Urteil des VG Freiburg vom 20.06.2007

VG Freiburg: studiengebühr, hochschule, unentgeltlichkeit, wirtschaftliche leistungsfähigkeit, besonderer vorteil, schweizerisches bundesgericht, unechte rückwirkung, zugang, studierender, befreiung

VG Freiburg Urteil vom 20.6.2007, 1 K 2324/06
Rechtmäßigkeit der von den Staatlichen Hochschulen in Baden-Württemberg ab 2007 erhobenen allgemeinen Studiengebühr
Leitsätze
1. Nach dem materiellen Gehalt des Abgabentatbestandes in § 3 Satz 1 LHGebG ist die erstmals zum Sommersemster 2007 in Baden-Württemberg
von den Staatlichen Hochschulen erhobene allgemeine Studiengebühr eine Benutzungsgebühr und keine Sonderabgabe.
2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Landeshochschulgebührengesetzes - LHGebG - über die Studiengebühren stehen mit höherrangigem
Recht in Einklang.
3. Bei der Einführung der allgemeinen Studiengebühr konnte sich der Gesetzgeber des Landes Baden-Württemberg auf die ihm nach Art. 70 Abs. 1
GG zustehende Sachkompetenz für das Hochschulrecht stützen. Die Ausübung dieser Kompetenz ist weder durch das Hochschulrahmengsesetz -
HRG - noch durch den Grundsatz bundesfreundlichen Verhaltens ausgeschlossen.
4. Die Verpflichtung des Art. 13 Abs. 2 c IPwskR, den Hochschulunterricht auf jede geeignete Weise, insbesondere durch allmähliche Einführung der
Unentgeltlichkeit, jedermann gleichermaßen entsprechend seinen Fähigkeiten zugänglich zu machen, ist kein unverbindlicher Programmsatz,
sondern bindet den Landesgesetzgeber unmittelbar zumindest insoweit, als er kein Gesetz zur Einführung von Studiengebühren erlassen darf, das
dieser Verpflichtung zuwiderläuft.
5. Der Landesgesetzgeber hat mit der Einführung einer allgemeinen Studiengebühr in Höhe von 500 EURO pro Semster sowie dem
Darlehensmodell zur Finanzierung der Studiengbühren nicht gegen seine Verpflichtung aus dem IPwskR verstoßen.
6. Die Einführung einer allgemeinen Studiengebühr greift zwar in den Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG ein. Dieser Eingriff ist
aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
7. Der Landesgesetzgeber hat in § 6 Abs. 1 Nr. 1 LHGebG die Befreiung der Gebührenpflicht ohne Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz
auf Studierende beschränkt, die ein Kind pflegen und erziehen, das zu Beginn des jeweilien Semesters das 8. Lebensjahr noch nicht vollendet hat .
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
1
Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid der Beklagten, durch den sie ab dem Sommersemester 2007 für die Dauer ihres Studiums an
dieser Hochschule für jedes Semester zu einer Studiengebühr in Höhe von 500,-- EUR herangezogen wird.
2
Die 1970 geborene Klägerin erlangte im Jahr 1990 ihre Allgemeine Hochschulreife und studierte zunächst vom Wintersemester 1991/92 bis zum
Ende des Sommersemesters 1992 an der Universität im Magisterstudiengang die Fächer Islamwissenschaft und Musikwissenschaft. In der
Folgezeit erlernte sie den Beruf einer Grafikdesignerin. Im Juli 1993 wurde ihr erstes und im November 1995 ihr zweites Kind geboren. Seit dem
Wintersemester 2005/2006 studiert sie an der beklagten Hochschule im Studiengang „Lehramt an Realschulen“ die Fächer Kunst, Englisch und
Deutsch.
3
Am 15.12.2005 beschloss der Landtag von Baden-Württemberg das Gesetz zur Änderung des Landeshochschulgebührengesetzes und anderer
Gesetze. Durch Art. 1 dieses Gesetzes wurde das Landeshochschulgebührengesetz dahin abgeändert, dass an den staatlichen Hochschulen
und den Berufsakademien - beginnend mit dem Sommersemester 2007 (Art. 7 Abs. 2 ) - für das Lehrangebot in einem grundständigen
Studiengang oder in einem konsekutiven Masterstudiengang - von bestimmten Ausnahmen und der Möglichkeit einer Befreiung in näher
geregelten Situationen abgesehen - von den Studierenden für jedes Semester oder Studienhalbjahr eine Studiengebühr in Höhe von 500 Euro
erhoben wird. Dabei steht das Gebührenaufkommen jeder Hochschule zweckgebunden für die Erfüllung ihrer Aufgaben in Studium und Lehre
zur Verfügung. Zur Finanzierung der Gebühren können deutsche sowie eine Vielzahl anderer Studienbewerber oder Studierende für die Dauer
der Regelstudienzeit ihres Studiums zuzüglich vier weiterer Semester ein Darlehen bei der L-Bank aufnehmen, wobei bereits absolvierte
Studienzeiten an einer Hochschule im Geltungsbereich des Hochschulrahmengesetzes oder an einer Berufsakademie bei der Berechnung der
möglichen Bezugsdauer in Abzug zu bringen sind. In den Zinssatz für das Darlehen dürfen nur die Kosten für die Geldbeschaffung und die
Verwaltungskosten eingerechnet werden; Zinseszinsen dürfen nicht erhoben werden. Die Rückzahlungsverpflichtung beginnt zwei Jahre nach
Ablauf der Darlehensberechtigung des Studierenden und steht unter dem Stundungsvorbehalt für den Fall, dass das monatliche Einkommen des
Darlehensnehmers das Mindesteinkommen für die Rückzahlung eines BAföG-Darlehens zuzüglich weiterer 100 Euro nicht übersteigt. Die ohne
Prüfung der Bonität oder Verlangen nach Sicherheiten zu gewährenden Darlehen für Studiengebühren werden über einen von den Hochschulen
finanzierten Studienfonds gesichert, der die Darlehensschuld etwa in den Fällen des Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers oder insoweit
gegen Abtretung der Ansprüche begleicht, als eine bestehende Darlehensschuld für ein nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
gewährtes Darlehen gemeinsam mit der Schuld aus dem Studiengebührendarlehen den Betrag von 15.000 Euro überschreitet. Im
letztgenannten Fall besteht ein Anspruch des Studierenden gegen den Studienfonds auf Erlass dieser überschießenden Darlehensschuld; im
Übrigen kann der Studienfonds die an ihn abgetretene Schuld im Einzelfall ganz oder teilweise nach Maßgabe der Landeshaushaltsordnung
stunden, niederschlagen oder erlassen.
4
Mit Gebührenbescheid vom 17.11.2006 verpflichtete die Beklagte die Klägerin, für die weitere Dauer ihres Studiums in einem grundständigen
Studiengang oder in einem konsekutiven Masterstudiengang an der Beklagten, beginnend ab dem Sommersemester 2007, eine Studiengebühr
in Höhe von 500,-- EUR je Semester zu zahlen (Ziffer 1), wobei die Studiengebühr zunächst mit der Rückmeldung für das Sommersemester 2007
und dann für die folgenden Semester jeweils mit der Rückmeldung für das nächste Semester fällig wird (Ziffer 2). Nach Ziffer 3 des Bescheides
wird dieser gegenstandslos bei einer Exmatrikulation, wenn sie spätestens innerhalb eines Monats nach Beginn der Vorlesungszeit wirksam
wird. Nach Ziffer 4 des Bescheids sind Zeiten der Beurlaubung von der Gebührenpflicht ausgenommen, sofern der Beurlaubungsantrag
innerhalb der Rückmeldefrist bzw. auf jeden Fall vor Beginn der Vorlesungszeit gestellt wurde. Schließlich enthält der Bescheid einen Hinweis
darauf, dass die Zahlungspflicht für Semester entfalle, für die der Studierende nach § 6 Abs. 1 des Landeshochschulgebührengesetzes von der
Gebührenpflicht befreit sei.
5
Der Gebührenbescheid wurde der Klägerin mit einfachem Brief übersandt. Die Aufgabe des Schreibens zur Post ist in der Verwaltungsakte der
Beklagten nicht vermerkt.
6
Am 20.12.2006 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben.
7
Zur Begründung lässt sie im Wesentlichen sinngemäß vortragen, die Erhebung von Studiengebühren sei rechtswidrig, weil die entsprechenden
Regelungen des Landeshochschulgebührengesetzes gegen höherrangiges Recht verstießen.
8
So sei die Studiengebühr als Sonderabgabe zu qualifizieren, die aufgrund der insoweit fehlenden besonderen Anforderungen als steuergleiche
Abgabe im Widerspruch zur Finanzverfassung des Grundgesetzes stehe. Denn es sei realistisch, dass die Gebühreneinnahmen zwar zur
Erfüllung der Aufgaben in Studium und Lehre eingesetzt würden, dass allerdings die Hochschulen in Erwartung dieses Einsatzes die hier bislang
eingesetzten allgemeinen Haushaltsmittel abziehen würden, so dass - bei einer wirtschaftlichen Betrachtung - über die Studiengebühren faktisch
andere Aufgaben oder Bedürfnisse der Hochschule wie etwa die Umlage für den Studienfonds oder auch Heizkosten der Gebäude finanziert
würden, zu denen die Gruppe der Studierenden in ihrer Gesamtheit keine spezifische Sachnähe aufweise und deren Erfüllung auch nicht in
ihrem überwiegenden Interesse stehe.
9
Die Erhebung von Studiengebühren verstoße auch insoweit gegen den Grundsatz der Bundestreue, als der Bundesgesetzgeber nach § 15 Abs
3a BAföG eine sogenannte Studienabschlussförderung gewähre. Denn die finanzielle Belastung durch die landesrechtliche Erhebung von
Studiengebühren laufe der Zielsetzung der bundesrechtlichen Regelung zuwider, zu verhindern, dass Studierende ihr Studium in der
Abschlussphase aus finanziellen Gründen abbrechen. Hier sei zu berücksichtigen, dass die geförderten Studierenden aufgrund ihrer
Studiendauer oft keine Möglichkeit mehr hätten, die Studiengebühren über das Darlehen nach dem Landeshochschulgesetz vorzufinanzieren.
10 Vor allem aber verstoße die Erhebung der Studiengebühren gegen Art. 13 Abs. 2 lit. c) des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und
kulturelle Rechte. Hiernach hätten die Vertragsstaaten in Hinblick auf das Recht eines jeden auf Bildung anerkannt, dass der Hochschulunterricht
auf jede geeignete Weise, insbesondere durch allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit, jedermann gleichermaßen entsprechend seinen
Fähigkeiten zugänglich gemacht werden müsse. Dabei sei mit der Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts in dem Urteil zum
Studiengebührenverbot von einem rechtlichen Regelungsgehalt der Verpflichtung auszugehen, der dann aufgrund des eindeutigen Wortlauts
zur Verpflichtung zur allmählichen Einführung der Unentgeltlichkeit des Hochschulunterrichts der Wiedereinführung von Studiengebühren
zwingend entgegen stehe. In jedem Fall aber sei eine Verpflichtung gegeben, den Zugang zu den Hochschulen so auszugestalten, dass trotz der
Studiengebührenpflicht niemand aufgrund seiner fehlenden finanziellen Leistungsfähigkeit von einem Hochschulstudium abgehalten werde.
Dabei ergebe sich die gleiche Verpflichtung auch aus Art. 12 Abs. 1 GG, der in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht auf
Gleichbehandlung allen Deutschen ein Recht auf gleiche Teilhabe an der Hochschulausbildung verbürge. Diesen Anforderungen werde das
Landeshochschulgebührengesetz auch unter Berücksichtigung des flankierend eingeführten Modells einer darlehensgestützten Vorfinanzierung
der Studiengebühren nicht gerecht. Denn zum einen sei die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Darlehens zeitlich begrenzt und zum anderen
führe diese dazu, dass am Ende des Studiums nicht unerhebliche Schulden angehäuft seien. Ein solcher Schuldenberg aber könne auf
Studierende insbesondere aus einkommensschwachen Elternhäusern abschreckend wirken, und zwar auch dann, wenn beachtet werde, dass
der Landesgesetzgeber in § 9 Abs. 4 des Landeshochschulgebührengesetzes eine Kappung der Gebührenschuld für den Fall vorsehe, dass ein
nach dem BAföG gewährtes Darlehen gemeinsam mit dem Studiengebührendarlehen und den angefallenen Zinsen den Gesamtbetrag von
15.000,-- EUR überschreite. Jedenfalls fehle es insoweit an einer hinreichend tragfähigen Prognose des Gesetzgebers zum Fehlen eines
solchen Abschreckungseffektes.
11 Sofern das Gesetz Ausnahmen bzw. die Möglichkeit der Befreiung von der Zahlungspflicht vorsehe, seien diese Tatbestände zu eng, um dem
Auftrag des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte oder den Anforderungen des Grundrechts auf freie Wahl der
Ausbildungsstätte Rechnung zu tragen. So komme etwa die Klägerin als bedürftige Studierende und Mutter zweier Kinder im Alter von 11 und 13
Jahren weder in den Genuss der Gebührenfreiheit noch könne sie sich, da sie aus der BAföG-Förderung herausfalle, auf die Kappungsgrenze
des § 9 Abs. 4 des Landeshochschulgebührengesetzes berufen.
12 Die Gebührenregelung greife auch in unverhältnismäßiger Weise in den abwehrrechtlichen Gehalt des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG ein.
Denn die in der Gebührenpflicht als Regelung über den Zugang zum Studium liegende Eingriffsintensität sei auch über die Zwecke des Gesetzes
nicht hinreichend gerechtfertigt. Zwar stehe das Ziel des Gesetzes, die Leistungsfähigkeit der Hochschulen bei effizientem Mitteleinsatz zu
erhöhen, für sich genommen im legitimen Gemeinwohlinteresse, doch sei auch unter Berücksichtigung des dem Gesetzgeber eingeräumten
Prognosespielraums nicht ersichtlich, wie dieses Ziel durch die Regelung überhaupt erreicht werden könne: Insbesondere verkenne die in
diesem Zusammenhang gemachte Annahme des Gesetzgebers, der Studiengebühren zahlende Studierende sei mit einer finanziellen
Nachfragemacht ausgestattet, die es ihm ermögliche, Einfluss auf die Qualität der Hochschulausbildung zu nehmen, dass den Studierenden in
Baden-Württemberg die hierfür notwendige Freiheit bei der Studienortwahl aufgrund der überwiegend bestehenden Zulassungsbeschränkungen
kaum eingeräumt sei.
13 Weiter verstoße die Einführung der Studiengebühren auch insoweit gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes als auch Studierende belastet
würden, die ihr Studium bereits begonnen hätten. Die hierin liegende unechte Rückwirkung berücksichtige nicht hinreichend die Lage der
Studierenden, die ihr Studium im Vertrauen auf die Gebührenfreiheit konzipiert hätten und nunmehr kurz vor dem Abschluss desselben stünden.
14 Schließlich sei der Umstand, dass die Verzinsung der Darlehensforderung zu einer faktischen Mehrbelastung derjenigen Studierenden führe, die
aufgrund ihrer persönlichen und familiären Verhältnisse die erhobenen Gebühren nicht gleich bezahlen könnten, als eine Ungleichbehandlung
zu bewerten, die nur insoweit den Zweck der Sicherung einer sozial ausgewogenen Finanzierungsgerechtigkeit im Hochschulwesen
gerechtfertigt werden könne, als die Mehrbelastung der sozial bedürftigen Studierenden, die die Studiengebühren zunächst über ein Darlehen
vorfinanzieren müssten, - wie in Australien - auf den Ausgleich des der Inflation entsprechenden wirtschaftlichen Vorteils der späteren Tilgung
beschränkt sei.
15 Die Klägerin beantragt,
16
den Bescheid der Beklagten vom 17.11.2006 aufzuheben.
17 Die Beklagte beantragt,
18
die Klage abzuweisen.
19 Zur Begründung lässt sie im wesentlichen vortragen, die Studiengebühr stelle sich auch nicht teilweise als finanzverfassungsrechtlich
unzulässige Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion dar, sondern werde als Gegenleistung dafür erhoben, dass der Studierende einen
Studienplatz belege. Dabei koste dieser Studienplatz selbst im kostengünstigsten Studiengang weit mehr als die für seine Inanspruchnahme
erhobene Studiengebühr. Eine weitergehende Belastung des Studierenden mit einer Finanzierungsaufgabe für Gemeinlasten sei nicht gegeben.
Die gegenteilige Auffassung unterscheide nicht hinreichend zwischen dem Gebührentatbestand und der Frage der Verwendung des
Gebührenaufkommens. Insofern sei die in Baden-Württemberg über die Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 LHGebG in besonderer Weise geregelte
Zweckbestimmung des Gebührenaufkommens zur Erfüllung der Aufgaben der Hochschule in Forschung und Lehre weder kompetenzrechtlich
noch sonst verfassungsrechtlich gefordert.
20 Weiter laufe die Regelung der dem Recht der Ausbildungsförderung zugrunde liegenden Zielsetzung der Förderung von bedürftigen
Studierenden nicht in einer Weise entgegen, dass in der Erhebung der Studiengebühren ein gegenüber dem Bund rücksichtsloses und
missbräuchliches Vorgehen des Landes liegen würde. Insbesondere werde die Studiengebühr nicht über die vom Bund gewährte
Ausbildungsförderung finanziert, da die BAföG-Leistungen die Aufwendungen für Studiengebühren nicht abdecken sollten und das Land mit dem
Anspruch auf Darlehensgewährung ein eigenständiges System der Vorfinanzierung der Studiengebühren geschaffen habe. In den
Ausnahmefällen, in denen die Studienabschlussförderung noch gewährt werde, obwohl ein Anspruch auf Darlehensfinanzierung der
Studiengebühren nicht mehr bestehe, gebe es zudem nach § 6 Abs. 3 LHGebG die Möglichkeit der Stundung oder des Erlasses der
Studiengebühren.
