Urteil des VG Freiburg vom 09.09.2009

VG Freiburg (ausreise, aufenthaltserlaubnis, ausländer, familie, grund, ehemann, bundesrepublik deutschland, deutschland, vorübergehend, kosovo)

VG Freiburg Beschluß vom 9.9.2009, 4 K 1339/09
Leitsätze
Für die Beantwortung der Frage, ob ein Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vo rübergehenden Grund
ausgereist ist, kommt es auf den Zeitpunkt der Ausreise an. Wenn die Ausreise in diesem Zeitpunkt nicht nur
vorübergehend war, erlischt die Aufenthaltserlaubnis nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG unmittelbar und
unwiderruflich; sie lebt nicht wieder auf, wenn der Ausländer es sich später und sei es auch nur kurze Zeit nach
der Ausreise anders überlegt.
Ob der Grund für das Verlassen des Bundesgebiets seiner Natur nach vorübergehend ist, beurteilt sich nicht
(allein) nach dem inneren Willen des Ausländers, sondern aufgrund einer Würdigung der gesamten Umstände des
jeweiligen Einzelfalles. Der Ausländer kann nur geltend machen, er habe stets den Willen zur Rückkehr ins
Bundesgebiet gehabt, wenn diese Absicht in objektiv nachprüfbarer Weise zum Ausdruck kommt.
§ 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG ist ein eigenständiger, von Nr. 7 dieser Vorschrift unabhängiger Erlöschensgrund. Das
heißt, es ist nicht erforderlich, dass die Abwesenheit länger als sechs Monate gedauert hat; diesem Zeitraum
kommt allenfalls eine indizielle Bedeutung zu.
Tenor
Die Anträge werden abgelehnt.
Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Der Streitwert wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
1
1.
den Bescheid der Antragsgegnerin vom 07.07.2009, mit welchem die von ihnen beantragte
Aufenthaltserlaubnis versagt und ihnen für den Fall, dass sie nicht binnen eines Monats nach Zustellung
dieses Bescheids das Bundesgebiet verlassen, die Abschiebung in den Kosovo angedroht wurde, sind
zumindest deshalb gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zulässig, weil sowohl die Antragstellerinnen als auch die
Antragsgegnerin vom Vorliegen einer Erlaubnisfiktion vor Erlass des ablehnenden Bescheids vom 07.07.2009
ausgegangen sind ( vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 20.11.2007, InfAuslR 2008, 81 ). Die Anträge
haben aber in der Sache keinen Erfolg.
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Das öffentliche Interesse an der kraft Gesetzes bestehenden sofortigen Vollziehbarkeit der angegriffenen
Verfügungen überwiegt das private Interesse der Antragstellerinnen an einem vorläufigen Aufschub der
Wirkungen dieser Verfügungen. Dies folgt daraus, dass nach der im Verfahren auf Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes allein möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage
aller Voraussicht nach davon auszugehen ist, dass die im angegriffenen Bescheid der Antragsgegnerin
getroffenen Verfügungen rechtlich nicht zu beanstanden sind.
