Urteil des VG Düsseldorf vom 04.07.2002

VG Düsseldorf: schutz der gewässer, nachteilige veränderung, lwg, künftige nutzung, öffentliches recht, erwerb von grundstücken, abgrabung, gewinnung, grundwasser, aufschiebende wirkung

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 6 K 4306/99
Datum:
04.07.2002
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
6. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 K 4306/99
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden,
wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung
Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Tatbestand:
1
Die Klägerin, die xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx, ist ein Unternehmen, das die
Beschaffung, Gewinnung, Aufbereitung, Fortleitung und die Lieferung von Wasser zum
Gegenstand hat. An dem Stammkapital der GmbH sind unter anderem mehrere
kommunale Wasserwerke beteiligt. Die Klägerin wendet sich gegen den der
Beigeladenen erteilten Planfeststellungsbeschluss.
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Die Beigeladene betreibt im Kreis xxxxx in der Gemeinde xxxxx in xxxxxxxxxxxx bereits
seit 1969 den Abbau einer Kieslagerstätte. Auf Grund der bereits erfolgten Abgrabungen
ist ein rekultivierter Baggersee entstanden. Mit Schreiben vom 25. Oktober 1996
beantragte die Beigeladene die Herstellung eines Gewässers durch Abbau von Kies
und Sand westlich der bereits vorhandenen Fläche in der Gemarkung xxxxxxxx, Flur x,
Flurstücke x und xxx, xxx, xxx, xxx, xxx, xxx, xxx, xxx, xxx, xxx und xxx. Von dem
Vorhaben ist eine Fläche von rund 33 Hektar betroffen, die zur Zeit landwirtschaftlich
genutzt wird. Die Beigeladene plant die Förderung von Sand und Kies der quartären
Sedimente, im Umfang von ca. 4,9 Millionen Kubikmetern Kies und Sand. Die
Abbautiefe soll im Mittel ca. 22,5 Meter betragen.
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Das Vorhaben der Beigeladenen liegt im Geltungsbereich des
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Gebietsentwicklungsplanes für den Regierungsbezirk xxxxxxxxxx, der am 18. Juni 1986
(MBL NW 1986, 1172/GEP 86) bekannt gemacht worden ist. Außerdem liegt das
Vorhaben im Gebiet des Gebietsentwicklungsplanes für den Regierungsbezirk
xxxxxxxxxx vom 12. Oktober 1999 (GV NRW 1999, Seite 649/GEP 99). Im GEP 86 in
der Fassung vom 26. April 1992 (GV NW 17.06.1992, Seite 212) ist das Gebiet als
Bereich zum Schutz der Gewässer sowie als Erholungsbereich, Bereich zum Schutz der
Landschaft und als Bereich für die oberirdische Gewinnung von Bodenschätzen
ausgewiesen. Der Bereich westlich des bereits bestehenden Baggersees bis zur Straße
xxxx ist im Gebietsentwicklungsplan als Wasserfläche dargestellt. Der GEP 99 weist die
zur Abgrabung vorgesehene Fläche als Bereich für den Grundwasser- und
Gewässerschutz, als Bereich zum Schutz der Landschaft und landschaftsorientierten
Erholung und als Bereich zur Sicherung und zum Abbau oberflächennaher
Bodenschätze aus, wobei der Teil westlich des bestehenden Baggersees wie im GEP
86 ohne Änderung als Wasserfläche dargestellt ist.
Der Flächennutzungsplan der Gemeinde xxxxx vom 5. Dezember 1986 weist die in
Streit stehende Fläche zum Teil als Sonderbaufläche für Camping, Wasserflächen,
Aufschüttungen und Abgrabungen aus.
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Die Beklagte führte das Verfahren nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz
durch. Im Behördenbeteiligungsverfahren wies die Bezirksregierung xxxxxxxxxx mit
Schreiben vom 9. Dezember 1996 darauf hin, dass die beantragten Erweiterungsflächen
erheblich über den im gültigen Gebietsentwicklungsplan für den Regierungsbezirk
xxxxxxxxxx dargestellten Abgrabungsbereich hinausgehe. Die Abgrabungen seien
grundsätzlich innerhalb von Bereichen zur Gewinnung von oberirdischen
Bodenschätzen vorzunehmen.
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Mit Änderungsantrag vom 8. September 1997 reduzierte die Beigeladene die beantragte
Erweiterungsfläche auf den nunmehr streitigen Bereich dergestalt, dass die geplante
Abgrabung innerhalb der im GEP 86 ausgewiesenen Bereiche für die oberirdische
Gewinnung von Bodenschätzen liegt.
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Die Gemeinde xxxxx legte den Plan der Beigeladenen in der Zeit vom 11. Februar bis
zum 11. März 1997 aus. Mit Schreiben vom 20. März 1997 teilte die Klägerin der
Beklagten mit, dass sie gegen die beabsichtigte Erweiterung der Nassauskiesung
xxxxxxxxxxxx Widerspruch einlege. Die geplante Abgrabungserweiterung liege im
Einzugsgebiet der geplanten Trinkwassergewinnungsanlage xxxxxxxxxxxxxxxxxxxx.
Dieser Bereich sei auch im Gebietsentwicklungsplan-Entwurf des Regierungsbezirks
xxxxxxxxxx vom November 1996 als Grundwasser- und Gewässerschutzbereich
ausgewiesen. Als Reservegebiet für die zukünftige Trinkwasserversorgung der
Bevölkerung im Regierungsbezirk xxxxxx xxxx sollten diese Flächen weiterhin von
Nutzungen wie Nassabgrabungen und anderen wassergefährdenden Problemen
freigehalten werden. Die Klägerin wiederholte im Rahmen des
Planfeststellungsverfahrens im Erörterungstermin vom 10. September 1997 diese
Bedenken.
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Die Beklagte erließ am 25. Mai 1999 den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss,
den sie auf § 31 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushaltes
(Wasserhaushaltsgesetz - WHG -) in Verbindung mit den §§ 100, 104, 152 des
Wassergesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Landeswassergesetz - LWG -)
stützte, und stellte darin den Plan zur Herstellung eines Gewässers durch Abgrabung
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und Herrichtung (Rekultivierung) auf den Grundstücken Gemarkung xxxxxxxx, Flur x,
Flurstücke x, xxx, xxx, xxx, xxx, xxx, xxx, xxx, xxx, xxx, xxx, xxx fest.
