Urteil des VG Frankfurt (Oder) vom 14.03.2017

VG Frankfurt(oder ): ddr, nutzungsrecht, stadt, verteilung der beweislast, urkunde, rückübertragung, nummer, erheblicher grund, genehmigung, eltern

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Gericht:
VG Frankfurt (Oder)
6. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 K 1691/03
Dokumenttyp:
Teilurteil
Quelle:
Normen:
§ 3 Abs 4 S 3 VermG, § 4 Abs 2
VermG, § 4 Abs 3 VermG, § 110
VwGO, § 227 ZPO
Nachweis der Unredlichkeit des Eigentumserwerb eines
Grundstücks in der DDR
Tenor
Die Klage wird abgewiesen, soweit die Klägerin mit dem Hauptantrag die
Rückübertragung des Flurstücks 33/1 der Flur 166 in der Gemarkung ... begehrt.
Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Im Übrigen bleibt die
Kostenentscheidung dem Endurteil vorbehalten.
Tatbestand
Die Klägerin ist Berechtigte im Sinne des Gesetzes zur Regelung offener
Vermögensfragen an dem Grundstück in der ... Straße ... in ... (Flur 166, Flurstück 33/1).
Sie begehrt dessen Rückübertragung bzw. hilfsweise die Auskehr des Erlöses aus dem
Verkauf dieses Grundstücks.
Die am ... 1929 geborene Klägerin ist Nacherbin nach ihrem Vater ... und zugleich Erbin
nach ihrer Mutter, Frau ..., die seit dem 25. Oktober 1944 als Eigentümerin der im
Bestandsverzeichnis des Grundbuches von ... Band 29, Blatt 744 unter der laufenden
Nummer 2 verzeichneten Parzelle 306/0,4 des Kartenblattes 6 (Gesamtfläche 8.830 m
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) eingetragen war. In der zweiten Abteilung des Grundbuches war zu Gunsten der
Klägerin ein Nacherbenvermerk eingetragen. Der Nacherbfall nach Herrn ... trat am 31.
Geburtstag der Klägerin am ... 1960 ein.
Am 21. Februar 1961 erteilte der Rat der Stadt ... Herrn ..., dem Stiefvater des
Beigeladenen, eine Wohnraumzuweisung für eine Dreieinhalbzimmerwohnung mit Küche
in der ... Straße .... Mit Wirkung zum 1. Oktober 1965 wurde das Grundstück unter
staatliche Treuhandverwaltung gestellt. Die Eheleute ..., die (Stief-)Eltern des
Beigeladenen, schlossen am 16. Januar 1967 mit dem VEB Kommunale
Wohnungsverwaltung ... einen rückwirkend zum 01. Oktober 1965 beginnenden
Mietvertrag über eine Dreieinhalbzimmerwohnung in der ... Straße ....
Am 2. April 1971 veräußerte der staatliche Verwalter den im Grundbuch von ..., Blatt 744
verzeichneten Grundbesitz in Volkseigentum, das am selben Tage noch in
Volkseigentum überging; am 05. Mai 1971 wurde der Eigentumsübergang im Grundbuch
eingetragen.
Im Jahre 1979 wurde an das auf dem Grundstück befindliche Wohnhaus ein Anbau
angefügt, der unter anderem neben dem Anbau einiger Räume im Erdgeschoss im
Dachgeschoss die Erweiterung des Flures sowie den Anbau eines Wohnzimmers, einer
Küche und eines Bades umfasste.
Am 18. Februar 1982 schlossen die Beigeladenen mit dem VEB Gebäudewirtschaft ...
einen zum 01. Januar 1982 beginnenden Mietvertrag über die Dreizimmerwohnung in der
... Straße .... Der Betriebsdirektor der Kommunalen Wohnungsverwaltung lehnte den
Antrag der Beigeladenen vom 15. März 1983 auf Ankauf des Hauses in der ... Straße mit
Schreiben vom 10. November 1983 mit der Begründung ab, dass Mehrfamilienhäuser
nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht verkäuflich seien.
Mit Schreiben vom 02. September 1985 beantragte der Beigeladene erneut den Kauf
des Hauses. Der Sachverständige H... ermittelte in der Wertermittlung vom 9. Februar
1988 auf der Grundlage der Preisverordnung Nr. 3/87 einen Zeitwert von rund 36.000,-
Mark/DDR. Dabei wurde neben anderen baulichen Anlagen der Wohnhaus-Altbau mit
9.195, - Mark der DDR und die Wohnhauserweiterung mit 24.897, - Mark der DDR taxiert.
Der Zeitwert für den Altbau wurde ausgehend von dem in Höhe von 15.074, - Mark der
DDR geschätzten Neuwert in der Weise ermittelt, dass bei einer angenommenen
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DDR geschätzten Neuwert in der Weise ermittelt, dass bei einer angenommenen
Restnutzungsdauer von 30 Jahren 39 % des Wertes, mithin 5.879,- Mark der DDR,
abgeschrieben wurden. Der Wert für die im Jahre 1979 vorgenommene
Wohnhauserweiterung wurde ermittelt, indem von den auf der Preisbasis von 1966
ermittelten Baukosten in Höhe von 40.814, - Mark der DDR entsprechend der
Abschreibung für den Altbau 39 %, mithin 15.917 Mark der DDR, abgezogen wurden.
Mit Eigenheimkaufvertrag vom 30. März 1988 verkaufte der Rat der Stadt ... das auf
dem 1.341 m
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großen Flurstück 33/1 gelegene Eigenheim mit zwei Wohneinheiten zu
einem Kaufpreis von 36.000, - Mark der DDR an die Beigeladenen. Vereinbart war, dass
die Erwerber die Verleihung des Nutzungsrechts an dem volkseigenen Grundstück in
Größe von 500 m
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beantragen werden und für die restliche Fläche ein Nutzungsvertrag
abgeschlossen wird.
Mit Urkunde vom 07. April 1988 verlieh der Rat des Kreises ... den Beigeladenen auf der
Grundlage des Nutzungsrechtsgesetzes vom 14. Dezember 1970 ein unbefristetes
Nutzungsrecht an dem Flurstück 33/1 in einer Größe von 500 m
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an dem Gebäude und
den Gebäudenebenflächen, das die Beigeladenen zur Grundstücksnutzung berechtigte.
Die Nutzungsurkunde enthält den maschinenschriftlichen Eintrag, dass für „die restliche
Grundstücksfläche ... mit dem Rat der Stadt ... ein Nutzungsvertrag abgeschlossen“
wird.
Am 25. November 1988 wurde das Nutzungsrecht unter der laufenden Nummer 6 der
Abteilung 2 des Grundbuches von ..., Blatt 5519 eingetragen und für das Gebäude auf
dem Flurstück 33/1 das Gebäude-Grundbuchblatt 5519/6 der Stadt ... angelegt und die
Beigeladenen als Gebäudeeigentümer eingetragen.
Am 30. Januar 1989 schlossen die Beigeladenen und der Rat der Stadt ... einen
Formularvertrag für die Überlassung eines volkseigenen Grundstücks an Bürger für
Erholungszwecke. Danach wurde den Beigeladenen das Flurstück 33/1 der Flur 166 zur
Nutzung zum Zwecke „Eigenheim“ überlassen; auf Seite 1 der Vertragsurkunde ist
unter § 1 die ursprünglich handschriftlich eingetragene Grundstücksgröße von 841 m
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mit der Zahl 1.341 überschrieben. Gemäß § 5 Nr. 3 des Vertrages wurde dem Rat der
Stadt ... unter bestimmten näher bezeichneten Voraussetzungen das Recht zu
Kündigung eingeräumt.
Am 03. April 1990 beantragten die Beigeladenen den Kauf des volkseigenen
Grundstücks. Auf der Rückseite dieses Antrages befindet sich der Vermerk des
amtierenden Stellvertreters des Bürgermeisters für Planung des Rates der Stadt ... vom
09. Mai 1990, dass entsprechend der mit dem Rat des Kreises festgelegten
Verfahrensweise zugestimmt wird, das verliehene, bisher auf 500 m
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beschränkte
Nutzungsrecht auf das Gesamtgrundstück mit 1.341 m
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zu erweitern.
