Urteil des VG Freiburg vom 21.06.2007

VG Freiburg (jugend und sport, körperschaft, antrag, wrv, ausschluss, religionsgemeinschaft, gemeinde, verwaltungsgericht, deutschland, rechtsstellung)

VG Freiburg Urteil vom 21.6.2007, 4 K 1268/06
Aberkennung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gegenüber einer Religionsgemeinde
Leitsätze
1. Eine jüdische/israelitische Gemeinde, die eine Untergliederung einer "altkorporierten" Religionsgemeinschaft ist und von der zuständigen
staatlichen Behörde als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt wurde, ist im Rechtsstreit über die von der staatlichen Behörde
ausgesprochene Aberkennung ihres Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts beteiligtenfähig, klagebefugt und aktivlegitimiert.
2. Die Aberkennung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ist ein belastender Verwaltungsakt gegenüber dieser Gemeinde, der nur
aufgrund eines Gesetzes ergehen darf (Gesetzesvorbehalt). Insoweit kommen bei Fehlen einer spezialgesetzlichen (Landes-)Regelung die §§ 48,
49 LVwVfG in Betracht, die jedoch anhand der Vorgaben aus Art. 140 GG, 137 WRV auszulegen sind.
3. Der Verlust des innerreligionsgemeinschaftlichen Status einer Gemeinde (z. B. durch Ausschluss aus der "altkorporierten" Religionsgemeinschaft)
kann ein Grund für einen Widerruf der Rechtsstellung dieser Gemeinde als Körperschaft des öffentlichen Rechts durch die zuständige staatliche
Behörde sein. Dieser Grund entfällt ex tunc, wenn ein innerreligionsgemeinschaftliches Gericht den Beschluss der "altkorporierten"
Religionsgemeinschaft über den Verlust des Gemeindestatus für unwirksam erklärt.
4. Staatlichen Stellen (auch Gerichten) ist eine Prüfung/Kontrolle von Entscheidungen inner- religionsgemeinschaftlicher Gerichte grundsätzlich
verwehrt.
5. Allein der Antrag einer "altkorporierten" Religionsgemeinschaft, einer ihrer Gemeinden (gegen deren Willen) den Status einer Körperschaft des
öffentlichen Rechts abzuerkennen, ist kein hinreichender Grund, der die zuständige staatliche Behörde verpflichten würde, diesem Antrag
stattzugeben.
Tenor
Der Erlass des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport ... vom 24.05.2006 - RA-7162.1-05/17 - wird aufgehoben.
Das beklagte Land und die Beigeladene tragen je die Hälfte der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Im Übrigen
behalten die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten auf sich.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
1
Die Klägerin wendet sich gegen eine Entscheidung des Beklagten, mit der ihr die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts aberkannt
wurden.
2
Die Klägerin war unstreitig zumindest bis zum 29.01.2006 als israelitische Gemeinde Mitglied der Beigeladenen. § 3 der Satzung der
Beigeladenen bestimmt: Die bestehenden jüdischen/israelitischen Gemeinden in ... sind Untergliederungen der Religionsgemeinschaft; sie
haben den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (KdöR) (§ 24 Abs. 1 KiStG Bad.-Württ.). Mit Bekanntmachung des Ministeriums für
Kultus und Sport ... vom 26.08.1988 wurde die Klägerin als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt ( K.u.U. 1988, 755 ).
3
In den folgenden Jahren kam es zu zahlreichen Auseinandersetzungen zwischen der Klägerin und der Beigeladenen. Am 29.01.2006 fasste der
Oberrat der Beigeladenen, Delegiertenversammlung und oberstes Organ der Beigeladenen (§§ 5 Nr. 1 und 6 Nr. 1 der Satzung der
Beigeladenen ), nach Ausschluss der Vertreter der Klägerin aus der Sitzung mit 14 Ja-Stimmen und 3 Enthaltungen den Beschluss, die Klägerin
aus der Beigeladenen auszuschließen. Diesen Beschluss gab der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen dem Ministerium mit Schreiben
vom 03.02.2006 bekannt und er äußerte darin die Auffassung, dass bei der Klägerin damit die Voraussetzungen einer Körperschaft des
öffentlichen Rechts nicht mehr gegeben seien.
4
Mit Schreiben vom 13.02.2006 teilte das Ministerium der Beigeladenen (u. a.) mit, der Ausschluss der Klägerin aus der Beigeladenen ändere
nichts an der Existenz der Klägerin als eigenständige Religionsgemeinschaft und an deren Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts.
5
Mit Schreiben vom 04.04.2006, beim Ministerium für Kultus, Jugend und Sport ... (im Folg.: Ministerium) eingegangen am 18.04.2006, stellte der
Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen den Antrag, der Klägerin die Rechtsstellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Wirkung
zum 29.01.2006 abzuerkennen. Begründet wurde dieser Antrag mit dem am 29.01.2006 beschlossenen Ausschluss der Klägerin aus der
Beigeladenen.
6
Aus internen Vermerken des Ministeriums geht hervor, dass das Ministerium zunächst geneigt war, dem Antrag der Beigeladenen stattzugeben,
dann jedoch Bedenken an diesem Vorgehen bekam, nachdem es aus der Presse erfahren hatte, dass das Schieds- und Verwaltungsgericht
beim Zentralrat der Juden in Deutschland den Ausschluss der Klägerin aus der Beigeladenen für nichtig erklärt habe. Erst nachdem die
Beigeladene und der Beklagte diese Pressemitteilung als Falschmeldung erkannt hatten, erließ das Ministerium am 24.05.2006 folgenden
Erlass: "Das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport hat auf Antrag der Israelitischen Religionsgemeinschaft ... der Israelitischen
Kultusgemeinde ... mit Wirkung zum 29. Januar 2006 die Eigenschaft als Gemeinde der Israelitischen Religionsgemeinschaft aberkannt. Damit
verliert die Israelitische Kultusgemeinde ... ebenfalls mit Wirkung vom 29.01.2006 die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts." Dieser
Erlass wurde im Amtsblatt ( K.u.U. 2006, 246 ) bekanntgemacht.
7
Mit Schreiben vom 24.05.2006 teilte das Ministerium der Beigeladenen diese Entscheidung mit. Die Klägerin erfuhr hiervon durch Schreiben der
Beigeladenen vom 01.06.2006.
8
Am 28.05.2006 hat die Klägerin beim Schieds- und Verwaltungsgericht beim Zentralrat der Juden in Deutschland Klage gegen ihren vom Oberrat
der Beigeladenen am 29.01.2006 beschlossenen Ausschluss aus der Beigeladenen Klage erhoben.
