Urteil des VG Freiburg vom 29.11.2016

aeuv, grundversorgung, rückforderung, zuschuss

VG Freiburg Urteil vom 29.11.2016, 3 K 2814/14
Anspruch eines Beihilfeberechtigten gegenüber der Zuschussbehörde auf Rückforderung einer
wegen Verstoßes gegen Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV rechtswidrigen Beihilfe für die Erbringung
von Breitbanddiensten von einem Konkurrenten
Leitsätze
Der Konkurrent eines Beihilfeempfängers hat einen Anspruch auf verzinste Rückzahlung einer wegen Verstoßes
gegen das Durchführungsverbot (Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV) rechtswidrigen Beihilfe, wenn er von der
dadurch hervorgerufenen Wettbewerbsverzerrung betroffen ist. Am Auswahlverfahren für die Gewährung der
Beihilfe muss er sich nicht beteiligt haben.
Eine unzureichende Breitbandgrundversorgung im Sinne des EU-Beihilfrechts ("weiße Flecken") ist bereits dann
anzunehmen, wenn das Angebot nicht 100 Prozent der Bürger in dem zu versorgenden Gebiet erreicht.
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 30.04.2014 wird aufgehoben und die Beklagte wird verpflichtet, den Zuschuss
für die Erbringung von Breitbanddiensten in der Gemeinde ... für die Ortsteile B. und E. (Siedlung und
Gewerbegebiet), den sie der Beigeladenen bewilligt hat, von dieser zurückzufordern, und zwar nebst Zinsen in
Höhe von
a) 1,53 Prozentpunkten pro Jahr aus dem Betrag von 75.000 EUR für den Zeitraum vom 25.07.2014
bis zum 24.07.2015;
b) 1,22 Prozentpunkten pro Jahr aus dem Betrag von 75.000 EUR und dem Zinsbetrag nach lit. a) für
den Zeitraum vom 25.07.2015 bis zum 24.07.2016;
c) 0,99 Prozentpunkten pro Jahr aus dem Betrag von 75.000 EUR und aus den Zinsbeträgen nach lit.
a) und lit. b) seit dem 25.07.2016;
d) 1,53 Prozentpunkten pro Jahr aus dem Betrag von 40.000 EUR für den Zeitraum vom 16.09.2014
bis 15.09.2015;
e) 1,17 Prozentpunkten pro Jahr aus dem Betrag von 40.000 EUR und aus dem Zinsbetrag nach lit. d)
für den Zeitraum vom 16.09.2015 bis 15.09.2016;
f) 0,97 Prozentpunkten pro Jahr aus dem Betrag von 40.000 EUR und aus den Zinsbeträgen nach lit. d)
und lit. e) seit dem 16.09.2016;
g) 1,44 Prozentpunkten pro Jahr aus dem Betrag von 35.000 EUR für den Zeitraum vom 04.11.2014
bis zum 03.11.2015;
h) 1,17 Prozentpunkten pro Jahr aus dem Betrag von 35.000 EUR und aus dem Zinsbetrag nach lit. g)
für den Zeitraum vom 04.11.2015 bis zum 03.11.2016;
i) 0,95 Prozentpunkten pro Jahr aus dem Betrag von 35.000 EUR und aus den Zinsbetragen nach lit. g)
und lit. h) seit dem 04.11.2016.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
1 Die Klägerin wendet sich gegen die Gewährung eines Zuschusses der Beklagten an die Beigeladene.
2 Die Beklagte strebt die Verbesserung der Breitbandversorgung in ihren Ortsteilen B. und E. an. Die Klägerin
und die Beigeladene sind im Breitbandportal des Bundesministeriums der Wirtschaft registrierte
Anbieterinnen und Betreiberinnen von Breitbandanschlüssen.
3 Am 30.08.2013 kündigte die Beklagte in ihrem Amts- und Mitteilungsblatt an, sich um einen Zuschuss von
Landesmitteln bewerben zu wollen, mit dem eine Verbesserung der Breitbandversorgung in den Ortsteilen
B. und E. durch Förderung eines Anbieters erzielt werden könne. Voraussetzung hierfür sei, dass ein
konkreter Nachweis für eine fehlende Grundversorgung (unter 2 Mbit/s Download) erbracht werde. Im
Rahmen der erforderlichen Marktanalyse würden daher alle Haushalte in den Ortsteilen B. und E. einen
Fragebogen zur Ermittlung des Bestandes und des Bedarfes der Breitbandversorgung erhalten.
4 Mit Schreiben vom selben Tag forderte die Beklagte potentielle Anbieter auf, bis spätestens zum 30.09.2013
rechtsverbindlich mitzuteilen, ob sie innerhalb der nächsten drei Jahre die Siedlung B. bzw. E. mit einer
flächendeckenden Grundversorgung erschließen wollten. Sollte eine entsprechende Absicht bestehen,
könnten ein Unternehmensplan nebst detailliertem Zeitplan für den Netzausbau und Belege für adäquate
Finanzierung oder sonstige Nachweise gefordert werden, die belegten, dass die geplanten Investitionen
glaubhaft und plausibel seien. Dabei müssten erhebliche Fortschritte bei der Breitbandabdeckung innerhalb
des Dreijahreszeitraums sowie der Abschluss der geplanten Investition in einer angemessenen Frist
vorgesehen sein. Sofern dieser Aufforderung nicht nachgekommen oder das Vorhaben nicht plausibel belegt
werde, sei die Ankündigung nicht zu berücksichtigen. Sollte der Ausbau im Rahmen dieser Abfrage
angekündigt und/oder die Sicherstellung der Breitbandabdeckung zur flächendeckenden Grundversorgung
bestätigt werden, so sei dies für den Anbieter verbindlich.
5 Die Beigeladene erklärte daraufhin mit Schreiben vom 03.09.2013, dass sie einen Ausbau in den nächsten
drei Jahren in den Ortsteilen B. und E. nicht beabsichtige.
6 Die Klägerin legte mit Schreiben vom 04.09.2013 ein Angebot bezüglich der Breitbandversorgung im Ortsteil
E. vor. Eine Versorgung der Bürger mit schnellem Internet sei jederzeit sofort möglich. Weitere Kosten
würden nicht anfallen, da die Infrastruktur bereits existiere. Seit Juli 2010 werde der Ortsteil über eine
Funkantenne versorgt. Derzeit erreiche man rund 98 Prozent aller Haushalte in E. Bei diesen seien sofort
Übertragungsraten bis zu 16 Mbit/s im Download und 6 Mbit/s im Upload möglich. Es sei jederzeit möglich,
die Geschwindigkeit der Anbindung durch weitere Antennen an zusätzlichen Standorten zu erhöhen. Ein
Angebot bezüglich der Breitbandversorgung im Ortsteil B. legte die Klägerin nicht vor. Jedoch erklärte eine
andere Anbieterin mit Schreiben vom 15.09.2013, dass sie in B. mit ihrer Funktechnik bereits etwa 98
Prozent aller Haushalte erreiche.
7 In der Marktanalyse vom 01.10.2013 kam die Beklagte zu dem Ergebnis, dass die Mindestanzahl an
unterversorgten Haushalten für E. und für B. nachgewiesen werden könne. Die Auswertung der Fragebögen
in Bezug auf die derzeitige Versorgung im Ortsteil B. habe ergeben, dass 76,8 % der Befragten eine
Versorgung mit weniger als 2 Mbit/s (Download) und 15,6 % eine Versorgung mit mehr als 2 Mbit/s
(Download) hätten; 7,4 % hätten keine Angaben gemacht. Insgesamt 58 Haushalte und damit 61,4 % der
Befragten hätten den Wunsch nach einer Versorgung von mehr als 2 Mbit/s beim Download angegeben. Die
Auswertung der Fragebögen in Bezug auf die derzeitige Versorgung im Ortsteil E. habe ergeben, dass 68,6
% der Befragten eine Versorgung mit weniger als 2 Mbit/s (Download) und 15,7 % eine Versorgung mit
mehr als 2 Mbit/s (Download) hätten; 15,7 % hätten keine Angaben gemacht. Insgesamt 41 Haushalte und
damit 57,1 % der Befragten hätten den Wunsch nach einer Versorgung von mehr als 2 Mbit/s beim
Download angegeben. Die Rückmeldung der Anbieter habe zum Ergebnis geführt, dass derzeit keine
flächendeckende Versorgung, d.h. ohne weiteren Ausbau, geboten und auch keine konkreten Ausbaupläne
innerhalb der nächsten drei Jahre ohne Beteiligung in Aussicht gestellt werden könnten.
8 Daraufhin veröffentlichte die Beklagte in ihrem Amts- und Mitteilungsblatt am 11.10.2013 und auf ihrer
Homepage die öffentliche Bekanntmachung über die Absicht zur Gewährung einer Beihilfe in Form einer
Zuwendung zur Schließung der Wirtschaftlichkeitslücke in Höhe von maximal 150.000 Euro zur Schaffung
einer flächendeckenden Breitbandversorgung für die Ortsteile B. und E. Die Erkundung des örtlichen
Breitbandmarktes habe ergeben, dass ohne die Gewährung einer Beihilfe kein Breitbandanbieter gefunden
werden könne. Alle interessierten Anbieter von Breitbanddienstleistungen seien aufgefordert, ein Angebot
unter Beachtung der nachfolgend genannten Kriterien bis zum 09.12.2013 abzugeben. Wesentliche
Leistungskriterien seien
9
- „Die räumliche und flächendeckende Abdeckung der unter- bzw. unversorgten Bereiche.
