Urteil des VG Düsseldorf vom 15.04.2009

VG Düsseldorf: wirtschaftliche leistungsfähigkeit, öffentliche aufgabe, satzung, jugendhilfe, kinderbetreuung, freie mitarbeit, jugendamt, gemeinde, erlass, eltern

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 24 K 5867/08
Datum:
15.04.2009
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
24. Kammer
Entscheidungsart:
Gerichtsbescheid
Aktenzeichen:
24 K 5867/08
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden,
wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit
in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d :
1
Die Kläger sind die Eltern des am 00.00.2002 geborenen Kindes U, das seit September
2005 den Kindergarten E besucht. Wegen des gleichzeitigen Besuchs eines
Geschwisterkindes waren die Kläger bis zum Juli 2007 für U vom Elternbeitrag befreit;
für das Kindergartenjahr 2007/2008 war ein Beitrag von monatlich 235,19 EUR
festgesetzt gemäß der angegebenen, damals höchsten Einkommensstufe von über
61.000 EUR.
2
Mit Wirkung zum Kindergartenjahr 2008/2009 hat die Beklagte unter dem 11. März 2008
eine auf das KiBiz gestützte neue Elternbeitragssatzung erlassen, die nun den Bereich
von Einkommen oberhalb von 61.000 EUR in 4 weitere Stufen unterteilt und
entsprechend erhöhte Elternbeiträge vorsieht.
3
Auf die Nachfrage der Beklagten vom 21. Mai 2008 hin, gaben die Kläger ihr
Einkommen im Kalenderjahr 2007 mit "über 100.000 EUR" an, was der neuen
Höchstbeitragsstufe entspricht. (5 GA) Darauf bezogen erließ die Beklagte unter dem
27. Juli 2008 den hier angefochtenen Beitragsbescheid, in dem sie für das
Kindergartenjahr 2008/2009 den monatlichen Elternbeitrag auf 420,- EUR festsetzte
(Alterstufe 2 bis 6 Jahre; 45 Stunden wöchentlich). (31 GA) Unter dem 13. Oktober 2008
änderte die Beklagte diesen Bescheid für die Zeit ab dem Oktober 2008 auf monatlich
345,- EUR, weil die Kläger für U die Betreuung auf 35 Stunden pro Woche
heruntergesetzt hatten.
4
Die Kläger haben am 20. August 2008 Klage erhoben und tragen vor, der neue
Höchstbeitrag verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, weil er das 10-fache
des Eingangsbeitragssatzes betrage; das sei mit dem Postulat der Beitragsgerechtigkeit
bei gleicher Leistung und auch mit dem Gebot staatlicher Unterstützung von Familien
nicht vereinbar; die Bescheidungsklage erziele so eine Kostenüberdeckung und
versuche, Haushaltslücken zu schließen; unter der Annahme, der Elternbeitrag
finanziere den Platz zu einem Drittel, müsste man davon ausgehen, der Platz des
Sohnes U verursache monatliche Kosten von 1.200 EUR, was erfordere, dass die
Beklagte ihr Rechenwerk offen lege; schließlich habe die Beklagte es verabsäumt, die
Eltern wie die Kläger auf die Möglichkeiten hinzuweisen, wie eine solche
Satzungsregelung hätte verhindert werden können.
5
Die Kläger beantragen sinngemäß,
6
den Beitragsbescheid der Beklagten vom 27. Juli 2008 in der
Fassung des Beitragsbescheides vom 13. Oktober 2008 aufzuheben.
7
Die Beklagte beantragt,
8
die Klage abzuweisen.
9
Sie habe den Entwurf der Elternbeitragssatzung den Eltern zugesandt; der
einschlägigen Sitzung des Jugendwohlfahrtsausschusses habe die Klägerin selbst
beigewohnt; der Elternbeitrag sei keine Gebühr im Sinne des KAG und deshalb nicht an
den dortigen Bemessungsprinzipien auszurichten; die gewählte Staffelung der
Einkommenstufen und der darauf entfallenden Beiträge sei ausgewogen; nur 6 % der
Beitragspflichtigen fielen in die nun höchste Stufe; in den mittleren Einkommenstufen sei
der Beitrag nun sogar niedriger als nach dem GTK; es gehe nicht um die Schließung
von Haushaltslücken.
10
Die Beteiligten sind zu der Möglichkeit einer Entscheidung ohne mündliche
Verhandlung durch Gerichtsbescheid mit Verfügung des Gerichts vom 26. August 2008
angehört worden.
11
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie den der dazu beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten
Bezug genommen.
12
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
13
Das Gericht kann gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch
Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten
tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten
zu der Möglichkeit einer solchen Entscheidung gehört worden sind.
14
Die zulässige Klage ist unbegründet.
15
Dass der angefochtene Bescheid die einschlägige Satzung korrekt anwendet und der
Beklagte die dort vorgesehene Ermittlung und Zuordnung des Einkommens der Kläger
ordnungsgemäß vorgenommen hat, ist unter den Beteiligten nicht umstritten.
16
Das Vorbringen der Kläger zielt vielmehr auf die Wirksamkeit der Satzung des
Beklagten vom 11. März 2008. Diese ist nach Ansicht des Gerichts jedoch nicht zu
beanstanden:
17
Was die formelle Rechtmäßigkeit der Satzung und ihren ordnungsgemäßen Erlass
angeht, ist für Zweifel nichts vorgetragen oder ersichtlich.
18
Und auch materiell steht die Satzung mit Gesetz und Verfassung in Einklang.
19
Rechtsgrundlage für den Satzungsgeber ist § 23 Abs. 1 KiBiz
20
Gesetz zur Bildung und Förderung von Kindern (Kinderbildungsgesetz – KiBiz) vom 30.
Oktober 2007 – GV.NW. 2007, S. 462 .
21
Der Rat der Beklagten war für den Erlass der Satzung zuständig.
22
Gerichtsbescheid des Gerichts vom 11. März 2009 – 24 K 4222/08 -.
23
Adressat dieser Satzungsermächtigung ist nicht etwa das "Jugendamt", wie es der
Wortlaut des § 23 KiBiz nahe legen könnte. Vielmehr regelt das Gesetz explizit nur die
Ebene der Einzelfallabwicklung des Beitragsverhältnisses mit dem Instrument des
Verwaltungsaktes.