9
Am 19.06.2006 hat die Klägerin gegen den Erlass des Ministeriums vom 24.05.2006 - zunächst beim Verwaltungsgericht Stuttgart - Klage
erhoben. Mit Beschluss vom 10.07.2006 - 2 K 2364/06 - hat das Verwaltungsgericht Stuttgart den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht
Freiburg verwiesen. Zur Begründung der Klage trägt die Klägerin vor: Sie sei eine Gemeinde mit etwa 500 eingeschriebenen Mitgliedern. Aus
unerfindlichen Gründen sei sie in den letzten Jahre durch die Beigeladene mit einer Vielzahl von Anfeindungen überzogen worden. Wiederholt
habe das Schieds- und Verwaltungsgericht beim Zentralrat der Juden in Deutschland durch einstweilige Anordnungen sicherstellen müssen,
dass ihre Delegierten zu den Sitzungen des Oberrats der Beigeladenen zugelassen würden. Entgegen diesen Beschlüssen seien ihre
Delegierten auch aus der Oberratssitzung am 29.01.2006, in der ihr Ausschluss aus der Beigeladenen beschlossen worden sei, ausgeschlossen
worden. Der Erlass des Ministeriums über die Aberkennung der Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts sei ergangen, ohne dass sie
angehört oder in sonstiger Weise beteiligt worden sei. Auch spätere Bitten von ihr um Erläuterung und Stellungnahme habe das Ministerium nicht
beantwortet. Dem Handeln des Ministeriums lägen eigenwillige Theorien zur Körperschaftsanerkennung zugrunde. Von Bedeutung sei vor
allem, dass ein rechtswirksamer Beschluss über ihren Ausschluss aus der Beigeladenen nicht vorliege. Das gelte vor allem, seit das Schieds-
und Verwaltungsgericht beim Zentralrat der Juden in Deutschland den Beschluss des Oberrats der Beigeladenen vom 29.01.2006 mit
rechtskräftigem Urteil vom 13.03.2007 - 003-2006 - für unwirksam erklärt habe. Allein ein solcher Ausschluss hätte - wenn überhaupt - die
getroffene Entscheidung des Ministeriums rechtfertigen können. Nach der Rechtsprechung des Schieds- und Verwaltungsgerichts beim
Zentralrat der Juden in Deutschland sei sie eine autonome religiöse Gemeinde mit eigenem Anspruch auf Anerkennung als Körperschaft des
öffentlichen Rechts. Unabhängig davon, dass der Erlass des Ministeriums vom 24.05.2006 nur an die Beigeladene gerichtet sei, sei sie rechtlich
von diesem Erlass betroffen, weil er unmittelbar ihre Existenz berühre. Daraus folge, dass sie sowohl klagebefugt als auch aktivlegitimiert sei. Der
angefochtene Erlass sei schon deshalb rechtswidrig, weil ihm kein rechtsstaatliches Verfahren vorausgegangen sei, da sie zu keinem Zeitpunkt
angehört worden sei. Die Aberkennung der Rechtsstellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts sei in entsprechender Anwendung des
(privaten) Vereinsrechts allenfalls dann zulässig, wenn es der Verteidigung der verfassungsmäßigen Ordnung diene, der Körperschaftsstatus
durch unrichtige Angaben erschlichen worden sei oder die Körperschaft das Gemeinwohl gefährde. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor.
Im Gegenteil, das Ministerium hätte von Anfang an erkennen können, dass der Beschluss des Oberrats der Beigeladenen vom 29.01.2006
wegen des rechtswidrigen Ausschlusses ihrer Delegierten unwirksam sei. Sie bestreite nicht ihre satzungsrechtliche Stellung als
Untergliederung der Beigeladenen, berufe sich aber dennoch auf ihre Rechtsstellung als autonome Kultusgemeinde. Aus einer Untergliederung
der Beigeladenen folge keine Unterordnung unter sie. Das Ministerium verkenne unter anderem, dass die Verleihung des Körperschaftsstatus in
ihrem Fall nicht auf Art. 140 GG und 137 WRV, sondern auf § 24 KiStG Bad.-Württ. beruhe. Einwendungen gegen das Urteil des Schieds- und
Verwaltungsgerichts beim Zentralrat der Juden in Deutschland vom 13.03.2006 (a.a.O.) seien unzulässig. Das Urteil sei im Einklang mit der
einschlägigen Verfahrensordnung von drei Richtern unterschrieben. Die innerreligiöse Rechtsprechung sei Teil des vom Staat zu beachtenden
Selbstbestimmungsrechts der Religionsgemeinschaften.
10 Die Klägerin beantragt,
11
den Erlass des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport ... vom 24.05.2006 - RA-7162.1-05/17 - aufzuheben.
12 Der Beklagte beantragt,
13
die Klage abzuweisen.
14 Zur Begründung wird ausgeführt: Die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert, da sie nicht Adressatin der Entscheidung vom 24.05.2006 sei. Dieser
Erlass sei ihr vielmehr nur über die Beigeladene zur Kenntnis gegeben worden. Klagebefugt sei insoweit allein die Beigeladene. Das folge
sowohl aus der staatskirchenrechtlichen Stellung der Klägerin als einer Untergliederung der Beigeladenen als auch aus dem
innerreligionsgemeinschaftlichen Satzungsrecht. Nach den Art. 140 GG, 137 WRV und, weil nicht alle Religionsgemeinschaften über
Untergliederungen verfügten, könnten nur Religionsgemeinschaften gegenüber dem Staat auftreten und an staatlichen Verfahren in Bezug auf
Religionsgemeinschaften beteiligt sein. Untergliederungen könnten vom Staat nicht an Verfahren beteiligt werden, die staatlich an- oder
abzuerkennende Rechte gegenüber den Religionsgemeinschaften beträfen. Eine direkte Beteiligung der Untergliederungen würde das
Selbstverwaltungsrecht der Religionsgemeinschaften aus Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV verletzen. Auch nach der Satzung der Beigeladenen
ergebe sich, dass eine jüdische Gemeinde nach außen nur durch die Religionsgemeinschaft, der sie angehöre, vertreten werde. Das Verhältnis
zwischen der Beigeladenen als Religionsgemeinschaft und der Klägerin als deren Untergliederung bestimme sich nach Maßgabe
innerreligionsgemeinschaftlichen Rechts und sei dem Zugriff des Staates entzogen. Die Klage sei aber auch deshalb unbegründet, weil nach
dem deutschen und baden-württembergischen Staatsreligionsrecht die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nur an
Religionsgemeinschaften verliehen würden. Nur sie seien primäre Träger der Körperschaftsrechte. Wenn eine Religionsgemeinschaft sich selbst
in Einzelgemeinden unterteile, könne sie und nur sie nach § 24 Abs. 1 KiStG Bad.-Württ. die Anerkennung dieser Gemeinde als Körperschaft des
öffentlichen Rechts beantragen. Die Anerkennung bzw. das Erlangen des Körperschaftsstatus sei nur mit Willen und auf Antrag der primären
Rechtsträgerin, hier der Beigeladenen, möglich. Weil Untergliederungen von Religionsgemeinschaften kaum jemals die
Verleihungsvoraussetzungen des Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV erfüllten, sei es sachgerecht, zwischen der "Verleihung" von Körperschaftsrechten
an die eigentliche, primäre Trägerin (die Religionsgemeinschaften) und der "Erlangung" durch ihre möglichen Untergliederungen (den
Gemeinden) zu unterscheiden. Die Körperschaftsrechte der Gemeinden seien immer nur abgeleitet von den Körperschaftsrechten der
Religionsgemeinschaften. Der Umstand, dass die Klägerin sich mit innerreligionsgemeinschaftlichen Rechtsbehelfen gegen ihren Ausschluss