Mit Grundstückskaufvertrag vom 23. Juli 1990 (20-1858-90) kauften die Beigeladenen
von der Stadt ... das Flurstück 33/1 zu einem Preis von 1.341 Mark der DDR und
erklärten zugleich die Auflassung.
Am 02. Oktober 1990 meldete die Klägerin vermögensrechtliche Ansprüche für die
Grundstücke in der ... Straße ... (Flurstücke 33/1 und 33/2 der Flur 166) in ... an.
Die Beigeladenen nahmen mit Schreiben vom 03. September 1992 zur Erteilung eines
Negativattestes für das streitbefangene Grundstück Stellung und legten hierzu diverse
Unterlagen vor, darunter eine Kopie der sich auf eine Grundstücksfläche von 500 m
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erstreckenden Nutzungsrechtsurkunde vom 07. April 1988. Sie trugen unter anderem
vor, ihnen sei mit Wirkung vom 01. Mai 1988 das Nutzungsrecht von 500 m
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verliehen
worden; am 30. Januar 1989 hätten sie hinsichtlich des restlichen Flurstücksanteiles, der
841 m
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betrage, einen Vertrag über die Überlassung eines volkseigenen Grundstücks
zur Nutzung erhalten.
Mit dem an das Grundbuchamt ... adressierten Bescheid vom 25. November 1992
erteilte der Landrat des Landkreises ... die Genehmigung nach der
Grundstücksverkehrsordnung für den das Flurstück 33/1 betreffenden
Grundstückskaufvertrag vom 23. Juli 1990 (20-1858-90).
Am 18. März 1993 wurden die Beigeladenen als Eigentümer des Flurstücks 33/1 im
Grundbuch von ..., Blatt 6462 eingetragen. In den Grundakten des Grundbuches von ...,
Blatt 6462 befindet sich eine Durchschrift der ursprünglich am 07. April 1988 erstellten
Nutzungsurkunde, die am rechten Rand mit einem zusätzlichen undatierten Stempel
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Nutzungsurkunde, die am rechten Rand mit einem zusätzlichen undatierten Stempel
des Rates des Kreises ... nebst Unterschrift versehen ist. Die ursprüngliche
Flächenangabe 500 ist mit den Buchstaben „x“ überschrieben und durch die Zahl 1341
ersetzt worden. Ebenfalls mit der Buchstabenreihe „x“ überschrieben sind die
ursprünglich auf der Urkunde befindlichen maschinenschriftlichen Zusätze „an dem
Gebäude und der Gebäudenebenfläche“ sowie der Satz „Für die restliche
Grundstücksfläche wird mit dem Rat der Stadt ... ein Nutzungsvertrag abgeschlossen.“
Der Beklagte übertrug mit der der Nummer 2 des Bescheides vom 2. Juli 2001 das
Hinterliegerflurstück 33/2 in der ... Straße ... an die Klägerin zurück und lehnte unter der
Nummer 3 des Bescheides bei Zuerkennung eines Entschädigungsanspruch nach
Maßgabe des Entschädigungsgesetzes die Rückübertragung des straßenseitigen
Flurstücks 33/1 ab.
Den am 30. Juli 2001 gegen die Nummer 3 erhobenen Teilwiderspruch der Klägerin, der
nicht weiter begründet wurde, wies das Landesamt zur Regelung offener
Vermögensfragen mit Widerspruchsbescheid vom 05. August 2003, der dem
Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 13. August 2003 zugestellt wurde, zurück.
Am 15. September 2003 hat die Klägerin Klage erhoben.
Zur Begründung trägt sie vor, es werde bestritten, dass auf Grund des Vertrages vom 2.
April 1971 und des Eigenheimkaufvertrages vom 30. März 1988 Grundbucheintragungen
erfolgt seien. Gebäudeeigentum an dem im Jahre 1920 errichteten Gebäude hätte nach
den seinerzeitigen Vorschriften der DDR nicht entstehen können. Auch der Tatbestand
einer Komplettierung liege hier nicht vor. Ein dingliches Nutzungsrecht sei hier nicht über
die gesamte Grundstücksfläche von 1.341 m
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, sondern ausweislich der Urkunde vom
07. April 1988 nur für eine Teilfläche von 500 m
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verliehen worden. Zudem habe eine
spätere Erweiterung dieses Rechtes auf 1.341 m
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gegen die in der
Eigenheimverordnung festgesetzte Regelgröße verstoßen. Die Beigeladenen seien
unredlich. Die Beweislastregeln seien hier unzutreffend angewendet worden. Danach
habe derjenige, der sich auf die Redlichkeit berufe, deren Voraussetzungen vollständig
darzulegen und zu beweisen. Sofern derjenige Zweifel hieran nicht ausräume, habe er
im Allgemeinen die Folgen zu tragen. Die insoweit darlegungspflichtigen Beigeladenen
hätten abgesehen davon, dass sie bereits seit 1983 sich um den Erwerb des
Grundstücks bemüht hätten, nichts zur Sache vorgetragen, obwohl diese
Erwerbsabsichten nicht durch Unterlagen belegt seien. Zudem hätten sie mitteilen
müssen, woher sie Kenntnis von der Erwerbsmöglichkeit gehabt hätten. Nachdem die
auf dem Grundstück seit dem Jahre 1948 betriebene Schneiderei im Frühjahr 1961
eingestellt worden sei, hätten sich unmittelbar darauf ab dem 15. März 1961 der
Stiefvater des Beigeladenen, der Leiter der Pass- und Meldedienststelle in ... und SED-
Mitglied gewesen sei, sowie die Mutter des Beigeladenen im manipulativen
Zusammenwirken mit staatlichen Behörden unrechtmäßig in den Besitz des damals
noch ungeteilten Grundstückes gesetzt, obwohl die Mutter der Klägerin mit einem an
den Stiefvater des Beigeladenen gerichteten Schreiben vom 12. März 1961 den
Abschluss eines Mietvertrages abgelehnt habe. Da der Stiefvater und die Mutter des
Beigeladenen weiterhin nicht zum Kauf des Grundstücks bereit gewesen seien, hätten
sie wegen angeblicher Republikflucht der Eigentümerin mit Wirkung zum 01. Oktober
1965 die Bestellung eines Treuhänders manipuliert. Hierzu seien sie auf Grund ihrer
herausgehobenen Stellung im Staatsapparat der DDR in der Lage gewesen. Ein
manipulatives Verhalten der Staatsgewalt ergebe sich aus der Veräußerung des
Grundstücks im April 1971 durch den Treuhänder an „Eigentum des Volkes“ und den
gezielten Weiterverkauf an die Beigeladenen. Es bestünden Anhaltspunkte für eine
Mitwirkung oder zumindest Einflussnahme des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes
der DDR bei der Überführung des streitgegenständlichen Grundbesitzes in
Volkseigentum und dem anschließenden Verkauf an die Beigeladenen, weil sie – die
Klägerin – einige Jahre zuvor im Jahre 1967 wegen versuchter Republikflucht inhaftiert
worden sei und nach ihrem Freikauf im Jahre 1968 habe ausreisen dürfen. Auch wenn die
Unterlagen bei der Bundesbeauftragten für die Unterlagen der ehemaligen Deutschen
Demokratischen Republik, die sie – die Klägerin – betreffen würden, keine Hinweise zur
Unredlichkeit der Beigeladenen enthielten, seien zum Beweis der fehlenden Redlichkeit
der Beigeladenen und der Eltern des Beigeladenen die über sie geführten Unterlagen
der Bundesbeauftragten einzuholen. Den Beigeladenen bzw. dem Stiefvater oder der
Mutter des Beigeladenen sei bekannt gewesen oder hätte zumindest bekannt sein
müssen, dass im Jahre 1971 bei der Veräußerung des Grundstücks in Volkseigentum
wegen fehlender Überschuldung keine Ermächtigung des staatlichen Verwalters zum
Verkauf vorgelegen habe und eine Genehmigung nach der
Grundstücksverkehrsverordnung (GVVO) nicht vorgelegen habe. Sie hätten auch
gewusst oder zumindest wissen müssen, dass der Ausfertigungsvermerk vom 4. Januar
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gewusst oder zumindest wissen müssen, dass der Ausfertigungsvermerk vom 4. Januar
1971 zeitlich vor dem Abschluss des Vertrages vom 2. April 1971 datiere. Vor Abschluss
des Eigenheimkaufvertrages vom 30. März 1988 hätten die Beigeladenen bzw. die Eltern
des Beigeladenen eine ungesetzliche Teilung des Grundstücks in das straßenseitige
Flurstück 33/1 und das Hinterliegerflurstück 33/2 in manipulativer Weise herbeigeführt,
weil sie das Gesamtgrundstück wegen der Größe nicht hätten erwerben können. Diese
Teilung sei rechtswidrig gewesen, weil das Hinterliegerflurstück keinen Zugang zur
Straße besitze. Es liege nahe, dass der Eigenheimkaufvertrag nach den so genannten
„Berghofer-Richtlinien“ vom 2. Mai 1986 geschlossen worden sei, wonach eine
vorrangige Versorgung unter anderem von Staatsbediensteten mit derartigen
Immobilien vorgesehen gewesen sei. Angesichts der doch etwas herausgehobenen
beruflichen Stellung der Beigeladenen, die ausweislich der im Kaufvertrag vom 30. März
1988 angegebenen Personalien Heimleiter in einem Erholungsheim ... bzw.