24
Auf dieser Ebene ist eine Zuordnung der Aufgabe an das Jugendamt
unproblematisch, wie auch § 70 Abs. 2 SGB VIII zeigt, wonach die Geschäfte der
laufenden Verwaltung im Bereich der öffentlichen Jugendhilfe vom Leiter der
Verwaltung der Gebietskörperschaft oder in seinem Auftrag vom Leiter des
Jugendamtes geführt werden.
25
Das KiBiz setzt dabei
26
- wenn man von der beiläufigen Erwähnung "nach kommunalem Satzungsrecht" in §
23 Abs. 2 KiBiz absieht -
27
ungeschrieben eine abstrakt generelle Regelung als untergesetzliche Rechtsgrundlage
dieser Verwaltungsakte voraus. Im Bereich der Selbstverwaltung einer Kommune ist das
genuine Instrument für normative Regelungen die Satzung. Die Organkompetenz für
den Erlass einer Satzung liegt aber beim Rat und ist nicht übertragbar; § 41 Abs. 1 Satz
2 lit. f GO NW. Mithin macht das bereits in § 17 des GTK in seiner letztgültigen Fassung
angelegte und von § 23 KiBiz insoweit ohne die Absicht einer inhaltlichen Änderung
übernommene System der Beitragserhebung nur Sinn, wenn man die Norm dahin
versteht, dass der Adressat der als funktionsnotwendig unterstellten und implizierten
Satzungsbefugnis der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist, nach § 1a Abs. 1
AG-KJHG also die kommunale Selbstverwaltungskörperschaft. Auch § 1a Abs. 2 AG-
KJHG, wonach die Aufgaben des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe durch
das Jugendamt wahrgenommen werden, vermag an der Ratskompetenz für den
Satzungserlass nichts zu ändern. Vielmehr bestimmt § 3 Abs. 1 AG-KJHG, dass
vorbehaltlich speziellerer Regelung im AG-KJHG oder dem SGB VIII die Gemeinde- und
Kreisordnung gelten.
28
Zum grundsätzlichen Vorrang von Ratsbeschlüssen gegenüber Beschlüssen des
29
Jugendhilfeausschusses vgl. etwa Mann/Püttner, Handbuch der kommunalen
Wissenschaft und Praxis, 3. Auf. 2006, § 25 Rdnr. 61;
Auch gebieten Sinn und Zweck der bundesrechtlichen Vorschriften über das Jugendamt
nicht etwa, § 23 KiBiz insoweit beim Wort zu nehmen. Denn Sinn der "Regelungen über
die kommunalen Jugendämter … ist es, den Bürgern, die durch freie Mitarbeit am
Gemeinwohl Gemeinsinn bewiesen haben, Mitverantwortung für die Erziehung der
Jugend zu übertragen, um auf diese Weise den Sachverstand und die großen
Erfahrungen der freien Träger der Jugendhilfe … auch in der öffentlichen Jugendarbeit
zum Tragen zu bringen".
30
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 15. Dezember 1994 – 5 C 30.91 -.
31
Ausgestaltung und Bemessung der Elternbeiträge sind keine Fragen der Erziehung,
sondern solche der sachlichen (also der örtlichen Jugendhilfeplanung im Sinne des §
18 KiBiz) und finanziellen (vgl. dazu §§ 19 ff KiBiz) Planung der Kommune als dem
haftenden örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe.
32
Bezeichnender Weise geht § 23 Abs. 2 KiBiz auch von der ergänzenden Wirkung
eines "kommunalen" also nicht etwa "jugendhilferechtlichen" Satzungsrechtes aus.
33
Zudem ist schon aus Gründen der verfassungsgemäßen Verteilung der
Gesetzgebungskompetenzen der Bund auf die für die Effektivität des Vollzuges des
SGB VIII notwendigen Regelungen beschränkt und muss im Übrigen die Hoheit der
Länder für das Kommunalverfassungsrecht achten.
34
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 15. Dezember 1994 – 5 C 30.91 -.
35
Auch die amtliche Begründung (Lt.Drs. 14/4410) zu § 23 KiBiz nötigt nicht etwa zu der
Annahme, der Gesetzgeber habe mit den unterschiedlichen Termini in dieser Norm
auch eine sachliche Unterscheidung vorgeben wollen; vielmehr verwendet die
Begründung zu den hier terminologisches Befremden provozierenden Absätzen 1 und 4
die fraglichen Ausdrücke selbst nicht, wohingegen die Begründung zu Absatz 5 von
"Jugendamt" spricht, wo das Gesetz gerade (zutreffend) den örtlichen Träger der
öffentlichen Jugendhilfe als Adressaten nennt.
36
Dem Umstand, dass § 17 GTK a.F.
37
durch Gesetz vom 23. Mai 2006 (GV.NRW. S. 197)
38
durchweg den "örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe" ansprach, § 23 KiBiz diese
Terminologie in seinem Absatz 5 ausdrücklich übernimmt, in den Absätzen 1 und 4
hingegen abweichend
39
und ohne erkennbaren Sinn; denn es ist nicht ersichtlich, dass es sich auch bei der
Ausgestaltung und Abwicklung der Beitragserhebung um die spezifisch
jugendhilferechtlichen Angelegenheiten handeln sollte, zu deren fachgerechter
Regelung dem Jugendamt seine auch gegenüber der allgemeinen
Organisationshoheit der Kommune gesicherte relative organisatorische
Selbstständigkeit im Verhältnis zu den anderen Ämtern einer Kommune zugebilligt
wird,
40
vom "Jugendamt" spricht, kann deshalb keine durchschlagende Bedeutung
beigemessen werden.
41
Zudem indiziert § 23 Abs. 5 KiBiz mit der dort erlaubten Möglichkeit, mit der
Durchführung der Aufgaben nach den vorstehenden Absätzen die "Gemeinden" zu
beauftragen, also nicht notwendiger Weise die organisatorischen Sondereinheit eines
Jugendamtes, denn die Beauftragten verfügen selbst nicht über ein solches.
