Urteil des VG Düsseldorf vom 27.06.2008

VG Düsseldorf: eigentümer, angemessene entschädigung, öffentliches interesse, privates interesse, entgangener gewinn, erhaltung, gemeinde, belastung, eigentumsbeschränkung, interessenabwägung

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 25 K 1378/08
Datum:
27.06.2008
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
25. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
25 K 1378/08
Tenor:
Der Bescheid des Beklagten vom 18. Januar 2008 wird aufgehoben. Der
Beklagte wird verpflichtet, über den Abbruchantrag der Klägerin vom 19.
September 2007 zum Abbruch des Gebäudes X-höhe 8-10
einschließlich Außenanlagen und Einfriedungen unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Der
Gebührenbescheid des Beklagten vom 21. Januar 2008 wird
aufgehoben.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu ¾ und der Beklagte zu
¼. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige
Schuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des
jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige
Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe
leistet.
Tatbestand:
1
Die Klägerin ist seit mehreren Jahren Eigentümerin des Grundstücks G1 und G2, X-
höhe 810 in E-L. Das Grundstück ist 3.639 qm groß und im vorderen Bereich mit einem
drei- bzw. zweigeschossigen Wohnhaus, der sog. I-Villa, bebaut. Die Klägerin bemüht
sich seit 2001 um eine Bebauung des Grundstücks. Am 5. April 2001 ist ihr ein
Vorbescheid zur Errichtung von neun Wohngebäuden mit insgesamt 21 Wohneinheiten
unter Erhalt der I-Villa erteilt worden. In der Folgezeit stellte eine Schwesterfirma der
Klägerin, die C GmbH, einen Vorbescheidsantrag zur Errichtung mehrerer Gebäude mit
insgesamt 100 Wohneinheiten unter Beseitigung der I-Villa, wobei die anschließende
Parzelle G3 mit einbezogen war; das Gesamtgrundstück ist 7.899 qm groß. Dies führte
zu einer Änderung des bestehenden Bebauungsplanes, die am 30. Juni 2004 bekannt
gemacht wurde und das größere Vorhaben der C GmbH nicht mehr zuließ. Eine der
Klägerin am 8. Januar 2004 erteilte Abbruchgenehmigung für die I-Villa wurde mit sofort
vollziehbarem Bescheid vom 27. September 2005 widerrufen, nachdem die I-Villa mit
Bescheid vom selben Tage sofort vollziehbar vorläufig unter Denkmalschutz gestellt
2
worden war. Ein Antrag der Klägerin auf vorläufigen Rechtsschutz gegen den Widerruf
der Abbruchgenehmigung ist mit Beschluss der Kammer vom 24. November 2005
25 L 2010/05 – abgelehnt, die Beschwerde mit Beschluss des OVG NRW vom
14. Februar 2006 – 10 B 2119/05 zurückgewiesen worden. Die Klage der C GmbH auf
Erteilung des Vorbescheides für die 100 Wohneinheiten ist zunächst mit Urteil vom
16. Februar 2007 – 25 K 7617/04 abgewiesen worden; nach Klagerücknahme ist das
Verfahren mit Beschluss vom 16. April 2007 eingestellt worden. Mit Bescheid vom
26. Mai 2006 ist die I-Villa in die Denkmalliste eingetragen worden; die hiergegen sowie
gegen den Widerruf der Abbruchgenehmigung erhobene Klage hat die Klägerin in der
mündlichen Verhandlung vom 10. September 2007 – 25 K 4769/06 – zurückgenommen.
Die Denkmaleintragung ist mithin bestandskräftig.
Unter dem 19. September 2007 beantragte die Klägerin die Erteilung der Genehmigung
des ober- und unterirdischen Abbruchs der Gebäude Xhöhe 810 einschließlich aller
Außenanlagen und Einfriedungen. Der Beklagte forderte von der Klägerin mit Blick auf
die denkmalrechtliche Erhaltungspflicht die Vorlage einer Wirtschaftlichkeitsberechnung
zum etwaigen Nachweis der Unzumutbarkeit der Nutzung des Denkmals in anderer
Weise. Die Klägerin legte unter dem 31. Oktober 2007 eine
Wirtschaftlichkeitsberechnung vor. Diese ging vom Einbau von acht Wohnungen mit
einer Fläche von zusammen 884,18 qm – je zwei in Souterrain, Erdgeschoss,
Obergeschoss und Dachgeschoss – aus. Die Kostenschätzung beruhte auf den
tatsächlichen Sanierungskosten eines 1997 modernisierten Objekts in Stuttgart – ein
mehrgeschossiges Wohnhaus aus dem Jahre 1912 – mit Daten aus dem BKI-
Baukosteninformationszentrum der deutschen Architektenkammern. Die hier ermittelten
Sanierungskosten wurden auf die Quadratmeterflächen umgerechnet, diese dann auf
die Flächen der I-Villa übertragen, nach dem Baukostenindex auf das Jahr 2007
hochgerechnet und auf den Regionalfaktor des BKI für E herabgesetzt. Sodann wurden
besondere Anforderungen, die bei dem Stuttgarter Objekt nicht gegeben waren,
berücksichtigt; die Kosten für die Sanierung der Außenanlagen wurden selbständig
berechnet, da es diese bei dem Stuttgarter Objekt nicht gab. Hieraus wurden
Sanierungskosten von 2.279.418,97 Euro errechnet. Mit weiterem Ansatz eines
Risikozuschlages für unvorhergesehene Arbeiten von 7,5 % der Baukosten und
Bereitstellungszinsen für 1 Jahr zu 6 % wurde ein Sanierungskapital von
2.597.397,92 Euro errechnet. Hieraus wurden jährliche Finanzierungskosten von
155.844, Euro angesetzt unter Zugrundelegung eines Zinssatzes von 6 %, jährliche
Abschreibungen von 2 % mit 55.950, Euro (auf das Gesamtsanierungskapital zuzüglich
Restwert der vorhandenen Bausubstanz von 200.000, Euro), ferner weitere Beträge von
1.840, Euro für jährliche Verwaltungskosten, 5.300, Euro für jährliche Betriebskosten,
6.277, Euro für jährliche Instandhaltungskosten und 1.505, Euro für jährliches
Mietausfallwagnis, jeweils gestützt auf die Vorschriften der 2. BerVO. Die Kosten
wurden danach mit 226.716, Euro ermittelt. Als Erträge wurden jährliche Mieteinnahmen
von 75.226, Euro angesetzt unter Zugrundelegung von 7,09 Euro/qm bei 884,18 qm
Wohnfläche gemäß Mietspiegel, staatliche Zuwendungen von 5.000, Euro und jährliche
steuerliche Vorteile von 55.918, Euro; die Erträge wurden mit 136.144, Euro errechnet;
als jährliche Kostenunterdeckung ergab sich der Betrag von –90.572, Euro. Wegen der
Einzelheiten wird auf die Berechnung Bezug genommen.
3
Der Beklagte hörte die Klägerin unter dem 17. Dezember 2007 zur beabsichtigten
Ablehnung des Antrages an und verwies darauf, es sei fraglich, ob eine
Wirtschaftlichkeitsberechnung, die dem Nachweis der Unzumutbarkeit diene, auf der
Basis eines einzelnen Objektes, dessen Rahmenbedingungen andere seien, als
4
Berechnungsgrundlage ausreiche. Die Sanierungskosten seien nicht nachvollziehbar,
da die Vergleichbarkeit des Vergleichsobjektes nicht ersichtlich sei. In der Berechnung
seien zusätzliche Kosten der Fassadensanierung angesetzt, obwohl bei dem
Vergleichsobjekt Kosten für die Instandsetzung der Fassade veranschlagt worden
seien. Gleiches gelte für die Haustür. Die Auflage, den Parkettboden zu erhalten, sei
preislich höher angesetzt worden als die Kompletterneuerung des Bodens des
Vergleichsobjekts. Die Veränderung der Dachkonstruktion sei keine Erfüllung einer
Auflage der Denkmalbehörde. Bei dem Ansatz zur Sanierung der Dachterrassen sei ein
zu hoher Quadratmeterpreis eingeflossen. Die geplante Aufzuganlage für ein
dreigeschossiges Gebäude sei nicht erforderlich, die Kosten könnten nicht angesetzt
werden. Außerdem sei die gewerbliche Nutzung des Objekts nicht geprüft worden; bei
einer Nutzung mindestens eines Teils des Objekts als Büroraum könnten höhere
Mieteinnahmen erzielt werden.