Kantinenleiterin in ... gewesen seien, sei hier eine besondere Systemnähe zu vermuten,
zumal der Erfahrungssatz zu berücksichtigen sei, dass das DDR-Regime nur
systemtreuen Bürgern ein Grundstück habe zukommen lassen. Den Beigeladenen hätte
nur ein Einfamilienhaus, nicht jedoch – wie hier – ein Zweifamilienhaus verkauft werden
dürfen. Zudem sei in der Vertragsurkunde nicht vereinbart worden, dass die Mutter des
Beigeladenen die weitere Wohnung im Haus bewohne; dies sei rechtswidrig. Den
Beigeladenen sei bekannt gewesen oder hätte bei Zugrundelegung des objektiven
Sorgfaltsmaßstabes zumindest bekannt sein müssen, dass im Eigenheimkaufvertrag ein
zu niedriger Kaufpreis vereinbart worden sei. Auf der Seite 4 der Wertermittlung vom 09.
Februar 1988 hätten für den Erweiterungsbau nicht Baukosten in Höhe von 40.814, -
Mark der DDR angesetzt werden dürfen, sondern Baukosten in Höhe von 54.466, - Mark
der DDR, die in der Anlage zu dem dieser Wertermittlung beigefügten Preisvorschlag für
die Durchführung von Bau- und Montageleistungen des Grundstücks ...-Süd, ... Straße ...
vom Februar 1979 ausgewiesen gewesen seien. Auch die Abschreibung sei zu hoch
angesetzt worden, weil unter anderem bei der Art der Bauausführung nicht von einer
Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren, sondern von 100 Jahren hätte ausgegangen
werden müssen. Die Unredlichkeit der Beigeladenen ergebe sich aus dem „Hin und Her“
hinsichtlich der zur Nutzung überlassenen Grundstücksfläche von zunächst 500 m
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und
dann 1.341 m
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. Aus den angefochtenen Bescheiden gehe nicht hervor, ob das mit
Urkunde vom 7. April 1988 verliehene dingliche Nutzungsrecht oder das durch
Nutzungsvertrag vom 31. Januar 1989 begründete Nutzungsrecht für Erholungszwecke
nachträglich erweitert worden sei. Die Vorgänge im Zusammenhang mit dem Abschluss
des Nutzungsvertrages vom 31. Januar 1989 seien geeignet, an der Redlichkeit der
Beigeladenen zu zweifeln, weil darin die ursprünglich mit 841 m
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angegebene
Nutzungsfläche nachträglich und ohne Datierung auf 1.341 m
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handschriftlich
abgeändert worden sei und die Beigeladenen infolgedessen davon ausgegangen seien,
das ganze Flurstück 33/1 erwerben zu können. Der anschließende Erwerb der
Gesamtfläche habe den in der DDR üblichen Gepflogenheiten widersprochen.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung der Nr. 3 seines Bescheides vom 02. Juli 2001
sowie der teilweisen Aufhebung des Widerspruchsbescheides des Landesamtes zur
Regelung offener Vermögensfragen vom 05. August 2003 zu verpflichten, ihr das
Grundstück Gemarkung ..., Flur 166, Flurstück 33/1 rückzuübertragen,
hilfsweise
den Beklagten zu verpflichten festzustellen, dass ihr ein Anspruch nach § 3 Abs.
4 Satz 3 des Vermögensgesetzes auf Auskehr des Erlöses aus dem
Grundstückskaufvertrag vom 23. Juli 1990 bezüglich des Flurstückes 33/1 der Flur 166 in
... zusteht,
sowie
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu
erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor, selbst wenn ein Rückübertragungsanspruch der Klägerin
bestanden hätte, sei dieser spätestens mit der Eintragung der Beigeladenen am 18.
März 1993 im Grundbuch untergegangen. Gegen die Grundstücksverkehrsgenehmigung
habe die Klägerin bislang keinen Widerspruch eingelegt. Die Rückübertragung sei jedoch
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habe die Klägerin bislang keinen Widerspruch eingelegt. Die Rückübertragung sei jedoch
schon wegen des redlichen Erwerbes des Gebäudeeigentums und des Nutzungsrechts
durch die Beigeladenen ausgeschlossen. Das Nutzungsrecht sei 1990 auf die
Gesamtfläche des Flurstücks 1.341 m
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erweitert worden. Das Original der geänderten
Nutzungsurkunde befinde sich bei der Grundakte. Diese Erweiterung sei nicht willkürlich
gewesen, weil die Größe von 500 m
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lediglich eine Orientierungsgröße dargestellt habe.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
Sie tragen vor, aus keinem Gesichtspunkt ergäben sich Anhaltspunkte, die gegen ihre
Redlichkeit sprächen. Die Ereignisse im Zusammenhang mit dem Schneidereibetrieb
seien für das vorliegende Verfahren nicht relevant. Das Vorbringen der Klägerin sei aus
der Luft gegriffen. Ab dem 01. Januar 1982 sei er – der Beigeladene – Mieter der
Wohnung gewesen, nachdem er dort seit 1966 nicht mehr gewohnt habe.
In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin einen Monat Schriftsatznachlass auf den
Schriftsatz des Beklagten vom 17. Oktober 2008 beantragt.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die
beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakten I – III) Bezug genommen,
die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Der Termin ist wegen des am Schluss der mündlichen Verhandlung gestellten Antrages
des Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf einen Monat Schriftsatznachlass auf den
Schriftsatz des Beklagten vom 17. Oktober 2008 nicht nach § 227 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3
der Zivilprozessordnung (ZPO) in Verbindung mit § 173 der Verwaltungsgerichtsordnung
(VwGO) zu vertagen. Ein erheblicher Grund, der nach § 227 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO eine
Vertagung rechtfertigen könnte, liegt hier nicht vor. Zur Wahrung des rechtlichen Gehörs
bedarf es keines Schriftsatznachlasses, weil der Beklagte mit diesem Schriftsatz keinen
neuen Tatsachenstoff in das Verfahren eingeführt hat. Mit dem Vorbringen, dass das
Nutzungsrecht im Jahre 1990 auf die Gesamtfläche des Grundstücks erweitert worden
sein soll, hat der Beklagte lediglich seinen bisherigen im Ausgangs- und
Widerspruchsverfahren innegehabten Standpunkt erneut bekräftigt. Soweit er hierzu auf
die in Blatt 166 seines Verwaltungsvorganges befindliche Kopie der Nutzungsurkunde
vom 07. April 1988 und des in der (nicht dem Gericht vorliegenden) Grundakte
befindlichen Originals zu dieser Urkunde verwiesen hat, hatte der
Prozessbevollmächtigte der Klägerin schon vor Erhalt des Schriftsatzes vom 17. Oktober
2008 ausreichend Gelegenheit, diese Kopie aus der Grundakte in Augenschein zu
nehmen, weil er am 10. Oktober 2008 bei Gericht Akteneinsicht in die
Verwaltungsvorgänge des Beklagten genommen hatte. Im Übrigen kommt es auf die
Erweiterung des Nutzungsrechtes auf die Gesamtfläche des Grundstücks nicht an.