21 Die Regelung zur Erhebung von Studiengebühren verstoße auch nicht gegen die in Art. 13 Abs. 2 c des Internationalen Pakts über
wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte enthaltene Verpflichtung, den Hochschulunterricht auf jede geeignete Weise, insbesondere durch
allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit, für jedermann gleichermaßen entsprechend seinen Fähigkeiten zugänglich zu machen. Denn
diese Verpflichtung beinhalte kein absolutes Verbot der Wiedereinführung der Studiengebühren; vielmehr sei die Einführung der
Studiengebühren dann zulässig, wenn durch eine entsprechende Ausgestaltung des Gebührensystems gewährleistet sei, dass jeder nach
seinen Fähigkeiten unabhängig von seiner sozialen Herkunft und seinen finanziellen Möglichkeiten einen chancengleichen Zugang zur
Hochschulbildung habe. Dieser Pflicht entspreche das Gebührenmodell des Landes. Denn mit der Ergänzung der Studiengebührenpflicht durch
die Möglichkeit der Vorfinanzierung dieser Gebühren über das Darlehen werde jeder Studierwillige in die Lage versetzt, trotz Gebührenpflicht
auch zu studieren. Dabei sei die erst später eintretende Rückzahlungspflicht sozial auch so ausgestaltet, dass - nach der insoweit durch den
gesetzgeberischen Prognosespielraum abgedeckten Einschätzung des Landesgesetzgebers - auch niemand bei Studienbeginn durch die
spätere Darlehens- und Zinsschuld von der Studienaufnahme abgeschreckt werden könne. Hier sei insbesondere auf die Kappung der
Darlehensschuld nach § 9 Abs. 4 und 6 LHGebG und die Möglichkeit des Studienfonds zu verweisen, über eine Stundung, Niederschlagung
oder den Erlass der Darlehensschuld auch in anderen Härtefällen zu reagieren. Nach den ersten Erfahrungen mit den Studiengebühren in
Baden-Württemberg hätten bislang nur ca. 2,5 % der Studierenden die Möglichkeit der Finanzierung über ein Darlehen wahrgenommen und
auch die Studierendenzahlen im Sommersemester 2007 würden keinen Hinweis auf einen Verdrängungseffekt in Bezug auf die soziale Herkunft
von Studierenden ergeben. Allerdings sei sich der Gesetzgeber seiner Regelungsverantwortung bewusst und habe deshalb einen Monitoring-
Beirat installiert, der die Auswirkungen des Studiengebührenmodells auf die soziale Zusammensetzung der Studierenden beobachte und den
Gesetzgeber auf einen möglicherweise eintretenden Handlungsbedarf hinweise.
22 Eine Verletzung des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG sei nicht gegeben. Dem dort verbürgten Recht auf derivative Teilhabe an dem staatlich
weitgehend monopolisierten Ausbildungssystem werde Rechnung getragen, da über das Darlehensmodell gewährleistet sei, dass eine soziale
Sonderung der Studierenden nach ihren Besitzverhältnissen nicht eintrete. Der in der Gebührenpflicht liegende Eingriff in den abwehrrechtlichen
Gehalt des Grundrechts stelle keine Regelung zur Beschränkung des Zugangs zur Hochschule dar, sondern nur eine Ausgestaltung der
Studienbedingungen. Als solche sei sie über die vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt, dass über die Studiengebühr
zusätzliche Einnahmen für die Lehre und Verbesserung der Studienbedingungen erzielt und über die Förderung eines effizienten
Studierverhaltens kürzere Studienzeiten erreicht werden sollten. Zudem sei der Gesetzgeber sachgerecht davon ausgegangen, dass allein die
Tatsache, dass die Studierenden über die Studiengebühren „Drittmittel für die Lehre“ aufbrächten, den Stellenwert der Lehre und damit auch die
Position der Studierenden an ihrer Hochschule stärke.
23 Weiter begründe die Pflicht zur Verzinsung des Studiendarlehens keine im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG unverhältnismäßige Benachteiligung der
Darlehensnehmer gegenüber den Sofortzahlern. Denn die hierin liegende Mehrbelastung sei dadurch gerechtfertigt, dass die Darlehensnehmer
mit der Zahlungspflicht erst später belastet würden, wenn sie aufgrund der staatlichen Hochschulausbildung regelmäßig auch in einem höheren
Maße leistungsfähig seien. Dabei sei die Mehrbelastung auch angemessen und führe auch gegenüber bedürftigen Studierenden nicht zu
krassen Benachteiligungen. Denn über die Kappungsgrenze nach § 9 Abs. 4 LHGebG sei für die bedürftigen Studierenden, die regelmäßig auch
in die Vollförderung nach dem BAföG fielen, ein Anwachsen der Darlehensschuld einschließlich der Zinsbelastung auf mehr als 5000,-- EUR
ausgeschlossen.
24 Schließlich verstoße die Einführung der Studiengebühren auch nicht gegen das Rückwirkungsverbot. Da es keinen Anspruch auf ein
kostenfreies Studium gebe und zwischen dem Beschluss des Landtags über das Gesetz zur Änderung des Landeshochschulgebührengesetzes
und anderer Gesetze am 15.12.2005 und dem Beginn der Studiengebührenpflicht zum Sommersemester 2007 1 ¼ Jahre gelegen hätten,
innerhalb deren sich die Studierenden auf die Gebührenpflicht hätten einstellen können, sei ein überwiegendes schutzwürdiges Vertrauen, auch
weiterhin gebührenfrei studieren zu können, nicht mehr gegeben.
25 Dem Gericht lag die Verwaltungsakte der Beklagten (1 Heft) vor. Auf den Inhalt dieser Akte wird ergänzend ebenso verwiesen wie auf den Inhalt
der wechselseitigen Schriftsätze in der Gerichtsakte und die Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
26
Die Klage ist als Anfechtungsklage ohne Durchführung eines Vorverfahrens zulässig (§ 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO, § 11 LHGebG), aber nicht
begründet. Der angefochtene Gebührenbescheid der Beklagten vom 17.11.2006 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten
(§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beklagte hat diesen Gebührenbescheid rechtsfehlerfrei entsprechend den Bestimmungen des
Landeshochschulgebührengesetzes - LHGebG - i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des LHGebG und anderer Gesetze v. 19.12.2005 (GBl. S.
794, ber. 2006, S. 15) erlassen (dazu I.). Die maßgeblichen Bestimmungen dieses Gesetzes (§§ 3 ff. LHGebG) über die Studiengebühren
stehen auch mit höherrangigem Recht in Einklang (dazu II.).
I.
27
Gemäß § 3 Satz 1 LHGebG erheben die Staatlichen Hochschulen i.S.d. § 1 Abs. 2 LHG und die Berufsakademien für ihr Lehrangebot in einem
grundständigen Studiengang oder in einem konsekutiven Masterstudiengang von den Studierenden Studiengebühren nach § 5 dieses
Gesetzes. Die Studiengebühr beträgt für jedes Semester 500,-- EUR. Studienhalbjahre stehen Semestern gleich (§ 5 Abs. 1 Sätze 1 u. 2
LHGebG). Nach Art. 7 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zur Änderung des Landeshochschulgebührengesetzes und anderer Gesetze vom 19.12.2005
werden die Studiengebühren nach § 3 i.V.m. § 5 LHGebG erstmals für das Sommersemester 2007 erhoben.
28
Nach diesen Bestimmungen ist die Klägerin, die bei der Beklagten im gebührenpflichtigen (§ 3 Abs. 1 S. 1 LHGebG) Studiengang Lehramt an
Realschulen mit dem Hauptfach Kunst, dem Leitfach Englisch und dem affinen Fach Deutsch immatrikuliert ist, verpflichtet, ab dem
Sommersemester 2007 eine Studiengebühr von 500,-- EUR je Semester zu zahlen. Diese Zahlungspflicht hat die Beklagte in Nr. 1 ihres
angefochtenen Bescheides vom 17.11.2006 rechtsfehlerfrei konkretisiert und der Klägerin durch einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung eine
Zahlungspflicht nicht nur für das Sommersemester 2007, sondern für alle folgenden Semester auferlegt, in denen sie in einem
gebührenpflichtigen Studiengang Studierende bei der Beklagten ist. Allerdings stand bei Erlass des Gebührenbescheides nicht fest, wie lange
die Klägerin als Studierende bei der Beklagten der Gebührenpflicht unterliegt. Den Fall einer Exmatrikulation nach Zugang des
Gebührenbescheides regelt aber das Gesetz in § 5 Abs. 3 LHGebG. Danach wird bei einer Exmatrikulation binnen eines Monats nach Beginn
der Vorlesungszeit der Gebührenbescheid gegenstandslos. Eine bereits bezahlte Gebühr ist zu erstatten. Auf diese gesetzliche Regelung weist
der angefochtene Bescheid in seiner Nr. 3 ausdrücklich hin.
29
Rechtliche Bedenken im Hinblick auf die Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes bestehen gegen die in Nr. 1
des Bescheides geregelte Zahlungsverpflichtung auch nicht deshalb, weil § 3 Satz 2 Nr. 1 - 3 LHGebG mehrere gesetzliche Ausnahmen von
der Gebührenpflicht normiert und bei Erlass des Gebührenbescheides ebenfalls ungewiss war, ob und wann die Klägerin während ihres
Studiums bei der Beklagten einen dieser Ausnahmetatbestände erfüllt; denn die Wirksamkeit der Zahlungsverpflichtung steht unter der
auflösenden Bedingung, dass diese entfällt, sobald in der Person der Klägerin während des Studiums bei der Beklagten ein Fall der
gesetzlichen Ausnahmen von der Gebührenpflicht eintritt. Das hat die Beklagte im angefochtenen Bescheid zwar nicht ausdrücklich so
formuliert. Eine Beschränkung der Gebührenpflicht in diesem Sinne ergibt sich aber bereits unmittelbar aus der gesetzlichen Vorschrift in § 3
Satz 2 LHGebG (vgl. zu derartigen inhaltlichen Beschränkungen unmittelbar aus gesetzlichen Vorschriften, Kopp/Ramsauer, VwVfG,
Kommentar, 9. Aufl., § 36 Rdnr. 20). In Nr. 4 des angefochtenen Bescheids wird auch ausdrücklich auf den für die Klägerin wohl allein in
Betracht kommenden Ausnahmetatbestand des § 3 Satz 2 Nr. 1 LHGebG hingewiesen, wonach Studierende von der Gebührenpflicht während
der Zeiten der Beurlaubung ausgenommen sind, sofern der Beurlaubungsantrag vor Beginn der Vorlesungszeit gestellt wurde.
30
Schließlich steht auch die Bestimmung der Fälligkeit der Studiengebühr in Nr. 2 des Bescheides mit dem Gesetz in Einklang. Nach § 5 Abs. 2
LHGebG ist die Studiengebühr mit Erlass des Gebührenbescheides fällig, sofern dieser die Fälligkeit nicht abweichend bestimmt. Von dieser
Möglichkeit hat die Beklagte Gebrauch gemacht und bestimmt, dass die Studiengebühr mit der Rückmeldung zum Sommersemester 2007 und
die Studiengebühren für die folgenden Semester jeweils mit der Rückmeldung in das nächste Semester fällig werden. Die Fristen für die
Rückmeldung in ein künftiges Semester werden von der Beklagten gegenüber den Studierenden bekannt gemacht.
II.
31
Die Vorschriften des Landeshochschulgebührengesetzes, durch die für das Studium an staatlichen Hochschulen und an den Berufsakademien
ab dem Sommersemester 2007 eine Gebührenpflicht eingeführt wurde, sind mit höherrangigem Recht vereinbar.
32
1. Der Gesetzgeber des Landes Baden-Württemberg hat mit dem Erlass des oben genannten Landeshochschulgebührengesetzes von der ihm
gemäß Art. 70 Abs. 1 GG zustehenden Kompetenz ohne Verletzung verfassungsrechtlicher Grundsätze für die Wahrnehmung von
Gesetzgebungsbefugnissen Gebrauch gemacht.
33
a) Nach Art. 70 Abs. 1 GG haben die Länder das Recht zur Gesetzgebung, soweit das Grundgesetz nicht dem Bunde
Gesetzgebungsbefugnisse verleiht. Diese Vorschrift hat durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28.08.2006 (BGBl. I, 2034), mit
dem die Föderalismusreform umgesetzt wurde, keine Änderung erfahren. Die Auferlegung von Gebühren für das Studium an Hochschulen des
Landes Baden-Württemberg stellt eine Regelung im Bereich des Hochschulrechts dar. Auf seine Fachkompetenz für das Hochschulrecht konnte
sich der Landesgesetzgeber bei der Einführung der Studiengebühr stützen. Denn die Kompetenz zur Regelung von Gebühren folgt aus der
Gesetzgebungskompetenz für die jeweilige Sachmaterie (so bereits für die Einführung der Langzeitstudiengebühren, VGH Bad.-Württ., Urt. v.
06.04.2000 - 2 S 1860/99 -, DVBl. 2000, 1782 = VBlBW 2000, 432).
34
Durch Rahmenvorschriften des Bundes (vgl. zur grundsätzlichen Fortgeltung der Bestimmungen des Hochschulrahmengesetzes trotz
Aufhebung des Art. 75 GG, Art. 125b Abs. 1 GG) ist die Gesetzgebungskompetenz des Landes nicht beschränkt; denn das
Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 26.01.2005 (BVerfGE 112, 226 ff.) entschieden, dass Art. 1 Nr. 3, 6. HRGÄndG vom 08.08.2002,
durch den der Bundesgesetzgeber im Hochschulrahmengesetz die Studiengebührenfreiheit für ein Studium bis zum ersten
berufsqualifizierenden Abschluss und für ein Studium in einem konsekutiven Studiengang normiert hat, mit den Kompetenzverteilungsnormen
des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig ist.
35
b) Bedenken gegen die Landeskompetenz zur Einführung der allgemeinen Studiengebühr gem. §§ 3, 5 LHGebG bestehen auch nicht im
Hinblick auf die Finanzverfassung (Art. 105 ff. GG). Bei dieser Gebühr handelt es sich um eine herkömmliche nicht steuerliche Abgabe. Sie wird
gem. § 3 Satz 1 LHGebG von den Staatlichen Hochschulen und den Berufsakademien für ihr Lehrangebot in einem grundständigen
Studiengang oder in einem konsekutiven Masterstudiengang von den Studierenden erhoben. Mit dieser Gebühr wird ein besonderer Vorteil
abgegolten, der dem Abgabepflichtigen durch die Inanspruchnahme einer öffentlichen Leistung oder jedenfalls durch die Möglichkeit dieser
Inanspruchnahme zukommt und der es rechtfertigt, ihn zur Tragung der Kosten der öffentlichen Leistung heranzuziehen oder die durch die
öffentliche Leistung gewährten Vorteile ganz oder teilweise abzuschöpfen. Die Gebühr gem. § 3 LHGebG knüpft mit anderen Worten an die
individuelle Inanspruchnahme der Hochschule als einer staatlichen Infrastruktureinrichtung durch den Studierenden an und ist insoweit nicht,
wie eine Steuer, voraussetzungslos geschuldet. Nach ihrer konkreten Ausgestaltung durch den Gesetzgeber stellt sie eine Vorzugslast in der
Form einer Benutzungsgebühr dar; denn sie wird nur von Studierenden erhoben, die ihren Mitgliedschaft in der einzelnen Hochschule durch
Immatrikulation begründet haben (§ 60 Abs. 1 Satz 1 LHG). Die Immatrikulation stellt gebührenrechtlich den Beginn der Benutzung der
Staatlichen Einrichtung dar. Dies gilt unabhängig davon, ob der Studierende einzelne Lehrleistungen der Staatlichen Hochschule tatsächlich in
Anspruch nimmt. Diese Einstufung als Benutzungsgebühr haben die Kammer und der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg bereits im
Zusammenhang mit der früheren Einführung der Langzeitstudiengebühr vorgenommen (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.04.2000 - 2 S
1860/99 -, a.a.O.). Sie wurde auch vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Revisionsurteil vom 25.07.2001 (BVerwGE 115, 32) nicht
beanstandet. An dieser Einschätzung hält die Kammer auch für die allgemeine Studiengebühr fest.
36
Nicht steuerliche Abgaben dieser Art unterliegen im Hinblick auf die Schutz- und Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung grundsätzlich
keinen Bedenken.
37
Besonderheiten, die für eine andere Beurteilung sprechen könnten, sind nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin unter Hinweis auf das Gutachten
von Kronthaler (ders., Gestaltungsmöglichkeiten und Grenzen bei der Einführung von Studienbeiträgen - verfassungsrechtlicher Rahmen und
einfach-rechtliche Spielräume -, Wissenschaftsrecht Band 39, 2006, S. 276, 295 ff.) rügt, bei der Studiengebühr handele es sich - zumindest
teilweise - um eine verfassungsrechtlich unzulässige Sonderabgabe, folgt die Kammer dem nicht. Das erwähnte Gutachten bezieht sich auf das
Studienbeitrags- und Hochschulabgabengesetz des Landes Nordrhein-Westfalen - StBAG NRW -. Nach § 17 Abs. 3 Satz 3 StBAG NRW
müssen die Hochschulen einen prozentualen Anteil ihres jährlichen Gesamtaufkommens an Studienbeiträgen zur Finanzierung des
Ausfallsicherungsfonds abführen. Mit der Finanzierung des Ausfallfonds würden aber nach Auffassung dieses Gutachtens keine staatlich
gewährten Vorteile abgeschöpft, weshalb es sich bezogen auf diesen Anteil des Studienbeitrags weder um eine Gebühr noch um einen Beitrag
handele. Vielmehr liege insoweit eine verfassungsrechtlich unzulässige Sonderabgabe vor.