Die Klägerin erläuterte in ihrer Stellungnahme die ihrer Auffassung nach gegebene
Vergleichbarkeit des Vergleichsobjektes in Stuttgart. Bei der Fassade hätten zusätzliche
Kosten für die Entfernung des Efeubewuchses angesetzt werden müssen; bei dem
Vergleichsobjekt sei nur eine vorhandene Sandsteinfassade instandgesetzt und die
restliche Fassade gestrichen worden. Für die Haustür hätte sie keine Kosten angesetzt,
wohl aber für die Restaurierung historischer Holztüren im Treppenhaus nach den
Vorgaben der Denkmalpflege. Beim Vergleichsobjekt seien auch keine Holzböden
saniert worden, wie es hier gefordert werde; das Parkett sei schadhaft. Die Erneuerung
der Dachkonstruktion sei notwendig, wenn das Dachgeschoss zu Wohnzwecken
ausgebaut werde; ohne die zwei Dachgeschosswohnungen würde die
Wirtschaftlichkeitsberechnung ungünstiger. Beim Ansatz für die Dachterrassen sei ein
Schreibfehler unterlaufen; der Abschnitt "Dächer" wurde neu berechnet mit Kosten von
nunmehr 206.925, Euro gegenüber zuvor 242.160, Euro. Der Aufzug sei erforderlich, um
eine nachhaltige Vermietung zu sichern; hierzu benötige man eine barrierefreie
Erschließung aller vier Ebenen. Der Aufzug kompensiere die Tatsache, dass das kleine
Treppenhaus, welches für eine Einfamilienhausvilla gedacht gewesen sei, bereits dem
Vorbesitzer nicht ausgereicht habe, so dass dieser das seitliche Treppenhaus habe
anbauen lassen. Eine Büronutzung scheine nur im Zusammenhang mit einer Wohnung
im Zusammenhang mit freiberuflicher Tätigkeit möglich. Dazu müssten zwei
Wohnungen zusammengelegt werden, was die Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht
verbessere. Für gewerbliche Nutzung gebe es Überkapazitäten. Für eine moderne
flexible Nutzung könne weder die Statik der Decken noch die Haustechnik ausreichend
zur Verfügung gestellt werden.
5
Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 18. Januar 2008 ab und führte aus,
die Baugenehmigung könne nicht erteilt werden, da die denkmalrechtliche Erlaubnis
nach § 9 Abs. 2 DSchG nicht erteilt werden könne. Der Erhalt des Denkmals sei nicht
unzumutbar, auch nicht nach der ergänzenden Stellungnahme. Die
Wirtschaftlichkeitsberechnung enthalte auch Kostenfaktoren, die der Wertsteigerung
dienten. Die mögliche Nutzung zu gewerblichen Zwecken sei nicht berücksichtigt
worden.
6
Mit Bescheid vom 21. Januar 2008 erhob der Beklagte eine Gebühr von 937,50 Euro für
die Ablehnung des Bauantrages.
7
Zur Begründung der am 18. Februar 2008 erhobenen Klage führt die Klägerin aus, die
Wirtschaftlichkeitsberechnung beruhe auf einem von ihrem Architekten in Abstimmung
8
mit der Denkmalbehörde erstellten Nutzungskonzept. Die Kosten seien auf der
Grundlage eines in Fachkreisen anerkannten objektiven Berechnungsverfahrens in
Ansatz gebracht worden unter Verwendung der Baukostendatenbank des
Baukosteninformationszentrums der deutschen Architektenkammern. Die Ertragsseite
sei in der Wirtschaftlichkeitsberechnung zu hoch angesetzt worden. Die Zuwendungen
von 5.000, Euro könnten nicht angesetzt werden, da eine Förderung bisher nicht
verbindlich zugesagt worden sei. Die Steuervorteile setzten die Erzielung eines
Gewinnes voraus, von dem nicht ausgegangen werden könne; welche Kosten als
denkmalschutzbedingte Mehraufwendungen anerkannt werden würden, sei völlig
unklar. Auf der Kostenseite seien außerdem noch die Zinsen für das Darlehen zum
Grundstückserwerb anzusetzen, die sich jährlich für das Gesamtdarlehen (für das
gesamte Grundstück von ca. 8.000 qm) auf ca. 89.150, Euro beliefen, wovon auf ca.
2.000 qm Fläche für das Denkmal dann ca. 22.289, Euro entfielen. Hierdurch erhöhe
sich die Unterdeckung auf ca. 173.600, Euro. Es sei von ihr auch nicht zu verlangen,
Wirtschaftlichkeitsberechnungen für alle weiteren theoretisch denkbaren
Nutzungsmöglichkeiten zu erstellen. Ferner sei der Ablehnungsbescheid zu
beanstanden, da er entgegen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
auch dem Grunde nach keine Entscheidung zur Entschädigung getroffen habe.
Die Klägerin beantragt,
9
den Bescheid des Beklagten vom 18. Januar 2008 und den
Gebührenbescheid des Beklagten vom 21. Januar 2008 aufzuheben und den
Beklagten zu verpflichten, ihr die Abbruchgenehmigung gemäß ihrem
Antrag vom 19. September 2007 zu erteilen,
10
hilfsweise, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom
18. Januar 2008 zu verpflichten, über den Abbruchantrag vom
19. September 2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts
erneut zu entscheiden.
11
Der Beklagte beantragt,
12
die Klage abzuweisen.
13
Er verweist auf die Ausführungen in seinem Anhörungsschreiben und in seinem
Ablehnungsbescheid und führt ergänzend aus, da die Wirtschaftlichkeitsberechnung
nicht nachvollziehbar gewesen sei, habe es einer Entscheidung über eine etwaige
Entschädigung nicht bedurft; zudem würde durch eine solche Entscheidung das
Verfahren nach dem EEG NRW umgangen.
14
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
15
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den
Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug
genommen.
16
Entscheidungsgründe:
17
Die zulässige Klage hat hinsichtlich des Begehrens auf Erteilung der
18
Abbruchgenehmigung nur mit dem Hilfsantrag Erfolg. Mit dem Hauptantrag ist sie
unbegründet; der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu, § 113 Abs. 5
Satz 1 VwGO.
Die für den Abbruch der I-Villa mit Nebenanlagen nach § 63 Abs. 1 BauO NRW
erforderliche Abbruchgenehmigung ist nach § 75 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW zu erteilen,
wenn dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen. Diese
Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Bauplanungs- oder –ordnungsrechtliche Vorschriften
stehen der Genehmigungserteilung zwar nicht entgegen. Nach § 9 Abs. 3 Satz 1 DSchG
sind allerdings auch die denkmalrechtlichen Vorschriften im Verfahren auf Erteilung der
Baugenehmigung zu prüfen. Nach § 9 Abs. 1 a) DSchG bedarf der Erlaubnis der
Denkmalbehörde, wer Baudenkmäler beseitigen will. Die I-Villa ist als Ergebnis des
Verfahrens 25 K 4769/06 bestandskräftig als Baudenkmal eingetragen. Nach der allein
in Betracht kommenden Vorschrift des § 9 Abs. 2 a) DSchG ist die Erlaubnis zu erteilen,
wenn Gründe des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen. Diese Voraussetzungen
sind hier nicht erfüllt. Das OVG NRW hat zu den gesetzlichen Anforderungen und der
Bewertung der Interessen des Eigentümers mit Blick auf §§ 31, 33 DSchG in seinem
19
Grundsatzurteil vom 15. August 1997 – 7 A 133/95 –
20
folgendes ausgeführt:
21
"Der Begriff "entgegenstehen" in § 9 Abs. 2 Buchst. a) DSchG ist in der
Rechtsprechung des erkennenden Gerichts dahin geklärt, dass nicht schon jede
noch so geringfügige nachteilige Betroffenheit denkmalrechtlicher Belange einer
Erlaubniserteilung entgegensteht. Es ist vielmehr eine Abwägung der Belange des
Denkmalschutzes vorzunehmen mit den in der Regel privaten Interessen, die für
die erlaubnispflichtige Maßnahme streiten. Diese in dem Begriff "entgegenstehen"
enthaltene Befugnis zur Abwägung räumt der Behörde keine Gestaltungsfreiheit
ein, sondern enthält die Verpflichtung zu einer gesetzlich gebundenen und
gerichtlich uneingeschränkt kontrollierbaren Bewertung der in der Norm genannten
Voraussetzungen. Insoweit ist eine von der Qualität des jeweils zu schützenden
Denkmals abhängige Einzellfallprüfung vorzunehmen, ob und inwieweit die
Schutzziele und zwecke des Denkmalschutzgesetzes durch die in Rede stehende
Maßnahme konkret betroffen sind. Die im Einzelfall erheblichen Umstände sind zu
ermitteln und sodann im Wege der Abwägung zwischen den Belangen des
Denkmalschutzes und den für die erlaubnispflichtige Maßnahme streitenden
privaten Interessen zu gewichten.
22
Vgl. OVG NW, Urteil vom 4. Dezember 1991 – 7 A 1113/90 – NVwZ 1992,
1218, Urteil vom 3. September 1996 – 10 A 1453/92 – und Urteil vom
20. Februar 1997 7 A 4406/95 – jeweils m.w.N..
23
Bei den näheren Anforderungen an diese Gewichtung ist zu berücksichtigen, dass
es Ziel des Denkmalschutzes ist, Denkmäler zu schützen, zu pflegen, sinnvoll zu
nutzen und wissenschaftlich zu erforschen (§ 1 Satz 1 DSchG). Die Legaldefinition
des Denkmalbegriffs in § 2 Abs. 1 Satz 1 DSchG knüpft ferner daran an, dass der
Schutz, die Pflege und die Nutzung von Denkmälern im Interesse des
Allgemeinwohls liegt; denn nach dieser Vorschrift erfüllen nur solche Sachen,
Mehrheiten von Sachen und Teile von Sachen den Denkmalbegriff, an deren
Erhaltung und Nutzung ein "öffentliches Interesse" besteht. Denkmalschutz besteht
24
nach den Zielsetzungen des Denkmalschutzgesetzes damit darin, das geschützte
Objekt im Interesse des Allgemeinwohls nicht nur in seiner denkmalrechtlich
relevanten Aussagekraft zu erhalten, sondern auch einer hiermit zu vereinbarenden
sinnvollen Nutzung zuzuführen. Dabei geht das Denkmalschutzgesetz davon aus,
dass es dem privaten Eigentümer im Rahmen der Sozialpflichtigkeit des
(Grund)Eigentums grundsätzlich zuzumuten ist, seine eigenverantwortliche und
privatnützige Ausübung der Eigentümerbefugnisse an einem Baudenkmal an den
Erfordernissen des Denkmalschutzes auszurichten.
Die sich aus dem Denkmalschutzgesetz ergebenden Pflichten und
Beschränkungen der privaten Nutzungsbefugnisse sind insgesamt als
Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14
Abs. 1 Satz 2 GG zu werten, die darauf abzielen, dass das Eigentum an einem
Denkmal grundsätzlich in einer privatnützigen Form erhalten bleibt, die zugleich
den verfassungsrechtlich legitimen Zielen des Denkmalschutzes gerecht wird.
25
Vgl. OVG NW, Urteil vom 25. Juni 1990 – 7 A 1837/89 – unter Hinweis auf
BVerwG, Beschluss vom 10. Juli 1987 – 4 B 146.87 – BRS 47 Nr. 123.
26
Bei verfassungskonformem Verständnis der Regelungen des
Denkmalschutzgesetzes gehen die sich aus den Erfordernissen des
Denkmalschutzes ergebenden Pflichten des Eigentümers jedoch nicht stets zu
seinen Lasten. Zwar hat der Eigentümer eines Denkmals im Rahmen der
Sozialbindung mit Blick auf das Denkmalschutzrecht – nicht anders als etwa im
Bereich des Naturschutzrechts – gewisse aus der Situationsgebundenheit des
betreffenden Grundstücks, nämlich der Bebauung mit einem nach
denkmalschutzrechtlichen Kriterien schützenswerten Bauwerk, folgende
Einschränkungen seiner privaten Nutzungsbefugnisse hinzunehmen.
27
Zur Situationsgebundenheit aus denkmal- und naturschutzrechtlichen
Gründen als Element der Sozialpflichtigkeit des Grundeigentums vgl.: BGH,
Urteil vom 9. Oktober 1986 – III ZR 2/85 – NJW 1987, 2068 und Urteil vom
7. Juli 1994 III ZR 5/93 – DVBl. 1995, 104; BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1993
– 7 C 26.92 – DVBl. 1993, 1141 und Beschluss vom 30. September 1996
– 4 NB 31 und 32.96 – ZfBR 1997, 94.
28
Auch Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Grundeigentums müssen
jedoch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren und dürfen dem Betroffenen
unzumutbare Opfer nur auferlegen, wenn hierfür ein Ausgleich vorgesehen ist.
29
Vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 1994 – III ZR 5/93 – DVBl. 1995, 104; BVerwG,
Urteil vom 24. Juni 1993 – 7 C 26.92 – DVBl. 1993, 1141.
30
Dem hat der Gesetzgeber in den einzelnen Regelungen für die konkrete
Abwicklung des Denkmalschutzes in unterschiedlicher Weise Rechnung getragen.
Während § 7 Abs. 1 Satz 1 DSchG die den Eigentümer eines Denkmals treffenden
reinen Unterhaltungs- und Schutzpflichten unter den Vorbehalt des ihm
Zumutbaren stellt, knüpft § 9 Abs. 2 Buchst. a) DSchG für die Fälle, in denen
Veränderungen (auch Nutzungsänderungen) sowie die Beseitigung des Denkmals
aus anderen Gründen als denen des Denkmalschutzes zugelassen werden sollen,
mit dem Tatbestandsmerkmal "entgegenstehen" nicht an den Begriff der
31
Zumutbarkeit an. Dementsprechend kann nach der Rechtsprechung des
erkennenden Gerichts eine Maßnahme, die den im konkreten Fall relevanten
Denkmalwert des in Rede stehenden Objekts wesentlich mindern oder gar
aufheben würde, allenfalls in Ausnahmefällen aus zwingenden Gründen
zugelassen werden. Dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit für den betroffenen
Eigentümer ist dadurch Rechnung zu tragen, dass im Rahmen der Abwägung zu
untersuchen ist, ob den privaten Belangen auch im Wege der Übernahme des
Denkmals durch die Gemeinde gemäß § 31 DSchG oder durch eine angemessene
Entschädigung auf der Grundlage von § 33 DSchG hinreichend Rechnung
getragen werden kann. Mit diesen Vorschriften hat der Gesetzgeber ein System
von Ausgleichsregelungen geschaffen, dass bei der aus Gründen des
Denkmalschutzes und damit im Interesse des Allgemeinwohls auszusprechenden
Versagung der Zulassung von Veränderungen oder gar Beseitigung von
Denkmälern jedenfalls im vermögensrechtlich relevanten Bereich in dem oben
erwähnten Sinne unzumutbare Belastungen verhindert und demgemäss auch in
Rahmen der nach § 9 Abs. 2 Buchst. A) DSchG vorzunehmenden
Interessenabwägung Berücksichtigung zu finden hat.
Vgl. OVG NW, Urteil vom 4. Dezember 1991 – 7 A 1113/90 – NVwZ 1992,
1218 m.w.N. und Urteil vom 20. Februar 1997 – 7 A 4406/95 .
32
Für die Berücksichtigung der Ausgleichsregelungen der §§ 31 und 33 DSchG sind
dabei folgende Kriterien maßgeblich:
33
Nach § 31 DSchG kann der Eigentümer die Übernahme eines Denkmals durch die
Gemeinde verlangen, wenn und soweit es ihm mit Rücksicht auf seine Pflicht zur
Erhaltung des Denkmals auf Grund einer behördlichen Maßnahme nach dem
Denkmalschutzgesetz wirtschaftlich nicht zuzumuten ist, das Denkmal zu behalten
oder es in der bisherigen oder einer anderen zulässigen Art zu nutzen. Diese
Vorschrift gibt dem Eigentümer bei wirtschaftlicher Unzumutbarkeit einer sinnvollen
Nutzung des Denkmals das Recht, gleichsam spiegelbildlich zur Enteignung die
Entziehung seines Eigentums und dessen Übertragung auf die
übernahmeverpflichtete Gemeinde zu beantragen.
34
Vgl. OVG NW, Urteil vom 25. Juni 1990 – 7 A 1837/89 .
35
Insoweit kann sich die Gemeinde dieser Übernahmepflicht nicht – auch nicht unter
Hinweis auf eine fehlende Leistungsfähigkeit – entziehen.
36
Vgl. OVG NW, Urteil vom 18. Mai 1984 – 11 A 1776/83 – BRS 42 Nr. 137.
37
Maßstab für das dem Eigentümer Zumutbare sind dabei seine
gesamtwirtschaftlichen Verhältnisse und seine allgemeine wirtschaftliche Lage nur
insoweit, als sie Einfluss haben auf die unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten
erfolgende Bewertung der ausschließlich auf das Denkmal selbst beschränkten
Folgewirkungen. Insoweit kommt es nur darauf an, ob der Weiterbestand des
Denkmals mit der unter Gesichtspunkten des Denkmalschutzes in Betracht
kommenden sinnvollen Nutzung für den Eigentümer, in Beziehung gesetzt zu der
durch das Denkmal gebundenen Vermögenssubstanz, eine noch zumutbare
Nutzung dieser Vermögenssubstanz darstellt, oder ob eine solche Nutzung,
verglichen mit einer durch Denkmalrecht unberührten Nutzungsmöglichkeit des in
38
Rede stehenden Objekts, zu spürbaren, nicht nur unwesentlichen oder den
Kernbereich der Nutzungsmöglichkeiten unberührt lassenden finanziellen
Verlusten führen kann.
Vgl. zum gleichen Begriff der wirtschaftlichen Zumutbarkeit nach § 40 Abs. 2
Satz 1 Nr. 1 BBauG: BGH, Urteil vom 25. November 1974 – III ZR 42/73 –
BGHZ 63, 240 (249).
39
Maßgeblich ist damit, inwieweit sich das Denkmal bei einer sinnvollen Nutzung
"selbst trägt". Spürbare Verluste im dargelegten Sinne braucht der Eigentümer
nicht ohne Ausgleich hinzunehmen. Dabei ist es ihm auch nicht etwa zuzumuten,
sein übriges Vermögen im Interesse der Allgemeinheit für die verlustreiche
Nutzung des Denkmals aufzuopfern.
40
Der Übernahmeanspruch nach § 31 DSchG allein stellt jedoch den gebotenen
Verhältnismäßigkeitsausgleich noch nicht sicher. Er lässt dem betroffenen
Eigentümer lediglich die Alternative, das Denkmal in der ihm wirtschaftlich nicht
zumutbaren verlustreichen Weise zu nutzen und damit einen Teil seines
Vermögens im Interesse des Allgemeinwohls aufzuopfern oder sich des Denkmals
vollständig zu entäußern. Will der Eigentümer mit Blick auf den grundsätzlichen
Schutz der Substanz des Eigentums
41
vgl. BVerfG, Urteil vom 15. Juni 1976 – 1 BvL 19 und 20/75, 1 BvR 148/75 –
BVerfGE 42, 263 (295) und Urteil vom 1. März 1979 – 1 BvR 532, 533/77, 419/78
und 1 BvL 21/78 – BverfGE 50, 290 (341) –
42
43
Trotz Überschreitens der Zumutbarkeitsgrenze von der Übernahmemöglichkeit des
§ 31 DSchG keinen Gebrauch machen, sondern das ihn unzumutbar belastende
Denkmal zu behalten, und akzeptiert er damit zwangsläufig die durch die Belange
des Denkmalschutzes vorgegebene eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit, hat ihn
die Allgemeinheit von den durch die Unwirtschaftlichkeit konkret eintretenden
vermögensrechtlichen Nachteilen, soweit sie die Schwelle der Sozialbindung des
Grundeigentums überschreiten, zu entlasten. Dem trägt die Regelung des § 33
DSchG Rechnung.
44
Seinem Wortlaut nach erfasst § 33 DSchG zwar nur die Fälle, in denen der Vollzug
des DSchG "enteignende Wirkung" hat. Mit dieser Wortwahl hat der Gesetzgeber
jedoch nur formal an den überkommenen weiten Enteignungsbegriff angeknüpft.
Der Sache nach ging es dem Gesetzgeber darum, im Wege einer "salvatorischen
Klausel" eine Entschädigungspflicht für die Fälle zu normieren, in denen der
Vollzug des Gesetzes die Sozialpflichtigkeit des Eigentums überschreitet.
45
Vgl. die Begründung zu Abschnitt VII des Gesetzentwurfs des DSchG in LT-
Drs. 8/4492, S. 35.
46
Nach dem zwischenzeitlich eingetretenen Wandel im Verständnis des
Enteignungsbegriffs
47
vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1993 – 7 C 26.92 – DVBl. 1993, 1141 und
Beschluss vom 30. September 1996 – 4 NB 31 und 32.96 – ZfBR 1997, 94; zur
Rechtsprechung des BGH vgl. Krohn, Enteignung und Inhaltsbestimmung des
Eigentums in der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, ZfBR 1994,
5 ff. –
48
49
ist § 33 DSchG daher als Regelung über Ausgleichsansprüche im Rahmen der
Inhaltsbestimmung des Eigentums zu begreifen, die dem Zweck dient, eine dem
Eigentümer durch denkmalschutzrechtliche Maßnahmen im Einzelfall auferlegte
Belastung durch eine Entschädigungsleistung auf ein zumutbares Maß
herabzumindern.
50
Vgl. OVG NW, Urteil vom 29. Februar 1996 – 10 A 366/92 – NWVBl. 1996,
386.
51
Seinem Inhalt nach setzt dieser Ausgleichsanspruch die Beeinträchtigung einer als
Eigentum geschützten Rechtsposition voraus, durch die der Eigentümer
unverhältnismäßig oder im Verhältnis zu anderen ungleich belastet wird.
52
Zum Regelungsgehalt und zur Gültigkeit salvatorischer Klauseln der hier
vorliegenden Art vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1993 – 7 C 26.92 –
DVBl. 1993, 1141; BGH, Urteil vom 7. Juli 1994 – III ZR 5/93 – DVBl. 1995,
104.
53
Zusammenfassend ist damit im Rahmen der Interessenabwägung nach § 9 Abs. 2
Buchst. a) DSchG zu berücksichtigen, dass diese Interessenabwägung unter
Einbeziehung des Bestehens der in den §§ 31 und 33 DSchG festgelegten
"Schadensausgleichsregelungen" zu erfolgen hat und dass im Rahmen dieses
Ausgleichs ein Wahlrecht des Eigentümers und nur des Eigentümers – besteht,
sich zu entscheiden, ob er sich zur Hinnahme dieser Belastungen mit der Folge
entschließt, dass ihm ein angemessener Ausgleich für die Vermögensnachteile zu
zahlen ist, die die Grenze der Sozialbindung des Eigentums überschreiten, oder ob
er sich des Denkmals zu Lasten der betroffenen Gemeinde entäußert, die dieses
sodann einer mit den Zielsetzungen des Denkmalschutzgesetzes vereinbaren
sinnvollen Nutzung zuzuführen hat."
54
Diese Grundsätze, denen die Kammer bereits in ihrem von der Klägerin in der
Klageschrift zitierten Urteil vom 22. Juni 2001 – 25 K 6904/06 – gefolgt ist, hat das OVG
NRW auch in seiner folgenden Rechtsprechung bestätigt; im Urteil vom 17. August 2001
7 A 4207/00 – hat das OVG NRW ausgeführt, bei der nach § 9 Abs. 2 a) DSchG
vorzunehmenden Abwägung zwischen den Belangen des Denkmalschutzes und den in
der Regel privaten Interessen, die für die erlaubnispflichtige Maßnahme streiten, werde
55
sich ein schutzwürdiges privates Interesse gegenüber den Belangen der Denkmalpflege
um so eher durchsetzen, je geringfügiger die mit dem Vorhaben notwendig
einhergehende Beeinträchtigung des Denkmals ist, während eine Maßnahme, die den
Denkmalwert wesentlich mindern oder gar aufheben würde, allenfalls in
Ausnahmefällen aus zwingenden Gründen zugelassen werden kann, nachdem zuvor
untersucht worden ist, ob nicht den privaten Belangen auch im Wege der Übernahme
des Denkmals durch die Gemeinde nach § 31 DSchG oder durch eine angemessene
Entschädigung auf Grundlage von § 33 DSchG hinreichend Rechnung getragen werden
kann.
Diese bisherige Rechtsprechung des OVG NRW und der Kammer ist vereinbar mit der
Rechtsprechung des BVerfG. Dieses hat in seinem
56
Beschluss vom 2. März 1999 – 1 BvL 7/91 –
57
eine Regelung des rheinland-pfälzischen Denkmalschutzgesetzes für mit Art. 14 Abs. 1
GG unvereinbar erklärt, welche die Genehmigung für den Abbruch eines Denkmals nur
für den Fall für zulässig erklärte, wenn andere Erfordernisse des Gemeinwohls die
Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege überwiegen. Belange des
Eigentümers wurden hierbei nicht berücksichtigt; unverhältnismäßige Belastungen des
Eigentümers waren nicht ausgeschlossen bzw. waren nicht in angemessener Weise
ausgeglichen. Dies führte zur Annahme der Verfassungswidrigkeit. Demgegenüber
werden im nordrhein-westfälischen Recht die Belange des Eigentümers nach der
Rechtsprechung des OVG NRW über das Tatbestandsmerkmal "Entgegenstehen" und
die hieraus vom OVG NRW entwickelte Abwägung berücksichtigt. Eine
Ausgleichsmöglichkeit für finanzielle Belastungen erhält der Eigentümer – neben der
Möglichkeit des Übernahmeanspruchs nach § 31 DSchG – dadurch, dass das OVG
NRW, wie vorstehend zitiert, die "salvatorische Klausel" des § 33 DSchG – deren
Parallelregelung in Rheinland-Pfalz das BVerfG als nicht ausreichend bewertet hatte –
als einen landesrechtlichen Ausgleichsanspruch im Rahmen der Inhaltsbestimmung
des Eigentums ausgelegt hat, die dem Zweck dient, eine dem Eigentümer durch
denkmalschutzrechtliche Maßnahmen im Einzelfall auferlegte Belastung durch eine
Entschädigungsleistung auf ein zumutbares Maß herabzumildern.
58
Nach Maßgabe dieser Kriterien überwiegen die gegen die Beseitigung des Denkmals
sprechenden Gründe des Denkmalschutzes gegenüber den privaten Interessen der
Klägerin.
59
Die I-Villa ist tatsächlich, wie durch die der Wirtschaftlichkeitsberechnung beigefügten
Bauzeichnungen geplanter Wohnungen ersichtlich, im Rahmen der privatnützigen
Ausübung der Eigentümerbefugnisse einer sinnvollen, die charakteristischen
Denkmaleigenschaften wahrenden privaten Nutzung zugänglich. Sie kann, wenn auch
mit erheblichem Kostenaufwand, zu heutigen Wohnanforderungen gerecht werdenden
Wohnungen umgebaut werden, ohne dass die charakteristischen Merkmale des
Denkmals in ihrer denkmalrelevanten Aussagekraft entscheidend beeinträchtigt werden.
Die Planung und auch die Kostenaufstellung greift die von der Denkmalbehörde des
Beklagten als zu erhaltende Innenraumstrukturen und Ausstattungsmerkmale
(Aktenvermerk vom 10. Juli 2007, Beiakte 2 Bl. 1012) auf, z.B. Kamine im Erdgeschoss,
Türanlagen im Erdgeschoss, zu erhaltender Parkettboden. Diese Nutzung ist auch
planungsrechtlich auch mit Blick auf den Bebauungsplan, der nunmehr vom Grundriss
der I-Villa abweichende überbaubare Flächen festsetzt – zulässig, da sie entweder vom
60
Bestandsschutz gedeckt ist oder jedenfalls aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit
im Wege der Befreiung nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB zuzulassen ist,
ebenso OVG NRW, Urteil vom 15. August 1997 a.a.O. Urteilsabdruck S. 21.
61
Gegen das Beseitigungsverlangen spricht die besondere Bedeutung des Objekts, die im
Eintragungsbescheid dargelegt ist, welcher bestandskräftig geworden ist. Die I-Villa ist
eine Unternehmervilla, bestehend aus einem Wohnhaus von 1921, umgebaut 1938, mit
repräsentativem Empfangsgebäude von 1960. Sie dokumentiert die großbürgerlichen
Wohnverhältnisse der Erbauungszeit und ist ein zeitgeschichtliches Dokument für die
30er bis 60er Jahre des 20. Jahrhunderts. Sie ist insoweit bedeutend für die Geschichte
des Menschen; sie ist auch bedeutend für die Geschichte der Stadt E als Beginn der
Villenbebauung und Erschließung privilegierter Stadtrandgebiete zu Beginn des
20. Jahrhunderts. Für die Erhaltung und Nutzung sprechen ortsgeschichtliche Gründe,
baugeschichtliche Gründe aus dem Baustil der Villa von 1921/1938 und aus dem von
einem bedeutenden Architekten der Moderne entworfenen und betreuten Anbau von
1960 sowie sozialgeschichtliche Gründe in der Widerspiegelung der
Lebensverhältnisse und gesellschaftlichen Verpflichtungen einer
Großindustriellenfamilie. Die Bedeutung des Objekts ist auch außerhalb von
Fachkreisen der Denkmalbehörden bekannt; wie dem Gericht aus den
vorangegangenen Verfahren bekannt ist, war die I-Villa Gegenstand einer Dissertation
und ist ihre denkmalrechtliche Unterschutzstellung auch aus Kreisen der in der
Umgebung wohnenden E1er Bevölkerung angeregt worden.
62
Diesen öffentlichen Interessen des Denkmalschutzes stehen erhebliche finanzielle
Interessen der Klägerin gegenüber. Diese ergeben sich aus der Kostenunterdeckung,
wenn die Klägerin die I-Villa behält und ihren Plänen entsprechend umbaut. Dass die
Klägerin ursprünglich eine weitergehende bauliche Nutzung des Grundstücks von
insgesamt knapp 8.000 qm einschließlich der weiteren Parzelle G3 beabsichtigt hat
– was nach dem früheren Bebauungsplan auch zulässig war, der lediglich eine vordere
Baugrenze festgesetzt hatte –, und hiermit weitergehende Gewinne erstrebt hat, spielt in
diesem Zusammenhang keine Rolle. Entsprechende "Verluste" macht die Klägerin nicht
geltend. Die mit der Wirtschaftlichkeitsberechnung vorgelegten Pläne gehen von den
Baulichkeiten des Denkmals aus.
63
Der Einzelrichter hält die Wirtschaftlichkeitsberechnung, wie bereits in der mündlichen
Verhandlung erörtert, im wesentlichen für schlüssig. Der Beklagte hat sie in seinem
Anhörungsschreiben nur in einigen Details in Zweifel gezogen, der
Ablehnungsbescheid ist kaum substanziell begründet, im Klageverfahren und in der
mündlichen Verhandlung ist nur ein Gesichtspunkt – Vergleichbarkeit des
Vergleichsobjekts aus Stuttgart – herangezogen worden. Angesichts dessen bestand
kein Anlass, von Amts wegen in eine weitere Beweiserhebung durch Einholung eines
Sachverständigengutachtens zu Kosten des Umbaus und zu nach dem Umbau zu
erwartenden Erträgen einzutreten. Der Beklagte hält, wie in der mündlichen
Verhandlung erstmals deutlich wurde, das Gutachten für methodisch nicht
nachvollziehbar, da es zunächst mit einem Vergleichsobjekt arbeite und dann noch
besondere Anforderungen stelle, die zu einer Kostenerhöhung um 58 % führten. Diese
Einwände greifen nicht durch. Das Vergleichsobjekt in Stuttgart war ein
mehrgeschossiges Wohnhaus, wie die I-Villa, von etwa gleichem Alter, welches ebenso
wie die I-Villa in andersartige Wohnungen umgebaut werden sollte. Die Daten stammen
aus dem Baukosteninformationszentrum der deutschen Architektenkammern, gegen
64
dessen Heranziehung sich der Beklagte nicht gewandt hat. Gegen die Kostenermittlung,
die Errechnung der Quadratmeterpreise, die Hochrechnung auf die Preise von 2007 und
die Umrechnung auf Eer Preisniveau hat der Beklagte sich ebenfalls nicht gewandt. Die
vom Beklagten als unmethodisch beanstandeten besonderen Anforderungen sind nach
Auffassung des Einzelrichters nicht zu beanstanden. Das Objekt in Stuttgart hatte kein
Schwimmbad in einem eigenständigen Gebäudeteil, welcher abgerissen und verfüllt
werden musste. Es war ein Haus mit Satteldach und hatte keinen zweigeschossigen
Flachdachtrakt – wie der Anbau der I-Villa von 1960 –, der in den Umbauplänen zu
kostenaufwendigen Dachterrassen und Grüngärten führt. Es war nicht mit Efeu
überwuchert wie die I-Villa, was die Kosten für die Fassadensanierung nachvollziehbar
erheblich erhöht. Soweit der Beklagte die Änderung der Dachkonstruktion des
dreigeschossigen Altbaus von 1921 als nicht notwendig bemängelt, hat die Klägerin
schon im Anhörungsverfahren zu Recht darauf hingewiesen, dass sich ansonsten die
Wohnfläche und die Wohnungszahl reduziert und dies zu einer weiteren
Verschlechterung der Wirtschaftlichkeit führt. Auch die Kosten für den Einbau eines
Aufzuges, der nach § 39 Abs. 6 BauO NRW erst für mindestens fünfgeschossige
Gebäude vorgeschrieben ist, sind bei dem geplanten Objekt mit vier Wohnebenen nicht
zu beanstanden, wie die Klägerin zutreffend ausgeführt hat; bei neueren Objekten in
gehobener Ausführung und Wohnlage – wie hier – sind Aufzüge auch bei Gebäuden mit
weniger Geschossen inzwischen Standard; es geht insoweit nicht nur um eine bloße
Wertsteigerung. Zusätzliche Kosten für Erhalt von Parkettböden – die, wie der
Einzelrichter beim letzten Ortstermin im denkmalrechtlichen Eintragungsverfahren
festgestellt hat, schadhaft sind – sowie einzelner repräsentativer Türdurchgänge
entsprechen den Anforderungen des Denkmalamtes (Aktenvermerk vom 10. Juli 2007)
und waren insoweit in dem Stuttgarter Vergleichsobjekt nicht vorhanden. Die weiter
geltend gemachten Kosten für Abschreibungen, Verwaltungskosten, Betriebskosten,
laufende Instandhaltungskosten und Mietausfallwagnis hat der Beklagte nicht
beanstandet. Den wesentlichen Kostenfaktor der Abschreibung hat die Klägerin mit
jährlich 2 % angesetzt, was der Regelung des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a) EStG entspricht.
Verwaltungskosten, Betriebskosten, laufende Instandhaltungskosten und
Mietausfallwagnis sind entsprechend obergerichtlicher Rechtsprechung
z.B. OVG Lüneburg, Urteil vom 4. Oktober 1984 – 6 A 11/83 – NJW 1986 S. 1892,
1894
65
nach den Vorschriften der §§ 26 Abs. 2, 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 29 der 2. BerVO
angesetzt. Den größten Betrag – Kapitalkosten für das Sanierungskapital – hat die
Klägerin lediglich mit einem Zinssatz von 6 % angesetzt, wogegen der Beklagte keine
Einwendungen erhoben hat; ein Darlehen zu 6 % ist sicherlich sehr günstig angesetzt
und dürfte nicht leicht zu erhalten sein, wie sich daran zeigt, dass nach dem Vortrag der
Klägerin das variabel verzinste Darlehen zum Erwerb des Grundstücks derzeit mit
6,05 % verzinst wird. In der Klagebegründung hat die Klägerin ergänzend ausgeführt,
dass auch die anteiligen Kapitalkosten für den Erwerb des Grundstücks – die vorgelegte
Wirtschaftlichkeitsberechnung betraf nur die Umbaukosten – angesetzt werden müssten;
dies trifft zu, und der Beklagte ist dem ebenfalls nicht entgegengetreten. Dies erhöht die
Kosten nach der – zurückhaltenden – Berechnung der Klägerin um 22.289, Euro. Die
Kosten ergeben mithin unter Berücksichtigung der reduzierten Kosten für das Dach, die
zu einer Verminderung der Finanzierungskosten von 155.844, Euro auf 153.730, Euro
und einer Verminderung der Abschreibung von 55.950, Euro auf 55.243, Euro führen,
einen Betrag von (153.730, + 55.243, + 1.840, + 5.300, + 6.277, + 1.505, + 22.289, =)
246.184, Euro.
66
Auf der Einnahmenseite ist der Beklagte dem für eine Wohnungsmiete angesetzten
Quadratmeterpreis nach Eer Mietspiegel nicht entgegengetreten, der zu einer
Mieteinnahme von 75.226, Euro führt. Der Beklagte wendet lediglich ein, eine
gewerbliche Büronutzung sei nicht geprüft worden und könne zu höheren Erträgen
führen. Dies ist unbeschadet der technischen Einwände, die die Klägerin erhoben hat
– ihr Geschäftsführer hat schon im gerichtlichen Ortstermin im Eintragungsverfahren
darauf hingewiesen, dass gewerbliche Mieter z.B. Kabelkanäle verlangen würden ,
jedenfalls nicht auszuschließen. Dies würde indes nicht zu einer derart relevanten
Einnahmensteigerung führen, dass keine Kostenunterdeckung mehr eintreten würde.
Der Einzelrichter hat in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass im Eer
Innenhafen in modernen Bürogebäuden sowie für Büroräume in modernisierten
ehemaligen Mühlengebäuden Büromieten von 13, Euro/qm gezahlt würden; dies hat der
Einzelrichter gelegentlich einer Führung durch den Eer Innenhafen von der von der
Entwicklungsgesellschaft E angestellten Führerin erfahren; diese hat erklärt, man strebe
Mieten von 14, Euro/qm an. Die Vertreter des Beklagten sind dem nicht
entgegengetreten. Die Büros am Eer Innenhafen gelten als die begehrtesten
Bürostandorte in E. Bei Ansatz von 13, Euro/qm ergäbe sich für die I-Villa eine
Mieteinnahme von 137.932, Euro, bei Ansatz von 14, Euro/qm von 148.542, Euro. Diese
Beträge liegen mithin in einer Größenordnung von ca. 100.000, Euro unter den Kosten.
Die weiter noch in der Wirtschaftlichkeitsberechnung in Ansatz gebrachten Einnahmen
können nicht angesetzt werden, wie in der Klagebegründung zutreffend ausgeführt ist;
der Beklagte ist auch dem nicht entgegengetreten. Die mit 5.000, Euro angesetzten
staatlichen Zuwendungen können nur angesetzt werden, wenn sie verbindlich zugesagt
sind,
67
vgl. bereits Urteil der Kammer vom 22. Juni 2001 – 25 K 6904/96 , Abdruck S. 14;
ebenso Bay. VGH, Urteil vom 27. September 2007 – 1 B 00.2474 , juris Rn. 76;
68
das ist hier nicht der Fall. Ebenso setzt der Ansatz einer Steuerersparnis nach § 7 i
EStG zu ihrer Realisierung entsprechende Gewinne der Klägerin voraus, von denen
derzeit und in absehbarer Zeit nicht ausgegangen werden kann,
69
vgl. Urteil der Kammer vom 22. Juni 2001 a.a.O. S. 14-15; vgl. OVG NRW, Beschluss
vom 22. August 2007 – 10 A 3453/06 , Abdruck S. 4 ("für den Eigentümer erreichbare
Möglichkeiten" zur Reduzierung der Belastung durch Inanspruchnahme von
Steuervorteilen);
70
außerdem setzt die Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen nach § 7 i EStG voraus,
dass die Kosten nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal
oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind, was zunächst von der
Finanzverwaltung anerkannt werden muss und ggf. vorher in einem
Bescheinigungsverfahren, §§ 7 i Abs. 2 EStG, 40 DSchG, erstritten werden muss. Beide
Posten sind mithin auf der Einnahmenseite nicht zu berücksichtigen.
71
Es ergibt sich mithin eine Kostenunterdeckung von 170.958, Euro und auch bei
unterstellter gewerblicher Nutzung zu Bürozwecken in einer Größenordnung von
100.000, Euro. Auch angesichts dessen bedurfte es keines weiteren Eingehens auf die
Einwände des Beklagten gegen die von der Klägerin angesetzten Kosten. Würde man
das Sanierungskapital nicht, wie in der Wirtschaftlichkeitsberechnung angesetzt, mit
2.597.397,92 Euro, sondern nur mit 1.500.000, Euro ansetzen, ergäben sich
72
Finanzierungskosten von 90.000, Euro, die Abschreibung (ausgehend von
1.700.000, Euro) beliefe sich auf 34.000, Euro; unter Ansatz der im übrigen
unveränderten Beträge (1.840, + 5.300, + 6.277, + 1.505, + 22.289, Euro) ergäben sich
Kosten von 161.211, Euro (bei Ansatz der höheren Miete für gewerbliche Nutzung
erhöhte sich entsprechend allerdings noch der Betrag für das Mietausfallwagnis). Selbst
diese niedriger angesetzten Kosten übersteigen die Einnahmen bei einem Mietpreis von
14, Euro/qm um 12.669, Euro. In seinem Urteil vom 15. August 1997, a.a.O. S. 26, hat
das OVG NRW eine jährliche Kostenunterdeckung von 24.000, DM, mithin einen Betrag
gleicher Größenordnung als i.S.d. § 31 DSchG wirtschaftlich nicht zumutbar bewertet.
Allerdings werden im vorliegenden Fall die wirtschaftlichen Folgewirkungen der durch
den Denkmalschutz bedingten Beschränkungen des Gebäudes und des Grundstücks
durch die Ausgleichsregelungen der §§ 31 und 33 DSchG in einem Maße "abgefedert",
dass es der Klägerin angesichts der konkreten Bedeutung des Objekts zuzumuten ist,
sich für eine der beiden Alternativen – Stellung eines Übernahmeverlangens nach § 31
DSchG oder Behalten und Nutzen des Denkmals in einer der hier in Betracht
kommenden Weisen mit der Folge eines die wirtschaftlichen Belastungen auf das
zumutbare Maß herabsetzenden finanziellen Ausgleichs über § 33 DSchG zu
entscheiden und unter dieser Prämisse auf die von ihr beabsichtigte Beseitigung des
Denkmals zu verzichten,
73
vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. August 1997 a.a.O. S. 23-24 in einem gleichgelagerten
Fall; soweit die Kammer in ihrem vorgenannten Urteil vom 22. Juni 2001 den dortigen
Beklagten zur Erteilung der Abbruchgenehmigung verpflichtet hat, beruhte dies
darauf, dass der dortige Beklagte schon im gerichtlichen Verfahren einen Ausgleich
ausdrücklich abgelehnt hatte, vgl. Abdruck S. 18, 19.
74
Die Voraussetzungen eines Übernahmeverlangens nach § 31 DSchG dürften nach
vorstehenden Ausführungen gegeben sein. Sowohl eine Wohn- als auch eine
gewerbliche Büronutzung führt dazu, dass das Denkmal sich nicht "selbst trägt",
sondern zu einer dauerhaften Kostenunterdeckung führt, die der Klägerin wirtschaftlich
nicht zuzumuten ist.
75
Ebenso kann der Klägerin entgegengehalten werden, dass bei einem Behalten und
Nutzen des Denkmals in der von ihr dargelegten Form unzumutbare Belastungen über
§ 33 DSchG auszugleichen sind, so dass auch unter Einbeziehung dieses Ausgleichs
die hier vorzunehmende Interessenabwägung zu ihren Lasten ausgeht,
76
ebenso OVG NRW, Urteil vom 15. September 1997 a.a.O. S. 26.
77
Die Anwendung des § 33 DSchG kommt hier nach den gegebenen Umständen des
Einzelfalls durchaus in Betracht. Das OVG NRW hat in seinem Urteil vom
15. September 1997 a.a.O. S. 26-27 insoweit ausgeführt:
78
"Im Rahmen der Prüfung, ob der betroffene Eigentümer in einer die Grenzen der
Sozialpflichtigkeit überschreitenden Weise unzumutbar belastet wird und deshalb
eines finanziellen Ausgleichs bedarf, ist maßgeblich darauf abzustellen, wie sich
ein – als Leitbild gedachter – vernünftiger und einsichtiger Eigentümer, der auch
das Gemeinwohl nicht aus dem Auge verliert, entscheiden würde. Dabei müssen
die in der Situationsgebundenheit des konkreten Eigentumsobjekts zum Ausdruck
kommenden Belange des Denkmalschutzes mit ihrem vollen Gewicht
79
berücksichtigt werden. Je stärker diese Interessen sind und je mehr das betroffene
Grundstück in seiner konkreten "Situation" durch sie geprägt wird, um so eher
können die wirtschaftlichen Folgen dem einzelnen Eigentümer zugemutet werden.
Ein in diesem Sinne auf das Gemeinwohl bedachter Eigentümer hat hiernach
dann, wenn er sich zum Behalt und der privatnützigen Nutzung des Denkmals
entschließt, selbstverständlich nur solche Nutzungen in den Blick zu nehmen, die
die Allgemeinheit auf Grund eventueller Ausgleichsansprüche möglichst gering
belasten. Dabei hat er zugleich die speziell für den Schutz und die Erhaltung von
Denkmälern vorgesehenen Fördermittel und sonstigen Vergünstigungen in vollem
Umfang in Anspruch zu nehmen. Erst wenn sich bei Ausrichtung an diesen
Kriterien dauerhafte Verluste aus der privatnützigen Nutzung des Denkmals
ergeben, stellt sich die Frage, inwieweit die verbleibenden Belastungen
unzumutbar sind."
80
Das Objekt der Klägerin ist bei entsprechendem Umbau zu Wohn- oder Bürozwecken
nutzbar. Der Umstand, dass gleichwohl bei Realisierung dieser Nutzung eine
Dauerbelastung verbleibt, legt es nahe, dass hier ein Anspruch auf
Ausgleichszahlungen nach § 33 DSchG besteht. Zur Ermittlung der Ausgleichszahlung
hat das OVG NRW a.a.O. S. 27-28 folgendes ausgeführt:
81
"Bei der Ermittlung der Höhe dieser Ausgleichszahlung ist allerdings nicht ... davon
auszugehen, dass sich der auszugleichende "Schaden" durch die Differenz
zwischen der in jeder Hinsicht uneingeschränkten Nutzbarkeit der Immobilie und
der durch den Denkmalschutz eingeschränkten Nutzbarkeit bestimmt. Insoweit ist
vielmehr zu berücksichtigen, dass ein Ausgleich, soweit die Sozialbindung des
Eigentums – auch durch den Denkmalschutz – reicht, nicht stattfindet. Ein
Ausgleich erfasst vielmehr nur Betroffenheiten im Kernbereich des Eigentums. Dies
bedeutet für die wirtschaftliche Bewertung der Höhe des Ausgleichs, dass die
wirtschaftlichen Folgen, die der Denkmaleigentümer auf Grund dessen
hinzunehmen hat, dass er seine Immobilie nicht im üblichen Umfang auf dem freien
Markt verwerten kann, als solche nicht auszugleichen und die Bewertungen auf
dem freien Markt damit nicht heranzuziehen sind. Der Kernbereich des Eigentums
ist von vornherein nur da betroffen, wo der wirtschaftliche Verlust nicht entgangener
Gewinn, sondern echter Verlust in dem Sinne ist, dass auf Dauer zur Erhaltung des
Denkmals aus dem sonstigen Vermögen zugeschossen werden muss. Nur dieser
Bereich ist von der Ausgleichspflicht erfasst. Der Umfang des insoweit zu
erbringenden Ausgleichs ist nach Entschädigungsrecht zu ermitteln und
gewährleistet dem Betroffenen so gesehen einen als sachgerecht zu bewertenden
Ausgleich.
82
Nach diesen Maßgaben ist auch die nach § 33 DSchG gegebene
Ausgleichsmöglichkeit – kein Ersatz der durch die Sozialbindung als solcher
bedingten, Betroffenheiten, wohl aber Ersatz im Bereich der "echten" Verluste – als
mit Art. 14 GG vereinbarer und damit der Klägerin zumutbarer Ausgleich zu
bewerten, sodass ihr ein Erhalt des Denkmals angesichts hinreichender
Ausgleichsmöglichkeiten insgesamt zuzumuten ist und die im Rahmen des § 9
Abs. 2 Buchst. a) DSchG stattfindende Interessenabwägung damit zu ihren Lasten
ausgeht."
83
Dies gilt in gleicher Weise für den hier zur Entscheidung stehenden gleichgelagerten
84
Fall.
Mit dem Hilfsantrag ist die Klage hingegen begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch
darauf, dass der Beklagte über ihren Abbruchantrag erneut entscheidet und hierbei
zugleich zumindest dem Grunde nach über einen der Klägerin zu gewährenden
Ausgleich entscheidet, § 113 Abs. 5 VwGO; deshalb war der Ablehnungsbescheid des
Beklagten, der eine solche Entscheidung nicht enthält, aufzuheben und der Beklagte zu
einer Neubescheidung zu verpflichten.
85
Dass das OVG NRW in seinem vorgenannten Urteil vom 15. August 1997, a.a.O. S. 29,
das klagabweisende Urteil vollumfänglich bestätigt und ausgeführt hat, die dortige
Klägerin habe keinen Anspruch auf die mit dem Hilfsantrag begehrte Neubescheidung
des Antrags, widerspricht dem nicht, denn in dem der Entscheidung des OVG NRW
zugrundeliegenden Fall war eine Verpflichtung zur Neubescheidung hinsichtlich einer
Ausgleichsleistung mit dem Hilfsantrag nicht gestellt worden, der dortige Hilfsantrag
bezog sich vielmehr auf Einwände betreffend den Denkmalwert und die anzusetzenden
Kosten. In dem in der mündlichen Verhandlung weiter erörterten Urteil des OVG NRW
vom 17. August 2001 7 A 4207/00 – ("Gartenstadt") betreffend Erteilung einer
Baugenehmigung war ein entsprechender Hilfsantrag nicht gestellt.
86
Der Anspruch der Klägerin auf Neubescheidung ihres Antrages unter gleichzeitiger
Entscheidung über einen etwaigen Ausgleichsanspruch ergibt sich aus der das Gericht
bindenden (§ 31 Abs. 1 BVerfGG) Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
Dieses hat in seinem genannten
87
Beschluss vom 2. März 1999 – 1 BvL 7/91 juris
88
ausgeführt, dass die Verwaltung bei der Aktualisierung der Eigentumsbeschränkung
zugleich über den ggf. erforderlichen Ausgleich zumindest dem Grunde nach
entscheiden muss (Leitsatz 3, Orientierungssatz 3 c). Das BVerfG hat in dieser
Entscheidung ausgeführt, dass die Regelung der Versagung einer Abbrucherlaubnis
keine Enteignung sei (Rn. 74 bei juris) und deshalb Art. 14 Abs. 3 GG nicht gelte
(Rn. 75). Die Verfassungswidrigkeit der dort zur Prüfung stehenden Regelung des
rheinland-pfälzischen Denkmalschutzgesetzes über die Voraussetzungen der Erteilung
einer denkmalrechtlichen Abbrucherlaubnis wurde daraus hergeleitet, dass die Norm
unverhältnismäßige Belastungen des Eigentümers nicht ausschloss und keine
Vorkehrungen zur Vermeidungen derartiger Eigentumsbeschränkungen enthielt
(Rn. 86). Die "salvatorische Klausel" des dortigen Gesetzes – der § 33 DSchG inhaltlich
entspricht wurde insoweit als nicht ausreichend angesehen (Rn. 87). Zum nordrhein-
westfälischen Recht hat das OVG NRW in seinem Urteil vom 15. August 1997 hingegen
§ 33 DSchG zu einem landesrechtlichen Ausgleichsanspruch im Rahmen der
Inhaltsbestimmung des Eigentums entwickelt. Das Bundesverfassungsgericht hat zu
den Anforderungen an Ausgleichsregelungen sodann ausgeführt:
89
"Ausgleichsregelungen, die den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in besonderen
Härtefällen wahren sollen, sind unzulänglich, wenn sie sich darauf beschränken,
dem Betroffenen einen Entschädigungsanspruch in Geld zuzubilligen. Die
Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG verlangt, dass in erster Linie
Vorkehrungen getroffen werden, die eine unverhältnismäßige Belastung des
Eigentümers real vermeiden und die Privatnützigkeit des Eigentums so weit wie
möglich erhalten. Als Instrumente stehen dem Gesetzgeber hierfür
90
Übergangsregelungen, Ausnahme- und Befreiungsvorschriften sowie der Einsatz
sonstiger administrativer und technischer Vorkehrungen zur Verfügung. Ist ein
solcher Ausgleich im Einzelfall nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand
möglich, kann für diesen Fall ein finanzieller Ausgleich in Betracht kommen, oder
es kann geboten sein, dem Eigentümer einen Anspruch auf Übernahme durch die
öffentliche Hand zum Verkehrswert einzuräumen.
Wie der Gesetzgeber auf normativer Ebene mit der Bestimmung von Inhalt und
Schranken des Eigentums auch Voraussetzungen, Art und Umfang des Ausgleichs
sonst unverhältnismäßiger Belastungen zu regeln hat, muss die Verwaltung bei der
Aktualisierung der Eigentumsbeschränkung zugleich über den ggf. erforderlichen
Ausgleich zumindest dem Grunde nach entscheiden ...
91
Ein Eigentümer, der einen ihn in seinem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG
beeinträchtigenden Verwaltungsakt für unverhältnismäßig hält, muss ihn im
Verwaltungsrechtsweg anfechten. Lässt er ihn bestandskräftig werden, so kann er
eine Entschädigung auch als Ausgleich im Rahmen von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG
nicht mehr einfordern (...). Der Betroffene muss sich daher entscheiden, ob er den
die Eigentumsbeschränkung aktualisierenden Eingriffsakt hinnehmen oder
anfechten will. Diese Entscheidung kann er sinnvoll nur treffen, wenn er weiß, ob
ihm ein Ausgleich zusteht. Es ist dem Betroffenen nicht zuzumuten, einen
Verwaltungsakt, den er für unvereinbar mit der Eigentumsgarantie des
Grundgesetzes hält, in der unsicheren Erwartung eines nachträglich in einem
anderen Verfahren zu bewilligenden Ausgleichs bestandskräftig werden zu lassen.
Auch die Verwaltungsgerichte müssen, um die Rechtmäßigkeit eines in
Eigentumspositionen eingreifenden Verwaltungsaktes abschließend beurteilen zu
können, wissen, ob und in welcher Weise eine anderenfalls unzumutbare
Belastung ausgeglichen wird.
92
Der Gesetzgeber hat seine materiellrechtlichen Ausgleichsregelungen deshalb
durch verwaltungsverfahrensrechtliche Vorschriften zu ergänzen, die sicherstellen,
dass mit einem die Eigentumsbeschränkung aktualisierenden Verwaltungsakt
zugleich über einen dem belasteten Eigentümer ggf. zu gewährenden Ausgleich
entschieden; bei finanzieller Kompensation ist zumindest dem Grunde nach über
das Bestehen des Anspruchs zu entscheiden." (juris Rn. 94-97)
93
Diese Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat die Kammer auch bereits in
ihrem Urteil vom 22. Juni 2001 – 25 K 6904/96 zugrundegelegt (Abdruck S. 18 f.).
Soweit die Klägerin sich weiter auf das Urteil des Bay. VGH vom
27. September 2007 a.a.O. gestützt hat, sei nur angemerkt, dass der Bay. VGH seine
Entscheidung, den dortigen Beklagten zur Neubescheidung über einen Antrag auf
denkmalrechtliche Abbrucherlaubnis zu verpflichten, darauf gestützt hat, dass der
dortige Beklagte sein Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt hatte (juris Rn. 86); die
nach nordrhein-westfälischem Recht zu treffende Entscheidung ist keine
Ermessensentscheidung.
94
Diesen Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an die gesetzliche Regelung
genügt § 33 DSchG in seiner Auslegung durch das OVG NRW als landesrechtlicher
Ausgleichsanspruch im Rahmen der Inhaltsbestimmung des Eigentums. Der
Ablehnungs-bescheid des Beklagten, der durch die Versagung der
Abbruchgenehmigung die Eigentumsbeschränkung aktualisiert, hätte hingegen nach
95
dieser Rechtsprechung dem Grunde nach darüber entscheiden müssen, ob der Klägerin
ein Ausgleich für die denkmalrechtlichen Beeinträchtigungen ihrer Eigentumsnutzung
gewährt wird, was nicht geschehen ist. Dem steht nicht entgegen – worauf die Vertreter
des Beklagten in der mündlichen Verhandlung hingewiesen haben , dass der Beklagte
keine Veranlassung zu einer derartigen Entscheidung gesehen hat, weil er die von der
Klägerin vorgelegte Wirtschaftlichkeitsberechnung als untauglich zur Begründung der
Unzumutbarkeit, das Denkmal zu erhalten, bewertet hat. Maßgeblich ist der Zeitpunkt
der mündlichen Verhandlung; die Wirtschaftlichkeitsberechnung stellt sich hiernach, wie
dargelegt, nicht als untauglich dar. Auch der Einwand des Beklagten in der mündlichen
Verhandlung, mit einer solchen Entscheidung würden die Vorschriften des EEG
umgangen, greift nicht durch. Die Verpflichtung zu einer solchen Entscheidung über die
Gewährung einer Ausgleichsleistung dem Grunde nach zusammen mit dem
eigentumsbeschränkenden Verwaltungsakt ergibt sich aus der auch den Beklagten
bindenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Das weitere Verfahren
hinsichtlich der Höhe des zu gewährenden Ausgleichs – sofern die Klägerin nicht in
Ausübung des ihr nach der Rechtsprechung des OVG NRW zustehenden Wahlrechts
einen Übernahmeantrag nach § 31 DSchG stellt richtet sich sodann nach dem EEG,
vgl. § 41 EEG, so dass auch insoweit die gesetzliche Regelung den Anforderungen des
Bundesverfassungsgerichts genügt.
Die Klage ist schließlich ebenfalls begründet, soweit die Klägerin den
Gebührenbescheid vom 21. Januar 2008 angreift; dieser ist rechtswidrig und verletzt die
Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Da der Ablehnungsbescheid vom
18. Januar 2008 aufgehoben worden ist, war auch der Gebührenbescheid aufzuheben;
dieser teilt das Schicksal der angefochtenen Sachentscheidung, § 14 Abs. 2 Satz 1
GebG NRW.
96
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO. Da die
Klägerin mit ihrem Hauptbegehren auf Erteilung der Abbruchgenehmigung unterlegen
ist, hat das Gericht ihr die Kosten zum überwiegenden Teil auferlegt. Es entsprach nicht
der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu
erklären, da der Beigeladene keinen Sachantrag gestellt und selbst kein Kostenrisiko
übernommen hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus
§§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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