Gemäß § 110 VwGO ergeht ein Teilurteil, weil der Rechtstreit allein hinsichtlich des
Hauptantrages entscheidungsreif ist (zur Zulässigkeit eines Teilurteils wenn nur der
Hauptantrag zur Entscheidung reif ist, vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. November 1981 -
4 B 88.81 -; grundlegend BGH, Urteil vom 01. April 1971 - VII ZR 297/69 -, BGHZ 56, 79).
Soweit die Klägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung hilfsweise einen Anspruch
auf Erlösauskehr geltend gemacht hat, ist der Rechtstreit gegenwärtig noch nicht zur
Entscheidung reif, weil die als Anspruchsverpflichtete in Betracht kommende Stadt ...
noch nicht beigeladen ist.
Die Klage ist hinsichtlich des Hauptantrages zwar zulässig, aber nicht begründet. Die
Nummer 3 des angefochtenen Bescheides des Beklagten vom 02. Juli 2001 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesamtes zur Regelung offener
Vermögensfragen vom 05. August 2003 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in
ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat aus § 3 Abs. 1 Satz 1
des Vermögensgesetzes (VermG) keinen Anspruch auf Rückübertragung des
streitbefangenen Grundstücks.
Nach dieser Vorschrift sind Vermögenswerte, die Maßnahmen im Sinne des § 1 des
Vermögensgesetzes unterlagen und in Volkseigentum überführt worden sind, auf Antrag
an die Berechtigten zurückzuübertragen, sofern dies nicht nach diesem Gesetz
ausgeschlossen ist. Die Klägerin ist auf Grund der von keinem der Beteiligten
angefochtenen und damit bestandskräftigen Feststellung des Beklagten in Nummer 3
Satz 2 des angefochtenen Bescheides Berechtigte im Sinne von § 2 Abs. 1 VermG an
dem streitbefangenen Grundstück. Damit steht fest, dass das Grundstück bei seiner
Veräußerung im Jahre 1971 in Volkseigentum einer schädigenden Maßnahme im Sinne
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Veräußerung im Jahre 1971 in Volkseigentum einer schädigenden Maßnahme im Sinne
von § 1 Abs. 1 Buchst. c VermG unterlag. Diese Feststellungen sind einer gerichtlichen
Überprüfung nicht zugänglich. Dementsprechend geht das Vorbringen der Klägerin zur
Rechtswidrigkeit der Veräußerung des Grundstücks durch den staatlichen Verwalter im
Jahre 1971 ins Leere, weil diese Vorgänge dem Tatbestand des § 1 Abs. 1 Buchst. c
VermG zuzuordnen sind. Gleiches gilt, soweit die Klägerin die Unwirksamkeit dieser
Veräußerung geltend macht und eine fehlende Grundbuchumschreibung behauptet, weil
bei der Prüfung, ob eine schädigenden Maßnahme im Sinne von § 1 VermG vorliegt, der
von Formmängeln losgelöste faktische Enteignungsbegriff maßgeblich ist und die
Verdrängung der Klägerin und ihrer Rechtsvorgängerin aus der Eigentümerstellung
dokumentiert worden ist durch die am 5. Mai 1971 unter laufenden Nummer 3 der
ersten Abteilung des Grundbuches von ..., Blatt 744 vollzogene Eintragung „Eigentum
des Volkes“.
Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VermG besteht der Rückübertragungsanspruch
jedoch nur dann, wenn die Rückgabe eines Grundstückes nicht nach den Vorschriften
des Vermögensgesetzes ausgeschlossen ist. Vorliegend steht der begehrten Restitution
entgegen, dass zum einen die Rückgabe einer unvermessenen Teilfläche des
Grundstücks von 500 m
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(Grundfläche des Wohngebäudes einschließlich der
Gebäudenebenflächen) von vornherein gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG ausgeschlossen
ist und dass zum Anderen nach der gegenwärtig maßgeblichen Rechtslage der
Rückübertragungsanspruch im Übrigen hinsichtlich der unvermessenen
Grundstücksteilfläche von 841 m
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, auf die sich das mit Urkunde über die Verleihung
eines Nutzungsrechts vom 07. April 1988 (Nutzungsurkunde) mit Wirkung vom 01. Mai
1988 zunächst verliehene Nutzungsrecht nicht erstreckte, gemäß § 3 Abs. 4 Satz 3
VermG untergegangen ist.
Die Rückgabe der vorstehend näher bezeichneten 500 m
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großen Teilfläche des
Grundstücks ist nach § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift
ist die Rückübertragung ausgeschlossen, wenn unter anderem natürliche Personen in
redlicher Weise an dem Vermögenswert Eigentum oder dingliche Nutzungsrechte
erworben haben. Dabei muss dieser Erwerb bis zum Inkrafttreten des VermG am 29.
September 1990 abgeschlossen sein. Dementsprechend unterfällt der Eigentumserwerb
des Grundstücks durch die Beigeladenen infolge des Grundstückskaufvertrages vom 23.
Juli 1990 nicht dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 2 Satz 2 VermG, weil sie erst im
Jahre 1993 als Grundstückseigentümer im Grundbuch eingetragen worden sind.
Allerdings haben die Beigeladenen das Gebäudeeigentum und das dingliche
Nutzungsrecht an dem streitbefangenen Grundstück mit einer Fläche von 500 m
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, für
das die Nutzungsurkunde vom 07. April 1988 zunächst ausgestellt worden war,
erworben. Sie sind am 25. November 1988 als Gebäudeeigentümer in das
Gebäudegrundbuch von ..., Blatt 5519/6 eingetragen worden. Das Nutzungsrecht mit
einer Fläche von 500 m
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wurde ihnen mit der bereits genannten Nutzungsurkunde mit
Wirkung vom 01. Mai 1988 verliehen. Gemäß § 4 Abs. 2 des Nutzungsrechtsgesetzes
vom 14. Dezember 1970 (DDR-GBl. I S. 372) entsteht das Nutzungsrecht mit dem in der
Urkunde über die Verleihung genannten Zeitpunkt. Unabhängig davon, dass die
Verleihung dieses Nutzungsrechts am 25. November 1988 unter der laufenden Nummer
6 der Abteilung 2 des Grundbuches von ..., Blatt 5519 in der Abteilung II des
Grundbuches eingetragen worden war, bedurfte es für die Entstehung dieses
Nutzungsrechts einer solchen Eintragung nicht (vgl. zu den
Entstehungsvoraussetzungen eines Nutzungsrechts: Kommentar zum Zivilgesetzbuch
der Deutschen Demokratischen Republik, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen
Republik, Berlin, 1983, § 288 ZGB, Anm. 2, Seite 239).
Der Erwerb dieser Rechte durch die Beigeladenen war auch nicht unredlich. Als unredlich
ist der Rechtserwerb gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 VermG in der Regel dann anzusehen,
wenn er nicht im Einklang mit den im Zeitpunkt des Erwerbes in der Deutschen
Demokratischen Republik geltenden allgemeinen Rechtsvorschriften,
Verfahrensgrundsätzen und einer ordnungsgemäßen Verwaltungspraxis stand und der
Erwerber dies wusste oder hätte wissen müssen (vgl. § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG), oder
darauf beruhte, dass der Erwerber durch Korruption oder Ausnutzung einer persönlichen
Machtstellung auf den Zeitpunkt oder die Bedingungen des Erwerbs oder die Auswahl
des Erwerbsgegenstandes eingewirkt hat (vgl. § 4 Abs. 3 Buchst. b VermG), oder davon
beeinflusst war, dass sich der Erwerber eine von ihm selbst oder von Dritter Seite
herbeigeführte Zwangslage oder Täuschung des ehemaligen Eigentümers zu Nutze
gemacht hat (vgl. § 4 Abs. 3 Buchst. c VermG).
Die vorstehend in den Regelbeispielen des § 4 Abs. 3 Buchst. a bis c VermG
aufgeführten Voraussetzungen für die Annahme eines unredlichen Rechtserwerbes
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aufgeführten Voraussetzungen für die Annahme eines unredlichen Rechtserwerbes
liegen hier ebenso wenig vor wie sonstige besondere Umstände, die auch nur einen
greifbaren Anhaltspunkt für die Unredlichkeit der Beigeladenen geben könnten.