38
Das baden-württembergische Landeshochschulgebührengesetz enthält bereits keine dementsprechende Regelung, nach der ein bestimmter
Prozentsatz des Gebührenaufkommens von den Universitäten zur Finanzierung des Studienfonds (§ 9 LHGebG) abzuführen ist. Es bestimmt
vielmehr in § 4 Abs. 1 S. 1 LHGebG, dass die Gebühren jeder Hochschule und Berufsakademie, die sie eingenommen hat, zweckgebunden für
die Erfüllung ihrer Aufgaben in Studium und Lehre zur Verfügung stehen. Unabhängig von dieser unterschiedlichen baden-württembergischen
Regelung ist der Einwand aber bereits in der Sache verfehlt, denn die rechtliche Einordnung einer Abgabe und daran anknüpfend die
Beurteilung ihrer rechtlichen Zulässigkeit bestimmt sich - unabhängig von der Bezeichnung der Abgabe durch den Gesetzgeber - nach dem
materiellen Gehalt des Abgabentatbestandes und nicht nach der Verwendung der eingenommenen Abgaben (so zutreffend Bosse, NVwZ 2007,
87; vgl. für die Rechtslage in NRW auch VG Minden, Urt. v. 26.03.2007 - 9 K 3614/06 -; vgl. hierzu auch BVerfG, Urt. v. 19.03.2003, BVerfGE
108, 1 ff zur Rückmeldegebühr). Nach dem Gebührentatbestand in § 3 Satz 1 LHGebG wird die Studiengebühr von den Studierenden jedoch
ausschließlich für das Lehrangebot in einem gebührenpflichtigen Studiengang an einer Universität und nicht - auch nicht teilweise - zur
Finanzierung des Studienfonds erhoben. Wofür das Abgabenaufkommen tatsächlich verwendet wird, ist für die rechtliche Einordnung dagegen
unerheblich. Das gilt auch dann, wenn der Gesetzgeber - wie im vorliegenden Fall durch § 4 Abs. 1 Satz 1 LHGebG - entgegen dem Grundsatz
der Gesamtdeckung (§ 8 LHO) eine Beschränkung auf bestimmte Zwecke vorsieht. Aus diesem Grund kommt es auch nicht darauf an, ob - wie
der Vertreter der Klägerin vorträgt - die gesetzliche Zweckbindung des Studiengebührenaufkommens für die Aufgaben der Hochschulen und
Berufsakademien in Studium und Lehre in der Praxis der Hochschulen wirtschaftlich dadurch umgangen werden kann, dass das
Studiengebührenaufkommen zur Deckung der Finanzierungslöcher verwendet wird, die unmittelbar zuvor durch eine hochschulinterne
Umschichtung von allgemein aus dem Staatshaushalt zugewiesenen Finanzmitteln aus diesem Bereich in andere studienfremde Bereiche
entstanden sind.
39
c) Das Land hat bei Erlass der Studiengebührenregelung auch nicht gegen die Pflicht zu bundes- und länderfreundlichem Verhalten verstoßen.
Zwar unterliegt das Land bei Ausübung seiner Gesetzgebungskompetenz grundsätzlich auch der Pflicht zur Rücksichtnahme auf den Bund
oder die anderen Bundesländer. Allerdings liegt ein Verstoß gegen diese Verpflichtung nicht schon dann vor, wenn es im Rahmen der ihm
durch das Grundgesetz eingeräumten Kompetenz eine Regelung erlässt, die zu Regelungen des Bundes oder anderer Länder gegenläufig ist;
vielmehr muss die Gegenläufigkeit so ausgeprägt sein, dass durch die Inanspruchnahme der eigenen Gesetzgebungskompetenz in
missbräuchlicher Weise in verfassungsrechtlich verbürgte Rechtspositionen des Bundes oder der anderen Bundesländer eingegriffen wird (vgl.
BVerfG, Beschl. v. 05.12.2001, BVerfGE 104, 238, 247).
40
Für die Kammer ist kein Anhaltspunkt dafür gegeben, dass die Erhebung von Studiengebühren für ein Studium an einer staatlichen Hochschule
oder Berufsakademie in Baden-Württemberg in verfassungsrechtlich verbürgte Rechtspositionen der Bundesländer eingreift, in denen ein
Studium der Hochschule nach wie vor gebührenfrei möglich ist. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber in Baden-Württemberg
mit der Erhebung der Studiengebühr die Zielsetzung verfolgt, Studierwillige oder Studierende zu einem Hochschulstudium außerhalb Baden-
Württembergs zu veranlassen. Aber selbst wenn - wofür zur Zeit nichts spricht - die unterschiedliche Kostenstruktur für ein Hochschulstudium in
verschiedenen Bundesländern dazu führen würde, dass die Nachfrage nach Studienplätzen in den Ländern mit gebührenfreiem Studium zu
Lasten der Nachfrage nach einem Studium in Baden-Württemberg stiege, begründete dieser mittelbare Effekt der Gebührenerhebung kein
missbräuchliches Verhalten des Landes Baden-Württemberg. Denn die Interessen der Länder, die sich gegen die Einführung der
Studiengebühren entschieden haben, blieben auch in diesem Fall dadurch gewahrt, dass sie ihre Hochschulen - wie bislang auch - immer nur
im Rahmen der vorhandenen Kapazitäten bereitstellen müssen und nicht verpflichtet würden, entsprechend einer höheren Nachfrage auch
neue Kapazitäten zu schaffen. Einen erheblichen Verdrängungseffekt in Bezug auf die soziale Herkunft der Studierenden hält die Kammer für
unwahrscheinlich. Denn die Erhebung der Studiengebühren wird in sozialer Hinsicht in Baden-Württemberg in - wie noch darzustellen sein wird
- ausreichendem Maße durch das Modell der darlehensgestützten Vorfinanzierung ergänzt, und die absolute Höhe der Studiengebühren ist im
Vergleich zu den sonstigen wirtschaftlichen Faktoren einer Studienortwahl wie den allgemeinen Lebenshaltungskosten oder aber die Nähe
zum Heimatwohnort nur von geringerem Gewicht (vgl. BVerfG, Urt. v. 26.01.2005, a.a.O.). Sofern es dennoch zu Wanderbewegungen von
Studierenden kommen sollte, wäre dies vor dem Hintergrund des föderalen Systems der Bundesrepublik Deutschland und der den
Bundesländern grundsätzlich gewährten Kompetenz zur Regelung der Hochschulangelegenheiten gerechtfertigt.
41
Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Bundestreue ergibt sich auch nicht in Hinblick auf den Beschluss der Ministerpräsidenten vom
16.04.1970 über die Abschaffung von Studiengebühren oder den Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen vom 20.10.1972. Denn
der gemeinsame Beschluss der Ministerpräsidenten steht dem späteren Erlass abweichender Rechtsvorschriften nicht entgegen (VGH Bad.-
Württ., Urt. v. 06.04.2000 - 2 S 1860/99 -, a.a.O.) und das System der gemeinsamen länderübergreifenden Studienplatzvergabe kommt durch
die Einführung der allgemeinen Studiengebühr in Baden-Württemberg nicht in erheblicher Weise ins Wanken. Denn die Folge der
unterschiedlichen Regelungen zur Studiengebührenpflicht könnte allein darin liegen, dass sich die Zuteilungswünsche verstärkt auf Studienorte
ohne Studiengebühr konzentrieren und dass Studierende mit diesem Aspekt ihres Zuteilungswunsches nur noch eingeschränkt
Berücksichtigung finden können. Die gleichmäßige Auslastung der Hochschulen bleibt jedoch gesichert, so dass verfassungsrechtliche
Positionen der Länder hier nicht angerührt werden. Da die Studiengebührenpflicht über das Studiendarlehen keine soziale Zugangshürde für
ein Studium darstellt und ihr im Zusammenhang mit der Studienortwahl - verglichen mit den unterschiedlichen Lebenshaltungskosten und den
übrigen Überlegungen zur Studienortwahl - regelmäßig nur eine geringe eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zukommen dürfte, käme
einer bei Nichtberücksichtigung seines Zuteilungswunsches an eine gebührenfreie Hochschule unter Umständen gegebene Betroffenheit eines
Studierwilligen kein solches Gewicht zu, dass diese - unter dem Gesichtspunkt der Verteilung der Studienplätzen in zulassungsbeschränkten
Studiengängen im Rahmen des ZVS-Systems - nicht als Folge des föderalen Systems der Hochschulausbildung in der Bundesrepublik
Deutschland hinzunehmen wäre.
42
Ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Bundestreue ist mit der Erhebung von Studiengebühren auch nicht deshalb verbunden, weil der Bund
bedürftige Studierende über die Regelungen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes - BAföG - fördert, um diesen ein Studium zu
ermöglichen, das sie sonst nicht oder nur über eine erhebliche Erwerbstätigkeit neben dem Studium finanzieren können. Denn mit der
Erhebung von Studiengebühren wird weder die Zweckbestimmung der Fördermittel des Bundes noch der eigentliche Förderzweck der
Ausbildungsförderung konterkariert. So ist die Ausbildungsförderung des Bundes nach § 11 Abs. 1 BAföG pauschaliert zur Deckung des auf
den Lebensunterhalt und die Ausbildung bezogenen Bedarfs eines Studierenden bestimmt, wobei die Kosten der Ausbildung allerdings nur die
Aufwendungen für Lern- und Arbeitsmittel sowie für Studien- und Familienheimfahrten, nicht jedoch die Aufwendungen für Studien- und
Einschreibegebühren umfassen. Dies ergibt sich aus der Regelung des § 23 Abs. 5 BAföG, nach der bei der Berechnung des zu
berücksichtigenden Einkommens eines Auszubildenden zur Vermeidung einer unbilligen Härte ein weiterer Teil des Einkommens
anrechnungsfrei gestellt werden kann, soweit er zur Deckung besonderer Kosten der Ausbildung erforderlich ist, die nicht durch den
Bedarfssatz gedeckt sind, wobei die Gesetzesbegründung hierzu ausdrücklich die Ausgaben für Schulgelder oder Studiengebühren als
„besondere Kosten der Ausbildung“ bezeichnet (BT-Drs. 13/4246 S. 22 zu Nr. 19; OVG Berlin, Urt. v. 18.01.2001, NVwZ-RR 2002, 118, 121).
Darüber hinaus gewährt das Land nach § 7 Abs. 1, 4 und 5 LHGebG jedem Studierenden für die Dauer der Regelstudienzeit seines
grundständigen Studiums sowie eines konsekutiven Masterstudiengangs zuzüglich vier weiterer Semester einen Darlehensanspruch, über den
die Finanzierung der Studiengebühren auch bei fehlender Leistungsfähigkeit sicherstellt ist, so dass nicht nur eine zweckentfremdende
Inanspruchnahme der Förderleistungen nach dem BAföG, sondern vor allem auch ausgeschlossen ist, dass die Erhebung von
Studiengebühren bei geförderten Studierenden zu einer der Intention der BAföG-Förderung zuwiderlaufenden zusätzlichen Erwerbstätigkeit
des Studierenden oder gar zu einem Abbruch des Studiums führt.
43
Soweit - wie der Vertreter der Klägerin darlegt - in den Sonderfällen etwa der Studienabschlussförderung nach § 15 Abs. 3a BAföG die Situation
eintreten kann, dass ein über das BAföG geförderter Studierender die Mittel für die Studiengebühren nicht mehr über das Darlehen nach § 7
LHGebG vorfinanzieren kann, würde der Zweck dieser BAföG-Förderung, einen bedürftigen Studierenden in der Endphase seines Studiums
nicht mit der Notwendigkeit einer den Abschluss hindernden Erwerbstätigkeit zu belasten, über die Erhebung einer Studiengebühr in Höhe von
500 EUR pro Semester ebenfalls nicht in missbräuchlicher Weise konterkariert. Denn zum einen ist die Studiengebühr nicht so hoch, dass sie
nicht in zumutbarer Weise auch noch während der Studienabschlussphase durch eigene Initiative des Studierenden aufgebracht werden
könnte; darüber hinaus kann der Studierende nach § 6 Abs. 3 und 4 LHGebG einen Antrag Stundung oder Erlass der Gebührenforderung nach
§§ 21 und 22 LGebG stellen, wobei im Rahmen der dann zu treffenden Ermessensentscheidung eine Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der
Mittelaufbringung in der Studienabschlussphase ebenso berücksichtigt werden kann und muss, wie die Zielsetzung der dem Betroffenen
gewährten Studienabschlussförderung nach dem BAföG. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Bund im Zusammenhang mit der
Errichtung eines Ausbildungsförderungssystems seinerseits nicht in der Erwartung geschützt ist, dass die Länder die Hochschulen stets
unentgeltlich zur Verfügung stellen.
44
Aus dem letztgenannten Grund ist es auch nicht missbräuchlich, wenn der Landesgesetzgeber davon ausgeht, dass eine im Zeitpunkt der
Studienaufnahme abschreckende Wirkung einer bei Beendigung des Studiums drohenden Darlehenslast aus dem Staatsdarlehen nach § 17
Abs. 2 BAföG und dem Studiengebührendarlehen dann nicht gegeben ist, wenn diese den Betrag von insgesamt 15.000,-- EUR nicht
überschreitet, während sich der Bundesgesetzgeber im Rahmen der Begrenzung der Rückzahlungsverpflichtung für das Darlehen nach § 17
Abs. 2 BAföG dafür entschieden hat, die maximale Darlehenslast mit 10.000,-- EUR zu beziffern. Vielmehr ist dies lediglich Ausfluss des dem
Land im Rahmen seiner Kompetenz eingeräumten Einschätzungsspielraums.
45
2. Der Erhebung einer Studiengebühr für das Lehrangebot in einem grundständigen Studiengang oder in einem konsekutiven
Masterstudiengang an einer staatlichen Hochschule und Berufsakademie des Landes verstößt nicht gegen Art. 13 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 c)
des Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPwskR) vom 19.12.1966 (im folgenden: „Sozialpakt“), wonach die
Signatarstaaten in Anerkennung des „Rechts eines jeden auf Bildung“ dazu verpflichtet sind, „den Hochschulunterricht auf jede geeignete
Weise, insbesondere durch allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit, jedermann gleichermaßen entsprechend seinen Fähigkeiten
zugänglich zu machen“.
46
Zwar enthält diese Regelung einen auch für den Landesgesetzgeber verbindlichen Normbefehl (a), doch ist dieser durch die Erhebung der
Studiengebühr in dem Landeshochschulgebührengesetz nicht verletzt (b).
47
a) Der Sozialpakt wurde nach dessen Unterzeichnung durch die Bundesrepublik am 9.10.1968 (BGBl.1973 II, S. 1569), der Zustimmung aller
Bundesländer zum Paktbeitritt (BT-Drs 7/1093 v. 17.10.1973, S.4), der Verabschiedung des Zustimmungsgesetzes vom 23.11.1973 (BGBl. 1973
II S.1569) und der vorbehaltslosen Ratifikation am 17.12.1973 (BGBl. 1973 II, S.1569) innerhalb der Bundesrepublik Deutschland zum
03.01.1976 (BGBl. 1976 II, S.428) im Range eines Bundesgesetzes in nationales Recht umgesetzt. Da der Pakt in seinem Art.28 ausdrücklich
auch seine einschränkungslose Geltung für alle Teile eines Bundesstaates regelt und mit der Zustimmung der Bundesländer Bundesgesetz
geworden ist (Art. 32 und Art. 59 Abs.2 GG i.V.m. Ziff.3 des Lindauer Abkommens vom 23./25. Oktober 1957 - 14. November 1957, - ZaÖRV, Bd
20, S 116 ff., Anm 102 = Maunz/Dürig/Herzog, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 32 Rn. 45), kommt ihm der Rang eines nach Art. 31 GG dem
Landesrecht vorgehenden Bundesgesetzes auch insoweit zu, als der Pakt in der hier einschlägigen Bestimmung des Art.13 Abs.2 c eine
Regelung zur Ausgestaltung und Entgeltlichkeit des Hochschulzugangs und damit zu einer Materie enthält, die nach der Kompetenzordnung
des Grundgesetzes den Ländern zugewiesen ist.
48
Die Verpflichtung des Art. 13 Abs. 2 c), den Hochschulunterricht auf jede geeignete Weise, insbesondere durch allmähliche Einführung der
Unentgeltlichkeit, jedermann gleichermaßen entsprechend seinen Fähigkeiten zugänglich zu machen, stellt keinen unverbindlichen
Programmsatz im Sinne einer „Bemühensverpflichtung“ dar, sondern bindet den Landesgesetzgeber unmittelbar zumindest insoweit, als er kein
Gesetz zur Einführung von Studiengebühren erlassen darf, das dieser Verpflichtung zuwider läuft.
49
So ist die Bestimmung klar und eindeutig als Normbefehl formuliert. Auch fordert ihre Beachtung insoweit keine weiteren Umsetzungs- oder
Präzisierungsakte. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Regelung in Art. 2 Abs. 1 des Sozialpaktes, nach welcher die
Rechtsverwirklichung lediglich nach und nach erfolgen solle oder gar aus dem Vorbehalt des Art. 13 Abs. 2 c), der lediglich die „allmähliche
Einführung der Unentgeltlichkeit“ fordert. Denn diese Vorbehalte zielen ausschließlich auf eine Relativierung der Verpflichtung zur progressiven
Verwirklichung der Paktrechte, die vor allem aus Gründen der fehlenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einer Vielzahl der Signatarstaaten
erforderlich war und ist, während insbesondere Art. 4 des Sozialpaktes die Frage regelt, unter welchen Voraussetzungen die Signatarstaaten
berechtigt sind, einen einmal erreichten Zustand der Gewährleistung der Rechte des Sozialpaktes wieder einzuschränken. Neben dem Wortlaut
und der Systematik des Paktes spricht auch dessen Entstehungsgeschichte für die rechtliche Verbindlichkeit der im Sozialpakt gewährleisteten
Rechte. Denn der Sozialpakt wurde ebenso wie der - zweifelsfrei als rechtsverbindlich anerkannte - Internationale Pakt über die bürgerlichen
und politischen Rechte aus dem deklaratorischen Menschenrechtskatalog der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948
abgeleitet, in welcher die bürgerlichen und politischen Rechte und die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte gleichberechtigt
nebeneinander stehen.