Die Beklagte stellte der Klägerin den ergangenen Planfeststellungsbeschluss mit
Postzustellungsurkunde am 7. Juni 1999 zu.
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Die Klägerin hat am 28. Juni 1999 Klage erhoben.
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Darin macht die Klägerin geltend, dass das geplante Abgrabungsgebiet wesentlicher
Bestandteil eines der letzten großen Grundwasserreservegebiete sei, die sowohl im
rechtsverbindlichen Gebietsentwicklungsplan von 1986 als auch in dessen aktuellem
Entwurf dargestellt seien. Schon in dem vom Regierungspräsidenten xxxxxxxxxx 1980
in Auftrag gegebenen Gutachten „xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx" werde die
Notwendigkeit der Wassergewinnung im xxxxxxxxxxxxxxxx dargelegt. Die danach
vorgesehene stufenweise Realisierung habe bereits begonnen und sei vom Land
Nordrhein-Westfalen mit 26 Millionen DM gefördert worden. Der
Planfeststellungsbeschluss sei rechtswidrig. Dem Vorhaben der Beigeladenen stehe
ein zwingender Versagungsgrund entgegen, der nicht im Wege planerischer Abwägung
überwunden werden könne. Gemäß §§ 6, 31 Abs. 5 Satz 3 Wasserhaushaltsgesetz, §
100 Abs. 2 LWG sei die Zulassung des Gewässerausbaus zu versagen, wenn von
diesem eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit - insbesondere eine
Gefährdung der öffentlichen Wasserversorgung - zu erwarten sei, die nicht durch
Auflagen verhütet oder ausgeglichen werden könne. Qualität und Dargebot des
verfügbaren Grundwassers würden durch den Kiesabbau nachhaltig beeinträchtigt. Die
Auswirkungen durch die Freilegung des Grundwassers seien irreversibel. Außerdem
liege der Versagungsgrund des § 100 Abs. 3 Landeswassergesetz vor. Die Klägerin
habe dem Ausbau widersprochen. Es seien nachteilige Auswirkungen auf die
zukünftige Trinkwasserversorgung zu befürchten. Außerdem liege ein gravierendes
Abwägungsdefizit vor. Die Beklagte sei mit Blick auf die zuvor beschriebene
Gefährdung der öffentlichen Wasserversorgung schon von einem fehlerhaften
Grundansatz ausgegangen, denn sie habe unterstellt, der Abgrabungsbereich liege
nicht im geplanten Wasserschutzgebiet. Darin liege ein gravierender Abwägungsausfall.
Die Klägerin sei durch den rechtswidrigen Planfeststellungsbeschluss auch in ihren
subjektiv öffentlichen Rechten verletzt. Es entspreche ständiger höchstrichterlicher
Judikatur, dass sich die Unternehmen der Trinkwasserversorgung auf die
Wahrnehmung von Interessen für das öffentliche Wohl, jedenfalls soweit
wasserwirtschaftliche Belange betroffen seien, berufen könnten. Außerdem könne die
Klägerin das wasserrechtliche Rücksichtnahmegebot für sich in Anspruch nehmen, das
nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Drittschutz vermittele, wenn
und soweit Belange eines Dritten in qualifizierter und individualisierter Weise betroffen
seien. Zudem habe die Klägerin ein Recht auf gerechte Abwägung ihrer Belange.
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Die Klägerin beantragt,
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den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 25. Mai 1999 zu Gunsten der
Beigeladenen zur Herstellung eines Gewässers durch Abgrabung auf den
Grundstücken Gemarkung xxxxxxxx, Flur x, Flurstücke x, xxx, xxx, xxx, xxx, xxx, xxx, xxx,
xxx, xxx, xxx und xxx aufzuheben.
14
Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
16
Zur Begründung führt die Beklagte an, dass das Vorhaben im Gebietsentwicklungsplan
als Bereich für den Grundwasser- und Gewässerschutz mit überlagernder Darstellung
als Bereich für die oberirdische Gewinnung von Bodenschätzen dargestellt sei. Die
wasserwirtschaftlichen Fachbehörden hätten im Rahmen der Prüfung des Antrags keine
grundsätzlichen Bedenken gegen das geplante Vorhaben erhoben. Berücksichtigt
worden seien auch die besonderen Randbedingungen im Raum xxxxxxxxxxxxxx. Durch
bereits eingetretene und künftig zu erwartende Senkungen aus dem Salzbergbau seien
durch die xx xxx flurabstandsregulierende Maßnahmen durchzuführen. Es existiere
daher im bereits vorhandenen unmittelbar angrenzenden Abgrabungsgewässer eine
Grundwasserpumpanlage, welche jährlich bis zu 12 Millionen Kubikmeter Wasser über
das vorhandene Vorflutsystem dem Rhein zuführe.
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Im Rahmen der Abwägung sei die Beklagte zu dem Ergebnis gelangt, dass die
fachgesetzlichen Vorschriften eine Versagung der Planfeststellung nicht hätten tragen
können. Entgegenstehende öffentliche Belange wie Ziele der Raumordnung und
Landesplanung stünden dem Vorhaben nicht entgegen. Sowohl im bisher gültigen
Gebietsentwicklungsplan 1986 als auch im neu aufgestellten Gebietsentwicklungsplan
1999, der gerade genehmigt worden sei, sei der in Rede stehende Abgrabungsbereich
als Fläche für die oberirdische Gewinnung von Bodenschätzen dargestellt. In diesem
Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass, soweit der wasserwirtschaftliche Belang
bereits in die Zielaufstellung des Gebietsentwicklungsplanes eingeflossen (also
zurückgestellt worden) sei, dies nach herrschender Meinung im Zulassungsverfahren
durch die Wasserbehörde nicht mehr zur Versagung der Zulassung herangezogen
werden dürfe; das die Bodenschätzegewinnung ausweisende Ziel habe dann das
Zulassungshindernis („Belange der Wasserwirtschaft") bereits ausgeräumt.