42
Vgl. dazu, dass eine solche Delegation das delegierende Jugendamt nicht von seiner
Verantwortlichkeit für eine rechtmäßige Aufgabenwahrnehmung entbindet,
Janssen/Dreier/Selle, Kurzkommentar KiBiz, 2. Aufl. 2008, S. 121.
43
Dementsprechend geht auch die Kommentierung
44
Janssen/Dreier/Selle, Kinderbetreuung in Nordrhein-Westfalen, Losebl. Stand August
2008, § 23 Anm. 2
45
ohne weiteres davon aus, die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe müssten zum
1. August 2008 " in eigener Zuständigkeit … in Form einer Satzung … eigene
Regelungen treffen; "
46
Diese gesetzliche Ermächtigungsgrundlage ist hinreichend bestimmt.
47
An eine formellgesetzliche Satzungsermächtigung sind nicht etwa die inhaltlichen
Anforderungen zu stellen, die Art 80 Abs. 1 Satz 2 GG für Verordnungsermächtigungen
aufstellt.
48
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 9. Mai 1972 – 1 BvR 518/62 und 308/64 -
BVerfGE 33, 125, 156/7; von Mangoldt/Klein/Strack, 5. Aufl 2005, Art 80 Rndr. 17
m.w.N.
49
Denn die Satzung ist das typische Handlungsinstrument der Selbstverwaltung, die
Verordnung hingegen das der staatlichen Exekutive. Dem entspricht eine kürzere,
direktere demokratische Legitimation über die direkte Wahl der Mitglieder des
satzungsgebenden Organs unmittelbar durch die Satzungsunterworfenen
50
Dass die Handlungsform der Satzung nicht ausdrücklich im Gesetz genannt wird, dürfte
unschädlich sein. Wenn § 23 Abs. 1 KiBiz der Verwaltung der Kommune die Befugnis
zum Erlass von Beitragsbescheiden einräumt, setzt dies eine generell-abstrakte
Rechtsgrundlage voraus; diese enthält das Gesetz nicht selbst, setzt sie aber voraus, so
dass sie nur durch Ausfüllung der allgemeinen Satzungshoheit der Gemeinde ausgefüllt
werden kann.
51
Etwas anderes kann auch nicht aus § 23 Abs. 5 KiBiz gefolgert werden; dort ist die
Handlungsform der Satzung ersichtlich nur erwähnt als Alternative zu der dort auch für
angängig gehaltenen Verwaltungsvereinbarung, die ein einseitig hoheitliches
Beitragserhebungsverhältnis offenbar nicht in Betracht käme.
52
Die Verfassungsmäßigkeit der strukturgleichen Ausgestaltung durch den letzten § 17
Abs. 1 GTK (in der Fassung des Gesetzes vom 23. Mai 2006 GV.NRW. S. 197) ist
53
soweit ersichtlich in dieser Hinsicht nie in Zweifel gezogen worden.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz, dass
der Gesetzgeber alle wesentlichen Fragen selbst regeln muss (sog.
Parlamentsvorbehalt), verstoßen worden wäre. Dabei ist zu bedenken, dass der
Parlamentsvorbehalt stets in Relation zur Grundrechtsbetroffenheit der Normadressaten
zu setzen ist. Hier geht es nicht um Grundrechtseingriffe, sondern lediglich die
Beteiligung der Eltern an den Kosten für die freiwillige Inanspruchnahme einer ihren
Kindern gebotenen sozialen Leistung. Vor diesem Hintergrund durfte der Gesetzgeber
hier durchaus schon das OB einer Heranziehung zu Elternbeiträgen in das Ermessen
der Kommunen stellen. Für den Fall, dass sie von dieser ihnen gewährten Möglichkeit
Gebrauch machen, hat der Gesetzgeber einige für die Ausgestaltung der Elternbeiträge
ganz wesentliche Grundannahmen in § 23 Abs. 4 KiBiz mit der zwingenden Vorgabe
einer sozialen Staffelung sowie dem Zwang zur Berücksichtigung der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit und der Betreuungszeit durchaus selbst geregelt. Die dabei
verwandten Begriffe sind in Literatur und Rechtsprechung zu ihren wortgleichen
Vorgängern hinreichend ausgedeutet und mithin auch durchaus geeignet, dem Willen
des Parlamentsgesetzgebers gegenüber dem Satzungsgeber Geltung zu verschaffen.
54
Innerhalb dieser wenn auch hinreichenden, so doch wenigen gesetzlichen Vorgaben ist
der dem Satzungsgeber belassene Gestaltungsfreiheit weit.
55
Eine ordnungsgemäße Wahrnehmung dieser Freiheit erfordert nicht etwa eine
umfassende Abwägung aller in Betracht kommender Belange, wie man sie aus der
Rechtsprechung des 15. Senates herzuleiten versuchen könnte. Wenn dieser für das
Kommunalverfassungsrecht zuständige Senat des Obergerichtes in seinem Beschluss
56
vom 24. Mai 2007 – 15 B 778/07 –
57
betont, bei den Elternbeiträgen handele es sich jenseits aller
58
vom 15. Senat auch ausweislich der Verweise in Rdnr. 12 ausdrücklich nicht in
Zweifel gezogener
59
kindergartenrechtlichen Besonderheiten um "Entgelte für kommunale Leistungen", so ist
damit deren Einordnung in das System des § 77 Abs. 2 GO gemeint;
60
so ausdrücklich in Rdnr. 13 a.a.O.
61
Daraus leitet der 15. Senat sodann
62
a.a.O.
63
auch her, dass "den Gemeinden bei der Bemessung der "vertretbaren und gebotenen"
Höhe der Elternbeiträge ein gegenüber sonstigen Abgaben größerer Spielraum zur
Berücksichtigung sozialer Belange zusteht", und hebt nur hervor, dass mit der
Kommunalisierung nicht etwa (auch) ein Erhebungsermessen eingeräumt werde,
sondern es bei der kommunalabgabenrechtlichen "Abgabenerhebungspflicht nach
Maßgabe von §§ 75 Abs. 2 Satz 1, 77 Abs. 2 und 3 GO" bleiben sollte;
64
a.a.O. Rdnr. 14, 16.
