Urteil des VG Freiburg vom 16.12.2016

zahl, jugend und sport, beschränkung, berufsfreiheit

VG Freiburg Urteil vom 16.12.2016, 4 K 1913/14
Leitsätze
Eine Erlaubnis zur Kindertagespflege nach § 43 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII ermächtigt regelmäßig zur Betreuung
von bis zu fünf gleichzeitig anwesenden fremden Kindern. § 43 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII formuliert insoweit ein
Regel-Ausnahmeverhältnis in der Weise, dass - im Hinblick auf eine Einschränkung der sich aus Art. 12 Abs. 1
Satz 2 GG ergebenden Berufsfreiheit der Betreuungsperson und auch zur Sicherung eines hinreichenden
Angebots an Betreuungsplätzen - eine Beschränkung auf weniger als fünf Kinder nur im besonderen Einzelfall
möglich ist, wenn ein sachlicher Grund dafür vorliegt und die Einschränkung verhältnismäßig ist.
Ebenso wie bei der grundsätzlichen Entscheidung über die Erteilung einer Erlaubnis zur Kindertagespflege
handelt es sich auch bei der Entscheidung über die Erteilung einer Erlaubnis, die (nur) zur Kindertagespflege
von weniger als 5 gleichzeitig anwesenden fremden Kindern befugt, um eine gebundene Maßnahme, sie ist
nicht in das Ermessen der zuständigen Behörde gestellt.
Im Hinblick auf die bundesrechtlich geregelte Zahl der Kinder, die eine Tagespflegeperson betreuen darf, kommt
die generelle verbindliche Festlegung eines anderen, wenn auch fachlich empfohlenen Betreuungsschlüssels
nicht in Betracht.
Tenor
Soweit die Beteiligten übereinstimmend den Rechtsstreit für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren
eingestellt.
Der Bescheid des Beklagten vom 13.08.2015 wird aufgehoben, soweit dieser Einschränkungen der Erlaubnis
zur Kindertagespflege hinsichtlich der Zahl der betreuten Kinder unter drei Jahren beinhaltet.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
1 Die Kläger wenden sich gegen die Anordnung eines Betreuungsschlüssels für Kinder unter drei Jahren in
Erlaubnissen zur Kindertagespflege nach § 43 SGB VIII.
2 Die Kläger betreiben seit 2008 in W... die „Großtagespflegestelle ... Mit Bescheid vom 09.06.2008 wurde der
Klägerin eine bis zum 31.05.2013 gültige Pflegerlaubnis für die Betreuung von bis zu fünf Kindern erteilt
(VAS 43). Mit weiterem Bescheid vom 29.07.2008 wurde dem Kläger eine bis zum 28.07.2013 gültige
Pflegerlaubnis für die Betreuung von bis zu fünf Kindern erteilt (VAS 47).
3 Mit Bescheid vom 06.02.2009 (VAS 67) erhielten die Kläger eine bis zum 06.02.2014 gültige Erlaubnis zur
Kindertagespflege für bis zu sieben gleichzeitig anwesende und maximal neun angemeldete Kinder.
4 Mit Schreiben vom 25.09.2013 (VAS 225) beantragten die Kläger die Verlängerung der „gleichen
Pflegerlaubnis ohne Alterseinschränkung“ und stellten mit Schreiben vom 19.12.2013 (VAS 233) das
Betriebskonzept der „Großtagespflegestelle ...“ im Einzelnen vor.
5 Unter dem 06.02.2014 bzw. dem 11.02.2014 beantragten die Klägerin und der Kläger jeweils die Erteilung
einer Kindertagespflegerlaubnis für fünf gleichzeitig anwesende Kinder.
6 Mit Bescheid vom 04.04.2014 (VAS 345) wurde den Klägern eine bis zum 04.02.2019 gültige Pflegerlaubnis
für die Betreuung von sieben maximal gleichzeitig anwesenden, insgesamt jedoch höchstens neun
angemeldeten Kindern erteilt mit der Maßgabe, dass bei Kindern unter drei Jahren entsprechend den
Empfehlungen der „Deutschen Liga für das Kind“ und der Bundesarbeitsgemeinschaft der
Landesjugendämter folgender Betreuungsschlüssel einzuhalten sei:
7
1:2 (Kinder im 1. Lebensjahr)
1:3 (Kinder im Alter von 1 bis 2 Jahren)
1:5 (Kinder im Alter zwischen 2 und 3 Jahren)
8 Im Falle von altersgemischten Gruppen sei die Zahl entsprechend einer Übersicht des Betreuungsschlüssels
anzupassen (VAS 373). Bei Kindern mit besonderen Bedürfnissen (z.B. Behinderung) sei die Zahl
entsprechend anzupassen.
