Urteil des VG Freiburg vom 19.05.2014

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VG Freiburg Beschluß vom 19.5.2014, 2 K 1130/14
Zur Frage der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruches gegen eine
Abschiebungsandrohung bei Ausländern ohne Aufenthaltstitel
Leitsätze
Ein Ausländer, der sich nach Art. 1 II EG-Visa-VO erlaubt ohne Aufenthaltstitel im
Bundesgebiet aufhält, verliert diesen Status mit seiner Ausweisung unabhängig
davon, dass sein Widerspruch gegen die Ausweisung aufschiebende Wirkung hat.
Die in der Abschiebungsandrohung gesetzte Frist zur freiwilligen Ausreise muss zu
einem Zeitpunkt enden, in dem der betroffene Ausländer vollziehbar ausreisepflichtig
ist.
Die mit dem Verlust des Rechts auf erlaubnisfreien Aufenthalt verbundene
Ausreisepflicht ist nach § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG vollziehbar.
Tenor
Die Anträge der Antragsteller werden abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Der Streitwert wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
1 Die Antragsteller begehren die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer
Widersprüche gegen die gleichlautenden Bescheide der Antragsgegnerin vom
02.05.2014, mit denen sie jeweils - befristet auf zwei Jahre (Ziffer 4) - aus der
Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen wurden (Ziffer 1) und ihnen unter
Setzung einer Ausreisefrist bis spätestens zum 07.05.2014 (Ziffer 2) für den Fall
der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung nach Serbien oder in einen
anderen aufnahmebereiten Staat angedroht wurde (Ziffer 3).
2 1) Diese Anträge sind unzulässig, soweit sie sich auf die Ausweisungsverfügung in
Ziffer 1 der Bescheide beziehen. Denn insoweit kommt den Widersprüchen der
Antragsteller nach § 80 Abs. 1 VwGO bereits kraft Gesetzes aufschiebende
Wirkung zu. Die Regelung des § 84 Abs. 1 AufenthG, nach welcher die
aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage bei bestimmten
ausländerrechtlichen Maßnahmen entfällt, findet auf die Ausweisungsverfügung
keine Anwendung.
3 2) Im Übrigen, d.h. soweit sich die Anträge auf die unter Bestimmung einer
Ausreisefrist verfügte Abschiebungsandrohung beziehen, sind diese zulässig.
Denn den Widersprüchen kommt insoweit aufgrund des vollstreckungsrechtlichen
Charakters der Abschiebungsandrohung – entgegen der Regel des § 80 Abs. 1
VwGO - gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO i.V.m. § 12 LVwVG keine aufschiebende
Wirkung zu.
4 Die Anträge sind jedoch nicht begründet. Die bei der Entscheidung über die
Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nach § 80 Abs. 5
VwGO notwendige Abwägung der Kammer zwischen dem gesetzlich
angeordneten öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der
Abschiebungsandrohung und dem Interesse der Antragsteller, zumindest vorläufig
von auf der Abschiebungsandrohung aufbauenden weiteren Zwangsmaßnahmen
zur Durchsetzung der Ausreisepflicht verschont zu werden, fällt zulasten des
Suspensivinteresses der Antragsteller aus. Dies ergibt sich daraus, dass die
Abschiebungsandrohungen nach der im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO allein
möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und
Rechtslage die Antragsteller voraussichtlich nicht in deren Rechten verletzen und
deshalb der gegen diese eingelegte Rechtsbehelf in der Hauptsache erfolglos
bleiben dürfte.
5 a) Die Rechtmäßigkeit der gegenüber den Antragstellern auf der Grundlage des §
59 Abs. 1 AufenthG verfügten Abschiebungsandrohungen setzt zunächst voraus,
dass die Antragsteller ausreisepflichtig sind, wobei diese Ausreisepflicht zum
Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung nicht notwendig vollziehbar sein muss (vgl.
VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.04.2003 - 11 S 1188/02 - InfAuslR 2003, 341; Beschl.
v. 11.02.2005 - 11 S 1170/04 - VBlBW 2005, 360 sowie Beschl. v. 29.04.2013 - 11
S 581/13 -, juris, m.w.N.). Diese Ausreisepflicht der Antragsteller ist hier nach § 50
Abs. 1 AufenthG gegeben, da diese als Ausländer nicht über einen für den
weiteren Verbleib im Bundesgebiet erforderlichen Aufenthaltstitel verfügen. Zwar
waren die beiden Antragsteller als serbische Staatsangehörige nach § 4 Abs. 1
AufenthG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens
vom 14.06.1985 (ABl. 2000 Nr. L 239 S. 19; zul. geänd. d. Art. 1 VO (EU) 265/2010
vom 25.03.2010, ABl. Nr. L 85 S 1) i.V.m. Art. 1 Abs. 2 der EG-Visa-VO (VO (EG)
Nr. 539/2001 vom 15.03.2001, ABl. Nr. L 81, S. 1; zul. geänd. d. VO (EU)
1211/2010 v. 15.12.2010, ABl. Nr. L 339, S. 6) berechtigt, ohne Visum in das
Bundesgebiet einzureisen und sich hier bis zu 3 Monate ohne einen förmlichen
Aufenthaltstitel im Sinne des § 4 Abs. 1 AufenthG aufzuhalten. Es kann dahin
gestellt bleiben, ob diese Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels, die
aufgrund der unstreitig am 05.03.2014 erfolgten Einreise noch bis zum 05.06.2014
andauern könnte, bereits nach Art. 4 Abs. 3 der EG-Visa-VO i.V.m. § 17 AufenthV
entfallen ist, indem die Antragsteller im Bundesgebiet einer Erwerbstätigkeit
nachgegangen sind. Denn jedenfalls ist die Befreiung vom Erfordernis eines
Aufenthaltstitels nach § 51 Abs. 5 AufenthG durch die gegenüber den
Antragstellern verfügte Ausweisung mit dem Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe zum
02.05.2014 entfallen, sodass die Antragsteller unmittelbar mit diesem Zeitpunkt
nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AufenthG für ihren weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet
eines förmlichen Aufenthaltstitels bedurften, den sie jedoch nicht beantragt haben
und der ihnen - unabhängig von den sonstigen Erteilungsvoraussetzungen -
aufgrund der Sperrwirkung der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG
auch nicht erteilt werden könnte.
6 b) Der Beendigung des rechtmäßig aufenthaltstitellosen Aufenthalts der
Antragsteller im Bundesgebiet durch die ihnen gegenüber verfügte Ausweisung
steht nicht entgegen, dass die Antragsteller gegen diese Ausweisung jeweils
Widerspruch eingelegt haben, der nach der Regelung des § 80 Abs. 1 VwGO
aufschiebende Wirkung hat. Denn die insoweit allein erforderliche Wirksamkeit der
Ausweisung bleibt nach § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG von Widerspruch und Klage
unberührt, tritt also unabhängig davon ein, ob die Ausweisungsverfügung sofort
vollziehbar oder bestandskräftig ist.
7 c) Sofern es aufgrund des sich aus Art. 19 Abs. 4 GG ergebenden Gebotes
effektiven Rechtsschutzes erforderlich ist, im Rahmen des Verfahrens nach § 80
Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs
gegen die Abschiebungsandrohung inzident auch die Rechtmäßigkeit der
ausgesprochenen Ausweisungsverfügung summarisch zu prüfen (so zum
vergleichbaren Fall der Ablehnung der Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis
vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.12.1991 - 11 S 1275/91 -, VBlBW 1992, 309
und v. 11.02.1997 - 11 S 3271/96 -, VGHBW-Ls 1997, Beilage 5, B 6), ergeben
sich keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser aufenthaltsrechtlichen
Maßnahme.
8 aa) Die Ausweisungsverfügungen der Antragsgegnerin sind zu Recht auf die
Regelungen des § 55 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 AufenthG gestützt. Hiernach kann
ein Ausländer ausgewiesen werden, wenn sein Aufenthalt die öffentliche
Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik
Deutschland beeinträchtigt. Dies gilt insbesondere, wenn er einen nicht nur
vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder
gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen hat.
Ein solcher Fall eines nicht nur geringfügigen Verstoßes gegen Rechtsvorschriften
der Bundesrepublik Deutschland ist bei den Antragstellern gegeben. Denn sie
haben in Deutschland ohne die erforderliche Genehmigung eine Beschäftigung
ausgeübt und damit eine Ordnungswidrigkeit nach § 404 Abs. 2 Nr. 4 SGB III
begangen.