18
Eine hier vorliegende privatnützige Planfeststellung sei in der Regel unzulässig, wenn
sie eine schädliche Verunreinigung des Grundwassers oder eine sonstige nachteilige
Veränderung seiner Eigenschaften besorgen lasse. Eine derartige Besorgnis sei immer
schon dann gegeben, wenn die Möglichkeit eines Schadenseintritts nach den
gegebenen Umständen und im Rahmen einer sachlich vertretbaren, auf konkreten
Feststellungen beruhenden Prognose nicht von der Hand zu weisen sei. Hierzu bedürfe
es einer einzelfallbezogenen Prüfung. Vorliegend habe zum Zeitpunkt der
Planfeststellung für den Bereich des „xxxxxxxxxxxxxxxxxx" keine
Wasserschutzgebietsverordnung im Sinne des § 19 WHG bestanden. Demgemäß
genüge für eine zwingende Versagung des Vorhabens nicht die abstrakte Erwägung,
dass jeder Erdaufschluss letztlich eine Verringerung der Erdschicht bewirke und damit
die Gefahr einer schädlichen Verunreinigung erhöhe. Tatsächliche Feststellungen, dass
das Vorhaben der Beigeladenen im Einzugsgebiet einer Wassergewinnungsanlage
liege und dass mögliche Verunreinigungen des Wassers im Bereich der geplanten
Auskiesung nach den konkreten Verhältnissen überhaupt im fassbaren Umfang zu der
Wassergewinnungsanlage gelangen könnten, ließen sich nicht treffen.
19
Die mit Beschluss vom 6. Juli 1999 Beigeladene beantragt,
20
die Klage abzuweisen.
21
Sie führt aus, sie habe von 1980 bis heute verwertbare Kiese und Sande in einer Menge
von 4,7 Millionen Kubikmetern gewonnen und das weitere gesamte Abbauvolumen
22
werde etwa 10,4 Millionen Kies und Sand betragen. Der Betrieb, in dem derzeit 12
Mitarbeiter eingesetzt seien, könne nach dem gegenwärtigen Planungsstand noch etwa
bis zum Jahre 2018 fortgeführt werden. Die Klage sei unbegründet, da dem Vorhaben
zwingende Versagungsgründe nicht entgegen stünden. Auf Grund der
regionalplanerischen Festsetzungen des im Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten
geltenden GEP 86 sei das Vorhaben zulässig. Auch in dem nunmehr aufgestellten GEP
99 sei das gesamte Abgrabungsgebiet parzellenscharf als Bereich für die oberirdische
Gewinnung von Bodenschätzen ausgewiesen und in beiden Karten sei der gesamte
Abgrabungsbereich xxxxxxxxxxxxx in blauer Farbe unterlegt worden, womit der
Endzustand des auf der gesamten Fläche durch die Abgrabung entstehenden offenen
Gewässers bereits kartografisch antizipiert werde. Durch das Abbauvorhaben der
Beigeladenen werde das „xxxxxxxxxxxxxxxx" nicht gefährdet. Das ergebe sich
insbesondere daraus, dass das aus dem Bereich der Auskiesung der Beigeladenen
abströmende Grundwasser durch die Sümpfungsmaßnahmen der xxxxx am östlichen
Rand des Baggersees von den Pumpanlagen angesogen und zusammen mit dem
Sümpfwasser in den Rhein gepumpt werde. Die Trinkwassergewinnungsanlagen im
westlich angrenzenden Bereich lägen somit nicht in der Fließrichtung.
Grundwasserabsenkungen, die im Übrigen auch bei der Trinkwassergewinnung
entstünden, würden bereits durch die Sümpfungsmaßnahmen der xxxxx bewirkt, die die
abgrabungsbedingten Grundwasserabsenkungen bei weitem überlagern würden.
Die Beigeladene hat im weiteren Verfahren mit Schreiben vom 7. Juni 2001 die sofortige
Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses vom 25. Mai 1999 beantragt. Zur
Begründung hat die Beigeladene ausgeführt, dass der Lagerstättenvorrat der zur Zeit
am Standort xxxxxxxx betriebenen Abgrabung bereits in etwa 18 Monaten, also
spätestens zum Ende 2002 erschöpft sein werde. Der laufende Betrieb werde gestört,
da zum Erhalt der Förder- und Aufbereitungsanlagen des Kieswerks notwendige
Investitionen nicht getätigt werden könnten, so lange über das Klageverfahren nicht
entschieden sei. Die Vorarbeiten auf der neuen Erweiterungsfläche könnten nicht
durchgeführt werden.
23
Mit Bescheid vom 18. Juni 2001 ordnete die Beklagte die sofortige Vollziehung des
Planfeststellungsbeschlusses an. Die Klägerin beantragte daraufhin, die aufschiebende
Wirkung der Klage vom 24. (28.) Juni 1999 wieder herzustellen (6 L 1700/01).
24
Während des laufenden Verfahrens ist die Ordnungsbehördliche Verordnung zum
Erlass einer Veränderungssperre zur Sicherung der Planung zur Festsetzung eines
Wasserschutzgebietes für das Einzugsgebiet einer Wassergewinnungsanlage im
xxxxxxxxxxx xxxx für die xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx (Wasserwerksbetreiber) vom
20. März 2002 erlassen worden. Die Verordnung legt einen sogenannten weiteren
Schutzbereich (potenzielle Wasserschutzzone III A, in dessen Bereich das streitige
Vorhaben liegt) und einen engeren Schutzbereich (potenzielle Wasserschutzzonen I
und II) fest.
25
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten sowie der Gerichtsakten im Verfahren 6 L 1700/01 und den Inhalt der den
Verfahren beigezogenen Verwaltungsvorgängen des Beklagten sowie der weiteren von
den Beteiligten vorgelegten Unterlagen und Pläne, namentlich auf die
Gebietsentwicklungspläne für den Regierungsbezirk xxxxxxxxxx GEP 86 und GEP 99
Bezug genommen.
26
Entscheidungsgründe:
27
Die Klage hat keinen Erfolg. Ihre Zulässigkeit erscheint schon fraglich (I), jedenfalls ist
sie in der Sache unbegründet (II.)
28
I.
29
Es ist zweifelhaft, ob die Klägerin über die erforderliche Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2
VwGO verfügt. Grundsätzlich lässt sich nach der obergerichtlichen Rechtsprechung der
öffentlich-rechtliche Nachbarschutz auch für den Bereich des Wasserrechtes nur aus
Rechtsvorschriften ableiten, die das individuell geschützte private Interesse Dritter und
die Art der Verletzung dieser Interessen hinreichend deutlich erkennen lassen,
30
vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Juli 1987 - 4 C 56.83 -, BVerwGE 78, 40 - NVwZ 1988, 250,
BVerwG, Urteil vom 3. Juli 1987 - 4 C 12.84 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 72,
OVG NRW, Urteil vom 10. September 1986 - 20 A 1503/84; vgl. Sieder-Zeitler-Dahme,
Kommentar zum Wasserhaushaltsgesetz, § 31 WHG RN 267 ff. m.w.N..