9 Hiergegen legten die Kläger am 06.05.2015 Widerspruch ein (VAS 385) und trugen vor: Bloße
Empfehlungen, die nicht vom Gesetzgeber stammten, könnten nicht in einer Auflage Berücksichtigung
finden. Es sei ausschließlich Aufgabe des Gesetzgebers, die Voraussetzungen, die zur Erlaubnis der
Kindertagespflege notwendig seien, festzulegen und zu formulieren.
10 Mit Widerspruchsbescheid vom 24.07.2014 (VAS 423) wies das Landratsamt Emmendingen den Widerspruch
zurück und führte aus: Die Zahl der gleichzeitig betreuten Kinder und die Zahl der höchstmöglichen
Betreuungsverhältnisse könnten eingeschränkt werden, wenn das Wohl der betreuten Kinder nicht
gewährleistet wäre. Hinsichtlich der gleichzeitigen Betreuung von Kindern unter drei Jahren seien
besondere Bedürfnisse dieser Kindergruppe zu berücksichtigen. Daher müssten zur Sicherung des Wohls des
Kindes die Gesamtzahl der gleichzeitig anwesenden Kinder in dieser Altersgruppe begrenzt werden. Da die
Verwaltungsvorschrift Kindertagespflege keine näheren Angaben zur Ausgestaltung der
Nebenbestimmungen beinhalte, orientiere sich der Beklagte an den Empfehlungen der „Deutschen Liga für
das Kind“ und der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter. Mit Hilfe dieser fachlich begründeten
Empfehlungen habe das Kreisjugendamt in pflichtgemäßer Ermessensausübung die Nebenbestimmung
ausgestaltet. Alle Tagespflegepersonen seien über die zu erwartenden Beschränkungen im Herbst 2012
informiert worden, so dass ausreichend Zeit bestanden habe, sich auf die neuen Anforderungen einzustellen
und die Eltern zu informieren.
11 Am 25.08.2014 haben die Kläger zunächst gegen den Bescheid des Beklagten vom 04.04.2014 und dessen
Widerspruchsbescheid vom 24.07.2014 Klage erhoben. In der Folgezeit ergingen weitere Bescheide, die die
Kläger in das Klageverfahren einbezogen haben:
12 Mit Bescheid vom 29.09.2014 wurde der Bescheid vom 04.04.2014 über die Erlaubnis zur Kindertagespflege
mit Wirkung zum 01.10.2014 aufgehoben, da der Kläger den gemeinsamen Haushalt verlassen habe. Mit
weiterem Bescheid vom 09.10.2014 wurde der Klägerin eine bis zum 28.09.2019 gültige Pflegerlaubnis für
die Betreuung von fünf maximal gleichzeitig anwesenden, insgesamt jedoch höchstens acht angemeldeten
fremden Kindern erteilt. Des Weiteren sei der im Bescheid vom 04.04.2014 verfügte Betreuungsschlüssel
einzuhalten. Gegen diesen Bescheid wurde Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden ist.
13 Mit weiterem Bescheid vom 13.08.2015 wurde der Klägerin eine bis zum 28.09.2019 gültige Pflegerlaubnis
für die Betreuung von fünf maximal gleichzeitig anwesenden, insgesamt jedoch höchstens acht
angemeldeten fremden Kindern erteilt mit der Maßgabe, dass bei kurzfristiger krankheitsbedingter
Abwesenheit die Vertretung unter Einhaltung der Bestimmungen von Frau ... - der Tochter der Klägerin -
übernommen werden könne. Des Weiteren sei der bereits im Bescheid vom 04.04.2014 verfügte
Betreuungsschlüssel einzuhalten. Auch gegen diesen Bescheid wurde Widerspruch eingelegt, über den noch
nicht entschieden ist.
14 Hinsichtlich der Klage des Klägers haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt
erklärt.