9 Zwar wurde die Ordnungswidrigkeit der Antragsteller bislang in keinem förmlichen
Verfahren festgestellt. Sie wird von den Antragstellern auch nicht inhaltlich
zugestanden, sondern vielmehr ausdrücklich bestritten. Dies ist jedoch im
Zusammenhang mit der Verfügung einer Ausweisung nach § 55 Abs. 2 Nr. 2
AufenthG unerheblich, da die Ausländerbehörde in den Fällen, in denen kein
abgeschlossenes Strafverfahren vorliegt, den Verstoß gegen Rechtsvorschriften
mittels eigener Ermittlungen prüfen und gegebenenfalls feststellen kann (vgl.
Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, § 55 Rn 30).
10 Die Feststellung der unerlaubten Erwerbstätigkeit der Antragsteller ist
voraussichtlich zu Recht erfolgt. Sie gründet auf vollzugspolizeilichen
Feststellungen, nach denen die Antragsteller am 02.05.2014 morgens um 8.44 Uhr
in einer Wohnung der Familie xxx angetroffen worden seien, wo sie Rigipsplatten
verlegt und eine Zimmerwand verputzt hätten. Hierbei hätten sie Arbeitskleidung
getragen und Werkzeuge und Maschinen wie etwa ein Anrührgerät, einen
Drehschleifer, einen Akkuschrauber, eine Stichsäge, eine Bohrmaschine und
verschiedene Handwerkzeuge bei sich geführt. Die gegenteiligen Einlassungen
der Antragsteller, sie seien vom Polizeivollzugsdienst angetroffen worden, als sie
der Tochter der Vermieterin ihres Gastgebers - spontan aus Freundschaft und
ohne Bezahlung - geholfen hätten, „ein paar Säcke“ aus deren Wohnung zu
tragen, vermögen die aus den genannten Feststellungen abzuleitende
Überzeugung, dass die Antragsteller hier einer erlaubnispflichtigen Beschäftigung
nachgegangen sind, nicht zu erschüttern. Dies gilt auch dann, wenn man -
entgegen dem Vortrag des Bevollmächtigten der Antragsteller und mit der
vorgelegten „eidesstattlichen Versicherung“ vom 05.05.2014 - die Gefälligkeit der
Antragsteller nicht auf das Tragen von ein paar Säcken bezieht, sondern auf die
durch den Polizeivollzugsdienst festgestellten Tätigkeiten des Verlegens von
Rigipsplatten und weiterer Renovierungsarbeiten selbst. Denn diese Tätigkeiten
erfolgten weder für Personen, die den Antragstellern in irgend einer Weise
besonders nahestanden noch hielten sie sich nach ihrem zeitlichen und fachlichen
Umfang in dem Rahmen, der bei lebensnaher Betrachtung noch als „spontane
Hilfeleistung aus Gefälligkeit“ eingestuft werden könnte. Insofern erscheinen die
Angaben der Antragsteller, die auch sonst nicht durch weiteren nachvollziehbaren
Sachvortrag weiterer Personen untermauert werden und im Übrigen hinsichtlich
der Zeitangaben objektiv unzutreffend sind, als ergebnisgeleitete
Schutzbehauptungen.
11 bb) Da die Antragsteller keinen besonderen Ausweisungsschutz nach § 56
AufenthG genießen, begegnet die deshalb vorzunehmende
Ermessensentscheidung über deren Ausweisung keinen rechtlichen Bedenken.
Insofern ist das Gericht nach § 114 VwGO darauf beschränkt zu prüfen, ob die
Antragsgegnerin bei ihrer Ausweisungsentscheidung die gesetzlichen Grenzen
des Ermessens überschritten oder sie von dem Ermessen in einer dem Zweck der
Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat.
12 Hier ist die Antragstellerin zutreffend davon ausgegangen, dass die Ausweisung
aus generalpräventiven wie auch aus spezialpräventiven Gründen gerechtfertigt
ist. Über die Ausweisung von Ausländern, die unter Ausnutzung ihres anderen
Zwecken dienenden Aufenthalts im Bundesgebiet einer unerlaubten
Beschäftigung nachgehen, sollen die Erwerbsmöglichkeiten für diejenigen
Personen geschützt werden, die als deutsche Staatsangehörige, Unionsbürger
oder sonst bevorrechtigte Ausländer in dem entsprechenden Erwerbssegment
beschäftigt sind. Zudem sollen Ausfälle bei Sozialabgaben und Steuern vermieden
werden.