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Die Versagung der von den Antragstellerinnen beantragten Aufenthaltserlaubnisse durch die Antragsgegnerin
erweist sich hiernach höchstwahrscheinlich als rechtmäßig. Dabei macht die Antragstellerin Ziff. 2 (bei der die
Voraussetzungen des § 33 AufenthG eindeutig nicht vorliegen, weil kein Elternteil einen der dort genannten
Aufenthaltstitel besitzt) ohnehin nur ein von der Antragstellerin Ziff. 1 abgeleitetes Aufenthaltshaltsrecht
geltend. Zur Erlangung eines Aufenthaltstitels für die Antragstellerin Ziff. 1 wiederum kommt als
Rechtsgrundlage - auch nach ihrer eigenen Auffassung - allein § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 AufenthG in
Betracht. Denn die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis
nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG, auf die sich die Antragstellerin Ziff. 1 zunächst berufen hatte, liegen
unstreitig nicht (mehr) vor, nachdem sich herausgestellt hat, dass ihre Tochter, die Antragstellerin Ziff. 2, nicht
das Kind eines Deutschen ist. § 31 AufenthG stellt aber nur eine Rechtsgrundlage für die Verlängerung einer
noch geltenden Aufenthaltserlaubnis dar. Der Ausländer muss zum Zeitpunkt der Beantragung des
noch geltenden Aufenthaltserlaubnis dar. Der Ausländer muss zum Zeitpunkt der Beantragung des
eigenständigen Aufenthaltsrechts noch im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sein ( Hailbronner, Ausländerrecht,
Stand: Juni 2009, Bd. 1, A 1, § 31 RdNr. 8 m.w.N. ), § 31 AufenthG ist keinesfalls Rechtsgrundlage für die
(erstmalige oder erneute) Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Danach scheidet bei der Antragstellerin Ziff. 1 -
die Antragstellerin Ziff. 2 war ohnehin nie im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis - die Anwendung des § 31
AufenthG von vornherein aus. Denn die ihr am 21.12.2006 erteilte und bis zum 08.10.2008 befristete
Aufenthaltserlaubnis war bereits vor Beantragung ihrer Verlängerung nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG
erloschen.
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Nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG erlischt ein Aufenthaltstitel, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach
nicht vorübergehenden Grund (aus der Bundesrepublik Deutschland) ausreist. Ob der Grund für das Verlassen
des Bundesgebiets seiner Natur nach vorübergehend ist, beurteilt sich demnach nicht (allein) nach dem inneren
Willen des Ausländers, sondern aufgrund einer Würdigung der gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalls.
Auch dann, wenn der Ausländer beabsichtigt, später in das Bundesgebiet zurückzukehren, kann der Grund für
die Ausreise seiner Natur nach ein nicht vorübergehender sein. Der Ausländer kann nur geltend machen, er
habe stets den Willen zur Rückkehr ins Bundesgebiet gehabt, wenn diese Absicht in objektiv nachprüfbarer
Weise zum Ausdruck gekommen ist. Gibt ein Ausländer seinen bisherigen Lebensmittelpunkt im Bundesgebiet
endgültig auf und reist er in sein Heimatland (oder ein Drittland) aus, so erfolgt die Ausreise aus einem nicht
vorübergehenden Grund. Bei dem einmal eingetretenen Erlöschen der Aufenthaltsgenehmigung bleibt es auch
dann, wenn der Ausländer das Bundesgebiet nicht nur vorübergehend verlässt, dann aber seine Absicht ändert
und - sei es auch nur kurze Zeit später - wieder ins Bundesgebiet zurückkehrt. Ein wesentlicher Umstand für
die Beurteilung, ob der Grund der Ausreise seiner Natur nach vorübergehend ist oder nicht, ist die Dauer der
Abwesenheit. Je länger der Auslandsaufenthalt währt und je deutlicher er über einen bloßen Besuchs- oder
Erholungsaufenthalt hinausgeht, desto mehr spricht dafür, dass er nicht vorübergehender Natur ist ( vgl. - zum
Teil zur inhaltsgleichen Vorgängerregelung in § 44 Abs. 1 Nr. 2 AuslG - BVerwG, Beschluss vom 30.12.1988,
InfAuslR 1989, 114; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 22.01.2004, VBlBW 2004, 388; OVG NW, Beschlüsse
vom 24.04.2007 - 18 B 2764/06 - und vom 25.08.2003, NVwZ-RR 2004, 151; VG Augsburg, Urteil vom
19.08.2008 - Au 1 K 07/993 -; VG München, Beschlüsse vom 26.07.2007 - u. a. M 4 E 07/1573 -; jew. m.w.N.;
Hailbronner, a.a.O., Bd. 2, A 1, § 51 RdNrn. 17 ff. ).
