Urteil des VG Freiburg vom 02.04.2014

öffentlich, wohnung, beitragspflicht, gegenleistung

VG Freiburg Urteil vom 2.4.2014, 2 K 1446/13
Bestehen eines Rundfunkbeitragsverhältnisses
Leitsätze
Die Klage auf Feststellung der Unzulässigkeit einer Rundfunkbeitragserhebung ist
gegen über der Anfechtungsklage gegen einen Beitragsbescheid nicht
rechtsschutzintensiver und deshalb subsidiär.
Der wohnungsbezogene Rundfunkbeitrag wird nach seiner normativen Ausgestaltung
als "Gegenleistung" für die Möglichkeit des Empfangs öffentlich-rechtlicher
Rundfunkprogramme erhoben und ist deshalb im kompetenzrechtlichen Sinne als
nichtsteuerliche Abgabe einzustufen, für deren Erhebung das Land aufgrund seiner
allgemeinen Fachkompetenz für den Rundfunk zuständig ist.
Es bestehen erhebliche Zweifel, ob der Rundfunkbeitrag innerhalb der
nichtsteuerlichen Abgaben der besonderen Untergruppe der Verzugslasten bzw. des
Beitrags zugeordnet werden kann.
Allerdings folgt hieraus nicht, dass deshalb die Grenzen überschritten wären, die die
Finanzauffassung der Art. 104a ff. GG der Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben
allgemein setzt. Denn im Sonderfall der Rundfunkfinanzierung durch den
Wohnungsbeitrag sind die Schutzgüter der Finanzauffassung bei wie etwa die
Budgetverantwortung des Parlaments und die Belastungsgleichheit der Bürger nicht
verletzt, sondern treten hinter die besonderen Anforderungen des Art. 5 I GG an die
Rundfunkfinanzierung zurück.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Berufung wird zugelassen.
Die Revision wird unter Umgehung der Berufungsinstanz zugelassen.
Tatbestand
1 Der Kläger wendet sich gegen die Verpflichtung zur Zahlung eines
geräteunabhängigen, wohnungsbezogenen Rundfunkbeitrags.
2 Der Kläger ist Inhaber einer Wohnung in X. Er meldete sich 2007 beim Beklagten
als privater Nutzer eines neuartigen Rundfunkempfangsgeräts an und entrichtete
in der Folgezeit die gerätegebundene Grundgebühr in Höhe von zuletzt monatlich
5,76 Euro. Diese Zahlungen setzte der Kläger auch nach Inkrafttreten des
Rundfunkbeitragsstaatsvertrags ab dem 01.01.2013 und einem Hinweis des
Beklagten auf einen nunmehr fälligen geräteunabhängigen Wohnungsbeitrag in
Höhe von monatlich 17,98 Euro fort.
3 Mit Bescheid vom 01.06.2013 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger für den
Zeitraum von Januar bis März 2013 eine Rundfunkbeitragsschuld in Höhe von
19,38 Euro sowie einen Säumniszuschlag in Höhe von 8,00 Euro fest. Der gegen
diesen Bescheid eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des
Beklagten vom 05.07.2013 zurückgewiesen.
4 Der Kläger hat am 02.08.2013 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor: Der
Beitragsbescheid des Beklagten sei rechtswidrig, da die Festsetzung des Beitrags
auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage basiere und der Kläger hierdurch
in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit verletzt werde. Der
Rundfunkbeitragsstaatsvertrag sei formell verfassungswidrig, da es sich bei dem
Rundfunkbeitrag abgabenrechtlich nicht um einen Beitrag, sondern um eine Steuer
handele, für deren Erhebung den Ländern keine Kompetenz zustehe. Der
Rundfunkbeitrag sei deshalb als Steuer und nicht als Vorzugslast zu qualifizieren,
weil den Abgabenpflichtigen durch das bloße Zur-Verfügung-Stellen von Rundfunk
kein unmittelbarer individualisierbarer wirtschaftlicher Nutzungsvorteil zukomme
und der gesetzlich vermutete Vorteil den Rahmen der zulässigen Typisierung
sprenge. Ein solcher Vorteil könne auch nicht in der mittelbaren Begünstigung
jedes einzelnen gesehen werden, der in der Bereitstellung der
Gesamtveranstaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für die Gesellschaft
insgesamt gegeben sei. Denn auch in diesem Falle handele es sich nicht um
einen direkten Vorteil, den der Einzelne empfange, sondern um eine Gemeinlast,
die durch Steuern zu finanzieren sei. Sei der Rundfunkbeitrag abgabenrechtlich als
Steuer zu qualifizieren, könne die Gesetzgebungskompetenz für seine Erhebung
nicht aus der allgemeinen Kompetenzverteilung abgeleitet werden, sondern müsse
sich aus dem Finanzverfassungsrecht der Art. 105 ff. GG ergeben. Nach diesen
Regelungen lasse sich jedoch eine Steuerkompetenz für das Land nicht
begründen.
5 Da auf Grund der Verfassungswidrigkeit des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags
zwischen dem Kläger und dem Beklagten kein wirksames
Rundfunkbeitragsverhältnis entstanden sei, könne eine entsprechende
Feststellung über dieses feststellungsfähige Rechtsverhältnis beantragt werden.
Es bestehe ein berechtigtes Interesse an einer solchen Feststellung, da die
Nichtbezahlung von Rundfunkbeiträgen in § 12 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 und 3 des
Rundfunkgebührenstaatsvertrages bußgeldbewehrt sei und es dem Kläger
deshalb nicht angesonnen werden könne, die Frage der Verpflichtung zur
Entrichtung von Rundfunkbeiträgen „auf der Anklagebank“ klären zu lassen.
Insoweit sei es nicht erforderlich, dass ein Ordnungswidrigkeitsverfahren vom
Beklagten bereits konkret angedroht worden sei. Das Feststellungsinteresse
entfalle auch nicht deshalb, weil der Kläger sich regelmäßig gegen einen Bescheid
wehren könne, der im Falle der Nichtzahlung der Beiträge die aus der Sicht des
Beklagten rückständigen Forderungen festsetze. Zwar könne man im Falle des
Erfolgs der Klagen die zunächst zu Unrecht verauslagten Beitragszahlungen
zurückfordern, man habe jedoch jedenfalls auf der Grundlage der Vorfinanzierung
der Beiträge einen Anlageverlust, der nicht kompensiert werde. Vor allem aber
könne es dem Kläger nicht zugemutet werden, in der Zukunft gegen eine Vielzahl
von drohenden Gebührenbescheiden vorgehen zu müssen. Diese Erwägungen
zeigten gleichzeitig, dass die Feststellungsklage das gegenüber der
Anfechtungsklage umfassendere und effektivere Rechtsmittel sei, so dass auch
der Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der
Anfechtungsklage nicht zum Tragen komme.
6 Der Kläger beantragt,
7
den Bescheid des Beklagten vom 01.06.2013 sowie dessen
Widerspruchsbescheid vom 05.07.2013 aufzuheben und
festzustellen, dass zwischen dem Kläger und dem Beklagten kein
Rundfunkbeitragsverhältnis besteht, das eine Beitragspflicht des Klägers
beinhaltet.
8 Der Beklagte beantragt,
9
die Klage abzuweisen.
10 Er trägt vor, der angefochtene Beitragsbescheid beruhe auf einer
verfassungsgemäßen Rechtsgrundlage. Insbesondere sei der
Rundfunkbeitragsstaatsvertrag nicht wegen fehlender Gesetzgebungskompetenz
des Landesgesetzgebers formell verfassungswidrig. So lasse sich aus der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Rundfunkfinanzierung
ableiten, dass den Ländern insoweit eine umfassende Sachkompetenz eingeräumt
sei, die von der finanzverfassungsrechtlichen Kompetenzordnung der Art. 104a ff
GG nicht berührt werde. Auf die Einordnung des Rundfunkbeitrags als Steuer oder
Vorzugslast komme es deshalb nicht an. Die Kompetenz des Landesgesetzgebers
zum Erlass der Rundfunkbeitragspflicht sei aber auch dann gegeben, wenn
diesem entsprechend der Regelungen in Art. 104a ff GG insoweit keine
Steuerhoheit zukäme, sondern dieser im Bereich der Rundfunkfinanzierung auf die
Erhebung von nichtsteuerlichen Abgaben beschränkt wäre. Denn bei der mit dem
zum 01.01.2013 in Kraft getretenen Rundfunkbeitragsstaatsvertrag eingeführten
Abgabe handele es sich - nicht nur der Bezeichnung nach - gerade nicht um eine
Steuer, sondern um einen Beitrag. Das entscheidende Wesensmerkmal der Steuer
als Gemeinlast sei ihre Voraussetzungslosigkeit. Die Erhebung einer Steuer
knüpfe allein an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Pflichtigen an und sei
von der staatlichen Gegenleistung abgekoppelt. Eine solche
Voraussetzungslosigkeit der Beitragserhebung sei im Fall des Rundfunkbeitrags
deshalb nicht gegeben, weil er für die Zugangsmöglichkeit des Zahlungspflichtigen
zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk erhoben werde. Da sich die öffentlich-
rechtlichen Rundfunkanstalten und der Bürger in diesem Sinne unmittelbar
gegenüber stünden, ohne dass es zu einem privatwirtschaftlichen und die
Leistungsfähigkeit des Bürgers belegenden Austausch am Markt käme, könne der
Rundfunkbeitrag auch nicht als eine staatliche Verbrauchssteuer qualifiziert
werden, die zweckgebunden zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks eingesetzt werde. Hinzu komme, dass allein die Ausgestaltung der
Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Form eines
nichtsteuerlichen Beitrags den verfassungsrechtlichen Geboten der
Programmautonomie und der Staatsferne Rechnung trage. Denn anders als bei
einer allgemeinen Steuerfinanzierung flössen die Beiträge der Rundfunkanstalten
nicht zunächst in den allgemeinen Staatshaushalt, um dann von dort unter
Berücksichtigung der Budgethoheit des Parlamentes an den öffentlich-rechtlichen
Rundfunk zugewiesen zu werden. Vielmehr flössen die Beitragszahlungen, die in
ihrem Zahlungsgrund und in ihrer Höhe durch den Gesetzgeber bzw. ein
besonderes Festlegungsverfahren bestimmt würden, unmittelbar und damit ohne
Möglichkeit des Staates auf eine - und sei es mittelbare - Einflussnahme auf die
Gestaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks den Rundfunkanstalten zu. Sofern
gegen die Qualifizierung des Rundfunkbeitrags als finanzverfassungsrechtlicher
Beitrag eingewendet werde, dass der erforderliche potenzielle wirtschaftliche und
individualisierbare Vorteil schon deshalb nicht gegeben sei, weil der
Rundfunkbeitrag nicht an die Möglichkeit des Teilnehmers zum Empfang des
Rundfunkangebots anknüpfe, sondern an die hiervon unabhängige bloße
Inhaberschaft einer Wohnung, sei zuzugestehen, dass der Vorteil aus der
Empfangsmöglichkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erst dann realisiert
werden könne, wenn der Abgabenpflichtige ein entsprechendes Empfangsgerät
vorhalte. Dies habe jedoch nicht zur Folge, dass nur im Falle des Bereithaltens
eines solchen Empfangsgerätes ein im abgabenrechtlichen Sinne hinreichender
direkter und unmittelbarer Vorteil gegeben sei. Insofern bestehe die dem
Belastungsgrund zugrunde liegende gesetzliche Vermutung nicht - wie der
Bevollmächtigte des Kläger meine - dahin, dass das öffentlich-rechtliche
Rundfunkprogramm in jeder Wohnung genutzt werde, sondern der
Belastungsgrund sei bereits darin zu sehen, dass in jeder beitragspflichtigen
Raumeinheit die Möglichkeit zum Rundfunkempfang gegeben sei. Die in dieser
Vermutung liegende Typisierung der Lebenssachverhalte sei dadurch
gerechtfertigt, dass tatsächlich nahezu alle Haushalte über ein
Rundfunkempfangsgerät verfügten, die diesen Empfang auch technisch möglich
machten. So seien in 96,4% der Haushalte Fernsehgeräte verfügbar, bei
Radiogeräten sei von einem Durchdringungsgrad von nahezu 100% auszugehen.