aus der Beigeladenen wende, zeige, dass sie sich selbst auch weiterhin als Teil der Beigeladenen betrachte. Daran könne eine positive oder
negative Entscheidung über den Rechtsstatus der Klägerin als Körperschaft des öffentlichen Rechts nichts ändern. Die von der Klägerin
erwähnten Streitigkeiten zwischen ihr und der Beigeladenen seien für die hier im Streit stehende Entscheidung ohne Bedeutung. Wenn der
Ausschluss der Klägerin aus der Beigeladenen nach innerreligionsgemeinschaftlichem Recht unanfechtbar wäre, hätte er unmittelbar den
Verlust der Körperschaftsrechte auf Seiten der Klägerin zur Folge. Um einen solchen selbsteintretenden Verlust gehe es in diesem Verfahren
jedoch nicht, sondern um eine Aberkennung aufgrund eines Antrags der Beigeladenen. Daher sei es für dieses Verfahren unbeachtlich, ob der
Ausschluss dem innerreligionsgemeinschaftlichem Recht entspreche oder nicht. Der Antrag der Beigeladenen vom 04.04.2006, der Klägerin die
Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts abzuerkennen, stelle einen actus contrarius zur Beantragung der Anerkennung vom
26.08.1988 dar. Auch die Frage, ob und wie die Klägerin im Vorfeld einer Entscheidung über die Beigeladene angehört oder in sonstiger Weise
beteiligt werden müsse, betreffe nicht die staatlichen Behörden. Vielmehr hätten die staatlichen Behörden in Ansehung des
Selbstbestimmungsrechts der Religionsgemeinschaften einen solchen Antrag ernst zu nehmen und ihm nach Maßgabe geltenden staatlichen
Rechts zu folgen. Ein Ermessensspielraum bestehe insoweit nicht. Wenn die maßgebliche Religionsgemeinschaft kundtue, ihr Wille, dass eine
Untergliederung die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts genießen solle, bestehe nicht mehr, müsse die zuständige staatliche
Behörde dem folgen. Wenn nach § 24 KiStG Bad.-Württ. die Anerkennung einer Gemeinde als Körperschaft des öffentlichen Rechts nur auf
Antrag der Religionsgemeinschaft ausgesprochen werden könne, gelte das e contrario auch für die Aberkennung. Es sei Teil des
Selbstbestimmungsrecht der Beigeladenen zu entscheiden, welche ihrer (zehn) Gemeinden den Körperschaftsstatus erhalten sollten. Der
angefochtene Erlass vom 24.05.2006 betreffe die Klägerin nicht in ihrer religiösen Konsistenz, sondern nur in ihrer körperschaftlichen Existenz.
15 Die Beigeladene beantragt (ebenfalls),
16
die Klage abzuweisen.
17 Zur Begründung führt die Beigeladene aus: Der Oberrat habe inzwischen einen neuen Vorstand gewählt. Außerdem habe der Oberrat am
28.05.2007 einstimmig beschlossen, dass es bei dem gefassten Beschluss über den Ausschluss der Klägerin verbleibe. Das Urteil des Schieds-
und Verwaltungsgerichts beim Zentralrat der Juden in Deutschland vom 13.03.2007 - 003-2006 - sei falsch. Mitglied bei ihr sei jede jüdische
Person, die jüdischen/israelitischen Gemeinden seien Untergliederungen von ihr. Die Klägerin leite ihre Rechtsstellung deshalb von ihr als
Religionsgemeinschaft ab. Das Schieds- und Verwaltungsgericht beim Zentralrat der Juden in Deutschland habe bei seiner Urteilsfindung ihre
Schriftsätze ignoriert. Die Delegierten der Klägerin seien zu Recht aus der Sitzung des Oberrats ausgeschlossen worden, weil sie nicht den
Nachweis erbracht hätten, zum Judentum zu gehören. Der Ausschluss der Klägerin beruhe auf einem unlauteren Finanzgebaren der Klägerin.
Für dieses Verhalten der Klägerin trage sie als Religionsgemeinschaft im Sinne der Weimarer Reichsverfassung nach außen die Verantwortung.
Deshalb habe sie handeln müssen. Das Schieds- und Verwaltungsgericht beim Zentralrat der Juden in Deutschland sei nicht, wie durch § 15
Abs. 3 der Satzung des Zentralrats der Juden in Deutschland vorgeschrieben, besetzt gewesen. Das Urteil vom 13.03.2007 ( a.a.O. ) sei nur von
drei und nicht von den notwendigen fünf Richtern unterzeichnet; außerdem habe kein Rabbiner mitgewirkt. Wenn die Klägerin sie verpflichten
wolle, bei dem Beklagten den Antrag zu stellen, die Rechtsstellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu erhalten, müsse sie das auf
dem innerreligiösen Rechtsweg durchsetzen.
18 Mit Urteil vom 13.03.2007 ( Az: 003/2006 ) hat das Schieds- und Verwaltungsgericht beim Zentralrat der Juden in Deutschland festgestellt, dass
der Beschluss des Oberrats der Beigeladenen vom 29.01.2006 unwirksam ist.
19 Der Kammer liegen die einschlägigen Akten des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport (ein Heft) vor. Der Inhalt dieser Akten sowie der
Gerichtsakten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung; hierauf wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
20 Die (unstreitig rechtzeitig erhobene) Klage ist als Anfechtungsklage ( gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO ) auch ohne Vorverfahren zulässig.
21
1.
jüdische/israelitische Gemeinde, der durch statusbegründenden Rechtsakt die Eigenschaft einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zuerkannt
wurde, eine juristische Person ist ( vgl. hierzu Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, § 61 RdNr. 6; Bier, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner,
VwGO, Stand: April 2006, § 61 RdNr. 4; OVG NW, Urteil vom 26.01.1983, NJW 1983, 2592, zu einer katholischen Kirchengemeinde als
Teilverband (Untergliederung] einer Diözese; Jarass/Pieroth, GG, 6. Aufl. 2002, Art. 140 GG, 137 WRV RdNr. 11; Korioth, in: Maunz/Dürig,
Grundgesetz, Stand: Nov. 2006, Art. 140 GG, 137 WRV RdNrn. 69 und 72, auch zu nach Inkrafttreten des Grundgesetzes "neukorporierten"
Kirchenkörperschaften ). In jedem Fall aber ist die Klägerin zumindest nach § 61 Nr. 2 VwGO beteiligtenfähig. Nach dieser Vorschrift gelten auch
nichtrechtsfähige Vereinigungen oder Organe bzw. Untergliederungen rechtsfähiger Personen, denen (nach materiellem Recht) ein Recht
zustehen kann, als beteiligtenfähig ( vgl. hierzu Kopp/Schenke, a.a.O., § 61 RdNrn. 8 ff.; Bier, a.a.O., § 61 RdNrn. 5 ff; die Beteiligtenfähigkeit der
Klägerin im Erg. ebenfalls bejahend: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.10.2005, DÖV 2006, 177 = VBlBW 2006, 108, betr. einen Rechtsstreit
zwischen der Klägerin und der Beigeladenen ). Das gilt zumindest im Streit über die Frage, ob diesen Vereinigungen ein von ihnen in Anspruch
genommenes Recht zusteht, dessen Verletzung von ihnen gerügt wird oder das ihnen bestritten oder entzogen worden ist ( vgl. hierzu u. a. VG
Freiburg, Urteil vom 02.02.2005, NVwZ-RR 2006, 686, m.w.N., zur Zulässigkeit der Klage einer ehemals selbständigen, durch Eingemeindung
als Rechtsperson untergegangenen Ortschaft, mit der Rechte aus dem Eingemeindungsvertrag geltend gemacht werden ). Eine andere
Auffassung würde die betreffende Vereinigung (gerade in einem Streit über ihre Rechtsfähigkeit) rechtlos stellen und wäre deshalb mit den Art.