Dies gilt zunächst für den Erwerb des Gebäudeeigentums. Nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes
über den Verkauf volkseigener Eigenheime vom 19. Dezember 1973 – VerkaufsG-1973 –
(DDR-GBl. I. S. 578) konnten volkseigene Eigenheime an Bürger der DDR verkauft
werden. Entgegen der Ansicht der Klägerin konnte hier mit dem im Jahre 1988
abgeschlossenen Eigenheimkaufvertrag auch das aus zwei Wohneinheiten bestehende
Wohngebäude, das im Erdgeschoss von den Beigeladenen und im Dachgeschoss von
der Mutter des Beigeladenen bewohnt war, verkauft werden. Denn mit Inkrafttreten der
Zweiten Durchführungsbestimmung vom 09. April 1985 zum Gesetz über den Verkauf
volkseigener Eigenheime – 2. DB VerkaufsG-1973 – (DDR-GVBl. I S. 109) zum 01. Mai
1985 war der zuvor nicht mögliche Verkauf eines Eigenheimes mit einer zweiten
Wohnung möglich geworden. Nach § 1 Abs. 1 in der Fassung der 2. DB VerkaufsG-1973
ist ein Eigenheim im Sinne des Gesetzes ein Wohngebäude, das als persönliches
Eigentum für den Wohnbedarf einer Familie bestimmt ist (Satz 1). Als Eigenheim gilt
auch ein Gebäude, das eine zweite Wohnung enthält, die nach ihrer baulichen
Beschaffenheit besonders zur Nutzung von Familienangehörigen geeignet ist oder als
selbständige Wohnung vermietet werden kann (Satz 2). Die selbständige zweite
Wohnung unterliegt der staatlichen Wohnraumlenkung (Satz 3). Mit dieser Neuregelung
wurde ab 1985 erstmals der Verkauf von Gebäuden mit einer selbständigen zweiten
Wohnung zugelassen, was nach dem im Zeitpunkt des ersten Gebäudekaufantrages des
Beigeladenen im Jahre 1983 noch geltenden § 1 Abs. 1 Sätze 1 und 2 in der Fassung der
(ersten) Durchführungsbestimmung zum Gesetz über den Verkauf volkseigener
Eigenheime vom 19. Dezember 1973 – 1. DB VerkaufsG-1973 – (DDR-GBl. I S. 590) noch
nicht zulässig war, weil nach dieser Bestimmung allein Gebäude mit einer zur Nutzung
durch nahe Familienangehörigen geeigneten Zweitwohnung als Eigenheime galten.
Dementsprechend war der Kaufantrag des Beigeladenen aus dem Jahre 1983 noch
abgelehnt worden, weil es sich bei dem Wohngebäude in der Friedensstraße 13 nach
dem im Jahre 1983 geltenden Recht nicht um ein Eigenheim im Sinne des Gesetzes zum
Verkauf volkseigener Eigenheime handelte. Erst als sich durch Inkrafttreten des 2. DB
VerkaufsG-1973 die rechtlichen Voraussetzungen für den Verkauf volkseigener Gebäude
geändert hatten, konnte das Wohngebäude als Eigenheim verkauft werden. Entgegen
der Ansicht der Klägerin bedurfte es hier keiner ausdrücklichen Vereinbarung darüber,
dass die Mutter des Beigeladenen die weitere im Haus befindliche Wohnung bewohnt.
Diese weitere Wohnung wurde durch den Verkauf an die Beigeladenen nicht der
staatlichen Wohnraumlenkung entzogen. Auch nach dem Eigenheimverkauf unterlag die
Dachgeschosswohnung nach § 1 Abs. 1 Satz 3 der 2. DB VerkaufsG-1973 weiterhin der
staatlichen Wohnraumlenkung. Auf diesen Umstand hatte die Notarin ausweislich der
maschinenschriftlichen Eintragung auf dem Vertragsformular des
Eigenheimkaufvertrages ausdrücklich hingewiesen.
Der Verkauf des Gebäudes an die Beigeladenen stößt auch nicht aus anderen Gründen
auf rechtliche Bedenken. Nach § 2 Abs. 1 der 1. DB VerkaufsG-1973 konnten
Eigenheime an Bürger verkauft werden, die entweder dieses Eigenheim zum Zeitpunkt
des Verkaufs bewohnten oder denen von dem für Wohnraumlenkung zuständigen Organ
vor Abschluss des Kaufvertrages die Zuweisung für diesen Wohnraum erteilt worden war.
Ersteres war bei den Beigeladenen der Fall, weil sie das Wohnhaus in der ... Straße ...
bereits seit 1982 als Mieter bewohnten. Da sie in ihrer Eigenschaft als Hausbewohner die
gesetzlichen Voraussetzungen für den Eigenheimerwerb erfüllten, ist nichts dafür
ersichtlich, dass sie auf Grund der von der Klägerin angesprochenen „Berghofer-
Richtlinien“ vom 2. Mai 1986 wegen ihrer beruflichen Stellung oder der des Stiefvaters
des Beigeladenen in unzulässiger Weise gegenüber anderen potentiellen Kaufbewerbern
privilegiert worden sind. Denn neben den Eigenheimbewohnern hätten andere potentielle
Bewerber nach § 2 Abs. 1 Alt. 2 der 1. DB VerkaufsG-1973 bei einem Eigenheimkauf nur
dann zum Zuge kommen können, wenn ihnen eine Wohnraumzuweisung für eine der
Wohnungen von den Wohnraumlenkungsbehörden erteilt worden wäre. Dies hätte aber
wiederum vorausgesetzt, dass das Mietverhältnis der Beigeladenen hätte gekündigt
werden müssen, was angesichts der in der DDR üblichen Rechtspraxis, die von einer
praktischen Unkündbarkeit von Wohnraummietverträgen beherrscht war, eine mehr als
fernliegende Hypothese ist.
Die Unredlichkeit der Beigeladenen beim Kauf des Eigenheimes ergibt sich auch nicht
auf Grund der Umstände beim Abschluss ihres Mietvertrages zu der
Erdgeschosswohnung im Jahre 1982. Auch wenn dieser Mietvertrag bei einer bloßen
Kausalitätsbetrachtung ursächlich für den Abschluss des Eigenheimkaufvertrages im
Jahre 1988 war, konnte sich hier eine etwaige Unredlichkeit der Beigeladenen bei
Mietvertragsabschluss nicht auf den Erwerbsvorgang des späteren Gebäudekaufs im
46
47
Mietvertragsabschluss nicht auf den Erwerbsvorgang des späteren Gebäudekaufs im
Jahre 1988 auswirken. Für die Annahme des unredlichen Erwerbes im Sinne des § 4 Abs.
3 des Vermögensgesetzes kommen nämlich nur solche Umstände in Betracht, die den
Erwerbsvorgang – mithin hier den Gebäudekauf – als solchen betreffen. Sie müssen
als auf einer sittlich anstößigen Manipulation beruhend erscheinen lassen. Das ist
nicht mehr der Fall, wenn die Anstößigkeit sich auf einen Vorgang bezieht, der zwar bei
einer bloßen Kausalitätsbetrachtung ursächlich für die Erwerbschance war, die sich
später eröffnet hat, dem aber keine Ausstrahlungswirkung auf den späteren Erwerb
mehr zukommt (vgl. BVerwG Beschlüsse vom 15. April 1998 - 7 B 114.98 - Buchholz 428
§ 4 VermG Nr. 54 und vom 7. Januar 2003 - 7 B 69.02 -). Zwar kann ein enger zeitlicher
Zusammenhang zwischen einem manipulativ erwirkten Wohnungseinzug und dem
darauf folgenden Eigentumserwerb die Anstößigkeit des Eigentumserwerbes indizieren.
Ob eine derartige Verknüpfung bei zeitlich zurückliegenden Vorgängen noch zu bejahen
ist oder nicht, hängt indes von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab und ist
jedenfalls zu verneinen, wenn zwischen einer manipulativ erwirkten Wohnraumzuweisung
und dem darauf folgendem Eigentumserwerb mehr als zehn Jahre vergangen sind (vgl.