Hinzu kämen in 83,5 % der Haushalte internetfähige PC und in 90,3 % der
Haushalte Handys oder Smartphones mit UKW-Radioempfang und/oder
Internetzugang sowie schließlich noch in 96 % der Haushalte privat genutzte PKW
mit eingebautem Autoradio. Sofern gefordert werde, dass ein einzelner
Wohnungsinhaber trotz der bei ihm typisierend unterstellten Möglichkeit des
Rundfunkempfangs geltend machen können müsse, dass er aufgrund fehlender
Empfangsgeräte ausnahmsweise keine Empfangsmöglichkeit habe, stehe dem die
fehlende Überprüfbarkeit einer solchen Behauptung entgegen, die bereits nach
dem bisherigen Modell der gerätegebundenen Rundfunkgebühren zu einem
erheblichen Missbrauch und einer faktischen Ungleichbehandlung der einzelnen
Rundfunkteilnehmer geführt habe. Sofern der Empfang unabhängig vom
Vorhandensein eines Empfangsgeräts objektiv unmöglich sei, trage dem der
Rundfunkbeitragsstaatsvertrag dadurch hinreichend Rechnung, dass bei
technischer Unmöglichkeit des Empfangs ebenso wie bei körperlicher
Unmöglichkeit der Aufnahme des Rundfunkprogramms Befreiungen von der
Beitragspflicht erteilt werden könnten.
11 Für die erhobene Feststellungsklage fehle es an einem Feststellungsinteresse. Es
sei dem Kläger durchaus zumutbar, streitige Abgaben zunächst zu bezahlen, um
so der Begehung einer Ordnungswidrigkeit vorzubeugen. Der vom Kläger insoweit
in den Vordergrund gestellte Nachteil, dass das vorläufig aufzuwendende Kapital
nicht anderweitig gewinnbringend angelegt werden könne, sei angesichts der
insgesamt geringen Beiträge regelmäßig überschaubar und nach der Wertung des
Gesetzgebers in der Regelung der sofortigen Vollziehbarkeit öffentlich-rechtlicher
Abgabenforderungen gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ohne rechtliche Relevanz.
Dem Hinweis des Klägers auf die Notwendigkeit, alle drei Monate gegen
entsprechende Festsetzungsbescheide vorzugehen, stehe konkret entgegen,
dass aufgrund des laufenden Verfahrens eine Mahnaussetzung veranlasst worden
sei, aufgrund derer gegenüber dem Kläger bis auf Weiteres keine weiteren
Festsetzungsbescheide erlassen würden. Sollte sich in dem laufenden Verfahren
herausstellen, dass der angefochtene Bescheid zu Unrecht ergangen sei, da die
zugrundeliegenden Rechtsvorschriften verfassungswidrig seien, so habe dies zur
Folge, dass der Beklagte die in der Zwischenzeit angefallenen Rundfunkbeiträge
nicht mehr festsetzen könne und werde, da dies dem Grundsatz der
Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zuwider laufen würde. Insofern sei die
Anfechtungsklage hinreichend rechtschutzintensiv.
12 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der
Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des
Verwaltungsvorgangs des Beklagten (1 Heft) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
13 Die Klage hat keinen Erfolg. Soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass
zwischen ihm und dem Beklagten kein Rundfunkbeitragsverhältnis besteht, ist
diese Klage unzulässig (hierzu zu 1.). Im Übrigen, d.h. soweit sich die Klage gegen
den Beitragsbescheid des Beklagten vom 01.06.2013 richtet, ist sie unbegründet
(hierzu zu 2.)
14 1. Die Klage auf Feststellung, dass zwischen dem Kläger und dem Beklagten kein
Rundfunkbeitragsverhältnis besteht, ist unzulässig. Zwar ist die vom Kläger
begehrte Feststellung auf ein hinreichend konkretisiertes Rechtsverhältnis
bezogen, dessen Bestehen zwischen den Beteiligten streitig ist. Auch kann offen
gelassen werden, ob der Kläger ein nach § 43 Abs. 1 VwGO berechtigtes
Interesse an der Feststellung des Nichtbestehens eines
Rundfunkbeitragsverhältnisses zwischen ihm und dem Beklagten hat. Denn
jedenfalls kann er diese Feststellung nach § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO deshalb nicht
begehren, weil er seine durch das streitige Rundfunkbeitragsverhältnis betroffenen
Rechte durch die - hier ebenfalls erhobene - Anfechtungsklage gegen den
konkreten Beitragsbescheid des Beklagten vom 01.06.2013 verfolgen kann. Die
Feststellungsklage bietet dem Kläger gegenüber seiner Anfechtungsklage keinen
effektiveren Rechtsschutz (zu dieser Ausnahme vom Grundsatz der Subsidiarität
Kopp/Schenke, VwGO Kommentar, 19. Aufl. 2013, § 43 Rn. 29).
15 Dies gilt zunächst hinsichtlich der möglichen Rechtskraftwirkung der beiden
Klagearten im Falle eines Erfolgs des Klägers. Dabei kann dahin gestellt bleiben,
inwieweit den tragenden Entscheidungsgründen eines stattgebenden
verwaltungsgerichtlichen Urteils in einem Anfechtungsprozess in einem späteren
Prozess gegen einen weiteren Bescheid hinsichtlich der identischen
entscheidungserheblichen Vorfragen nach § 121 VwGO eine Bindungswirkung
zukommt (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 08.12.1992 - 1 C 12.92 - BVerwGE 91, 256;
Urt. v. 28.01.2010 - 4 C 6/08 -, NVwZ 2010, 779; Rennert, VBlBW 1993, 281, 282;
Kilian, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014 § 121 Rn. 75 f), die der
Bindungswirkung eines Urteils in einer entsprechenden Feststellungsklage
entspricht. Denn im konkreten Fall stützt der Kläger seine Feststellungsklage
ebenso wie seine Anfechtungsklage allein darauf, dass er die Rechtsgrundlage für
die Beitragserhebung im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag für grundgesetzwidrig hält.
Da dieser Staatsvertrag als Art. 1 des am 15., 17. und 21. Dezember 2010
unterzeichneten Fünfzehnten Staatsvertrags zur Änderung rundfunkrechtlicher
Staatsverträge über die mit Art. 1 des Gesetzes vom 18.10.2011 zum Fünfzehnten
Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Änderung medienrechtlicher
Vorschriften (GBl. 2011, 477) erklärte Zustimmung des Landtags in den Rang
eines formellen Landesgesetzes erhoben wurde, könnte eine solche
Grundgesetzwidrigkeit als entscheidungserhebliche Vorfrage nach Art. 93 Abs. 1
Nr. 5; 100 Abs. 1 GG i.V.m. §§ 13 Nr. 11, 80 ff BVerfGG allein im Wege der
konkreten Normenkontrolle durch das Bundesverfassungsgericht festgestellt
werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 07.05.1974 - 2 BvL 17/73 - BVerfGE 31, 191, 197;
Urt. v. 28.02.1961 - 2 BvG 1/60, 2 BvG 2/60 -, BVerfGE 12, 205, 220). Einer
solchen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Grundgesetzwidrigkeit
der Regelungen zur Rundfunkbeitragserhebung käme dann aber - über die
Bindungswirkung gegenüber dem vorlegenden Gericht (§ 31 Abs. 1 BVerfGG) und
die mit seiner Endentscheidung verbundene Rechtskraftwirkung hinaus - nach §
31 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG Gesetzeskraft zu, sodass der Kläger bei einem
entsprechenden Erfolg in seinem Anfechtungsprozess hinsichtlich der Gefahr einer
Belastung mit weiteren Beitragsbescheiden nicht schlechter gestellt wäre als dies
bei seiner Feststellungsklage der Fall wäre.