50
Im Übrigen wird der verbindliche Rechtscharakter des Art. 13 Abs. 2 c) des Sozialpaktes sowohl vom Land Baden-Württemberg als auch von
der beklagten Hochschulen unter Bezugnahme auf das Gutachten von Prof. Riedel vom 28.06.2005 „Zur Völkerrechtswidrigkeit von
Studiengebühren“ (dort S. 1- 8, 32, 33; vgl. auch ders./Söllner, JZ 2006, 270, 277) ebenso anerkannt wie in der überwiegenden Literatur (hierzu
Pieroth/Hartmann, NWVBl. 2007, 81, 82 m.w.N.; ausführlich auch Schneider, Die Justiziabilität wirtschaftlicher, sozialer und kultureller
Menschenrechte, 2004, S. 10, 32, 39 ff; a.A. etwa Haug, WissR Bd.33, 2000, S. 1, 7) und in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
und des Bundesverwaltungsgerichts, in der Art.13 Abs. 2 c) des Sozialpaktes ohne weitere Problematisierung jeweils als verbindlicher Maßstab
für die Rechtmäßigkeit der Einführung von Studiengebühren benannt ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 26.01.2005, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 25.07.2001,
a.a.O. und Urt. v. 03.12.2003 - 6 C 13/03 -, Buchholz 421.2 HochSchR Nr.160; zustimmend auch VG Minden, Urt. v. 26.03.2007, - 9 K 3614/06 -,
juris; a. A. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.04.2000 - 2 S 1860/99 -, a.a.O. zur Langzeitstudiengebühr und Schweizerisches Bundesgericht, Urt. v.
11.02.1994 - BGE 120 Ia 1, Erwägung 5d zu Studiengebühren).
51
b) Die Erhebung der Studiengebühren auf der Grundlage des Landeshochschulgebührengesetzes läuft dem hier als verbindlich anerkannten
Normbefehl des Art. 13 Abs. 2 c) des Sozialpaktes nicht zuwider. Denn diese Regelung verbietet nicht grundsätzlich jede Wiedereinführung von
Studiengebühren, sondern steht einer hiermit verbundenen Entgeltlichkeit des Zugangs zum Hochschulunterricht dann nicht entgegen, wenn
das Paktziel der Sicherung eines gleichen, insbesondere vermögensunabhängigen Zugangs zum Hochschulunterricht über begleitende
Regelungen in gleicher Weise gewährleistet wird wie im Fall der Unentgeltlichkeit (aa). Dies ist mit dem darlehensfinanzierten
Studiengebührenmodell des LHGebG sichergestellt (bb). Dennoch gegebene Einschränkungen sind - soweit sie hier relevant sind - über Art. 4
des Sozialpaktes gerechtfertigt (cc).
52
aa) Der normative Gehalt der Verpflichtung des Art. 13 Abs. 2 c) des Sozialpakts ist nach Art. 31 der im Range eines Bundesgesetzes geltenden
Wiener Vertragsrechtskonvention -WVK - (Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge - vom 23. Mai 1969 , - BGBl 1985 II S. 926 und
BGBl 1987 II S. 757) durch eine Auslegung nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der dieser Verpflichtung gewöhnlich zukommenden
Bedeutung und im Lichte des Zieles und Zweckes des Sozialpaktes zu bestimmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.12.2003 - 6 C 13/03 -, juris =
Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr 160). Dabei ist außer dem Vertragswortlaut samt Präambel auch die anerkannte Übung bei der Anwendung
des Vertrags zu berücksichtigen. Insofern können insbesondere die Allgemeinen Bemerkungen (General Comments) des Ausschusses für
wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte - CESCR - (im Folgenden: „Paktausschuss“) sowie seine individuellen Stellungnahmen
(Concluding Opinions) zu den von den Signatarstaaten periodisch vorzulegenden Staatenberichten zur Verwirklichung der wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Rechte als Hilfsmittel der Auslegung herangezogen werden (Simma, in: FS f. Zacher, 1998, 867, 876; siehe dazu auch
die Nachweise in VG Minden, Urt. v. 26.03.2007, UA. S. 17 f.). Dasselbe gilt für die Berichte, Kommentare und Stellungnahmen des
Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen zum Recht auf Bildung. Schließlich kommt für die Auslegung der Bestimmungen des Paktes
auch den sogenannten „Limburger Prinzipien“ (v. 2.-6.6.1986) und den „Maastricht-Richtlinien“ (v. 22.-26.1.1997) Bedeutung zu, die von der
Internationalen Juristenkommission dem Paktausschuss vorgelegt wurden (E/C.12/2000/13 - v. 02.10.2000) und in denen die
übereinstimmende Rechtsauffassung einer großen Zahl namhafter internationaler Völkerrechtsexperten zur Auslegung der einzelnen
Bestimmungen des Paktes ihren Niederschlag gefunden hat.
53
Nach Maßgabe dieser Auslegungskriterien kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass die in Art. 13 Abs.2 c) des Sozialpaktes enthaltene
Verpflichtung, „den Hochschulunterricht auf jede geeignete Weise, insbesondere durch allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit,
jedermann gleichermaßen entsprechend seinen Fähigkeiten zugänglich zu machen“, nicht auf die Unentgeltlichkeit des Hochschulunterrichts
als solche zielt (so aber Piepenstock, in: FS. f. Stein, 2002, S. 377, 381 sowie Achelhöver, Gutachten zur rechtlichen Zulässigkeit der Einführung
von Studiengebühren, Nov. 2005, S. 45), sondern allein die Sicherung des diskriminierungsfreien gleichen Zugangs zur Hochschulbildung für
jedermann ohne Rücksicht auf seinen Vermögensstatus bezweckt (so ausdrücklich Schweizerisches Bundesgericht, Urt. v. 11.2.1994 - BGE
120 Ia 1, Erwägung 5d ). Denn während Art. 13 Abs. 2 a) des Sozialpakts die Unentgeltlichkeit für den Grundschulunterricht kategorisch und
ohne jeden Zusatz fordert, bezeichnet Art. 13 Abs. 2 c des Sozialpakts die „Einführung der Unentgeltlichkeit“ nur als ein besonders geeignetes
Mittel, „durch“ welches der diskriminierungsfreie, gleiche Zugang für jedermann zum Hochschulunterricht als der eigentlichen Gewährleistung
der Bestimmung zu ermöglichen ist. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass der Paktausschuss in seinen Allgemeinen Bemerkungen zu Art. 13
(E/C.12/1999/10, Dez. 1999, Ziff. 6 b) iii und 17) die wirtschaftliche Zugänglichkeit als den allgemeinen Gehalt dieses Paktrechts bezeichnet.
54
Ist die Einführung (oder Aufrechterhaltung) der Unentgeltlichkeit des Hochschulunterrichts somit nicht zwingend gefordert, ergibt sich jedoch
aus der in Art. 2 des Sozialpaktes enthaltenen Verpflichtung der Signatarstaaten, nach und nach mit allen geeigneten Mitteln die volle
Verwirklichung der in diesem Pakt anerkannten Rechte zu erreichen und zu gewährleisten, dass die in diesem Pakt verbürgten Rechte ohne
Diskriminierung unter anderem hinsichtlich der sozialen Herkunft, des Vermögens, oder des sonstigen Status ausgeübt werden, dass -
außerhalb der in Art. 4 des Paktes geregelten Möglichkeiten einer Einschränkung der im Pakt gewährleisteten Rechte - eine Regelung zur
Wiedereinführung der Entgeltlichkeit des Hochschulunterrichts nur dann zulässig ist, wenn sichergestellt ist, dass die freie Zugänglichkeit des
Hochschulunterrichts für alle ungeachtet ihrer Vermögens- und Einkommenssituation genau so wenig eingeschränkt, behindert oder gar
reduziert wird wie zuvor (so auch Riedel, Gutachten zur Völkerrechtswidrigkeit von Studiengebühren, S. 20 sowie Pieroth/Hartmann, NWVBl.
2007, 81, 82 und Riedel/Söllner, JZ 2006, 270, 273 jeweils m. w. N.; VG Minden, Urt. Urt. v. 26.03.2007, UA. S. 23). Dabei ist den
Signatarstaaten hinsichtlich der Frage, mit welchen Mitteln sie die notwendige sozialverträgliche Ausgestaltung der Entgeltlichkeit des
Hochschulunterrichts umsetzen möchten, ein Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt (vgl. Simma, in: FS f. Lerche, 1993, S. 83, 87;
vgl. auch Ziff.6 der Limburger Prinzipien „There is no single road to their full realization“ und Ziff.8 der Maastrichter Richtlinien „States enjoy a
margin of discretion in selecting means for implementing their respective burdens“).
55
bb) Das dem Landeshochschulgebührengesetz zugrunde liegende Modell der darlehensfinanzierten Studiengebühren wird der Anforderung
der Gewährleistung eines der Unentgeltlichkeit des Hochschulunterrichts entsprechenden diskriminierungsfreien Zugangs zu den Hochschulen
gerecht.
56
aaa) Soweit einem Studienbewerber oder einem Studierenden nach § 7 LHGebG ein Anspruch gegen die Landeskreditbank Baden-
Württemberg (L-Bank) auf Gewährung eines privatrechtlichen Darlehens zur Finanzierung der in Baden-Württemberg nach dem LHGebG
erhobenen Studiengebühren eingeräumt ist, ist dem Erfordernis der Sicherstellung eines - einer Unentgeltlichkeit des Hochschulunterrichts
entsprechenden - diskriminierungsfreien Zugangs zum Hochschulunterricht genügt. Denn die Gewährung des Darlehens erfolgt gemäß § 7
Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 2 Nr. 3 LHGebG ausdrücklich ohne Bonitätsprüfung und ohne Erfordernis einer Sicherheit des Darlehensnehmers für
diesen Kredit, so dass jeder Studienbewerber oder Studierende die ihn treffende Studiengebührenpflicht ohne Rücksicht auf seine aktuelle
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit oder seinen sonstigen Besitzstand erfüllen und so den Zugang zum Hochschulunterricht ohne soziale
Diskriminierung erreichen kann.
57
Der Umstand, dass die Studienbewerber und Studierenden, die aus Gründen der aktuell bestehenden fehlenden wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit das Studiengebührendarlehen in Anspruch genommen haben, zu einem späteren Zeitpunkt zur Rückzahlung des Darlehens
verpflichtet sind, ist in Bezug auf die Gewährleistung des diskriminierungsfreien Zugangs zum Hochschulunterricht unerheblich. Denn diese
Rückzahlungsverpflichtung entsteht nach der Regelung des § 7 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 2 Nr. 6 LHGebG erst zwei Jahre nach Ablauf der
Darlehensberechtigung und somit zu einem Zeitpunkt, zu dem das Land grundsätzlich davon ausgehen kann, dass der Darlehensnehmer ein
Hochschulstudium abgeschlossen hat oder in zumutbarer Weise abschließen konnte. Insofern kann der Gewährleistung des
diskriminierungsfreien Zugangs zum Hochschulunterricht in Art. 13 Abs. 2 c) des Sozialpakts - anders als dies etwa zur Schulgeldfreiheit in der
Hessischen Landesverfassung vertreten wird (vgl. dazu Schmehl, NVwZ 2006, 883, 887 f.) - nicht das Erfordernis entnommen werden, dass der
Studierende die Gebühr stets aus im Zeitpunkt des Hochschulzugangs präsenten eigenen Mitteln begleichen können muss.
58
Dem entspricht es, dass der Paktausschuss in seinen Bemerkungen zu verschiedenen Staatenberichten zur Wiedereinführung von
Studiengebühren die Vorfinanzierung dieser Gebühren über ein Darlehen als grundsätzlich geeignetes Mittel zur Freihaltung des Zugangs zum
Hochschulunterricht anempfiehlt bzw. akzeptiert hat. So enthält die Bemerkung des Paktausschusses zum Staatenbericht Österreichs
(E/C.12/AUT/CO/3 v. 25.01.2006) in den Ziffern 17 und 31 die dringende Empfehlung mit „allen angemessenen Mitteln, insbesondere durch ein
umfassendes System adäquater Studienbeihilfen (study grants)“ sicher zu stellen, dass die Bewerber aus Familien mit geringem Einkommen
den gleichen Zugang haben wie Bewerber aus Familien mit hohen Einkommen. In den Bemerkungen zum Staatenbericht Trinidad und
Tobagos (E/1989/22 Ziff. 305, 306) wird die Möglichkeit als ausreichend angesehen, dass die Studierenden zur Begleichung der neu
eingeführten Studiengebühr (university tax) ein Bankdarlehen mit niedrigen Zinsen erhalten, das sie nach Abschluss ihrer Studien
zurückzahlen. Eine grundsätzliche Anerkennung als geeignetes Mittel zur Kompensierung der in der Entgeltlichkeit liegenden Diskriminierung
von Personen aus einkommensschwachen Schichten beim Hochschulzugang findet sich auch in den Bemerkungen zu den Länderberichten
zur Wiedereinführung von Studiengebühren in Großbritannien (E/C.12/1/Add.79 v. 5.6.2002, Ziff. 22 und 41) und in Kanada (E/C.12/1/ Add.31 v.
4.12.1998 Ziff. 39 sowie E/C.12/CAN/CO/4 v. 22.5.2006 - Ziff. 31 und 65). Dies beruht auf der zutreffenden Erwägung, dass eine nachgelagerte
Rückzahlungspflicht den Betroffenen erst dann trifft, wenn er aufgrund der gewährten Hochschulausbildung nicht mehr zu der
einkommensschwachen Bevölkerungsgruppe gehört, deren Schutz das Diskriminierungsverbot in Art. 13 Abs. 2 c) des Sozialpaktes bezweckt.
59
Der Gesetzgeber geht - ohne dass das Gericht dies beanstanden könnte - zu Recht davon aus, dass die mit der darlehensgestützten
Vorfinanzierung der Studiengebühr verbundene spätere Rückzahlungsverpflichtung auch nicht geeignet ist, (aktuell) wirtschaftlich nicht
leistungsfähige Studienbewerber oder Studierende in relevanter Weise von der Aufnahme eines Studiums oder der Fortsetzung desselben
abzuhalten, so dass - verglichen mit der hier ersetzten früheren Regelung der Unentgeltlichkeit - auch insoweit keine relevante
Verschlechterung der Möglichkeiten des Hochschulzugangs gegeben ist.
60
Dies gilt auch unter Berücksichtigung, dass in Art. 13 Abs. 2 c) des Sozialpaktes über die Hervorhebung der progressiv einzuführenden
Unentgeltlichkeit als eines der besonders geeigneten Mittel zur Beseitigung wirtschaftlicher Zugangsbarrieren eine widerlegliche Vermutung
dafür begründet ist, dass die Wiedereinführung der Entgeltlichkeit des Hochschulunterrichts grundsätzlich eine wirtschaftliche Zugangshürde
errichtet (hierzu und zur Darlegungspflicht vgl. Ziff.45 der Allgemeinen Bemerkungen des Paktausschusses zu Art.13, - E/C.12/1999/10,
Dez.1999, zu Art.13 „burden to proof“ sowie ausführlich Coonmans, in: Chapman/Russel (Hrsg.), Core Obligations: Building a Framework for
Economic, Social and Cultural Rights, 2002, S. 217, 239 f). Denn das Land hat - ungeachtet der ihm eingeräumten Freiheit bei der Wahl der
Mittel - seiner Darlegungspflicht genügt und in hinreichender und überzeugender Weise unter Bezug auf die gesetzlichen Regelungen und die
hierzu vorgesehene Verwaltungspraxis erläutert, warum auch das Entstehen einer Darlehensschuld zwei Jahre nach Auslaufen der
Darlehensbezugsberechtigung in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht dazu führt, dass für wirtschaftlich nicht leistungsfähige Studienbewerber
oder Studierende schlechtere Zugangsmöglichkeiten zu den Hochschulen bestehen, als dies zu Zeiten der Unentgeltlichkeit des
Hochschulunterrichts der Fall war.
61
Entgegen der Auffassung des Vertreters der Klägerin muss das Fehlen der Abschreckungswirkung nicht vorrangig über statistische Erhebungen
dazu dargelegt werden, dass sich die Gruppe der Studienbewerber und Studierenden ohne wirtschaftliche Leistungsfähigkeit auch nach der
Einführung der Studiengebühren nicht verkleinern wird bzw. verkleinert hat. Denn eine solche sozialwissenschaftliche Studie lässt sich im
Vorfeld der Einführung des Studiengebührenmodells kaum erstellen. Auch dürften die ersten Zahlen zur Entwicklung der Zahl der Studierenden
nach Einführung der allgemeinen Studiengebührenpflicht - wie sie die Beklagte und die anderen in der mündlichen Verhandlung vertretenen
Hochschulen dargelegt haben - regelmäßig nur wenig aussagekräftig sein. So haben die beteiligten Hochschulen in der mündlichen
Verhandlung überzeugend ausgeführt, dass es nicht nur aufgrund eines möglichen Informationsdefizits, eines rechtlich unerheblichen
Bereinigungseffekts in Bezug auf nur pro forma eingeschriebene Studierende oder aber einer angepassten Praxis zur Beurlaubung oder der
Rückmeldung auch für das Examenssemester zu kurzfristigen untypischen Auswirkungen auf das Immatrikulations- und Rückmeldeverhalten
der Studierenden kommen kann, sondern dass auch die - von der Einführung der Studiengebühren unabhängige - Umstellung einer Vielzahl
von Studien- und Prüfungsordnungen auf Bachelor- und Masterabschlüsse die Zahl der Erstimmatrikulationen im Sommersemester 2007
erheblich beeinflusst hat. Dementsprechend hat auch die damalige UN-Sonderberichterstatterin zum Recht auf Bildung in ihrem Bericht zu
Großbritannien (E/CN.4/2000/6/Add.2 v. 9.12.1999 - Ziff. 65 -69) betont, dass statistische Zahlen, die in der ersten Zeit nach Einführung der
Studiengebühren erhoben seien, nur vorläufig sein könnten.
