Urteil des VG Düsseldorf vom 19.01.2011

VG Düsseldorf (eignung, beförderung, abteilung, amt, gespräch, zustimmung, fürsorgepflicht, aufgaben, land, zeitpunkt)

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 13 K 4141/10
Datum:
19.01.2011
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
13. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 K 4141/10
Schlagworte:
Fürsorgepflichtverletzung Schadensersatz Nichtbeförderung Personalrat
Tenor:
Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfah-
ren eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleis-tung
oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreck-baren
Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Voll-streckung
Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leis¬tet.
Die Klägerin macht Schadensersatz wegen unterlassener Beförderung geltend. Sie ist
im 0 1972 geboren, Beamtin im Dienst der Beklagten und seit März 1998
Verwaltungsoberinspektorin (Amt nach der Besoldungsgruppe A 10
Bundesbesoldungsordnung [BBesO]). Sie war zunächst als Prüferin beim Prüfdienst L
tätig.
1
Im Januar 2008 wurde bei der Beklagten die Stelle Sachgebietsleiter/in bzw.
Teamleiter/in im Bereich Prüfdienst am Dienstort H (Besoldungsgruppe A 12 BBesO)
ausgeschrieben. Nach Abschluss des Auswahlverfahrens wurden der Klägerin ab dem
1. Juni 2008 die Aufgaben einer Sachgebietsleiterin im Prüfteam H übertragen.
2
Unter dem 24. November 2008 teilte der Dienststellenleiter des Service-Zentrums H,
Herr C, der Abteilung W (dezentral) der Beklagten mit, in einvernehmlicher Abstimmung
mit der Klägerin sei vereinbart worden, ihre Erprobungsphase um ein halbes Jahr bis
zum 31. Mai 2009 zu verlängern. Diese Zeit werde benötigt, um ihre Kompetenz
insbesondere im Blick auf die Mitarbeiterführung zu vervollständigen und abzurunden.
Nach entsprechender Hilfestellung durch die Dienststellenleitung werde die Klägerin
ihre Funktion als Sachgebietsleiterin im Prüfdienst H uneingeschränkt ausüben können.
Ihrer Beförderung, die zum aktuellen Zeitpunkt nicht gerechtfertigt sei, würde dann nichts
mehr im Wege stehen.
3
Mit Schreiben vom 19. Februar 2009 teilte die Abteilung W (dezentral) der Abteilung
Verwaltung der Beklagten mit, nunmehr sei nach Mitteilung von Herrn C absehbar, dass
die Klägerin auch den besonderen Anforderungen an eine Führungskraft in Kürze
werde nachkommen können. Es werde daher gebeten, die Zustimmung des
Personalrats zur Beförderung nach A 11 BBesO einzuholen und die Klägerin damit zur
Verwaltungsamtfrau zu ernennen. Die Abteilung Verwaltung bat den Personalrat mit
Schreiben vom 27. Februar 2009, dort eingegangen am 2. März 2009, um Zustimmung
zur Ernennung der Klägerin ab dem 1. März 2009 zur Verwaltungsamtfrau. Der
Personalrat teilte der Geschäftsführung der Beklagten unter dem 5. März 2009, dort
eingegangen am selben Tage, mit, der Personalrat beabsichtige, der Maßnahme nicht
zuzustimmen und bitte um Erörterung gemäß § 66 Abs. 2 Satz 5
Landespersonalvertretungsgesetz (LPVG) innerhalb von zehn Arbeitstagen. Die
ebenfalls um Stellungnahme gebetene Gleichstellungsbeauftragte hatte unter dem
2. März 2009 ihr Einverständnis mit der beabsichtigten Beförderung der Klägerin erklärt.
4
Die Klägerin ist seit dem 11. März 2009 wegen Krankheit dienstunfähig.
5
Am 18. März 2009 teilte die Abteilung W (dezentral) der Abteilung Verwaltung mit,
Grund für die Haltung des Personalrats sei, dass die Klägerin nach Auffassung der
Mitarbeiter des Prüfdienstes ihre Aufgaben nicht so wahrnehme, wie dies erforderlich
sei. Die Angelegenheit solle zunächst mit der Klägerin besprochen werden. Es werde
gebeten, den Beförderungsantrag einstweilen nicht weiter zu verfolgen. Mit Schreiben
vom 27. März 2009 bat der Leiter der Abteilung W (dezentral) die Klägerin um ein
Gespräch. Er führte aus, für die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin seien möglicherweise
auch Gründe ursächlich, die im betrieblichen Umfeld zu suchen seien. Sollte das der
Fall sein, würde er gerne von der Klägerin Hintergründe erfahren. Nur so könne nach
einer Lösung gesucht werden. Das Gespräch, an dem auch der Ehemann der Klägerin
teilnahm, fand am 21. April 2009 statt.