65
In diesem Kontext erwähnt der 15. Senat nach ausdrücklicher Feststellung, dass der
Spielraum des Satzungsgebers wegen der sozialen Prägung grundsätzlich weit sein
möge, dass der Gemeinde die Pflicht "einer sorgfältigen Abwägung zwischen der
gegenüber der Steuererhebung und der Kreditaufnahme vorrangigen Beitragserhebung
einerseits und der Einbringung sozialer Gesichtspunkte in die Beitragsbemessung
andererseits" obliege;
66
a.a.O. Rdnr. 18. Im entschiedenen Fall folgte daraus übrigens, dass das Absehen von
einer Erhöhung der Elternbeiträge durch die Gemeinde seitens des Senates für
rechtswidrig gehalten wurde! Denn wegen der grundsätzlichen Verbotes,
Finanzierungsausfälle durch Steuer- oder Kreditmittel aufzufangen, sei die Gemeinde
dazu verpflichtet, wenn nicht "jede Beitragserhöhung unvertretbar wäre".
67
Gegen eine Pflicht zu einer umfassenden Abwägung aller in Betracht kommender
Belange - wie etwa bei Erlass eines Bebauungsplanes – spricht ferner, dass es hier nur
um finanzielle Belastungen und nicht um die Ausgestaltung fundamentaler Grundrechte
geht. Zudem wird man von einer Elternbeitragssatzung nur freiwillig erfasst, ist ihr also
nicht so zwangsweise unterworfen wie ein Grundstückseigentümer im Plangebiet.
68
Deshalb genügt die Vermeidung von Willkür. Dies hat das Obergericht dahin
umschrieben: Der Gesetzgeber "besitzt hier eine weitaus größere Gestaltungsfreiheit als
innerhalb der Eingriffsverwaltung und ist deshalb in weitem Umfang zum Erlass
typisierender und generalisierender Regelungen berechtigt. Räumt er dem Bürger einen
Anspruch auf staatliche Leistung ein und begünstigt er hierbei einzelne Gruppen,
verletzt er die Grenze des Art. 3 Abs. 1 GG nicht, wenn sich aus dem Gegenstand der
Regelung für die Art der Differenzierung ein sachlich vertretbarer Gesichtspunkt
anführen lässt und wenn im übrigen die besonderen Wertentscheidungen der
Verfassung beachtet bleiben"
69
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Juni
1994 - 16 A 2645/93 -, Rdnr. 13,, bestätigt im Urteil vom 19. August 2008 – 12
A 2866/07 -.
70
Dies dürfte gleichzusetzen sein mit der Fruchtbarmachung vernünftiger und sich am
Zweck des gesetzlichen Ermächtigung ausrichtender Erwägungen.
71
Bei der Erhebung von Elternbeiträgen geht es "um eine Regelung in einem sozialen
Leistungsgesetz. … In diesem Bereich erfährt der allgemeine Gleichheitssatz zulässige
Einschränkungen durch das Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs. 1 GG und lässt bei
einer Entgeltregelung aus diesem Prinzip ableitbare Differenzierungen nach der
sozialen Belastbarkeit" zu.
72
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Juni 1994 -
16 A 2645/93 -, Rdnr. 5.
73
Einschränkungen ergeben sich "aus dem Äquivalenzprinzip, also dem Gebot eines
angemessenen Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung, sowie allgemein aus
dem auf dem Rechtsstaatsprinzip fußenden allgemeinen
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz"
74
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Juni 1994 -
16 A 2645/93 -, Rdnr. 8.
75
Aus dem Wesen der Mitfinanzierung der Kosten für Kindertageseinrichtungen aus dem
Aufkommen aus den Elternbeiträgen folgert das Oberverwaltungsgericht, dass der
Ermessensspielraum des Gesetzgebers größer ist als etwa im Steuerrecht.
76
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Juni 1994 -
16 A 2645/93 -, Rdnr. 13.
77
Von daher ist der Aspekt der "Abgaben- oder Beitragsgerechtigkeit" hier allenfalls im
Lichte der Natur des Elternbeitrages als einer Sozialleistung eigener Art zu beachten
und bildet mithin eine angesichts der übrigen Vorgaben rechtlich kaum wahrnehmbare
Grenze für den Satzungsgeber.
78
Ferner ist der Satzungsgeber berechtigt, dem Aspekt der Verwaltungspraktikabilität
gebührend Rechung zu tragen, was seine etwaige Pflicht zu (weiteren)
Differenzierungen erheblich einschränkt.
79
Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat dazu ausgeführt:
"Der geringe Grad der mit den Elternbeiträgen zu erreichenden Kostendeckung führt im
Rahmen der hier gegebenen staatlichen Leistungsgewährung zu einer entscheidenden
Bedeutung des Grundsatzes der Verwaltungspraktikabilität: Sollen die geringen
Elternbeiträge ihrer Bestimmung gemäß tatsächlich in nennenswertem Umfang für den
Betrieb der Tageseinrichtungen aufgewendet und nicht in einem ausgefeilten
bürokratischen Prüfungsverfahren aufgezehrt werden, muss der Verwaltungsaufwand
für die Festsetzung und die Einziehung der Beiträge so gering wie möglich gehalten
werden."
80
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.
August 2008 – 12 A 2866/07 -.
81
Die bei der Ausgestaltung seines Gestaltungsspielraumes vom Satzungsgeber hier
angewandten Instrumente sind aus der Praxis des GTK in seiner zunächst strikteren und
zuletzt ebenfalls kommunalisierten Fassung durchweg bekannt.
82
Nahezu alle der nun gegen die Wirksamkeit der Rechtsgrundlage der angefochtenen
Bescheide vorgebrachten Einwände sind auf diese Weise bereits Gegenstand
intensiver gerichtlicher und höchstrichterlicher Kontrolle in Gestalt der
Vorgängerregelungen gewesen und haben zu durchschlagenden Bedenken keinen
Anlass gegeben.
83
Vielmehr entsprach es gefestigter Rechtsprechung und gesicherter Erkenntnis, dass die
vormals formell-gesetzliche Rechtsgrundlage der Beitragserhebung mit dem
höherrangigen Recht, insbesondere der Verfassung und den sich daraus ergebenden
Grundsätzen vereinbar ist.