31
Soweit die Klägerin sich darauf beruft, dass der Planfeststellungsbeschluss gegen den
aus §§ 6, 31 Abs. 5 Satz 3 WHG, § 100 Abs. 2 LWG folgenden zwingenden
Versagungsgrund der Gefährdung der öffentlichen Wasserversorgung verstoße, da
Qualität und Dargebot des verfügbaren Grundwassers durch den Kiesabbau nachhaltig
beeinträchtigt werden könnten, ist dies ein Belang, den die Beklagte im öffentlichen
Interesse zum Wohl der Allgemeinheit zu berücksichtigen hat,
32
vgl. Czychowski, Kommentar zum Wasserhaushaltsgesetz, 7. Aufl., § 6 RN 21 ff.
33
§ 6 Abs. 1 WHG stellt allein auf das Wohl der Allgemeinheit ab und hat keinen
nachbarschützenden Charakter,
34
vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Juli 1987 - 4 C 56.83, s.o.; Sieder-Zeitler-Dahme,
Kommentar zum WHG, Stand 2001, § 6 RN 4c.
35
Zwar ist die Beklagte dabei im Planfeststellungsverfahren nicht gehindert, die Interessen
der Wasserversorger oder anderer privater Unternehmen mit in die Abwägung aller
Belange einzubeziehen und insoweit das ihr eingeräumte Planungsermessen
auszuüben. Vor diesem Hintergrund hat die Klägerin auch zu Recht ausgeführt, dass
die Beklagte auch die künftige Entwicklung der Wasserversorgung zu berücksichtigen
habe; daraus lässt sich umgekehrt aber kein subjektiv öffentliches Recht der Klägerin
ableiten, selbst die Belange der allgemeinen Trinkwasserversorgung geltend zu
machen.
36
Bedenken bestehen auch, ob sich die Klägerin auf § 100 Abs. 3 LWG berufen kann.
Nach § 100 Abs. 2 LWG ist die Zulassung des Gewässerausbaus unter anderem zu
versagen, wenn dem Ausbau nach § 100 Abs. 3 LWG widersprochen wird.
Widersprechen kann nach § 100 Abs. 3 LWG derjenige, der durch einen Ausbau, der
nicht dem Wohl der Allgemeinheit dient, nachteilige Wirkungen auf ein Recht oder
andere nachteilige Wirkungen zu erwarten hat, die nicht durch Nebenbestimmungen
verhütet oder ausgeglichen werden können. In dieser Hinsicht hat § 100 Abs. 3 LWG
drittschützende Wirkung,
37
vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Februar 1996 - 20 A 4019/92.
38
Ob die von der Klägerin geltend gemachten Einschränkungen bei der Planung
zukünftiger Wassergewinnungsanlagen nachteilige Wirkungen i. S. von § 100 Abs. 3
LWG oder im Sinne von § 27 Abs. 1 LWG sind, auf den weiterhin § 100 Abs. 4 LWG
verweist und dem ebenfalls drittschützende Wirkung zukommt, erscheint fraglich. Die
Klägerin ist nämlich weder Eigentümerin der zur Abgrabung vorgesehenen
benachbarten Grundstücke, noch betreibt sie bereits eine Wassergewinnungsanlage in
dem für die Abgrabung vorgesehenen Gebiet oder ist bereits Inhaberin eines
Wasserförderungsrechtes in diesem Bereich (vgl. hierzu §§ 100 Abs. 4, 27 Abs. 1 Nr. 4
LWG). Hinzu kommt, dass die xxxxx nach der vorgelegten Vereinbarung vom 22. Mai
1990 (vgl. 6 L 1700/01, Gerichtsakte Blatt 77) im Genossenschaftsgebiet u.a. die
Aufgabe hat, Wasser zur Trink- und Betriebswasserversorgung im Zusammenhang mit
der Regelung des Grundwasserstandes zu beschaffen und bereitzustellen, vgl. Ziffer
1.1. Nr. 6. der Vereinbarung vom 22. Mai 1990. Insofern ist auch unklar, wer in Zukunft
die Wasserförderung betreiben wird und Inhaber des Wasserrechtes sein wird. Vor
diesem Hintergrund berührt der Planfeststellungsbeschluss jedenfalls nicht eine bereits
durch die Klägerin betriebene Nutzung des Wasservorkommens in dem betroffenen
Bereich.
39
Dabei ist ebenfalls fraglich, ob es für Nachteile im Sinne von § 100 Abs. 3 oder § 27
Abs. 1 LWG ausreicht, dass die Klägerin in Zukunft eine Wassernutzung im xxxxxxxxxxx
xxxx plant und dafür bereits Standorte gesucht hat. Zweifel daran, dass eine künftige
Nutzung bereits ausreicht, um ein subjektiv öffentliches Recht zu begründen, bestehen
insbesondere im Hinblick darauf, dass das Fachplanungsrecht grundstücksbezogen ist
und damit davon ausgeht, dass sich grundsätzlich betroffene Grundstücksinhaber gegen
wesentliche Veränderungen wehren können,
40
vgl. Kühling/Herrmann, Fachplanungsrecht, 2. Auflage 2000, RN 608 ff.
41
Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in der oben angegebenen Entscheidung vom
15. Juli 1987 die wasserwirtschaftliche Bedeutung einer bestehenden oder
beabsichtigten Nutzung hervorgehoben. Daraus lässt sich aber angesichts des vom
Bundesverwaltungsgerichts entschiedenen Falles, in dem die Beigeladene bereits
Inhaberin der wasserrechtlichen Bewilligung war, nicht schließen, dass abstrakte,
künftige Planungen ausreichen, wenn der Wasserversorger noch nicht einmal Inhaber
einer wasserrechtlichen Bewilligung bzw. noch nicht Eigentümer oder sonst
Nutzungsberechtigter der in Betracht kommenden Grundstücke ist.
42
Ferner vermittelt zwar das subjektiv öffentliche Recht auf gerechte Abwägung der
jeweils betroffenen eigenen Belange Drittschutz,
43
vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1975 - IV C 21.74, BVerwGE 48, 56; OVG NRW,
Urteil vom 1. Februar 1996, s.o.; Sauthoff, BauR 2000, 195 ff. (214).