16 Der Feststellungsklage des Klägers kommt zudem auch nicht in Hinblick auf die
Wirkung der Klageerhebung als solche eine Rechtsschutzwirkung zu, die weiter
reicht als die des ebenfalls anhängigen Anfechtungsprozesses. Denn durch die
Erhebung einer Feststellungsklage als solche werden die gesetzlich bestimmte
Rundfunkbeitragspflicht und die hiermit verbundene Möglichkeit des Beklagten
zum fortlaufenden Erlass entsprechender Festsetzungsbescheide (vgl. hierzu
StGH BW, Beschl. v. 19.08.2013 - 1 VB 65/13 -, VBlBW 2014, 218; Gall/Schneider
in: Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2012, § 7 RBStV Rn. 26) ebenso wenig
suspendiert wie im Fall der gegen einen konkreten Beitragsbescheid gerichteten
Anfechtungsklage. Dem entsprechend bleibt ein Rundfunkteilnehmer, der - wie der
Kläger - seine grundsätzliche Beitragspflicht bestreitet, sowohl im Falle einer
rechtshängigen Feststellungsklage als auch während des Laufs einer
Anfechtungsklage gegen einen konkreten Beitragsbescheid gezwungen, entweder
die laufenden Beitragsforderungen zumindest unter Vorbehalt zu begleichen oder
aber zur Vermeidung ihrer Bestandskraft gegen die - bei einer Verweigerung der
Beitragszahlung - in jedem Quartal zu erlassenden Abgabenbescheide zur
Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträge Widerspruch einzulegen und
gegebenenfalls anschließend eine Anfechtungsklage zu erheben.
17 Schließlich ist die Feststellungsklage auch nicht deshalb rechtsschutzintensiver,
weil im Hinblick auf diese ein weitergehender vorläufiger Rechtsschutz gewährt
werden könnte als dies im Fall der Anfechtung eines Rundfunkbeitragsbescheides
der Fall wäre. Dabei kann dahin gestellt bleiben, inwieweit ein Gericht zusätzlich zu
dem nach §§ 80 Abs. 5, 123 Abs. 5 VwGO vorrangig zu gewährenden vorläufigen
Rechtsschutz gegen einen belastenden Beitragsbescheid den auf ein streitiges
Rundfunkbeitragsverhältnis bezogenen Rechtsschutz nach § 123 Abs. 1 VwGO
gewähren und etwa - vorbeugend - vorläufig den Erlass weiterer
Rundfunkbeitragsbescheide untersagen könnte (zur grundsätzlichen Zumutbarkeit
einer vorläufigen Zahlung der Beiträge näher StGH BW, Beschl. v. 19.08.2013 -
65/13 -, VBlBW 2014, 218 unter Hinweis auf BVerfG, Beschl. v. 31.01.2008 - 1 BvR
829/06 -, ZUM 2008, 592, 593). Denn der Beklagte hat angesichts des
Anfechtungsrechtsstreits gegen den Beitragsbescheid vom 01.06.2013 beim
Kläger eine Mahnaussetzung verfügt, über die nach seiner Auskunft bis zum
rechtskräftigen Abschluss des Anfechtungsrechtsstreits vorläufig weitere
Beitragsfestsetzungen ebenso vermieden werden wie sonstige
Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung der streitigen Beitragspflicht.
18 2. Soweit die Klage gegen den Rundfunkbeitragsbescheid des Beklagten vom
01.06.2013 gerichtet ist, ist diese nach § 42 Abs. 1 VwGO statthaft und auch sonst
zulässig. Insbesondere hat der Kläger das nach § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO vor
Erhebung der Klage erforderliche Vorverfahren ordnungsgemäß durchgeführt.
19 Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Rundfunkbeitragsbescheid des
Beklagten vom 01.06.2013 und dessen Widerspruchsbescheid vom 05.07.2013
sind rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1
Satz 1 VwGO).
20 2.1. Der angefochtene Beitragsbescheid des Beklagten findet seine
Rechtsgrundlage in § 10 Abs. 5 Satz 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags
(RBStV), der über das Zustimmungsgesetz zum Fünfzehnten
Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Änderung medienrechtlicher
Vorschriften vom 18.10.2011 (GBl. 2011, 477) in den Rang eines formellen
Landesgesetzes erhoben wurde. Hiernach setzt der Beklagte als für den Wohnort
des Klägers zuständige Landesrundfunkanstalt rückständige Rundfunkbeiträge
fest.
21 Die konkrete Festsetzung der rückständigen Rundfunkbeiträge gegenüber dem
Kläger für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis zum 31.03.2013 mit einem Betrag von
19,38 Euro steht mit den einfachgesetzlichen Grundlagen des
Rundfunkbeitragsrechts ebenso in Einklang wie die Erhebung eines zusätzlichen
Säumniszuschlags in Höhe von 8,00 Euro. Denn der Kläger war zum - insoweit
maßgeblichen - Zeitpunkt des Erlasses des Beitragsbescheides am 01.06.2013
mit einem entsprechenden Betrag im Beitragsrückstand. Er war als volljähriger
Inhaber einer Wohnung im melderechtlichen Sinne nach § 2 Abs. 1 und 2 RBStV
mit Inkrafttreten dieser Regelungen ab dem 01.01.2013 verpflichtet, den über § 8
des - ebenfalls im Rang eines formellen Landesgesetzes geltenden -
Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags mit 17,28 Euro bezifferten monatlichen
Rundfunkbeitrag zu entrichten, sodass ihm gegenüber nach § 7 Abs. 3 Satz 2
RBStV zum 15.02.2013 für die Monate Januar, Februar und März 2013 zunächst
eine fällige Rundfunkbeitragsforderung in Höhe von 53,94 Euro entstanden war.
Da der Kläger aufgrund seines damals erteilten Dauerauftrags zum 12.02.2013
und zum 08.05.2013 auf die Beitragsforderungen des Beklagten jeweils eine
Zahlung in Höhe von 17,28 Euro geleistet hatte, wurde die Beitragsforderung des
Beklagten nach § 13 der Rundfunkbeitragssatzung des Beklagten (GBl. 2012, 717
ff) auf die Restforderung von 19,38 Euro reduziert. Die Festsetzung des
Säumniszuschlags in Höhe von 8,00 Euro beruht nach § 11 Abs. 1 der auf der
Grundlage des § 9 Abs. 2 RBStV erlassenen Rundfunkbeitragssatzung des
Beklagten darauf, dass der Kläger die seit dem 15.02.2013 fällige
Beitragsforderung des Beklagten nicht innerhalb einer Frist von vier Wochen in
voller Höhe entrichtet hatte.
22 2.2. Entgegen der Auffassung des Kläger-Bevollmächtigten konnte und musste die
Kammer ihrer Entscheidung die genannten Normen des
Rundfunkbeitragsstaatsvertrags zugrunde legen, ohne zuvor über Art. 100 Abs. 1
GG i.V.m. § 80 BVerfGG die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur
Vereinbarkeit der Regelung des § 2 Abs. 1 RBStV mit den Regelungen des
Grundgesetzes einzuholen.
23 2.2.1. Zwar wäre mit der Regelung des § 2 Abs. 1 RBStV ein nach Art. 100 Abs. 1
GG zulässiger Vorlagegegenstand gegeben, da diese Regelung aufgrund der in
Artikel 1 des Gesetzes des Landtags von Baden-Württemberg vom 18.10.2011
zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Änderung
medienrechtlicher Vorschriften (GBl. 2011, 477) erklärten Zustimmung zu dem am
15., 17. und 21. Dezember 2010 unterzeichneten Fünfzehnten Staatsvertrag zur
Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge in den Rang eines formellen
nachkonstitutionellen Landesgesetzes erhoben wurde (vgl. BVerfG, Beschl. v.
07.05.1974 - 2 BvL 17/73 -, BVerfGE 31, 191, 197; Urt. v. 28.02.1961 - 2 BvG 1/60,
2 BvG 2/60 -, BVerfGE 12, 205, 220). Auch kommt es auf die Frage der
Vereinbarkeit der Rundfunkbeitragspflicht eines Wohnungsinhabers nach § 2 Abs.
1 RBStV mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland vorliegend
entscheidungserheblich an, da diese Regelung - wie dargelegt - die
Ermächtigungsgrundlage für eine im Übrigen gesetzeskonforme
Beitragsfestsetzung zulasten des Klägers bildet.
24 2.2.2. Allerdings bedarf es nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts für die Einholung einer Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts zur Vereinbarkeit einer gesetzlichen Norm mit dem
Grundgesetz der unter Auseinandersetzung mit den jeweils einschlägigen
Rechtsauffassungen in Literatur und Rechtsprechung gewonnenen Überzeugung
der Kammer von der Grundgesetzwidrigkeit der Regelung; bloße Zweifel insoweit
reichen nicht aus (vgl. etwa BVerfG, Beschl. v. 02.05.2012 - 1 BvL 20/09 -,
BVerfGE 131, 1, 15; Beschl. v. 07.04.1992 - 1 BvL 19/91 -, BVerfGE 86, 52, 57;
Beschl. v. 05.04.1989 - 2 BvL 1/88 u.a. -, BVerfGE 80, 54, 59; Dederer, in:
Maunz/Dürig, Komm. z. GG., Art. 100 Rn. 129).
25 Eine solche Überzeugung von der Grundgesetzwidrigkeit der Regelung des § 2
Abs. 1 RBStV zur Erhebung eines Rundfunkbeitrags bei jedem Wohnungsinhaber
konnte die Kammer trotz der auch in der rechtswissenschaftlichen Literatur
erhobenen Einwendungen gegen die Vereinbarkeit dieser Regelung insbesondere
mit den finanzverfassungsrechtlichen Vorgaben zur Gesetzgebungskompetenz
von Bund und Ländern im Bereich der Steuererhebung nicht gewinnen. Vielmehr
spricht aus der Sicht der Kammer mehr dafür als dagegen, dass das Land Baden-
Württemberg bei seiner Transformation der Regelungen des
Rundfunkbeitragsstaatsvertrags von der ihm über Art. 30, 70 ff GG zugewiesenen
Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat, ohne die ihm hierbei durch die
Finanzverfassung des Grundgesetzes gezogenen Grenzen zu überschreiten.