- Der Versorgungsbedarf besteht für eine flächendeckende Grundversorgung der Haushalte mit 2 Mbit/s
Download. (…)
- Die Versorgung soll spätestens 6 Monate ab Zuschlagserteilung sichergestellt sein.
- Die Breitbandversorgung ist nicht an eine bestimmte Übertragungstechnik gebunden (technikneutral). In
allen unter- bzw. unversorgten Bereichen des Versorgungsgebiets muss jedoch eine Grundversorgung von 2
Mbit/s im Download garantiert werden.
- (…)“
10 Bedingungen der Beihilfegewährung seien, das für das Wertungsverfahren anzugebende Tarifmodell für die
Dauer von zwei Jahren beizubehalten und die Versorgung mindestens für die Dauer von sieben Jahren zu
erhalten. Die Höhe der Zuwendung orientiere sich an der anzugebenden Wirtschaftlichkeitslücke, wobei die
Zuwendung auf eine Höhe von maximal 150.000 Euro beschränkt sei. Die Zuschlagserteilung erfolge für das
unter Berücksichtigung aller Umstände jeweils wirtschaftlichste Angebot. Es werde darauf hingewiesen,
dass eine Mehr- oder Minderleistung hinsichtlich des Auswahlgegenstandes außerhalb der bekannt
gegebenen Wertungskriterien nicht berücksichtigt werden könne. „Zuschlags- und Bindefrist“ sei der
30.04.2014. Als ergänzende Vorschrift wurde die „Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Ländlichen
Raum und Verbraucherschutz zur Breitbandförderung im Rahmen der Breitbandinitiative Baden-
Württemberg II“ vom 22.05.2012 aufgeführt.
11 Mit Schreiben vom 15.10.2013 wies die Klägerin unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 04.09.2013
darauf hin, dass sie im Ortsteil E. bereits seit 2011 ca. 98 Prozent aller Haushalte mit der Grundversorgung
von mindestens 2 Mbit/s erreiche und damit eine flächendeckende Breitbandversorgung bereits existiere.
Sollte die Förderung des bereits versorgten Gebiets weiter betrieben werden, behalte man sich rechtliche
Schritte vor. Daraufhin teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 09.12.2013 mit, der mit Schreiben
vom 15.10.2013 vorgelegte Lageplan mit Kennzeichnung der Netzabdeckung durch die Klägerin sei
durchaus interessant. Um weitere Entscheidungen treffen zu können, werde um Mitteilung bzw.
Kennzeichnung der von ihr betriebenen Funk- bzw. Sendestationen (Masten, Hausantennen usw.) auf einem
entsprechenden Plan oder auf sonst geeignete Weise gebeten.
12 Am 09.12.2013 ging bei der Beklagten das Angebot der Beigeladenen vom 05.12.2013 für eine
flächendeckende Breitbandversorgung für die Ortsteile E. und B. ein, in dem die Wirtschaftlichkeitslücke mit
150.000 Euro angegeben ist.
13 Der Gemeinderat der Beklagten fasste in der öffentlichen Sitzung am 16.12.2013 den vorbehaltlichen
Vergabebeschluss zur Erteilung eines Auftrages an die Beigeladene mit einer Förderhöhe entsprechend der
nachgewiesenen Wirtschaftlichkeitslücke von 150.000 Euro. Zum Angebotsschluss am 09.12.2013 hätten
zwei Angebote - eines von der Beigeladenen und eines von der ... - vorgelegen, wovon nur das der
Beigeladenen die Voraussetzungen der Ausschreibung erfüllen könne. Der Betrag werde hälftig von der
Beklagten und hälftig vom Land Baden-Württemberg getragen. Die tatsächliche Vergabe könne erst
erfolgen, wenn das zuständige Regierungspräsidium die Freigabe im Rahmen des Zuschussprogramms
ebenfalls erteilt habe. Der Gemeinderat ermächtigte zudem die Verwaltung, den Antrag auf Förderung der
Zuwendung an den Netzbetreiber zu stellen. Die Ergebnisse der Gemeinderatssitzung - ohne Bekanntgabe
des Namens der Beigeladenen - veröffentlichte die Beklagte am 20.12.2013 in ihrem Amts- und
Mitteilungsblatt.
14 Die Klägerin beanstandete mit Schreiben vom 30.12.2013 den Gemeinderatsbeschluss. Dieser sei
rechtswidrig, weil das vorausgehende Verfahren gegen europarechtliche Beihilferegelungen verstoße. Die
Ausführung in der Marktanalyse vom 01.10.2013, wonach eine flächendeckende Versorgung in E. vom
Anbieter derzeit nicht zur Verfügung gestellt werden könne, sei falsch, da sie ca. 98 % aller Haushalte und
Gewerbetreibenden in E. mit einer Grundversorgung von mindestens 2 Mbit/s abdecke und damit eine
flächendeckende Breitbandversorgung anbiete. Die Klägerin sei zu Unrecht bei der Beschlussfassung am
16.12.2013 nicht berücksichtigt worden. Der Beschluss sei daher nichtig. Sie sei weiterhin bereit, auf der
Grundlage ihres Angebots vom 04.09.2013/15.10.2013 eine Breitbandversorgung in E. ohne eine
Inanspruchnahme von Förderung zu realisieren.
15 Mit Schreiben vom 08.01.2014 informierte die Beklagte die Beigeladene darüber, dass gemäß den
Förderrichtlinien der Anbieter den Zuschlag erhalte, der bei gleicher technischer Spezifikation die niedrigste
Beihilfe fordere. Dies treffe auf die Beigeladene zu. Die Zuschlagserteilung stehe allerdings unter dem
Vorbehalt der Prüfung und Freigabe der Beihilfe durch das zuständige Regierungspräsidium ...
Dementsprechend habe der Gemeinderat am 16.12.2013 vorerst nur eine vorbehaltliche Zuschlagserteilung
beschließen können.
16 Mit Zuwendungsbescheid vom 24.04.2014 bewilligte das Regierungspräsidium ... der Beklagten auf deren
Antrag vom 09.01.2014 einen Zuschuss im Wege der Anteilsfinanzierung zur Projektförderung für die
„Verbesserung der Breitbandinfrastruktur; Zuwendung an Netzbetreiber zur Grundversorgung für B. und E.“
in Höhe von 75.000 Euro.
17 Mit Schreiben vom 30.04.2014 teilte die Beklagte der Beigeladenen mit, dass das Regierungspräsidium den
notwendigen Zuwendungsbescheid erteilt habe, ihr nunmehr abschließend der Zuschlag erteilt werde und
damit der Ausgleich der Wirtschaftlichkeitslücke in Höhe von 150.000 Euro nach Fertigstellung der Arbeiten
gewährt werden könne. Es werde darauf hingewiesen, dass die Eckpunkte und deren Notifizierung durch die
Europäische Kommission (Staatl. Beihilfe Nr. N 368/2009 Deutschland vom 22.12.2009 K(2009) 10669
Endg.) einzuhalten seien.
18 Nach Vorlage des jeweiligen Verwendungsnachweises zahlte die Beklagte an die Beigeladene einen
Teilbetrag von 75.000 Euro am 25.07.2014, einen Teilbetrag von 40.000 Euro am 16.09.2014 und den
Restbetrag in Höhe von 35.000 Euro am 04.11.2014 aus.
19 Bereits am 10.05.2014 hat die Klägerin bei der Vergabekammer des Landes Baden-Württemberg einen
Antrag auf Nachprüfung gemäß § 107 GWB a.F. gestellt, der am 25.07.2014 zurückgewiesen wurde (1 VK
29/14). Auf die dagegen erhobene Beschwerde hat das Oberlandesgericht Karlsruhe - Vergabesenat - mit
Beschluss vom 07.11.2014 die Sache an das Verwaltungsgericht Freiburg verwiesen (15 Verg 10/14). Die
von der Beklagten ausgeschriebenen Leistungen zur Breitbandversorgung der Ortsteile B. und E. seien eine
Dienstleistungskonzession und damit kein Auftrag im Sinne von § 99 Abs. 2 bis 4 GWB a.F., der allein
Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens gemäß §§ 102 ff. GWB a.F. sein könnte.
20 Zur Begründung ihrer Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass der Zuschuss unter Verstoß
gegen EU-Beihilferecht und allgemeine Vergabegrundsätze gewährt worden sei. Sie sei befugt, aus eigenem
Recht einen Verstoß gegen das EU-Beihilferecht der Art. 106 bis 108 AEUV geltend zu machen. Nach der
Rechtsprechung des EuGH schütze Art. 108 Abs. 3 AEUV die Interessen derjenigen, die von der
Wettbewerbsverzerrung, die durch die Gewährung einer rechtswidrigen Beihilfe hervorgerufen werden,
betroffen seien. Sie stehe als Anbieterin von Breitbanddienstleistungen im unmittelbaren Wettbewerb zur
Beigeladenen und erbringe im Gemeindegebiet der Beklagten bereits im umfangreichen Maße entsprechende
Dienstleistungen. Durch die Bezuschussung des Netzausbaus der Beigeladenen würden ihre getätigten
Investitionen in E. vereitelt sowie die Chancen auf Erschließung des Marktes in B. vereitelt oder zumindest
wesentlich verschlechtert. Die Klage sei auch insoweit zulässig, als sie sich auf die Rückgewährung der
Beihilfe für den Ortsteil B. beziehe. Insoweit sei auch das Rechtsschutzbedürfnis gegeben und zwar
unabhängig davon, ob sie ein Angebot für B. abgegeben habe. Soweit die Beklagte insoweit eine andere
Auffassung vertrete, verkenne sie die Zielrichtung und die subjektiv-rechtliche Reichweite des europäischen
Beihilferechts. Das europäische Beihilferecht schütze alle Marktteilnehmer, die mit einem Beihilfeempfänger
in potentiellem Wettbewerb stünden - wie dies hier der Fall sei -, und verleihe diesen den Anspruch gegen
den Subventionsgeber auf verzinste Rückforderung beihilferechtswidrig gewährter Subventionen. Die Klage
sei auch begründet, denn die Gewährung des Zuschusses verstoße gegen europäisches Beihilfenrecht (Art.