44
Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass das Vorhaben im Wasserreservegebiet liegt
bzw. - bzw. nach der GEP 86 Änderung im Jahr 1992 - dass das Vorhaben in einem
Gebiet liegt, das als Bereich zum Schutz der Gewässer ausgewiesen ist, erscheint
schon zweifelhaft, ob sie sich darauf im Sinne eines geschützten eigenen Belanges
berufen kann. Allein der Umstand, dass die Klägerin in dem ihr zugewiesenen Bereich
Aufgaben der öffentlichen Wasserversorgung wahrnimmt, dürfte ihr „wehrfähige" Rechte
45
zur Wahrung der allgemeinen Belange der Wasserversorgung nicht einräumen.
Hinzukommen muss zumindest auch, dass die Klägerin in den Belangen der
Wasserversorgung selbst hinreichend konkretisierbar nachteilig betroffen ist.
Auch die weiteren Darlegungen der Klägerin sind nicht geeignet, die Klagebefugnis
ohne weiteres zu bejahen. Zum überwiegenden Teil handelt es sich bei den von ihr
zitierten Entscheidungen um Fälle aus dem Gebiet des Fernstraßenrechtes (§ 17 Abs. 4
FStrG), bei dem sich Grundstücksanlieger gegen den Bau einer Straße wenden, so
dass diese Fallgestaltungen nicht vergleichbar sind. Auch der von der Klägerin
angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts,
46
BVerwG, Urteil vom 17. November 1972 - IV C 21.69, BVerwGE 41, 178,
47
liegt ein Fall aus dem Fernstraßenrecht zu Grunde, wobei die - dortige - Klägerin
Schutzauflagen für ihr Wasserwerk verlangt hatte. Das zeigt, dass in diesem Fall bereits
eine Wassergewinnungsanlage vorhanden war und nicht erst - wie hier - geplant war.
48
Dazu kommt, dass nach der Rechtsprechung,
49
vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 15. April 1977 - IV C 3.74, BVerwGE 52, 226 (im Hinblick
auf die Planungshoheit der Gemeinde)
50
nicht jede Planung für eine Klagebefugnis ausreicht, sondern diese hinreichend
konkretisiert sein muss, was - wie bereits dargelegt - noch nicht der Fall ist.
51
Insgesamt erscheint vor dem Hintergrund der aufgeworfenen Fragen das Vorliegen der
Klagebefugnis zweifelhaft, wobei die Fragen einer abschließenden Entscheidung nicht
bedürfen, da die Klage jedenfalls unbegründet ist.
52
II.
53
Die Klage ist nicht begründet. Die Aufhebung des angefochtenen
Planfeststellungsbeschlusses vom 25. Mai 1999 kommt nicht in Betracht, weil der
Planfeststellungsbeschluss die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1
Satz 1 VwGO).
54
Als von dem Vorhaben mittelbar betroffene Dritte kann die Klägerin keine umfassende
Überprüfung der objektiven Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des
Planfeststellungsbeschlusses verlangen. Entscheidungserheblich ist vielmehr allein, ob
der Planfeststellungsbeschluss zum Nachteil der Klägerin gegen Rechtsvorschriften
verstößt, die (auch) ihrem individuellen Schutz zu dienen bestimmt sind. Hierbei ist
ausschlaggebend auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Ergehens des
Planfeststellungsbeschlusses vom 25. Mai 1999 abzustellen,
55
vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Februar 1996 - 20 A 4019/92 -; OVG NRW, Urteil vom 10.
September 1986 - 20 A 1503/84 -. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 7. Januar 1994 -
10 S 1942/93 -, ZFS 1995, S. 153.
56
Im Rahmen der hier nur möglichen eingeschränkten Prüfung der Rechtmäßigkeit des
Planfeststellungsbeschlusses ist deshalb nur zu prüfen, ob dem Vorhaben der
Beigeladenen ein dem Schutz der Klägerin dienender zwingender Versagungsgrund
57
entgegensteht oder ob das Recht der Klägerin auf gerechte Abwägung ihrer rechtlich
geschützten eigenen Belange verletzt wird.
Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg auf § 100 Abs. 3 Landeswassergesetz Nordrhein-
Westfalen (LWG) berufen. Das Vorhaben der Beigeladenen dient hier nicht dem Wohl
der Allgemeinheit. Die Beigeladene verfolgt mit ihrem Vorhaben allein eigene
wirtschaftliche Interessen der Gewinnung von Kies und Sand. Hinsichtlich dieser
wirtschaftlichen Betätigung werden öffentliche Belange, sollten sie gegeben sein,
allenfalls entfernt und in einer Weise gefördert, die einen Eingriff in die Rechtsposition
Dritter nicht zulässt. Das Vorhaben ist in erster Linie an der Ausbeutung des Kies-
/Sandvorkommens orientiert, nicht aber an der Umsetzung von durch öffentliche
Interessen getragenen Planungen,
58
wie hier OVG NRW, Urteil vom 1. Februar 1996, s.o..
59
Durch die geplante Abgrabung sind hier aber weder in quantitativer noch in qualitativer
Hinsicht nachteilige Wirkungen für die Klägerin zu erwarten. Dabei verweist § 100 Abs.
4 LWG auf § 27 LWG, der im Hinblick auf Einwendungen Dritter „nachteilige Wirkungen"
eines Vorhabens aufzählt. Zu erwarten sind nachteilige Wirkungen, wenn sie im
Zeitpunkt der das Verfahren abschließenden Verwaltungsentscheidung annähernd
voraussehbar und nach anerkannter fachlicher Erkenntnis oder nach allgemeiner
Erfahrung hinreichend wahrscheinlich sind. An den Grad der Wahrscheinlichkeit sind
dabei um so geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der
möglicherweise eintretende Schaden ist,
60
vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Februar 1996, m.w.N., s.o..