26 2.2.3. Die hier allein maßgebliche Regelung des § 2 Abs. 1 RBStV zur
Rundfunkbeitragspflicht im privaten Bereich stellt keine Regelung zur
Steuererhebung im Sinne des Art. 105 GG dar, die dann aufgrund einer fehlenden
Möglichkeit der Zuordnung zu einer der in Art. 106 GG genannten Steuern und
Steuerarten außerhalb der entsprechenden Gesetzgebungskompetenzen des
Bundes und der Länder stünde (zu dieser Rechtsfolge Korioth/Koemm, Gut
gemeint, doch schlecht gemacht: Die neue Rundfunkabgabe ist
verfassungswidrig!, DStR 2013, 833, 836; Degenhart, Verfassungsfragen des
Betriebsstättenbeitrags nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag der Länder, K&R
2013 Beihefter zu Heft 3, S. 13; Koblenzer/Günther, Abgabenrechtliche
Qualifizierung des neuen Rundfunkbeitrags und finanzverfassungsrechtliche
Konsequenzen, veröffentlicht unter
http://www.handelsblatt.com/downloads/7971384/2/Gutachten_Koblenzer S. 21 f;
Waldhoff, Verfassungsrechtliche Fragen der Steuer-/Haushaltsfinanzierung des
öffentlich-rechtlichen Rundfunks, AfP 2011, S. 1, 4; Jarass, Verfassungsrechtliche
Fragen einer Reform der Rundfunkgebühr, S. 48) oder aber im Hinblick auf eine
Qualifizierung als besondere (nichtörtliche) Verbrauchs- oder Aufwandssteuer dem
Steuerfindungsrecht der Länder durch eine entsprechende abschließende
Regelung des Bundes zu dieser Steuerart entzogen wäre (so wohl - zur Regelung
der Rundfunkgebühr nach dem Rundfunkgebührenstaatsvertrag - Siekmann, in:
Sachs, Grundgesetz Kommentar, 6. Aufl. 2011, vor Art. 104a GG Rn. 115; zum
Begriff der Aufwandsteuer näher BVerfG, Beschl. v. 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -,
BVerfGE 123, 1, 15 m.w.N.). Aus diesem Grunde kann die Kammer auch offen
lassen, ob dem Land - wie der Beklagte vorbringt - für den Bereich des
Rundfunkrechts eine umfassende sachkompetenzimmanente
Gesetzgebungskompetenz eingeräumt ist, die - entgegen der Regelung des Art.
105 GG - auch eine Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch
Steuern ermöglicht (zur abgabenrechtlichen Ausnahme von den Bindungen der
Art. 104a ff GG aufgrund besonderer Sachkompetenzen vgl. etwa BVerfG, Beschl.
v. 18.07.2005 - 2 BvF 2/01 -, BVerfGE 113, 167, 199f.; gegen eine Ausweitung der
Kompetenzordnung nach Art. 70; 104a ff GG auf der Grundlage des Art. 5 GG
explizit BVerfG, Entsch. v. 28.02.1961 - 2 BvG 1/60; 2/60 -, BVerfGE 12, 205, 242;
insoweit wohl missverständlich BVerfG, Urt. v. 22.02.1994 - 1 BvL 30/88 -, BVerfGE
90, 60, 105, wo die Durchbrechung der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung
nach Art. 104 a ff. GG durch den „Kabelgroschen“ nicht aufgrund der Kompetenz
der Länder zur Rundfunkfinanzierung, sondern aufgrund der ebenfalls erwähnten
Charakterisierung der Finanzierung als Gebührenfinanzierung ausgeschlossen
worden sein dürfte).
27 Die Zuordnung des nach § 2 Abs. 1 RBStV erhobenen Rundfunkbeitrags zu den
nichtsteuerlichen Abgaben folgt zwar nicht schon aus dem bloßen Umstand, dass
die Abgabe in § 2 Abs. 1 RBStV als „Beitrag“ bezeichnet ist (BVerfG, Beschl. v.
18.05.2004 - 2 BvR 2374/99 -, BVerfGE 110, 370, 384; unklar insoweit Kube, Der
Rundfunkbeitrag - Rundfunk- und finanzverfassungsrechtliche Einordnung,
Rechtsgutachten Juni 2013, S. 32, der die Bezeichnung als „Beitrag“ zumindest als
Argument für eine entsprechende Einordnung anführt). Maßgeblicher
Anknüpfungspunkt der Zuordnung einer Abgabe zum Begriff der Steuer oder der
nichtsteuerlichen Abgabe ist vielmehr der tatbestandlich bestimmte materielle
Gehalt der Abgabe (BVerfG, Urt. v. 06.07.2005 - 2 BvR 2335/95 -, BVerfGE 113,
128, 145), wobei es für die Qualifizierung einer Abgabe als Steuer im Sinne der
finanzverfassungsrechtlichen Kompetenzregelung der Art. 105 f GG entscheidend
darauf ankommt, ob die Abgabe „voraussetzungslos“, d.h. ohne rechtliche
Verknüpfung mit einer Gegenleistung für eine besondere staatliche Leistung, zur
Erzielung von Einkünften zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs erhoben
wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.07.2005, a.a.O., BVerfGE 113, 128, 146; Beschl. v.
18.05.2004, a.a.O., BVerfGE 110, 370, 384; Urt. v. 19.03.2003 - 2 BvL 9/98 u.a. -,
BVerfGE 108, 1, 13; Urt. v. 23.01.1990 - 1 BvL 44/86 u.a. -, BVerfGE 81, 156,
186f.).
28 Der Rundfunkbeitrag dient nach § 1 RBStV i.V.m § 12 und 40 des
Rundfunkstaatsvertrages der funktionsgerechten Finanzausstattung des öffentlich-
rechtlichen Rundfunks sowie der Finanzierung der Zulassungs- und
Aufsichtsfunktionen der Landesmedienanstalten einschließlich hierfür notwendiger
planerischer Vorarbeiten und der Förderung offener Kanäle. Zu entrichten ist der
Rundfunkbeitrag im privaten Bereich gemäß § 2 Abs. 1 RBStV für jede Wohnung
von deren (volljährigen) Inhabern, die hierbei jeweils als Gesamtschuldner auf
einen „Wohnungsbeitrag“ haften. Neben dieser Festlegung des
Verwendungszwecks der Rundfunkbeitragserhebung und des Kreises der
Abgabenschuldner findet sich in den gesetzlichen Regelungen des
Rundfunkbeitragsstaatsvertrags keine ausdrückliche Bestimmung zu der
Gegenleistung, für die die Abgabe erhoben wird. Daraus folgt jedoch nicht, dass
der Rundfunkbeitrag schon deshalb eine „voraussetzungslos“ erhobene Abgabe in
der Form einer Zwecksteuer darstellt, deren tatbestandliche Voraussetzung an das
bloße Innehaben einer Wohnung anknüpft und dessen Finanzierungszweck in den
Grenzen der §§ 7 HGrG und 8 BHO allein die „Ausgabenseite“ der
Abgabenerhebung bestimmt (a.A. Bölck, Der Rundfunkbeitrag, NVwZ 2014, 266,
268; zum Begriff der Zwecksteuer BVerfG, Beschl. v. 07.11.1995 - 2 BvR 413/88, 2
BvR 1300/93 -, BVerfGE 93, 319, 348; Beschl. v. 20.05.1959 - 1 BvL 1/58, 1 BvL
7/58 -, BVerfGE 9, 291, 300; Beschl. v. 04.02.1958 - 2 BvL 31/56, 2 BvL 33/56 -,
BVerfGE 7, 244, 254; allg. Vogel/Waldhoff, Kommentar zum Bonner Grundgesetz,
Stand: 1997, Vorb. zu Art. 104a - 115, Rn. 383ff). Denn auch wenn sich die für die
Qualifizierung einer Abgabe als nichtsteuerliche Vorzugslast notwendige rechtliche
Verknüpfung der Leistungspflicht des Abgabenschuldners mit einer Gegenleistung
aus dem tatbestandlich bestimmten materiellen Gehalt der Abgabenerhebung
ergeben muss, so reicht es aus der Sicht der Kammer doch aus, wenn sich diese
Verknüpfung mit hinreichender Klarheit im Wege der Auslegung aus dem
Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Regelung ableiten lässt (vgl. hierzu auch
BVerfG, Urt. v. 19.03.2003, a.a.O., BVerfGE 108, 1, 19f; Beschl. v. 06.11.2012 - 2
BvL 51/06, 2 BvL 52/06 -, BVerfGE 132, 334, 350, wo zur Rechtfertigung einer
Gebühr auf die gesetzgeberischen Zwecke abgestellt wird, die von der
erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen werden). Dies ist hier der
Fall:
29 Nach der dem Gesetzentwurf der Landesregierung zum Gesetz zum fünfzehnten
Rundfunkänderungsstaatsvertrag (LT-Drs. 15/197) beigefügten Begründung zu
diesem Staatsvertrag sind in der Erhebung des Rundfunkbeitrags für jede
Wohnung nach § 2 Abs. 1 RBStV und dem Verzicht auf den zuvor - nach
Maßgabe des bis zum 31.12.2012 geltenden Rundfunkgebührenstaatsvertrags -
maßgeblichen Gerätebezug „die grundlegenden Prinzipien des neuen
Beitragsmodells“ darin verankert, dass „zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks (…) beizutragen (hat), wer die allgemein zugänglichen Angebote des
Rundfunks empfangen kann, aber nicht notwendig empfangen (haben) muss“ (LT-
Drs. 15/197 S. 34). Damit bringt der Gesetzgeber klar zum Ausdruck, dass mit dem
Rundfunkbeitrag im privaten Bereich die Möglichkeit des Empfangs öffentlich-
rechtlichen Rundfunks abgegolten werden soll. Dabei ist dieses
Wechselseitigkeitsverhältnis zwischen der Abgabenpflicht des Wohnungsinhabers
und der Möglichkeit des Rundfunkempfangs in der Wohnung normativ dadurch
bestimmt, dass ein Wohnungsinhaber dann nach § 4 Abs. 6 RBStV von der
Beitragspflicht zu befreien ist, wenn es ihm - aus technischen Gründen - objektiv
unmöglich ist, in seiner Wohnung Rundfunk zu empfangen (LT-Drs. 15/197, S. 41).
