Urteil des VG Düsseldorf vom 06.01.2000

VG Düsseldorf: aufschiebende wirkung, wiedereinreise, bundesamt, staat, rückübernahme, haftentlassung, bekanntgabe, abschiebungshaft, visum, anerkennung

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 9 K 7813/99.A
Datum:
06.01.2000
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
9. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 K 7813/99.A
Tenor:
Der Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer
Flüchtlinge vom 15. Oktober 1999 wird aufgehoben, soweit dem Kläger
unter Ziffer 4 des Bescheides für den Fall einer erneuten unerlaubten
Wiedereinreise in die Bundesrepublik Deutschland die Abschiebung
angedroht worden ist; im übrigen wird die Klage wird als offensichtlich
unbegründet abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben
werden, trägt der Kläger.
Tatbestand:
1
Der ausweislich seines türkischen Reisepasses und seines türkischen
Personalausweises aus dem Ort Eskiyaylacik, Kreis Gülsehir, Provinz Nevsehir
stammende Kläger ist türkischer Staatsangehöriger türkischer Volkszugehörigkeit. In
dem Reisepaß befinden sich lediglich zwei Stempel >Visum beantragt am 24. Februar
1999 sowie Visum beantragt am 20. Mai 1999.
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Der Kläger wurde am 3. Oktober 1999 in T nach einer Personenkontrolle wegen des
Verdachts illegalen Aufenthalts polizeilich festgenommen. Bei seiner
Beschuldigtenvernehmung am darauffolgenden Tag ließ er sich im wesentlichen dahin
ein, erst seit neun oder zehn Tagen in Deutschland bei seiner Cousine C1 zu wohnen
und sich zuvor drei Wochen lang in Frankreich aufgehalten zu haben, wo er einen
Asylantrag gestellt habe. Diesen habe er vorsorglich für den Fall gestellt, daß es nicht
zu einer erstrebten Eheschließung mit einer in Deutschland lebenden jungen Türkin
komme. In der Türkei habe er sich keine vernünftige Existenz aufbauen können.
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Auf Antrag der Ausländerbehörde T ordnete das Amtsgericht Solingen durch Beschluß
vom 4. Oktober 1999 - 8 XIV 5727/99 - für die Dauer von bis zu drei Monaten mit
sofortiger Wirksamkeit die Abschiebungshaft an. Mit Ordnungsverfügung vom 5. Oktober
1999 drohte die Ausländerbehörde T dem Kläger die Abschiebung an.
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Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 11. Oktober 1999 stellte der in Abschiebungshaft
befindliche Kläger einen Asylantrag. Wegen der Begründung des Asylbegehrens wird
Bezug genommen auf den Inhalt dieses Schriftsatzes und des Anhörungsprotokolls des
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Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge - Bundesamt - vom 13.
Oktober 1999. Wegen der weiteren Einzelheiten des Verfahrens wird auf den übrigen
Inhalt des betreffenden Verwaltungsvorgangs des Bundesamtes Bezug genommen.
Diesen Asylantrag lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 15. Oktober 1999 unter
Ziffer 1. als offensichtlich unbegründet ab, stellte unter Ziffer 2. fest, daß die
Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 des Ausländergesetzes - AuslG - offensichtlich nicht
vorlägen, stellte unter Ziffer 3. fest, daß Abschiebungshindernisse nach § 53 des
Ausländergesetzes - AuslG - nicht vorlägen, und entschied unter Ziffer 4 des
Bescheides:
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Der Antragsteller wird nach Ablauf einer Woche nach Bekanntgabe dieser
Entscheidung aus der Haft heraus in die Türkei abgeschoben. Der Antragsteller kann
auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den er einreisen darf oder der zu
seiner Rückübernahme verpflichtet ist.
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Für den Fall der Haftentlassung wird der Antragsteller aufgefordert, die Bundesrepublik
Deutschland innerhalb von einer Woche nach Bekanntgabe dieses Bescheides zu
verlassen. Sollte der Antragsteller die Ausreisefrist nicht einhalten, wird er in die Türkei
abgeschoben. Der Antragsteller kann auch in einen anderen Staat abgeschoben
werden, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist.
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Dem Antragsteller wird ferner die Abschiebung für den Fall einer erneuten unerlaubten
Wiedereinreise in die Bundesrepublik Deutschland angedroht.
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Am 28. Oktober 1999 hat der Kläger aufgrund entsprechend lautender
Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides beim Verwaltungsgericht Ansbach hiergegen
Klage erhoben - AN 20 K 99.33134 - und einen Antrag auf Anordnung der
aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt - AN 20 S 99.33133 - . Jeweils mit Beschluß
vom 11. November 1999 hat sich das Verwaltungsgericht Ansbach für örtlich
unzuständig erklärt und den jeweiligen Rechtsstreit an das erkennende Gericht
verwiesen.