19 Abs. 4, 20 Abs. 3 und 92 GG nicht zu vereinbaren.
22
2.
Ministeriums vom 24.05.2006 bei einem am Wortlaut orientierten Verständnis dieser Entscheidung nach Ergehen des (unanfechtbaren) Urteils
des Schieds- und Verwaltungsgerichts beim Zentralrat der Juden in Deutschland (im Folg.: Schieds- und Verwaltungsgericht) vom 13.03.2007
(Az: 003-2006), mit dem der Ausschluss der Klägerin aus der Beigeladenen für unwirksam erklärt worden ist, im Hinblick auf die hier vor allem
streitige Aberkennung des Körperschaftsstatus keine belastende Regelungswirkung mehr entfaltet. Denn dieser Ausspruch über die
Aberkennung des Körperschaftsstatus der Klägerin in Satz 2 dieses Erlasses ist danach keine eigenständige Entscheidung, sondern wird dort
nur im Sinne einer Folge des in Satz 1 ausgesprochenen Verlusts der Eigenschaft einer Gemeinde der Beigeladenen "referiert" ( Näheres hierzu
unter II.3.1.2 ). Deshalb dürfte dieser Satz 2 mangels Regelungswirkung keinen anfechtbaren Verwaltungsakt, sondern lediglich einen
rechtlichen Hinweis darstellen. Aber selbst wenn man in diesem Ausspruch einen belastenden Verwaltungsakt sähe, wie es offenbar alle
Beteiligten tun, hätte er wegen der kausalen Verknüpfung mit Satz 1 des Erlasses durch den Wegfall des Ausschlusses der Klägerin aus der
Beigeladenen und damit aufgrund des Fortbestands der Klägerin als Gemeinde der Beigeladenen nach der gebotenen am objektiven
Empfängerhorizont orientierten Auslegung ( vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl. 2005, § 35 RdNrn. 18 ff. m.w.N. ) wohl seine Wirkung verloren.
Ob die Klägerin danach ihr Begehren eigentlich durch eine Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Aberkennung ihres
Körperschaftsstatus hätte verfolgen können oder müssen, kann hier jedoch dahingestellt bleiben. Denn immerhin erzeugt der Erlass des
Ministeriums vom 24.05.2006 den Rechtsschein eines weiterhin wirksamen Verwaltungsakts über die Aberkennung der Rechte einer
Körperschaft des öffentlichen Rechts, der anerkanntermaßen auch im Wege einer Anfechtungsklage beseitigt werden kann ( Kopp/Ramsauer,
a.a.O. § 43 RdNr. 48 m.w.N. ).
23
3.
24.05.2006 erzeugten Rechtsschein im Rahmen der Anfechtungsklage einer belastenden Regelung gleichstellt, stellt dieser Ausspruch als actus
contrarius zur statusbegründenden Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts ( vgl. hierzu Korioth, a.a.O., Art. 140 GG, 137 WRV
RdNr. 72; BVerwG, Urteil vom 15.10.1997, NJW 1998, 253 ) auch einen Verwaltungsakt im Sinne von § 35 LVwVfG dar ( Korioth, a.a.O., Art. 140
GG, 137 WRV RdNr. 81; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, Band 3, 5. Aufl. 2004, § 87 RdNrn. 36 ff.; zu den so genannten
Organisationsakten vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 35 RdNrn. 94 ff. ).
24
4.
klagebefugt im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO. Das gilt unabhängig davon, ob der Beklagte die angefochtene Entscheidung auch förmlich an die
Klägerin adressiert hat und ob die Klägerin am vorausgegangenen Verwaltungsverfahren beteiligt war ( Kopp/Schenke, a.a.O., § 42 RdNr. 72 ).
Denn materiell betroffen von dieser Entscheidung ist in erster Linie die Klägerin; sie ist damit im materiellen Sinn auch die eigentliche Adressatin
dieses Verwaltungsakts. Das ergibt sich auch aus der in der Rechtsordnung anerkannten Rechtsfigur des Verwaltungsakts mit Drittwirkung (
siehe u. a. § 80a VwGO ). Bei der von der Klägerin angefochtenen Entscheidung der Beklagten handelt es sich um einen solchen
Verwaltungsakt mit Drittwirkung, der sich gerade dadurch auszeichnet, dass er belastende Rechtswirkungen gegenüber anderen Personen bzw.
Vereinigungen im Sinne von § 61 Nrn. 1 und 2 VwGO erzeugt als denen, an die er adressiert ist ( vgl. hierzu Kopp/Schenke, a.a.O., § 80a RdNrn.
1 f. ).
II.
25 Die Klage ist auch begründet. Der Erlass des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport ... vom 24.05.2006, bekannt gemacht am 17.07.2006 (
K.u.U. 2006, 246 ), ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ).
26
1.
755 ) hat der Beklagte die Klägerin als Körperschaft des öffentlichen Rechts mit eigenen Rechten und Pflichten "geschaffen" und ihr damit in
gleicher Weise Rechtsfähigkeit verliehen, wie wenn sie als rechtsfähiger Verein des bürgerlichen Rechts Rechtsfähigkeit erlangt hätte ( vgl.
hierzu Korioth, a.a.O, Art. 140 GG, 137 WRV RdNrn. 59 f., 66, 69 und 72; Wolff/Bachof/Stober, a.a.O., Band 1, 11. Aufl. 1999, § 34 RdNrn. 6 f.,
sowie Band 3, 5. Aufl. 2004, § 83 RdNrn. 116 ff. und § 87 RdNrn. 16 ff. ). In dieser Eigenschaft steht sie im Rechtsleben neben der Beigeladenen.