62
Die Frage des Bestehens oder Fehlens relevanter Abschreckungseffekte des Darlehensmodells ist vielmehr auf der Grundlage einer objektiven
Analyse der Regelungen zur Darlehensgewährung und zu den Modalitäten seiner Rückzahlung zu beantworten. Dabei ist auf den
durchschnittlichen Studienbewerber oder Studierenden mit niedrigem oder fehlenden Einkommen abzustellen. Dies entspricht der zitierten
Spruchpraxis des Paktausschuss zur Problematik von Studiengebühren, wenn er etwa bei seiner Analyse der Situation in Südkorea
(E/C.12/1995/3 v. 7.6.1995, Ziff.13) in den Blick nimmt, ob eine „begründete Wahrscheinlichkeit (…)besteht“, dass Gebühren(erhöhungen)
Kinder aus einkommensschwachen Familien „gezwungenermaßen aus dem System der Hochschulbildung drängen“ und in Bezug auf Kanada
(E/C.12/1/Add. 31 v. 4.12.1998 Ziff. 39) darauf abhebt, ob es den wirtschaftlich bedürftigen Studierwilligen „sehr schwierig gemacht“ werde, die
Hochschule zu besuchen.
63
Bei der typisierenden Betrachtung ist einerseits in den Blick zu nehmen, dass der Studienbewerber oder Studierende aufgrund seiner
Hochschulreife grundsätzlich in der Lage ist, den Wert einer Hochschulbildung mit Blick auf die dadurch im Regelfall verbesserten künftigen
Erwerbs- und Einkommenschancen und den Bildungszuwachs einzuschätzen (vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 14.10.1997, BVerfGE 96, 330 = NJW
1998, 973 zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Umstellung des BAFöG auf Volldarlehen), andererseits darf aber auch nicht
vernachlässigt werden, dass dieser durch die Herkunft aus einer einkommensschwachen Schicht eine soziale Prägung erfahren haben kann,
die der Aufnahme eines Hochschulstudiums eher entgegen wirkt. In diesem Sinne haben auch der Paktausschuss sowie der UN-
Sonderberichterstatter zur Bildung (etwa in dessen Bericht zu Großbritannien - E/CN.4/2000/6/Add. 2 v. 9.12.1999 - Ziff. 65 - 69) bei der
Beurteilung der Wiedereinführung von Studiengebühren regelmäßig ein besonderes Augenmerk darauf gerichtet, ob - wie dies in Deutschland
unzweifelhaft der Fall ist (vgl. im Einzelnen die 18. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks, Juni 2007) - im Zusammenhang mit dem
Hochschulzugang von Angehörigen aus einkommensschwachen Schichten eine soziale Schieflage besteht, die keinesfalls weiter verfestigt
werden dürfe.
64
Der im Einzelfall möglicherweise schlecht informierte, übervorsichtige oder gar generell zurückhaltend ängstliche bzw. pessimistische
Studierwillige, hingegen, ist bei der Beurteilung des Abschreckungseffekts der über die darlehensgestützte Vorfinanzierung der
Studiengebühren auflaufenden Schulden ebenso wenig relevant, wie die Gruppe der Studierenden, die ihr Hochschulstudium ohne Ziel eines
(berufsqualifizierenden) Abschlusses aus wirtschaftlichen und sozialen Erwägungen heraus vorrangig zur Überbrückung einer in Bezug auf
eine andere Lebensplanung gegebenen Wartezeit aufnehmen oder fortführen. Dies entspricht dem Charakter des Art. 13 Abs. 2 c) als eines
Rechts, das vorrangig auf die Gewährleistung der Erlangung einer beruflichen Qualifikation bezogen ist und den Besuch des
Hochschulunterrichts nicht als Selbstzweck verbürgt (vgl. insoweit Ziff. 1 der Allgemeinen Bemerkung des Paktausschusses zu Art. 13 des
Sozialpaktes, nach welcher die Bildung das Hauptmittel darstellt, durch das sich wirtschaftlich und sozial Unterprivilegierte aus der Armut
befreien und die für die volle Teilnahme am Gemeinschaftsleben erforderlichen Mittel erwerben können).
65
Die Kammer ist der Überzeugung, dass der nach dem Vorstehenden in den Blick zu nehmende durchschnittliche Studienbewerber oder
Studierende ohne eigene finanzielle Mittel, der ein Hochschulstudium mit dem Ziel aufnehmen oder fortführen möchte, einen
berufsqualifizierenden Abschluss zu erlangen, auch unter Berücksichtigung hierbei möglicherweise bestehender sozialer Hemmnisse, nicht
durch die mit der Vorfinanzierung der Studiengebühren über das Studiendarlehen notwendigerweise verbundene spätere Rückzahlungslast
von der Aufnahme oder Fortführung des Studiums abgeschreckt wird. Denn ein bedürftiger Studienbewerber oder Studierender kann zum einen
bereits bei Aufnahme seines Studiums realistisch abschätzen, welche maximale Darlehenslast einschließlich anfallender Zinsen auf ihn
zukommen kann. Zum anderen sind die Darlehensbedingungen so ausgestaltet, dass keine Belastung eintritt, die nicht im Rahmen eines
Erwerbslebens sinnvoll und in angemessener Zeit abgetragen werden kann und zu dem Wert des angestrebten akademischen
Berufsabschlusses außer Verhältnis steht. Auch besteht selbst im ungünstigsten Fall einer - auch im Anschluss an die Hochschulausbildung
bestehenden - dauernden wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit keine Gefahr, aufgrund der Darlehensschuld oder der damit verbundenen
Zinslast in einer Überschuldung zu enden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Studiengebührenschuld einschließlich der anfallenden
Zinslasten den Betrag von wenigen Monatsgehältern eines durchschnittlich verdienenden Akademikers nicht übersteigt.
66
Bei einer maximalen Bezugsdauer des Studiendarlehens für ein Studium, das sowohl ein grundständiges Studium als auch einen konsekutiven
Masterstudiengang beinhaltet und neben der maximalen Regelstudienzeit für ein solches Studium von 10 Semestern (§ 29 Abs. 4 LHG) noch
vier weitere Semester zur Abfederung von anderweitigen Studienverzögerungen umfasst, beläuft sich die Darlehensschuld auf 7.000 Euro. Bei
einem Zinssatz von zur Zeit etwas mehr als 7 % ist bei Eintritt der Fälligkeit zwei Jahre nach dem Auslaufen der Bezugsdauer noch eine bis
dahin aufgelaufene Zinsschuld von knapp 2.800 Euro hinzuzurechnen. Bei einer allein an der Regelstudienzeit von 10 Semestern orientierten
Studiendauer beläuft sich die Darlehensschuld auf 5.000 Euro und die bis zum Ablauf der Karenzzeit angefallene Zinsschuld auf ca. 1700 Euro.
Insgesamt stellt sich die Gesamtschuld im Zeitpunkt der - dem Ablauf der Karenzzeit regelmäßig entsprechenden - ersten Festigung der
Berufstätigkeit des Studierenden mit einem Betrag in Höhe von maximal ca. 10.000 Euro, im Regelfall jedoch eher in Höhe von knapp 7.000
Euro als noch überschaubar und vor allem auch innerhalb einer angemessenen Frist der Berufstätigkeit zurückzahlbar dar. Insofern ergibt sich
aus der von der Beklagten vorgelegten Berechnung, dass das Darlehen für ein 14semestriges Studium bei einer der Regelung des § 7 Abs. 1
i.v.m. § 9 Abs. 2 Nr 5 LHGebG entsprechenden Tilgungsrate von 100 Euro rechnerisch nach einer Zeit von 8 Jahren mit einem zusätzlichen
Zinsaufwand während der Tilgungsphase von ca. 2.500 Euro vollständig zurückbezahlt ist. Für ein Darlehen bei 10semestriger Studiendauer
ergibt sich bei gleichen Umständen eine Tilgungsdauer von 6 Jahren mit einer zusätzlichen Zinsschuld während der Tilgungszeit in Höhe von
ca. 1.400 Euro. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Darlehen nach der Festlegung des § 7 Abs. 1 i.V.m. 9 Abs. 2 Nr. 4 LHGebG jederzeit
ganz oder teilweise auf Antrag innerhalb einer Frist getilgt werden kann, so dass ein Darlehensschuldner bei entsprechend höherer
Leistungsfähigkeit die insgesamt zu begleichende Schuld über die in diesem Fall reduzierte Zinsbelastung nochmals erheblich minimieren
kann. So ergibt sich etwa bei einem 14semestrigen Studium bei einer Tilgung von monatlich 150 Euro während der dann auf 5 Jahre verkürzten
Tilgungsphase nur noch eine zusätzliche Zinsbelastung von ca. 1.400 Euro und bei einem 10semestrigen Studium unter gleichen Bedingungen
eine solche von knapp 1.000 Euro. Sofern bei einer Tilgungsrate von nur 50 Euro im Monat während der dann bei einem 14semestrigen
Studium auf 27 Jahre und bei einem 10semestrigen Studium auf 13 Jahre verlängerten Tilgungsphase deutlich höhere zusätzliche
Zinsbelastungen von ca. 9.000 Euro bzw. 2.800 Euro entstehen (insofern ist in die von der Beklagten für das 14semestrige Studium genannte
Zahl von 24.000 Euro - wohl versehentlich - eine 30jährige Tilgungsaussetzung eingerechnet worden), ist die hierin liegende Mehrbelastung
wirtschaftlich in der nur noch sehr geringen Monatsbelastung bzw. der langen Tilgungsphase begründet.
67
Abgesehen von der reinen Entwicklung des Darlehens ist zur Bewertung der am Ende des Studiums aufgrund der Studiengebühren
auflaufenden Darlehensschuld als überschaubar und angemessen vor allem aber in den Blick zu nehmen, dass ein bedürftiger
Studienbewerber oder Studierende regelmäßig während seines Studiums auch über die Leistungen nach dem
Bundesausbildungsförderungsgesetz gefördert wird. Immerhin erhalten - nach Darlegung der Beklagten - ca. 25 % aller Studierenden in
Baden-Württemberg Förderleistungen nach dem BAföG, wobei wiederum knapp 30 % der BAföG-Empfänger in die Vollförderung fallen.
Demgegenüber haben im Sommersemester 2007 nur 2,5 % der Studierenden das Darlehen in Anspruch genommen, so dass davon
ausgegangen werden kann, dass der weitaus überwiegende Teil der Darlehensempfänger sogar in die BAföG-Vollförderung fällt. Da BAföG-
Empfänger gemäß §§ 17 Abs. 2 BAföG verpflichtet sind, die ihnen gewährte Ausbildungsförderung zur Hälfte bis zu einem Gesamtbetrag von
10.000 Euro zurückzuzahlen, stehen diese Studierenden zusätzlich zu ihrer Studiengebührenschuld nach Beendigung ihrer
Hochschulausbildung noch einer weiteren Darlehensschuld gegenüber, die im Rahmen der Frage nach einem möglichen Abschreckungseffekt
der auflaufenden Darlehensschuld zur Vorfinanzierung der Studiengebühren als Faktum zu berücksichtigen ist. Allerdings hat der Gesetzgeber
der Problematik dieser weiteren Darlehensschuld über § 9 Abs. 4 und 6 LHGebG insoweit Rechnung getragen, dass der Darlehensnehmer auf
einen entsprechenden, binnen eines Jahres nach Ablauf der Karenzzeit zu stellenden Antrag hin, einen Anspruch gegen den Studienfonds hat,
dass ihm die Studiengebührenschuld zuzüglich der Zinsen insoweit erlassen wird, als diese gemeinsam mit den bestehenden Schulden aus
dem BAföG-Darlehen den Gesamtbetrag von 15.000 Euro übersteigt. Dieser Anspruch beinhaltet, dass der Studienfonds seinerseits gegenüber
der das Darlehen gewährenden Bank nach § 9 Abs. 5 Satz 3 LHGebG die hierfür notwendige Abtretung gegen Bezahlung des entsprechenden
Darlehensanteils verlangt, wobei der Gesetzgeber über die Sanktionsregelung des § 9 Abs. 5 Satz 4 LHGebG zum Verlust des
Zinssicherungsanspruchs der Bank in hinreichender Weise auch sichergestellt hat, dass die Darlehensbank dem Abtretungsverlangen des
Studienfonds auch nachkommt. Da das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst auch eindeutig erklärt hat, dass die
Kappungsregelung des § 9 Abs. 4 und 6 LHGebG - und sei es über entsprechende Weisungen im Wege der nach § 9 Abs. 7 Satz 4
eingeräumten Fachaufsicht - so anzuwenden ist, dass die nach § 9 Abs. 4 LHGebG zu berechnende Gesamtschuld den Betrag von 15.000 Euro
auch nicht insoweit übersteigt, als während der Tilgungszeit Zinsen auflaufen, kann jeder Studierende, der während seines Studiums
Leistungen nach dem BAföG empfängt und die Studiengebühren über ein Darlehen finanzieren muss, sicher davon ausgehen, dass die ihn
treffende Gesamtbelastung aus den beiden Darlehen, die sein Studium finanzieren, einschließlich der Zinsbelastung aus dem
Studiengebührendarlehen den Betrag von 15.000 Euro nicht übersteigt. Für den Empfänger einer Vollförderung nach dem BAföG hat dies zur
Folge, dass seine eigentliche Studiengebührenschuld auf maximal 5.000 Euro begrenzt ist, er das Darlehen somit für ein 10semestriges
Studium faktisch zinslos erhält.
68
Neben dieser - für den weit überwiegenden Teil der bedürftigen Studierenden gegebenen - absoluten Obergrenze der Darlehensbelastung, die
im Zusammenhang mit der Aufnahme eines Studiums entstehen, ist weiter zu berücksichtigen, dass die Bedingungen für die Rückzahlung des
Studiengebührendarlehens im Landeshochschulgebührengesetz so ausgestaltet sind, dass kein Studienbewerber oder Studierender
befürchten muss, in dem Fall einer nach Abschluss der Hochschulausbildung ausbleibenden oder nur gering vergüteten Erwerbstätigkeit in
Bezug auf das Studiengebührendarlehen in wirtschaftliche Schwierigkeiten zu geraten. Denn zunächst ist der Darlehensvertrag nach §§ 7 Abs.
1, 9 Abs. 2 Nr. 7 LHGebG so ausgestaltet, dass er dem Darlehensnehmer die Möglichkeit einer zinslosen Stundung des
Rückzahlungsanspruchs gewährt, wenn sein monatliches Nettoeinkommen den in § 18a Abs. 1 Satz 1 bis 3 BAföG festgelegten Mindestbetrag
für die Verpflichtung zur Rückzahlung des BAföG-Darlehens (960 Euro + 480 Euro für einen Ehegatten + 435 Euro für jedes Kind des
Darlehensnehmers) zuzüglich weiterer 100 Euro nicht übersteigt. Darüber hinaus sieht das Gesetz in § 9 Abs. 3 und 5 LHGebG vor, dass der
Studienfonds bei einem länger dauernden Zahlungsverzug (mindestens sechs Monate mit zwei Mahnungen), bei eintretender
Zahlungsunfähigkeit oder aber bei einer mehr als ein Jahr dauernden Stundung des Rückzahlungsanspruchs auf Antrag des Kreditinstituts die
Darlehensforderung Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche gegen den Darlehensnehmer bezahlt. Über die Regelung des § 9 Abs. 6 Satz
1 LHGebG in Verbindung mit § 59 Abs. 1 und 105 LHO hat er dann die Möglichkeit, in entsprechenden Härtefällen die Darlehensschuld ganz
oder teilweise zu stunden, niederzuschlagen oder zu erlassen, wobei die entsprechende Praxis (auch) an den Anforderung zu messen ist, dass
eine abschreckende Wirkung von einer sich aufbauenden Darlehenslast auf einen durchschnittlichen bedürftigen Studienbewerber oder
Studierenden nicht ausgehen darf.
69
Über die hier dargestellte Kappungsregelung und die Möglichkeit der Stundung und des Erlasses nach § 9 Abs. 6 LHGebG i.V.m. §§ 59, 105
LHO ist die festgestellte fehlende objektive Abschreckungswirkung des Studiengebührendarlehens und damit auch die Vereinbarkeit des
LHGebG mit den Anforderungen des Art. 13 Abs. 2 c) des Sozialpakts auch für den Fall sicher gestellt, dass sich die wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen etwa in Bezug auf die Darlehenszinsen zu Ungunsten der Studierenden ändern. Sollten sich die insgesamt
maßgeblichen Umstände darüber hinaus derart ändern, dass das bestehende gesetzliche Instrumentarium nicht mehr ausreicht, den
diskriminierungsfreien Zugang zu den Hochschulen in der erforderlichen Weise zu gewährleisten, ist das Land zur Vermeidung einer dann
eintretenden Rechtswidrigkeit seiner Regelungen gemäß Art. 13 Abs. 2 c) des Sozialpaktes zur Nachbesserung verpflichtet (vgl. VG Minden,
a.a.O.). Der hiermit verbundenen und unmittelbar aus Art. 13 Abs. 2 c des Sozialpakts abgeleiteten Verpflichtung zur Sicherung dieser
Gewährleistung, auch in der Zukunft Vorkehrungen und Mechanismen einzuführen, wie etwa die Festlegung von Indikatoren oder Zielgrößen
(benchmarks), mittels derer sich der Fortschritt der Verwirklichung des Rechts auf Bildung bzw. die Auswirkungen einer getroffenen Regelung
genau überwachen lässt (vgl. Ziff. 52 S. 2 sowie Ziff. 37 der Allgemeinen Bemerkungen des Paktausschusses zu Art.13; Riedel, Gutachten zur
Völkerrechtswidrigkeit von Studiengebühren, 28.06.2005, S. 21, 22; zur Anforderung statistischer Daten durch den Paktausschuss im Einzelfall
E/C.212/1/Add.50 v. 1.9.2000 Ziff. 36; vgl. auch die allgemeine Berichtspflicht nach Art. 16 des Sozialpakts) ist das Land mit der Einrichtung
eines unabhängigen 17-köpfigen Monitoringbeirates zur Beobachtung der sozialen Auswirkungen der Wiedereinführung der Studiengebühren
zum 07.06.2006 (siehe Klageerwiderung v.05.06.2007 - S. 10 f.) in ausreichendem Maße nachgekommen; einer speziellen Verankerung des
Monitoringbeirats in der gesetzlichen Regelung des Landeshochschulgebührengesetzes bedurfte es nicht, da dem Land bei der Entscheidung,
wie es seiner völkerrechtlichen Überwachungspflicht nachkommt, ein weiter organisatorischer Gestaltungsspielraum zukommt.
