kleinen Krämerladens, in dem sich die Nachbarschaft direkt vor Ort vor allem mit Tabakwaren - deren
Umsatz wesentlich über dem mit Getränken erzeugten Umsatz liegt - und Getränken, aber auch diversen
weiteren Gegenständen des täglichen Bedarfs eindecken kann. Außerdem stellt der „K“ den Bewohnern des
Viertels unterschiedliche Gegenstände wie Werkzeuge vor allem für Fahrradreparaturen,
Tischtennisschläger, Blutdruckmessgerät, Drucker oder W-Lan entgeltfrei zur Verfügung. Zum Dritten dient
der „K“ einem Kreis um den Kläger herum als eine Art „Ersatzwohnzimmer“, in dem sie sich über längere
Zeit unter Gleichgesinnten aufhalten und dort während ihres Aufenthalts bisweilen Getränke konsumieren;
vor allem offenbar für diesen Kreis, der sich über einen längeren Zeitraum hinweg im „K“ aufhält und dort
seine freie Zeit verbringt, wurden die Räumlichkeiten etwa mit Zeitschriften, einer DJ-Ausrüstung und einem
Klavier ausgestattet. Um die nicht-entgeltlichen Funktionen des „K“, die nur näherungsweise mit
„Stadtteiltreff“ umschrieben werden können, aufrecht erhalten zu können, ohne auf Mitgliedsbeiträge,
Spenden oder staatliche Unterstützung angewiesen zu sein, wird versucht, mit dem Verkauf der Waren und
dem Getränkeausschank Gewinn zu erzielen, damit das Gesamtprojekt „K“ keine Defizite erwirtschaftet,
sondern „Null auf Null herauskommt“.
56 Allein der Umstand, dass der Gewinn aus Verkauf bzw. Ausschank möglicherweise gemeinnützigen Zwecken
- der kostenlosen Zurverfügungstellung von Räumlichkeiten und diversen Gegenständen für die Einwohner
des Viertels, Stichwort „soziokulturelles Nachbarschaftsprojekt“ - zugutekommt, lässt freilich die
Gewinnerzielungsabsicht nicht entfallen. Denn insoweit ist zwischen Gewinnerzielung und
Gewinnverwendung zu unterscheiden (Nieders. OVG, Urteil vom 29.11.2001 - 7 L 3295/00 -, juris; Hess.
VGH, Beschluss vom 01.11.1990 - 14 TH 2764/90 -, juris; Metzner, GastG, 6. Aufl, § 1 Rn. 16;
Michel/Kienzle/Pauly, GastG, 14. Aufl., § 1 Rn. 6 f.).
57 Dies gilt nicht nur für die Fälle, in denen in der Satzung beispielsweise eines Clubs, in welchem ein
Getränkeausschank zu marktüblichen Preisen erfolgt, geregelt ist, dass etwaige Überschüsse an
gemeinnützige Einrichtungen zu überweisen sind (vgl. Nieders. OVG, Beschluss vom 29.03.1976 - XIV B
249/76 -, GewArch 1976, 236). Auch dann, wenn ein gemeinnütziger Verein selbst einen
Getränkeausschank betreibt, um mit dem erwirtschafteten Gewinn Ausgaben zu bestreiten, die für seine
gemeinnützigen, etwa wohltätigen oder sozialen Zwecke entstehen, stellt diese interne Verwendung der
Gewinne, selbst wenn sie ohne Umweg über das Vereinsvermögen erfolgt, die Gewerbsmäßigkeit der
Schankwirtschaft als solcher nicht in Frage; so verliert etwa die von einem Sportverein betriebene
Gaststätte ihre Gewerblichkeit nicht dadurch, dass dort erwirtschaftete Gewinne vollständig den
Fußballmannschaften des Vereins zugute kommen (Michel/Kienzle/Pauly, GastG, 14. Aufl., § 1 Rn. 7; VGH
Bad.-Württ., Urteil vom 04.09.1981 - 6 S 2258/81 -, GewArch 1983, 94).