15 Die Klägerin trägt vor: Die bisherige Betreuung auf der Grundlage der Erlaubnis vom 06.02.2009 ohne
besonderen Betreuungsschlüssel sei qualitativ exzellent gewesen und nicht beanstandet worden. Der in der
Nebenbestimmung der Erlaubnis zur Kindertagespflege vom 04.04.2014 auferlegte Betreuungsschlüssel für
die Betreuung gleichzeitig anwesender Kinder unter drei Jahren sei rechtswidrig und verletzte sie in ihren
Rechten. Denn wenn eine Tagespflegeperson i.S.d. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII geeignet sei, habe sie einen
Rechtsanspruch auf Erteilung der Erlaubnis zur Betreuung von fünf Kindern. Lediglich im Einzelfall sei gemäß
§ 43 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII die Erlaubniserteilung für eine geringere Anzahl von Kindern zulässig. Eine
solche Beschränkung müsse aber einen sachlichen Grund haben und verhältnismäßig sein, weil sie einen
Eingriff in die grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit der Tagespflegeperson darstelle. Soweit nach § 43
Abs. 3 Satz 2 SGB VIII die Erlaubnis im Einzelfall für eine geringere Zahl von Kindern erteilt werden könne,
handele es sich um ein Regel-Ausnahme-Verhältnis. Eine generelle, pauschale Einschränkung von
Pflegeerlaubnissen sei vom Wortlaut des Gesetzes nicht gedeckt und damit unzulässig. Die Behörde könne
daher nur im Einzelfall die Erlaubnis für eine geringere Anzahl Kinder erteilen. Sachliche Gründe für eine
Einschränkung seien daher in erster Linie vor dem Hintergrund der Wahrung des Kindeswohls zu sehen.
Gegen die grundsätzliche Ansicht, dass bei jüngeren Kindern um so mehr eine individuelle, achtsame und
unterstützende Begleitung erforderlich sei und die familiäre Betreuung als charakteristisches Merkmal der
Kindertagespflege aufrecht erhalten werden solle, sowie dass bei akuten Notfällen die
Kindertagespflegeperson in Bezug auf das „Notfall-Kind“ und die anderen Kinder handlungsfähig sein müsse,
bestünden seitens der Kläger grundsätzlich keine Einwendungen. Jedoch seien sämtliche angeführten
Aspekte in ihrer Kindertagespflegestelle auch ohne Betreuungsschlüssel erfüllt. Dass dies nicht der Fall sei,
trage der Beklagte auch nicht vor, er wende aber ohne Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse den
Betreuungsschlüssel an. Eine etwaige Einschränkung der Pflegeerlaubnis müsse aber auch verhältnismäßig
sein. Dies sei der Fall, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhe, die durch ausreichende Gründe
des Gemeinwohls gerechtfertigt sei. Die Ausgestaltung des Berufes müsse aber auch so möglich sein, dass
die Existenzsicherung der Tagespflegeperson nicht von vornherein vereitelt werde. Vorliegend sei der
Beklagte überhaupt nicht auf die in ihrer Kindertagespflegestelle vorliegenden und nicht bestrittenen
qualitativen und fachlichen Gegebenheiten eingegangen, sondern habe pauschal durch die Auferlegung
eines Betreuungsschlüssels für Kinder unter drei Jahre die Erlaubnis eingeschränkt. Da hierfür indes keine
Gründe vorlägen, sei der Betreuungsschlüssel in der Erlaubnis vom 04.04.2014 aufzuheben.
16 Die Klägerin Ziff. 1 beantragt zuletzt,
17 den Bescheid des Beklagten vom 13.08.2015 aufzuheben, soweit dieser Einschränkungen der Erlaubnis zur
Kindertagespflege hinsichtlich der Zahl der betreuten Kinder unter drei Jahren beinhaltet.
18 Der Beklagte beantragt,
19 die Klage abzuweisen.
20 Zur Begründung trägt er vor: Die von der Klägerin vorgetragenen Einschränkungen der Berufsfreiheit lägen
seines Erachtens nicht vor. Es werde davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber in § 43 SGB VIII bewusst
keine exakte Regelung im Hinblick auf den Betreuungsschlüssel vorgegeben habe. Es handele sich vielmehr
um eine Regelungslücke, die der Ausgestaltung bedürfe. Davon sei in Form des Erlasses einer
Nebenbestimmung Gebrauch gemacht worden. Die weiteren Einlassungen bzgl. einer pauschalen
Bewertung seien nicht nachvollziehbar.
21 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Schriftsätze der
Beteiligten sowie der dem Gericht vorliegenden Verwaltungsakten des Beklagten (ein Band) verwiesen.
