Urteil des VG Düsseldorf vom 16.12.2010

VG Düsseldorf (antragsteller, niederlassung, dauer, information, antrag, sache, verfügung, verwaltungsgericht, unterrichtung, daten)

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 34 K 2416/10.PVL
Datum:
16.12.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
34. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
34 K 2416/10.PVL
Tenor:
1. Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Parteien den Rechts¬streit
übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.
2. Es wird festgestellt, dass der Beteiligte verpflichtet ist, die dem
Vorsitzen¬den des Antragstellers quartalsweise aktualisiert dauerhaft zu
überlassende Liste über alle Beschäftigten der Niederlassung E durch
die Angabe folgender Merkmale zu ergänzen:
Elternzeit und deren Dauer.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
I.
1
Der Antragsteller ist die Personalvertretung der Niederlassung E des C. Der C besteht
aus der Zentrale und acht Niederlassungen. Bei jeder dieser Dienststellen wird ein
eigener Personalrat gebildet. Übergreifend werden die Beschäftigten durch einen
Gesamtpersonalrat vertreten.
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Die Parteien streiten über den Umfang der Informationen, die der Beteiligte dem im
Bereich seiner Niederlassung eingerichteten Antragsteller in Personalangelegenheiten
zukommen lassen muss.
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Der Antragsteller hat am 10. April 2010 die Fachkammer angerufen.
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Er hat zunächst beantragt,
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1.
festzustellen, dass der Beteiligte verpflichtet ist, dem Vorsitzenden des
Antragstellers Einsicht in folgende Unterlagen zu gewähren:
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Die die Beschäftigten der Niederlassung E betreffende Bruttolohn- und
Gehaltsliste;
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2.
festzustellen, dass der Beteiligte verpflichtet ist, dem Vorsitzenden des
Antragstellers quartalsweise aktualisiert folgende Unterlagen in Kopie
dauerhaft zu überlassen:
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Eine Liste über alle Beschäftigten der Niederlassung E mit der Angabe
folgender Merkmale:
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2.1 Geburtsdatum bzw. Lebensalter,
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2.2 Eintrittsdatum bei den C oder Rechtsvorgänger,
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2.3 unbefristetes oder befristetes Beschäftigungsverhältnis,
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2.4 Teilzeitbeschäftigung oder Altersteilzeit, ja oder nein,
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2.5 Elternzeit und deren Dauer,
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2.6 Schwerbehinderung oder gleichgestellt,
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2.7 Dienstjubiläum, wann.
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Der Beteiligte hat in der Anhörung vom 18. November 2010 und danach mit Schriftsatz
vom 25. November 2010 zugesagt, dem Antragsteller künftig einen Teil der begehrten
Informationen zukommen zu lassen. Die Beteiligten haben daraufhin den Rechtsstreit
übereinstimmend zu den Anträgen zu 1. und 2.1, 2.2, 2.3 und 2.4 in der Hauptsache für
erledigt erklärt.
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Im Übrigen zu den Anträgen zu 2.5), 2.6) und 2.7) verfolgt der Antragsteller den
Feststellungsantrag weiter.
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Der Beteiligte beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte verwiesen.
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II.
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Die Entscheidung wird im schriftlichen Verfahren getroffen. Die Parteien haben sich
damit einverstanden erklärt (§ 83 Abs. 4 Satz 3 ArbGG).
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Im Umfang der wechselseitigen Erledigungserklärungen (zu den ursprünglichen
Anträgen zu 1., 2.1, 2.2, 2.3 und 2.4) wird das Verfahren eingestellt (§ 83a Abs. 2 Satz 1
ArbGG).
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A) Der Antrag zu 2.5 ist begründet. Der Antragsteller hat einen Anspruch darauf, dass
die ihm dauerhaft zu überlassende Liste der Beschäftigten der Niederlassung E um die
aktuelle Inanspruchnahme von Elternzeit nach Maßgabe der Elternzeitverordnung-
EZVO (für Beamte) bzw. des Bundesgesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (für
Arbeitnehmer) und deren Dauer ergänzt wird. Die von dem Antragsteller beanspruchte
Information ist zur Wahrnehmung seiner kollektiven Befugnisse aus §§ 62, 64 Abs. 2
Nr. 2 LPVG erforderlich.