107 Abs. 1, Art. 108 Abs. 3 AEUV) und verletze sie in ihren Rechten. Nach Art. 107 Abs. 1 AEUV seien
staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch Begünstigung
bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschten oder zu verfälschen
drohten, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten
beeinträchtigten. Der Zuschuss in Höhe von 150.000 Euro sei eine Beihilfe in diesem Sinne, denn er werde
aus staatlichen Mitteln gewährt, der Beigeladenen entstehe daraus ein wirtschaftlicher Vorteil, der den
Wettbewerb um Breitbanddienste verfälsche, und dadurch werde der Handel zwischen den Mitgliedstaaten
beeinträchtigt. Diese Beihilfe sei entgegen Art. 108 Abs. 3 AEUV nicht gegenüber der Europäischen
Kommission angezeigt und auch nicht von dieser genehmigt worden und unterfalle auch keiner
Ausnahmeregelung. Insbesondere könne der Zuschuss nicht auf eine genehmigte nationale Beihilferegelung
gestützt werden (vgl. Art. 1 lit. d) VO (EU) 1999/659), was zur Folge gehabt hätte, dass die einzelne Beihilfe
nicht isoliert geprüft und genehmigt werden müsse. Der Verweis in der Zuschlagserteilung der Beklagten
vom 30.04.2014 auf die „Staatl. Beihilfe Nr. N 368/2009 Deutschland vom 22.12.2009 K(2009) 10669
Endg.“, die den zeitlichen Geltungsbereich der von der Kommission genehmigten „Staatlichen Beihilfe N
115/2008 - Breitbandversorgung ländlicher Räume in Deutschland“ (sog. GAK-Notifizierung) bis zum
31.12.2013 ausdehne, gehe ins Leere, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorlägen. Denn eine Förderung
auf der Grundlage der GAK-Notifizierung setze den Nachweis einer unzureichenden Breitbandversorgung
voraus, woran es hier fehle. Die Angemessenheit der Breitbandversorgung betreffe die tatsächliche
Netzabdeckung (derzeit 98 % - ohne weiteres erweiterbar auf 100 %) sowie die angebotene
Breitbandgeschwindigkeit (derzeit bis 50 Mbit/s). Auch die Beigeladene betreibe ein bestehendes
Breitbandnetz in E. Im Ortsteil B. seien ebenfalls zwei Anbieter von Breitbanddienstleistungen am Markt.
Nach der Definition der Kommission lägen damit in beiden Versorgungsgebieten sog. „schwarze Flecken“-
Gebiete vor, d.h. Gebiete, in denen mindestens zwei Breitbandnetzbetreiber tätig seien. In solchen
Gebieten würden dennoch gewährte Beihilfen zu einer nicht akzeptablen Marktverzerrung führen. Sofern
die Beklagte dennoch einen Bedarf an Breitbandinfrastruktur, insbesondere Glasfaserleitungen, sehe,
verstoße sie gegen den Grundsatz der Technikneutralität. Auch nach dem Leitfaden für Kommunen zur
Förderung von Zuwendungen an Netzbetreiber zur Schließung der Wirtschaftlichkeitslücke der
Grundversorgung (Stand Juni 2012) des Landes Baden-Württemberg werde eine fehlende bzw.
unzureichende Breitbandversorgung angenommen, wenn in einem zusammenhängenden zu versorgenden
Gebiet die Datenübertragungsrate für in der Regel 25 Haushalte kleiner als 2 Mbit/s beim Herunterladen sei.
Im Versorgungsgebiet erreiche die Klägerin jedoch mit ihrem Angebot (derzeit 16 Mbit/s) alle Haushalte.
Lediglich die kommunale Recyclinganlage liege im Funkschatten, wobei sie jederzeit bereit wäre, durch
Aufbau weiterer Infrastruktur auch diese Anlage zu versorgen. Zudem wäre eine Förderung auf Grundlage
der GAK-Notifizierung nur bis zum 31.12.2013 möglich gewesen. Die Beihilfe sei aber erst mit Schreiben der
Beklagten an die Beigeladenen vom 30.04.2014 gewährt worden. Es komme insoweit nicht darauf an, dass
der Gemeinderat der Beklagten im gemeindlichen Innenverhältnis bereits am 16.12.2013 den Beschluss zur
Vergabe des Zuschusses gefasst habe. Maßgeblich sei der Zeitpunkt der Beihilfegewährung im
Außenverhältnis, also der 30.04.2014. Der Gemeinderatsbeschluss entfalte hingegen keine Rechtswirkung
nach außen. Er ermächtige lediglich die Gemeindeverwaltung zum Tätigwerden. Eine Beihilfe sei jedoch erst
gewährt, wenn sie im Außenverhältnis zugesprochen worden sei. Dieses Verständnis liege auch der
Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz zur Breitbandförderung
im Rahmen der Breitbandinitiative Baden-Württemberg II vom 22.05.2012 (VwV-Breitbandförderung) zu
Grunde, nach der die Gewährung der Beihilfe durch Vertragsabschluss erst erfolgen dürfe, wenn die
Bewilligung für die Förderung erteilt worden sei (vgl. Ziff. 7.1.3, 7.6.4 VwV-Breitbandförderung). Sowohl das
Bestehen als auch der Umfang einer Beihilfe müssten aber zum Zeitpunkt ihrer Gewährung beurteilt
werden. Der Zuschlag sei hier jedoch erst am 30.04.2014 und damit vier Monate nach Ablauf der Gültigkeit
der GAK-Notifizierung erteilt worden. Darüber hinaus sei die von der Beklagten genannte VwV-
Breitbandförderung, die u.a. die GAK-Notifizierung umsetze, keine taugliche Grundlage, da diese
Verwaltungsvorschrift ausschließlich das Verhältnis Land - Gemeinde, nicht aber das Verhältnis Gemeinde -
Anbieter von Breitbanddienstleistungen betreffe. Da auch keine andere Ausnahmeregelung greife, hätte der
Zuschuss nach Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV nicht ohne Freigabe durch die Kommission gewährt werden
dürfen, so dass die Auszahlung ein rechtswidriges, hoheitliches Handeln darstelle. Darüber hinaus verstoße
das von der Beklagten durchgeführte Vergabeverfahren gegen europäische Vergabegrundsätze. Der
Europäische Gerichtshof habe aus den Grundregeln des AEUV - Verbot der Diskriminierung,
Gleichbehandlungsgrundsatz, Transparenzgebot - Anforderungen an die Vergabe von Konzessionen
entwickelt, denen das Vergabeverfahren der Beklagten nicht genüge. Die Beklagte habe nicht transparent
gemacht, was sie unter einer flächendeckenden Versorgung verstehe. Diese habe sie nicht informiert, dass
sie die von ihr angebotene 98 %ige Versorgung für unzureichend halte und auch keine Nachfrage gestellt,
wo die Lücke bestehe und wie sie geschlossen werden könne. Die Beklagte habe ihr Angebot vom
04.09.2013 ignoriert und erst mit Schreiben vom 09.12.2013 um zusätzliche Erläuterungen gebeten,
obwohl bereits an diesem Tag die Angebotsfrist abgelaufen sei. Ihr sei das Schreiben erst am 16.12.2013,
also am Tag des Gemeinderatsbeschlusses über die Zuschusserteilung, zugegangen. Damit sei ihr eine
Konkretisierung ihres Angebots praktisch unmöglich gemacht worden. Die Auszahlung des Zuschusses
verletze sie in ihren subjektiven Rechten, da sie in direktem Konkurrenzverhältnis mit der Beigeladenen
stehe, diese durch den Zuschuss einen erheblichen Wettbewerbsvorteil erhalte und sie dadurch aus dem
Markt gedrängt zu werden drohe. Auch durch die Verstöße gegen das Transparenzgebot und das
Diskriminierungsverbot werde sie in eigenen Rechten verletzt. Sie habe einen Anspruch darauf, dass die
Beklagte den Zuschuss, soweit er bereits ausgezahlt sei, in der gezahlten Höhe einschließlich Zinsen
zurückfordere, um den ursprünglich rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen. Entscheide die EU-
Kommission nach Prüfung einer rechtswidrigen Beihilfe, dass die Beihilfe zurückzugewähren sei, so umfasse
die zurückzufordernde Beihilfe gemäß Art. 14 Abs. 2 der EU-Beihilfeverordnung (VO[EG] Nr. 649/1999)
Zinsen. Dasselbe gelte, wenn eine rechtswidrige Beihilfe ohne Kommissionsentscheidung zurückzugewähren
sei, weil sie der EU-Kommission nicht angezeigt worden sei. Der Zinsberechnung seien die maßgeblichen
Vorschriften bei negativer Kommissionsentscheidung zugrunde zu legen. Der maßgebliche Zinssatz sei nach
Art. 9 Abs. 1 UAbs. 1 der Beihilfeverfahrensdurchführungsverordnung VO (EG) Nr. 794/2004 ein für jedes
Kalenderjahr bestimmter effektiver Jahreszins.