Entscheidungsgründe
22 Soweit die Beteiligten übereinstimmend den Rechtsstreit für erledigt erklärt haben, war das Verfahren
einzustellen.
23 Die Klage ist im Übrigen zulässig und begründet. Der (aktuelle) Bescheid des Beklagten vom 13.08.2015 ist
rechtswidrig, soweit Einschränkungen hinsichtlich der Zahl der betreuten Kinder unter drei Jahren
beinhaltet. Insoweit wird die Klägerin auch in ihren Rechten verletzt (113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24 Nach § 43 Abs. 1 SGB VIII bedarf eine Person, die - wie hier - ein Kind oder mehrere Kinder außerhalb des
Haushalts des Erziehungsberechtigten während eines Teils des Tages und mehr als 15 Stunden wöchentlich
gegen Entgelt länger als drei Monate betreuen will, der Erlaubnis. Nach § 43 Abs. 2 SGB VIII ist die Erlaubnis
zur Kindertagespflege zu erteilen, wenn die Person für die Kindertagespflege geeignet ist. Geeignet sind
Personen, die sich durch ihre Persönlichkeit, Sachkompetenz und Kooperationsbereitschaft mit
Erziehungsberechtigten und anderen Tagespflegepersonen auszeichnen und über kindgerechte
Räumlichkeiten verfügen.
25 Die Klägerin ist unstreitig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VIII sowohl hinsichtlich ihrer Person, Ausbildung als
auch der zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten geeignet. Sie hat damit - auch das ist zwischen den
Beteiligten unstreitig - grundsätzlich einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis.
26 Eine Erlaubnis zur Kindertagespflege nach § 43 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII ermächtigt regelmäßig zur Betreuung
von bis zu fünf gleichzeitig anwesenden fremden Kindern. § 43 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII formuliert insoweit
ein Regel-Ausnahmeverhältnis in der Weise, dass - im Hinblick auf eine Einschränkung der sich aus Art. 12
Abs. 1 Satz 2 GG ergebenden Berufsfreiheit der Betreuungsperson und auch zur Sicherung eines
hinreichenden Angebots an Betreuungsplätzen - eine Beschränkung auf weniger als fünf Kinder nur im
besonderen Einzelfall möglich ist, wenn ein sachlicher Grund dafür vorliegt und die Einschränkung
verhältnismäßig ist (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25.02.2013 - 12 A 56/13 -, juris, Rdnr. 23 ff.; VG
Düsseldorf, Urteil vom 31.10.2012 - 19 K 959/11 -, juris, Rdnr. 37 ff.).
27 § 43 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII sieht zwar vor, dass im Einzelfall die Erlaubnis für eine geringere Zahl von
Kindern erteilt werden kann. Ein derartiger Einzelfall liegt jedoch bei der Klägerin nicht vor. Eine
Einschränkung der Zahl der Kinder ist zulässig, wenn sachliche Gründe bestehen und die Einschränkung
verhältnismäßig ist. Ob ein Grund von der Behörde zu Recht herangezogen wird, unterliegt dabei voller
verwaltungsgerichtlicher Überprüfung. Denn ebenso wie bei der grundsätzlichen Entscheidung über die
Erteilung einer Erlaubnis zur Kindertagespflege handelt es sich auch bei der Entscheidung über die Erteilung
einer Erlaubnis, die (nur) zur Kindertagespflege von weniger als fünf gleichzeitig anwesenden fremden
Kindern befugt, um eine gebundene Maßnahme; sie ist nicht in das Ermessen der zuständigen Behörde
gestellt (OVG NRW, Beschluss vom 25.02.2013 - 12 A 56/13 -, juris, Rdnrn. 2, 11, 29).
28 Aus den Empfehlungen der Deutschen Liga für das Kind und der Bundesarbeitsgemeinschaft der
Landesjugendämter ergibt sich nichts anderes. Dabei handelt es sich um fachliche Empfehlungen, denen
keine (rechts-)gestaltende Wirkung zukommt. Insbesondere im Hinblick auf die bundesrechtlich geregelte
Zahl der Kinder, die eine Tagespflegeperson betreuen darf, kommt die generelle verbindliche Festlegung
eines anderen, wenn auch fachlich empfohlenen Betreuungsschlüssels nicht in Betracht (VG München, Urteil
vom 27.10.2010 - M 18 K 10.446 -, juris, Rdnr. 19; vgl. so auch DIJuF Rechtsgutachten vom 14.10.2015,
Das Jugendamt 2016, 20).