Ähnlich ist das Wechselseitigkeitsverhältnis zwischen der Rundfunkbeitragspflicht
und der Möglichkeit des Empfangs öffentlich-rechtlichen Rundfunks aufgelöst,
wenn dem Wohnungsinhaber eine solche Rundfunknutzung - wie im Fall der
Taubblindheit - aus körperlichen Gründen unmöglich oder - wie im Fall der
Blindheit oder der Hörschädigung - nur eingeschränkt möglich ist. Diese Personen
werden im ersten Fall bei Taubblindheit gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 10 RBStV und
(sofern die Beitragspflicht nicht bereits in Anknüpfung an die Herausnahme der
entsprechenden Unterbringung gemäß § 3 Abs. 2 RBStV entfällt) bei
vergleichbaren absoluten körperlichen Rezeptionshindernissen nach § 4 Abs. 6
RBStV von der Beitragspflicht befreit; im zweiten Fall der nur eingeschränkten
Fähigkeit zum Rundfunkkonsum ist die Abgabenschuld in ihrer Höhe nach § 4
Abs. 2 RBStV reduziert. Schließlich besteht angesichts der tatbestandlichen
Offenheit der Befreiungsregelung in Härtefällen auch die Möglichkeit, eine den
genannten technischen oder körperlichen objektiven Unmöglichkeit des
Rundfunkkonsums vergleichbare Fallgestaltung in der Weise zu erfassen, dass die
deshalb objektiv ohne Vorteil gewährte Möglichkeit des Rundfunkempfangs ohne
Gegenleistungsverpflichtung des Wohnungsinhabers bleibt (vgl. etwa BVerfG,
Beschl. v. 12.12.2012 - 1 BvR 2550/12 -, NVwZ 2013, 423, 424, wo eine Befreiung
in den Fällen der religiös bedingten Verweigerung des Rundfunkempfangs als
„nicht von vornherein ausgeschlossen“ bewertet wird; ähnlich auch StGH BW,
Beschl. v. 19.08.2013 - 65/13 -, VBlBW 2014, 218).
30 Die damit nach der normativen Ausgestaltung der wohnungsbezogenen
Rundfunkbeitragspflicht gegebene rechtliche Abhängigkeit der Leistungspflicht des
Beitragsschuldners von der über diese Abgabe finanzierten Gegenleistung der
Rundfunkanstalten wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die die
Rundfunkbeitragspflicht begründende Möglichkeit des Rundfunkempfangs dem
Wohnungsinhaber - anders als unter der Geltung des
Rundfunkgebührenstaatsvertrags mit seiner Anknüpfung der Gebührenpflicht an
das Bereithalten eines Empfangsgeräts (§§ 2 Abs. 2; 1 Abs. 2 RGebStV) - durch
die flächendeckende Ausstrahlung quasi „aufgedrängt“ wird, ohne dass für diesen
(von der letztlich auf Grund absoluter Unverhältnismäßigkeit irrelevanten Aufgabe
eines festen Wohnsitzes abgesehen) eine Möglichkeit besteht, sich der
Leistungspflicht durch einen subjektiven Willensakt zu entziehen. Denn entgegen
einer in der Literatur (Degenhart, Verfassungsrechtliche Zweifelsfragen des
Rundfunkbeitragsstaatsvertrags, ZUM 2011, 193, 196; ähnlich auch Jarass, a.a.O.,
S. 33) geäußerten Auffassung stellt die Verzichtbarkeit einer abgabenpflichtigen
Nutzungsmöglichkeit eines staatlichen Leistungsangebots - wie die Regelungen
zur Erschließungsbeitragspflicht (§§ 127 Abs. 1; 133 BauGB) oder dem
kommunalen Anschluss- und Benutzungszwang (§ 11 GemO BW) zeigen - nach
Auffassung der Kammer kein Merkmal dar, das zur Voraussetzungslosigkeit einer
Abgabe und damit zu deren Einordnung als Steuer im Sinne des Art. 105 GG
führen müsste. Vielmehr kommt es - trotz der mit der fehlenden Verzichtbarkeit der
Gegenleistung des Staates verbundenen Auflösung des die nichtsteuerlichen
Abgaben charakterisierenden Prinzips des „do ut des“ (hierzu Vogel/Waldhoff,
a.a.O., Rn. 381) - für die Zuordnung einer Abgabe zum Bereich entweder der
(gegenleistungslosen) Steuern oder der (gegenleistungsabhängigen)
nichtsteuerlichen Abgaben allein darauf an, ob eine rechtliche Verbindung
zwischen der Abgabenpflicht des Bürgers und der Leistungserbringung des
Staates in dem Sinne besteht, dass die Abgabenpflicht bei einer irgendwie
gearteten Störung des Austauschverhältnisses entfällt oder entfallen kann (vgl.
auch Vogel/Waldhoff, a.a.O., Rn. 384; zustimmend Drüen, in: Tipke/Kruse,
Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, (Stand: Juni 2014), § 3 AO Rn. 18a).
Aus dem gleichen Grunde ist es für die Zuordnung der Rundfunkbeitragspflicht
zum kompetenziellen Bereich der nichtsteuerlichen Abgabenerhebung auch
unerheblich, dass den Rundfunkanstalten keine Möglichkeit eingeräumt ist, bei
einer Verweigerung der Beitragszahlung die Leistungserbringung einzustellen (zur
Befreiung von der Beitragspflicht bei entsprechend nachgewiesener finanzieller
Unmöglichkeit vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 1 - 9 RBStV).
31 Ergibt sich die Zuordnung des wohnungsbezogenen Rundfunkbeitrags nach § 2
Abs. 1 RBStV zum Bereich der nichtsteuerlichen Abgaben nach dem
Vorstehenden bereits aus der - und sei es über eine entsprechende Auslegung
des Anwendungsbereichs der Befreiungsmöglichkeiten nach § 4 Abs. 6 RBStV
sicherzustellenden - normativen Verbindung der Abgabenpflicht mit der
Rundfunkempfangsmöglichkeit in der Wohnung, spricht zusätzlich gegen die
Qualifizierung dieser Abgabe als Steuer, dass sie nicht der Erzielung von
Einnahmen für den allgemeinen Finanzbedarf des Gemeinwesens dient, sondern
ausschließlich der Deckung des speziellen Finanzbedarfs, der sich aus der
Notwendigkeit der (funktionsgerechten) Finanzierung des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks sowie der Zulassungs- und Aufsichtsfunktionen der
Landesmedienanstalten ergibt (§ 1 RBStV i.V.m §§ 12 und 40 RStV; zu diesem
Aspekt der Qualifizierung einer Abgabe als nichtsteuerlich vgl. BVerfG, Urt. v.
18.05.2004 - 2 BvR 2374/99, BVerfGE 110, 370, 384). Auch fließen diese Mittel
nicht - wie dies bei steuerlichen Abgaben zwingend erforderlich wäre (hierzu etwa
BVerfG, Beschl. v. 11.10.1994 - 2 BvR 633/86 -, BVerfGE 91, 186, 202) - in den
allgemeinen Landeshaushalt, sondern unterliegen - nach der Verteilung nach
gesetzlich bestimmten Anteilen (vgl. § 9 RFStV) - der Verwaltung durch die
öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (zu diesen Aspekten der Zuordnung einer
Abgabe zu den steuerlichen oder nichtsteuerlichen Abgaben BVerfG, Beschl. v.
06.07.2005, a.a.O., BVerfGE 113, 128, 146).
32 Entgegen der Auffassung des Kläger-Bevollmächtigten (hierzu auch ders./Günther,
a.a.O., S. 6 ff) und weiterer Stimmen in der Literatur (so insb. Korioth/Koemm,
a.a.O., DStR 2013, 833, 835f; Exner/Seifarth, a.a.O., NVwZ 2013, 1569, 1570f;
Degenhart, a.a.O., K&R Beihefter 1/2013, S. 1, 10f) wird die - hier vorgenommene -
formale Sonderung des Rundfunkbeitrags von den steuerlichen Abgaben im Sinne
des Art. 105 GG nicht dadurch in Frage gestellt, dass die als Gegenleistung für die
Rundfunkbeitragspflicht im privaten Bereich ausgestaltete Möglichkeit des
Rundfunkempfangs den beitragspflichtigen Wohnungsinhabern keinen
individuellen oder zumindest individualisierbaren Vorteil vermittelte, sondern eine
Leistung darstellte, die der - über den Begriff der Wohnungsinhaber faktisch
erfassten - Allgemeinheit erbracht werde. Dabei kann hier dahin gestellt bleiben, ob
diese Bewertung der als Gegenleistung zur Rundfunkbeitragspflicht ausgestalteten
Möglichkeit des Rundfunkempfangs in einer Wohnung tatsächlich zutrifft. Denn
auch wenn sich die Zuordnung einer Abgabe zum kompetenziellen Begriff der
Steuer in Art. 105 GG nach dem tatbestandlich bestimmten materiellen Gehalt
derselben bestimmt, ist hierbei maßgeblich auf das klar und eindeutig festgelegte
Kriterium der rechtlichen Verknüpfung der Abgabenpflicht mit einer Gegenleistung
sowie - ergänzend - auf den (fehlenden) Zufluss der Mittel in den Haushalt
abzustellen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.07.2005, a.a.O., BVerfGE 113, 128, 146;
Beschl. v. 18.05.2004, a.a.O., BVerfGE 110, 370, 384; Urt. v. 19.03.2003 - a.a.O. -,
BVerfGE 108, 1, 13; hierzu auch VerfGH Rh.-Pf., Urt. v. 13.05.2014 - VGH B 35/12
-, juris Rn. 98), ohne die dadurch ermöglichte formale Zuordnung der Abgabe zu
den finanzverfassungsrechtlichen Zuständigkeitsbereichen von Bund und Ländern
(vgl. hierzu BVerfG, Urt. v. 28.03.2002 - 2 BvG 1/01, 2 BvG 2/02 -, BVerfGE 105,
185, 193 f) durch eine materielle Bewertung der Gegenleistungsfunktion der
Abgabe zu belasten. Insofern ist zwischen der formalen Zuordnung einer Abgabe
zum Begriff der Steuer und den weiteren materiellen
Zulässigkeitsvoraussetzungen von Steuern und nichtsteuerlichen Abgaben zu
unterscheiden (ähnlich auch BVerfG, Urt. v. 19.03.2003 - a.a.O. -, BVerfGE 108, 1,
13f.).