6
Die Beklagte übertrug der Klägerin mit Schreiben vom 21. Dezember 2009 mit sofortiger
Wirkung die Aufgaben einer Sachbearbeiterin. Mit weiterem Schreiben vom
15. Januar 2009 führte die Beklagte aus, im Rahmen des Gesprächs, das im April 2008
stattgefunden habe, habe die Klägerin zum Ausdruck gebracht, dass sie an der
Fortführung der Tätigkeit in H nicht mehr interessiert sei. Daher solle die Stelle neu
ausgeschrieben werden. Dies sei Hintergrund der Mitteilung vom 21. Dezember 2009.
Sie werde nunmehr zum Service-Zentrum L "umgesetzt" und dort nach ihrer Genesung
als Sachbearbeiterin im Prüfdienst eingesetzt.
7
Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 3. März 2010, ihr den entstandenen und
zukünftig entstehenden finanziellen Schaden aufgrund der Nichtbeförderung in die
Besoldungsgruppe A 11/A 12 BBesO zu erstatten. Die Ablehnung ihrer Bewerbung sei
rechtswidrig gewesen. Ihr Bewerbungsverfahrensanspruch sei verletzt worden. Der
Personalrat sei nicht befugt, auf die Eignungsbeurteilung der Bewerberinnen Einfluss zu
nehmen. Die Beurteilungen der Bewerberinnen nach Eignung, Befähigung und
fachlicher Leistung unterliege allein dem Dienststellenleiter. Dagegen sei verstoßen
worden. Der Personalrat habe die Zustimmung wegen angeblicher Eignungsmängel
versagt. Das habe er nicht tun dürfen. Sie hätte wie vorgesehen befördert werden
müssen.
8
Die Beklagte erwiderte darauf unter dem 29. April 2010, der Personalrat habe den
9
Antrag auf Zustimmung zu der Beförderung nicht abgelehnt, sondern das
Erörterungsverfahren gemäß § 66 Abs. 2 Satz 5 LPVG mit dem Dienststellenleiter
eingeleitet. Noch bevor das Erörterungsverfahren habe durchgeführt werden können, sei
die Klägerin längerfristig erkrankt. Die Klägerin habe dann in einem persönlichen
Gespräch mitgeteilt, dass sie die ihr übertragene Tätigkeit einer Sachgebietsleiterin am
Standort H nicht mehr habe ausüben wollen. Diesem Wunsch sei mit Schreiben vom
21. Dezember 2009 Rechnung getragen worden. Dadurch habe sich eine Entscheidung
der Personalvertretung über den Beförderungsantrag erübrigt.
Die Klägerin hat am 29. Juni 2010 Klage erhoben. Ihr Begehren war zunächst
sinngemäß darauf gerichtet gewesen, sie so zu stellen, als ob sie am 1. März 2009 in
ein Amt der Besoldungsgruppe A 11 BBesO und zum 1. September 2009 in ein Amt der
Besoldungsgruppe A 12 BBesO befördert worden wäre. In der mündlichen Verhandlung
hat sie ihr Begehren unter teilweiser Klagerücknahme eingeschränkt.
10
Zur Klagebegründung wiederholt und vertieft sie ihre Ausführungen in dem Schreiben
vom 3. März 2010. Darüber hinaus führte sie aus:
11
Unter Berücksichtigung der Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz (GG) habe
sie befördert werden müssen. Hiervon sei anfänglich auch die Beklagte ausgegangen.
Das ergebe sich aus den Schreiben vom 24. November 2008 und 19. Februar 2009.
Danach habe einer Beförderung nichts mehr im Wege gestanden. Erst anlässlich der
Stellungnahme des Personalrates habe sich das geändert, ohne dass hierfür
nachvollziehbare Gründe ersichtlich wären. Es sei auf einmal - allerdings ohne nähere
Begründung - erklärt worden, dass sie ihre Aufgaben nicht so wahrnehme, wie dies
erforderlich wäre. Der Einwand, es mangele ihr an Führungskompetenz, sei sachlich
nicht begründet. Die Beklagte lege auch nicht dar, inwieweit dies konkret der Fall sein
solle.