84
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen
1994 - 16 A 2645/93 -, amtl. Umdr. S. 6 ff, und Urteil vom 13. Juni 1994 - 16 A 571/94 -,
amtl. Umdr. S. 8 ff, wo insbesondere die verfassungsrechtlichen Bedenken wegen -
der Pauschalierung der Beiträge sowie - der Staffelung nach (nur 6)
85
Einkommensgruppen und (nicht) der Kinderzahl - der (auch im Verhältnis zum
Ausbildungsförderungs- recht) beschränkten Abzugs- und Berücksichtigungsfähigkeit
von Aufwendungen - des Verbotes des Verlustausgleichs und - des
"Geschwisterrabattes" nur bei gleichzeitigem Besuch der Tageseinrichtung durch die
Kinder im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs. 1 GG und die Gebote
des Art 6 Abs. 1 GG wegen - der Höhe der Beitragssätze - der Nichtberücksichtigung
des konkreten Umfanges der Inanspruchnahme im Hinblick auf das Äquivalenz- und
das Rechtsstaatsprinzip und wegen - des Einkommensbegriffs im Hinblick auf die
Grenzen des legislativen Ermessens ausdrücklich geprüft und zurückgewiesen
worden sind. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat diese
Rechtsprechung bestätigt und fortgeführt u.a. in seinem Urteil vom 21. November 1994
- 16 A 2799/93 -, Beschluss vom 1. Oktober 1997 - 16 A 2982/95 -, Urteil vom 6. März
1998 - 16 A 525/97 -, Urteil vom 7. August 1998 - 16 A 221/94 -.
Das
Bundesverwaltungsgericht
Revision gegen das Urteil des OVG NW vom 13. Juni 1994 - 16 A 2645/93 - mit
Beschluss vom 28. Oktober 1994 - 8 B 159.94 - zurückgewiesen und seine
Rechtsprechung insoweit bestätigt und fortgeführt mit Beschluss vom 14. Februar
1995 - 8 B 19.95 -, Beschluss vom 15. März 1995 - 8 N 1.95 -, Beschluss vom 4. Juli
1997 - 8 B 97.97 -, Beschluss vom 22. Januar 1998 - 8 B 4.98 -.
86
Das
Bundesverfassungsgericht
Ausgangsverfahren 16 A 2645/93 des Oberverwaltungsgerichts für das Land
Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 22. Juli 1998 festgestellt, dass die Staffelung
der Gebühren für die Kindergartenbenutzung nach der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit der Eltern mit der Verfassung vereinbar ist, und diese wie auch alle
anderen Verfassungsbeschwerden gegen das Gesetz für Tageseinrichtungen für
Kinder nicht zur Entscheidung angenommen.
87
Dies hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen noch zur alten
Fassung des GTK (2005) erst vor wenigen Monaten bestätigt.
88
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.
August 2008 – 12 A 2866/07 – mit zahllosen weiteren Nachweisen.
89
Eine abweichende rechtliche Bewertung der so behandelten Fragen ist daher nur
möglich, soweit sie sich aus der strukturellen Umgestaltung der rechtlichen Grundlagen
ergibt.
90
In diesem Sinne auch Janssen/Dreier/Selle, Kinderbetreuung in Nordrhein-Westfalen,
Losebl. Stand August 2008, § 23 Anm. 2.
91
Diese Umgestaltung besteht darin, dass der zunächst die Details weitgehend selbst in
einem Parlamentsgesetz regelnde Gesetzgeber die inhaltliche Ausgestaltung nun in die
Satzungshoheit der kommunalen Selbstverwaltungsträger gegeben hat. Das kann
Probleme aufwerfen vor allem mit Blick auf die Zulässigkeit einer so weit reichenden
Delegation bei gleichzeitig höchster Zurückhaltung des Gesetzgebers in inhaltlicher
Hinsicht.
92
An der die oben wiedergegebene nahezu einhellige Meinung zur Verfassungsmäßigkeit
der instrumentellen Ausgestaltung des vormaligen GTK tragenden und sie
93
rechtfertigenden systematischen Einordnung des Elternbeitrages als "einer
sozialrechtlichen Abgabe eigener Art"
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Juni 1994 -
16 A 2645/93 -, Rdnr. 7.
94
Dort hatte der Senat wörtlich ausgeführt: "Diese allgemeine Definition trifft ersichtlich
nicht den Sinngehalt des Teilnahmebeitrages nach § 90 Abs. 1 Satz 1 KJHG … bzw.
§ 17 Abs. 1 Satz 1 GTK. Dieser wird als Gegenleistung für die tatsächliche (jährliche)
Inanspruchnahme von Tageseinrichtungen für Kinder erhoben, wie schon die
zusätzliche Bezeichnung "Teilnahme" verdeutlicht. Er wird andererseits in seiner
spezifischen Ausgestaltung als Ausgleich für eine Sozialleistung, nämlich eine
Leistung der Jugendhilfe, auch nicht durch den herkömmlichen Gebührenbegriff (vgl. §
4 Abs. 2 KAG NW) hinreichend und vollständig erfasst, und unterscheidet sich von
diesem insbesondere dadurch, dass ihm im Hinblick auf die sozialpolitischen Ziele
der bundes- wie landesrechtlichen Bestimmung weder das gebührentypische
"Kostendeckungsprinzip", noch der gebührentypische Grundsatz der "speziellen
Entgeltlichkeit" immanent ist … , so dass vieles dafür spricht, von einer
sozialrechtlichen Abgabe eigener Art auszugehen".
95
bestätigt erneut : Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen,
Urteil vom 19. August 2008 – 12 A 2866/07 – mit zahllosen weiteren
Nachweisen,
96
die jenseits strikter Geltung von spezieller Entgeltlichkeit und Kostendeckungsprinzip
97
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Juni 1994 -
16 A 2645/93 -, Rdnr. 5.
98
im Kern eine Minderung staatlicher Subventionierung einer zur freiwilligen
Inanspruchnahme angebotenen Leistung der öffentlichen Hand bewirken soll, hat sich
jedoch dadurch, dass die Festlegung der Details seiner Erhebung mit dem KiBiz (und
zuvor schon § 17 GTK in seiner letztgültigen Fassung) zur ortsrechtlichen Ausgestaltung
in die Hand der Träger der kommunalen Selbstverwaltung gegeben worden ist, nichts
geändert.