33 Aus den gleichen Erwägungen heraus misst die Kammer den weiteren gegen die
Qualifizierung des Rundfunkbeitrags als nichtsteuerliche Abgabe erhobenen
Einwendungen zur fehlenden Unmittelbar- und Sachgerechtigkeit der Verknüpfung
zwischen dem Nutzungsvorteil der Möglichkeit des Rundfunkempfangs und dem
Innehaben einer Wohnung (hierzu Bölck, a.a.O., NVwZ 2014, 266, 268;
Korioth/Koemm, a.a.O., DStR 2013, 833, 835; Exner/Seifarth, a.a.O., NVwZ, 2013,
1569, 1571; Koblenzer/Günther, a.a.O., S. 13 ff; Degenhart, a.a.O., K&R 2013,
Beihefter 1, 1, 17) jedenfalls im Rahmen der hier maßgeblichen Frage der formalen
Zuordnung des Rundfunkbeitrags zu dem kompetenziellen Bereich der
nichtsteuerlichen Abgaben keine Bedeutung zu. Dies gilt umso mehr, als diese
Aspekte auf Tatbestandsmerkmale des spezifischen Abgabentyps des Beitrags
als einer Vorzugslast bezogen sind und damit die Zuordnung des
Rundfunkbeitrags zum Regelungsbereich des Art. 105 GG nicht - wie systematisch
erforderlich - vom verfassungsrechtlichen Begriff der Steuer her bestimmen.
34 2.2.4. Ist der Rundfunkbeitrag begrifflich als nichtsteuerliche Abgabe einzustufen,
für deren Erhebung und Ausgestaltung nach der Regelung des Art. 70 Abs. 1 GG
die allgemeine Gesetzgebungskompetenz des Landes gegeben ist (grundlegend
BVerfG, Entsch. v. 28.02.1961 - 2 BvG 1/60, 2/60 -, BVerfGE 12, 205, 249), kann
die Kammer keine hinreichende Überzeugungsgewissheit davon erlangen, dass
dieses bei der Erhebung und Bemessung des Rundfunkbeitrags nach § 2 Abs. 1
RBStV die Anforderungen missachtet hätte, die sich hierbei aus der Begrenzungs-
und Schutzfunktion der bundesstaatlichen Finanzverfassung nach Art. 104a ff. GG
auch hinsichtlich des Umfangs der Regelungsbefugnis des Gesetzgebers im
Bereich nichtsteuerlicher Abgaben ergeben.
35 Die im Wesentlichen auf das Finanzierungsmittel der Steuer beschränkten
Regelungen der Art. 104a ff GG schließen die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben
verschiedener Art zwar nicht aus, setzen jedoch der auf die
Sachgesetzgebungskompetenzen von Bund und Ländern gestützten Erhebung
nichtsteuerlicher Abgaben zum Schutz der finanzverfassungsrechtlichen
Mittelverteilung und der Bürger Grenzen (hierzu BVerfG, Beschl. v. 06.11.2012 - 2
BvL 51/06, 2 BvL 52/06 -, BVerfGE 132, 334, 349; Beschl. v. 07.11.1995 - 2 BvR
413/88 u.a. -, BVerfGE 93, 319, 342). So bedürfen nichtsteuerliche Abgaben - über
die Einnahmenerzielung hinaus - einer besonderen sachlichen Rechtfertigung. Sie
müssen sich zudem ihrer Art nach von der Steuer, die voraussetzungslos auferlegt
und geschuldet wird, deutlich unterscheiden. Auch muss die Erhebung einer
nichtsteuerlichen Abgabe der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen
Rechnung tragen. Schließlich bedarf die Erhebung von nichtsteuerlichen Abgaben
auch einer Rechtfertigung im Hinblick auf die Abweichung vom Grundsatz der
Vollständigkeit des Haushalts, mit dem in der Sache gewährleistet werden soll,
dass das Parlament den vollen Überblick über das dem Staat verfügbare
Finanzvolumen und damit auch über die dem Bürger auferlegte Abgabenlast erhält
(hierzu BVerfG, Urt. v. 06.07.2005 - 2 BvR 2335/95 u.a. -, BVerfGE 113, 128, 146 f;
Beschl. v. 18.05.2004 - 2 BvR 2374/99 - BVerfGE 110, 370, 387f; Urt. v.
19.03.2003 - 2 BvL 9/98 u.a. -, BVerfGE 108, 1, 13 ff).
36 Die Kammer hat durchaus Bedenken, ob der Rundfunkbeitrag nach § 2 Abs. 1
RBStV sämtliche Tatbestandsmerkmale erfüllt, die an die klassische und zum -
auch verfassungsrechtlich - tradierten Stand staatlicher Tätigkeit gehörende
Abgabenform des Beitrags gestellt sind. Aus diesem Grund geht sie nicht bereits
deshalb davon aus, dass der Rundfunkbeitrag sich dem Grunde nach hinreichend
deutlich von der Steuer unterscheidet und er durch seine anerkannte
Ausgleichsfunktion sachlich gerechtfertigt ist (zu dieser Folge der Zuordnung einer
nichtsteuerlichen Abgabe zum Begriff der Gebühr oder des Beitrags vgl. BVerfG,
Urt. v. 19.03.2003 - 2 BvL 9/98 u.a., BVerfGE 108, 1, 17; Beschl. v. 07.11.1995 - 2
BvR 413/88 u.a. -, BVerfGE 93, 319, 342).
37 Als nichtsteuerliche Vorzugslast verfolgt der Beitrag zwar - wie die Steuer - einen
Finanzierungszweck; hierbei knüpft er jedoch - im Gegensatz zur Steuer - an einen
besonderen Vorteil an, den der Beitragsschuldner dadurch erlangt, dass ihm eine
Einrichtung des Staates individualisierbar zur Benutzung zur Verfügung steht.
Legitimierender Grund des Beitrags ist damit die Gewährung eines konkreten,
einzeln greifbaren (hierzu BVerfG, Beschl. v. 12.10.1978 - 2 BvR 154/74 -,
BVerfGE 49, 343, 353) und damit besonderen Nutzungsvorteils, den der
Abgabenpflichtige als Teil der Gruppe erlangt, der die öffentliche Einrichtung mit
ihren Leistungen zur Verfügung steht (hierzu BVerfG, Urt. v. 06.07.2005 - 2 BvR
2335/95 u.a. -, 113, 128, 148; Beschl. v. 18.05.2004 - 2 BvR 2374/99 -, BVerfGE
110, 370, 388; Beschl. v. 26.05.1976 - 2 BvR 995/75 -, BVerfGE 42, 223, 228;
Entsch. v. 16.10.1962 - 2 BvL 27/60 -, BVerfGE 14, 312, 317; allg. Korioth, in:
Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts,
Bd. III, 2. Aufl. 2013, § 44 S. 123 ff; Vogel/Waldhoff, a.a.O., Vorbem. z. Art. 104a -
115, Rn. 429; Heun, in: Dreier, GG Kommentar, Bd. III, 2. Aufl. 2008, Art. 105 Rn.
20 jew. m.w.N.). Insofern ist insbesondere problematisch, ob der Qualifizierung der
Möglichkeit des Rundfunkkonsums innerhalb der Wohnung als beitragstypisch
„gruppennütziger Sondervorteil“ aller volljährigen Wohnungsinhaber
entgegensteht, dass diese Gruppe aufgrund der Weite des verbindenden
Gruppenmerkmals mit der Allgemeinheit identisch ist (so insb. Korioth/Koemm,
a.a.O., DStR 2013, 833, 836; Exner/Seifarth, a.a.O., NVwZ 2013, 1569, 1572;
Bölck, a.a.O., NVwZ 2014, 266, 267; ebenso - unter Betonung der
Unwiderleglichkeit der Vermutung der Zugehörigkeit aller Wohnungsinhaber zur
Gruppe der Rundfunkteilnehmer - Degenhart, a.a.O., K&R 2013, Beihefter 1, S.