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1.Der kollektive Auftrag an die Personalvertretung schließt dessen Information über die
Personalplanung und die Entwicklung von Stellenplänen und Stellenbesetzungsplänen
ein (vgl. über §§ 62, 64 LPVG und § 75 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 4 LPVG; vgl. ferner Beschluss
der Fachkammer vom 16. Dezember 2010, 34 K 1226/10). Zwar findet die
Personalplanung als Personalbedarfsplanung, Personalbeschaffungsplanung und
Personalentwicklungsplanung auf der überörtlichen betrieblichen Ebene des C für die
Zentrale und alle Niederlassungen insgesamt statt. Der Beteiligte führt deshalb nach
seinem unwidersprochenen Vortrag keine gesonderten Stellenpläne für die einzelnen
Niederlassungen. Soweit es dem Beteiligten als Dienststellenleiter an der Befugnis zur
Personalplanung mangelt, stehen entsprechende Informationsansprüche dem
Gesamtpersonalrat zu (§ 78 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 LPVG). Die Personaleinsatzplanung
ist jedoch der Natur der Sache nach zumindest auch Sache der einzelnen
Niederlassung. Sie weist in ihrem Zuständigkeitsbereich nach Bedarf und Aufgaben die
Dienstposten dem zur Verfügung gestellten Personal zu. Das geschieht durch einen
vorausschauenden Abgleich der vorhandenen und erwarteten Personalbereitstellung
mit den Tätigkeitsschwerpunkten der Niederlassung. In diesem Zusammenhang muss
(unter Umständen kurzfristig) einkalkuliert werden, welcher Beamte oder Arbeitnehmer
wegen Inanspruchnahme von Elternzeit nicht oder mit reduzierter Stundenzahl zur
Verfügung steht. Die Inanspruchnahme von Elternzeit und deren Dauer kann sich
vorübergehend, aber auch dauerhaft auf die Belastungssituation der verbliebenen
Vollzeitkräfte auswirken. Den dadurch möglichen Schieflagen beim Personaleinsatz
muss der Antragsteller im Vorfeld im Rahmen seiner allgemeinen Aufgaben zur
Überwachung der Behandlung aller Beschäftigten nach Recht und Billigkeit und zur
Beachtung der zugunsten der Beschäftigten geltenden Gesetze und Tarifbestimmungen
entgegen wirken können. Gerade weil der Beteiligte, wie er vorträgt, für die
Betriebseinheiten (die Niederlassungen) keine gesonderten Stellenpläne führt und für
sie gesondert auch keine echte Personalbedarfsberechnung anstellt, benötigt der
Antragsteller wenigstens diejenigen Basisinformationen, aus denen sich die
gegenwärtige Personalsituation als Summe der verfügbaren Arbeitskraft ablesen lässt.
Ohne Kenntnis auch des Beschäftigtenstandes in Elternzeit wäre das Bild unvollständig.
Da sich die Verhältnisse jederzeit ändern können, ist ein ständiger Überblick über die
Gewährung und die Dauer von Elternzeit erforderlich. Um die Situation in Ruhe prüfen
und überdenken und gegebenenfalls mit einzelnen Beschäftigten besprechen zu
können, muss der Personalratsvorsitzende ihn als Schriftstück in Listenform in die Hand
bekommen.
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2. Die Unterrichtung über Elternzeit und deren Dauer kann der Antragsteller ohne
besonderen Anlass periodisch aktualisiert verlangen. Die Beweggründe und Umstände
der Personalplanung und die Personaleinsatzplanung entziehen sich typischerweise
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dem Blick der Personalvertretung wie der Beschäftigten, so dass eine anlassbezogene
Information nicht ausreicht.
3. Für die Unterrichtung über in Anspruch genommene Elternzeit kann nichts anderes
gelten als für die Unterrichtung über befristete Beschäftigungsverhältnisse und
Altersteilzeit. Auch diese personalwirtschaftlich bedeutsamen Umstände wirken sich auf
Einsatz und Belastung aller Beschäftigten aus und berühren damit die kollektiven
Befugnisse des Antragstellers. Über Befristungen und Altersteilzeit informiert der
Beteiligte den Antragsteller in Listenform. Warum er Daten von vergleichbarer
Bedeutung für den Personaleinsatz, wie den Personalausfall wegen Elternzeit, zurück
halten will, leuchtet nicht ein.