70
bbb) Sofern ein bedürftiger Studierender nach Ablauf der Darlehensbezugsdauer keinen Anspruch mehr hat, dass die ihn treffenden
Studiengebühren über die L-Bank vorfinanziert werden, ist eine Benachteiligung gegenüber wirtschaftlich leistungsfähigen Studierenden
gegeben, die im Verbund mit anderen Umständen in extremen Ausnahmefällen sogar zur Beendigung des Hochschulstudiums des bedürftigen
Studierenden führen kann.
71
Dennoch ist dieses Ergebnis in Hinblick auf die Verpflichtung des Landes aus Art. 13 Abs. 2 c) des Sozialpaktes nicht zu beanstanden.
72
Denn in Baden-Württemberg wurden bereits seit dem Wintersemester 1998/99 auf der Grundlage des damaligen
Landeshochschulgebührengesetzes vom 05.05.1997 (GBl. S. 175) nach Ablauf einer gebührenfreien Regelstudienzeit zuzüglich vier weiterer
Semester Langzeitstudiengebühren erhoben, deren Bezahlung ebenfalls nicht durch einen gesetzlich gewährten Darlehensanspruch gesichert
war (zur Rechtmäßigkeit dieser Beschränkung auch in Hinblick auf Art. 13 Abs. 2 c) des Sozialpakts vgl. VG Freiburg, Urt. v. 24.03.1999 - 1 K
2488/98 -, WissR 1999, 274 sowie - wenn auch mit jeweils anderer Begründung VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.04.2000, a.a.O. und BVerwG, Urt. v.
25.07.2001, a.a.O.), so dass in der Begrenzung des Darlehensanspruchs in § 7 Abs. 4 LHGebG auf den Zeitraum der damaligen
Gebührenfreiheit materiell keine Verschlechterung der Situation liegt, wie sie bereits seit 1998 für Studierende in Baden-Württemberg gegeben
war.
73
Vor allem aber ist diese mit der Begrenzung des Darlehensanspruchs gegebene echte Einschränkung des Rechts aus Art. 13 Abs. 2 c) des
Sozialpaktes nach Art. 4 des Sozialpaktes und unter Beachtung der Grenzen des Art. 5 des Sozialpaktes gerechtfertigt (zu der Möglichkeit einer
Einschränkung nach Art. 4 des Sozialpaktes vgl. auch BVerwG, Urt. v. 25.07.2001, a.a.O. sowie Urt. v. 03.12.2003, a.a.O.), da sie auf
gesetzlicher Grundlage ergangen ist, zu einem zielstrebigen und straffen Studium anreizen soll und wegen der damit erreichbaren effizienteren
Nutzung der Hochschulen der Förderung des Allgemeinwohls in einer demokratischen Gesellschaft dient. Da der Pakt nach seinem Sinn und
Zweck einen Anspruch auf Zugang zur Hochschulbildung nicht um seiner selbst willen sichern will, sondern auf die Vermittlung der Möglichkeit
einer akademisch geprägten Berufstätigkeit bezogen ist, ist die Begrenzung des Darlehensanspruchs auf die Dauer eines angemessenen
Studiums auch mit der Natur des Rechts aus Art. 13 Abs. 2 c) des Sozialpaktes vereinbar.
74
Im Normalfall ist es jedem - nach § 7 Abs. 2 LHGebG anspruchsberechtigten - Studierenden möglich, sein Studium auch unter Berücksichtigung
gegebenenfalls eintretender Schwierigkeiten zu Ende zu führen. Denn die Dauer der Darlehensberechtigung erstreckt sich nicht nur auf die
Regelstudienzeit des gewählten Studiums, sondern umfasst noch den Zeitraum vier weiterer Semester (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 und 3 LHGebG).
Darüber hinaus führen die Erziehung eines Kindes bis zum Alter von acht Jahren oder eine hinreichend schwere Behinderung zu einer
Befreiung von der Gebührenpflicht. Auch werden Umstände, die nach § 61 LHG eine Beurlaubung rechtfertigen, gemäß § 3 Satz 2 Nr. 1
LHGebG über die Ausnahme von der Gebührenpflicht während eines rechtzeitig beantragten Urlaubssemesters berücksichtigt. Dabei führen
Zeiten der Befreiung und der Ausnahme von der Gebührenpflicht auch nicht zu einer Verkürzung der Dauer der Bezugsberechtigung für das
Darlehen (§ 7 Abs. 4 Satz 3 LHGebG).
75
ccc) Dem atypischen Ausnahmefall, in dem die Zeitdauer der Bezugsberechtigung für ein Studiengebührendarlehen und die in § 6 Abs. 1
LHGebG enthaltenen Befreiungsmöglichkeiten aufgrund außergewöhnlicher, vom Gesetzgeber so nicht in Rechnung gestellter Umstände,
ausnahmsweise nicht ausreichen, um einem bedürftigen Studierenden ein normales zielstrebiges Studium und einen akademischen Abschluss
zu gewährleisten, trägt das Landeshochschulgebührengesetz dadurch Rechnung, dass nach § 6 Abs. 3 Satz 1 LHGebG i.V.m. §§ 21 und 22
des Landesgebührengesetzes allen Studierenden ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung darüber eingeräumt ist, ob die
Studiengebühr etwa in Hinblick auf eine gegebene wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit und eine fehlende Darlehensberechtigung zu stunden
oder gar zu erlassen ist. Dieser Anspruch kann sich aufgrund der völkerrechtlichen Verpflichtung aus Art. 13 Abs. 2 c des Sozialpaktes zur
Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Zugangs zu den Hochschulen auch zu einem Rechtsanspruch verdichten.
76
Dies könnte etwa im Fall der Klägerin dann zum Tragen kommen, wenn die in § 6 Abs. 1 Nr. 1 LHGebG zugrunde gelegte Annahme, dass
Kinder im Alter über acht Jahren der Betreuungsperson regelmäßig genügend Zeit lassen, sich in angemessener Weise einem Studium zu
widmen, aufgrund außergewöhnlicher Umstände nicht zum Tragen kommt und es deshalb der Klägerin trotz eines intensiven Studiums nicht
möglich war, dieses noch während des Laufs ihres Darlehensanspruchs zum Abschluss zu bringen.
77
Da im gegebenen Fall keine solche Konstellation gegeben ist, kann offen gelassen werden, ob über die Regelung des § 6 Abs. 3 und der §§
21, 22 LGebG zur Stundung oder dem Erlass der Studiengebühr auch der Gruppe der Studienbewerber und Studierenden Rechnung getragen
werden kann, die die persönlichen Voraussetzungen für die Darlehensgewährung nach § 7 Abs. 2 LHGebG nicht erfüllen, deren
diskriminierungsfreier Zugang zu den Hochschulen des Landes aber - wie bei den über 40jährigen oder den Asylberechtigten mit einer im
Ausland erworbenen Hochschulreife (vgl. hierzu etwa die Stellungnahme des Paktausschusses zu Kanada, E/C.12/1Add.31 Ziff. 39) über Art.
13 Abs. 2 c) des Sozialpaktes ebenfalls grundsätzlich gewährleistet ist.
78
3. Der Erhebung einer Studiengebühr für die Dauer ihres Studiums an der beklagten Hochschule verletzt die Klägerin auch nicht in ihrem
Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG, nach welchem alle Deutschen das Recht haben, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen.
79
Auch wenn aus der Freiheit der Wahl auch der Ausbildungsstätte für sich kein Recht auf die Bereitstellung eines kostenfreien Studienplatzes
folgt, sondern die Bereitstellung und Inanspruchnahme der staatlichen Hochschulen immer unter dem Vorbehalt dessen steht, was der Einzelne
vernünftigerweise von der Gesellschaft verlangen kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.10.1996, BVerwGE 102, 142; Urt. v. 25.07.2001, a.a.O.), so liegt
in der Auferlegung von Studiengebühren für das Lehrangebot in einem grundständigen Studiengang oder einem konsekutiven
Masterstudiengang auf Studierende an den Hochschulen des Landes Baden-Württemberg nach §§ 1, 3, 5 LHGebG dennoch unter dem
Gesichtspunkt der ausbildungsbezogenen Belastung eine Beschränkung dieses Grundrechts. Denn die Erhebung dieser Gebühr steht mit dem
Besuch der Hochschule im Hinblick auf die spätere Ausübung eines Berufs in einem engen Zusammenhang und lässt objektiv auch eine
berufsregelnde Tendenz deutlich erkennen. Immerhin werden die Studiengebühren unmittelbar für die Bereitstellung des Lehrangebots in
einem Studiengang erhoben. Auch ist die Bezahlung der Gebühr eine zwingende Voraussetzung für die Aufnahme oder Fortführung des
Studiums, da diese - von dem gleichwertigen Sonderfall des Nachweises über den bevorstehenden Abschluss eines Darlehensvertrages nach
§ 7 ff LHGebG abgesehen - nach § 60 Abs. 5 Nr. 2 LHG als Voraussetzung für die Immatrikulation ausgestaltet ist bzw. bei bereits
immatrikulierten Studierenden die Nichtbezahlung der Gebühr trotz Mahnung, Androhung der Exmatrikulation und Ablauf der Zahlungsfrist die
zwangsweise Exmatrikulation zur Folge hat. Auch möchte der Gesetzgeber mit der Erhebung der Studiengebühren (unter anderem) das
Ausbildungsverhalten der Studierenden in Richtung eines zielgerichteten Studiums steuern (hierzu im Einzelnen BVerfG, Nichtannahmebeschl.
v. 31.3.2006 [bad.-württ. Langzeitstudiengebühr] - 1 BvR 1750/01 - Juris.).
80
Allerdings ist der hier mit der Auferlegung der Studiengebührenpflicht verbundene Eingriff in die über Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Freiheit
der Klägerin zur Wahl eines Hochschulstudiums nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Denn abgesehen davon,
dass die Studiengebührenpflicht auf der Grundlage eines Gesetzes erhoben wird, liegen ihrer Erhebung hinreichend gewichtige Zwecke
zugrunde.
81
Die allgemeine Studiengebührenpflicht stellt formal eine sog. subjektive Zulassungsschranke zur Wahl eines Hochschulstudiums dar, die
grundsätzlich nur gerechtfertigt werden kann, wenn sie zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter notwendig ist. Denn anders als die
Langzeitstudiengebühr gestaltet sie nicht nur die Bedingungen und Modalitäten einer grundsätzlich gebührenfreien Ausbildung (hierzu BVerfG,
Beschl. v. 31.03.2006, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 25.07.2001, a.a.O.; anders aber VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.04.2000, a.a.O.; BayVGH, Urt. v.
28.03.2001, DVBl. 2001, 1548), sondern erfasst bereits die Aufnahme eines Studiums als solches und zwar nicht nur mittelbar, sondern - über
die Ausgestaltung als Immatrikulationsvoraussetzung - als unmittelbare rechtliche Schranke für die Wahl selbst.
82
Dieser formalen Einstufung der Gebührenpflichtigkeit als subjektive Zulassungsschranke steht nicht entgegen, dass die Eingriffsintensität über
das Darlehensmodell so abgefedert ist, dass das Zugangshindernis der Bezahlung der Studiengebühr letztlich durch jeden ohne Hürde
überwunden werden kann und sich die Belastung demnach materiell als Problem der finanziellen Gegenleistung für eine in Anspruch
genommene staatliche Leistung und damit als Frage der Ausgestaltung der Bedingungen und Modalitäten der Ausbildung darstellt.
83
Letztlich kann die Frage der Einstufung der mit der Erhebung der Studiengebühren verbundenen Intensität des Grundrechtseingriffs jedoch
offen gelassen werden, weil die mit der Erhebung der Studiengebühren verfolgten öffentlichen Interessen auch solchen Gemeinschaftsgütern
dienen, die gewichtig genug sind, um auch einen Eingriff in die subjektive Ausbildungswahlfreiheit zu rechtfertigen. Denn die Erhebung der
Studiengebühren dient der Sicherung der Leistungsfähigkeit und der Effizienz der Lehre an den staatlichen Hochschulen im Land und damit
ohne weiteres wichtigen Gemeinschaftswerten.
84
So zielt die Erhebung der Studiengebühr primär auf die Erzielung zusätzlicher Einnahmen und auf die Beteiligung der Nutzer an den Kosten
der als öffentliche Einrichtung zur Verfügung gestellten staatlichen Hochschulen. Neben der staatlichen Grundfinanzierung aus Steuermitteln
sollen die Studierenden über die Studiengebühren an der Finanzierung der staatlichen Hochschulen beteiligt werden (vgl. Landtagsdrucksache
13/4858 v. 22.11.2005, S. 1 u. 16). Neben dieser Finanzierungsfunktion sollen die Studiengebühren das Studierverhalten dadurch positiv
beeinflussen, dass die Studierenden zu überlegten Entscheidungen, klaren Zielsetzungen und hohem Engagement veranlasst werden
(Lenkungsfunktion). Schließlich soll die Gebührenpflicht des Studiums auch den Effekt haben, dass die Lehre sowohl aus der Sicht der
Studierenden als auch aus der Sicht der Lehrenden einen neuen und höheren Stellenwert erhält. Dies drückt der Gesetzgeber in der
Begründung zum Gesetzentwurf dadurch aus, dass er - etwas überhöht - den nunmehr für das Studium bezahlenden Studierenden gegenüber
den Hochschulen die Rolle von „zahlenden Nachfragern“ zuschreibt.
85
Dabei ist die Erhebung der Studiengebühren auch geeignet, um die hier beschriebenen Zwecke zu erreichen.
86
Dies bedarf hinsichtlich des gewünschten Erfolgs der Mitfinanzierung der staatlichen Hochschulen durch die Studierenden als deren Nutzer
keiner weiteren Begründung und wird insoweit auch von der Klägerin nicht in Frage gestellt.
87
Die Erhebung von Studiengebühren ist aber auch geeignet, die Studierenden zu einem zielgerichteten und schnellen Studium anzuhalten und
dem Studium sowohl bei den Lehrenden als auch bei den Studierenden einen höheren Stellenwert einzuräumen. Denn es ist evident, dass die
Kostenpflichtigkeit eines jeden Semesters im Normalfall der Studienplanung eines Studierenden zumindest als steuerndes, wenn auch nicht
immer entscheidendes Element wirkt und es besteht - was im Rahmen der Eignungsprognose ausreicht (BVerfG, Beschl. v. 20.04.1986,
BVerfGE 67, 175) - jedenfalls die abstrakte Möglichkeit, dass die Tatsache der Kostenpflichtigkeit des Studiums sowohl die Bereitschaft der
Studierenden zu konstruktiver Kritik an dem Lehrangebot in ihrem Studiengang als auch die Sensibilität der Lehrenden für die Belange der
Studierenden und den Wert ihrer Lehrveranstaltungen steigert. Dies gilt umso mehr, als der Gesetzgeber über die Regelung des § 4 Abs. 1
LHGebG eine Zweckbindung des Studiengebührenaufkommens für die Erfüllung der Aufgaben der Hochschule in Studium und Lehre bestimmt
und bei der Bestimmung der Verwendung der Mittel aus dem Studiengebührenaufkommen eine Beteiligung der Studierenden verankert hat.
88
Ein im Hinblick auf die Erreichung der genannten Zwecke gleich wirksames, aber weniger einschneidend in das Grundrecht der Berufsfreiheit
wirkendes Mittel ist nicht gegeben. Insbesondere stellt sich die Einschätzung des Gesetzgebers nicht als evident fehlerhaft dar, dass die
allgemeine Studiengebührenpflicht noch einmal in gesteigertem Maße zu einer Straffung und Strukturierung des Studiums führt, als dies nach
der bislang geltenden Regelung zur Erhebung von Langzeitstudiengebühren der Fall war. Denn die Erhebung der Langzeitstudiengebühr
stellte zwar einen Anreiz dar, das Studium innerhalb des Zeitraums der Studiengebührenfreiheit zu absolvieren, ließ jedoch eine Verzögerung
des Studiums innerhalb dieses Zeitraums - von der Verringerung eines rechnerisch bestehenden Bildungsguthabens abgesehen - ohne
Auswirkungen. Demgegenüber bildet die Erhebung der allgemeinen Studiengebühr einen wirtschaftlichen Anreiz, das Studium von Anfang an
möglichst zielgerichtet und straff zu organisieren und die Dauer des Studiums nicht an dem Umfang des - über die Regelstudienzeit
hinausgehenden - Bildungsguthabens für ein gebührenfreies Studium zu orientieren.