10ff.; ähnlich auch Koblenzer/Günther, a.a.O., S. 7 f, wenn dort die Widerleglichkeit
der Rundfunknutzung als Element der Individualisierbarkeit des Vorteils
angesehen wird; zur Notwendigkeit der Abgrenzung des abgabenpflichtigen
Personenkreises von der Allgemeinheit vgl. etwa BVerfG, Beschl. v. 11.10.1994 - 2
BvR 633/86 -, BVerfGE 91, 186, 204; Beschl. v. 12.10.1994 -1 BvL 19/90 -,
BVerfGE 91, 207, 223f). Jedenfalls kann der Hinweis darauf, dass eine Gebühr für
die Ausstellung eines Personalausweises nicht dadurch zur Steuer wird, dass sie
aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung zum Besitz eines Personalausweises
nach § 1 Abs. 1 PAuswG im Ergebnis jeder deutsche Bürger ab einem Alter von 16
Jahren entrichten muss (so Kube, Der Rundfunkbeitrag - Rundfunk- und
verfassungsrechtliche Einordnung, 2013, S. 33; Schneider, Die Zulässigkeit
typisierender Normen am Beispiel des Rundfunkbeitrags, DStR 2014, 509; ähnlich
ders., Antworten auf „Verfassungsfragen des Betriebsstättenbeitrags nach dem
Rundfunkbeitragsstaatsvertrag der Länder, ZUM 2013, 472, 477), kaum
überzeugen. Denn abgesehen davon, dass die Inanspruchnahme der Leistung
hier auf einem vorgelagerten gesetzlichen Zwang beruht, der im Bereich des
Empfangs des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht existiert und auch nicht
existieren kann, ist die Gebührenpflicht für die Ausstellung eines
Personalausweises immer auf ein konkret veranlasstes Verwaltungshandeln
bezogen und nicht auf die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, der ein Sondervorteil
zugewendet wird. Ebenfalls ohne große Überzeugungskraft ist die Sichtweise,
nach der sich die Bestimmung des beitragsspezifischen „Sondervorteils“ allein
nach der Individualisierbarkeit des Leistungsangebots für den einzelnen
Beitragsschuldner und ohne Rücksicht darauf bestimmt, inwieweit auch anderen
diese Nutzungsvorteile zukommen (so wohl Kube, a.a.O., S. 33, ähnlich auch
VerfGH Rh.-Pf., Urt. v. 13.05.2014, a.a.O., Rn. 103). Denn anders als in Bezug auf
die formale Zuordnung einer Abgabe zum kompetenziellen Bereich der Steuer
oder der nichtsteuerlichen Leistungen steht bei der Zuordnung des - hier auf Grund
der rechtlichen Verknüpfung der Abgabenpflicht mit einer spezifischen
Nutzungsmöglichkeit - als nichtsteuerliche Abgabe qualifizierten Rundfunkbeitrags
nach § 2 Abs. 1 RBStV zu dem abgabenrechtlichen Begriff des Beitrags die
Sicherung der Begrenzungs- und Schutzfunktion der Finanzverfassung im
Vordergrund. Diese Begrenzungs- und Schutzfunktion verlöre in Bezug auf ihre
grundsätzliche Anerkennung der Möglichkeit einer Gebühren- und
Beitragserhebung jedoch an der notwendigen Überzeugungskraft, wenn der
Beitragsbegriff durch die - rechtstechnisch in weitem Umfang mögliche -
Zuweisung der Erbringung einer individualisierten Staatsaufgabe an eine
öffentliche Einrichtung auf Leistungsangebote bezogen werden könnte, die in der
Sache der Allgemeinheit erbracht werden und dementsprechend als Gemeinlast
durch Steuern zu finanzieren wären (zu diesem Gedanken auch, wenn auch unter
dem Aspekt des bei der Verknüpfung unverzichtbarer Leistungen an die
Gemeinschaft mit einer Gegenleistung in Frage gestellten Prinzips des „do ut des“,
Vogel/Waldhoff, a.a.O., 381).
38 Allerdings spricht vieles dafür, dass die aus der Schutz- und Begrenzungsfunktion
der bundesstaatlichen Finanzverfassung abzuleitenden Vorgaben an die
Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben nach der konkreten Ausgestaltung der
Rundfunkbeitrags in § 2 Abs. 1 RBStV auch ohne die eindeutige Zuordnung dieser
Abgabe zum Abgabentypus des Beitrags beachtet worden sind. Dies ist vor allem
durch die strukturellen Besonderheiten bedingt, die sich aus der Gewährleistung
der Rundfunkfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG hinsichtlich der Sicherung der
Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einschließlich seiner
bedarfsgerechten Finanzierung ergeben (für die Einordnung der Rundfunkbeiträge
als einer der Sachkompetenz für das Rundfunkrecht immanenten -
nichtsteuerlichen - Abgabenform sui generis vgl. etwa - bereits für die
Rundfunkgebühr nach dem Rundfunkgebührenstaatsvertrag - Gersdorf/Brosius-
Gersdorf, Rechtsfragen des Teilnehmerentgelts nach bayerischem Rundfunkrecht,
1997, S. 62 ff, 70 ff; Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, 2003, S. 155;
Dittmann, Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch eine
Medienabgabe, 2009, S. 41 ff; ähnlich auch Jachmann, in, v.Mangoldt/Klein/Stark,
Grundgesetz, Kommentar, Bd. III, 6. Aufl. 2010, Art. 105 Rn. 23; Jarass, a.a.O., S.
44f).
39 So ist die Erhebung eines Rundfunkbeitrags zunächst durch die
Finanzierungsgarantie zugunsten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks besonders
sachlich gerechtfertigt. Rundfunkbeiträge dienen nicht, wie Steuern, der Erzielung
von Einnahmen für den allgemeinen Finanzbedarf eines öffentlichen
Gemeinwesens, sondern werden - wie dargelegt - gemäß § 1 RBStV zur
funktionsgerechten Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und
zur Finanzierung der Aufgaben nach § 40 des Rundfunkstaatsvertrags erhoben.
Das Aufkommen aus dem Rundfunkbeitrag fließt nicht, wie das Steueraufkommen,
in den allgemeinen Haushalt, sondern wird gemäß § 9 RFinStV auf die öffentlich-
rechtlichen Rundfunkanbieter aufgeteilt. Damit erfüllt der Gesetzgeber seinen
Auftrag, über eine entsprechende Finanzierungsregelung dafür Vorsorge zu
treffen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine Funktion unbeeinflusst von
jeglicher Indienstnahme für außerpublizistische Zwecke, seien sie politischer oder
ökonomischer Natur, erfüllen kann (BVerfG, Urt. v. 25.03.2014 – 1 BvF 1/11 u. a. –
NVwZ 2014, 867, 869; Urt. v. 11.09.2007 - 1 BvR 2270/05 u.a. -, BVerfGE 119,
181, 214 ff.; näher zum spezifischen Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks und den hieraus abgeleiteten Anforderungen an die Finanzierungsform
vgl. Fehling in: Ehlers/Fehling/Pünder, Besonderes Verwaltungsrecht, Bd. 2, 3. Aufl
2013, Kap. „Medien- und Informationsrecht“, S. 1053 ff; Rn. 53 ff, 80f). Denn durch
die Erhebung der nichtsteuerlichen Rundfunkbeitragszahlungen wird eine
quotenunabhängige Deckung des Finanzbedarfs erreicht, die es den öffentlich-
rechtlichen Rundfunkanstalten ermöglicht, ein Programm anzubieten, das den im
Rahmen der dualen Rundfunkordnung allein über die privaten Rundfunkanbieter
nicht gewährleisteten, verfassungsrechtlichen Anforderungen gegenständlicher
und meinungsmäßiger Vielfalt entspricht und das sich gleichzeitig einer möglichen
Einflussnahme des Haushaltsgesetzgebers auf das Programm bei der Zuweisung
der Finanzmittel weitgehend entzieht (vgl. BVerfG, Urt. v. 11.09.2007, a.a.O.,
BVerfGE 119, 181, 219; Urt. v. 22.02.1994 - 1 BvL 30/88 -, BVerfGE 90, 60, 90).
Hinzu kommt die Rechtfertigung der Beitragserhebung durch die
Ausgleichsfunktion der Rundfunkabgabe. Denn neben den - mittelbaren, auf die
Gesellschaft insgesamt bezogenen - Vorteilen eines vielfaltsichernden öffentlich-
rechtlichen Rundfunks dient die Beitragserhebung auch dem Ausgleich des
(zumindest potentiellen) Vorteils, der in der Möglichkeit des Beitragsschuldners zur
individuellen Nutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunkangebots liegt.
40 Der über die Finanzierungsgarantie des Art. 5 Abs. 1 GG und die hieraus
folgenden sachgerechten Strukturen begründeten Rechtfertigung der
nichtsteuerlichen Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch den
Rundfunkbeitrag nach § 2 Abs. 1 RBStV steht nicht entgegen, dass die
Rundfunkbeitragspflicht im privaten Bereich - aufgrund der dem
Abgabentatbestand zugrunde liegenden Anknüpfung an das Innehaben einer
Wohnung - nahezu jeden Volljährigen im Inland erfasst.
41 So liegt der tatbestandlichen Anknüpfung der Beitragspflicht an das Innehaben
einer Wohnung die sachgerechte Erwägung zugrunde, dass die einzelnen
Personen als Adressaten des Programmangebots den Rundfunk vornehmlich in
einer der beitragspflichtigen Raumeinheiten nutzen oder nutzen können und dass
deshalb das Innehaben einer solchen Raumeinheit ausreichende Rückschlüsse
auf den abzugeltenden Vorteil zulässt. Das begründet einen ausreichenden
inneren Sachzusammenhang zwischen der Geldzahlungspflicht und dem mit ihr
verfolgten gesetzgeberischen Ziel des Vorteilsausgleichs (so auch BayVerfGH,
Entsch. v. 15.05.2014 - Vf.8-VII-12, Vf. 24-VII-12 -, Juris Rn. 75; a.A. Degenhart,
a.a.O., K&R Beihefter 1, S. 11; Korioth/Koemm, a.a.O., DStR 2013, 833, 835;
Exner/Seifarth, a.a.O., NVwZ 2013, 1569,1571).
42 Die hiermit - unter dem Gesichtspunkt der Zuordnung der Abgabe zum Begriff des
Beitrags sowie dem finanzverfassungsrechtlichen Gebot der deutlichen
Unterscheidung zur Steuerlast problematische - Weite des Kreises der
Abgabenpflichtigen ist trotz der damit gegebenen Annäherung der Abgabenpflicht
an eine - grundsätzlich der Steuerfinanzierung vorbehaltene - Gemeinlast dadurch
gerechtfertigt, dass sich das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks zwar grundsätzlich an die Allgemeinheit richtet, eine Steuerfinanzierung
dieses Angebots jedoch im Hinblick auf die Budgetbindung von Steuereinnahmen
und die damit gegebene Nähe der Mittelzuweisung an die öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanstalten an die politische Entscheidungsgewalt des
Haushaltsgesetzgebers zur verfassungsrechtlich geforderten Staatsferne der
Rundfunkfinanzierung in Widerspruch tritt (ausführlich hierzu Kirchhof, a.a.O., S.