61
Konkrete Anhaltspunkte, die hier über eine theoretisch denkbare Möglichkeit der
Schädigung der Grundwasserförderung hinaus einen bestimmten, abgrenzbaren
Nachteil für die Klägerin in diesem Sinne erwarten ließen, sind weder aufgezeigt
worden noch sonst ersichtlich. Keine der in § 27 LWG genannten Nachteile durch die
Benutzung, wie Veränderung des Wasserabflusses, Veränderung des Wasserstandes,
Beeinträchtigung der bisherigen Nutzung des Grundstücks, Entziehung des Wassers für
eine Wassergewinnungsanlage oder Erschwerung der Gewässerunterhaltung liegen
hier vor. Dabei lässt sich aus der in § 27 Abs. 1 Ziffer 4 LWG getroffenen Regelung
(Einwendungen kann auch erheben, wer dadurch Nachteile zu erwarten hat, dass durch
die Benutzung seiner Wassergewinnungsanlage das Wasser entzogen oder
geschmälert wird), umgekehrt der Schluss ziehen, dass jedenfalls noch nicht
konkretisierte künftige Planungen für Wassergewinnungsanlagen nicht geeignet sind,
derartige Einwendungen geltend zu machen.
62
So liegt der Fall hier. Die Klägerin hat bisher noch keine hinreichend konkreten
Planungen für neue Wassergewinnungsanlagen getroffen, sondern lediglich Standorte
dafür gesucht. Dazu verweist die Klägerin auf die konkretisierten Standortsuchbereiche
im Wasserreservegebiet xxxxxxxxx, Stand April 1999 (Beiakte Heft 3, Anlage 5). Daraus
geht hervor, dass insgesamt an 7 Stellen Standorte gesucht worden sind: westlich des
Vorhabens der Beigeladenen im Gebiet xxxxxxxxxxxxx und xxxx und nördlich des
Vorhabens im Gebiet xxxxxxxxxxxxxxxx, xxxxxxxxxxxxxx und xxxxxxxxxxxxx sowie
nordöstlich im Gebiet xxxx xxxxxxxxx. Über diese Standortsuche hinausgehende
konkretisierte Planungen der Klägerin auf der Grundlage abgesicherter
Bedarfsberechnungen in Bezug auf die künftige Nutzung des Grundwasservorkommens
63
sind jedoch weder im Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung, der den prognostischen
Ausgangspunkt bildet, noch im gerichtlichen Verfahren dargelegt oder erkennbar
geworden.
Allein das Ziel, sich zeitlich unbegrenzt alle denkbaren Optionen offen zu halten und
auch nur möglichen Mengenrisiken vorbeugend zu begegnen, findet in der subjektiven
Rechtsposition der Klägerin keine zureichende Stütze,
64
vgl. zu einem ähnlich gelagerten Fall: OVG NRW, Urteil vom 1. Februar 1996, s.o., Seite
16/17.
65
Konkrete Auswirkungen des Vorhabens der Beigeladenen auf die zukünftig
voraussehbar zu erzielende Grundwasserentnahmemenge hat die Klägerin auch nicht
substantiiert, bezogen auf die konkreten örtlichen Gegebenheiten benannt bzw.
mangels konkreter Planungen auch nicht benennen können.
66
Die Klägerin hat sich in diesem Zusammenhang auf das Planungsgutachten des
Regierungspräsidenten xxxxxxxxxx von Mai 1980 berufen, das jedoch die allgemeine
Wasserversorgungssituation Niederrhein umschreibt. Darin ist u.a. dargelegt, das dass
Feld von xxxxxxxxx weitgehend eben, dünn besiedelt und landwirtschaftlich genutzt sei.
Künftig seien auch hier einige Auskiesungen vorgesehen, die als offene Wasserflächen
erhalten werden sollten. Der Grundwasserstrom sei Nord-Nord-Ost auf den Rhein
gerichtet. In einer dritten Stufe 1995 solle das Feld von xxxxxxxxx mit 18 Mio. m³/a
ausgebeutet werden. Entwickele sich der prognostizierte Zusatz- Wasserbedarf nicht
wie erwartet, könnten durch zeitliche Verschiebung der Ausbaustufen enge
Anpassungen an den Wasserbedarf erfolgen und Überkapazität technischer Anlagen
verhindert werden. Außerdem verweist die Klägerin auf die im GEP-Entwurf gegebene
Begründung zur Sicherung der Wassergewinnung als besonderes regionales Projekt.
Die Wasserbilanz komme zu der grundsätzlichen Aussage, dass im Bezirk zwar keine
konkreten Mengenprobleme bestünden, statt dessen die Entwicklung der
Wasserqualität der letzten Jahre Anlass zur Besorgnis gebe. Daher sei die Sicherung
von Flächen für die künftige Wasserversorgung zur Daseinsfürsorge unbedingt
notwendig. Als letzte große Grundwasserreservegebiete seien die Gebiete xxxxxx,
xxxxx, xxxxxxx, xxxxxxxxx, xxxxxxxxxx und xxxxxxxxxxxx regionalplanerisch zu
schützen.
67
Anhand dieser Aussagen lassen sich konkrete nachteilige Auswirkungen des
Vorhabens der Beigeladenen auf die Wassergewinnung nicht feststellen. Dabei ist zu
berücksichtigen, dass das Planungsgutachten aus dem Jahr 1980 schon in die
Untersuchung eingestellt hat, dass weitere Auskiesungen vorgesehen sind, die als
offene Wasserflächen erhalten werden sollen. Außerdem wird dargelegt, dass konkrete
Mengenprobleme in dem Bezirk nicht bestehen und das nutzbare Dargebot der
einzelnen Ausbaustufen für die Wassergewinnung nicht voll ausgeschöpft werde,
sodass auch in dieser Hinsicht nachteilige Auswirkungen des Vorhabens der
Beigeladenen auf die geplante Wassergewinnung nicht festgestellt werden können.
68
Die Klägerin hat auch nicht konkret dargelegt, in welcher Hinsicht die geplante
Nassabgrabung in qualitativer Hinsicht die Wassergewinnung beeinträchtigt.
Abgesehen davon, dass konkrete Standorte für Wassergewinnungsanlagen noch nicht
feststehen, ist auch nicht zu erkennen, dass mögliche westlich des Vorhabens der
Beigeladenen geplante Wassergewinnungsanlagen im Hinblick auf die vorherrschende
69
Grundwasserfließrichtung Nord-Nord-Ost überhaupt von der Abgrabung nachteilig
betroffen wären. Die Wasserfließrichtung im gesamten xxxxxxxxxxxxxxxx wird nämlich
bereits durch die Sümpfungsmaßnahmen der xxxxx, des Salzbergbaus und anderer
Abgrabungen beeinflusst. Hinsichtlich der anderen Gebiete hat sich die Klägerin darauf
beschränkt, allgemeine Gefährdungsmomente einer Nassabgrabung für das
Grundwasser im Einzugsbereich einer Wassergewinnungsanlage anzuführen, ohne
unter Darlegung der konkreten Situation greifbare Ansatzpunkte dafür aufzuzeigen, dass
eine für sie schädliche Verunreinigung des Grundwassers oder eine sonstige für sie
nachteilige Veränderung seiner Eigenschaften nicht nur abstrakt denkbar ist, sondern
nach Lage der Dinge mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit bevorsteht.