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§ 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG ist ein eigenständiger, von Nr. 7 dieser Vorschrift unabhängiger Erlöschensgrund.
Das heißt, es ist nicht erforderlich, dass die Abwesenheit länger als sechs Monate gedauert hat; diesem
Zeitraum kommt allenfalls eine indizielle Bedeutung zu ( Hailbronner, a.a.O., Bd. 2, A 1, § 51 RdNr. 23 m.w.N.;
siehe hierzu auch BVerwG, Beschluss vom 30.12.1988, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 22.01.2004,
a.a.O., im dortigen Fall ist der Ausländer nach nur etwa sechs Wochen wieder eingereist). Stattdessen kommt
es auf den Zweck der Ausreise im Zeitpunkt der Ausreise an. Wenn die Ausreise in diesem Zeitpunkt nicht nur
vorübergehend war, erlischt die Aufenthaltserlaubnis damit unmittelbar und unwiderruflich; sie lebt nicht wieder
auf, wenn der Ausländer es sich später - und sei es auch nur kurze Zeit nach der Ausreise - anders überlegt
und nach Deutschland zurückkehrt bzw. zurückkehren will ( VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 22.01.2004,
a.a.O., m.w.N. )
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Nach diesen Grundsätzen ist die Antragstellerin Ziff. 1 am 03.01.2007 aus einem seiner Natur nach nicht
vorübergehenden Grund aus dem Bundesgebiet ausgereist. Nach eigenem Vortrag wurde sie an jenem Tag von
ihrem in B./Schweiz lebenden Bruder an ihrem Wohnort im Landkreis D. abgeholt, nachdem sie von ihrem
Ehemann praktisch "auf die Straße gesetzt worden war". In den folgenden Wochen und Monaten lebte sie
offenkundig bei ihrem Bruder in B.. Erst am 28.06.2007 und damit knapp sechs Monate nach ihrer Ausreise
tauchte die Antragstellerin Ziff. 1 erstmals wieder (offiziell) in Deutschland, L., auf und meldete sich dort im
Frauenhaus an. Die objektiven Umstände ihrer Ausreise und ihres Aufenthalts außerhalb Deutschlands
sprechen dafür, dass der Zweck ihrer Ausreise am 03.01.2007 und ihres Auslandsaufenthalts auf unabsehbare
Zeit gerichtet und damit nicht vorübergehender Natur war. Ihre ursprüngliche Einreise nach Deutschland am
16.12.2006 diente allein dem Zweck des Zuzugs zu ihrem Ehemann. Nachdem die eheliche Beziehung sehr
bald und endgültig beendet war, entfiel auch der Grund für einen Verbleib der Antragstellerin Ziff. 1 in
Deutschland. Konsequenterweise ist die Antragstellerin Ziff. 1 dann auch wieder mit Hilfe ihrer Verwandtschaft
aus Deutschland ausgereist und lebte fortan mehrere Monate im Ausland, ohne dass objektiv Umstände
erkennbar wären, die den Auslandsaufenthalt lediglich als vorübergehend erscheinen ließen. Für einen
Erholungs- oder Besuchsurlaub (bei Verwandten) ist der Zeitraum des Auslandsaufenthalts jedenfalls zu lang.
Die Wiedereinreise knapp sechs Monate später beruhte erkennbar auf einem neuen Willensentschluss und
diente nicht mehr dem Familiennachzug und damit einem anderen Zweck als die ursprüngliche Einreise im
Dezember 2006.
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Nach alledem ist die der Antragstellerin Ziff. 1 erteilte Aufenthaltserlaubnis kraft Gesetzes erloschen und war
ihre erneute Einreise im Juni 2007 unerlaubt ( i.S.v. § 14 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ). Schon aus diesem Grund
kann der Antragstellerin Ziff. 1 nach § 31 AufenthG keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die
Ablehnungsentscheidung im Bescheid der Antragsgegnerin vom 07.07.2009 ist damit rechtlich nicht zu
beanstanden. Auf die zwischen den Beteiligten vorwiegend erörterte Frage, ob bei der Antragstellerin Ziff. 1 die
Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 AufenthG vorliegen, kommt es hiernach nicht an.