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Mit Beschluß vom 14. Dezember 1999 - 9 L 3870/99.A - hat das erkennende Gericht die
aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet, soweit dem Kläger mit Bescheid des
Bundesamtes vom 15. Okto-ber 1999 unter Ziffer 4. für den Fall einer erneuten
unerlaubten Wiedereinreise in die Bundesrepublik Deutschland die Abschiebung
androht worden ist, und im übrigen den Antrag abgelehnt. Wegen der Gründe wird auf
den Inhalt des Beschlusses verwiesen.
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Wegen der Klagebegründung wird auf den Inhalt der klägerischen Schriftsätze nebst
Anlagen Bezug genommen.
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Am 21. Dezember 1999 ist der Kläger auf dem Luftweg in die Türkei abgeschoben
worden.
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Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15.10.1999, Az. 2509530-163,
zugestellt am 21.10.1999, zu verurteilen, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen
und festzustellen, daß die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, hilfsweise
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festzustellen, daß Abschiebungshindernisse gemäß § 53 AuslG vorliegen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
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die Klage abzuweisen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes und der
Ausländerbehörde Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Aufgrund entsprechender Erklärungen des Klägers und der Beklagten hat das Gericht
gemäß §§ 87a Abs. 2 und 3, 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch den
Berichterstatter entscheiden können.
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Die zulässige Klage ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen geringen Umfang
begründet, im übrigen offensichtlich unbegründet.
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Der angegriffene Bescheid ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen geringen Umfang
rechtswidrig und verletzt den Kläger insoweit in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
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Der für den Fall erneuter unerlaubter Wiedereinreise ausgesprochenen
Abschiebungsandrohung durch das Bundesamt mangelt es an einer Rechtsgrundlage.
§ 71 AsylVfG kann insoweit nicht herangezogen werden. Er enthält in seinen Absätzen
4 und 5 insoweit eine klare und abschließende Regelung über die Notwendigkeit oder
Entbehrlichkeit einer erneuten Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung
im Falle der Unbeachtlichkeit eines Asylfolgeantrages. Dabei ist auch zu
berücksichtigen, daß das Bundesamt kraft bundesgesetzlicher Aufgabenzuweisung nur
für den Erlaß ausländerrechtlicher Entscheidungen im Zusammenhang mit der
Entscheidung über Asylbegehren zuständig ist, wohingegen hier pauschal für den Fall
erneuter unerlaubter Wiedereinreise eine Abschiebungsandrohung ausgesprochen
worden ist, die den Voraussetzungen der §§ 34, 35 und 36 AsylVfG daher nicht
entspricht.
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Darüberhinaus erscheint auch zweifelhaft, ob für die hier aufgehobene
Abschiebungsandrohung überhaupt ein Bedürfnis besteht, ob also die in den Gründen
des Bescheides angeführte Überlegung greift, der Asylantragsteller, der unter
Anwendung von § 34 AsylVfG in Verbindung mit § 50 Abs. 5 AuslG aus der Haft heraus
abgeschoben werden würde, wäre im Fall erneuter Einreise und Stellung eines
Folgeantrages in Ermangelung einer Abschiebungsandrohung besser gestellt als ein
zuvor freiwillig ausgereister abgelehnter Asylsuchender, wenn nicht vorsorglich für
diesen Fall bereits die hier in Rede stehende Abschiebungsandrohung nach Ziffer 4
Abs. 3 des Bescheides ausgesprochen werden würde; denn es kommt in Betracht, daß
die nach Ziffer 4 Abs. 2 des Bescheides für den Fall der Haftentlassung
ausgesprochene Abschiebungsandrohung nebst Aufforderung zur Ausreise unter
Fristsetzung unter den Voraussetzungen des § 71 Abs. 5 AsylVfG den Erlaß einer -
erneuten - Abschiebungsandrohung entbehrlich macht. Diese Frage braucht hier
indessen nicht abschließend beantwortet zu werden.
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Im übrigen ist der Bescheid indessen aus den insoweit zutreffenden Gründen des
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Bescheides, denen das Gericht insoweit folgt, offensichtlich rechtmäßig und verletzt den
Kläger in seinen Rechten offensichtlich nicht (§§ 77 Abs. 2 AsylVfG, 113 Abs. 1 und
Abs. 4 VwGO); die Klage ist daher im übrigen abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO; Gerichtskosten werden
nach § 83b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83b
Abs. 2 S. 1 AsylVfG.
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