Dabei kommt es hier nicht darauf an, ob die Klägerin durch ihre Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts umfassend oder nur
partiell mit eigenen Rechten und Pflichten ausgestattet wurde, insbesondere ob ihre Rechtsstellung im Verhältnis zu staatlichen Stellen den
gleichen Rang und Umfang hat wie die der Beigeladenen und ob ihre Rechtsstellung auch aus Art. 140 GG, 137 WRV abgeleitet werden kann (
Vieles spricht allerdings dafür, dass den Kirchengemeinden, soweit sie - wie die Klägerin - Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, und
nicht nur den übergeordneten Religionsgemeinschaften [bei den katholischen und evangelischen Kirchen: den Diözesen und den
Landeskirchen] zumindest die Rechte aus Art. 140 GG, 137 Abs. 6 WRV zustehen, vgl. Korioth, a.a.O., Art. 140 GG, 137 WRV RdNr. 100 ).
Jedenfalls beruht ihre Rechtsstellung als Körperschaft des öffentlichen Rechts auf § 24 Abs. 1 Satz 1 KiStG Bad.-Württ.. Damit kommen der
Klägerin zumindest die einer Kirchengemeinde nach dem Kirchensteuerrecht zugesprochenen Rechte und Pflichten zu ( vgl. insbes. §§ 1 Abs. 1
und 2, 11, 16 KiStG Bad.-Württ. ). Soweit diese Rechtsstellung reicht, ist es ohne Bedeutung, dass die Klägerin keine so genannte altkorporierte
Religionsgesellschaft im Sinne von Art. 140 GG, 137 Abs. 5 Satz 1 WRV, das heißt nicht eine bei Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung
bereits bestehende Religionsgemeinschaft (wie die Beigeladene), ist. Im Hinblick auf ihre Rechtsfähigkeit, das heißt ihre Fähigkeit, Träger von
Rechten und Pflichten zu sein, unterscheiden sich die so genannten altkorporierten Religionsgemeinschaften im Grundsatz nicht von den so
genannten neukorporierten, die erst später, zum Teil erst nach Inkrafttreten des Grundgesetzes, durch statusbegründenden Rechtsakt als
juristische Personen geschaffen wurden, wie das im Fall der Klägerin mit ihrer Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts im Jahr
1988 geschehen ist ( vgl. hierzu Korioth, a.a.O., Art. 140 GG, 137 WRV RdNrn. 70 ff. ). Als Trägerin der ihr zuerkannten Rechte und Pflichten kann
die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts auch selbständig vor deutschen (staatlichen) Gerichten klagen und
verklagt werden ( vgl. u. a. OLG Naumburg, Urteil vom 11.09.1997, NJW 1998, 3060; VG Neustadt/W, Urteile vom 27.07.1998, NVwZ 1999, 796
und 797 ). Im Übrigen belegt ein in den Akten des Ministeriums befindlicher Briefwechsel zwischen dem Ministerium und der Stadt ..., aus dem
sich ergibt, dass die Klägerin im Jugendhilfeausschuss der Stadt ... vertreten ist, diese Vertretung aber von dem Rechtsstatus der Klägerin
abhängt, dass die Rechtsstellung der Klägerin als Körperschaft des öffentlichen Rechts offenbar mit weitergehenden über das
Kirchensteuerrecht hinausgehenden Rechten und Pflichten verbunden ist. Danach tritt die Klägerin auch staatlichen Stellen als Inhaberin von
Rechten gegenüber. Diese Rechtsstellung verlöre die Klägerin, wenn der angefochtene Erlass des Ministeriums vom 24.05.2006 Bestand hätte.
Danach kann ihre Aktivlegitimation zumindest in Streitigkeiten (wie hier), in denen es um den Verlust dieses Körperschaftsstatus geht, nicht
verneint werden.
27 Dass die Klägerin, was sie selbst nicht bestreitet, Mitglied der Beigeladenen und nach deren Satzung (nur) eine Untergliederung von ihr ist,
ändert daran nichts (vgl. auch hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.10.2005, a.a.O .). Auch der Umstand, dass die Klägerin bei ihrer
Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts selbst nicht beteiligt war, sondern diese nur auf Antrag der Beigeladenen hin erfolgte,
spricht entgegen der Auffassung des Beklagten nicht gegen die fortan gegebene Rechtsfähigkeit der Klägerin. Denn dass (juristische) Personen
bei ihrer Gründung selbst noch nicht existent waren und deshalb nicht daran mitwirken konnten, der Gründungakt deshalb häufig ein einseitiger
Hoheitsakt ist, ist geradezu selbstverständlich, ändert jedoch nichts an ihrer durch den Gründungsakt bewirkten Rechtsfähigkeit und
Eigenständigkeit der neu geschaffenen juristischen Person ( Wolff/Bachof/Stober, a.a.O., Band 1, § 34 RdNrn. 6 f. ).
28
2.
24.05.2006 richtet, ist sie ohne Weiteres begründet. Für die dort getroffene Entscheidung, soweit sie vom Ministerium überhaupt beabsichtigt war,
der Klägerin mit Wirkung vom 29.01.2006 die Eigenschaft als Gemeinde der Beigeladenen abzuerkennen, fehlt einer staatlichen Behörde die
Kompetenz. Vielmehr fällt die innere Organisation von Religionsgemeinschaften einschließlich der Bildung von (religiösen) Gemeinden in den
von Art. 140 GG, 137 WRV gewährleisteten Bereich der Selbstverwaltung und Selbstbestimmung der Religionsgemeinschaften. Das ist zwischen
den Beteiligten im Grunde nicht streitig und bedarf deshalb keiner weiteren Begründung.
29
3.
Wesentlichen richtet, kann ebenso wie der Entzug einer privatrechtlich begründeten Rechtsfähigkeit nur durch oder aufgrund eines Gesetzes
ausgesprochen werden. Das ergibt sich aus dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Gesetzesvorbehalts ( allgem.: Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 20
RdNrn. 44 ff. m.w.N.; zum Entzug des Körperschaftsstatus von Religionsgemeinschaften und Kirchengemeinden: Korioth, Art. 140 GG, 137 WRV
RdNrn. 60 und 82 m.w.N. ). Allein der Antrag einer anderen Körperschaft des öffentlichen Rechts und sei es der Körperschaft, zu der die vom
Entzug ihrer Körperschaftsrechte "bedrohte" Körperschaft in einem Mitgliedschafts- und Untergliederungsverhältnis steht, reicht entgegen der
Auffassung des Beklagten für eine solche Entscheidung nicht aus. Denn durch den Gründungsakt ist eine (neue) juristische Person geschaffen
worden, die nicht zur völligen Disposition der "übergeordneten" Körperschaft steht; das gilt selbst dann, wenn die Gründung nur auf Antrag dieser
Körperschaft zustande kam.