21 Die Klägerin beantragt,
22 den Bescheid der Beklagten vom 30.04.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Zuschuss
für die Erbringung von Breitbanddiensten in der Gemeinde ... für die Ortsteile B. und E. (Siedlung und
Gewerbegebiet), den sie der Beigeladenen bewilligt hat, von dieser vollständig zurückzufordern, und zwar
nebst Zinsen in Höhe von
23 a) 1,53 Prozentpunkten pro Jahr aus dem Betrag von 75.000 EUR für den Zeitraum vom 25.07.2014 bis
zum 24.07.2015;
b) 1,22 Prozentpunkten pro Jahr aus dem Betrag von 75.000 EUR und dem Zinsbetrag nach lit. a) für den
Zeitraum vom 25.07.2015 bis zum 24.07.2016;
c) 0,99 Prozentpunkten pro Jahr aus dem Betrag von 75.000 EUR und aus den Zinsbeträgen nach lit. a)
und lit. b) seit dem 25.07.2016;
d) 1,53 Prozentpunkten pro Jahr aus dem Betrag von 40.000 EUR für den Zeitraum vom 16.09.2014 bis
15.09.2015;
e) 1,17 Prozentpunkten pro Jahr aus dem Betrag von 40.000 EUR und aus dem Zinsbetrag nach lit. d) für
den Zeitraum vom 16.09.2015 bis 15.09.2016;
f) 0,97 Prozentpunkten pro Jahr aus dem Betrag von 40.000 EUR und aus den Zinsbeträgen nach lit. d)
und lit. e) seit dem 16.09.2016;
g) 1,44 Prozentpunkten pro Jahr aus dem Betrag von 35.000 EUR für den Zeitraum vom 04.11.2014 bis
zum 03.11.2015;
h) 1,17 Prozentpunkten pro Jahr aus dem Betrag von 35.000 EUR und aus dem Zinsbetrag nach lit. g) für
den Zeitraum vom 04.11.2015 bis zum 03.11.2016;
i) 0,95 Prozentpunkten pro Jahr aus dem Betrag von 35.000 EUR und aus den Zinsbetragen nach lit. g)
und lit. h) seit dem 04.11.2016.
24 Die Beklagte beantragt,
25 die Klage abzuweisen.
26 Zur Begründung trägt sie vor, die Klage sei teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet. Soweit die
Klägerin die Rückforderung der gesamten Beihilfe begehre, liege kein Rechtsschutzbedürfnis vor, da sie sich
mit ihrem Schreiben vom 04.09.2013 lediglich zur Breitbandversorgung in E., nicht jedoch zur
Breitbandversorgung in B. gemeldet habe. Das Rechtsmittel könne ihr daher betreffend die Versorgung in B.
keinen rechtlichen oder tatsächlichen Vorteil bringen. Die Klage sei jedenfalls unbegründet, da die
Beihilfegewährung rechtmäßig sei. Die Beklagte habe das Verfahren unter Einhaltung der beihilferechtlichen
Verfahrensvorschriften durchgeführt. Sie habe umfassend die VwV-Breitbandförderung und den auf Ziff. 6.1
der VwV gestützten Leitfaden für Kommen zur Förderung von Zuwendungen an Netzbetreiber zur
Schließung der Wirtschaftlichkeitslücke in weißen Flecken der Grundversorgung beachtet. Die
Verwaltungsvorschrift stütze sich auf unionsrechtliche Rechtsgrundlagen (GAK-Notifizierung). Die
Anwendung der Beihilfe N 368/2009 (GAK-Notifizierung) scheitere nicht daran, dass die notwendigen
Infrastrukturarbeiten und die Auszahlung der Beihilfe erst 2014 erfolgt seien. Denn das Verfahren sei 2013
eingeleitet und mit der Entscheidung des Gemeinderats über die Vergabe vorbehaltlich des
Zuwendungsbescheids des Regierungspräsidiums auch 2013 beendet worden. Die Marktanalyse habe den
Nachweis weißer Flecken in der Grundversorgung erbracht. Im ersten Schritt der Marktanalyse sei zu
ermitteln gewesen, ob quantitative und/oder qualitative Mängel in der Breitbandversorgung bestünden.
Nach Ziffer 3 der Einleitung des Leitfadens für Kommen werde dies angenommen, wenn in einem
zusammenhängenden zu versorgenden Gebiet die Datenübertragungsrate für in der Regel 25 Haushalte
bisher kleiner als 2 Mbit/s beim Herunterladen sei (flächendeckende Grundversorgung). Zu ermitteln sei
damit der Ist-Stand der Versorgung. Dies sei durch die Befragung der Haushalte und Gewerbetreibenden
sowie die Befragung der Breitbandanbieter erfolgt, die sowohl durch Veröffentlichung im Amtsblatt sowie
durch postalische Befragung bekannt gemacht worden sei. Die Haushalts- und Gewerbetreibendenbefragung
in E. habe einen hohen Rücklauf von 70 Fragebögen bei 127 Haushalten/Gewerben. 68,6 % (48
Haushalte/Gewerbe) hätten eine Versorgung von weniger als 2 Mbit/s beim Downloaden und wünschten
sich eine Verbesserung der Versorgung. Dementsprechend lägen die Voraussetzungen der quantitativen
und/oder qualitativen Mängel in der Breitbandversorgung von mindestens 25 Haushalten sowie einem land-
/forstwirtschaftlichen Betrieb (...) vor. Es komme nicht auf eine rein definitorische bzw. hypothetische
Versorgung, sondern auf den Ist-Stand an. So würde es beispielsweise bei einer rein definitorischen
Betrachtung überhaupt nie einen weißen Fleck bei der Breitbandgrundversorgung geben, weil jedenfalls
Internetangebote über Satellit von jedem Ort und Haushalt möglich seien. Die Marktanalyse habe gezeigt,
dass die Klägerin es trotz einer angeblich seit 2011 bestehenden 98 %igen Flächendeckung nicht geschafft
habe, den Bedarf der Haushalte/Gewerbe nach einer Breitbandgrundversorgung zu befriedigen. Vor der
Durchführung der Marktanalyse habe es Beschwerden aus der Bevölkerung bezüglich der mangelnden
Breitbandgrundversorgung gegeben. Soweit die Klägerin im Rahmen der Anbieterbefragung mit Schreiben
vom 04.09.2013 erklärt habe, es bestehe bereits eine Versorgung von rund 98 % aller Haushalte in E.,
erfülle dies nicht die angefragte flächendeckende 100 %ige Grundversorgung. Dieses Ergebnis sei der
Klägerin auch mit E-Mail vom 31.10.2013 mitgeteilt worden. Zudem habe die Klägerin in keiner Weise ihre
Angaben verifiziert und nachgewiesen. Auch auf das Schreiben vom 09.12.2013 habe die Klägerin eine
Kennzeichnung der betriebenen Funk- bzw. Sendestationen auf einem Plan oder in sonst geeigneter Weise
nicht vorgelegt. Neben dem Nachweis einer mangelnden Grundversorgung durch die Marktanalyse
bestünden aufgrund der topographischen Gegebenheiten und des Bewuchses (Waldsaum) zudem erhebliche
Zweifel an der Richtigkeit der Angaben der Klägerin. Auch die nunmehr vorgelegte Übersicht über die
Netzabdeckung sei zum Zwecke des Nachweises völlig untauglich, da dies keine Karte einer errechneten
oder gemessenen Darstellung der Versorgungssituation sei. Eine flächendeckende
Breitbandgrundversorgung sei von der Klägerin nicht angeboten worden. Rechtlich unhaltbar argumentiere
die Klägerin, wenn sie meine, es werde der Beigeladenen ermöglicht, eine bestehende marktbeherrschende
Situation im Versorgungsgebiet ohne Kosten zu verbessern. Mit dem Begriff der Marktbeherrschung dürfe
nur gearbeitet werden, wenn sich der sachlich relevante Markt einer Endkundenbreitbandversorgung auf
den räumlich relevanten Markt E. abgrenzen ließe, was eindeutig ausscheide. Die Klägerin werde nicht aus
dem „Markt“ gedrängt. Nach ihren eigenen Ausführungen sei sie seit Jahren zusammen mit der
Beigeladenen im „Markt“ präsent gewesen. Die Möglichkeiten der Klägerin würden erweitert, da die
Beigeladene verpflichtet sei, ihr einen offenen Zugang auf Vorleistungen („OpenAccess“) über einen
Zeitraum von sieben Jahren zu gleichen und nicht diskriminierenden Bedingungen anzubieten. Die
Annahme, die Beigeladene könne durch die Beihilfe den Infrastrukturausbau ohne Kosten verbessern, sei
fehlerhaft, da die Beihilfe nur zur Deckung der Wirtschaftlichkeitslücke gewährt werde.
27 Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.
28 Dem Gericht liegen die Akten der Beklagten (drei Hefte) sowie die Gerichtsakte der Vergabekammer und des
Oberlandesgericht Karlsruhe - Vergabesenat - (je ein Heft) vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach-
und Streitstandes wird darauf sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Sitzungsniederschrift
verwiesen.
Entscheidungsgründe
29 Die Klage auf Rückforderung der von der Beklagten gewährten Beihilfe ist zulässig und auch begründet.
I.