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4. Die Angabe der Inanspruchnahme von Elternzeit durch einzelne Beschäftigte in den
dem Personalrat zur Verfügung gestellten Informationen scheitert nicht am
Persönlichkeitsschutz. Es geht dabei nicht um besonders sensible Daten, weil sie
einem Teil der Beschäftigten ohnehin bekannt sind (BVerwG, Beschluss vom 23. Januar
2002, 6 P 5/2001, PersR 2002, 201-205).
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5. Am Datenschutz scheitert der Informationsanspruch nicht. Das Informationsrecht des
Personalrates geht als bereichsspezifische Regelung des Dienstrechtes einem weiter
reichenden Datenschutz vor (BVerwG, Beschluss vom 22. Dezember 1993, 6 P 15.92,
PersV 1994, 523).
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B) Der Antrag zu 2.6 ist unbegründet. Es besteht kein Anspruch auf Ergänzung der
Beschäftigtenliste um Angaben zur Schwerbehinderung.
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Die Mitteilung über Schwerbehinderungen gehört zu den persönlichkeitsgeschützten
Daten, die dem Personalrat, wenn überhaupt, nur mit Zustimmung des Beschäftigten
bekannt gegeben werden dürfen (Cecior, Dietz, Vallendar, Lechtermann, Klein, Das
Personalvertretungsrecht in Nordrhein-Westfalen, Loseblattkommentar, Band I, § 65
Rdn. 9). Über etwaige Benachteiligungen reicht eine anlassbezogene Information aus,
zumal die Schwerbehinderten über eine gesonderte Vertretung verfügen. Es handelt
sich – anders als bei Lohn- und Gehaltsfragen und bei der Personalplanung und
Stellenverwaltung – nicht um einen Sachverhalt, der sich der Kontrolle der
Personalvertretung der Natur der Sache nach entzieht. Für Verstöße gegen die gesetz-
und tarifgemäße Behandlung von schwerbehinderten Menschen werden sich alsbald
Anhaltspunkte ergeben, die von den Betroffenen, Kollegen oder der
Schwerbehindertenvertretung an den Antragsteller herangetragen werden. Es reicht
aus, wenn der Antragsteller in derartigen Einzelfällen, die zudem nur selten vorkommen
werden, Informationen beanspruchen kann
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C) Der Antrag zu 2.7 ist unbegründet.
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Angaben über Dienstjubiläen als Ergänzung der Beschäftigtenliste sind nicht
erforderlich. Beteiligungstatbestände sind in diesem Zusammenhang nicht gegeben. Zu
einer dauerhaften Überwachung der Dienststelle, ob diese die mit einem Dienstjubiläum
verbundenen Vergünstigungen auch tatsächlich gewährt, ist der Antragsteller nicht
befugt. Deshalb liegt die Begründung des Antragstellers, er benötige die Angaben ohne
Anlass periodisch aktualisiert, weil der Beteiligte das Dienstjubiläum in einem Einzelfall
vergessen habe, genauso neben der Sache, wie die Einlassung des Beteiligten,
verhindern zu wollen, dass der Personalrat durch die begehrte Information in den Stand
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gesetzt werde, dem Jubilar zeitlich vor dem Dienststellenleiter zu gratulieren. Der
beiderseitige Vortrag zu diesem Punkt offenbart tiefgreifende Missverständnisse über
die Rechtspflicht zu vertrauensvoller Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 LPVG). Der Zweck
des Personalvertretungsrechtes liegt in der besseren Aufgabenerfüllung und in der
Förderung des Wohles der Beschäftigten, nicht darin, Konkurrenzkämpfe auszutragen.
Der Beteiligte wird den Antragsteller von Fall zu Fall rechtzeitig über ein anstehendes
Dienstjubiläum unterrichten und kann erwarten, dass ein Abgesandter des
Antragstellers zu einer vorgegebenen Zeit gemeinsam mit dem Dienststellenleiter zur
Gratulation erscheint.