30 Als Rechtsgrundlage für einen solchen Entzug des Körperschaftsstatus kommen, da in Baden-Württemberg ( anders als z. B. in Bayern; vgl. dort
Art. 1 Abs. 3 bis 5 Bayer. KiStG ), spezielle Regelungen zur Rücknahme und zum Widerruf der Anerkennung von Religionsgemeinschaften und
Kirchengemeinden als Körperschaften des öffentlichen Rechts fehlen, hier nur die (allgemeinen Regelungen in den) §§ 48, 49 LVwVfG in
Betracht, im konkreten Fall, da die Anerkennung der Klägerin als Körperschaft des öffentlichen Rechts im Jahr 1988 unstreitig rechtmäßig war, §
49 LVwVfG. Dabei ist die Rechtsgrundlage für den Widerruf der Anerkennungsentscheidung wegen der Vorgaben aus Art. 140 GG, 137 WRV
verfassungskonform einschränkend auszulegen. Ein solcher Widerruf wird, abgesehen von sonstigen Voraussetzungen, danach schon
tatbestandsmäßig entweder nur in Frage kommen, wenn schon die Verleihung des Körperschaftsstatus gegen Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV
verstieß, dieser Verstoß später eingetreten ist oder wenn die Religionsgemeinschaft oder die Gemeinde, um die es geht, die erforderlichen
Mitglieder verloren hat oder sich aus anderen Gründen aufgelöst hat oder aufgelöst worden ist ( Korioth, Art. 140 GG, 137 WRV RdNrn. 81 f.
m.w.N.; Wolff/Bachof/Stober, a.a.O., Band 1, § 34 RdNr. 19, sowie Band 3, § 87 RdNr. 21) .
31
3.1
Betracht. Denn wäre die Klägerin aufgrund dieses Beschlusses tatsächlich aus der Beigeladenen ausgeschlossen und damit als
Untergliederung der Beigeladenen aufgelöst worden, wäre voraussichtlich auch ein Grund für die Aberkennung ihres Status als Körperschaft des
öffentlichen Rechts gegeben, da eine Körperschaft als "leere Hülle" nicht bestehen kann (so Korioth, Art. 140 GG, 137 WRV RdNr. 81 m.w.N. ).
Doch scheidet ein solcher Widerrufsgrund im vorliegenden Fall aus, da der Beschluss des Oberrats der Beigeladenen vom 29.01.2006 durch
das innerreligionsgemeinschaftliche Rechtsprechungsorgan der Juden in Deutschland, dem Schieds- und Verwaltungsgericht, durch
(unanfechtbares) Urteil vom 13.03.2007 ( a.a.O. ) aufgehoben wurde.
32
3.1.1
beachten. Zu dem durch Art. 140 GG, 137 Abs. 3 WRV garantierten (staatsfreien) Bereich der kirchlichen Selbstverwaltung und religiösen
Selbstbestimmung gehört auch die innerkirchliche Gerichtsbarkeit in Angelegenheiten der religiösen Selbstbestimmung ( BGH, Urteil vom
11.02.2000, NJW 2000, 1555, m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 21.11.1980, NJW 1981, 1972; OLG Frankfurt/M., Beschluss vom 12.05.1999, NJW
1999, 3720; VG Neustadt/W., Urteil vom 27.07.1998, NVwZ 1999, 797 ) Da gegen dieses Urteil - unstreitig - keine Rechtsmittel gegeben sind (§
16 der Schiedsordnung des Schieds- und Verwaltungsgericht - im Folg.: Schiedsordnung - ), sind die Angriffe der Beigeladenen gegen das
Verfahren, die Form und den Inhalt dieses Urteils sowie die Besetzung des Gerichts ohne Bedeutung ( zur grds. hinreichenden
Rechtsschutzgewährung in inneren Angelegenheiten der israelitischen Religionsgemeinschaften durch das Schieds- und Verwaltungsgericht
vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.10.2005, a.a.O. ). Entscheidungen autonomer kirchlicher Gerichte unterliegen nicht der Kontrolle durch
die staatlichen Gerichte, sie sind vielmehr für die staatlichen Gerichte bindend ( BGH, Urteil vom 11.02.2000, und OLG Frankfurt, Beschluss vom
12.05.1999, jew. a.a.O. ). Der Kontrolle der staatlichen Gerichte ist auch die Ausgestaltung des Verfahrens der kirchlichen (Verwaltungs-
)Gerichtsbarkeit entzogen ( BVerwG, Urteil vom 21.11.1980, a.a.O. ). Deshalb ist der Kammer eine Prüfung der Einwendungen der Beigeladenen
gegen das Urteil des Schieds- und Verwaltungsgerichts vom 13.03.2007 ( a.a.O. ) grundsätzlich verwehrt. Eine Missachtung dieses Urteils durch
die Kammer würde einen unzulässigen Eingriff in die Garantie der religiösen Selbstbestimmung und Selbstverwaltung der
jüdischen/israelitischen Religionsgemeinschaften in Deutschland und damit einen Verstoß gegen Art. 140 GG, 137 Abs. 3 WRV darstellen.
33 Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn das Urteil des Schieds- und Verwaltungsgerichts vom 13.03.2007 ( a.a.O. ) gegen das Willkürverbot
oder gegen fundamentale Rechtsprinzipien der deutschen Verfassungs- und Rechtsordnung verstieße ( BGH, Urteil vom 11.02.2000, a.a.O. ).
Davon kann im vorliegenden Fall jedoch nicht einmal im Ansatz die Rede sein. Allein der Umstand, dass das Schieds- und Verwaltungsgericht in
seinem Urteil vom 13.03.2007 nicht ausdrücklich Schriftsätze des Beigeladenen erwähnt und auch einen Klageabweisungsantrag der
Beigeladenen nicht als ausdrücklich, sondern nur als konkludent gestellt angesehen hat, würde selbst bei Zugrundelegung strengerer Maßstäbe
(wie nach der VwGO oder ZPO) wohl kaum zur Nichtigkeit des Urteils führen. Auch die Urteilsfindung durch drei Richter entspricht der
maßgeblichen Verfahrensordnung ( § 3 der Schiedsordnung ). Soweit § 15 Abs. 3 der Satzung des Zentralrats der Juden in Deutschland (im
Folg.: Satzung des Zentralrats), auf der die innerreligiöse Gerichtsbarkeit innerhalb der jüdischen/israelitischen Religionsgemeinschaften in
Deutschland beruht, vorschreibt, dass das Schieds- und Verwaltungsgericht aus fünf Mitgliedern besteht, dass drei Mitglieder die Befähigung
zum Richteramt haben oder Rechtslehrer an einer Hochschule sein müssen und dass ein Mitglied der deutschen Rabbinerkonferenz angehören
muss, vermag die Kammer keine offensichtliche Rechtswidrigkeit der Schiedsordnung zu erkennen. Denn zum einen ist der Vorrang des
Gesetzes, auf den die Beigeladene sich insoweit konkludent beruft, eine Regel der staatlichen Rechtsordnung, die nicht zwingend auf
innerreligiöses Recht, das dem staatlichen Zugriff entzogen ist, übertragen werden muss. Und zum anderen unterliegen innerreligiöse
Rechtsvorschriften nicht zwingend den im staatlichen Recht geltenden Auslegungsregeln. Aber selbst wenn man auf die im Bereich der
staatlichen Rechtsordnung anerkannte Auslegung einer Vorschrift anhand des Wortlauts abstellen würde, ergäbe sich daraus nicht unbedingt
ein Widerspruch zwischen § 15 Abs. 3 der Satzung des Zentralrats und § 3 der Schiedsordnung. Denn § 15 Abs. 3 der Satzung des Zentralrats
regelt nur, wer dem Schieds- und Verwaltungsgericht angehören muss, § 3 der Schiedsordnung hingegen, in welcher Besetzung das Schieds-
und Verwaltungsgericht entscheidet. § 15 Abs. 3 der Satzung des Zentralrats entspricht insoweit in etwa dem § 5 Abs. 1 VwGO und § 3 der
Schiedsordnung dem § 5 Abs. 3 VwGO.