Die dazu vorgelegten Gutachten, unter anderem der hydrologische Fachbeitrag
Wasserreservegebiet xxxxxxxxxxxxxxxx im Kreis xxxxx vom 5. Oktober 1999 der
xxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx sowie das Gutachten der Ingenieure
xxxxxxxxxxxxxxxxxxx zur wasserwirtschaftlichen Beurteilung von
Wasserschutzgebieten aus November/Dezember 1997 enthalten keine Angaben dazu,
inwieweit das Grundwasser konkret durch den geplanten Kiesabbau der Beigeladenen
beeinträchtigt wird. Die in diesen Gutachten jeweils dargelegten möglichen allgemeinen
Gefährdungen durch Abgrabungen für die Grundwasserversorgung sind im
Genehmigungsverfahren durch die Beklagte zu prüfen. Auf diese öffentlichen Belange
kann sich die Klägerin hingegen nicht berufen.
70
Soweit die Klägerin geltend macht, die Beklagte habe ihre abwägungsrelevanten
Belange verletzt, führt das ebenfalls nicht zum Erfolg der Klage. Zwar hatte die Beklagte,
da es an einem beachtlichen Widersprechen der Klägerin im Sinne des § 100 Abs. 2,
Abs. 3 Satz 1 LWG fehlte, über die Zulassung des Vorhabens unter umfassender
planerischer Abwägung der berührten öffentlichen und privaten Belange zu
entscheiden. Dabei hat die Klägerin aber grundsätzlich keinen Anspruch auf eine
gerechte Abwägung der Belange insgesamt, sondern nur auf gerechte Abwägung der
jeweils betroffenen eigenen Belange,
71
vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Februar 1996, s.o.; Kühling/Herrmann, s.o., RN 614.
72
Ein Verstoß gegen das (objektiv-rechtliche) Abwägungsgebot führt für sich alleine noch
nicht zu einer Verletzung des aus dem Abwägungsgebot abzuleitenden subjektiv-
öffentlichen Rechts auf gerechte Abwägung. Eine Missachtung der Belange Dritter oder
der Allgemeinheit kann der Klage daher nicht zum Erfolg verhelfen,
73
Kühling/Herrmann, s.o., RN 617.
74
Ausgehend von diesen Grundsätzen, bestehen erhebliche Bedenken, ob die Klägerin
sich überhaupt auf die Verletzung eigener abwägungsrelevanter Belange berufen kann.
Denn es ist bereits fraglich, ob die Beklagte - zu Gunsten der Klägerin - in die
Abwägung auch zukünftige, noch nicht verwirklichte Planungen einstellen musste,
wobei hier, wie oben bereits dargelegt, noch nicht einmal konkrete Standorte für
Wassergewinnungsanlagen vorgesehen sind und die Klägerin ersichtlich auch noch
nicht Eigentümerin der für die Wassergewinnung in Betracht kommenden Grundstücke
ist. Das kann hier offen bleiben, da ein Abwägungsfehler, der Rechte der Klägerin
berührt, ersichtlich nicht vorliegt.
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Das Abwägungsgebot verlangt, dass überhaupt eine Abwägung stattfindet, dass in die
76
Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge einzustellen ist und
dass weder die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt noch der Ausgleich
zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit
einzelner Belange außer Verhältnis steht,
vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1975 - 4 C 21.74 -, BVerwGE 48, 56.
77
Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss lässt die Anforderungen nicht zum
Nachteil der Klägerin außer Acht. Eine Ausblendung oder unvertretbare Fehlgewichtung
der zu Gunsten der Klägerin streitenden abwägungserheblichen Belange ist hier nicht
zu erkennen.
78
Die Beklagte hat in die Abwägung eingestellt, dass das Vorhaben nicht den
Festsetzungen des GEP 86 widerspricht. Der in Rede stehende Abgrabungsbereich im
GEP 86 ist, wovon die Beklagte zu Recht ausgeht, als Fläche für die oberirdische
Gewinnung von Bodenschätzen dargestellt. Die Beklagte hat dabei berücksichtigt, dass
die wasserwirtschaftlichen Belange bereits in die Zielvorgaben des
Gebietsentwicklungsplanes eingeflossen sind. In der textlichen Festsetzung des GEP
86 (B VI. Ziel 2) ist dargelegt, dass Mengen- und Qualitätsprobleme für das
Grundwasser sich zum Teil auch durch den Abbau von Kies und Sand ergeben. Die
abbauwürdigen Kiesvorkommen seien zugleich sehr gute Grundwasserleiter. Zwischen
Kiesabbau und Wasserwirtschaft bestehe daher ein Interessenkonflikt. Durch den
Kiesabbau könnten Grundwasserlandschaften und Qualität des verfügbaren
Grundwassers nachhaltig verändert werden. Besondere Probleme ergäben sich bei der
Nassabgrabung. Hier erhöhe sich durch das Freilegen des Grundwassers die Gefahr
der Verschmutzung. Um die gegenseitigen Beeinträchtigungen von
Trinkwassergewinnung und Abgrabung auszuschließen, würden künftig die „Bereiche
zum Schutz der Gewässer" und die Bereiche für die oberirdische Gewinnung von
Bodenschätzen mit Ausnahme größerer schon genehmigter Abgrabungen grundsätzlich
räumlich getrennt dargestellt. Ferner ist dargelegt (B VI 1 - 4.2), soweit
wasserwirtschaftliche Bereiche von anderen im Gebietsentwicklungsplan dargestellten
konkurrierenden Nutzungen überlagert werden, habe eine Abwägung der jeweiligen
Belange im Einzelfall in den fachgesetzlichen Verfahren zu erfolgen. Soweit die
Klägerin daraus und aus dem nachfolgenden Absatz „Sollte es im Einzelfall
unabweisbar sein, dass von den Zielsetzungen abgewichen werden muss, die
wasserwirtschaftlichen Bereiche von entgegenstehenden Nutzungen freizuhalten, so ist
im Rahmen detaillierter Untersuchungen nachzuweisen, dass der im Wasserrecht
vorgeschriebene Grundwasserschutz gewährleistet ist." (GEP 86 B VI 1-4.2) den
Schluss zieht, dass die Belange der Wasserwirtschaft grundsätzlich in diesem Bereich
vorrangig seien, kann dem so nicht gefolgt werden.