12
Die Klägerin beantragt,
13
die Beklagte zu verurteilen, sie dienst-, besoldungs- und
versorgungsrechtlich so zu stellen, als ob sie am 1. April 2009 ein nach der
Besoldungsgruppe A 11 BBesO bewertetes Amt befördert worden wäre.
14
Die Beklagte beantragt,
15
die Klage abzuweisen.
16
Sie führt aus: Sie habe ihre der Klägerin gegenüber bestehende Fürsorgepflicht nicht
verletzt. Die Eignung der Klägerin zur Ausübung der Tätigkeit als Sachgebietsleiterin im
Prüfdienst habe letztendlich nicht endgültig festgestellt werden können. Den Schreiben
vom 24. November 2008 und 19. Februar 2009 lasse sich nicht entnehmen, dass die
Klägerin die zu stellenden Anforderungen bereits erfüllt gehabt habe. Sie enthielten eine
Erwartung, die leider nicht eingetreten sei. Vielmehr habe es der Klägerin letztendlich
an der Ausprägung zu den Führungskompetenzen gemangelt. Zwar obliege die
Leistungsbeurteilung dem Dienststellenleiter und nicht dem Personalrat. Allerdings
könne der Dienststellenleiter auf Hinweis des Personalrates die Eignung der Beamtin
überprüfen. So sei es auch im Falle der Klägerin gewesen.
17
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten einschließlich
der Personalakten Bezug genommen.
18
Entscheidungsgründe:
19
Soweit die Klägerin die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen hat, ist
das Verfahren einzustellen, § 92 Abs. 3 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
20
Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber nicht begründet.
21
Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte sie dienst-, besoldungs-
und versorgungsrechtlich so stellt, als ob sie am 1. April 2009 in ein nach der
Besoldungsgruppe A 11 BBesO bewertetes Amt befördert worden wäre, § 113 Abs. 5
Satz 1 VwGO entsprechend.
22
Eine Beamtin kann von ihrem Dienstherrn Ersatz des ihr durch die Nichtbeförderung
entstandenen Schadens verlangen, wenn ein für den Dienstherrn handelnder
Amtswalter oder eine andere Person, deren sich der Dienstherr bedient, um seiner
Fürsorge- und Schutzpflicht zu genügen, diese Pflicht verletzt hat, der entstandene
Schaden durch die Pflichtverletzung adäquat kausal verursacht und die
Pflichtverletzung schuldhaft erfolgt ist. Anerkannt ist ein solcher
Schadensersatzanspruch bei Beförderungsstreitigkeiten, wenn der
Bewerbungsverfahrensanspruch oder eine dem Dienstherrn obliegende Belehrungs-
bzw. Beratungspflicht verletzt worden ist.
23
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 2. Juli 2007
1 A 1920/06 , juris, Rdn. 34 ff. m.w.N.
24
Im Falle der Klägerin geht es nicht um eine möglicherweise vorliegende Verletzung des
Bewerbungsverfahrensanspruchs.
25
Eine Beamtin hat ein Recht darauf, dass der Dienstherr bzw. der für diesen handelnde
Dienstvorgesetzte eine rechtsfehlerfreie Entscheidung über die Vergabe des
Beförderungsamtes trifft. Dieser Bewerbungsverfahrensanspruch ist vor allem darauf
gerichtet, dass die Auswahl nach dem durch Art. 33 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich
verbürgten und in § 9 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) und § 20 Abs. 6 Satz 1
Beamtengesetz für das Land Nordrhein (Landesbeamtengesetz LBG) einfachgesetzlich
konkretisierten Grundsatz der Bestenauslese materiell-rechtlich richtig vorgenommen
wird, die Entscheidung sich mithin nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung
richtet. Die Ausrichtung der Auswahlentscheidung an diesen Grundsätzen schließt es
ein, dass sie auch verfahrensrechtlich richtig ergeht, also (in aller Regel) maßgeblich an
Regel- oder Bedarfsbeurteilungen anknüpft, ggf. in Wahrnehmung des insoweit
bestehenden Organisationsermessens aufgestellte Qualifikationsmerkmale
(Anforderungsprofile) berücksichtigt und nachvollziehbar in Beachtung des Grundsatzes
der Bestenauslese getroffen wird.
26
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom
14. Mai 2002 1 B 40/02 , NWVBl. 2003, 14 (15), vom 23. Juni 2004 - 1 B 455/04 ,
NWVBl. 2004, 463 f., und vom 16. Dezember 2004 - 1 B 1576/04 , IÖD 2005, 230,
jeweils m.w.N.. Vgl. auch Wittkowski, NJW 1993, S. 817.