BVerwG Beschluss vom 7. Januar 2003 - 7 B 69.02 -). Vorliegend ist eine Indizwirkung,
die auf einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Mietbeginn und Gebäudekauf
beruhen könnte, zu verneinen, weil zwischen dem Mietbeginn im Jahre 1982 und dem
späteren Gebäudekauf im Jahre 1988 eine Zeitspanne von etwa sechs Jahren liegt. Auch
wenn zwischen beiden Ereignissen noch keine zehn Jahren verstrichen waren, ist hier
jedoch auf Grund der besonderen Sachverhaltsumstände eine derartige
Ausstrahlungswirkung zu verneinen, weil der Mietvertragsabschluss den Beigeladenen im
Zeitpunkt des Mietbeginns noch keine realisierbare Chance zum Erwerb des
streitbefangenen Gebäudes bot. Dies war erst ab dem Jahre 1985 möglich, nachdem die
2. DB VerkaufsG-1973, die erstmals den Verkauf von Gebäuden mit zwei Wohneinheiten
als Eigenheime zuließ, in Kraft getreten war. Dementsprechend war der im Jahre 1983
gestellte Kaufantrag des Beigeladenen in Übereinstimmung mit den zu diesem
Zeitpunkt gültigen 1. DB VerkaufsG folgerichtig abgelehnt worden. Durch diese
Ablehnung, die überdies zeigt, dass den Beigeladenen gesetzeskonform eine
Vergünstigung vorenthalten wurde und sie damit nicht privilegiert worden sind, ist ein
rechtserheblicher Ursachenzusammenhang, der auf Grund einer Ausstrahlungswirkung
eines etwaig treuwidrig herbeiführten Mietvertragsabschlusses auf den späteren
Eigenheimkauf bestehen könnte, unterbrochen worden. Aus den gleichen Erwägungen
ist es ohne Belang, ob beim Abschluss des Mietvertrages vom 16. Januar 1967, den die
(Stief-)Eltern des Beigeladenen geschlossen hatten, sowie bei deren Bezug der Wohnung
im Jahre 1961 alles mit rechten Dingen zugegangen ist, weil diese Ereignisse lange vor
Abschluss des Eigenheimkaufvertrages liegen. Nichts anderes gilt auch für die Frage, ob
die Beigeladenen die von der Klägerin gerügten Unregelmäßigkeiten beim Verkauf des
Grundstücks durch den staatlichen Verwalter in Volkseigentum im Jahre 1971 erkannt
haben oder hätten erkennen müssen und ob sie auf diesem Grundstücksverkauf Einfluss
genommen haben.
Die Unredlichkeit der Beigeladenen wird auch nicht dadurch begründet, dass das mit
dem Wertgutachten vom 09. Februar 1988, das dem Eigenheimkaufvertrag vom 30.
März 1988 zu Grunde lag, möglicherweise ein zu niedriger Wert für den Gebäudeanbau
aus dem Jahre 1979 angesetzt worden war. Zwar unterliegt es einigen Zweifeln, ob für
diesen Neuanbau die gleichen Abschreibungswerte wie für den im Jahre 1920 bzw. 1938
errichteten Altbau angesetzt werden durften. Jedoch hätte dies auf Seiten der
Beigeladenen einer eingehenden Prüfung des Wertgutachtens und besonderer
Rechtskenntnisse des Bewertungsrechts und insbesondere der hier einschlägigen
Preisverordnung Nr. 3/87 bedurft. Hiervon ist jedoch in Ansehung des Lebenslaufes und
der beruflichen Stellung der Beigeladenen, die keine derartigen besonderen
Rechtskenntnisse vermuten lassen, nicht auszugehen (vgl. zur fehlenden
Durchschaubarkeit der Rechtswidrigkeit von Enteignungen nach dem Baulandgesetz:
BVerwG, Urteil vom 05. März 1998 - 7 C 30.97 - VIZ 1998, 376, 378). Nichts anderes gilt
für die nach Ansicht der Klägerin zu niedrige Ansetzung der Baukosten für diesen Anbau,
wobei offen bleiben kann, ob dies rechtswidrig war.
Es fehlen auch greifbare Anhaltspunkte für einen unredlichen Erwerb des Nutzungsrechts
von 500 m
2
. Dieses wurde am 07. April 1988 infolge des Verkaufs des Eigenheimes
gemäß § 2 VerkaufsG-1973 mit Wirkung vom 01. Mai 1988 verliehen. Da sich dieses
Nutzungsrecht ausweislich dieser Nutzungsurkunde nur auf eine Fläche von 500 m
2
bezog, scheidet ein Verstoß gegen DDR-Vorschriften aus, die unter bestimmten
Bedingungen eine Flächenbegrenzung vorsahen. Rügen der Klägerin, dass den
Beigeladenen ein dingliches Nutzungsrecht mit einer Fläche von mehr als 500 m
2
zu
Unrecht verliehen worden sein soll, gehen daher im Hinblick auf das am 07. April 1988
verliehene Nutzungsrecht, das sich auf eine Fläche von 500 m
2
bezog, ins Leere.
48
verliehene Nutzungsrecht, das sich auf eine Fläche von 500 m bezog, ins Leere.
Unzutreffend ist schließlich der Einwand, die Beigeladenen hätten im Vorfeld des
Gebäudekaufs eine rechtswidrige Flurstücksteilung herbeigeführt. Denn das ursprünglich
ungeteilte Grundstück war jedenfalls – wie der in den Verwaltungsvorgängen des
Beklagten befindliche am 23. Oktober 1970 gefertigte Auszug aus dem Grundbuch von
..., Blatt K-744 zeigt – schon im Jahre 1970 und damit mehr als 17 Jahre vor dem im
Jahre 1988 getätigten Eigenheimkauf in die beiden Flurstücke 33/1 und 33/2 aufgeteilt
gewesen.
Der Beklagte hat die Beweislastregeln des § 4 Abs. 2 und 3 VermG nicht fehlerhaft
angewendet. Insoweit gelten im Rahmen des § 4 Abs. 2 und 3 VermG nicht die von der
Klägerin aufgeführten Maßstäbe. Vielmehr gilt nach ständiger höchstrichterlicher
Rechtsprechung Folgendes: Ausgehend von dem Grundsatz, dass die Unerweislichkeit
von Tatsachen im Vermögensrecht nur grundsätzlich zu Lasten desjenigen geht, der aus
ihnen für sich günstige Rechtsfolgen herleitet (BVerwGE 95, 289, 294), trifft die
materielle Beweislast für die den Rückübertragungsausschluss begründende Redlichkeit
des Erwerbs nach § 4 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 VermG grundsätzlich den Erwerber
(BVerwG, Beschluss vom 16. Oktober 1995 - 7 B 161.95 -Buchholz 428 § 4 VermG Nr.
22). Das bedeutet jedoch nicht, dass das Vermögensgesetz generell den Erwerber
zwingen will, auf bloßes Bestreiten hin die Redlichkeit seines Erwerbs zu beweisen
(BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2001 - 8 C 10.00 - VIZ 2001, 607). Das
Bundesverwaltungsgericht hat in der zuletzt genannten Entscheidung ausgeführt: „Der
vom § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG bezweckte Schutz des redlichen Erwerbs und damit vom
Vermögensgesetz angestrebte sozialverträgliche Ausgleich zwischen dem
Restitutionsinteresse des Alteigentümers und dem Vertrauensschutzinteresse des
Erwerbers würde nämlich verfehlt werden, wenn die Nichterweislichkeit des redlichen
Erwerbs, die bei über lange zurückliegenden Vorgängen keine Ausnahme ist, stets zu
Lasten derer ginge, die in der DDR Eigentum erworben haben. Dieser Schutzzweck
kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass das Vermögensgesetz die Redlichkeit des
Erwerbs als Regelfall voraussetzt und demgemäß nur die Ausnahme, also die
Unredlichkeit, durch die in § 4 Abs. 3 VermG enthaltenen Beispiele näher bezeichnet.