58 Selbst der Umstand, dass der Ausschank von Getränken im „K“ nicht - wie es etwa bei einem Vereinslokal
eines Sportvereins der Fall ist - sachlich und organisatorisch von seinen sozialen Zwecken - der Schaffung
von Räumlichkeiten zum Treffen, der kostenfreien Zurverfügungstellung von Zeitschriften, Werkzeugen,
Spielen, Internetanschluss etc. - getrennt ist, beide Nutzungen vielmehr förmlich unter einem Dach
stattfinden, führt nicht dazu, dass, was der Kläger erreichen möchte, eine Gesamtbetrachtung angezeigt
wäre, folglich automatisch zu prüfen wäre, ob der „K“ unter Einbeziehung aller damit verbundenen
Ausgaben etwa für Zeitschriftenabonnements, Werkzeuge oder Spiele mit Gewinnerzielungsabsicht
betrieben wird. In einer solchen Konstellation kann es zwar im Einzelfall zu Schwierigkeiten bei der
Zuordnung von Kostenpositionen entweder zu den gewerblichen oder zu den für sich genommen
defizitären, dem Wohl der Allgemeinheit dienenden Tätigkeiten kommen; dessen ungeachtet ist auch hier die
gewerberechtlich zu beurteilende spezifische Tätigkeit - der Ausschank von Getränken bzw. die Ausgabe von
Speisen - isoliert daraufhin zu überprüfen, ob sie mit der Absicht vorgenommen wird, einen Überschuss über
die insoweit entstehenden Selbstkosten zu erzielen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.09.1981 - 6 S 2258/81
-, GewArch 1983, 94 [betr. eine Begegnungsstätte für türkische Gastarbeiter]; VG Düsseldorf, Beschluss
vom 22.12.2000 - 18 L 3701/00 -, juris [betr. Räume eines Vereins zur Förderung der Völkerverständigung];
vgl. auch Hamb. OVG, Urteil vom 06.07.1993 - Bf VI 12/91 -, juris [Verkauf von Waren durch Scientology],
und Pöltl, GewArch 2004, 184 [für den Fall der Bewirtung Dritter in einer vom Studentenwerk betriebenen
Mensa]).
59 Unerheblich ist in diesem Zusammenhang schließlich, inwieweit die Tätigkeit etwa des den
Getränkeausschank betreibenden Vereins steuerrechtlich privilegiert ist, sei es durch Anerkennung der
Gemeinnützigkeit, sei es - wie offenbar im Falle des „Ks“ erfolgt - durch die Feststellung des Finanzamts,
Steuerpflicht bestehe nicht. Denn der an der Ordnungsfunktion des Gewerberechts orientierte Begriff des
Gewerbes im Gaststättengesetz ist mit demjenigen des Steuerrechts nicht identisch; eine mögliche
steuerrechtliche Privilegierung führt nicht dazu, dass ein Gaststättenbetrieb automatisch ordnungsrechtlich
als erlaubnisfrei anzusehen wäre (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.09.1981 - 6 S 2258/81 -, GewArch 1983,
94; OLG Stuttgart, Beschluss vom 15.10.1984 - 1 Ss 407/84 -, MDR 1985, 252; Michel/Kienzle/Pauly, GastG,
14. Aufl., § 1 Rn. 7; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 24.06.1976 - I C 56.74 -, NJW 1977, 772).
60 Auch wenn die Schaffung und Unterhaltung eines soziokulturellen Nachbarschaftsprojekts wie des „Ks“ als
dem Gemeinwohl dienend anzusehen sein sollte, bedeutete dieser Umstand folglich nicht, dass der Abgabe
von Getränken zu über den Selbstkosten liegenden Preisen deshalb ohne weiteres die
Gewinnerzielungsabsicht und damit die Gewerblichkeit abzusprechen wäre, weil eventuelle Gewinne mit
den Ausgaben für das soziokulturelle Nachbarschaftsprojekt verrechnet werden. Die Absicht, aus dem
Getränkeausschank Gewinne zu generieren, und die Absicht, diese Gewinne - sei es auch in vollem Umfang
- für die sonstigen Funktionen des „K“ aufzuwenden, sind vielmehr zu trennen.
61 Ob die Gewinnerzielungsabsicht ausnahmsweise deshalb zu verneinen ist, weil der Getränkeausschank nach
der Konzeption des „K“ im Wesentlichen auf den inneren Kreis des „K“ beschränkt ist, welcher nach seinem
Selbstverständnis regelmäßig lediglich den Selbstkostenpreis zahlt, oder ob dieser Aspekt weniger eine Frage
der Gewinnerzielung als vielmehr der Einstufung des Getränkeausschanks als Bagatellsache ist, kann
dahinstehen, da die Erlaubnispflicht eines Getränkeausschanks auch bei bestehender
Gewinnerzielungsabsicht aufgrund des Bagatellcharakters der Tätigkeit entfallen kann.
62
2.2.2.2.2
Die Kammer ist auf Grundlage der Akten und der Angaben des Klägers in der mündlichen
Verhandlung aber zu der Überzeugung gelangt, dass die Gewerbsmäßigkeit des Getränkeausschanks
deshalb entfällt - mit dem Konsequenz, dass der „K“ nicht als eine der Erlaubnispflicht unterliegende
Gaststätte anzusehen ist -, weil es sich beim Getränkeausschank im „K“ um eine Bagatellsache handelt.