27
Hier steht eine eventuell vorliegende Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs
nicht in Rede, weil das Bewerbungsverfahren bereits im Juni 2008 abgeschlossen
worden war. Nachdem die Auswahlentscheidung zugunsten der Klägerin getroffen
worden war, wurde ihr der ausgeschriebene Dienstposten mit Wirkung ab dem 1. Juni
2008 übertragen. Dagegen wendet sich die Klägerin auch nicht.
28
Desweiteren kann eine im vorliegenden Zusammenhang bedeutsame
Fürsorgepflichtverletzung nicht festgestellt werden, soweit die Klägerin geltend macht,
der Personalrat habe unbefugt auf ihre Eignungsbeurteilung Einfluss genommen.
29
Zu den Befugnissen des Personalrats insoweit: Wittkowski, NJW 1993, S. 817 (820).
30
Dabei kann offenbleiben, ob der Personalrat hier seine Befugnisse tatsächlich
überschritten hat. Immerhin kann er seine Zustimmung u.a. verweigern, wenn die
Maßnahme rechtwidrig ist, nämlich gegen ein Gesetz oder eine Verordnung verstößt,
§ 66 Abs. 3 Nr. 1 LPVG. Ein solcher Verstoß liegt etwa dann vor, wenn der Dienstherr -
unter Überschreitung seines ihm insoweit zustehenden Beurteilungsspielraums - die
Eignung einer Beamtin bejaht, obschon das unter sachlichen Gesichtspunkten
schlechthin nicht gerechtfertigt ist. Jedenfalls kommt es darauf deswegen nicht an, weil
es sich bei dem Personalrat nicht um einen für den Dienstherrn handelnden Amtswalter
oder eine andere Person, deren sich der Dienstherr bedient, um seine Fürsorge- und
Schutzpflicht zu genügen, handelt. Ein etwaiges seine Befugnisse überschreitendes
Verhalten des Personalrates kann im vorliegenden Zusammenhang somit nicht der
Beklagten zugerechnet werden.
31
Auch im Übrigen kann das Gericht nicht feststellen, dass die Beklagte der Klägerin
gegenüber ihre Fürsorgepflicht in erheblicher Weise verletzt hat. In Betracht zu ziehen
wäre zwar eine Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin zum 1. April 2009 (oder zu
einem späteren Zeitpunkt) in ein nach der Besoldungsgruppe A 11 BBesO bewertetes
Amt zu befördern bzw. das auf diese Beförderung gerichtete Mitbestimmungsverfahren
nach dem LPVG zu betreiben. Eine schuldhafte Fürsorgepflichtverletzung der für die
Beklagte als Amtswalter handelnden Vorgesetzten der Klägerin liegt jedoch insoweit
nicht vor.
32
Nachdem die Auswahlentscheidung zugunsten der Klägerin getroffen und ihr der
ausgeschriebene Dienstposten mit Wirkung ab dem 1. Juni 2008 übertragen worden
war, hatte sich die Beklagte - soweit ersichtlich - darauf festgelegt, die Klägerin in ein
Amt der Besoldungsgruppe A 11 BBesO zu befördern - allerdings unter der
Voraussetzung, dass ihre Eignung für den Dienstposten in einer Erprobungszeit
festgestellt worden sein würde. Das steht in Übereinstimmung mit § 10 Abs. 4 Satz 1
und 3 Buchst. b) Laufbahnverordnung (LVO), wonach der Beamte vor der Feststellung
der Eignung für einen höher bewerteten Dienstposten in einer Erprobungszeit, die in
Laufbahnen des gehobenen Dienstes sechs Monate beträgt, nicht befördert werden darf.
33
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Entscheidung über die Eignung für einen höher
bewerteten Dienstposten ein dem Dienstherrn vorbehaltener Akt wertender Erkenntnis
ist. Dem Dienstherrn steht insoweit ein Beurteilungsspielraum zu. Die gerichtliche
Nachprüfung hat sich darauf zu beschränken, ob der Dienstherr den anzuwendenden
Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat,
ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige
34
Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat.
Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, etwa Beschluss vom
4. November 2010 1 A 3294/08 , juris, Rdn. 9, m.w.N.
35
Nur bei Vorliegen besonderer Umstände kann in Betracht kommen, dass der
Beurteilungsspielraum auf eine einzige Entscheidungsalternative, nämlich die Eignung
zu bejahen bzw. die Eignung zu verneinen, geschrumpft ist.