Der Gesetzgeber geht damit von einer Grundannahme der Redlichkeit aus. Das
materielle Recht sieht dementsprechend eine differenzierte Verteilung der Beweislast
vor: Sind Tatsachen, die der Ausfüllung des Rechtsbegriffes der Redlichkeit dienen, nicht
abschließend aufklärbar, ist zunächst zu prüfen, ob die Grundannahme der Redlichkeit
des Erwerbs erschüttert ist, weil greifbare tatsächliche Anhaltspunkte für eine mögliche
Unredlichkeit bestehen. Nur in diesem Falle trifft die materielle Beweislast den Erwerber
... Ob greifbare tatsächliche Anhaltspunkte für die Unredlichkeit des Erwerbs vorliegen,
ist nur dann von Bedeutung, wenn Tatsachen, die für die Beurteilung der Redlichkeit
erheblich sind, trotz Ausschöpfens aller in Betracht kommenden
Aufklärungsmöglichkeiten (§ 86 Abs. 1 VwGO) nicht abschließend aufklärbar sind. Nur in
diesem Falle ist eine materiellrechtliche Beweislastentscheidung zu treffen. Gelangt das
Verwaltungsgericht mithin zu eindeutigen tatsächlichen Feststellungen, ist für die
Prüfung greifbarer tatsächlicher Anhaltspunkte kein Raum. Kommt das
Verwaltungsgericht hingegen zu dem Ergebnis, dass die redlichkeitsbegründenden
Tatsachen nicht erwiesen sind, hat es zu prüfen, ob die Grundannahme der Redlichkeit
des Erwerbers erschüttert worden ist. Das ist nur der Fall, wenn greifbare Anhaltspunkte
für eine mögliche Unredlichkeit bestehen. Dafür reicht die nur entfernt liegende
Möglichkeit einer Unredlichkeit nicht aus. Vielmehr müssen tatsächliche Umstände
vorliegen, die Anlass zu Zweifeln an der Redlichkeit der Erwerber geben. Notwendig sind
mithin vernünftige, durch Tatsachen belegbare, ernst zu nehmende Zweifel an der
Redlichkeit. Die im Vorfeld einer Beweislastentscheidung zu beantwortende Frage, ob
solche ernstlichen Zweifel bestehen, kann schon von der Natur der Sache her nicht nach
Beweislastgrundsätzen entschieden werden. Vielmehr muss das Verwaltungsgericht
prüfen, ob Zweifel bestehen oder nicht. Es genügt daher nicht, wenn die tatsächlichen
Anhaltspunkte für eine Unredlichkeit nur behauptet werden, aber nach Überzeugung des
Gerichts nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden können.
Entscheidend ist damit die Überzeugung des Gerichts von der Richtigkeit der
behaupteten Tatsachen, die einen greifbaren tatsächlichen Anhaltspunkt darstellt.
Gegebenenfalls hat das Gericht zur Wahrheitsfindung eine Beweisaufnahme
durchzuführen. § 4 Abs. 2 und 3 VermG verpflichten deshalb die Gerichte, zunächst im
Rahmen des Zumutbaren und durch den Vortrag der Beteiligten Veranlassten die
Voraussetzungen des Restitutionsausschlussgrundes von Amts wegen zu ermitteln.“
Solche greifbaren Anhaltspunkte für eine Unredlichkeit fehlen hier vollständig. Vielmehr
spricht im Gegenteil der Umstand, dass der erste Kaufantrag der Beigeladenen im Jahre
1983 abgelehnt und ihnen am 07. April 1988 in buchstabengetreuer Befolgung des § 7
Satz 2 der Eigenheimverordnung vom 31. August 1978 (DDR-GBl. I. S. 425), wonach bei
der Bereitstellung von Bauland eine Grundstückgröße von nicht mehr als 500 m
2
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51
der Bereitstellung von Bauland eine Grundstückgröße von nicht mehr als 500 m
vorgesehen war, ein Nutzungsrecht von lediglich 500 m
2
verliehen worden war, dafür,
dass es seinerzeit mit rechten Dingen zugegangen ist. Einer Beweisaufnahme durch
Einholung der über die Beigeladenen geführten Unterlagen des MfS bedarf es nicht, weil
greifbare Anhaltspunkte, die auf Unregelmäßigkeiten beim Hauskauf und der
Nutzungsrechtsverleihung hindeuten könnten, nicht ersichtlich sind und es sich bei der
begehrten Einholung dieser Unterlagen um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis
handelt. Die Einholung der Unterlagen des MfS zu den (Stief-)Eltern des Beigeladenen
würde zudem einen nicht entscheidungserheblichen Sachverhalt betreffen, weil diese
Unterlagen Ereignisse aus den sechziger und siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts
betreffen, die sich aus den dargelegten Gründen wegen fehlender
„Ausstrahlungswirkung“ nicht auf die hier in Rede stehenden Erwerbsvorgänge aus dem
Jahre 1988 beziehen.
Die Redlichkeit der Beigeladenen wird ferner nicht durch Einwendungen der Klägerin in
Frage gestellt, die sie gegen den Abschluss des Nutzungsvertrages vom 31. Januar
1989, gegen die Flächenerweiterung des Nutzungsrechts im Jahre 1990 und gegen den
Grundstückskaufvertrag vom 23. Juli 1990 erhoben hat. Denn der Erwerb des
Gebäudeeigentums und des am 07. April 1988 verliehenen Nutzungsrechts mit einer
Fläche von 500 m
2
war spätestens nach deren Grundbucheintragung am 25. November
1988 schon vollendet und konnte deshalb durch spätere Ereignisse nicht mehr
beeinträchtigt werden. Zudem fehlt ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem
Abschluss des Eigenheimkaufvertrages und der Nutzungsrechtsverleihung über 500 m
2
und den von der Klägerin angesprochenen Ereignissen.
Die Klägerin hat aber auch keinen Anspruch auf Rückübertragung einer 841 m
2
großen
Teilfläche des Grundstücks, die nicht von der Nutzungsrechtsverleihung vom 07. April
1988 erfasst worden war.
Der Rückgabe dieser Teilfläche steht allerdings nicht § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG entgegen.
Denn insoweit haben die Beigeladenen weder – wie bereits ausgeführt wurde –
Grundeigentum noch ein dingliches Nutzungsrecht wirksam erworben. Insbesondere liegt
kein rechtswirksamer Erwerb eines dinglichen Nutzungsrechts an der gesamten
Grundstücksfläche vor, soweit zu einem nicht mehr genau zu ermittelnden Zeitpunkt im
Verlauf des Jahres 1990 auf dem in den Grundakten befindlichen Exemplar der
Nutzungsurkunde vom 07. April 1988 der ursprüngliche flächenmäßige Umfang des
Nutzungsrechts von 500 m
2
gestrichen und durch die Größenangabe 1.341 m
2
ersetzt
worden war. Eine derartige Erweiterung des Nutzungsrechts um 841 m
2
ist unwirksam
und hat sich nicht zu Lasten der Klägerin ausgewirkt. Denn gemäß § 4 Abs. 2 des
Nutzungsrechtsgesetzes vom 14. Dezember 1970 und gemäß § 287 Abs. 2 Satz 2 des
Zivilgesetzbuches der DDR entstanden Nutzungsrechte mit dem in der Urkunde
festgelegten Zeitpunkt. Auf Grund einer Urkunde, die den Entstehungszeitpunkt nicht
bezeichnete, konnte angesichts dieser ausdrücklichen Regelungen ein Nutzungsrecht
nicht entstehen (vgl. Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder), Urteil vom 14. März 2005 - 5 K
1256/98 -). Nichts anderes gilt für die Erweiterung eines Nutzungsrechts auf zusätzliche
Grundstücksflächen, bei der es sich hinsichtlich der Erweiterungsfläche ebenfalls um eine
erstmalige Nutzungsrechtsverleihung handelt. Auch in einem solchen Fall ist eine
Bezeichnung des Entstehungszeitpunktes notwendig und entsteht das Nutzungsrecht
erst zu diesem Zeitpunkt. Vorliegend fehlt auf dem in den Grundakten befindlichen
Exemplar der Nutzungsurkunde, die ein Nutzungsrecht für eine Fläche von 1.341 m
2
ausweist, eine konkrete Zeitangabe, zu der das Nutzungsrecht auf eine Fläche von
1.341 m
2
erweitert und damit mit einer zusätzlichen Fläche von 841 m
2
entstehen
sollte. Ein solcher Entstehungszeitpunkt lässt sich auch nicht dem neben diesen
Änderungen am rechten Rand befindlichen Stempel entnehmen, weil dieser ebenfalls
undatiert ist. Auszuschließen ist auch eine rückwirkende Korrektur zum flächenmäßigen
Umfang des ursprünglich zum 01. Mai 1988 verliehenen Nutzungsrechts. Denn mit der
ursprünglichen Nutzungsrechtsverleihung vom 07. April 1988 war allein die Verleihung
eines Nutzungsrechts mit einer Fläche von 500 m
2
beabsichtigt. Dies wird belegt durch
den maschinenschriftlichen Zusatz auf der Erstfassung der Nutzungsurkunde, dass für
die restliche Fläche mit dem Rat der Stadt ... ein Nutzungsvertrag abgeschlossen
werden sollte. Für eine Nutzungsrechtserweiterung, die konstitutiv in die Vergangenheit
auf den 01. Mai 1988 zurückwirken sollte, fehlen hinreichende Anhaltspunkte für eine
derart weitreichende Regelungsabsicht. Vielmehr deutet die Stellungsnahme des
amtlichen Stellvertreters des Bürgermeisters für Planung des Rates der Stadt ... vom 09.