29 Sonstige Gründe für den angeordneten Betreuungsschlüssel sind nicht ersichtlich:
30 Nach Ziff. 1.2.d) der auf der Grundlage von § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Kindertagesbetreuungsgesetzes - KiTaG -
vom 19.03.2009 (GBl. S. 161) erlassenen Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Kultus, Jugend und
Sport zur Kindertagespflege vom 12.12.2013 (GABl. 2013, S. 650) kann eine Einschränkung im Hinblick auf
das Wohl der Kinder insbesondere dann erfolgen, wenn die Räume nur für die Betreuung einer geringeren
Zahl von Kindern geeignet sind. Dies kann zwar grundsätzlich einen sachlichen Grund für eine
Einschränkung darstellen (vgl. VG München, Urteil vom 27.10.2010 - M 18 K 10.446 -, juris, Rdnr. 19).
Hierfür ist indes hinsichtlich der Räume der Klägerin nichts dargetan und auch nichts ersichtlich.
31 Auch bei zu befürchtender Überforderung der Tagespflegeperson kann eine Beschränkung gerechtfertigt
sein. Im Hinblick darauf, dass die Regel die Erteilung der Erlaubnis für fünf Kinder ist, ist eine Beschränkung
jedoch nur ausnahmsweise möglich. Im Hinblick auf den eindeutigen gesetzgeberischen Willen (im Interesse
der Schaffung von Betreuungsmöglichkeiten für Kinder) kann daher nicht durch Heranziehung von
Betreuungsschlüsseln für Tageseinrichtungen eine allgemeine Einschränkung je nach Alter der Kinder
erfolgen (vgl. VG München, Urteil vom 27.10.2010 - M 18 K 10.446 -, juris, Rdnr. 19). Eindeutig sieht das
Gesetz auch vor, dass eigene Kinder nicht für die Ermittlung der zulässigen Anzahl von Kindern
berücksichtigt werden dürfen. Die Erlaubnis nach § 43 SGB VIII ist auch, wie ausgeführt, nicht auf das
einzelne Kind bezogen, sondern auf die Person der Tagespflegeperson. Dies liegt auch im Interesse der
erwarteten Flexibilität der Tagespflegeverhältnisse (vgl. LPK-SGB VIII § 43 RdNr. 19; vgl. VG München, Urteil
vom 27.10.2010 - M 18 K 10.446 -, juris, Rdnr. 19). Ersichtlich besteht aber auch insoweit bei keinem der
von der Klägerin betreuten Kinder ein maßgeblicher erhöhter Förderbedarf oder eine atypische Belastung
durch die eigenen Kinder der Klägerin.
32 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Das Verfahren ist
gerichtskostenfrei (§ 188 Satz 2 VwGO).
33 Es besteht kein Anlass, das Urteil wegen der Kostenentscheidung gem. § 167 Abs. 2 VwGO für vorläufig
vollstreckbar zu erklären.
34 Der Antrag der Klägerin, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu
erklären, ist zulässig und begründet. Die Voraussetzungen, unter denen die Hinzuziehung eines
Bevollmächtigten im Vorverfahren nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO anerkannt werden kann, liegen vor. Bei
der Frage nach der Notwendigkeit ist maßgebend die Sicht einer verständigen, aber nicht rechtskundigen
Person (BVerwG, Urteil vom 10.04.1978 - 6 C 24.77 -, BVerwGE 55, 299 [306]). Abzustellen ist darauf, ob
sich ein vernünftiger Betroffener mit gleichem Bildungs- und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sach- und
Rechtslage eines Rechtsanwalts bedient hätte (vgl. ausführlich VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 27.06.2005
- 2 S 2844/04 -, VBlBW 2006, 69). Das ist hier der Fall. Denn die Entscheidung des Rechtsstreits hing nicht
nur vom tatsächlichen Vortrag der Klägerin, sondern vorrangig auch von der Beantwortung von
Rechtsfragen ab, deren Aufbereitung einer juristisch nicht vorgebildeten Personen nicht möglich war.
35 Die Entscheidung über die Zulassung der Berufung beruht auf § 124 a Abs. 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3
VwGO. Der Frage, ob die in § 43 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII bundesrechtlich geregelte Zahl der Kinder, die eine
Tagespflegeperson betreuen darf, generell anhand eines fachlich empfohlenen Betreuungsschlüssels
eingeschränkt werden darf, kommt grundsätzliche Bedeutung zu.