99
Janssen/Dreier/Selle, Kinderbetreuung in Nordrhein-Westfalen, Losebl. Stand August
2008, § 23 Anm. 4.
100
In diesem Lichte ist deshalb auch die aktuelle Satzungsermächtigung in § 23 KiBiz zu
interpretieren.
101
Auch aus Sicht des federführenden Ministeriums sollte neben der primär angestrebten
Haushaltskonsolidierung
102
vor allem dadurch, dass für Ausfälle bei den Elternbeiträgen mit der
"Kommunalisierung" zum 1. August 2006 nur noch der örtliche Träger der Jugendhilfe,
nicht aber das Land selbst belastet werden sollte,
103
Vgl Janssen/Dreier/Selle, Kinderbetreuung in Nordrhein-Westfalen, Losebl. Stand
August 2008, § 23 Anm. 1.2.
104
keine substantielle Änderung des Elternbeitragsrechtes eintreten
105
Vgl Janssen/Dreier/Selle, Kinderbetreuung in Nordrhein-Westfalen, Losebl. Stand
August 2008, § 23 Anm. 2.
106
Mithin seien die bisherigen Erkenntnisse hinsichtlich vor allem der Rechtsqualität der
Elternbeiträge und des Einkommensbegriffs uneingeschränkt übertragbar
107
Vgl Janssen/Dreier/Selle, Kinderbetreuung in Nordrhein-Westfalen, Losebl. Stand
August 2008, § 23 Anm. 2.
108
Gemessen an den vorstehend aufgezeigten Maßstäben ist die angefochtene
Bescheidlage tragende Elternbeitragssatzung nicht zu beanstanden. Im einzelnen gilt
dazu folgendes:
109
Von der Ermächtigung überhaupt Gebrauch gemacht und eine Elternbeitragssatzung
erlassen zu haben, kann dem Satzungsgeber nicht mit dem Hinweis vorgehalten
werden, das KiBiz formuliere die Bildung und Erziehung von Kindern im Vorschulalter
als öffentliche Aufgabe (vgl. etwa §§ 2 Satz 3, 13 KiBiz). Zuzugeben ist, dass eine
solche Ausgestaltung als öffentliche Aufgabe eine jedenfalls auch öffentliche Förderung
impliziert. Das ist aber hier schon dadurch gewahrt, dass das Land Nordrhein-Westfalen
und die Kommune stets einen nicht unwesentlichen Teil der Kosten tragen. Bildung und
Erziehung von Kindern im Vorschulalter mag eine öffentliche Aufgabe (geworden) sein,
eine staatliche im Sinne von allein aus dem Steueraufkommen zu finanzierende ist sie
deshalb nicht geworden.
110
Die konkrete Ausgestaltung der unterschiedlichen Einkommensstufen genügt den
rechtlichen Vorgaben.
111
Überhaupt Einkommensstufen vorzusehen, erfüllt die gesetzliche Anordnung in § 23
Abs. 4 Satz 1 KiBiz, wonach eine soziale Staffelung zwingend vorgeschrieben ist.
112
Zu diesem Zweck mit einer Mehrzahl von Einkommensstufen zu operieren, ist zunächst
rechtlich unbedenklich. Einer nach Einkommenshöhe stufenweise Steigerung der
Beiträge "liegt die abstrakte, typisierende Annahme zu Grunde, dass eine höhere
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit grundsätzlich dazu führt, dass der wirtschaftlich
Stärkere auch eine höhere Beitragsleistung wirtschaftlich zu tragen imstande und diese
ihm bei der hier zu beurteilenden, in besonderer Weise sozialstaatlich geprägten
Kategorie von öffentlichen Einrichtungen auch zuzumuten ist."
113
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.
August 2008 – 12 A 2866/07 -.
114
Sowohl die Abschichtung der Einkommensstufen in relativ großen Schritten wie auch
die damit einhergehende relative Ungleichbehandlung der in der jeweiligen Stufe am
unteren oder oberen Rande rangierenden Schuldner bei Betrachtung des Beitrages im
Vergleich zum Einkommen haben die Billigung der Rechtsprechung gefunden:
115
"Auch die Staffelung der Elternbeiträge nach Einkommensgruppen, für die der
Bundesgesetzgeber in § 90 Abs. 1 Satz 2 KJHG keine weiteren Vorgaben gemacht hat,
116
nach den in der Anlage zu § 17 Abs. 3 GTK bezeichneten sechs
Jahreseinkommensgruppen (bis 24.000,-- DM; bis 48. 000,-- DM; bis 72.000,-- DM; bis
96.000,-- DM; bis 120. 000,-- DM; über 120.000,-- DM) steht in ihrer konkreten
Ausgestaltung in Einklang mit Art. 3 Abs. 1 iVm Art. 20 Abs. 1 GG. Die Differenzierung
berücksichtigt das Einkommen als einen für die Bemessung der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit maßgeblichen Umstand und trägt mit der konkreten Staffelung in
Stufen von jeweils 24.000,-- DM der Leistungsfähigkeit des Beitragspflichtigen unter
sozialstaatlichen Gesichtspunkten angemessen Rechnung."
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Juni 1994 -
16 A 2645/93 -, Rdnr. 10.
117
"Angriffe, die Staffelung sei wegen der Belastungsschwankungen innerhalb der
einzelnen Stufen zu grob gestaltet bzw. die anteilige Beitragsbelastung falle in den
sechs Stufen zu unterschiedlich hoch aus, gehen fehl. Die Belastungsschwankungen
liegen insgesamt in der systembedingten Bandbreite jeder pauschalierenden Regelung,
und die Beitragshöhe steigt kontinuierlich an. So hat die jährliche Beitragsbelastung z.