63 Da die Gewerbeordnung nicht auf ausgesprochene Bagatellsachen ausgerichtet ist, muss das Gewinnstreben
eine gewisse Intensität aufweisen, wenn die Gewerbsmäßigkeit bejaht werden soll. Die Intensität kann
sowohl in der Höhe des mit einer einzelnen Tätigkeit erstrebten Gewinns als auch in der Nachhaltigkeit der
Tätigkeiten liegen, sofern letztere eine gewisse Bagatellgrenze überschreitet; entscheidend ist, ob ein
Betrieb nach dem Gesamtbild der herkömmlichen Vorstellung von Gewerbe entspricht und als
gewerberechtlich regelungsbedürftig anzusehen ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.09.1999 - 14 S
1197/99 -, juris; BVerwG, Urteil vom 24.06.1976 - I C 56/74 -, NJW 1977, 772; Michel/Kienzle/Pauly, GastG,
14. Aufl., § 1 Rn. 14; ausführl. zum Begriff der Bagatellsache auch Landmann/Rohmer, GewO, 03/2016, § 14
Rn. 13, Einl. Rn. 48 ff.). Insoweit erlaubt der Umstand, dass es sich beim Getränkeausschank nur um eine
Nebenleistung innerhalb eines Betriebes handelt, nicht ohne weiteres den Rückschluss auf bloßen
Bagatellcharakter; vielmehr kann auch in diesem Fall ein erlaubnispflichtiger Schankbetrieb vorliegen, falls er
für sich genommen trotz seiner untergeordneten Bedeutung von wirtschaftlicher Relevanz ist (OVG RP,
Urteil vom 06.07.1977 - 2 A 20/76 -, GewArch 1978, 135; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.09.1981 - 6 S
2258/81 -, GewArch 1983, 94).
64 Die Kammer ist auf Grundlage der mündlichen Verhandlung zu der Überzeugung gelangt, dass der
Getränkeausschank im „K“ die Bagatellgrenze nicht überschreitet.
65 Zwar erreicht der Getränkeumsatz im „K“ insgesamt mit einem monatlichen Umsatz von durchschnittlich
etwa 2.300 EUR (allein betreffend die von „S“ bezogenen Getränke) - entsprechend einem Plus gegenüber
dem Einkaufspreis von etwa 1.390 EUR - einen Umfang, der die Bagatellgrenze überschritten haben dürfte.
66 Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass der ganz überwiegende Umsatz im „K“, auch wenn der Kläger hier
keine konkreten Zahlen nennen konnte, allem Anschein nach nicht mit dem Verzehr vor Ort, sondern mit
dem Verkauf über die Ladentheke gemacht wird. So berichtete der Kläger davon, dass häufig Bier - seien es
einzelne Flaschen, seien es ganze Kästen - für private Feiern „nach draußen“ an Bewohner des Viertels
abgegeben werde. Was den Konsum innerhalb des „K“ angehe, so sei der „K“, anders als Kneipen, gerade
nicht auf Getränkekonsum ausgerichtet. Der innere Kreis des „K“, der dort häufig zusammen sitze und dabei
auch Getränke konsumiere, wobei dafür allenfalls der Selbstkostenpreis nach oben aufgerundet werde, achte
sehr darauf, wer sich in den Räumlichkeiten aufhalten wolle: Wer interessiert am „K“ und seiner Konzeption
sei, sei herzlich eingeladen, wer aber den Eindruck mache, dass es ihm in erster Linie auf (Alkohol-)Konsum
ankomme, werde in den „E“ oder andere benachbarte Kneipen geschickt. Sie hätten sich bereits Gedanken
darüber gemacht, ob sie nicht Freitag- und Samstagabend den „K“ für die Öffentlichkeit gänzlich schließen
sollten, weil an diesen Tagen das typische Kneipenpublikum auftauche, das man im „K“ gerade nicht haben
wolle.