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2.
rechtlich nicht zu beanstanden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 58, 59 AufenthG hierfür liegen
ohne Weiteres vor. Abschiebungsverbote, die der Zielstaatsbestimmung (Kosovo) in der
Abschiebungsandrohung entgegenstehen, liegen ebenfalls nicht vor. Das gilt auch im Hinblick auf ein
mögliches Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Denn die Antragstellerinnen haben nicht
glaubhaft gemacht, dass für sie bei einer Rückkehr in den Kosovo eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib,
Leben oder Freiheit besteht. Insbesondere haben sie nicht glaubhaft gemacht, dass sie dort ohne jeden
familiären Rückhalt wären oder gar körperlichen Übergriffen von Seiten ihrer Familie oder der Familie ihres
Ehemanns ausgesetzt wären. Die Kammer vermag der Antragstellerin Ziff. 1 insoweit keinen Glauben zu
schenken, da ihr gesamtes (Aussage-)Verhalten von taktischen Überlegungen geprägt ist und sie dabei auch
nicht vor Unwahrheiten halt gemacht hat. So hat sie solange wie möglich behauptet, ihre Tochter, die
Antragstellerin Ziff. 2, sei eindeutig das Kind ihres Ehemanns. Das ging so weit, dass sie noch am 04.06.2008
im Vaterschaftsanerkennungsverfahren vor dem Amtsgericht L. erklärt hat, sie sei sich ganz sicher, dass ihr
Ehemann der Vater des Kindes sei, weil sie keinen sexuellen Kontakt mit einem anderen Mann gehabt habe.
Sie bekräftigte diese Aussage sogar noch, indem sie erklärte, jedenfalls seit ihrer Heirat im August 2006 habe
sie keinen sexuellen Kontakt mit einem anderen Mann gehabt, dessen sei sie sich ganz sicher. Erst nachdem
durch ein Abstammungsgutachten vom Oktober 2008 der Nachweis erbracht worden war, dass sie insoweit die
Unwahrheit gesagt hat, ließ sie durch ihre Prozessbevollmächtigte erklären, sie räume ein, dass sie während
der Verlobungszeit eine sexuelle Beziehung mit einem anderen Mann gehabt habe. Aber selbst diese Erklärung
kann nicht den Tatsachen entsprechen. Denn das am 20.07.2007 geborene Kind der Antragstellerin Ziff. 1
muss nach allen biologischen Gesetzmäßigkeiten nach der Eheschließung mit ihrem Ehemann am 18.08.2006
und kann somit nicht bereits während der Verlobungszeit gezeugt worden sein (was i. Ü. eine Erklärung sein
mag für die brüske Ablehnung der Antragstellerin Ziff. 1 durch ihren Ehemann). Das heißt, bis in die Gegenwart
stellt die Antragstellerin Ziff. 1 ihre Situation so dar, wie es für sie möglichst vorteilhaft ist. In diesem Sinne
sind auch ihre Aussagen zu einem angeblichen Verstoßenwerden durch ihre Familie zu verstehen. Tatsache
ist, dass ihre Familie bzw. der in der Schweiz lebende Teil ihrer Familie sie nach dem Konflikt mit ihrem
Ehemann Anfang 2007 umgehend bei sich aufgenommen und sie fast sechs Monate lang beherbergt hat. Aus
den Aussagen der Antragstellerin Ziff. 1 geht weiter hervor, dass sie im Kosovo mindestens eine Schwester
hat, die noch zu ihr steht. Es gibt keine überzeugenden Anhaltspunkte dafür, dass ihre Familie (von der ein
Großteil offenbar schon seit Längerem in Westeuropa lebt und die deshalb wohl nicht mehr so stark in den im
Kosovo üblichen archaischen und patriarchalischen Strukturen verhaftet ist, wie sie im Bericht der deutschen
Botschaft in Pristina an die Antragsgegnerin vom 24.06.2009, der sich in den Akten der Antragsgegnerin