B. hinsichtlich des Kindergartenplatzes einen prozentualen Anteil am Jahreseinkommen
zwischen 0,88 % (48.000,-- DM) und 2,4 % (120.000,01 DM); die größte Bandbreite wird
dabei in der Stufe von 24.000,01 DM bis 48.000,-- DM mit einer Differenz von 0,87 %
(1,75 % zu 0,88 %) erreicht, sofern man die nach oben offene Stufe von
Jahreseinkommen über 120.000,-- DM außer Betracht lässt."
118
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Juni 1994 -
16 A 2645/93 -, Rdnr. 10.
119
Auch die Einführung neuer, auf die vormals 6. und höchste gleichsam aufgesattelter
Einkommensstufen mit entsprechenden Anhebungen des darauf entfallenden Beitrages
ist von § 23 KiBiz gedeckt.
120
Was die weitere Aufteilung der höchsten Einkommensstufe im Lichte kontinuierlicher
relativer Beitragsbelastungsminderung anbelangt, so hatte das Obergericht 1994 nur
Anlass zu der Feststellung, dass "der Gesetzgeber im übrigen nicht verpflichtet" war,
"diesen Fällen singulären Charakters durch weitere Stufen Rechnung zu tragen";
121
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Juni 1994 -
16 A 2645/93 -, Rdnr. 10.
122
Daraus kann man zwanglos die Zulässigkeit des Gegenteiles herleiten, zumal, wenn
der 1994 unterstellte singuläre Charakter des Erreichens dieser höchsten
Einkommensstufe inzwischen statistisch dahin widerlegt ist, dass je nach Gemeinde
ungefähr ein Viertel der Beitragsschuldner sich in dem Segment der vormals 6. und
damit höchsten Stufe bewegt. Dann weitere Stufen einzuziehen, entspricht vielmehr
dem Gebot der Beitragsgerechtigkeit, um zu vermeiden, dass bei einer nennenswerten
Anzahl der Pflichtigen der tatsächlich geschuldete Beitrag trotz möglicherweise ganz
erheblich unterschiedlicher Höhe des Einkommens gleich ist. Wenn sich in der
Wirklichkeit der Anteil in die vormals höchste Stufe fallender Beitragsschuldner aufgrund
der Einkommensentwicklung und oder der Inflation erheblich erhöht, entspricht die
weitere Ausdifferenzierung der Satzung auch dem Gebot, die sich vornehmlich in der
Höhe des Einkommens niederschlagende "wirtschaftliche Leistungsfähigkeit" der
Schuldner zu berücksichtigen, wie es § 23 Abs. 4 Satz 1 KiBiz ausdrücklich vorschreibt.
123
Soweit ersichtlich, entspricht die Einführung weiterer, das obere Einkommenssegment
unterteilender Einkommensstufen auch verbreiteter Praxis.
124
Janssen/Dreier/Selle, Kinderbetreuung in Nordrhein-Westfalen, Losebl. Stand August
2008, führen in § 23 Anm. 3 eine Anzahl gängiger Beispiele von Satzungen an,
worunter sich auch das Muster befindet, anhand dessen 13 Städte und Gemeinden im
Ruhrgebiet ihre Satzungen entwickelt haben, die neben einer engeren Staffelung der
Stufen bis 60.000 € (in 9 Stufen) für Einkommen bis 125.000 € weitere 6 Stufen in
Schritten von 10.000 €, ab 100.000 € in Schritten von 25.000 € vorsehen..
125
Bei der Bemessung der Höhe des auf die jeweilige Einkommensstufe entfallenden
Elternbeitrages eine lineare Gestaltung ohne Progression oder Degression
vorzunehmen, ist dem Satzungsgeber nicht zwingend vorgeschrieben. Ergänzend sei
darauf verwiesen, dass eine gewisse relative Ungleichbehandlung als systembedingte
Folge gebotener Verwaltungspraktikabilität ohnehin hinzunehmen ist.
126
Dass mit der Aufsattelung weiterer Einkommensstufen und der Festsetzung darauf
entfallender höherer Elternbeiträge auch eine Anhebung des Gesamtaufkommens
erzielt wird, ist zwar nicht im einzelnen dargelegt, rechnerisch aber durchaus
nachvollziehbar. Anlass zu einer rechtlichen Beanstandung böte dies aber nur, wenn
damit das Gesamtaufkommen aus der Summe der Elternbeiträge so hoch wäre, dass er
die anvisierten 19 % überstiege. Dafür ist nichts ersichtlich.
127
Die Höhe des für die neuen oberen Einkommensstufen vorgesehenen Beitrages ist
ebenfalls nicht zu beanstanden.
128
Dass sich der Satzungsgeber bei seinem Berechnungen für die Ermittlung der
einzelnen Beitragssätze und deren Summe als Gesamtaufkommen daran orientiert,
dass damit ungefähr – aber auch höchstens – 19 % der Kosten erlöst werden, ist
rechtlich unbedenklich.
129
Dass der anzustrebende – und mithin vom Gesetzgeber für zulässig gehaltene -
Deckungsbeitrag durch die (Summe der) Elternbeiträge 19 % betragen soll, steht nun
nicht mehr ausdrücklich im Gesetz, ergibt sich aber als Differenz zwischen dem
Gesamtaufwand (100 %) abzüglich des (variierenden) Trägeranteils und der Summe der
Refinanzierungsanteile der öffentlichen Hand; für letztere geht der Gesetzgeber weiter
vom Grundsatz der Konnexität und mithin gleicher Höhe der Anteile aus, die nach
Maßgabe des § 21 Abs. 1 KiBiz das Land trägt, und die bei der Kommune verbleiben
sollen.
130
Vgl Janssen/Dreier/Selle, Kurzkommentar KiBiz Ergänzungsband; § 23 Anm. C. dies.
Kinderbetreuung in Nordrhein-Westfalen, Losebl. Stand August 2008, § 23 Anm. 1.3
131
Es ist nicht auszumachen, dass die unter Geltung des GTK soweit ersichtlich nie
angezweifelte Höhe von bis zu 19 % unter Geltung des KiBiz als solche zu beanstanden
sein könnte.
132
Es war vielmehr schon unter Geltung des GTK sowohl in seiner ursprünglich die Höhe
der Elternbeiträge landeseinheitlich festsetzenden als auch in seiner letzten Fassung in
der Praxis so, dass die tatsächlich erzielbaren Beiträge im landesweiten Durchschnitt
133
nur zwischen 11 und 13 % bewegten.