67 Diese Schilderungen des Klägers, wonach zwar der Verkauf von Waren „nach draußen“ an jedermann
erfolge, Besucher, die sich in den Räumlichkeiten des „K“ niederlassen und konsumieren wollten, jedoch
kritisch beäugt würden, weil, so lassen sich die Aussagen des Klägers verstehen, der engere Kreis des „K“
diesen als sein erweitertes Wohnzimmer begreift, wo man gerne unter sich und unter Gleichgesinnten ist,
ist für die Kammer glaubhaft und nachvollziehbar und entspricht den in den Akten befindlichen Aussagen
sowohl des Klägers als auch weiterer mit dem „K“ in Verbindung Stehender; dies gilt gleichermaßen für die
Aussage, wonach der Getränkekonsum beim Zusammensein nicht im Vordergrund stehe und der Bezahlung
der Getränke kein großes Augenmerk geschenkt werde, da diejenigen, die dort säßen, ohnehin ihre Zeit und
Arbeitskraft dem „K“ zur Verfügung stellten. Dem entspricht es, dass sich anlässlich der polizeilichen
Nachschauen jeweils nur wenige Personen im „K“ niedergelassen hatten, und dass auch optisch dem
Ausschank von Getränken innerhalb des „K“ nur ein untergeordneter Stellenwert zukommt; hier dominieren
eindeutig die dem Warenverkauf zuzurechnenden Regalflächen gegenüber den etwa zehn bis fünfzehn Sitz-
und Stehgelegenheiten, und auch bezüglich letzterer eher deren Funktion zum längerfristigen Aufenthalt
als zum kurzfristigen Konsum von Getränken.
68 Die Kammer geht auf Grundlage der mündlichen Verhandlung mithin davon aus, dass der Konsum von
Getränken in den Räumlichkeiten, anders als der optisch den „K“ prägende Kauf von Waren über die Theke
zur Verwendung außerhalb der Räumlichkeiten des „K“, regelmäßig kein Selbstzweck ist, sondern eher bei
Gelegenheit des Aufenthalts dort erfolgt und nach dem Selbstverständnis des „K“ auch nur in diesem
Umfang und in erster Linie durch Mitglieder des inneren Kreises des „K“ erfolgen soll - Stichwort
„Ersatzwohnzimmer“ -, weshalb auch zehn bis fünfzehn Sitz- und Stehgelegenheiten ausreichend sind, dass
er vor diesem Hintergrund von geringer wirtschaftlicher Relevanz ist und dass schließlich dieser innere Kreis
von Mitgliedern des „K“ dem Getränkekonsum im „K“ selbst keine wirtschaftliche Bedeutung beimisst,
vielmehr regelmäßig hierfür nur einen geringen Obolus entrichtet oder sich kostenlos etwa an offenen
Alkoholika bedient.
69 Insofern unterscheidet sich dieser Fall von dem - ansonsten unter vielen Aspekten vergleichbaren - Fall, den
der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Urteil vom 24.11.1981 zu entscheiden hatte (6 S
2258/81 -, GewArch 1983, 94); im dortigen Fall von Räumlichkeiten eines Vereins, der sich als
Begegnungsstätte für türkische Arbeitnehmer verstand, hatte der Ausschank von Getränken im Vereinsheim
nicht nur von der Ausstattung her mit ca. 10 Tischen, 35 bis 40 Stühlen und einer Theke mit
Spüleinrichtung einen anderen Umfang und eine andere Qualität; auch war der Verwaltungsgerichtshof zu
dem Ergebnis gekommen, die Schanktätigkeit - ein Verkauf von Getränken über die Ladentheke fand dort
nicht statt - sei für sich genommen von wirtschaftlicher Relevanz. Davon, dass dies beim „K“ der Fall wäre,
lässt sich aber nach Auffassung der Kammer gerade nicht ausgehen. Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass
auch nach der mündlichen Verhandlung gewisse Unsicherheiten bleiben, weil sowohl die Umsätze als auch
die mit dem Betrieb des „K“ verbundenen Kosten nur lückenhaft dokumentiert sind und auch keine genauen
Zahlen betreffend den konkret mit dem Konsum von Getränken vor Ort gemachten Umsatz bzw. Gewinn
vorliegen. Diese Unsicherheiten aber wiegen angesichts des Bildes, dass sich die Kammer auf Grundlage der
Akten und der Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom „K“, dem dort gelebten
Selbstverständnis und den konzeptionellen Besonderheiten machen konnte, zur Überzeugung der Kammer
nicht so schwer, dass der wirtschaftliche Bagatellcharakter des Getränkeausschanks im „K“ - und nur
hierum, nicht auch um den Warenverkauf über die Ladentheke geht es hier - ernsthaft bezweifelt werden
könnte.
70
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Gericht sieht im Rahmen des ihm
eingeräumten Ermessens davon ab, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
Gründe, die Berufung durch das Verwaltungsgericht zuzulassen, bestehen nicht.
71
Beschluss vom 23.09.2016
72 Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf
15.000,-- EUR
festgesetzt.
73 Wegen der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 GKG verwiesen.