30 Die Klage ist zulässig. Der Verwaltungsrechtsweg steht aufgrund des Beschlusses des Oberlandesgerichts
Karlsruhe - Vergabesenat - vom 07.11.2014 (15 Verg 10/14), mit dem der Rechtsstreit an das
Verwaltungsgericht Freiburg verwiesen wurde, bindend fest (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. 17a Abs. 2 Satz
3 GVG).
31 Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage statthaft. Die Klägerin begehrt die
Rückforderung der von der Beklagten an die Beigeladenen gewährte Beihilfe in Höhe von 150.000 Euro
einschließlich Zinsen. Ob dieses Klagebegehren durch kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage
oder allgemeine Leistungsklage zu erreichen ist, richtet sich danach, ob die Beihilfe durch Verwaltungsakt
oder durch öffentlich-rechtlichen Vertrag gewährt wurde. Vorliegend ist davon auszugehen, dass das
Schreiben der Beklagten vom 30.04.2014, obwohl es keine Rechtsbehelfsbelehrung enthält, als
Verwaltungsakt im Sinne von § 35 LVwVfG zu qualifizieren ist. Die Beklagte hat mit diesem Schreiben der
Beigeladenen „abschließend den Zuschlag erteilt“ und diese auf die Pflicht zur Einhaltung der
Förderbedingungen sowie der Vorlage des Verwendungsnachweises hingewiesen. Damit hat sie eine
Regelung mit Außenwirkung im Sinne des § 35 Satz 1 LVwVfG getroffen. Dementsprechend ist die
Anfechtungsklage, gerichtet auf Aufhebung des Förderbescheids (§ 48 LVwVfG), kombiniert mit einer
Verpflichtungsklage auf Rückforderung (§ 49a LVwVfG) die statthafte Rechtsschutzart (vgl. auch Ziff. 1 der
Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz zur Breitbandförderung
im Rahmen der Breitbandinitiative Baden-Württemberg II vom 22.05.2012 - VwV-Breitbandförderung -: „Für
die Aufhebung und Erstattung der Zuwendungen sind die Vorschriften des
Landesverwaltungsverfahrensgesetzes (LVwVfG), insbesondere die §§ 48, 49 und 49a, anzuwenden“).
32 Ein Vorverfahren gemäß §§ 68 ff. VwGO war hier mit Blick auf die rügelose Einlassung der Beklagten
entbehrlich (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 04.07.2002 - 2 C 13.01 -, NVwZ 2002, 2505; Urt. v. 19.02.2009 - 2
C 56.07-, NVwZ 2009, 924).
33 Die Klägerin ist gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Sie macht geltend, der von der Beklagten gewährte
Zuschuss in Höhe von 150.000 Euro verstoße gegen den unmittelbare Wirkung entfaltenden Art. 108 Abs. 3
Satz 3 AEUV, der auch dem Schutz ihrer Rechte als Mitbewerberin diene. Sie habe daher einen Anspruch auf
Rückforderung der rechtswidrigen Beihilfe. Nach Art. 108 Abs. 3 Satz 1 AEUV ist die Kommission von jeder
beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen zu unterrichten, damit sie deren Vereinbarkeit
mit dem Gemeinsamen Markt prüfen kann. Solange die abschließende Entscheidung der Kommission nicht
vorliegt, darf die Beihilfe nicht ausgezahlt werden (Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV - Durchführungsverbot).
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union müssen die nationalen Gerichte bei einer
Verletzung dieses Verbots zugunsten jener Einzelnen, die sich auf die Verletzung berufen können, sämtliche
Folgerungen sowohl bezüglich der Gültigkeit der gewährenden Rechtsakte als auch bezüglich der
Beitreibung der unter Verletzung dieser Bestimmung gewährten finanziellen Unterstützungen oder
eventueller vorläufiger Maßnahmen ziehen (EuGH, Urt. v. 11.12.1973 - Rs. C-120/73 -, Slg. S. 1471; Urt. v.
21.11.1991 - Rs. C-354/90 -, Slg. I-5505, 5523). Zu diesen Folgerungen gehört, dass eine entgegen dem
Durchführungsverbot ausgezahlte Beihilfe zurückgezahlt werden muss, und zwar grundsätzlich ungeachtet
ihrer Vereinbarkeit mit dem Markt und unbeschadet des Rechts des Mitgliedstaats, die Beihilfe später erneut
zu gewähren (EuGH, Urt. v. 21.11.1991, a.a.O., Rn. 16; Urt. v. 11.07.1996 - Rs. C-39/94 - Slg. I-3547, Rn.
67 ff.; Urt. v. 21.10.2003 - Rs. C-261/01 u.a. -, Slg. I-12272, Rn. 62 ff.; Urt. v. 05.10.2006 - Rs. C-368/04 -,
Slg. I-9957, Rn. 47 sowie Urt. v. 12.02.2008 - Rs. C-199/06 -, Slg. I-469, 486, Rn. 35 ff., 45, 53). Ferner ist
das nationale Gericht nach dem Gemeinschaftsrecht verpflichtet, dem Beihilfeempfänger aufzugeben, für die
Dauer der Rechtswidrigkeit Zinsen zu zahlen, und zwar auch dann, wenn die Beihilfe von der Kommission
später genehmigt wird (EuGH, Urt. v. 12.02.2008 - Rs. C-199/06 -, Slg 2008, I-469, Rn. 55 und Urt. v.
11.03.2010 - Rs. C-1/09 -, Slg 2010, I-2099, Rn. 37). Das Durchführungsverbot, das sich dem Wortlaut nach
nur an die Mitgliedstaaten richtet, hat nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union
zudem die Funktion, die Interessen derjenigen zu schützen, die von der Wettbewerbsverzerrung betroffen
sind, die durch die Gewährung der - schon allein wegen Verletzung des Durchführungsverbots -
rechtswidrigen Beihilfe hervorgerufen wurde (EuGH, Urt. v. 05.10.2006, a.a.O. und v. 12.02.2008, a.a.O.;
vgl. von Wallenberg/Schütte, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 108 Rn.
118; Rusche, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl. 2016, Art. 108 Rn. 51 ff.). Auch nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts kommt Art. 108 Abs. 3 Satz 3
AEUV eine die Wettbewerber des Beihilfeempfängers individuell schützende Funktion zu (BGH, Urt. v.
10.02.2011 - I ZR 136/09 -, BGHZ 188, 326, juris Rn. 19 ff. m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 16.12.2010 - 3 C 44.09
-, BVerwGE 138, 322, das aus anderen Gründen vom BVerfG aufgehoben wurde; vgl. auch Rennert,
Beihilferechtliche Konkurrentenklagen vor deutschen Verwaltungsgerichten, EuZW 2011, 576).
34 Gemessen daran ist die Klagebefugnis der Klägerin zu bejahen. Denn es besteht die Möglichkeit, dass es sich
bei dem von der Beklagten gewährten Zuschuss um eine Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV
handelt, die unter Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV gewährt wurde, und die Klägerin von der
damit verbundenen Wettbewerbsverzerrung betroffen ist. Die Klägerin und die Beigeladene stehen als
Breitbanddienstleister, die auch im Gemeindegebiet der Beklagten ihre Dienste anbieten, in einem
Konkurrenzverhältnis. Die Klägerin trägt vor, dass die Gewährung des Zuschusses zu einer
Wettbewerbsverzerrung zu ihren Lasten führe. Dies kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Die
Klagebefugnis kann auch nicht deshalb (teilweise) verneint werden, weil die Klägerin im Rahmen des
Auswahlverfahrens kein Angebot für den Ortsteil B. abgegeben hat. Denn eine Wettbewerbsverzerrung zu
ihren Lasten kann unabhängig davon eintreten, ob sie sich am Auswahlverfahren beteiligt hat oder nicht.
35 Vor diesem Hintergrund ist auch das Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Es ist nicht auszuschließen, dass die
Klägerin durch die für beide Ortsteile einheitlich gewährte Beihilfe einen Nachteil erfährt.
II.
36 Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Aufhebung des
Zuwendungsbescheids vom 30.04.2014 und Rückforderung des Zuschusses zur Förderung des
Breitbandausbaus in Höhe von 150.000 Euro nebst Zinsen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 VwGO). Die
Gewährung des Zuschusses an die Beigeladene ist rechtswidrig (dazu 1.) und verletzt die Klägerin in ihren
Rechten (dazu 2.).
37 1. Die Gewährung des Zuschusses verstößt gegen das Durchführungsverbot in Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV.
38 Bei dem von der Beklagten an die Beigeladene gewährten Zuschuss in Höhe von 150.000 Euro zum Zweck
des Breitbandausbaus handelt es sich unstreitig um eine Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV. Diese
Beihilfe verstößt auch gegen das Durchführungsverbot. Sie wurde weder als Einzelbeihilfe (s. Art. 1 e) der
Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22.03.1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung
von Artikel 93 des EG-Vertrags, ABl. 1999, Nr. L 83 S. 1 - VO (EG) Nr. 659/1999 -) notifiziert noch unterfällt
sie einer Ausnahmeregelung (Art. 108 Abs. 4 AEUV i.V.m. Verordnung (EG) Nr. 994/98 des Rates vom
07.05.1998 über die Anwendung der Artikel 92 und 93 des EG-Vertrags auf bestimmte Gruppen
horizontaler Beihilfen, ABl. 1998, Nr. L 142 S. 1, geändert durch Verordnung (EG) Nr. 733/2013 des Rates
vom 22.07.2013 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 994/98, ABl. 2013, Nr. L 204 S. 11) noch ist sie
aufgrund einer von der Kommission genehmigten Beihilferegelung (s. Art. 1 d) VO (EG) Nr. 659/1999)
gewährt worden.