Mai 1990 auf der Rückseite des Antrages der Beigeladenen vom 03. April 1990 auf Kauf
des volkseigenen Grundstücks darauf hin, dass die beabsichtigte Erweiterung des
Nutzungsrechts der Vorbereitung des Grundstücksverkaufes diente und nicht für die
52
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54
Nutzungsrechts der Vorbereitung des Grundstücksverkaufes diente und nicht für die
Vergangenheit erfolgen sollte. Kein dingliches Nutzungsrecht im Sinne von § 4 Abs. 2
´Satz 1 VermG ist schließlich in dem Vertrag für die Überlassung eines volkseigenen
Grundstücks für Erholungszwecke vom 30. Januar 1989 zu erblicken, den die
Beigeladenen mit dem Rat der Stadt ... abgeschlossen hatten. Dieses vertraglich
vereinbarte Nutzungsrecht hatte keinen dinglichen Charakter, weil in § 5 Nr. 3 des
Vertrages ein einmonatiges Kündigungsrecht des Rechtsträgers bei schwerwiegenden
vertraglichen Verstößen des Nutzers eingeräumt wurde, was sich mit einer gefestigten
und damit verdinglichten Rechtsposition des Nutzers nicht vereinbaren lässt.
Der Anspruch auf Rückübertragung einer 841 m
2
großen Teilfläche ist jedoch gemäß § 3
Abs. 4 Satz 3 VermG untergegangen. Nach § 3 Abs. 4 Satz 2 VermG kann der
Berechtigte den Anspruch auf Rückübertragung noch geltend machen, wenn über das
Eigentum noch nicht wirksam verfügt worden ist. Anderenfalls steht ihm nur noch ein
Anspruch auf den Erlös zu (vgl. § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG). Dementsprechend erlischt der
Restitutionsanspruch nach § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG, wenn nach Inkrafttreten des
Vermögensgesetzes (29. September 1990) über das restitutionsbelastete Grundstück
wirksam verfügt worden ist oder wenn die Verfügung zwar vor Inkrafttreten des
Vermögensgesetzes getroffen, aber erst nach Inkrafttreten des Vermögensgesetzes
wirksam geworden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Mai 2005 - 8 C 1.04 - ZOV 2006, 34
sowie Beschluss vom 1. September 2004 - 7 B 47.04 -, Juris). Ein solcher Fall liegt hier
vor. Im Grundstückskaufvertrag vom 23. Juli 1990 wurde das streitbefangene Grundstück
bereits aufgelassen. Diese schwebend unwirksame Verfügung, der keine
Wirksamkeitsmängel anhafteten (insbesondere war das gesetzliche Verbot,
Volkseigentum zu verkaufen, nicht mehr in Kraft, s. Gesetz vom 21. Juni 1990, GBl DDR I
S. 331), wurde mit Erteilung der an das Grundbuchamt ... adressierten
Grundstücksverkehrsgenehmigung vom 25. November 1992 wirksam. Für das
Wirksamwerden dieser Genehmigung bedurfte es keiner zusätzlichen Bekanntgabe an
die Klägerin (vgl. zu den Wirksamkeitsvoraussetzungen einer
Grundstücksverkehrsgenehmigung: BVerwG, Urteil vom 25. Mai 2005, a. a. O, S. 35).
Keiner Entscheidung bedarf es, ob diese Genehmigung gegenüber der Klägerin
bestandskräftig geworden ist und von ihr noch erfolgreich angefochten werden kann.
Zwar kann der Rückübertragungsanspruch bei einer erfolgreichen Anfechtung der
Grundstücksverkehrsgenehmigung wiederaufleben (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. August
1997 - 7 C 63.96 - VIZ 1998, 378, 379). Das Gericht muss seiner Entscheidung die Sach-
und Rechtslage am Tag der mündlichen Verhandlung zugrunde legen. Danach liegt eine
wirksame Grundstücksverkehrsgenehmigung vor. Die Rechtswirkungen dieser
Genehmigung lassen sich nicht durch Vorschriften des Vermögensgesetzes, sondern
nur durch die Rechtsbehelfe überwinden, die die Rechtsordnung zum Schutz gegen
derartige Verwaltungsakte vorsieht.
Eine Aussetzung des Restitutionsklageverfahrens wegen Vorgreiflichkeit einer
abschließenden Entscheidung über einen Anfechtungswiderspruch gegen die
Grundstücksverkehrsgenehmigung ist nach § 94 VwGO nicht geboten. Dies wäre nur der
Fall, wenn ein Wiederaufleben des Rückübertragungsanspruchs absehbar ist (vgl.
BVerwG, Urteil vom 28. August 1997, a. a. O., S. 380), was wiederum davon abhängt, ob
der bzw. die Berechtigte gegen die Grundstücksverkehrsgenehmigung Widerspruch
eingelegt hat bzw. in absehbarer Zeit einlegen wird. Vorliegend hat die Klägerin, wie
unstreitig ist, keinen Widerspruch gegen die Grundstücksverkehrsgenehmigung
eingelegt. Derzeit deutet nichts darauf hin, dass sie dies in absehbarer Zeit zu tun
gedenkt. Sie weiß seit über sieben Jahren, dass eine Grundstücksverkehrsgenehmigung
erteilt worden ist und die Beigeladenen im Grundbuch eingetragen worden sind; der
Beklagte hat dies in der beabsichtigten Entscheidung vom 08. Januar 2001 ausdrücklich
erwähnt. Der damalige Verfahrensbevollmächtigte hat auf diese Anhörung schon am 16.
Januar 2001 reagiert, indessen nur auf eine seiner Ansicht nach fehlerhafte Handhabung
der Beweislastverteilung hingewiesen. Auch nachdem in dem Bescheid des Beklagten
vom 02. Juli 2001 erneut auf die Grundstücksverkehrsgenehmigung hingewiesen worden
war, blieb die Klägerin untätig, ebenso nach der Akteneinsicht ihres
Prozessbevollmächtigten im gerichtlichen Verfahren. Auch in der mündlichen
Verhandlung, in der die Frage, ob Widerspruch eingelegt worden ist, ausdrücklich
angesprochen wurde, hat die Klägerin nicht angekündigt, nunmehr die
Grundstücksverkehrsgenehmigung noch zu Fall bringen zu wollen. Vielmehr deutet der
Umstand, dass sie hilfsweise die Auskehr des Erlöses aus dem Grundstückskaufvertrag
vom 23. Juli 1990 begehrt, nicht auf eine derartige Absicht hin, setzt doch dieser
Anspruch gerade die Bestandskraft der Genehmigung voraus.
Eine Kostenentscheidung kann lediglich hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der
Beigeladenen ergehen. Insoweit beruht der Ausspruch auf §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3
VwGO. Es ist absehbar, dass die Beiladung vor der Entscheidung über den Hilfsantrag
55
VwGO. Es ist absehbar, dass die Beiladung vor der Entscheidung über den Hilfsantrag
aufgehoben wird. Aus diesem Grund war bereits im Teilurteil über die Kosten der
Beigeladenen zu entscheiden.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 Satz 2
VermG für eine Zulassung der Revision nicht vorliegen.
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