30; Kube, a.a.O., S. 19 ff). Insofern schließen die für den Bereich der
Rundfunkfinanzierung bestehenden strukturellen Besonderheiten eine
missbräuchliche Umgehung der sonst über die Finanzverfassung gezogenen
Grenzen der nichtsteuerlichen Finanzierung von Staatsaufgaben sowohl in Bezug
auf den Grundsatz der Vollständigkeit des Haushalts als auch in Hinblick auf die
Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen aus (zu diesen Grenzen der
Abgabenerhebung vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.11.2012 - 2 BvL 51/06, 2 BvL 52/06 -,
BVerfGE 132, 334, 349; Beschl. v. 07.11.1995 - 2 BvR 413/88 u.a. -, BVerfGE 93,
319, 342).
43 2.2.5. Die Rundfunkbeitragspflicht nach § 2 Abs. 1 RBStV verstößt auch sonst
nicht gegen materielles Verfassungsrecht. Insbesondere ist die für den privaten
Bereich getroffene Regelung der gesamtschuldnerischen Haftung aller volljährigen
Wohnungsinhaber auf eine wohnungsbezogene Rundfunkgebühr mit dem
allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
44 Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und
wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Dies gilt sowohl für ungleiche
Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen. Nimmt der Gesetzgeber bei
einer Regelung Differenzierungen vor oder behandelt er Sachverhalte trotz
bestehender Unterschiede gleich, so bedarf er hierfür stets der Rechtfertigung
durch Sachgründe, welche dem Regelungsziel und dem Ausmaß der
Ungleichbehandlung angemessen sind (vgl. etwa BVerfG, Beschl. v. 07.05.2013 –
2 BvR 909/06 u.a. –, BVerfGE 133, 377, 407 f; Beschl. v. 07.02.2012 – 1 BvL
14/07 –, BVerfGE 130, 240, 254; Beschl. v. 12.10.2010 – 1 BvL 14/09 –, BVerfGE
127, 263, 280). Insofern darf der Gesetzgeber - im Interesse der Praktikabilität und
Wirtschaftlichkeit des Verwaltungsaufwands - insbesondere im Bereich der
Abgabenerhebung Sachverhalte typisieren und Besonderheiten einzelner Fälle
vernachlässigen, wenn die Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der
mit der Typisierung verbundenen Ungleichheit der Belastung stehen und sich die
Typisierung realitätsgerecht an einem typischen Fall orientiert (BVerfG, Beschl. v.
04.02.2009 - 1 BvL -, BVerfGE 123, 1, 19 m.w.N.).
45 Mit diesen Anforderungen steht § 2 Abs. 1 RBStV in Einklang. Indem der
Gesetzgeber für jede Wohnung deren Inhaber (§ 2 Abs. 2 RBStV) ohne weitere
Unterscheidung einen einheitlichen Rundfunkbeitrag auferlegt, hat er nicht
wesentlich Ungleiches ohne Rechtfertigung gleich behandelt. Die hierin liegende
Typisierung der Möglichkeit der Nutzung des öffentlich-rechtlichen
Rundfunkprogramms durch die in einer Wohnung zusammenlebenden Personen
ist trotz der in der Lebenswirklichkeit anzutreffenden Verschiedenheit der hier
gegebenen Rundfunknutzung sachlich hinreichend gerechtfertigt. Es ist
angesichts des dem Gesetzgeber gerade bei der Erhebung einer Abgabe in einem
Massenverfahren eingeräumten weiten Gestaltungsraums nicht zu beanstanden,
dass die Abgabenpflicht weder nach dem tatsächlichen Willen des Einzelnen zur
Nutzung des Rundfunkprogramms noch nach der Art der Rundfunknutzung
differenziert. Diese abgabenrechtliche Gleichbehandlung aller Wohnungsinhaber
ist dadurch gerechtfertigt, dass die Beitragserhebung bei etwa 39 Millionen
Wohnungen in einem Verfahren ausgestaltet sein muss, das aufwändige
Ermittlungen vermeidet und bei einer eher geringen Belastung von monatlich 17,98
Euro die grundrechtlich gewährleistete Privatheit in der besonders geschützten
Wohnung (Art. 13 GG) wahrt. Dabei ist die mit der Anknüpfung der Beitragspflicht
an das Innehaben einer Wohnung mit der Möglichkeit der Rundfunknutzung als
abzugeltenden Vorteil durch die plausible und realitätsgerechte Erwägung
sachgerecht erfasst, dass die mit dem Merkmal der Wohnung umfasste
Personengruppe eines Haushalts, etwa eine Familie oder eine Wohngemeinschaft,
hinsichtlich der Rundfunknutzung oder -nutzungsmöglichkeit eine Gemeinschaft
bildet, in der sich die unterschiedlichen Nutzungsarten und -gewohnheiten
ausgleichen (vgl. LT-Drs. 15/197, S. 34). Gleichzeitig beugt die Typisierung
gleichheitswidrigen Erhebungsdefiziten oder Umgehungen der Beitragspflicht vor,
wie sie durch weitere Differenzierungen zwangsläufig hervorgerufen würden und
nach dem bisherigen Modell der Anknüpfung an das Bereithalten eines
Empfangsgeräts im großen Maße hervorgerufen wurden. Sie verhindert damit eine
Benachteiligung der Rechtstreuen und dient einer größeren Abgabengerechtigkeit
(hierzu Kirchhof, a.a.O., S. 12 ff).
46 Die Anknüpfung der Beitragspflicht an eine typisierende Verbindung zwischen dem
Innehaben einer Wohnung und einem dort gegebenen beitragspflichtigen Vorteil
aus dem Programmangebot der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten musste
auch nicht in der Weise als für den Einzelnen widerleglich ausgestaltet werden,
dass diesem zur Vermeidung der Beitragspflicht der Nachweis erlaubt wird, in dem
durch seine Wohnung erfassten Haushalt werde das Programm des öffentlich-
rechtlichen Rundfunks willentlich nicht empfangen (so aber insb. Degenhart,
a.a.O., ZUM 2011, 193, 196; ders. K&R 2013, Beihefter 1 S. 15 ff.; Exner/Seifarth,
a.a.O., NVwZ 2013, 1569, 1573f; Koblenzer/Günther, a.a.O., S. 12 ff). Vielmehr
durfte der Gesetzgeber angesichts der Vielgestaltigkeit der Möglichkeiten des
Rundfunkempfangs, der hohen Durchdringung nahezu aller Haushalte mit
tauglichen Empfangsgeräten und der damit verbundenen Schwierigkeiten einer
effektiven und - auch in Hinblick auf den Verwaltungsaufwand verhältnismäßigen -
Überprüfung einer solchen Darlegung auf die Möglichkeit der Vermeidung der
Rundfunkbeitragspflicht allein unter Berufung auf einen fehlenden subjektiven
Willen zum Rundfunkempfang verzichten. Soweit der subjektive Wille zur
Nichtnutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunkangebots in den Schutzbereich
eines von der allgemeinen Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG verschiedenen
Grundrechts wie etwa der Religionsfreiheit fällt und die dennoch gegebene
Heranziehung zur Finanzierung dieses Programms deshalb den Charakter eines -
nicht mehr rechtfertigungsfähigen - Grundrechtseingriffs bekäme, begründet dies
keine grundsätzliche Verfassungswidrigkeit der Rundfunkbeitragserhebung nach §
2 Abs. 1 RBStV. Denn dieser Sondersituation, die im Fall des Klägers nicht vorliegt,
kann im Zweifel über eine entsprechende verfassungskonforme Anwendung der
allgemeinen Härtefallregelung des § 4 Abs. 6 RBStV Rechnung getragen werden
(vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 12.12.2012 - 1 BvR 2550/12 -, NVwZ 2013, 423;
StHG BW, Beschl. v. 19.08.2013 - 65/13 -, VBlBW 2014, 218; ähnlich auch VG
Osnabrück, Urt. v. 01.04.2014 - 1 A 182/13 -, juris).
47 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kammer sieht
gemäß § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, die Entscheidung hinsichtlich der Kosten für
vorläufig vollstreckbar zu erklären.
48 Die Zulassung der Berufung folgt aus §§ 124a Abs. 1 Satz 1; 124 Abs. 2 Nr. 3
VwGO. Die mit der Rechtssache aufgeworfene Frage der Einordnung des
Rundfunkbeitrags in das finanzverfassungsrechtliche Kompetenzgefüge des
Grundgesetzes bedarf aufgrund der Vielzahl der von dieser Frage betroffenen
Rechtsanwendungsfälle einer rechtseinheitlichen Klärung und hat deshalb
grundsätzliche Bedeutung.
49 Die Entscheidung über die Zulassung der Sprungrevision erfolgt gemäß § 134
Abs. 2 Satz 1 VwGO von Amts wegen, ohne dass es eines entsprechenden
ausdrücklichen Antrags eines Verfahrensbeteiligten bedurft hätte. Der
Zulassungsgrund folgt aus § 132 Abs. 1 Nr. 1 VwGO; die Rechtssache hat auch in
Hinblick auf die Rechtsvereinheitlichung durch das Bundesverwaltungsgericht als
der Revisionsinstanz grundsätzliche Bedeutung, weil die hier
entscheidungserhebliche Rechtsfrage der Einordnung des Rundfunkbeitrags in
das finanzverfassungsrechtliche Gefüge des Grundgesetzes auf nach § 137 Abs.
1 Nr. 1 VwGO revisibles Recht bezogen ist.