39 Entgegen der Ansicht der Beklagten kann die Beihilfe nicht auf die von der Kommission genehmigte
Beihilferegelung „Breitbandversorgung ländlicher Räume in Deutschland“ (N 115/2008 in der Fassung von N
368/2009) gestützt werden. Rechtsgrundlage dieses Förderprogramms ist das Gesetz über die
Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK-Gesetz) in
Verbindung mit dem hierzu vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
erlassenen Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des
Küstenschutzes“ für den Zeitraum 2010-2013. Dort sind in „Teil II Förderungsgrundsätze - Förderbereich:
Verbesserung der ländlichen Strukturen; Grundsätze für die Förderung der integrierten ländlichen
Entwicklung; Teil B: Breitbandversorgung ländlicher Räume“ (GAK-Rahmenplan) der Kontext und die
allgemeinen Voraussetzungen für die Gewährung von Beihilfen für Breitbandmaßnahmen festgelegt (im
Folgenden: GAK-Programm). Die Kommission hat die im Rahmen dieses Programms gewährte Beihilfe an
Breitbandnetzbetreiber nach Art. 107 Abs. 3 c) AEUV in Verbindung mit ihren Breitbandleitlinien (Leitlinien
der Gemeinschaft für die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen im Zusammenhang mit dem
schnellen Breitbandausbau, ABl. 2009, Nr. C Nr. 235 S. 7; im Folgenden: Breitbandleitlinien 2009) geprüft
und mit abschließender Entscheidung im Sinne von Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV am 22.09.2009 genehmigt
(Randnummern 46 und 67 der Entscheidung K(2009)10669, Staatliche Beihilfe N 368/2009, Änderung der
Breitbandbeihilferegelung N 115/2008). In den Kommissionsentscheidungen (K(2009)10669 zu N 368/2009
und K(2008)3157 zu N 115/2008) werden das GAK-Programm und die Voraussetzungen seiner Vereinbarkeit
mit dem Binnenmarkt im Einzelnen dargestellt. Ziel dieser Förderung ist die „Gewährleistung einer
flächendeckenden Breitbandgrundversorgung für alle Bürger und Unternehmen in Deutschland“ (vgl.
Randnummer 55 K(2009)10669 zu N 368/2009); die „digitale Kluft“ zwischen den Gebieten mit und jenen
ohne Zugang zu erschwinglichen Breitbanddiensten soll behoben (vgl. Randnummer 55 zu N 368/2009;
Randnummer 5 zu N 115/2008) und durch die Schaffung einer zuverlässigen, erschwinglichen und
hochwertigen Breitbandinfrastruktur die Nutzung der modernen Informations- und
Kommunikationstechnologien in bislang aufgrund wirtschaftlicher Erwägungen oder technologischer
Restriktionen unterversorgten Gebieten ermöglicht werden (Nr. 1 des GAK-Rahmenplans; vgl. Randnummer
4 zu N 368/2009; Randnummer 8 zu N 115/2008). Da die Gemeinden häufig aufgrund ihrer Finanzlage nicht
in der Lage sind, eine Förderung der Bereitstellung von Breitbanddiensten in un- oder unterversorgten
Gebieten bereitzustellen, werden finanzielle Beiträge von Bund und Ländern als erforderlich angesehen
(Randnummer 6 zu N 115/2008). Durch diese Maßnahmen sollen Investitionen gefördert werden, die zur
Bereitstellung von Breitbanddiensten in ländlichen und entlegenen Gebieten Deutschlands erforderlich sind,
in denen es zurzeit kein oder ein nur unzureichendes Breitbandangebot gibt und für die eine Anbindung in
absehbarer Zeit nicht geplant ist, sogenannte „weiße Flecken“ (vgl. Randnummer 4 zu N 368/2009 und
Randnummer 8 zu N 115/2008). Nach Randnummer 17 zu N 368/2009 gilt ein Breitbandangebot als
unzureichend, wenn nicht mindestens eine Downstream-Übertragungsrate von 2 Mbit/s zu erschwinglichen
Preisen angeboten wird.
40 Entgegen der Auffassung der Klägerin dürfte der Anwendbarkeit des GAK-Programms auf den gewährten
Zuschuss allerdings nicht entgegenstehen, dass seine Laufzeit bis zum 31.12.2013 befristet war (vgl. GAK-
Rahmenplan; Randnummer 16 zu N 368/2009), die abschließende Zuschlagserteilung an die Beigeladene
jedoch erst mit Bescheid vom 30.04.2014 erfolgte. Denn die Beklagte hatte als nach dem genehmigten
Programm vorgesehene Zuwendungsempfängerin der Förderung (vgl. Nr. 3 des GAK-Rahmenplans) noch im
Jahr 2013 mit dem Abschluss des Auswahlverfahrens formell alle Zuwendungsvoraussetzungen erfüllt.
Weitere Voraussetzungen waren weder von ihr noch von der Beigeladenen zu erfüllen. Dies dürfte für die
Anwendbarkeit des GAK-Programms in zeitlicher Hinsicht genügen (vgl. dazu EuGH, Urt. v. 21.03.2013 - C-
129/12 Magdeburger Mühlenwerke - ABl EU 2013, Nr. C 156 S. 13, juris Rn. 40 f., 49).
41 Die Beihilfe ist aber deshalb rechtswidrig, weil die materiellen Vorgaben für die Anwendung des GAK-
Programms nicht vorlagen.
42 Eine Förderung auf der Grundlage des GAK-Programms setzt voraus, dass die Gemeinde den Nachweis der
fehlenden oder unzureichenden Breitbandversorgung im zu versorgenden Gebiet unter Berücksichtigung
von Ausbauabsichten der Netzbetreiber sowie eine nachvollziehbare Darstellung des ermittelten und
prognostizierten Bedarfs an Breitbandanschlüssen im zu versorgenden Gebiet erbringt (Nr. 4.1 des GAK-
Rahmenplans; Randnummer 19 Satz 1 zu N 115/2008). Zu diesem Zweck hat die Gemeinde eine
Marktanalyse zur Ermittlung der Zielgebiete durchzuführen und Betreiber elektronischer
Kommunikationsnetze zu befragen, ob sie auch ohne öffentliche Förderung Breitbanddienste anbieten
könnten bzw. zu welchen Bedingungen dies möglich wäre (Randnummern 19 Satz 2, 51 lit. a) zu N
115/2008). Eine Beihilfe kann nur gewährt werden, wenn der Markt nach einer solchen Befragung kein
Breitbandangebot zu erschwinglichen Preisen bereit stellt oder in naher Zukunft ein solches Angebot zur
Verfügung stellen wird (Randnummer 17 zu N 368/2009; Randnummern 19 Satz 4, 51 lit. a) zu N
115/2008).
43 Die Beklagte hat zwar den damaligen und prognostizierten Bedarf an Breitbandanschlüssen durch die von
ihr durchgeführte Befragung der Haushalte und Gewerbetreibenden ermittelt und in der Marktanalyse vom
01.10.2013 für die Ortsteile E. und B. als zu versorgende Gebiete nachvollziehbar dargestellt. Sie hat mit
Veröffentlichung eines Aufrufs an die Bevölkerung in ihrem Amts- und Mitteilungsblatt am 30.08.2013 und
dem Anschreiben vom selben Tag an die Einwohner in B. und E. eine Haushalte- und
Gewerbetreibendenbefragung eingeleitet und die Ergebnisse in der Marktanalyse vom 01.10.2013
ausgewertet. Danach hätten an der Befragung in B. 95 von 156 Haushalten teilgenommen. Von diesen
hätten 76,8 % angegeben, dass sie weniger als 2 Mbit/s Downstream-Übertragungsrate haben, und 61,4 %,
d.h. 58 Haushalte, den Wunsch nach einer Versorgung von mehr als 2 Mbit/s geäußert. In E. hätten 70 von
127 Haushalten an der Befragung teilgenommen. Von diesen hätten 68,6 % angegeben, dass sie weniger als
2 Mbit/s Downstream-Übertragungsrate haben, und 57,1 %, d.h. 40 Haushalte, den Wunsch nach einer
Versorgung von mehr als 2 Mbit/s geäußert.
44 Die Beklagte hat aber nicht den Nachweis der fehlenden oder unzureichenden Breitbandversorgung im zu
versorgenden Gebiet unter Berücksichtigung von Ausbauabsichten der Netzbetreiber erbracht.
45 Keinen rechtlichen Bedenken begegnet allerdings ihre Auffassung, eine unzureichende Breitbandversorgung
liege immer schon vor, wenn weniger als 100 % der Einwohner mit einer Downstream-Übertragungsrate
von 2 Mbit/s erreicht werden, und - umgekehrt - die angestrebte flächendeckende
Breitbandgrundversorgung sei erst bei einer 100 %igen Versorgung mit 2 Mbit/s Downstream-
Übertragungsrate gegeben. Diese Auffassung hat sie in ihrer öffentlichen Ausschreibung vom 11.10.2013
zugrunde gelegt. Dort wird als wesentliches Leistungskriterium die „räumliche und flächendeckende
Abdeckung der unter- bzw. unversorgten Bereiche“ mit 2 Mbit/s genannt. Unter dem Punkt „Gegenstand
des Auswahlverfahrens; 1. Leistungsanforderung“ heißt es, die „geforderte Breitbandversorgung (…)
besteht entsprechend des in der Marktanalyse (…) festgelegten Versorgungsbedarfs“, die angefordert
werden könne (vgl. Nr. 4 der Ausschreibung). Aus der Marktanalyse ergibt sich eindeutig, dass die Beklagte
eine 100 %ige Breitbandgrundversorgung anstrebte. So wird dort zum Schreiben der Klägerin vom
04.09.2013, in dem eine bestehende 98 %ige Grundversorgung in E. angeführt wird, ausgeführt, „eine
flächendeckende Versorgung, d.h. also für 100 % der Haushalte“, könne von der Klägerin derzeit nicht zur
Verfügung gestellt werden. Entsprechendes wird zur Stellungnahme vom 15.09.2013, in der eine weitere
Anbieterin eine bereits bestehende 98 %ige Versorgung in B. geltend macht, ausgeführt. Entgegen der
Ansicht der Klägerin hat die Beklagte damit den in Nr. 4.2 des GAK-Rahmenplans und Randnummer 20 zu N
115/2008 normierten Transparenzvorgaben und den Anforderungen des allgemeinen aus dem
Diskriminierungsverbot abzuleitenden Transparenzgebots (vgl. dazu etwa LG Stuttgart, Urt. v. 05.04.2016 -