34
3.1.2
beschlossene Ausschluss der Klägerin aus der Beigeladenen der allein maßgebliche Grund für die angefochtene Entscheidung des
Ministeriums vom 24.05.2006. Ohne diesen Ausschluss hätte bereits der Beigeladene den Antrag an das Ministerium, der Klägerin die
Rechtsstellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts abzuerkennen, nicht gestellt. Das ergibt sich aus einer Gesamtschau der Schreiben
der Beigeladenen an das Ministerium vom 03.02.2006 und vom 04.04.2006. In diesen Schreiben kommt unzweideutig zum Ausdruck, dass nach
Ansicht der Beigeladenen mit dem Ausschluss der Klägerin aus der Beigeladenen auch die Voraussetzungen einer Körperschaft des
öffentlichen Rechts nicht mehr gegeben seien und dass der Antrag der Beigeladenen, der Klägerin den Körperschaftsstatus abzuerkennen, eine
Folge dieses Ausschlusses sei. Nur diese Auslegung des Antrags der Beigeladenen wäre mit der Satzung der Beigeladenen zu vereinbaren,
deren § 3 Nr. 2 u. a. bestimmt, dass die bestehenden jüdischen/israelitischen Gemeinden in ... (ipso iure) den Status einer Körperschaft des
öffentlichen Rechts nach § 24 Abs. 1 KiStG Bad.-Württ. haben. Damit bringt die Satzung der Beigeladenen zum Ausdruck, dass es nach ihrem
innerreligiösen Recht keine Gemeinde (als Untergliederung der Beigeladenen) geben soll, die nicht den Status einer Körperschaft des
öffentlichen Rechts besitzt. Nur ein Verlust der Gemeindeeigenschaft (z. B. durch Ausschluss aus der Beigeladenen) soll danach einen Verlust
des Körperschaftsstatus zur Folge haben. In diesem Sinne war der Antrag der Beigeladenen, der Klägerin den Körperschaftsstatus
abzuerkennen, der Sache nach (im Sinne einer Bedingung) an den Tatbestand geknüpft, dass die Klägerin durch den Ausschluss aus der
Beigeladenen die Eigenschaft einer Gemeinde der Beigeladenen verloren hat. Auch das Ministerium hatte den Antrag der Beigeladenen, der
Klägerin den Körperschaftsstatus abzuerkennen, zunächst so verstanden, was in einem internen Vermerk zum Ausdruck kommt, demzufolge
dem Antrag nicht stattgegeben werden sollte, nachdem das Gerücht aufgekommen war, der Ausschlussbeschluss der Beigeladenen vom
29.01.2006 sei vom innerreligiösen Schieds- und Verwaltungsgericht aufgehoben worden. Dafür, dass das Ministerium die Aberkennung der
Körperschaftsrechte bei der Klägerin nur als Folge des Verlusts der Gemeindeeigenschaft verstanden hat, spricht auch der Wortlaut des
angefochtenen Erlasses vom 24.05.2006. Im ersten Satz dieser Entscheidung wird ausgesprochen, dass das Ministerium der Klägerin mit
Wirkung vom 29.01.2006, dem Datum des Ausschlussbeschlusses der Beigeladenen, die Eigenschaft als Gemeinde der Beigeladenen
aberkennt (ein Ausspruch, für den das Ministerium - auch auf der Grundlage seiner eigenen Rechtsauffassung - keine Kompetenz besaß und der
- bei wohlwollender Auslegung - nur als Wiedergabe einer von der Beigeladenen zuvor getroffenen Entscheidung verstanden werden kann). Der
zweite Satz liest sich demgegenüber wie die Klarstellung einer (automatischen) gesetzlichen Folge des Ausspruchs in Satz 1, dass nämlich
"damit", das heißt mit dem Verlust der Gemeindeeigenschaft, die Klägerin auch die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verliert.
Deutlicher kann die Verknüpfung zwischen der Rechtsstellung der Klägerin als Gemeinde der Beigeladenen und als Körperschaft des
öffentlichen Rechts nicht zum Ausdruck gebracht werden. Dass danach der Verlust des Körperschaftsstatus der Klägerin mit der Geltung ihres
Ausschlusses aus der Beigeladenen steht und fällt, liegt auf der Hand.
35 Damit ist der angefochtenen Entscheidung des Ministeriums vom 24.05.2006 der Boden entzogen. Dieser für die Rechtswidrigkeit der
angefochtenen Entscheidung maßgebliche Grund schlägt auch auf den Zeitpunkt des Erlasses dieser Entscheidung durch. Denn sowohl die
Klägerin aus auch die Beigeladene sind als Untergliederungen des Zentralrats der Juden in Deutschland der Rechtsprechung des vom
Zentralrat eingerichteten Schieds- und Verwaltungsgerichts unterworfen (vgl. hierzu auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.10.2005, a.a.O. ).
Solange der Ausschluss der Klägerin aus der Beigeladenen von diesem innerreligionsgemeinschaftlichen Gericht (noch) aufgehoben werden
konnte, wie das schließlich mit dem genannten Urteil vom 13.03.2007 geschehen ist, hätte der Beklagte die angefochtene Entscheidung nicht
erlassen dürfen.
36
3.2
ersichtlich.