13 Die nach § 55 Abs. 3 AufenthG zu berücksichtigenden Interessen der Antragsteller
an einem kurzzeitig weiteren Verbleib im Bundesgebiet und an einer zukünftigen
Wiedereinreise wurden von der Antragstellerin zu Recht als weniger gewichtig
angesehen als das öffentliche Ausweisungsinteresse. Denn es ist weder
vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Antragsteller im Bundesgebiet über
besondere schutzwürdige persönliche oder wirtschaftliche Bindungen verfügen.
Dabei trägt insbesondere die Befristung der Wirkungen der Ausweisung in Ziffer 4
der jeweiligen Bescheide der Antragsgegnerin auf zwei Jahre, die nach § 11 Abs.
1 Satz 3 und 4 AufenthG gleichzeitig mit der Ausweisungsentscheidung zu treffen
war (BVerwG, Urt. v. 13.12.2012 - 1 C 14.12 -, InfAuslR 2013, 141; Urt. v.
10.07.2012 - 1 C 19/11 -, BVerwGE 143, 277), dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit Rechnung.
14 d) Schließlich steht der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung auch nicht
entgegen, dass die mit ihr verbundene Ausreiseaufforderung auf den 07.05.2014
befristet ist.
15 aa) Dies gilt zunächst in Hinblick auf die mit dieser Fristsetzung verbundene Kürze
der Ausreisefrist von nur fünf Tagen. Zwar ist die mit der Abschiebungsandrohung
nach § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu bestimmende angemessenen Frist für die
freiwillige Ausreise für den Regelfall auf einen Zeitraum zwischen sieben und 30
Tagen zu bemessen, jedoch kann diese Frist nach Satz 2 dieser Regelung
ausnahmsweise verkürzt werden oder gar ganz entfallen, wenn dies im Einzelfall
zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist. Ein
solcher Fall ist hier deshalb gegeben, weil die Einräumung einer längeren
Ausreisefrist letztlich dazu führen würde, dass die Antragsteller hinsichtlich der
Aufenthaltsbeendigung nicht wesentlich anders stünden als bei einer
Inanspruchnahme des bisherigen aufenthaltserlaubnisfreien Aufenthalts und
hiermit die spezial- und generalpräventive Wirkung der mit der Ausweisung und der
Abschiebungsandrohung bezweckten schnellen Aufenthaltsbeendigung
konterkariert würde. Gleichzeitig ist die kurze Frist angesichts des Charakters des
Aufenthalts der Antragsteller im Bundesgebiet als Besuchsaufenthalt und der
fehlenden Disposition einer Ausreise mit einem bestimmten festgelegten
Verkehrsmittel (wie etwa einem Schiff oder einem Flugzeug) auch nicht zu kurz,
um die durchzusetzende Ausreiseverpflichtung vor Fristablauf tatsächlich und in
zumutbarer Weise zu erfüllen (vgl. hierzu allg. BVerwG, Urt. v. 02.09.1963 – I C
142.59 –, BVerwGE 16, 289, 294 f.; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 08.05.2009 - 11 S
1013/09 -, VBlBW 2009, 396). Sofern es möglich sein muss, noch vor der
angedrohten Vollstreckung effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG zu
erlangen, ist die Kürze der Frist deshalb im Ergebnis unschädlich, weil das
erforderliche Rechtsmittel des Antrags auf Eilrechtsschutz während dieses
Fristlaufs gestellt werden konnte und die Antragsgegnerin - durch eine
entsprechende Erklärung gegenüber dem Gericht - für die Dauer des gerichtlichen
Verfahrens von der Vollstreckung der Ausreisepflicht der Antragsteller abgesehen
hat.