41 O 43/14 KfH -, juris m.w.N.) genügt.
46 Die Auffassung der Beklagten, eine unzureichende Breitbandversorgung liege schon vor, wenn weniger als
100 % der Einwohner mit einer Downstream-Übertragungsrate von 2 Mbit/s erreicht werden, steht auch im
Einklang mit der genehmigten Beihilferegelung. Die Formulierungen „flächendeckende
Breitbandgrundversorgung für alle Bürger und Unternehmen“ (Randnummer 55 Satz 2 zu N 368/2009),
„flächendeckende Bereitstellung und Nutzung von Hochgeschwindigkeits-Breitbanddiensten“ (Randnummer
39 zu N 115/2008), „flächendeckende Verfügbarkeit von Breitbanddiensten“ (Randnummer 43 Satz 1 zu N
115/2008), und „unterversorgte ländliche Gebiete“ (Nr. 1 GAK-Rahmenplan; Randnummer 39 zu N
115/2008) legen eine solche Auslegung nahe. Sie wird zudem maßgeblich durch Sinn und Zweck der
Fördermaßnahme gestützt. Nach den Zielen der Kommission, wie sie in den Breitbandleitlinien zum
Ausdruck kommen, sollen Breitbanddienste für alle Bürger Europas verfügbar sein, es soll „für alle Bürger
eine 100 %ige Internetabdeckung“ erreicht werden (Randnummern 1 und 3 der Breitbandleitlinien 2009).
Angestrebt wird „eine Informationsgesellschaft, die alle Menschen einbezieht“ (Randnummer 4 der
Mitteilung der Kommission „i2010 - Eine europäische Informationsgesellschaft für Wachstum und
Beschäftigung, SEC(2005) 717, auf die die Breitbandleitlinien 2009 einleitend verweisen). Auch die
Fortschreibung der Breitbandleitlinien laut Mitteilung der Kommission vom 26.01.2013 bekräftigt das Ziel, im
Rahmen der „Digitalen Agenda für Europa“ „bis 2013 grundlegende Breitbanddienste für alle Europäer
verfügbar zu machen“ (vgl. Randnummer 1 der Leitlinien der EU für die Anwendung der Vorschriften über
staatliche Beihilfen im Zusammenhang mit dem schnellen Breitbandausbau, Mitteilung der Kommission
2013/C 25/01, ABl. EU 2013, Nr. C 25 S. 1 - Breitbandleitlinien 2013 -). Die genehmigte Beihilferegelung
zielt darauf, die digitale Kluft zwischen den Gebieten mit und jenen ohne Zugang zu erschwinglichen
Breitbanddiensten zu schließen und ist Teil der allgemeinen Breitbandstrategie Deutschlands zur
Gewährleistung einer flächendeckenden Breitbandgrundversorgung für alle Bürger und Unternehmen in
Deutschland (Randnummer 55 zu N 368/2009; Randnummer 5 zu N 115/2008; Randnummer 4 der
Breitbandleitlinien 2009, vgl. auch Randnummer 5 der Breitbandleitlinien 2013). Das Ziel einer 100 %igen
Versorgung entspricht zudem den mit der genehmigten Beihilfe verfolgten Gleichheitszielen (vgl.
Randnummer 53 zu N 368/2009). Staatliche Beihilfen für den Breitbandsektor werden als ein Mittel zur
Verwirklichung von Gleichheitszielen angesehen, indem sie den Zugang aller Mitglieder der Gesellschaft zu
einem wesentlichen Instrument der Kommunikation und der Teilhabe an der Gesellschaft fördern (vgl.
Randnummer 39 der Breitbandleitlinien 2013).
47 Soweit die Klägerin meint, die VwV-Breitbandförderung stehe einer solchen Auslegung entgegen, ist schon
die dem zugrundeliegende Annahme unzutreffend, nach der VwV-Breitbandförderung sei eine fehlende oder
unzureichende Breitbandversorgung nur gegeben, wenn in einem zusammenhängenden zu versorgenden
Gebiet die Datenübertragungsrate für in der Regel 25 Haushalte bisher kleiner als 2 Mbit/s beim
Herunterladen sei. Eine solche Regelung enthält die VwV-Breitbandförderung nicht. Die Zahl von 25
Haushalten wird lediglich in Nr. 7.1.2 der VwV-Breitbandförderung als Mindestanzahl für die Darstellung des
Bedarfs an Breitbandanschlüssen genannt. Soweit sich in Nr. 3 des Leitfadens für Kommunen und
Zusammenschlüsse von Kommunen: Förderung von Zuwendungen an Netzbetreiber zur Schließung der
Wirtschaftslücke im weißen Flecken der Grundversorgung, Juni 2012, eine entsprechende Regelung befindet,
spielt dies für die Auslegung des GAK-Rahmenplans, die im Lichte der Genehmigungsentscheidungen der
Kommission zu erfolgen hat, keine Rolle. Im Übrigen verweist weder die VwV-Breitbandförderung noch die
Ausschreibung der Beklagten vom 11.10.2013 auf diese Regelung im Leitfaden.
48 Die Gewährung der Beihilfe an die Beigeladene ist aber deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte nicht den
nach Nr. 4.1 des GAK-Rahmenplans (vgl. auch Randnummer 19 zu N 115/2008) erforderlichen Nachweis
einer fehlenden oder unzureichenden Breitbandgrundversorgung in den Ortsteilen B. und E. erbracht hat.
Zielgebiete der Förderung sind gemäß Randnummer 17 zu N 368/2009 i.V.m. Randnummer 10 zu N
115/2008 Gegenden in Deutschland, in denen Bürger und Unternehmen nicht oder nur unzureichend mit
Breitbanddiensten versorgt sind, d.h. wenn nicht mindestens eine Downstream-Übertragungsrate von 2
Mbit/s zu erschwinglichen Preisen angeboten wird. Abgestellt wird auf das vorhandene Angebot an
Breitbanddiensten, nicht hingegen darauf, was die Haushalte zum Zeitpunkt der Erhebung konkret an
Leistungen beziehen. Gemessen daran war die Ermittlung der Zielgebiete durch die Beklagte unzureichend.
Die Beklagte hat allein darauf abgestellt, dass nach der Haushalte- und Gewerbetreibendenbefragung die
Mehrheit eine Downstream-Übertragungsrate von weniger als 2 Mbit/s bezieht, den Wunsch nach
verlässlichen, erschwinglichen und schnellen Breitbanddiensten geäußert und dass keiner der befragten
Anbieter eine flächendeckende Breitbandgrundversorgung in den nächsten drei Jahren ohne Zuschuss
angeboten hat. Sie hat jedoch nicht ermittelt, ob in den Ortsteilen eine flächendeckende
Breitbandinfrastruktur bzw. ein flächendeckendes Breitbandangebot bereits vorhanden gewesen ist. Dies ist
aber essentiell für die Einstufung der Gebiete als sog. „weißer Flecken“ (vgl. Randnummer 63 der
Breitbandleitlinien 2013). Nur wenn keine Breitbandinfrastruktur vorhanden ist und voraussichtlich auch in
naher Zukunft, d.h. in drei Jahren, keine Breitbandinfrastruktur aufgebaut wird, liegt ein sog. „weißer
Flecken“ in der Breitbandgrundversorgung vor, der durch die genehmigte Beihilfe gefördert werden kann
(vgl. Randnummer 66 der Breitbandleitlinien 2013; Randnummern 4, 53 Satz 3 zu N 368/2009;
Randnummer 8 zu N 115/2008).
49 Diesen Nachweis konnte die Beklagten weder durch die Haushaltebefragung noch durch die Befragung der
Breitbandanbieter erbringen. Die Haushaltebefragung in ihrer konkreten Gestalt war von vornherein nur
geeignet, den Ist-Zustand und den Bedarf an Breitbandanschlüssen zu ermitteln; sie war jedoch nicht
geeignet, eine fehlende oder unzureichende Breitbandgrundversorgung nachzuweisen. Denn Gegenstand
dieser Befragung waren nur die zum Zeitpunkt der Erhebung jeweils konkret zur Verfügung stehende
Anbindung einschließlich Downstream-Übertragungsrate sowie der Bedarf, nicht jedoch das
Breitbandangebot in den Ortsteilen. Dies zeigen die Überschrift „Fragebogen zur Erhebung des Bestands
und des Bedarfs an einer Grundversorgung von 2 Mbit/s bei privaten Anbietern“, die einzelnen
Fragestellungen und die beigefügte „Anleitung zur Abfrage der persönlich zur Verfügung stehenden
Bandbreite“. Die Befragung gibt mithin nur darüber Auskunft, welche Versorgung, insbesondere welche
Downstream-Übertragungsrate, den Haushalten zum Zeitpunkt der Erhebung jeweils konkret und
entsprechend dem jeweiligen Vertrag zur Verfügung stand und welchen Bedarf sie hatten. Sie trifft aber
keine Aussage darüber, welche Übertragungsraten mit anderen Anbietern oder bei einem Vertragswechsel
zu erreichen wären, und bildet damit nicht das Breitbandangebot in diesen Gebieten ab.
