Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 23.03.2010

VG Frankfurt: uvg, rückforderung, berechtigter, anwendungsbereich, ratenzahlung, quelle, zivilprozessrecht, nichtigkeit, anzeige, reisepass

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Gericht:
VG Frankfurt 3.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 K 3959/09.F
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 6 Abs 4 UVG, § 1 Abs 1 UVG,
§ 5 Abs 2 UVG, § 42 S 1 SGB
10, § 5 Abs 1 Nr 1 UVG
Fehlerhafte Angabe der Ermächtigungsnorm bei
Rückforderung von Unterhaltsvorschussleistungen
Leitsatz
Die fehlerhafte Angabe von § 5 Abs. 2 UVG als Ermächtigungsnorm für die
Rückforderung von Unterhaltsvorschussleistungen ist unerheblich (§ 42 SGB X), wenn
sich die angefochtenen Bescheide auf § 5 Abs. 1 Nr. 1 UVG stützen lassen.
Tenor
Der Klägerin wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von
Rechtsanwältin H. aus Hanau bewilligt, soweit von ihr in den angefochtenen
Bescheiden vom 17.04.2009 und 10.11.2009 ein höherer Betrag als 2.505,- Euro
verlangt wird.
Im Übrigen wird der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Gründe
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat nur zu einem geringen Teil
Erfolg, weil zum ganz überwiegenden, aus dem Tenor ersichtlichen Teil die
beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, § 166
VwGO i. V. m. § 114 ff. ZPO.
Zwar weist die Klägerin in ihrer Klageschrift vom 30.11.2009 zutreffend darauf hin,
dass der Beklagte auf der Grundlage von § 5 Abs. 2 Unterhaltsvorschussgesetz –
UVG -, auf die der Beklagte seinen Bescheid vom 17.04.2009 und den
Widerspruchsbescheid vom 10.11.2009 stützt, von der Klägerin keine Leistungen
begehren kann. Nach § 5 Abs. 2 UVG hat – beim Vorliegen der sonstigen
Voraussetzungen – der Berechtigte den geleisteten Betrag zurückzuzahlen.
Berechtigter ist allerdings nach § 1 Abs. 1 UVG die Tochter der Klägerin, nicht aber
die Klägerin selbst.
Nach Maßgabe von § 42 S. 1 SGB X kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes,
der – wie hier – nicht nach § 40 nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden,
weil er unter Verletzung von Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist, wenn
keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Diese
Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die fehlende bzw. fehlerhafte Begründung eines
Verwaltungsaktes, was auch die fehlerhafte Angabe der konkreten
Ermächtigungsnorm beinhaltet (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 39 Rn 50) ist ein
vom Anwendungsbereich des § 42 SGB X erfasster Verfahrensfehler, der nicht zur
Nichtigkeit des Bescheides führt (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom
17.09.1987 – BverwGE 78, 101 (114)). Auch hätte in der Sache keine andere
Entscheidung ergehen können, denn das in den angefochtenen Bescheiden
monierte Verhalten der Klägerin, über die Unterhaltszahlungen des anderen
Elternteils den Beklagten nicht informiert zu haben, rechtfertigt die Rückforderung
geleisteter Beträge nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 UVG. Denn die Klägerin als der Elternteil,
bei dem die berechtigte Tochter G. lebt, hat die geleisteten Beiträge insoweit zu
ersetzen, als sie die Zahlungen der Unterhaltsleistungen dadurch herbeigeführt
hatte, dass sie eine Anzeige nach § 6 Abs. 4 UVG über leistungserhebliche
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hatte, dass sie eine Anzeige nach § 6 Abs. 4 UVG über leistungserhebliche
Umstände – die Unterhaltszahlungen des Kindsvaters – unterlassen hatte.
Allerdings ist die Rückforderung in den angefochtenen Bescheiden insoweit
rechtswidrig, als von der Klägerin ein höherer Betrag als 2.505,- Euro verlangt wird.