36
Weiter ist zu beachten, dass der Dienstherr nach Feststellung deren Eignung für den
höher bewerteten Dienstposten die Beförderung erst vornehmen darf, wenn die übrigen
gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, insbesondere das in §§ 66, 72 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 LPVG vorgeschriebene Mitbestimmungsverfahren durchgeführt worden ist.
Schließlich ist rechtlich auch nicht zu beanstanden, wenn das Beförderungsverfahren
(und damit das Mitbestimmungsverfahren) zunächst einmal nicht weiter betrieben wird
mit Rücksicht auf den Umstand, dass sich ein sachlich begründeter Klärungsbedarf
ergeben hat.
37
Dieses zugrundegelegt, war die Beklagte schon allein deshalb rechtlich daran
gehindert, die Klägerin zum 1. April 2009 (oder zu einem späteren Zeitpunkt) in ein nach
der Besoldungsgruppe A 11 BBesO bewertetes Amt zu befördern, weil das
Mitbestimmungsverfahren nach §§ 66, 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LPVG nicht zu Ende
durchgeführt worden war. Die Beklagte hat ihre der Klägerin gegenüber bestehende
Fürsorgepflicht aber auch nicht dadurch verletzt, dass sie dieses
Mitbestimmungsverfahren nicht weiter betrieben hat mit der Folge, dass dieses
Verfahren nicht abgeschlossen werden konnte.
38
Wie sich aus dem Schreiben des Leiters der Abteilung W (dezentral) vom 27. März 2009
ergibt, war bei der Beklagten die Vermutung aufgetreten, dass für die Erkrankung der
Klägerin, wegen der diese seit dem 11. März 2009 arbeitsunfähig war, möglicherweise
auch Gründe ursächlich waren, die im betrieblichen Umfeld des Dienstpostens der
Klägerin in H zu suchen waren. Dass es für diese Vermutung keinen sachlichen
Anknüpfungspunkt gab, wird auch von der Klägerin nicht geltend und ist auch sonst
nicht ersichtlich. Damit lag auf der Hand, dass sich die Frage nach der -
gesundheitlichen, aber auch fachlichen - Eignung der Klägerin für den in Rede
stehenden Dienstposten erneut stellte. Wenn die Beklagte in dieser Situation als Erstes
die näheren Umstände ermitteln wollte und bis zu einer Klärung der Angelegenheit das
auf die Beförderung der Klägerin zielende Mitbestimmungsverfahren nach dem LPVG
vorerst nicht weiter betrieben hat, kann das daher nicht als fürsorgepflichtwidrig
angesehen werden.
39
Im Ergebnis nichts Anderes gilt, soweit die Beklagte das Mitbestimmungsverfahren auch
nicht fortgeführt hat, nachdem das durch das Schreiben vom 27. März 2009 angeregte
Gespräch am 21. April 2009 stattgefunden hatte. Es kann nämlich für die Zeit nach
diesem Gespräch nicht festgestellt werden, dass die Beklagte die Eignung der Klägerin
für den in Rede stehenden höher bewerteten Dienstposten zwingend hätte bejahen
müssen und somit im Rahmen der ihr obliegenden Fürsorgepflicht gehalten gewesen
wäre, die Beförderung der Klägerin zu betreiben. Eine Schrumpfung des
Beurteilungsspielraumes, der der Beklagten bei Entscheidung über die Eignung
grundsätzlich zukommt, scheidet hier zumindest, was die gesundheitliche Eignung der
Klägerin angeht aus. Denn die Klägerin war mittlerweile seit mehr als fünf Wochen
40
dienstunfähig krank, und es war, soweit ersichtlich, auch nicht erkennbar, wann ihre
Dienstfähigkeit wieder hergestellt sein würde.
Da nach alledem aus den dargelegten Gründen eine Fürsorgepflichtverletzung der
Beklagten nicht festgestellt werden kann, kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin für
den in Rede stehenden höher bewerteten Dienstposten fachlich geeignet war und
welche Bedeutung in diesem Zusammenhang etwa den Schreiben vom 24. November
2008 und 19. Februar 2009 zukommt. Auf das sich auf diesen Punkt beziehende,
streitige Vorbringen der Beteiligten braucht das Gericht deswegen nicht einzugehen.
41
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO.
42
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils ergibt sich aus § 167
Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 Zivilprozessordnung.
43