37
3.2.1
Beigeladenen zu sehen, verkennt sie den eigenständigen Rechtsstatus, den die Klägerin durch die Anerkennung als Körperschaft des
öffentlichen Rechts erlangt hat, sowie die Anforderungen des Gesetzesvorbehalts ( siehe oben II.1. und II.3. ). Die gegenteilige Auffassung des
Beklagten und der Beigeladenen, wonach nur Religionsgemeinschaften im Sinne von Art. 140 GG, 136 ff. WRV und nicht ihre Gemeinden als
Untergliederung von Religionsgemeinschaften Träger von Rechten und Adressat staatlicher Maßnahmen sein können, ist zumindest dann nicht
haltbar, wenn diese Gemeinden kraft staatlichen Hoheitsakts die Rechtsstellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erlangt haben. Denn
damit erwerben diese Gemeinden zumindest partiell eine eigenständige Rechtsstellung auch und gerade im (staatlichen und gesellschaftlichen)
Rechtsleben ( siehe oben II.1. ). Deshalb ist die Anerkennung bzw. die Aberkennung dieser Rechtsstellung kein rein
innerreligionsgemeinschaftlicher Vorgang. Die Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen findet weder im Verfassungsrecht, auch nicht in
Art. 140 GG, 136 ff. WRV, noch im einfachen Gesetzesrecht der Bundesrepublik Deutschland eine Stütze. Im Gegenteil, die Auffassung des
Beklagten und der Beigeladenen ist auch mit Verfassungsrecht nicht zu vereinbaren. Denn dadurch wäre die Klägerin der Willkür der
Beigeladenen preisgegeben. Diese Auffassung wird ersichtlich auch in Literatur und Rechtsprechung zum Staatskirchenrecht nicht vertreten;
auch der Beklagte und die Beigeladene haben im Lauf des gesamten Verfahrens insoweit keine Nachweise zu erbringen vermocht. Eine andere
Auffassung lässt sich auch nicht dem Bayerischen Kirchensteuergesetz entnehmen, das als offenbar einziges Landesgesetz außer der
Körperschaftsanerkennung auch den Widerruf einer solchen Anerkennung spezialgesetzlich regelt. Auch nach diesem Gesetz ist der Widerruf
nur bei Vorliegen bestimmter Tatbestandsvoraussetzungen und auch dann nur nach ordnungsgemäßer Ermessensausübung, die das
Ministerium im vorliegenden Fall ausdrücklich nicht vorgenommen hat, möglich. Soweit dort in Art. 1 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Bayer. KiStG geregelt ist,
dass ein Widerruf u. a. dann ausgesprochen werden kann, wenn die Gemeinschaft dies beantragt, ergibt eine verfassungskonforme und auch
am Wortlaut ausgerichtete Auslegung dieser Vorschrift, dass hiermit nur ein Antrag der Gemeinschaft gemeint sein kann, um deren
Körperschaftsrechte es geht, also um einen Selbstauflösungsantrag, und nicht um einen Antrag einer anderen bzw. übergeordneten
Organisationseinheit, also z. B. einer Religionsgemeinschaft als kirchlichem Landesverband (wie der Beigeladenen), auf Widerruf des
Körperschaftsstatus einer (untergeordneten) kirchlichen Gemeinde. Denn Art. 1 Bayer. KiStG unterscheidet an anderen Stellen begrifflich
zwischen Religionsgemeinschaften, Kirchen und weltanschaulichen Gemeinschaften, so dass der Begriff der "Gemeinschaft" in Art. 1 Abs. 3 Satz
2 Nr. 1 Bayer. KiStG nicht als (Ersatz für) "Religionsgemeinschaft", sondern nur als Oberbegriff für alle drei genannten Gemeinschaften
verstanden werden kann. Dass der Antrag nach Art. 1 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Bayer. KiStG nur als Selbstauflösungsantrag im oben genannten Sinn
zu verstehen ist, ergibt sich auch aus Art. 1 Abs. 4 Satz 1 Bayer. KiStG, wonach die Gemeinschaft mit dem Eintritt der Unanfechtbarkeit des
Widerrufs die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verliert. Wäre die Regelung in Art. 1 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Bayer. KiStG dagegen so
zu verstehen, wie es der von dem Beklagten und der Beigeladenen (in Bezug auf die Rechtslage in Baden-Württemberg) vertretenen Auffassung
entspricht, würde diese Regelung - übertragen auf den vorliegenden Fall - zu dem unsinnigen Ergebnis führen, dass die Beigeladene zwar den
Antrag auf Widerruf der Anerkennung der Klägerin als Körperschaft des öffentlichen Rechts stellen könnte, im Fall der Stattgabe dieses Antrags
aber selbst (auch) die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verlöre. Damit geht auch das Bayerische Kirchensteuergesetz davon
aus, dass die Stellung eines Antrags auf Widerruf der Körperschaftsanerkennung durch die übergeordnete Religionsgemeinschaft (hier die
Beigeladene) allein kein hinreichender Grund für den Widerruf des Körperschaftsstatus einer Untergliederung dieser Religionsgemeinschaft
(hier der Klägerin) sein kann. Aber selbst wenn eine Auslegung des Bayerischen Kirchensteuergesetzes zu einem anderen Ergebnis käme und
es gelänge, auch die verfassungsrechtlichen Bedenken zu überwinden, wäre das daraus folgende Ergebnis nur eine Folge der
spezialgesetzlichen Regelung in Bayern, die es in Baden-Württemberg gerade nicht gibt und die deshalb nicht auf Baden-Württemberg
übertragen werden könnte.
38
3.2.2
abzuerkennen, nicht, wie der Beklagte meint, von einem Antrag der Beigeladenen gedeckt. Wie ausgeführt, hat der Oberrat der Beigeladenen in
seiner Sitzung am 29.01.2006 nur beschlossen, die Klägerin aus ihren Reihen auszuschließen. Auf der Grundlage dieses Beschlusses ist die
Beigeladene an das Ministerium herangetreten mit dem Antrag, wegen dieses Ausschlusses der Klägerin auch die Körperschaftsrechte
abzuerkennen. Wie oben ausgeführt, war dieser Antrag untrennbar verknüpft mit der Ausschlussentscheidung. Durch Aufhebung dieses
Ausschlussbeschlusses mit Urteil des Schieds- und Verwaltungsgerichts vom 13.03.2007 ( a.a.O. ) wurde diesem Antrag der Boden entzogen (
siehe oben II.3.1.2 ). Einen separaten (von dem Ausschlussbeschluss unabhängigen) Beschluss über einen Antrag bei dem Beklagten, der
Klägerin die Körperschaftsrechte abzuerkennen, hat es nicht gegeben; er wäre auch mit § 3 Nr. 2 der Satzung der Beigeladenen kaum zu
vereinbaren ( siehe oben II.3.1.2 ). Hätte die Beigeladene einen solchen Beschluss gefasst, wäre dieser im Übrigen wohl in gleicher Weise einer
Überprüfung durch das Schieds- und Verwaltungsgericht unterworfen wie der Beschluss über den Ausschluss der Klägerin aus der
Beigeladenen.
39
4.
angefochtene Entscheidung des Ministeriums vom 24.05.2006 auch deshalb rechtswidrig und aufzuheben ist, weil sie wegen der völligen
Nichtbeteiligung der Klägerin an dem für sie mit einem belastenden Verwaltungsakt endenden Verwaltungsverfahren an gravierenden, im
konkreten Fall nicht geheilten Verfahrensfehlern ( vgl. hierzu u. a. §§ 28, 45 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 LVwVfG; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45 RdNr.
42 m.w.N. ) oder, weil das Ministeriums sich für gebunden gehalten hat, an einem Ermessensfehler leidet, hier dahingestellt bleiben.
40 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 und 3, 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Da durch die Anrufung des unzuständigen
Verwaltungsgerichts Stuttgart keine zusätzlichen (gerichtlichen oder außergerichtlichen) Kosten entstanden sind, erübrigt sich insoweit eine
Entscheidung nach § 17b Abs. 2 GVG. Die Kammer sieht keinen Anlass, die Kostenentscheidung nach § 167 Abs. 2 VwGO für vorläufig
vollstreckbar zu erklären.
41 Die Zulassung der Berufung erfolgt wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und beruht auf § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.