Denn zwei der vom Kindsvater belegten Transferleistungen von Geld über Western
Union waren nicht an die Klägerin gerichtet. Es handelt sich dabei um den Transfer
von 1.500,- Euro am 28.02.2008 (Bl. 59 BA) und den Transfer von 131,- Euro am
23.11.2007 (Bl. 61 BA). Diese beiden Transferleistungen waren an die Mutter des
Kindsvaters, Frau C. gerichtet. Empfängerin der übrigen 34 Überweisungen war die
Klägerin, wobei ihr allerdings am 05.02.2008 nicht 86,- Euro, sondern lediglich
85,50 Euro überwiesen wurden.
Diese Zuwendungen werden von der Klägerin letztlich auch nicht wirklich
bestritten, denn sie räumt in ihrer Klageschrift vom 30.11.2009 selbst ein, von
ihrer ehemaligen Schwiegermutter C., die 24 dieser 34 Überweisungen im Auftrag
des Kindesvaters tätigte, Geld erhalten zu haben. Wieso es sich dabei um
freiwilligen Zuwendungen Dritter gehandelt haben soll – gemeint ist wohl: für die
Klägerin persönlich – erscheint nicht nachvollziehbar und wird von der Klägerin
auch nicht weiter substantiiert. Da die Abholung des Geldes die Kontaktierung des
Absenders nach der Einzahlung mit dem Empfänger voraussetzt, bei der der
Überweisungsbetrag und in der Regel auch die Transaktionsnummer, die
sogenannte MTCN, mitgeteilt wird, hatte die Klägerin im Zeitraum Dezember 2005
bis März 2008 wohl 34 mal Kontakt mit dem Kindsvater sowie dessen Mutter, so
dass auch vor diesem Hintergrund die behaupteten Fehlvorstellungen der Klägerin
nicht nachvollziehbar erscheinen.
Soweit die Klägerin aus dem Umstand, dass die vom Kindsvater eingereichten
Belege teilweise nicht unterschrieben sind, den Schluss ziehen will, dass die
Zahlungsanweisungen überhaupt nicht ausgeführt worden seien, vermag sich dem
das beschließende Gericht nicht anzuschließen. Auf der Homepage von Western
Union (www.westernunion.de) wird unter dem Stichwort „Geld versenden“ dieser
Vorgang in 6 Schritten erläutert. Aus den einzelnen Schritten ergibt sich, dass ein
Reisepass oder Personalausweis vorgelegt werden muss (Schritt 3), aber keine
Unterschrift zu leisten ist. Nichts anderes ergibt sich aus der Homepage von
Western Union Italy (www.westernunion.it) unter dem Stichwort „send money“.
Schließlich ergibt sich aus dem Text neben der Zeile, die für die Unterschrift des
Einzahlenden vorgesehen ist (beispielhaft: Überweisung vom 03.04.2007 (Bl. 69
R)), dass der Kunde mit seiner Unterschriftsleistung bestätigt, die AGB gelesen,
verstanden und akzeptiert zu haben, darunter insbesondere deren Artikel 3, 4 und
8. Das Fehlen einer solchen Unterschrift berührt die Wirksamkeit der
Geldüberweisung nicht.
Aus den obigen Darlegungen ergibt sich, dass abweichend von der Anlage zu dem
Bescheid vom 17.04.2009 die Rückforderung für den Monat November 2007 auf
0,- Euro und die Rückforderung für den Monat Februar 2008 auf 85,50 Euro
festzusetzen ist. Daraus errechnet sich ein von der Klägerin zurückzufordernder
Betrag von 2.505,- Euro. Soweit sich die Klägerin dagegen wendet, fehlt ihrer Klage
die Erfolgsaussicht, sodass Prozesskostenhilfe zu versagen ist.
Soweit sich die Klägerin gegen den darüber hinausgehenden Betrag wendet, hat
die Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg, so dass der kostenarmen Klägerin
insoweit Prozesskostenhilfe zu gewähren ist.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.