50 Auch bei der Anbieterbefragung im September 2013 wurden die Anbieter nicht gefragt, ob und in welchem
Umfang sie Breitbanddienste mit einer Downstream-Übertragungsrate von 2 Mbit/s in den Ortsteilen B. und
E. bereits anbieten. Vielmehr wurden sie lediglich aufgefordert, rechtsverbindlich mitzuteilen, ob sie
innerhalb der nächsten drei Jahre den Ortsteil B./E. mit einer flächendeckenden Grundversorgung
erschließen wollen. Ein weiterer Ermittlungsbedarf bestand für die Beklagte aber gerade auch deshalb, weil
die Klägerin mit Stellungnahme vom 04.09.2013 und 15.10.2013 für den Ortsteil E. und eine weitere
Anbieterin mit Stellungnahme vom 15.09.2013 und 14.11.2013 für den Ortsteil B. jeweils erklärt hatten,
dass sie derzeit mit Richtfunk etwa 98 % aller Haushalte mit einer Downstream-Übertragungsrate von 2
Mbit/s erreichten. Diese Anbieterin erklärte im Schreiben vom 14.11.2013 des Weiteren, auch die
Beigeladene habe beide Ortsteile bereits per Richtfunk komplett erschlossen. Trotz dieser Stellungnahmen
hat die Beklagte keine weiteren Ermittlungstätigkeiten entfaltet. Vielmehr hielt sie die Feststellung für
ausreichend, dass keiner der Anbieter - je für sich - eine flächendeckende, im Sinne einer 100 %ige
Versorgung angeboten habe. Dies ist zwar zutreffend, jedoch hätte es der Beklagten vor diesem
Hintergrund oblegen, zu prüfen, ob eine Abfrage der Breitbandinfrastruktur aller Anbieter und ein Abgleich
der so ermittelten Breitbandangebote eine insgesamt 100 %ige, also flächendeckende
Breitbandgrundversorgung in B. und E. ergeben hätten oder ob Lücken in der Versorgung bestanden. Dies
gilt umso mehr, als die Beklagte auch eine detaillierte Breitbandkarte (vgl. Randnummer 59 Satz 1 zu N
368/2009) „als wesentliches Instrument für die Ermittlung etwaiger weißer, grauer und schwarzer Flecken“
(Randnummer 51 lit. a) der Breitbandleitlinien 2009) nicht erstellt hat.
51 Nach alledem hat die Beklagte den Nachweis einer fehlenden oder unzureichenden
Breitbandgrundversorgung nicht erbracht. Die Beihilfe ist daher nicht von der genehmigten Beihilferegelung
gedeckt und verstößt deshalb mangels Notifizierung gegen das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3
Satz 3 AEUV.
52 2. Die Klägerin ist durch die unter Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV gewährte Beihilfe in ihren
Rechten verletzt.
53 Das Durchführungsverbot hat, wie unter I. ausgeführt, auch die Funktion, die Interessen derjenigen zu
schützen, die von der Wettbewerbsverzerrung betroffen sind, die durch die Gewährung der - schon allein
wegen Verletzung des Durchführungsverbots - rechtswidrigen Beihilfe hervorgerufen wurde (vgl. nur EuGH,
Urt. v. 05.10.2006, a.a.O. und v. 12.02.2008, a.a.O.). Die Kammer kann insoweit offen lassen, ob eine
Betroffenheit von der Wettbewerbsverzerrung und damit eine subjektive Rechtsverletzung des
Wettbewerbers nur anzunehmen ist, wenn die rechtswidrige Beihilfe zu einer spürbaren Beeinträchtigung
der Marktstellung führt (vgl. EuGH, Urt. v. 17.09.2015 - Rs. C-33/14 P -, ABl EU 2015, Nr. C 371 S. 7, juris
Rn. 97 ff., dort zur Anfechtung von Kommissionsentscheidungen; vgl. auch Bekanntmachung der Kommission
über die Durchsetzung des Beihilfenrechts durch die einzelstaatlichen Gerichte, ABl EU 2009, Nr. C 85 S.1 -
Bekanntmachung 2009/C 85/01 -, Randnummer 21 lit a): „Den einzelstaatlichen Gerichten obliegt es in
solchen Fällen [der Gewährung einer Beihilfe unter Missachtung des Durchführungsverbots], die Rechte des
Einzelnen zu schützen, der durch die rechtswidrige Durchführung der Beihilfemaßnahme geschädigt
wurde.“), oder ob die subjektive Rechtsverletzung bereits bei jedem potenziellen Wettbewerber
anzunehmen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2010 - 3 C 44.09 -, BVerwGE 138, 322, aus anderen Gründen
vom BVerfG aufgehoben). Denn die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung plausibel dargelegt, dass die
Beigeladene durch die rechtswidrige Beihilfe einen erheblichen Marktvorteil über die beiden Ortsteile E. und
B. hinaus erworben hat, sie selbst durch die subventionierte Maßnahme der Beigeladenen Kunden verloren
hat und die rechtswidrige Beihilfe ihre in E. getätigten Investitionen zumindest teilweise entwertet. Daher
ist von einer spürbaren Beeinträchtigung ihrer Marktstellung auszugehen. Zu einer Beeinträchtigung durch
den subventionierten Breitbandausbau im Ortsteil B. hat die Klägerin zwar nur und erst im gerichtlichen
Verfahren pauschal behauptet, ihre Chancen auf Erschließung des Marktes in B. würden zumindest
wesentlich verschlechtert. Insoweit muss sich die Beklagte aber entgegenhalten lassen, dass sie ein
einheitliches Auswahlverfahren für die Ortsteile B. und E. durchgeführt und eine einheitliche Beihilfe für
beide Ortsteile gewährt hat, so dass eine Aufspaltung nicht in Betracht kommt.
54 Die Klägerin kann auch die Rückforderung der Beihilfe in vollem Umfang verlangen. Grundsätzlich ist die
vollständige Rückforderung der rechtswidrigen Beihilfe anzuordnen (vgl. etwa Randnummer 30 der
Bekanntmachung 2009/C 85/01). Außergewöhnliche Umstände, unter denen es nicht sachgerecht wäre, die
Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe anzuordnen, sind weder erkennbar noch vorgetragen. Eine
Aufspaltung der Rückforderung nach Ortsteilen kommt schon mit Blick auf die von der Beklagten gewählte
einheitliche Vergabe nicht in Betracht.
55 Kann die Klägerin die Rückforderung der rechtswidrigen Beihilfe verlangen, kann sie auch die Rückforderung
der für die Dauer der Rechtswidrigkeit angefallenen Zinsen verlangen (vgl. EuGH, Urt. v. 12.02.2008 - Rs. C-
199/06 -, Slg 2008, I-469, Rn. 55 und Urt. v. 11.03.2010 - Rs. C-1/09 -, Slg 2010, I-2099, Rn. 37;
Randnummer 37 ff. der Bekanntmachung 2009/C 85/01). Der Zinssatz richtet sich nach Art. 9 bis 11 der
Verordnung (EG) Nr. 784/2004 der Kommission vom 21.04.2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr.
659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl EU
2004, Nr. L 140 S.1) - VO (EG) 794/2004 -, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 271/2008 der
Kommission vom 30.01.2008 (ABl EU 2008, Nr. L 82 S. 1) - VO (EG) 271/2008 - (vgl. Nrn. 3, 4.5 lit. e) der
Bekanntmachung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie über die Rückforderung
unionsrechtswidrig gewährter staatlicher Beihilfen vom 03.02.2015). Nach Art. 9 Abs. 1 VO (EG) Nr.
794/2004 in der Fassung der VO (EG) Nr. 271/2008 entspricht der Zinssatz grundsätzlich dem effektiven
Jahresszins. Die Kommission veröffentlicht die geltenden und maßgeblichen früheren bei
Rückforderungsentscheidungen angewandten Zinssätze im Amtsblatt und zu Informationszwecken im
Internet, Art. 10 VO (EG) Nr. 794/2004. Grundsätzlich ist dabei der zum Zeitpunkt, ab dem die
rechtswidrige Beihilfe dem Empfänger das erste Mal zur Verfügung gestellt wurde, geltende Zinssatz
anzuwenden, Art. 11 Abs. 1 VO (EG) Nr. 794/2004. Nach Art. 11 Abs. 3 Satz 1 VO (EG) Nr. 794/2004 in der
Fassung der VO (EG) Nr. 271/2008 gilt der in Abs. 1 genannte Zinssatz grundsätzlich während des gesamten
Zeitraums bis zum Tag der Rückzahlung. Liegt jedoch mehr als ein Jahr zwischen dem Tag, an dem die
rechtswidrige Beihilfe dem Empfänger zum ersten Mal zur Verfügung gestellt wurde, und dem Tag der
Rückzahlung der Beihilfe, so wird der Zinssatz ausgehend von dem zum Zeitpunkt der Neuberechnung
geltenden Satz jährlich neu berechnet (Art. 11 Abs. 3 Satz 2 VO (EG) Nr. 794/2004 in der Fassung der VO
(EG) Nr. 271/2008). Daher war der Zinssatz jährlich an den jeweiligen Zinssatz im Zeitpunkt der
Neuberechnung anzupassen.
III.
56 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beigeladenen sind keine Kosten aufzuerlegen,
weil sie keinen Antrag gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO); ihre eigenen außergerichtlichen Kosten trägt sie
selbst. Wegen der sich stellenden noch nicht abschließend geklärten Fragen der Klagebefugnis des
Konkurrenten eines Empfängers einer wegen Verstoßes gegen Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV rechtswidrigen
Beihilfe sowie der Definition sog. „weißer Flecken“, die auch nach den aktuellen Breitbandleitlinien 2013
relevant ist, lässt die Kammer die Berufung gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu.