Urteil des VG Düsseldorf vom 26.08.2003

VG Düsseldorf: aufschiebende wirkung, vorführung, behandlung, verfügung, pass, freiheitsentziehung, androhung, botschaft, persönliches erscheinen, erlass

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 24 L 2373/03
Datum:
26.08.2003
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
24. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
24 L 2373/03
Tenor:
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 2. Juli 2003 gegen
die in der Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 6. Juni 2003
enthaltenen Regelungen der Ziffern 1 und 2 wird festgestellt. Im Übrigen
wird die aufschiebende Wirkung angeordnet bzw. wieder hergestellt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner .
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.000,- Euro festgesetzt.
Gründe:
1
I.
2
Die Antragstellerin ist iranische Staatsangehörige und reiste am 5. September 2001 in
das Bundesgebiet ein. Sie ist nach erfolglosem Asylverfahren seit dem 6. März 2003
vollziehbar ausreisepflichtig. Ausweislich eines Aktenvermerks des Antragsgegners (Bl.
33 der Beiakten) weigerte sich die Antragstellerin bereits im Asylverfahren, sich mit
Kopftuch fotografieren zu lassen. Weitere Aktenblätter in arabischer Schrift tragen den
Stempel „Mitarbeit verweigert". Laut weiteren Aktenvermerks vom 16. Mai 2003
verweigerte die Antragstellerin an diesem Tag gegenüber dem Antragsgegner das
Ausfüllen eines Antrags zur Beschaffung von Passersatzpapieren.
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Die darauf hin erlassene Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 6. Juni 2003
enthält folgenden Tenor:
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„1. Sie sind gemäß § 40 Abs. 1 Ausländergesetz (AuslG) vom 09. 07. 1990 (BGBl. I S.
1354) in der zurzeit gültigen Fassung bzw. gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 4
Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) in der Fassung vom 27. 06. 1993 (BGBl. I S 1361)
verpflichtet, der Ausländerbehörde T1 einen gültigen Pass bzw. Passersatz vorzulegen.
Sie werden hiermit aufgefordert, dieser Vorlagepflicht bis zum 07.07.2003
nachzukommen.
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2. Sollten Sie über ein solches Dokument nicht verfügen, wird hiermit gemäß § 70 Abs.
4 Satz 1 AuslG in Verbindung mit § 15 Abs. 2 Nr. 6 AsylVfG angeordnet, dass Sie sofort
nach Zustellung dieser Verfügung bei der zuständigen konsularischen Vertretung ihres
Heimatlandes, dem Generalkonsulat der Botschaft der Islamischen Republik Iran,
Eichendorffstr. 54, 60320 Frankfurt/Main, während der Geschäftszeiten persönlich
vorsprechen und einen zur Rückkehr in Ihre Heimat berechtigenden Pass bzw.
Passersatz (Heimreisedokument) beantragen. Das ausgestellte Heimreisedokument ist
noch in der unter Ziffer 1 genannten Frist der Ausländerbehörde zu übergeben.
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3. Für den Fall, dass Sie binnen der genannten Frist der Ausländerbehörde weder ein
Heimreisedokument noch einen von Botschaft bestätigten Nachweis beibringen, dass
Sie dort persönlich vorgesprochen und ein Heimreisedokument beantragt haben, wird
Ihnen gemäß § 70 Nr. 4 Satz 2 AuslG die zwangsweise Vorführung bei der Botschaft
bzw. dem Konsulat Ihres angegebenen Heimatstaates angedroht. Die
Vorführungsandrohung erstreckt sich örtlich auch auf die Möglichkeit, mit den
diplomatischen Vertretern ihres Heimatstaates außerhalb des Vertretungssitzes einen
Termin an anderen Ort in Nordrhein-Westfalen oder in anderen Bundesländern
wahrzunehmen.
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4. Sollten Sie den aus Ziffern 1 und 2 resultierenden Pflichten nicht nachkommen, wird
Ihnen auferlegt, bei der Ausländerbehörde T1 alle von der konsularischen Vertretung
ihres Heimatstaates geforderten Unterlagen und Prüfungsmittel für die Ausstellung
eines Reisedokumentes (ausgefüllter Passersatzpapierantrag (s. Anlage), vier
Passbilder - angefertigt mit Kopfbedeckung - sowie alle ggf. in Ihrem Besitz befindlichen
iranischen Originaldokumente) bis zum 07. 07. 2003 vorzulegen. Die Beschaffung eines
Heimreisedokumentes wird andernfalls von Amts wegen betrieben.
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In diesem Zusammenhang wird Ihnen die Duldung ggf. notwendiger Maßnahmen
erkennungsdienstlicher Art (z.B. Fotos in der von der ausländischen Mission geforderten
Form, Fingerabdrücke) auferlegt, die zur Identifizierung und Passbeschaffung notwendig
sind oder hierzu beitragen können. Bei nicht freiwilliger Erfüllung oder fristgerecht
erklärter Duldung der Maßnahmen wird Ihnen nach Ablauf der o.g. Frist die
zwangsweise Durchführung der erforderlichen Maßnahmen angedroht.
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5. Für den Fall, dass die Vertretung Ihres angeblichen Heimatstaates die Ausstellung
eines Heimreisedokumentes ablehnt, weil Sie nicht dessen Staatsangehörigkeit
besitzen oder die Staatsangehörigkeit zumindest nicht zweifellos angenommen werden
kann, wird Ihnen die zwangsweise Vorführung bei Vertretungen weiterer Staaten - auch
in Aussenterminen - deren Staatsangehörigkeit Sie vermutlich besitzen können,
angedroht.
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Ziffer 4 der Verfügung gilt entsprechend auch für die Beweiserhebung und - führung im
Verhältnis zu anderen Staaten.
11
6. Gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vom 21. 01. 1960 i.d.
F. der Bekanntgabe vom 19. 03.1991 (BGBl. I S 686) wird die sofortige Vollziehung der
Verfügung zu Ziffer 3 bis 5 angeordnet."
12
Die in Ziffer 7 enthaltene weitere Regelung betraf die Kostentragung.
13
Über den am 2. Juli 2003 eingelegten Widerspruch ist noch nicht entschieden.
14
Die Antragstellerin hat am 2. Juli 2003 um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und
macht geltend, auf Grund ihrer psychischen Situation sei ihr nicht zumutbar, mit ihren
Heimatbehörden Kontakt auf zunehmen. Sie habe panische Angst vor einem Kontakt
mit diesen. Die Anfertigung der erforderlichen Passfotos unter Tragen eines Kopftuchs
sei ihr ebenfalls nicht zumutbar, da sie auf Grund ihrer „tiefen persönlichen
Überzeugung" kein Kopftuch trage. Eine derartige „Unterwerfung unter das islamische
System im Iran" könne von ihr nicht gefordert werden. Sie kleide sich „modern nach
westlichen Vorstellungen". Durch ihren Aufenthalt würden darüber hinaus keine
öffentlichen Interessen berührt.
15
Sie beantragt sinngemäß,
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die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 2. Juli 2003 gegen die
Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 6. Juni 2003 bzgl. der in Ziffern 1 und 2
getroffenen Anordnungen festzustellen und im Übrigen wiederherzustellen bzw.
anzuordnen.
17
Der Antragsgegner beantragt,
18
den Antrag abzulehnen.
19
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie den der dazu beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug
genommen.
20
II.
21
Der Antrag hat Erfolg.
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1. Der sinngemäße Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung analog § 80
Abs. 5 VwGO wegen einer drohenden faktischen Vollziehung durch den Antragsgegner
ist bezüglich der in Ziffer 1 und Ziffer 2 getroffenen Anordnungen in der
Ordnungsverfügung vom 6. Juni 2003 zulässig und begründet.
23
1.1 Der Antrag ist zulässig.
24
Der Antragstellerin steht ein Rechtsschutzbedürfnis für ihr gesamtes Begehren zu,
obwohl bereits ihr Widerspruch gegen die in den Ziffern 1 und 2 enthaltenen
Regelungen der Ordnungsverfügung - wie noch auszuführen sein wird - aufschiebende
Wirkung hat. Denn es droht die Vollziehung durch den Antragsgegner.
25
Der Antragsgegner hat bisher nicht erkennen lassen, dass er angesichts des
Widerspruchs vom 2. Juli 2003 davon ausgeht, dass die Durchführung der in den Ziffern
3 bis 5 enthaltenen Zwangsmaßnahmen rechtlich nicht zulässig wäre. Nach seiner
Auffassung entfaltet der eingelegte Widerspruch gegen die in den ersten beiden Ziffern
getroffenen Regelungen trotz § 80 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) keine
aufschiebende Wirkung. Dies kann daraus gefolgert werden, dass der Antragsgegner
ausweislich seiner Stellungnahme vom 31. Juli 2003 davon ausgeht, dass - nach
Fristablauf - die Voraussetzungen für eine zwangsweise Vorführung vorliegen.
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Auch im Übrigen bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die Zulässigkeit des
Antrags.
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1.2 Der Antrag ist begründet, da dem Widerspruch der Antragstellerin vom 2. Juli 2003
gegen die in den Ziffern 1 und 2 der Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 6.
Juni 2003 enthaltenen Regelungen aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 1 VwGO
zukommt.
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Zweifelhaft ist zunächst, ob die im ersten Satz der Ziffer 1 der Verfügung angeführte
gesetzliche Passvorlagepflicht gemäß § 40 Abs. 1 Ausländergesetz (AuslG) und § 15
Abs. 2 Nr. 4 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) einen Verwaltungsakt im Sinne des § 35
VwVfG darstellt. Denkbar ist, dass der Antragsgegner dadurch nur die gesetzliche
Regelung wiederholen will und die Antragstellerin auf diese Weise lediglich auf das
Bestehen der gesetzlichen Passvorlagepflicht hingewiesen werden soll. Eine solche
Wiederholung bzw. ein solcher Hinweis würde mangels eigener Regelung keinen
Verwaltungsakt darstellen. Es sprechen jedoch gewichtige Indizien für das Vorliegen
eines feststellenden Verwaltungsaktes. Zum einen wird hier nicht der gesamte Inhalt
einer gesetzlichen Regelung wiederholt, sondern eine Zusammenfassung der
Regelungen des § 40 Abs. 1 AuslG und des § 15 Abs. 2 Nr. 4 AsylVfG vorgenommen.
Zum anderen erfolgt eine Konkretisierung der verschiedenen in den genannten
gesetzlichen Regelungen enthaltenen Verpflichtungen auf die Passvorlagepflicht, eine
Individualisierung auf den Adressaten der Vorlage sowie die Konkretisierung der örtlich
zuständigen Ausländerbehörde. Letztlich spricht auch die Stellung des Satzes 1 der
Ziffer 1 dafür. Diese findet sich im klar von dem Begründungstext geschiedenen Tenor
der Verfügung. Würde es sich hier um einen feststellenden Verwaltungsakt handeln,
müsste dem Antragsgegner zum Erlass eines solchen eine - nicht ersichtliche -
Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung stehen.
29
Die Frage der Verwaltungsakts - Qualität des ersten Satzes bedarf jedoch keiner
weiteren Vertiefung, weil die Antragstellerin durch Ziffer 1 Satz 2 aufgefordert wird, die
genannte Pflicht innerhalb einer konkreten Frist zu erfüllen. Dies stellt auf jeden Fall
eine Regelung und damit einen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VwVfG dar.
30
Dieser Verwaltungsakt ist nicht bereits kraft gesetzlicher Regelung sofort vollziehbar. Es
fehlt auch an einer behördlichen Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit gemäß § 80
Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut der Ziffer 6 der
Verfügung wird die sofortige Vollziehbarkeit ausschließlich für die Regelungen der
Ziffern 3 bis 5 - und nicht für die hier in Frage stehende(n) Regelung(en) der Ziffer 1 -
angeordnet.
31
Durch die Erhebung des Widerspruchs am 2. Juli 2003 ist damit die aufschiebende
Wirkung eines Rechtsmittels gemäß § 80 Abs. 1 VwGO eingetreten.
32
Auch bezüglich der Regelungen in Ziffer 2 der Ordnungsverfügung besteht weder eine
gesetzliche noch eine behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit, sodass
dem Widerspruch auch insoweit gemäß § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung
zukommt.
33
Folglich war hier das Bestehen der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen
die in den Ziffern 1 und 2 enthaltenen Regelungen festzustellen.
34
2. Soweit sich der Antrag auf die Wiederherstellung bzw. Anordnung der
aufschiebenden Wirkung bzgl. der in den Ziffern 3 bis 5 der Ordnungsverfügung
enthaltenen Regelungen richtet, hat er ebenfalls Erfolg.
35
Bei der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Abwägung des privaten
Aussetzungsinteresses der Antragstellerin mit dem öffentlichen Interesse an der
sofortigen Vollziehbarkeit der Verfügung überwiegt vorliegend das private
Aussetzungsinteresse.
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Durch die genannten Regelungen sollen die in den Ziffern 1 und 2 enthaltenen
Verpflichtungen zwangsweise durchgesetzt werden.
37
Da diese jedoch - wie unter 1. dargelegt - durch die Erhebung des Widerspruchs
suspendiert worden sind, besteht kein öffentliches Interesse an der sofortigen
Vollziehbarkeit der an die Nichterfüllung dieser Verpflichtungen anknüpfenden bzw.
durch sie bedingten weiteren Regelungen.
38
Daher kam es hier auch nicht darauf an, dass ausweislich des Akteninhalts eine die
Erfordernisse des § 28 VwVfG erfüllende Anhörung der Antragstellerin nicht erfolgt, die
Ordnungsverfügung also - derzeit - formell rechtswidrig ist.
39
Soweit die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit sich entsprechend der
umfassenden Formulierung der Ziffer 6 auch auf die in den Ziffern 3 bis 5 enthaltenen,
bereits auf Grund gesetzlicher Regelung sofort vollziehbaren Androhungen von
Zwangsmitteln erstreckt (§§ 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO, 8 AGVwGO NW), geht sie ins
Leere.
40
Auch wenn der Antrag aus den genannten Gründen im vollen Umfang Erfolg hat, weist
das Gericht zur Vermeidung zukünftiger Verfahren auf Folgendes hin:
41
3. Die unter Verwendung einer Musterverfügung des Innenministeriums des Landes
Nordrhein-Westfalen vom 24. März 2003 (14.1 /VI 2.3) ergangene Ordnungsverfügung
begegnet weiteren rechtlichen Bedenken.
42
3.1. Soweit Ziffer 1 Satz 2 der Ordnungsverfügung zur Erfüllung der
Passvorlageverpflichtung auffordert, konkretisiert diese Regelung die bereits auf Grund
der § 40 Abs. 1 AuslG bzw. § 15 Abs. 2 Nr. 4 AsylVfG bestehende Pflicht, einen gültigen
Nationalpass, Passersatz oder Ausweisersatz zu besitzen und auf Verlangen der
Ausländerbehörde vorzulegen und wandelt die allgemeine und damit jeden Ausländer
treffende gesetzliche Verpflichtung zu einer individuell Verpflichtung. Zudem
konkretisiert sie diese auf die Vorlage des Passes oder Passersatzpapiers an eine
bestimmte Ausländerbehörde. Dazu bedarf der Antragsgegner einer
Ermächtigungsgrundlage bzw. Verwaltungsaktsbefugnis, die dem AuslG nicht zu
entnehmen ist.
43
Nach Auffassung des Gerichts ergibt sich die Befugnis, die öffentlich-rechtliche
Passpflicht im Falle der Nichtbefolgung mit dem Instrument des Verwaltungsaktes zu
konkretisieren, aktualisieren und der Vollstreckbarkeit zuzuführen, aus der
gefahrenabwehrrechtlichen Generalermächtigung des § 14 Abs. 1 OBG.
44
Vgl. auch dazu Beschluss vom 19. November 1999 - 24 L 3441/99 -; dort auch zu den
45
Gegenmeinungen; ferner Beschlüsse des Gerichts vom 15. August 2000 - 24 L 2482/00
-vom 5. März 2001 - 24 L 89/01 -; vom 10. Januar 2003 - 24 L 4859/02 -; vom 19. März
2003 - 24 L 367/03 -; vom 16. Juli 2003 - 24 L 2404/03 -; vom 11. November 2002 - 24 L
2529/02 -, InfAuslR 2003, 63 ff.; der Bay. VGH, Urteil vom 11. Juli 2000 - 10 B 99.3200 -,
NVwZ Beil. I 1/2001, S. 4, 5, sieht hingegen wohl auch die VA-Befugnis in § 40 Abs. 1
AuslG verankert.
Da die Ausländerbehörde hier in ihrer Eigenschaft als Ordnungsbehörde tätig wird
46
vgl. § 1 der Verordnung über Zuständigkeiten im Ausländerwesen vom 6. Dezember
1990 (GV NW 1990, S. 661)
47
und eine Verdrängung der Generalklausel durch spezielle Regelungen nicht ersichtlich
ist, steht gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 OBG der Rückgriff offen.
48
Beschlüsse des Gerichts vom 19. November 1999 - 24 L 3441/99 -; vom 15. August
2000 - 24 L 2482/00 -; vom 5. März 2001 - 24 L 89/01 -; vom 30. Januar 2002 - 24 L
2047/01 -; vom 11. November 2002 - 24 L 2529/02 -, InfAuslR 2003, S. 63 ff.; vom 30.
Mai 2003 - 24 L 1486/03 -; vom 16. Juli 2003 - 24 L 2404/03 - .
49
Der Rückgriff auf § 14 OBG hätte jedoch - genauso wie bei einer Ableitung der
Verwaltungsaktsbefugnis aus § 40 Abs. 1 AuslG - einer individuellen Begründung dafür
bedurft, warum der Erlass eines - die bereits bestehende allgemeine gesetzliche
Verpflichtung konkretisierenden - Verwaltungsaktes erforderlich war. Eine solche
behördliche Entscheidung über die Individualisierung der gesetzlichen Pflicht wäre als
Ermessensentscheidung zu treffen gewesen und hätte in der Begründung auf das
individuelle Vorverhalten und damit auf die Notwendigkeit einer späteren Vollstreckung
Bezug nehmen müssen.
50
Vgl. dazu auch Bay.VGH, Urteil vom 11. Juli 2000 - 10 B 99.3200 -, NVwZ Beil. I 1/2001,
S. 5.
51
3. 2 Soweit Ziffer 2 Satz 1 die persönliche Vorsprache und die Antragstellung der
Antragstellerin verlangt, kann lediglich die in der Verpflichtung zur Vorsprache
mitenthaltene Aufforderung, bei der konsularischen Vertretung des Heimatstaates
persönlich zu erscheinen (= Vorladung, vgl. § 10 Abs. 1 PolG), auf § 70 Abs. 4 Satz 1
AuslG gestützt werden. Danach kann das persönliche Erscheinen des Ausländers bei
der zuständigen Behörde sowie den Vertretungen des Staates, dessen
Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, angeordnet werden, soweit dies zur
Vorbereitung oder Durchführung von Maßnahmen nach diesem Gesetz erforderlich ist.
Diese Vorschrift beinhaltet ausweislich ihrer Formulierung bereits selbst eine
entsprechende Verwaltungsaktsbefugnis. Bei dem Erlass einer solchen Verfügung hat
die Ausländerbehörde Ermessen auszuüben, das sich mit der Erforderlichkeit des
Erscheinens des Ausländers auseinander zu setzen hat.
52
Kloesel/Christ/Häußer, Deutsches Ausländerrecht, 3. Auflage, 1999, § 70 Rn. 19.
53
Eine sofortige Erfüllung der Verpflichtung ist jedoch weder in § 70 Abs. 4 Satz 1 AuslG
noch in § 70 Abs. 1 Satz 1 AuslG vorgesehen. Die dem Ausländer obliegenden
Mitwirkungspflichten sind danach „unverzüglich" zu erfüllen.
54
Zu der Unterscheidung zwischen einer sofortigen und einer unverzüglichen Mitwirkung
vgl. auch Renner, Ausländerrecht - Kommentar, 7. Auflage, 1999, § 70 Rn. 5.
55
Die weiter gehende Verpflichtung dort vorzusprechen, ergibt sich aus dem Wortlaut des
§ 70 Abs. 4 Satz 1 AuslG nicht. Soweit mit dem Terminus „vorsprechen" mehr als ein
persönliches Erscheinen des Ausländers gemeint ist, bleibt offen, auf welche
Ermächtigungsgrundlage sich dieses stützen könnte.
56
Jedenfalls nicht erfasst von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen, ist eine
Pflicht zur Aussage, vgl. Gemeinschaftskommentar zum Ausländerrecht, Bd. 2, Stand 9.
Oktober 2002 / Funke-Kaiser, § 70 Rn. 72; Hailbronner, Ausländerrecht - Kommentar,
Stand 9. Juli 2003, § 70 Rn. 45; ebenso Drews/Wacke/Vogel/Martens,
Gefahrensabwehrrecht, 9. Auflage, S. 191.
57
Das BayObLG, Beschluss vom 11. April 2001 - 3 Z BR 1/01 - NVwZ-Beil. I 10/2001, S.
110 weist darauf hin, dass durch § 70 Abs. 4 Satz 3 AuslG ausschließlich das
persönliche Erscheinen des Ausländers und keine weiteren Mitwirkungspflichten
durchgesetzt werden können;
58
a.A. wohl Bay.VGH, Beschluss vom 23.März 2002 - 24 CS 00.12 -, NVwZ 2000, S. 952;
ebenso, Urteil vom 11. Juli 2000 - 10 B 99.3200 -, NVwZ Beil. I 1/2001, S. 5;
59
auch der Hess. VGH, Urteil vom 27. Dezember 2000 - 11 S 1592/00 - NVwZ Beil I
7/2001, S. 87 sieht zwar in § 15 AsylVfG keine allgemeine Mitwirkungsverpflichtung
verankert, leitet diese aber aus dem Über- und Unterordnungsverhältnis im AsylVfG ab.
Dadurch sei die Ausländerbehörde zur einer Konkretisierung der Mitwirkungspflichten
im Einzelfall ermächtigt.
60
Für abgelehnte Asylbewerber ergeben sich in paralleler Weise die Verpflichtung zum
persönlichen Erscheinen sowie die Verwaltungsaktsbefugnis aus § 15 Abs. 2 Nr. 3
AsylVfG.
61
Die weitere Aufforderung, einen zur Rückkehr berechtigenden Pass oder Passersatz
(Heimreisedokument) dort zu beantragen, kann nicht aus § 70 Abs. 4 Satz 1 AuslG
abgeleitet werden. Für eine solche Verpflichtung ist dort nichts ersichtlich.
62
Allerdings kann aus § 40 Abs. 2 AuslG i. V. m. § 25 Nr. 2 und Nr. 3 DVAuslG die
Verpflichtung, einen Pass bzw. Ausweisersatz zu beantragen, hergeleitet werden.
63
Denn diese Bestimmungen sehen vor, dass ein Ausländer, der sich im Bundesgebiet
aufhält, verpflichtet ist, unverzüglich einen neuen Pass zu beantragen, wenn der
bisherige Pass aus anderen Gründen als wegen Ablaufs der Gültigkeitsdauer ungültig
geworden oder wenn er abhanden gekommen ist und unverzüglich einen
Ausweisersatz zu beantragen hat, wenn er einen gültigen Pass weder besitzt noch
erlangen kann.
64
Das gilt jedoch nicht für die Verpflichtung zur Beantragung eines Passersatzpapiers
oder des hier eigentlich vom Antragsgegner gewollten - weil für eine Abschiebung
erforderlichen und ausreichenden - sog. Heimreisedokuments. Ein solches Dokument
ist von der in § 40 Abs. 1 und Abs. 2 i.V.m. 25 DVAuslG normierten gesetzlichen
Verpflichtung zur Antragstellung nicht erfasst.
65
Vgl. dazu, dass es keinen Verstoß gegen die Mitwirkungspflichten aus § 15 AsylVfG und
§ 12 DVAuslG bedeutet, wenn ein Ausländer sich weigert, eine sog.
Freiwilligkeitserklärung zur Beantragung von Passersatzpapieren abzugeben, Erlass
des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 8. März 2001, I B 1- VI
4.1.1 (zu § 57 Abs. 3 Satz 2 AuslG).
66
§ 14 DVAuslG legaldefiniert, welche Papiere als Passersatz eingeführt bzw. zugelassen
werden. Die in § 14 Abs. 1 DVAuslG genannten Dokumente können keine sog.
Heimreisedokumente sein, da es sich um Dokumente der Bundesrepublik Deutschland
handelt. Soweit § 14 Abs. 2 DVAuslG in Nr. 11 und 12 nicht nur auf Grund
supranationaler Vereinbarungen ausgestellte, sondern auch rein ausländische
Dokumente nennt, setzt deren Qualifizierung als Passersatzpapier ihre Anerkennung
durch den Bundesminister des Inneren voraus. Dies ist bei sog. Heimreisedokumenten
nicht der Fall. Eine solche Anerkennung ist auch grundsätzlich nicht denkbar, da die
Gleichstellung von Passersatz und Ausweisersatz im Verhältnis zum Pass lediglich
deswegen erfolgt, weil mit diesen Dokumenten die Identität des Ausländers ausreichend
nachgewiesen wird.
67
Renner, § 40 Rn. 5.
68
Dies ist bei Heimreisedokumenten, wie im Folgenden ausgeführt wird, nicht der Fall.
69
Für die Verpflichtung zur Beantragung eines Heimreisedokuments ist auf
ausländerrechtlicher Basis daher keine Ermächtigungsgrundlage ersichtlich.
70
Soweit § 15 Abs. 2 Nr. 6 AsylVfG für nach erfolglosen Asylverfahren ausreisepflichtige
Ausländer die Verpflichtung normiert, im Falle des Nichtbesitzes eines gültigen Passes
oder Passersatzes an der Beschaffung eines Identitätspapiers mitzuwirken, dürfte sie
sich ebenfalls nicht auf die Beantragung von Heimreisedokumenten erstrecken. Denn
bei diesen handelt es sich nicht um Identitätspapiere. In der Regel werden die
Heimreisedokumente dem Ausländer selbst nicht unmittelbar ausgehändigt, sondern
allein der die Abschiebung betreibenden Ausländerbehörde. Folglich ist der Ausländer
nicht in der Lage, seine Identität durch dieses Papier nachzuweisen. Auch der
Ausländerbehörde dienen diese Papiere nicht zur Identifizierung des Inhabers, sondern
zur Durchführung der Abschiebung.
71
A. A. Hess. VGH, Urteil vom 27. Dezember 2000 - 11 S 1592/00 - NVwZ Beil. I 7/2001,
S. 88, wonach die zur Heimreise berechtigenden Papiere auch Identitätspapiere seien.
72
Die in Ziffer 2 Satz 2 enthaltene Anordnung, das Heimreisedokument in der in Ziffer 1
genannten Frist der Ausländerbehörde zu übergeben, weicht von der in § 40 Abs. 1
AuslG verwendeten Formulierung ab. § 40 Abs. 1 AuslG sieht die Pflicht vor, einen
Pass, Passersatz oder Ausweisersatz „vorzulegen, auszuhändigen und vorübergehend
zu überlassen". Die Formulierung „zu übergeben" dürfte im Hinblick auf § 37 Abs. 1
VwVfG zu unbestimmt sein.
73
Auch die in § 40 Abs. 2 AuslG i.V.m. § 25 Nr. 5 AuslG normierte Pflicht des Ausländers,
der Ausländerbehörde unverzüglich den neuen Pass oder Passersatz „vorzulegen",
entspricht nicht der hier geforderten „Übergabe".
74
Ergänzend sei auf die Bindung der Vorlage an die Frist der Ziffer 1 hingewiesen, die
durchaus mit einer nur zu fordernden unverzüglichen Erfüllung kollidieren kann.
75
Soweit der Antragstellerin zur Übergabe eine Frist bis zum 7. Juli 2003 (also von ca.
einem Monat ab Zustellung der Verfügung) gesetzt wird, ist zu berücksichtigen, dass
auch der mitwirkungswillige Ausländer keinen Einfluss darauf hat, wann ein von ihm
beantragter Nationalpass, Passersatz oder beantragtes Heimreisedokument tatsächlich
ausgestellt wird.
76
Vgl. dazu Beschlüsse des Gerichts vom 5. März 2001 - 24 L 89/01 -; vom 30. Januar
2002 - 24 L 2047/01 -.
77
Die in Ziffer 3 Satz 1 eingeräumte Möglichkeit, die angedrohten Zwangsmittel dadurch
abzuwenden, dass die Antragstellerin einen von der Botschaft bestätigten Nachweis
beibringt, wonach dort eine persönlich Vorsprache erfolgt und ein Heimreisedokument
beantragt worden ist, kann im Einzelfall ein unmögliches Verlangen darstellen. Dies gilt
z.B. dann, wenn eine Botschaft - wie gegenwärtig die irakische - dauerhaft geschlossen
ist, oder dem Ausländer die Ausstellung der Bestätigung aus Gründen, die nicht von ihm
zu vertreten sind, verweigert wird. Hier wird es also maßgeblich darauf ankommen
müssen, ob die Nichterfüllung der Pflicht aus Gründen erfolgt, die der Ausländer nicht zu
vertreten hat.
78
3.3 Soweit der Antragsgegner der Antragstellerin in Ziffer 3 Satz 1 für den Fall, dass sie
binnen der genannten Frist der Ausländerbehörde weder ein Heimreisedokument noch
einen von der Botschaft bestätigten Nachweis über die persönliche Vorsprache und die
Beantragung eines Heimreisedokuments beibringe, „gemäß § 70 Nr. 4 Satz 2 AuslG die
zwangsweise Vorführung bei der Botschaft bzw. dem Konsulat Ihres angegebenen
Heimatstaates" androht, erscheint zunächst einmal fraglich, ob die zwangsweise
Vorführung der Antragstellerin an die dort genannten Bedingungen geknüpft werden
darf. Hier bestehen die oben dargestellten Bedenken hinsichtlich der Frage, ob ihr
überhaupt die Pflicht zur „Vorsprache" und zur Beantragung eines
Heimreisedokumentes durch Verwaltungsakt auferlegt werden kann. Zudem bestehen
die dargestellten Bedenken bzgl. der Nachweisobliegenheit in der gesetzten Frist.
79
Darüber hinaus ist die Androhung der zwangsweisen Vorführung zumindest insoweit
irreführend, als sie sich ausdrücklich auf § 70 Abs. 4 Satz 2 AuslG stützt. Dort ist eine
Androhung nicht vorgesehen. Nach dem Wortlaut dieser Norm besteht weder die
Notwendigkeit zur Androhung einer Vorführung noch eine explizite Ermächtigung dazu.
80
Fraglich ist zudem, unter welchen Voraussetzungen die zwangsweise Durchsetzung der
Pflicht zum persönlichen Erscheinen, die Vorladung, im Ausländerrecht möglich ist. Die
Ausländerbehörde kann sich nach dem Wortlaut des § 70 Abs. 4 Satz 2 AuslG auf die
hier wohl enthaltene Eingriffsbefugnis zur „zwangsweisen" Durchsetzung der
Anordnung des persönlichen Erscheinens stützen.
81
§ 70 Abs. 4 Satz 3 AuslG verweist dazu auf §§ 40 Abs. 1 und 2, 41, 42 Abs. 1 Satz 1 und
3 Bundesgrenzschutzgesetz (BGSG). Diese Normen regeln Verfahrenserfordernisse der
Durchführung einer Vorführung. § 40 Abs. 1 und 2 BGSG legen das Erfordernis einer
(amts-)richterlichen Entscheidung für solche Maßnahmen fest, die als
Freiheitsentziehung zu qualifizieren sind. § 41 BGSG regelt weitere Anforderungen an
die Behandlung einer festgehaltenen Person und § 42 Abs. 1 Satz 1 und 3 BGSG
82
bestimmt die zulässige Dauer der Freiheitsentziehung.
Problematisch ist, ob damit abschließend die Anforderungen an die Vorführung eines
Ausländers, also die Durchsetzung der Vorladung im Wege des unmittelbaren Zwangs,
geregelt sind.
83
Nach dem allgemeinen Vollstreckungsrecht wäre die - hier erfolgte - Androhung der
Vorführung erforderlich, §§ 55 Abs. 1, 63, 64, 65 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NW
(VwVG). Auch das allgemeine Ordnungsrecht setzt bei einer Vorführung zum Zwecke
der erkennungsdienstlichen Behandlung gemäß §§ 24 Nr. 2 OBG, 10 Abs. 3 Satz 1 Nr.
2, Satz 2 PolG i.V.m. §§ 55 Abs. 1, 63, 64, 65 VwVG neben weiteren besonderen
Anforderungen voraus, dass eine Androhung erfolgt ist.
84
Vgl. Habermehl, Polizei- und Ordnungsrecht, 2. Auflage, 1993, Rn. 573; Möller, Rn. 284;
Lisken/Denninger, Rn. F 267.
85
Ob auch bei der zwangsweisen Durchsetzung der Vorladung nach dem AuslG der
Erlass einer Vorführungsandrohung im ergänzenden Rückgriff auf das allgemeine
Vollstreckungsrecht notwendig ist, ist in der Rechtsprechung - soweit ersichtlich - noch
ungeklärt.
86
Nach der gesetzgeberischen Begründung der Neuregelung des § 70 Abs. 4 AuslG, BT -
Drucks. 13 /5986, S. 13 (zitiert nach Kloesel/Christ/Häußer, zu § 70) war die Schaffung
der hiesigen Rechtsgrundlage gerade deswegen erforderlich, weil „mit dem
polizeirechtlichen Instrumentarium [...] eine zwangsweise Vorführung zu den
Heimatvertretungen zwecks Passbeschaffung nicht sichergestellt" ist. Die Begründung
nahm dabei auf die u.a. in Nordrhein-Westfalen bestehende Beschränkung der
zwangsweisen polizeirechtlichen Vorladung (=Vorführung) auf die Fälle einer Gefahr für
Leib, Leben oder Freiheit einer Person sowie zur Durchsetzung erkennungsdienstlicher
Maßnahmen Bezug. Dies spricht dafür, dass hier eine von den übrigen
Vollstreckungsvoraussetzungen unabhängige, selbstständige Ermächtigungsgrundlage
geschaffen werden sollte. Zum Bestehen einer diesbzgl. Ermächtigungslücke im
Allgemeinen Polizeirecht, vgl. auch Riegel, S. 133; vgl. zum allgemeinen Streit über die
Durchsetzung von Standardmaßnahmen, Möller, Rn. 187; Hailbronner, § 70 Rn. 45 sieht
hier zwar mit Verweis auf die Gesetzesbegründung eine neue Ermächtigungsgrundlage
geschaffen, verweist aber dennoch auf das allgemeine Vollstreckungsrecht zur
Durchsetzung der Vorführung.
87
Erachtet man - hiervon ausgehend - die Androhung des Zwangsmittels für erforderlich,
88
so wohl VG München, vom 23. Oktober 1998, - M 7 S 98.3492 - NVwZ 1999 Beil. Nr. 4
37-38; Funke-Kaiser, Gemeinschaftskommentar / Funke-Kaiser, § 70 Rn. 74;
Hailbronner, § 70 Rn. 45;
89
auch der BayObLG, Beschluss vom 11. April 2001 - 3 Z BR 1/01 - NVwZ-Beil. I 10/2001,
S. 110 hält den Verweis auf § 70 Abs. 4 Satz 3 AuslG für die zwangsweise
Durchsetzung für nicht abschließend und zieht ergänzend das
Landesvollstreckungsrecht heran; ebenfalls Bay.VGH, Urteil vom 11. Juli 2000 - 10 B
99.3200 -, NVwZ Beil. I 1/2001, S. 5; dieser hält zudem die Verhängung von
Zwangsgeld gegenüber Asylberwerbern nicht stets für nicht Erfolg versprechend.
90
wäre folglich eine durch das individuelle Vorverhalten des Ausländers begründete
Ermessensentscheidung bezüglich der Auswahl des Zwangsmittels zu treffen.
91
Hinsichtlich der in Ziffer 3 Satz 2 vorgesehenen Erstreckung der Vorführungsandrohung
auf die Möglichkeit, mit den diplomatischen Vertretern des Heimatstaates der
Antragstellerin ausserhalb des Vertretungssitzes einen Termin an anderem Ort in
Nordrhein-Westfalen oder in anderen Bundesländern wahrzunehmen, ist problematisch,
dass die Vorführung und damit die zwangsweise Durchsetzung einer
ordnungsbehördlichen Maßnahme „angedroht" wird, die der Antragstellerin zuvor
überhaupt nicht als (vollstreckbare) Handlungspflicht durch Verwaltungsakt aufgegeben
wurde. Die zuvor in der Ordnungsverfügung normierte Handlungspflicht des
persönlichen Erscheinens und der Antragstellung waren ausschließlich auf die
konsularische Vertretung ihres Heimatstaates in Frankfurt beschränkt.
92
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Vorführung bei einer entfernt
gelegenen Botschaft um eine Freiheitsentziehung im Sinne der § 40 Abs. 1 BGSG i.V. m
§§ 1, 2 Freiheitsentziehungsgesetz (FeVG) handeln kann.
93
Nach dem BayObLG, Beschluss vom 11. April 2001 - 3 Z BR 1/01 - NVwZ-Beil. I
10/2001, S. 110, ist die Vorführung bei einer Botschaft, die mit einer
Ingewahrsamnahme verbunden ist, jedenfalls eine Freiheitsentziehung.
94
Zur ausländerrechtlichen Literatur, vgl. Funke-Kaiser, Gemeinschaftskommentar, § 70
Rn. 74; danach stellen die im Zusammenhang mit der Anwendung unmittelbaren
Zwangs notwendig werdenden Maßnahmen freiheitsbeschränkender Art nach
obergerichtlicher Rechtsprechung bei der Abschiebung grundsätzlich keine
Freiheitsentziehung dar; zuletzt zur Abgrenzung von Freiheitsbeschränkung und
Freiheitsentziehung im Bereich der Abschiebungsvorbereitung: Kammergericht,
Beschluss vom 30. August 2002, NVwZ-Beil. I 4/2003, S. 30 ff. mit umfangreichen
Nachweisen aus der Rechtsprechung.
95
Im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht handelt es sich nach Möller, a.a.O. Rn. 285
bei einer Vorführung immer um eine Freiheitsentziehung im Sinne des Art. 104 Abs. 2
GG, die eine richterliche Anordnung erforderlich macht; ähnlich auch Riegel, S. 134,
wonach ein Festhalten zur Identitätsfeststellung einschließlich der
erkennungsdienstlichen Behandlung bei der Vorführung eine Freiheitsentziehung ist.
96
A.A. Drews/Wacke, S. 191; Götz, Rn. 286, Lisken/Denninger, Rn. F 274, dort ebenfalls
zur Abgrenzungsproblematik, wonach es sich bei einer Vorführung grundsätzlich nicht
um eine Freiheitsentziehung, sondern nur um eine Freiheitsbeschränkung handelt.
97
In diesem Fall wären neben § 70 Abs. 4 Satz 3 AuslG i.V.m. §§ 40 Abs. 1 und 2, 41, 42
Abs. 1 Satz 1 und 3 BGSG gemäß § 1 FeVG auch die Vorschriften des FeVG zu
beachten. Eine Freiheitsentziehung wäre danach gemäß §§ 40 Abs. 1 BGSG, 3 FeVG
nur auf Grund richterlicher Anordnung möglich. Damit berühmt sich der Antragsgegner
mit der „Androhung" der Vorführung bei weiter entfernten konsularischen Vertretungen
unter Umständen einer Befugnis, die ihm selbst nicht zusteht, da er auf eine solche
richterliche Anordnung der Freiheitsentziehung angewiesen wäre.
98
3.4 Die in Ziffer 4 Satz 1 der Ordnungsverfügung getroffene Anordnung erscheint zu
unbestimmt ( § 37 VwVfG). Der Antragstellerin drohen nach der Formulierung dieser
99
Regelung die aufgezeigten Konsequenzen, soweit sie nicht kumulativ alle in den Ziffer 1
und 2 der Verfügung aufgeführten Verpflichtungen erfüllt. Sobald also eine der Pflichten
nicht erfüllt wird, könnte dies bedeuten, dass die aufgezeigten weiteren Folgen eintreten
sollen. Die vom Antragsteller gewählte Formulierung ist daher zumindest mehrdeutig
und lässt die Antragstellerin darüber im Unklaren, welche Voraussetzungen sie erfüllen
muss, um die angedrohten Konsequenzen zu vermeiden.
Zudem ist zweifelhaft, auf welche Ermächtigungsgrundlage sich die verschiedenen
Vorlageverpflichtungen stützen. Der Rückgriff auf die Generalermächtigung des § 14
OBG würde zunächst das Bestehen einer allgemeinen gesetzlichen Verpflichtung bzgl.
des abverlangten Handelns voraussetzen.
100
Die Pflicht zur Vorlage der „Unterlagen und Prüfungsmittel" ergibt sich nicht aus § 70
Abs. 1 AuslG. Zwar wird dort dem Ausländer auferlegt, „die erforderlichen Nachweise
über seine persönlichen Verhältnisse, sonstige erforderliche Bescheinigungen und
Erlaubnisse sowie sonstige erforderliche Nachweise, die er erbringen kann,
unverzüglich beizubringen". Diese Obliegenheit bezieht sich jedoch nur auf für den
Ausländer günstige Umstände und Nachweise, um die es sich hier nicht handelt.
101
§ 40 Abs. 1 AuslG begründet eine Vorlagepflicht nur für einen Pass, Passersatz oder
einen Ausweisersatz also nicht für die hier genannten „Unterlagen und Prüfungsmittel".
102
Auch aus § 40 Abs. 2 AuslG i. V. m. § 25 Nr. 6 DVAuslG kann die Pflicht zur Vorlage der
hier betroffenen Dokumente nicht abgeleitet werden, da nur von „einer Behörde der
Bundesrepublik Deutschland ausgestellte" Dokumente erfasst sind.
103
Eine ausländerrechtlich normierte Verpflichtung im auferlegten Sinn und Umfang ist
daher nicht ersichtlich.
104
Für die den asylverfahrensrechtlichen Regelungen unterfallenden Ausländer bestimmt §
15 Abs. 2 Nr. 6 AsylVfG, dass sie im Falle des Nichtbesitzes eines gültigen Passes oder
Passersatzes an der Beschaffung eines Identitätspapiers mitzuwirken verpflichtet sind.
105
In den § 15 AsylVfG ff. sind einzelne Mitwirkungspflichten erstmals gesetzlich geregelt
worden, vgl. Renner, § 15 AsylVfG Rn. 2.
106
Wie ausgeführt, dürfte es sich bei Heimreisedokumenten jedoch nicht um solche
Identitätspapiere handeln. Zusätzlich legt § 15 Abs. 2 Nr. 5 AsylVfG fest, dass die
hiervon betroffenen Ausländer Urkunden und sonstige Unterlagen, die in ihrem Besitz
sind, den mit der Ausführung des Gesetzes betrauten Behörden vorzulegen,
auszuhändigen und zu überlassen haben. Die Verpflichtung zur Vorlage der vom
Antragsgegner geforderten Dokumente kann einen Ausländer auf Grund dieser
gesetzlichen Verpflichtung daher nur treffen, soweit sich diese bereits in seinem Besitz
befinden.
107
Die Beschaffung der „von der konsularischen Vertretung ihres Heimatstaates
geforderten Unterlagen und Prüfungsmittel" zur Vorlage bei der Ausländerbehörde ist
dagegen vom Gesetz nicht erfasst. Lediglich die Vorlagepflicht bzgl. „aller ggf. in Ihrem
Besitz befindlichen iranischen Originaldokumente" könnte im Falle der Antragstellerin -
als abgelehnter Asylbewerberin - auf diese Norm gestützt werden.
108
Die desweiteren geforderten Unterlagen fallen auch nicht unter die in § 15 Abs. 3 Nr. 3
AsylVfG genannten und damit gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 5 AsylVfG vorzulegenden Papiere.
Die dort aufgeführten, bereits von einem anderen Staat erteilten, Visa,
Aufenthaltsgenehmigungen und sonstige Grenzübertrittspapiere betreffen Dokumente
von Drittstaaten (also weder solche der Bundesrepublik Deutschland noch des
Heimatlandes).
109
Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass von einem Ausländer in der Regel - anders
als bei der Antragstellerin im vorliegenden Fall - schon deswegen nicht die Vorlage von
Antragsdokumenten verlangt werden kann, weil dies für ihn unter Umständen etwas
tatsächlich Unmögliches ist, § 44 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG. Die Praxis vieler
Auslandsvertretungen geht nämlich nach der Erfahrung des Gerichts dahin, die einen
ausreiseunwilligen Ausländer betreffenden Unterlagen unmittelbar der die Abschiebung
betreibenden Ausländerbehörde auszuhändigen.
110
Eine ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung der Antragstellerin, die geforderten vier
Passbilder - angefertigt, mit Kopfbedeckung - vorzulegen, ist nicht ersichtlich.
111
A.A. wohl Bay. VGH, Beschluss vom 23.März 2002 - 24 CS 00.12 -, NVwZ 2000, 952,
der eine Ermächtigungsgrundlage in § 70 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 AuslG sieht. Aus der
Passvorlagepflicht wird dabei sowohl die Mitwirkungspflicht zur Beschaffung von
Heimreisedokumenten als auch die Ermächtigung zur Anordnung, Passfotos mit
Kopfbedeckung anfertigen zu lassen, abgeleitet.
112
Allerdings hat das erkennende Gericht schon mehrfach entschieden, dass einer
Ausländerin die Erfüllung der Passvorlagepflicht nicht dadurch unzumutbar wird, dass
der Heimatstaat die Vorlage von Passfotos mit Kopfbedeckung fordert.
113
Beschlüsse des Gerichts vom 30. Januar 2002 - 24 L 2047/01 -; vom 10. Januar 2003 -
24 L 4859/02 -; vgl. auch Bay.VGH, Beschluss vom 23. März 2000 - 24 CS 00.12 - ;
NVwZ 2000, S. 950, 952,
114
Dies gilt auch für zum christlichen Glauben konvertierte Iranerinnen.
115
Beschlüsse der Kammer vom 11. November 2002 - 24 L 2529/02 -, InfAuslR 2003, 63 ff.;
und vom 16. Juli 2003 - 24 L 2404/03 -.
116
Ob Gleiches auch für die hier getroffene Anordnung der Ausländerbehörde zu gelten
hat, ist noch offen.
117
Soweit sich in der Ordnungsverfügung darüber hinaus die Verpflichtung findet, den
Antrag auf Erteilung eines Heimreisedokuments zu unterschreiben, gelten die oben
gemachten Ausführungen zur Vorlagepflicht der geforderten Dokumente entsprechend.
Diesbezügliche Mitwirkungsverpflichtungen sind nur für die Beantragung von Pass,
Passersatzpapier und Ausweisersatz- bzw. Identitätspapieren denkbar. Für die
Beantragung von Heimreisedokumenten ist eine gesetzliche Unterschriftsverpflichtung
weder auf ausländerrechtlicher noch auf asylverfahrensrechtlicher Grundlage
ersichtlich.
118
Die Ermächtigungsgrundlage zum Erlass der in Ziffer 4 Satz 3 geregelten
Duldungsverpflichtung mag sich aus § 41 Abs. 6 AuslG ergeben, wo die Duldungspflicht
119
des Ausländers bzgl. der erkennungsdienstlichen Behandlung ausdrücklich vorgesehen
ist.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. Februar 2000 - 18 B 2497/98 - NVwBl. 2001, 61;
nach der Begründung zum Gesetzentwurf (vgl. Kloesel/Christ/Häußer, zu § 41, handelt
es sich bei Abs. 4 (a.F.) jedoch nur um die notwendige verwaltungsrechtliche
Bezugsnorm für den Straftatbestand des § 90 (jetzt 92) Abs. 1 Nr. 5 AuslG.
120
Der Erlass einer solchen, die allgemeine gesetzliche Pflicht konkretisierenden
Anordnung, würde jedoch wiederum eine begründete Ermessensentscheidung
voraussetzen. Eine solche Duldungsverfügung könnte dann auch im Wege des
Verwaltungszwangs durchgesetzt werden.
121
Huber/Weichert, Handbuch des Ausländer- und Asylrechts, Stand 1. Februar 2002, § 41
Rn. 23; Hailbronner, § 41 Rn. 30.
122
Dazu wäre - anders als in der Verfügung erfolgt - eine Androhung des konkreten
Zwangsmittels erforderlich.
123
Trotz des Wortlauts des § 41 Abs. 6 AuslG sprechen jedoch gewichtige Argumente
dafür, dass der Erlass einer solchen Duldungsverfügung hier nicht erforderlich war. Bei
Anordnung einer - von Identitätsfeststellungsmaßnahmen zu unterscheidenden, § 41
Abs. 1 AuslG - erkennungsdienstlichen Behandlung handelt es sich nämlich um eine
Standardmaßnahme (vgl. § 14 PolG).
124
vgl. Möller, Rn. 271.
125
Diese berechtigt die Behörde unmittelbar zur Durchführung. Die Anordnung der
erkennungsdienstlichen Behandlung würde damit gleichzeitig bereits die Möglichkeit
einer zwangsweise Durchsetzung enthalten, ohne dass es der allgemeinen
verwaltungsvollstreckungsrechtlichen Mittel bedürfte.
126
Habermehl, Rn. 512, 513; für § 81 b StPO ebenso Kleinknecht / Meyer- Großner, StPO,
45. Auflage, 2001, § 81 b Rn. 15; a.A. Vahle, Polizei 87, 242 wonach die Bestimmungen
des Polizeirechts anwendbar seien; ausdrücklich mit Verweis auf die allgemeinen
Vollstreckungsvorschriften auch Renner, § 41 Rn. 7, ebenso Kloesel/Christ/Häußer, §
41 Rn. 21;
127
vgl. zum allgemeinen Streit über die Durchsetzung von Standardmaßnahmen, Möller,
Rn. 187, wonach sich jedenfalls aus § 81 b StPO unmittelbar die Ermächtigung zur
zwangsweisen Durchsetzung ergeben soll, Rn. 301.
128
Danach wäre die Verpflichtung der Antragstellerin zur Duldung der
erkennungsdienstlichen Behandlung überflüssig;
129
so z.B. auch § 16 AsylVfG.
130
Zudem erscheint fraglich, ob der angeordnete Maßnahmenkanon bezüglich der
erkennungsdienstlichen Behandlung von der Reichweite der Ermächtigung der §§ 41
Abs. 2, 81 b StPO gedeckt ist.
131
Für von einer ausländischen Mission geforderte Fotos dürfte dies jedenfalls nicht gelten.
132
Denn die Anfertigung von Fotos (unter Tragen eines Kopftuchs) dient hier nicht der
(Vorbereitung der) Identifizierung, sondern soll im Iran geltende Bekleidungsvorschriften
zum Zwecke der Beantragung eines Heimreisedokumentes erfüllen.
133
§ 41 Abs. 2 AuslG i.V. m. § 81 b StPO schafft ferner lediglich eine subsidiäre
Ermächtigungsgrundlage zur Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung.
Zunächst sind gemäß § 41 Abs. 1 StPO Identitätsfeststellungsmaßnahmen
vorzunehmen.
134
vgl. Kloesel/Christ/Häußer, § 41 Rn. 7.
135
Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen des § 41 Abs. 3 bis 5 AuslG vorliegen
könnten, bestehen nicht.
136
Zur grundsätzlichen Subsidiarität der erkennungsdienstlichen Behandlung im Verhältnis
zur Identitätsfeststellung, vgl. Götz, Rn. 511.
137
Nur wenn die Identität in anderer Weise, „insbesondere durch Anfragen bei anderen
Behörden nicht oder nicht rechtzeitig oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten
festgestellt werden kann", ist gemäß § 41 Abs. 2 AuslG die Durchführung einer
erkennungsdienstlichen Behandlung zulässig. Damit erfordert die Anordnung der
erkennungsdienstlichen Behandlung eine individuelle Begründung, für die vorliegend
nichts ersichtlich ist. Aus der Ordnungsverfügung geht nicht hervor, dass die Identität der
Antragstellerin überhaupt fraglich ist.
138
Ebenso wenig wird deutlich, dass die vorrangig genannten Maßnahmen zur
Identifizierung bereits durchgeführt worden und erfolglos geblieben sind oder dass sie
nicht rechtzeitig oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten durchführbar wären.
139
Vor dem Hintergrund der Subsidiarität erscheint auch die Regelung, dass solche
Maßnahmen bereits vorgenommen werden sollen, wenn sie zur Identifizierung
„beitragen können", nicht von der Ermächtigungsgrundlage der § 41 Abs. 2 AuslG i. V.m.
§ 81 b StPO gedeckt.
140
Gegenüber abgelehnten Asylbewerbern ergibt sich die Ermächtigung bzw.
Verpflichtung, die Identität eines Ausländers zu sichern und erkennungsdienstliche
Maßnahmen durchzuführen aus § 16 Abs. 1 AsylVfG (i.d. Fassung des Art 12 Nr. 1 lit. e,
des Gesetzes vom 9. Januar 2002, BGBl. I S. 361). Die erkennungsdienstliche
Behandlung ist danach zwar nicht an die engeren Voraussetzungen des § 41 AuslG
geknüpft, jedoch auch hier ausschließlich zur „Identitätssicherung" vorgesehen. Dies
wäre vorliegend wohl nicht der Fall.
141
Zudem dürfte zweifelhaft sein, ob sich aus der genannten Norm eine
Ermächtigungsgrundlage auch für den - hier vorliegenden - Fall ergibt, dass eine
erkennungsdienstliche Behandlung bereits bei Antragstellung beim Bundesamt für die
Anerkennung ausländischer Flüchtlinge erfolgt ist, sodass die hier abverlangte
Maßnahme eine erneute erkennungsdienstliche Behandlung darstellen würde, ohne
dass eine weitere Asylantragstellung vorläge.
142
3.5. Hinsichtlich der in Ziffer 5 Satz 1 der Verfügung getroffenen Androhung der
zwangsweisen Vorführung bei Vertretungen weiterer Staaten stellt sich erneut die Frage
einer individuell ausreichend begründeten Ermessensentscheidung. Darüber hinaus
wird der Antragstellerin erneut ein Zwangsmittel angedroht, obwohl ihr eine zu Grunde
liegende Handlungspflicht, nämlich das persönliche Erscheinen bzw. die Vorladung zu
den genannten Vertretungen „weiterer Staaten" zuvor gar nicht im Wege eines
durchsetzbaren Verwaltungsaktes aufgegeben worden ist. Dies gilt auch für das
Erscheinen bei Aussenterminen.
143
Soweit Ziffer 5 Satz 2 der Verfügung vorsieht, dass Ziffer 4 auch entsprechende Geltung
für die Beweiserhebung und -führung im Verhältnis zu anderen Staaten haben soll, sei
auf die Ausführungen zu Ziffer 3 Satz 2 verwiesen.
144
3.6 Das erkennende Gericht hat es in der Vergangenheit für rechtmäßig erachtet, einen
Ausländer, der sich zuvor geweigert hatte, seiner gesetzlichen Passvorlagepflicht
freiwillig nachzukommen, durch Ordnungsverfügung unter Androhung der sofortigen
Vollziehung aufzufordern, innerhalb eines Monates ab Zustellung den für den Aufenthalt
im Bundesgebiet erforderlichen gültigen Nationalpass vorzulegen und ihm für den Fall
nicht fristgerechter freiwilliger Befolgung ein Zwangsgeld in Höhe von 100,- Euro
anzudrohen, verbunden mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der Beantragung von
Ersatzzwangshaft beim Verwaltungsgericht. Dabei hatte die erlassende
Ausländerbehörde zugleich klargestellt, dass von Vollstreckungsmaßnahmen Abstand
genommen werde, wenn der Ausländer nachweise, einen Nationalpass oder einen
Passersatz beantragt zu haben oder aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen an der
Antragstellung bei der für ihn zuständigen Mission seines Heimatlandes gehindert
gewesen zu sein.Ferner wurde die Möglichkeit eingeräumt, die Vollstreckung durch die
Mitwirkung bei der eventuell notwendigen Beschaffung von Heimreisedokumenten
abzuwenden.
145
Vgl. Beschlüsse des Gerichts vom 19. Mai 2003 - 24 L 367/03 -; vom 30. Mai 2003 -24 L
1486/03 -; vom 23. Juni 2003 - 24 L 2078/03 -, vom 16. Juli 2003 - 24 L 2404/03 - .
146
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ist
nach den §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 20 Abs. 3 GKG erfolgt. Dabei hat das Gericht die
Passvorlageverpflichtung und die Vorladung je mit einem halben Regelwert zu Grunde
gelegt, den für den Fall der Nichtbefolgung angedrohten Maßnahmen als Annexen zu
jenen dagegen keine eigene Relevanz im Hinblick auf den Streitwert beigemessen.
147
148