16 bb) Die auf den 07.05.2014 gesetzte Ausreisefrist erstreckt sich schließlich auch
auf einen Zeitraum, während dessen die Ausreisepflicht der Antragsteller nach §
58 Abs. 2 AufenthG „vollziehbar“ war. Dieses Erfordernis lässt sich - ungeachtet
der Tatsache, dass der Erlass der Abschiebungsandrohung als solche rechtmäßig
bereits erfolgen kann, wenn die Ausreisepflicht des betroffenen Ausländers noch
nicht vollziehbar ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.04.2013, a.a.O. m.w.N.) -
aus dem Charakter der Abschiebungsandrohung als einer Voraussetzung der
Vollstreckung dieser Ausreisepflicht ableiten. Denn so wie dem Betroffenen mit der
Setzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise - wie auch sonst im
Vollstreckungsrecht - aus Gründen der Verhältnismäßigkeit die Möglichkeit
eingeräumt werden soll, seine Grundverpflichtung (die sich hier aus der
gesetzlichen Ausreisepflicht ergibt) zunächst selbst ohne Verwaltungszwang zu
erfüllen, kann die Androhung der zwangsweisen Durchsetzung dieser
Ausreisepflicht nur auf den Fall bezogen sein, in dem diese Ausreisepflicht -
entsprechend dem allgemeinen Rechtsgedanken des § 2 VwVG - aufgrund ihrer
Vollziehbarkeit auch als Grundlage für weitere Vollstreckungshandlungen dienen
kann. Dies wird zumindest mittelbar durch die Regelung des § 59 Abs. 1 Satz 6
AufenthG bestätigt, nach der - umgekehrt - eine laufende Ausreisefrist
unterbrochen wird, wenn die (für den Fristablauf maßgebliche) Vollziehbarkeit der
Ausreisefrist oder der Abschiebungsandrohung entfällt.
17 Die deshalb zum Fristablauf erforderliche Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht der
Antragsteller folgt hier aus der Regelung des § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG.
Denn die Antragsteller waren bis zum Erlass der Ausweisungsentscheidung von
der Notwendigkeit eines Aufenthaltstitels befreit, sodass sich für sie nach der
Beendigung dieses Status erstmals die rechtliche Notwendigkeit ergeben hat, den
nunmehr nach § 4 Abs. 1 AufenthG erforderlichen Aufenthaltstitel zu beantragen.
Ein solcher Antrag ist nicht gestellt worden und hätte aufgrund des mit der
Ausweisung verbundenen Wegfalls der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts der
Antragsteller im Übrigen auch nicht die für das Entfallen der Vollziehbarkeit der
Ausreisepflicht erforderliche Erlaubnis- oder Fortgeltungswirkung nach § 81 Abs. 3
oder 4 AufenthG ausgelöst.
18 e) Da sich die Abschiebungsandrohungen somit insgesamt als rechtmäßig
erweisen, setzt sich das öffentliche Interesse an dem vom Gesetzgeber in § 12
VwVG vorgesehenen Sofortvollzug gegenüber dem Interesse der Antragsteller
durch, die ihnen drohende zwangsweise Beendigung ihres Aufenthalts durch die
Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche gegen die
Abschiebungsandrohungen vorläufig zu verhindern.
19 3) Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO; § 100 Abs.
1 ZPO.
20 Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 39; 53 Abs. 2 Nr. 2; 52 Abs. 1 GKG i.V.m.
Nr. 1.1.3., 1.5., 8.2, 8.3 des Streitwertkatalogs 2013 für die
Verwaltungsgerichtsbarkeit. Im Hauptsacheverfahren wäre der Streitwert bezüglich
der Ausweisung und der damit verbundenen Beendigung des erlaubnisfreien
Aufenthalts der Antragsteller jeweils mit dem Auffangwert in Höhe von 5.000,- EUR
in Ansatz zu bringen. Da im Falle einer sofortigen Abschiebung die Hauptsache
vorweggenommen würde, ist eine Reduzierung im Verfahren des vorläufigen
Rechtsschutzes nicht vorzunehmen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.04.2013 -
11 S 581/13 -, juris; Beschl. v. 16.06.2011 - 11 S 1305/11 -, InfAuslR 2011, 349).
Der Abschiebungsandrohung war keine streitwerterhöhende Bedeutung
beizumessen, da sie mit der Ausweisung als dem die Ausreisepflicht
begründenden Verwaltungsakt verbunden ist.