79
Die Erläuterungen zeigen, dass bei Aufstellung des GEP 86 die widerstreitenden
Interessen von Kies-Abbau und Wasserwirtschaft gesehen und miteinander abgewogen
wurden. Vor diesem Hintergrund ist in der zeichnerischen Darstellung (xxxxxxxxxxxx)
der streitige Bereich als Abgrabungsfläche und bereits den Endzustand
vorwegnehmend als Wasserfläche dargestellt worden. Damit hat der Plangeber bereits
die in Streit stehende Fläche bei der Planung als noch zulässige „Altabgrabung"
eingeordnet. Die im GEP 86 unter B VI als Ziel 2 (6. Spiegelstrich) formulierte Vorgabe,
dass in den Bereichen zum Schutz der Gewässer keine neuen Nassabgrabungen mehr
erfolgen sollen, steht daher dem Vorhaben nicht entgegen, da der Plangeber selbst für
das Gebiet schon eine Abwägung getroffen und dabei dem Kiesabbau an dieser Stelle
80
den Vorrang gegeben hat. Damit musste jedenfalls in dem hier vorliegenden Fall eine
weitere Abwägung der Belange der Wasserwirtschaft nicht mehr stattfinden, wenngleich
für andere Bereiche, die als Bereiche zum Schutz der Gewässer ausgewiesen sind,
durchaus eine weitere Abwägung im Einzelfall erforderlich sein mag. Wenn sich die
Beklagte hier auf diese bereits stattgefundene Abwägung der berührten Belange beruft,
ist das nicht zu beanstanden.
Darüber hinaus ist die Beklagte den das Grundwasser betreffenden Fragen unter
Einschaltung der zuständigen Fachbehörden nachgegangen und hat unter
Berücksichtigung der hierzu eingegangenen Stellungnahmen zum Schutz des
Grundwassers Nebenbestimmungen verfügt. Dabei sind auch die zu Gunsten der
Klägerin einzustellenden Gesichtspunkte nicht in einer zur Aufhebung des
Planfeststellungsbeschlusses führenden Weise verkannt worden. Die Beklagte hat im
Verfahren darauf hingewiesen, dass eine privatnützige Planfeststellung auch unzulässig
sei, wenn sie eine schädliche Verunreinigung des Grundwassers oder eine sonstige
nachteilige Veränderung seiner Eigenschaften besorgen ließe. Eine derartige Besorgnis
sei aber nicht schon immer dann gegeben, wenn die Möglichkeit eines
Schadenseintritts nach den gegebenen Umständen und im Rahmen einer sachlich
vertretbaren, auf konkreten Feststellungen beruhenden Prognose nicht von der Hand zu
weisen sei. Vorliegend bedürfe es des konkreten Nachweises, dass bei Zulassung des
Vorhabens die Möglichkeit eines solchen Schadenseintritts nicht von der Hand zu
weisen sei. Für die Annahme eines zwingenden Versagungsgrundes sei hier die
tatsächlichen Feststellung erforderlich, dass das Vorhaben der Beigeladenen im
Einzugsgebiet einer Wassergewinnungsanlage liege und dass mögliche
Verunreinigungen des Wassers im Bereich der geplanten Auskiesung nach den
konkreten Verhältnissen überhaupt im fassbaren Umfang zu der
Wassergewinnungsanlage gelangen könnten. Diese Feststellung lasse sich jedoch
nicht treffen. Ein ausreichend konkretes Planungsstadium liege hier demnach nicht vor.
81
Auch diese Erwägungen der Beklagten sind nicht zu beanstanden. Wie bereits
ausgeführt, ist der Erwerb von Grundstücken für Wassergewinnungsanlagen bzw. die
konkrete Planung einer Wassergewinnungsanlage bisher noch nicht erfolgt.
82
Der Einwand der Klägerin, es liege ein gravierender Abwägungsausfall vor, weil die
Beklagte davon ausgegangen sei, der Abgrabungsbereich liege nicht im geplanten
Wasserschutzgebiet, ist hier nicht berücksichtigungsfähig. Denn es handelt sich hierbei
um einen im öffentlichen Interesse zu berücksichtigenden wasserwirtschaftlichen
Belang, auf dessen Einhaltung sich die Klägerin aber nicht berufen kann, da er nicht
dem Schutz gerade der Klägerin zu dienen bestimmt ist.
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Soweit die Klägerin geltend macht, die Beklagte hätte bei der gebotenen
Abwägungsentscheidung § 44 Abs. 2 LWG beachten müssen, kann das nicht zu einer
anderen rechtlichen Bewertung führen. § 44 Abs. 2 LWG enthält das festgeschriebene
Privileg der öffentlichen Wasserversorgung bei der Nutzung von Grundwasser. Damit ist
ein öffentlicher Belang, der von der Beklagten zu beachten ist, geregelt, § 44 Abs. 2
LWG dient jedoch nicht dem Schutz der Klägerin.
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Ein Abwägungsausfall liegt nicht vor, da die Beklagte die Belange der Klägerin in ihre
Abwägung eingestellt hat. Im Rahmen des der Beklagten zustehenden
Abwägungsermessens ist es nicht zu beanstanden, dass sie bei Abwägung der
unterschiedlichen Belange sich für eine Zulassung des Vorhabens entschieden hat.
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Angesichts des für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit des
Planfeststellungsbeschlusses maßgeblichen Zeitpunktes der Entscheidung der
Verwaltung ist die am 20. März 2002 ergangene ordnungsbehördlich Verordnung zum
Erlass einer Veränderungssperre zur Sicherung der Planung zur Festsetzung eines
Wasserschutzgebietes für das Einzugsgebiet einer Wassergewinnungsanlage im
xxxxxxxxxxxxxxxx für die xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx hier nicht von Bedeutung.
Sämtliche mit dem Erlass der Veränderungssperre verbundenen Fragen sind im
vorliegenden Verfahren nicht zu klären, sondern ggfs. dann, wenn die Beklagte im
Hinblick auf den Erlass der Veränderungssperre für die Beigeladene Maßnahmen
ableitet und umsetzt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO, die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711
ZPO.
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