89
Insgesamt stellt sich der mit der Erhebung der Studiengebühren verbundene Eingriff in die Berufs- bzw. Ausbildungsfreiheit der Studierenden
auch als im engeren Sinne verhältnismäßig dar. Denn die Nachteile, die den Studierenden über die Erhebung der Studiengebühren entstehen,
stehen nicht außer Verhältnis zu den mit der Erhebung verfolgten Zwecken. So ist es grundsätzlich nicht unbillig und unzumutbar, den Nutzer
einer öffentlichen Einrichtung in dem Fall an den Kosten derselben zu beteiligen, wenn - wie dies bei Studierenden in Hinblick auf die
Möglichkeit der Berufsausbildung der Fall ist - mit der Nutzung ein besonderer Vorteil verbunden ist. Auch stehen die Gebühren nach ihrer
Höhe nicht in einem Missverhältnis zu dem Wert der mit der Bereitstellung der Hochschulen den Studierenden gebotenen Leistung des Staates,
denn es ist bereits aus den Verfahren zur Rechtmäßigkeit der Langzeitstudiengebühren (BVerwG, Urt. v. 25.07.2001 - 6 C 8.00 -, a.a.O.; VGH
Bad.-Württ., Urt. v. 06.04.2000 - 2 S 1860/99 -, a.a.O., 874; VG Freiburg, Urt. v. 24.03.1999 - 1 K 2488/98 -, a.a.O.) bekannt, dass die Gebühr von
500 Euro je Semester weit unter den realen Kosten liegt, die das kostengünstigste Studium an einer staatlichen Hochschule während eines
Semesters verursacht. Schließlich ist entscheidend zu berücksichtigen, dass kein Studienbewerber oder Studierender über die Erhebung der
Studiengebühren an der Aufnahme oder Fortführung eines angemessenen Hochschulstudiums gehindert wird, weil zumindest für den Zeitraum
der Regeldauer eines Studiums zuzüglich vier weiterer Semester ein Anspruch des Studierenden auf eine Vorfinanzierung der Studiengebühr
durch die Landeskreditbank Baden-Württemberg besteht, wobei weder die auflaufende Darlehensschuld noch die - gesetzlich ausgestalteten -
Modalitäten der Rückzahlung zu dem gewährten Vorteil der Möglichkeit einer Hochschulausbildung außer Verhältnis stehen.
90
4. Die Erhebung der Studiengebühren nach dem Landeshochschulgebührengesetz verstößt auch nicht gegen das aus den Grundrechten der
Berufsfreiheit in Art. 12 Abs. 1 GG und auf Gleichbehandlung in Art. 3 Abs. 1 GG sowie dem Sozialstaatsprinzip abgeleitete
verfassungsrechtliche Gebot, im Rahmen der vorhandenen Kapazitäten allen dazu Befähigten ein Studium zu ermöglichen, ohne dabei eine
Sonderung der Studierenden nach den Besitz- und Einkommensverhältnissen der Eltern vorzunehmen.
91
Insofern kann auf die Ausführungen zu Art. 13 Abs. 2 c) des Sozialpakts (oben zu II. 2) verwiesen werden, die hier entsprechend zum Tragen
kommen.
92
So reicht es auch im Rahmen des grundgesetzlich gewährleisteten Anspruchs auf diskriminierungsfreie Teilhabe an den staatlichen
Hochschulressourcen aus, wenn der diskriminierungsfreie Zugang für Studienbewerber und Studierende ohne eigene Mittel über den im
Landeshochschulgebührengesetz nach § 7 LHGebG eingeräumten Anspruch gegen die Landeskreditbank Baden-Württemberg (L-Bank) auf
eine darlehensgestützte Vorfinanzierung der Studiengebühren hergestellt wird. Auch steht es dem Anspruch auf diskriminierungsfreie Teilhabe
nicht entgegen, wenn die betroffenen Darlehensnehmer zu einem späteren - regelmäßig nach Abschluss des Hochschulstudiums und dem
Eintritt in ein Berufsleben liegenden - Zeitpunkt verpflichtet sind, das Darlehen einschließlich der angefallenen Zinsen zurückzuzahlen, wenn -
wie dies nach dem Landeshochschulgebührengesetz der Fall ist - die Gesamtbedingungen des Studiengebührendarlehens nicht die Folge
haben, dass bedürftige Studienbewerber oder Studierende die Aufnahme eines solchen zur Ermöglichung ihres Hochschulstudiums
vernünftigerweise scheuen müssten oder würden.
93
Sofern ein bedürftiger Studierender nach Ablauf der Darlehensbezugsdauer keinen Anspruch mehr hat, dass die ihn treffenden
Studiengebühren über die L-Bank vorfinanziert werden, ist zwar eine Benachteiligung gegenüber den wirtschaftlich leistungsfähigen
Studierenden gegeben, die sogar zur Beendigung des Hochschulstudiums des bedürftigen Studierenden führen kann, doch reicht es
verfassungsrechtlich aus, dass der Gesetzgeber - wie hier - den diskriminierungsfreien Zugang zu den Hochschulen für ein angemessenes
erstes Studium sichert. Einer darüber hinausgehenden und übermäßigen Inanspruchnahme muss er nicht mehr in gleicher Weise fördernd
Rechnung tragen, wie dies zur Gewährleistung einer ersten und angemessenen Berufsausbildung an der Hochschule der Fall ist. Denn auch
wenn das aus Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip gewährleistete Recht auf Teilhabe an staatlichen
Ausbildungsressourcen durch die Möglichkeit eines Abschlusses innerhalb angemessener Zeit nicht gänzlich verbraucht ist, so ist die in der
Begrenzung des Darlehensanspruchs liegende Schlechterstellung dadurch gerechtfertigt, dass die Studierenden, die den ihnen eingeräumten
Rahmen eines darlehensgeförderten Studienzugangs überschritten haben, bereits in einem ausreichenden Maße ihren Anteil an der nur
begrenzt zur Verfügung stehenden Ausbildungs- und Studienkreditressource hatten (vgl. hierzu auch BVerwG, Urt. v. 25.07.2001 - 6 C 9.00 -
sowie BVerfG, Beschl. v. 31.03.2006 - 1 BvR 1771/01 -, jeweils zur Gebührenpflichtigkeit eines Zweitstudiums).
94
Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Anspruch auf ein Darlehen zur Vorfinanzierung der Studiengebühren nicht nur die Dauer eines
grundständigen Studiums umfasst, sondern auch den auf ein solches Studium bezogenen konsekutiven Masterstudiengang und ein solches
Zweitstudium fördert, dessen Abschluss zusätzlich zu dem Erststudium für die Erlangung eines Berufsabschlusses gesetzlich vorgeschrieben ist
(§ 7 Abs. 5 LHGebG). Im Übrigen kann auch über die Anwendung der Erlass und Stundungsregelungen in § 6 Abs. 3 LHGebG, §§ 21, 22
LGebG sicher gestellt werden, dass - etwa in atypischen Situationen oder in besonderen Härtefällen - die Unfähigkeit eines Studierenden zur
Finanzierung der Studiengebühr nicht zum Abbruch einer Hochschulausbildung führt.
95
5. Die Erhebung der Studiengebühren verstößt auch nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Dieser Grundsatz
verbietet es dem Gesetzgeber, eine Gruppe in Vergleich zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, obgleich zwischen beiden
Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten.
96
Dabei ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom
bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Die Bindung ist um so enger, je mehr die
Regelung an personenbezogenen Merkmalen anknüpft, die denen in Art. 3 Abs. 3 GG entsprechen und je größer deshalb die Gefahr ist, dass
eine an sie anknüpfende Ungleichbehandlung zur Diskriminierung einer Minderheit führt. Zu berücksichtigen sind auch Differenzierungen, die
zwar nicht unmittelbar personenbezogen vorgenommen werden, aber mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirken.
Hierbei bestehen bei lediglich verhaltensbezogenen Unterscheidungen umso geringere Bindungen, je mehr die Betroffenen in der Lage sind,
durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Merkmale zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird. Überdies sind dem
Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers um so engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder
Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann.
97
Der unterschiedlichen Weite des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums entspricht eine abgestufte Kontrolldichte bei der
verfassungsrechtlichen Prüfung. Kommt als Maßstab nur das Willkürverbot in Betracht, so kann ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nur
festgestellt werden, wenn die Unsachlichkeit bzw. Willkürlichkeit der Differenzierung evident ist. Dagegen ist bei Regelungen, die
Personengruppen verschieden behandeln oder sich auf die Wahrnehmung von Grundrechten nachteilig auswirken, im einzelnen
nachzuprüfen, ob für die vorgesehene Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen
Rechtsfolgen rechtfertigen können. Genauere Maßstäbe lassen sich dabei nicht abstrakt und allgemein, sondern nur bezogen auf die jeweils
betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen (BVerfG, Beschl. v. 11.1.2005, BVerfGE 112, 164; Beschl. v. 26.1.1993,
BVerfGE 88, 87).
98
a) Nach diesen Grundsätzen ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber den Darlehensanspruch der
Studierenden nach §§ 7 und 9 LHGebG so ausgestaltet hat, dass für die Gewährung des Studiengebührendarlehens ab dem Zeitpunkt der
Auszahlung Zinsen erhoben werden dürfen.
99
Dabei kann offen gelassen werden, ob in der Erhebung der Zinsen für das Gebührendarlehen überhaupt eine Ungleichbehandlung gegenüber
den Studierenden gesehen werden kann, die ihre Studiengebühren sofort aus eigenen Mitteln begleichen. Denn selbst wenn die
Ungleichbehandlung darin zu sehen wäre, dass ein bedürftiger Studierender als Darlehensnehmer aufgrund der Zinsbelastung in Bezug auf
die Kosten seines Hochschulzugangs mehr Mittel aufbringen muss, als dies bei dem Sofortzahler der Fall ist, so ist eine in der zusätzlichen
Zinsbelastung liegende „Ungleichbehandlung“ des bedürftigen Darlehensnehmers sachlich dadurch gerechtfertigt, dass der Darlehensnehmer
die für die Begleichung der Studiengebühren notwendigen Mittel nicht sofort aus dem eigenen (bei bedürftigen Studierenden regelmäßig nicht
vorhandenen) Vermögen, sondern erst später zu einem Zeitpunkt aufbringen muss, zu dem bei ihm vom Bestehen einer hinreichenden
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ausgegangen werden kann. Da es bei der Abschöpfung dieses wirtschaftlichen Vorteils nicht mehr darum
geht, einem bedürftigen Studierenden den Zugang zu der Hochschule zu sichern, sondern darum, ob ein potentiell wirtschaftlich
leistungsfähiger Hochschulabsolvent auch an den Kosten der Vorfinanzierung seiner Studiengebühren beteiligt oder ob ein in der späteren
Zahlungspflicht liegender wirtschaftlicher Vorteil abgeschöpft werden kann, ist die Entscheidung des Gesetzgebers, die Darlehensfinanzierung
der Studiengebühren nicht zinsfrei zu gewähren, sondern - über die Begrenzung des Zinssatzes auf die Geldbeschaffungs- und die
Kreditverwaltungskosten der Darlehensbank (vgl. § 9 Abs. 2 Nr. 8 LHGebG) und die Möglichkeit der Einbindung auch anderer Banken als der L-
Bank - nur sicher zu stellen, dass diese Darlehen zu wirtschaftlich möglichst günstigen Bedingungen gewährt werden, sachlich gerechtfertigt.
100 Dies gilt umso mehr, als bei der Vielzahl der bedürftigen Studierenden, die gleichzeitig zur Inanspruchnahme des Studiengebührendarlehens
auch über Mittel nach dem BAföG gefördert werden, über die Kappungsregelung und das Eintreten des Studienfonds in die Darlehensschuld
des Studierenden nach § 9 Abs. 4 und 6 LHGebG faktisch eine Subventionierung der Inanspruchnahme des Darlehens erfolgt, die bei einem
Studierenden, dessen Darlehensschuld nach dem BAföG zuzüglich der reinen Schuld für die Studiengebühren den Betrag von 15.000 Euro
übersteigt, sogar zu einer faktischen Zinslosigkeit des Studiengebührendarlehens führt.
101 Der hiernach bei der Vielzahl der bedürftigen Studierenden wegfallenden oder jedenfalls deutlich reduzierten Zinsbelastung für das
Studiengebührendarlehen ist zudem - unter dem Gesichtspunkt der ungleichen Belastung von (bedürftigen) Darlehensnehmern mit den
Sofortzahlern - der wirtschaftliche Nachteil gegenüber zu stellen, der den Sofortzahlern dadurch entsteht, dass sie die Mittel aus ihrem
Vermögen nicht - wie der Darlehensnehmer - erst später, sondern sofort aufbringen und dementsprechend diese Mittel nicht mehr anderweitig
einsetzen können (a.A. insoweit Pieroth, Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Innovation, Wissenschaft, Forschung
und Technologie des Landtags von Nordrhein-Westfalen vom 26.01.2006 sowie ders./Hartmann, NWVBl. 2007, 81, 84: „nur
Inflationsausgleich“). Auch wenn die Kammer der insoweit vorgelegten Darstellung der Beklagten nicht folgt, dass der entgangene Gewinn des
Sofortzahlers sogar mehr als 7 % p.a. beträgt und damit dem Zinssatz entspricht, der zur Zeit für die Gewährung eines
Studiengebührendarlehens der L-Bank angesetzt wird, so kann doch davon ausgegangen werden, dass auch bei einer - nicht spekulativen -
Geldanlage eine Rendite in Höhe von 4,5 % erwirtschaftet werden könnte, so dass von einer gravierenden Ungleichbelastung des bedürftigen
Studierenden gegenüber dem Sofortzahler in Bezug auf die insgesamt für den Zugang zur Hochschule aufzubringenden Finanzmittel nicht die
Rede sein kann.
102 b) Entgegen der Auffassung des Vertreters der Klägerin verstößt das Gesetz auch nicht deshalb gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, weil
es nur denjenigen Eltern eine (Soll-) Gebührenbefreiung einräumt, die ein Kind pflegen und erziehen, das zu Beginn des jeweiligen Semesters
das achte Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Vielmehr ist die hierin liegende Differenzierung bzw. Ungleichbehandlung mit denjenigen
(studierenden) Eltern, die - wie die Klägerin - Kinder erziehen, die acht Jahre und älter sind, von Art. 3 Abs. 1 GG in seiner speziellen
Ausprägung, die er durch das Grundrecht auf Schutz der Familie aus Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 GG erfährt, gedeckt.
103 Zwar bewirkt die Begrenzung der Befreiungsmöglichkeit eine Ungleichbehandlung, die an personengebundene Merkmale in Gestalt der Pflege
und Erziehung eines Kindes in einem bestimmten Alter anknüpft, die auch nicht durch andere Regelungen auf Gesetzes- oder Vollzugsebene
kompensiert wird (zum Gebot, durch eine Analyse und Bewertung der Gesamtreglung den gleichheitserheblichen Belastungserfolg zu ermitteln:
BVerfG, Beschl. v. 10.4.1997, BVerfGE 96, 1). So stellt die im Falle der Kindererziehung unzweifelhaft gegebene Möglichkeit einer Beurlaubung
(vgl. hierzu amtl. Begründung, LT-Drs. 13/4858, Seite 19) schon deshalb keinen - der Gebührenbefreiung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 LHGebG
entsprechenden - Ausgleich dar, weil eine Beurlaubung in der Regel nicht länger als für zwei Semester gewährt werden soll (§ 61 Abs. 1 Satz 2
LHG) und vor allem auch den Anspruch der betroffenen Studierenden entfallen lässt, die Einrichtungen der Hochschule zu nutzen und
Prüfungen abzulegen (vgl. § 61 Abs. 2 LHG). Eine Befreiung nach § 6 Abs. 3 LHGebG i.V.m. §§ 21, 22 LGebG ist zwar im Fall der Erziehung
eines Kindes im Alter von über acht Jahren grundsätzlich möglich, doch hat der Gesetzgeber mit der Regelung der Altersgrenze in § 6 Abs. 1
Nr. 1 LHGebG zu erkennen gegeben, dass solche weitergehenden Befreiungen auf besondere Einzelfälle beschränkt sein und die Erziehung
und Pflege eines über achtjährigen Kindes als solche noch keine unzumutbare bzw. atypische Härte i.S. der Befreiungsvorschriften des § 6 Abs.
3 LHGebG und der §§ 21, 22 LGebG darstellt.
104 Da über die Begrenzung der Möglichkeit einer Befreiung von der Studiengebührenpflicht bei der Pflege und Erziehung von Kindern nicht nur
das Freiheitsrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG, sondern auch die besonderen Gleichheitsrechte aus Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG betroffen sind, bedarf
es zur Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlung eines dem Grad der tatsächlichen Ungleichheit angemessenen sachlichen
Differenzierungsgrundes dafür, dass die Befreiungsmöglichkeit - im Normalfall - auf die Pflege und Erziehung von Kindern beschränkt ist, die
das achte Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
105 Ein solcher Rechtfertigungsgrund liegt aus der Sicht der Kammer jedoch vor.
106 So knüpft die Bestimmung der Altergrenze durch den Gesetzgeber daran an, dass ein Kind, das das achte Lebensjahr bereits vollendet hat,
altersbedingt eine - seiner dann bereits gegebenen - Schulpflichtigkeit entsprechende größere Selbstständigkeit aufweist, die zu größeren
zeitlichen Freiräumen für die erziehenden und pflegenden Eltern führt (vgl. amtl. Begründung, LT-Drs. 13/4858, Seite 22 bis 24). Diese
Annahme des Gesetzgebers ist nachvollziehbar (so bereits zur Alterbegrenzung in dem LHGebG v. 05.05.1997 - GBl. 173 - auf fünf Jahre: VG
Freiburg, Urt. v. 11.07.2001 - 1 K 2242/98 -, VENSA). Denn auch wenn ein Kind im Kindergarten oftmals zeitlich länger versorgt ist als dies bei
einem Kind in der Grundschule der Fall ist, so kann nicht beanstandet werden, wenn der Gesetzgeber dennoch der typisierenden Auffassung
ist, dass die größere Selbstständigkeit eines mehr als siebenjährigen Kindes zu einer größeren Betreuungsunabhängigkeit und damit auch in
Zeiten der Anwesenheit des Kindes zu Hause typischerweise zu mehr zeitlichen Freiräumen führt, die den studierenden Elternteil (wieder) in
die Lage versetzt, sich nunmehr verstärkt seinem Studium zu widmen, als dies bei einer Betreuung eines erst siebenjährigen oder jüngeren
Kindes der Fall. Insofern ist zu beachten, dass mit der Altersgrenze der Vollendung des achten Lebensjahres der Umstand einer
möglicherweise gesteigerten Betreuungsbedürftigkeit eines Kindes während des ersten Grundschuljahres schon im Sinne der Befreiung
berücksichtigt ist.