befindet, dargestellt werden) die Antragstellerinnen tatsächlich verstoßen und ihnen auch in Fällen großer Not
jede Unterstützung versagen wird. Immerhin zeigt die spontane Aufnahme der Antragstellerin nach dem Bruch
mit ihrem Ehemann im Januar 2007, dass die Familie im Notfall für sie da ist, was nicht in allen muslimischen
Familien in einem vergleichbaren Fall so selbstverständlich der Fall wäre. Auch in dem erwähnten Bericht der
deutschen Botschaft in Pristina wird zu Beginn erwähnt, dass es auf die gestellte Frage keine allgemein gültige
Antwort geben kann, sondern dass diese Antwort bei jeder Familie unterschiedlich ausfallen kann. Wenn die
Antragstellerin Ziff. 1 nun im letzten Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 04.09.2009 erklären lässt,
dass sich die Einstellung ihrer Familie zu ihr drastisch verändert habe, seit diese erfahren habe, dass das Kind
von einem fremden Mann stamme, so fällt auf, dass sie das nun erstmals vorträgt, obwohl die Tatsache, dass
das Kind nicht von ihrem Ehemann stammt, spätestens seit Oktober 2008 bekannt ist und die Familie dies
schon seit Längerem vermutet haben dürfte, nachdem allen bekannt gewesen sein muss, dass das Kind in
einem Zeitraum gezeugt worden sein muss, in dem die Antragstellerin Ziff. 1 sich (noch) im Kosovo, ihr
Ehemann sich aber in Deutschland aufhielten. Auch dieser Erklärung der Antragstellerin Ziff. 1 dürften somit
vor allem prozesstaktische Gründe zugrunde liegen. Soweit die Antragstellerinnen irgendwelche Racheakte von
Seiten der Familie des "geprellten" Ehemanns der Antragstellerin Ziff. 1 befürchten, weist die Antragsgegnerin
zu Recht darauf hin, dass es dafür keine Anhaltspunkte gibt und solche Racheakte im Übrigen auch in
Deutschland möglich wären.
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3.
einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO) zu verpflichten, ihre Abschiebung vorläufig auszusetzen, ist
unklar, auf welcher Rechtsgrundlage dieses Begehren beruht. Falls die Antragstellerinnen dieses Begehren mit
der Sicherung eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels begründen sollten, ergibt sich aus den
vorstehenden Ausführungen ( unter 1. ), dass sie einen solchen Anspruch nicht besitzen. Falls sie damit einen
Duldungsanspruch aus § 60a Abs. 2 AufenthG geltend machen wollen, ist dieser Antrag unzulässig, weil die
Antragstellerinnen nach ihrem eigenen Vortrag und dem Inhalt der der Kammer vorliegenden Akten bislang
keinen Duldungsantrag bei der Behörde gestellt haben. In einem solchen Fall fehlt einem Antragsteller das
Rechtsschutzinteresse für eine Entscheidung nach § 123 VwGO. Denn es ist nicht Aufgabe der
Verwaltungsgerichte, ein Begehren von Antragstellern auf seine materielle Begründetheit hin zu überprüfen,
bevor die dafür zuständige Behörde in einem vorgeschalteten Verwaltungsverfahren Gelegenheit zu einer
solchen Prüfung und Sachverhaltsermittlung hatte ( ständige Rechtsprechung der Kammer vgl. u. a.
Beschlüsse vom 14.01.2008 - 4 K 2769/07 - und vom 04.12.2008 - 4 K 2689/07 - jew. m.w.N. ). Darüber hinaus
ist im Fall der Antragstellerinnen ein Duldungsgrund nach § 60a Abs. 2 AufenthG nicht ersichtlich.
10 Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO.
11 Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 39 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 und 63 Abs. 2 GKG.