Vgl Janssen/Dreier/Selle, Kinderbetreuung in Nordrhein-Westfalen, Losebl. Stand
August 2008, § 23 Anm. 1.2.
134
Allein eine etwaige Verstärkung des Bildungs- und Erziehungsauftrages der
Kindertageseinrichtungen als etwaiges Indiz einer weiteren Verlagerung – vgl. dagegen
§ 2 Satz 2 KiBiz - der Aufgabe aus der Hand und Verantwortung der insoweit durch Art 6
GG sowohl geschützten als auch in die Pflicht genommenen Eltern auf die öffentliche
Hand würde nicht etwa zwingend zur Folge haben, dass die öffentliche Hand die Kosten
für die Erfüllung dieser Aufgabe nun zu noch mehr als vier Fünfteln tragen muss.
Immerhin ist der Besuch einer Kindertageseinrichtung auch unter Geltung des KiBiz
keineswegs zwingend und sind die Kindergärten auch nur zum überwiegenden Teil
öffentliche Einrichtungen der kommunalen Träger, zu einem erheblichen Teil aber auch
in privater Trägerschaft.
135
Für unter staatlicher Aufsicht stehende Not leidende Kommunen kommt das Gebot des §
77 Abs. 2 GO hinzu, so dass sie von Gesetzes wegen sogar verpflichtet sind, die
Möglichkeiten der Minimierung der Unterdeckung des Haushaltes durch ein
Ausschöpfen der ihnen zu Gebote stehenden Möglichkeiten der Generierung von
Einnahmen zu bewirken;
136
vgl. dazu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom
24. Mai 2007 – 15 B 778/07 – .
137
Was die Höhe der so zu erhebenden Beiträge nach oben begrenzen soll, ist das bis
2006 auch im GTK verwandte, dann entfallene und erst im Laufe des
Gesetzgebungsverfahrens für das KiBiz wieder eingeführte Kriterium der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.
138
Vgl Janssen/Dreier/Selle, Kinderbetreuung in Nordrhein-Westfalen, Losebl. Stand
August 2008, § 23 Anm. 7.
139
Schon aus dem Wortsinn des Begriffs Beitrag lässt sich folgern, dass der Beitrag nur
bei-, aber nicht allein die Kosten tragen soll.
140
Deshalb dürfte es nicht angängig sein, wenn eine Kommune ihre Elternbeitragssatzung
so ausgestaltet, dass sie darüber sogar mehr als die vom Gesetzgeber angenommen 19
% der Gesamtkosten erwirtschaftet
141
Vgl Janssen/Dreier/Selle, Kinderbetreuung in Nordrhein-Westfalen, Losebl. Stand
August 2008, § 23 Anm. 2 und Anm. 9.3
142
Die Zulässigkeit der Abschöpfung von bis zu, aber auch nur 19 % der Betriebskosten ist
dabei nicht etwa zu beziehen auf den einzelnen Kindergartenplatz, den das Kind des
Beitragspflichtigen innehält, und auch nicht auf den jeweiligen Kindergarten. Vielmehr
folgt schon aus der Formulierung der bundesrechtlichen Grundreglung in § 90 Abs. 1
Satz 1 Nr. 3 SGB VIII, dass es nur auf die Gesamtkosten im Bezirk des jeweiligen
örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe ankommen kann, wenn dort ausdrücklich
von der Inanspruchnahme von "Tageseinrichtung
en
der Verwendung des Begriffs "Kindertageseinrichtung
en
143
andere Auslegung würde voraussetzen, dass der Bundes- und/oder Landes- bzw.
Ortsgesetzgeber an irgendeiner Stelle des gestuften Regelwerkes eine ausdrückliche
Verknüpfung des Elternbeitrages mit der konkret besuchten Einrichtung vornähme.
Von daher geht die Annahme der Kläger, der Platz ihres Sohnes müsse nach der Logik
der Elternbeitragssatzung monatlich 1.200 EUR kosten, von einer falschen Prämisse
aus und mithin im Ergebnis fehl.
144
Was den Gleichheitssatz mit Blick auf die Ausgestaltung der Elternbeiträge anbelangt,
hat das Obergericht schon zum GTK postuliert, es komme nicht etwa auf die "möglichen
und tatsächlichen Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des einzelnen" an; vielmehr
sei eine "stark vereinfachende und vergröbernde" Ausgestaltung vor allem wegen der
zu berücksichtigenden Gesichtspunkte der Verwaltungspraktikabilität und
Verwaltungsvereinfachung "durchaus geeignet, im Regelfall – und nur darauf kommt es
an – die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Leistungsverpflichtenden gegeneinander
abzugrenzen"
145
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Juni 1994 -
16 A 2645/93 -, Rdnr. 13.
146
In diesem Zusammenhang hat das Obergericht eine Bandbreite von damals 24.000 DM
bei den Einkommensstufen ausdrücklich gebilligt.
147
Dass eine engere Staffelung der Einkommensstufen etwa für die unteren Bereiche der
Tabelle demgegenüber eine Verminderung der gebotenen Beachtung des Art 3 GG mit
Blick auf eine etwaige "Beitragsgerechtigkeit" sein sollte, ist schwer erkennbar.
148
Da es sich beim Elternbeitrag nicht um eine gebührenähnliche Gegenleistung für die
Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung der Gemeinde handelt, ist es auch
rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die – im übrigen mit höherrangigem Recht
vereinbare - Umgestaltung der Elternbeitragssatzung aus dem Zusammenspiel
aufgesattelter Einkommensstufen zur Differenzierung der vormals höchsten Stufe und
der Bemessung des diesen neuen Stufen zugeordneten Höhe des Beitrages ergibt,
dass sich die Beitragslast der Kläger um nahezu 50 % erhöht, ohne dass dafür eine
andere Leistung geboten würde als im Vorjahr.
149
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die über die vorläufige
Vollstreckbarkeit auf den §§ 84 Abs. 1 Satz 3, 167 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§
708 Nr. 11, 711 ZPO.
150