107 Die Differenzierung des Gesetzgebers bei der Grenzziehung der Befreiungsmöglichkeit für die Erziehung und Betreuung eines Kindes ist -
gemessen an dem Zweck des Gesetzes, Studierende durch Einführung der Studiengebühr zu einem zielstrebigen Studium anzuhalten,
andererseits aber auch der aus Art. 6 GG folgenden staatlichen Pflicht zum Schutz der Familie Rechnung zu tragen - auch nicht unangemessen.
Insofern kann sich die gerichtliche Kontrolle nicht darauf beziehen, ob der Gesetzgeber hier die jeweils gerechteste und zweckmäßigste
Regelung getroffen hat; vielmehr steht dem Gesetzgeber auch im Hinblick auf seine aus Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem
Sozialstaatsprinzip abgeleitete Verpflichtung zur Regelung eines besonderen Familienlastenausgleichs eine weite Gestaltungsfreiheit darüber
zu, in welchem Umfang und auf welche Weise er den ihm aufgetragenen Schutz verwirklichen will (BVerfG, Urt. v. 12.2.2003, BVerfGE 107,
205). In der Sache ist zu berücksichtigen, dass die Sollbefreiungs-Regelung in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LHGebG es im Einzelfall der Pflege und
Erziehung eines bei Beginn des Studiums geborenen Kindes ermöglicht, bis zu 14 Semester gebührenfrei zu studieren. Auch ist es sachlich
begründet, wenn der Gesetzgeber - ebenso wie beim Befreiungstatbestand der Behinderung (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LHGebG) - durch die
Festsetzung eine Altersgrenze für die Befreiung von der Studiengebühr bei der Erziehung und Pflege eines Kindes typisierend in der Sache
danach differenziert, ob sich eine die familienbedingte Belastung und Benachteiligung von Studenten durch die Kindererziehung „erheblich
studienerschwerend“ auswirkt oder nicht. Das gilt gerade auch vor dem Hintergrund, dass ein Studierender, der sein Studium beginnt und
entweder zu diesem Zeitpunkt bereits ein Kind hat oder später ein Kind pflegt und erzieht, offenbar selbst eine Vereinbarkeit zwischen
Kindererziehung und Studium für gegeben hält. Ferner besteht die Möglichkeit, sich auch aus Gründen der Kindererziehung nach Vollendung
des 8. Lebensjahres zumindest vorübergehend studiengebührenfrei beurlauben zu lassen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LHGebG i.V.m. § 60 Abs.1
LHG; vgl. zuvor § 90 Abs.1 Nr. 9 UG) und im konkreten Einzelfall bestehen bei individuellen, außergewöhnlichen (auch familiär-bedingten)
Härtefällen Stundungs- bzw. Erlassmöglichkeiten hinsichtlich der Gebührenpflicht (vgl. 6 Abs. 3 Satz 1 LHGebG i.V.m. §§ 21, 22 LGebG; vgl.
ferner amtl. Begründung, LT-Drs. 13/4858, Seite 19). Schließlich bieten im Regelfall sowohl Schulen als auch die Studentenwerke
Betreuungsleistungen für die Kinder Studierender an.
108 Insgesamt wird die Sachgerechtigkeit der Entscheidung des Landesgesetzgebers, die Befreiungsmöglichkeit für die Pflege und Erziehung
eines Kindes auf die Betreuung von Kindern unter acht Jahren zu begrenzen, auch durch die vergleichbare und vom Landesgesetzgeber in
Bezug genommene (vgl. amtl. Begründung, LT-Drs. 13/4858, Seite 59) Einschätzung des Bundesgesetzgebers zur Betreuungsbedürftigkeit von
Kindern bestätigt, der bei den Regelungen über die Elternzeit und das Elterngeld (vgl. bis zum 31.12.2006: § 15 Abs. 2 Satz 4 BErzGG; vgl. seit
dem 1.1.2007: § 4 Abs. 1 Satz 2 BEEG) ebenfalls die Zeit bis zur Vollendung des achten Lebensjahres zugrunde legt. Ähnlich geht auch die
zivilrechtliche Unterhaltsrechsprechung (etwa in Ziffer 17.1. der Unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate in Süddeutschland -
Oberlandesgerichte Bamberg, Karlsruhe, München, Nürnberg, Stuttgart und Zweibrücken; nachgewiesen in Beck Online > Fachmodul
Familienrecht plus > Unterhaltsrechtliche Tabellen und Leitlinien > „47b. Süddeutsche Unterhaltsleitlinien“ [Stand 1.5.2007]) davon aus, dass
bei Betreuung eines Kindes in der Regel eine Erwerbsobliegenheit des berechtigt betreuenden Ehegatten dann besteht, wenn das jüngste Kind
in die dritte Grundschulklasse kommt, mithin in der Regel 8 Jahre alt ist.
109 Wenn demgegenüber in anderen Bundesländern in den Studiengebührenregelungen großzügigere Altersgrenzen vorgesehen sind
(Niedersachsen: NHG v. 9.12.2005 - § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr.2: 14 Jahre; Hamburg: HmbHG v. 18.7.2001, § 6b Abs. 3 Satz 1 Ziff.1: 14 Jahre;
Bayern: BayHSchG v. 23.5.2006 - § 71 Abs. 5 Satz 2 Ziff.1: 10 Jahre; siehe allerdings auch deutlich enger Nordrhein-Westfalen: HFGG
v.21.3.2006, Art.1 § 8 Abs. 3 Satz 1 Ziff.1: nur insgesamt drei Semester bis zur Volljährigkeit gebührenfrei) und auch der Bundesgesetzgeber in
seinen Regelungen zur Förderungshöchstdauer und dem Teilerlass des Darlehens nach dem BAföG Kindererziehungszeiten bis zum Alter von
zehn Jahren anrechnet (vgl. § 15 Abs. 3 Ziff. 5 BAFöG bzw. 18b Abs. 5 Satz 1 Ziff. 2 BAFöG: bis zu zehn Jahren), so besagt das nicht, dass diese
Regelungen das verfassungsrechtlich zwingend gebotene Mindestmaß konkretisierten. Vielmehr kann ein Gesetzgeber in Ausübung seiner
grundsätzlichen Gestaltungsfreiheit Kindererziehungszeiten auch ohne verfassungsrechtliche Pflicht - als einfach-gesetzlich „überhöhte“
Gewährungen - positiv berücksichtigen. Auch lässt sich nicht sagen, dass eindeutig erst ab einem Alter von 12 Jahren die zeitlichen
Belastungen durch die Kindererziehung so deutlich abnehmen, dass erst ab diesem Alter auf eine Gebührenbefreiung verzichtet werden kann,
und dass alle darunter liegenden Altersgrenzen willkürlich wären (so aber im Gesetzgebungsverfahren der Änderungsantrag (Nr.5) der Fraktion
der Grünen v. 8.12.2005 - LT-DrS 13/4940 Seiten 5, 9 und 16).
110 c) Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung liegt auch nicht insoweit vor, als die Befreiungstatbestände des § 6 Abs. 1 LHGebG die Zeiten
der Schwangerschaft im Gegensatz zur Kindererziehung nicht als Grund für eine (Soll-)Befreiung von der Studiengebührenpflicht anerkennen.
111 Dabei kann dahin stehen, ob ein insoweit gegebener Gleichheitsverstoß auch für die Rechtmäßigkeit der Gebührenerhebung gegenüber der -
nicht schwangeren - Klägerin von Bedeutung wäre oder ob das Landeshochschulgebührengesetz nicht in Bezug auf die Frage der
Rechtmäßigkeit der fehlenden Berücksichtigung der Situation von schwangeren Studierenden teilbar wäre und eine Verfassungswidrigkeit in
diesem Punkt die Rechtmäßigkeit der Regelungen im Übrigen unberührt ließe. Denn die in der Nichtberücksichtigung der Schwangerschaft
gegenüber den Eltern, die ein Kind bis zu einem Alter von acht Jahren pflegen und erziehen, liegende Ungleichbehandlung ist - entgegen der
von der Klägerin zitierten Rechtsauffassung von Pieroth in dessen Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Innovation,
Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landtags von Nordrhein-Westfalen vom 26.01.2006 - auch unter Berücksichtigung des in Art. 6
Abs. 4 GG niedergelegten Anspruchs einer Mutter auf Schutz und Fürsorge der Gemeinschaft - verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Auch wenn das die werdende Mutter erfassende (BVerfG, Beschl. v. 13.11.1979, BVerfGE 52, 357, 365) Schutzgebot des Art. 6 Abs. 4 GG im
Rahmen des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes wertend zur Geltung kommt (BVerfG, Urt. v. 4.10.1983, BVerfGE 65, 104), so ist die
durch § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LHGebG bewirkte unterschiedliche Behandlung von Eltern mit Kind gegenüber Schwangeren dennoch durch nach
Art und Gewicht hinreichende Gründe gerechtfertigt. Denn während der Gesetzgeber zu Recht davon ausgehen konnte (vgl. amtl. Begründung,
LT-Drs. 13/4858, Seite 22 - 24), dass studierende Eltern ab der Geburt des Kindes unausweichlich in einem hohen und das Studium
typischerweise stark erschwerenden Maße mit der Pflege und Erziehung ihres Kindes befasst sind, muss eine Schwangerschaft nicht in gleicher
Weise zwingend mit Erschwernissen für eine Studentin verbunden sein. Vielmehr konnte der Gesetzgeber ohne weiteres davon ausgehen,
dass eine schwangere Studierende, von Komplikationssachverhalten und der Zeit unmittelbar vor der Niederkunft abgesehen, ihr Studium
regelmäßig im normalen Umfang betreiben kann. Dies entspricht auch der Wertung des Gesetzgebers in den arbeitsrechtlichen Regelungen
zum Mutterschutz. Auch weist die Schwangerschaft typischerweise eine zeitliche Begrenztheit auf, die sich von dem Zeitraum, in dem ein Kind
noch unselbstständig ist, erheblich unterscheidet. Hinzu kommt schließlich, dass unmittelbar nach der Niederkunft die gesetzliche Soll-
Befreiungsregelung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LHGebG regelmäßig der (ehemals schwangeren) Mutter zugute kommen wird.
112 6. Die Studiengebührenpflicht verstößt schließlich auch nicht gegen den in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Prinzip der Rechtssicherheit in der
Form des Vertrauensschutzes.
113 Weder die Einbeziehung der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gebührenregelung zum Sommersemester 2007 bereits immatrikulierten
Studierenden in die Gebührenpflicht noch die in § 7 Abs. 4 des LHGebG geregelte Kürzung der Bezugsberechtigung für ein Darlehen zur
Vorfinanzierung der Studiengebühren stellen Regelungen dar, die nachträglich ändernd in bereits abgeschlossene, der Vergangenheit
angehörende Tatbestände eingreifen und denen somit eine - verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässige - „echte“ Rückwirkung zukommt;
vielmehr wirkt das Landeshochschulgebührengesetz über beide Regelungen nur auf den gegenwärtigen Rechtszustand der Zahlungspflicht für
ein aktuelles Semester und der Bezugsberechtigung für ein in diesem Zusammenhang begrenzt gewährtes Darlehen ein.
114 Die hierin liegende unechte Rückwirkung bzw. tatbestandliche Rückanknüpfung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig, solange nicht
bei der gebotenen Abwägung zwischen dem Vertrauen des Einzelnen auf den Fortbestand der geänderten gesetzlichen Regelung und der
Bedeutung der Neuregelung für das allgemeine Wohl ausnahmsweise den Interessen des Betroffenen ein höheres Gewicht einzuräumen ist
(BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 31.3.2006 a.a.O.; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 30.9.1987, BVerfGE 76, 256). Letzteres trifft hier aber nicht zu.
115 Das Interesse des Gesetzgebers an einer Erhöhung der Einnahmen der Hochschulen, um die Studienbedingungen zu verbessern und die
Qualität der Lehre sowie die Attraktivität des Studiums und des Studienstandorts Baden-Württemberg zu sichern, ist ebenso legitim wie die
weitere Zwecksetzung, die Studierenden zu überlegten Entscheidungen, klaren Zielsetzungen und hohem Engagement zu veranlassen und die
Wertigkeit der Lehre für die Beteiligten - Studierende und Lehrende - zu erhöhen (vgl. amtl. Begründung, LT-Drs. 13/4858, Seite 16). Diese
Zielsetzungen wiegen schwerer als das Vertrauen Studierender darauf, ihr bereits begonnenes Studium ohne Gebührenbelastung abschließen
zu dürfen. Dabei kommt es für die Frage, ob ein Studierender mit einer Änderung der Rechtslage rechnen musste, nicht auf seine subjektive
Vorstellung und individuelle Situation, sondern darauf an, ob die bisherige Regelung bei objektiver Betrachtung geeignet war, ein Vertrauen der
Betroffenen auf ihren Fortbestand zu begründen. Ein solches besonderes Vertrauen war aber in der Zeit vor dem Inkrafttreten der
Studiengebührenregelung des Landeshochschulgebührengesetzes zu keinem Zeitpunkt gegeben. Denn abgesehen davon, dass das bloße
Vertrauen in den Fortbestand einer günstigen Gesetzeslage als solches nicht schutzwürdig ist, sondern nur dann, wenn auf der Seite des
Betroffenen noch zusätzliche gewichtige Interessen berührt sind, mussten die Studierenden schon vor dem Hintergrund der Einführung von
Verwaltungskostenbeiträgen, Rückmeldegebühren und Langzeitstudiengebühren in den vergangenen Jahren damit rechnen, dass ihre
Hochschulausbildung auch in der Zukunft nicht völlig umsonst zu haben sein wird. Dabei kann von einer fehlenden Vorhersehbarkeit der
Einführung von Studiengebühren auch für das normale Erststudium nicht die Rede sein. Zwar hatten die Ministerpräsidenten der Länder im
Zuge der Hochschulreform am 16.4.1970 beschlossen, ab dem Wintersemester 1970/71 an den Hochschulen der Bundesrepublik einheitlich
auf die Erhebung von Studiengebühren zu verzichten. Auch vereinbarten die Kultusminister der Länder noch am 25.5.2000, das Studium bis
zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss und bei konsekutiven Studiengängen bis zum zweiten berufsqualifizierenden Abschluss
grundsätzlich gebührenfrei zu halten. Zum Abschluss eines damals in Aussicht gestellten Staatsvertrags kam es dann jedoch in der Folgezeit
schon nicht mehr. Vielmehr führte die Diskussion um die Einführung von allgemeinen Studiengebühren mit dem Sechsten Gesetz zur Änderung
des Hochschulrahmengesetzes (6. HRGÄndG vom 8.8.2002, BGBl. I S. 3138) zum Erlass eines entsprechenden bundesgesetzlichen Verbots
derselben, das wiederum sofort und letztlich mit Erfolg von einigen Bundesländern vor dem Bundesverfassungsgericht angegriffen wurde
(BVerfG, Urt. v. 26.01.2005, a.a.O.).
116 Im Übrigen hat der Gesetzgeber über Art. 7 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zur Änderung des Landeshochschulgebührengesetzes und anderer
Gesetze (vom 19.12.2005, GBl. S. 794; berichtigt GBl. 2006 S. 15) bestimmt, dass Studiengebühren nicht abrupt ab dem 01.01.2006, sondern
erstmals für das Sommersemester 2007 erhoben werden. Die hierin liegende Übergangsregelung von zwei noch gebührenfreien Semestern
(Sommersemester 2006 und Wintersemester 2006/2007), reichte aus, damit sich die Studierenden auf die neue Rechtslage einstellen konnten,
indem sie entweder das Studium abschließen oder aber sich auf eine künftige Zahlungspflicht einrichten, die angesichts des - oben zu II.2.b.bb)
dargestellten - sozialverträglichen Darlehensmodells auch keine übermäßigen und unzumutbaren Belastungen des einzelnen Studierenden mit
sich bringt. Hinsichtlich der Studierenden, die keinen Darlehensfinanzierungsanspruch mehr haben, ist zu berücksichtigen, dass sie auch nach
der alten Rechtslage über die Regelung zur Langzeitstudiengebührenpflicht regelmäßig im gleichen Maße für ihr Studium gebührenpflichtig
geworden wären, wie dies nun nach der Regelung zur allgemeinen Erhebung von Studiengebühren der Fall ist.
117 Da im Übrigen in atypischen Härtefällen, in denen die Einführung der allgemeinen Studiengebühren etwa in unvorhergesehener Weise eine
Situation verursacht, die aus wirtschaftlichen Gründen zu einer vorzeitigen Beendigung des Studiums führt, über die Regelung des § 6 Abs. 3
LHGebG i.V.m. §§ 21, 22 LGebG zur Stundung oder dem Erlass der Studiengebühren reagiert werden kann (vgl. für die baden-
württembergische Langzeitstudiengebühr: BVerwG, Urt. v. 25.7.2001, a.a.O.), bedurfte es - abgesehen von den Fällen bereits immatrikulierter
ausländischer Studierender, die keinen Darlehensanspruch haben (vgl. Art. 7 Abs. 2 Satz 3 ÄndGLHGebG) und der Bestimmung in Art. 7 Abs. 2
Satz 2 ÄndGLHGebG, welche die (ohnehin bereits seit 2003 gebührenpflichtigen) Studierenden der Popakademie Baden-Württemberg betrifft -
keiner weiteren speziellen Übergangsregelungen mehr.
III.
118 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Dabei sieht die Kammer nach Ermessen davon ab, die Entscheidung hinsichtlich der
Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO).
119 Die Zulassung der Berufung findet ihre Grundlage in § 124a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, da die Frage der Rechtmäßigkeit der
Erhebung von Studiengebühren nach dem Landeshochschulgebührengesetz angesichts der Massenhaftigkeit der Gebührenerhebung und der
bislang nicht geklärten Rechtsfragen insbesondere zu Art. 13 Abs. 2 c) des Sozialpakts grundsätzliche Bedeutung hat.