Urteil des VG Düsseldorf vom 27.07.2010

VG Düsseldorf (wasser, inhaber, entnahme, historische auslegung, abgrabung, begründung, eröffnung, umfang, genehmigung, 1995)

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 17 K 4694/07
Datum:
27.07.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
17. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
17 K 4694/07
Tenor:
Der Vorauszahlungsbescheid vom 5. Juni 2007 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 17. September 2007 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 110 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
1
Die Klägerin betreibt ein Unternehmen zur Gewinnung und dem Vertrieb von Kies und
Sand. Sie wendet sich gegen den Vorauszahlungsbescheid für das Jahr 2007 über ein
Wasserentnahmeentgelt für die Abgrabung "B".
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Mit Planfeststellungsbeschluss des Kreises N vom 1. August 2002 wurde der Firma C
Dachsysteme GmbH – zwischenzeitlich umfirmiert in M Dachsysteme GmbH,
mittlerweile N1 GmbH - die Herstellung eines Gewässers durch Nassauskiesung und
dessen anschließende Wiederverfüllung in N2 – Abgrabung "B" gestattet. In Ziffer 2.3
des Planfeststellungsbeschlusses wurde zugleich eine Erlaubnis nach § 7 WHG erteilt,
aus dem offenen Gewässer "C-See" Grundwasser zum Zwecke der Kieswäsche zu
entnehmen und dieses anschließend wieder in das Gewässer zurückzuleiten.
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Am 13. August 2003 schlossen die damalige M Dachsysteme GmbH und die Klägerin
einen sog. Förder- und Liefervertrag. Danach erteilte die M Dachsysteme GmbH der
Klägerin das ausschließliche Recht, für die Dauer des Vertrages die in der
Genehmigung beschriebene Abgrabung durchzuführen, ohne dass die Klägerin die
Verfüllung und Rekultivierung vorzunehmen hat. Die Klägerin verpflichtete sich zur
Lieferung einer bestimmten Menge Sand an die M Dachsysteme GmbH.
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Mit Vorauszahlungsbescheid vom 5. Juni 2007 wurde für die Klägerin eine
Vorauszahlung für die Entnahme von Wasser in Höhe von 58.854,60 EUR festgesetzt.
Mit Schreiben vom 5. Juli 2007 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein. Zur
Begründung führte sie aus, nicht sie, sondern die Firma M Dachsysteme GmbH sei
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abgabepflichtig. Die Entgeltpflicht nach § 3 Abs. 1 Gesetz über die Erhebung eines
Entgelts für die Entnahme von Wasser aus Gewässern (Wasserentnahmeentgeltgesetz
des Landes Nordrhein-Westfalen – WasEG) knüpfe grundsätzlich an die tatsächliche
Entnahmehandlung an. Da nach der öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung des
Wasserhaushaltsgesetzes die Entnahme von Wasser grundsätzlich der Erlaubnis
bedürfe, gehe der Gesetzgeber davon aus, dass derjenige, der das Wasser tatsächlich
entnehme, zugleich Inhaber eines Entnahmerechts sei. Es griffe daher zu kurz, wenn zur
Ausfüllung des Begriffs der Entnahme allein darauf abgestellt werde, wer tatsächlich
das Wasser entnimmt. Maßgeblich sei vielmehr das Entnahmerecht als nach außen
erkennbare Grundlage für die Entnahmehandlung.
Mit Bescheid vom 17. September 2007 wurde der Widerspruch mit der Begründung
zurückgewiesen, die Klägerin entnehme an der Abgrabung "B" Oberflächenwasser zum
Zwecke der Kieswäsche, womit die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 WasEG erfüllt
seien. Nach § 3 Abs. 1 WasEG seien zur Zahlung des Wasserentnahmeentgeltes
diejenigen verpflichtet, die das Wasser nach § 1 Abs. 1 WasEG entnehmen. Die in den
Gesetzesmaterialien hierzu getroffene Feststellung "Aus der Regelung des § 1 Abs. 1
WasEG folgt, dass entgeltpflichtig derjenige ist, der tatsächlich das Wasser entnimmt.
Dies ist die Inhaberin oder der Inhaber des Entnahmerechts oder sein
Rechtsnachfolger" beschreibe nur den Regelfall der Entgeltpflicht. Abweichungen
hiervon aufgrund privatrechtlicher Verträge seien jedoch durchaus möglich. Auch die
rechtliche Bewertung des Förder- und Liefervertrages vom 13. August 2003 ergebe,
dass die Klägerin Entgeltpflichtige im Sinne des WasEG sei. Hierfür seien insbesondere
folgende Regelungen anzuführen: M werde Änderungen zur Genehmigungsanlage nur
nach Zustimmung, Veranlassung und auf Kosten der Klägerin beantragen (§ 1 Nr. 5).
Die Klägerin dürfe Art und Umfang der Abgrabungen im Rahmen der Genehmigung
selbstständig festsetzen (§ 2 Nr. 2). Den dabei gewonnenen Sand und Kies dürfe die
Klägerin frei verwerten (§ 2 Nr. 1), wobei die Klägerin lediglich verpflichtet sei, täglich
eine Teilmenge an M zu verkaufen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine
Mindestabnahmemenge durch M (§ 8 Nr. 5). Sie dürfe Sand und Kies nach eigener
Disposition entnehmen und laufend auf eigene Rechnung an Dritte veräußern. Aus
diesen Regelungen ergebe sich auch, dass kein Subunternehmerverhältnis vorliege.
Hiergegen spreche, dass die Klägerin den Abbau mit eigenem Personal, eigenen
technischen Anlagen, in eigenem Namen und auf eigene Rechnung betreibe und den
gewonnenen Sand an M und an Dritte verkaufe.
6
Mit Bescheid vom 28. Juli 2009 wurde für das Veranlagungsjahr 2007 ein Entgelt auf die
Entnahme von Wasser in Höhe von 72.576,00 EUR festgesetzt.
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Die Klägerin hat am 19. Oktober 2007 Klage erhoben. Zur Begründung führt sie im
Wesentlichen aus, die Entnahme erfülle bereits nicht den Entgelttatbestand des § 1 Abs.
1 WasEG. Es handele sich um Maßnahmen des Gewässerausbaus, die keine
Benutzung darstellten und deswegen nicht der Entgeltpflicht unterliegen. Selbst wenn
der Entgelttatbestand erfüllt wäre, würde jedenfalls eine Entgeltpflicht der Klägerin nicht
bestehen, da die M Dachsysteme GmbH als Inhaberin des
Planfeststellungsbeschlusses für das Gewässerausbauvorhaben für die
Wasserentnahmen in der Abgrabung "B" entgeltpflichtig sei. Die M Dachsysteme GmbH
sei auch im Innenverhältnis letztverantwortliche Veranlasserin der Gewässerbenutzung.
Die Klägerin werde insoweit lediglich als Bevollmächtigte tätig. Zumindest lägen die
Voraussetzungen des erlaubnisfreien Eigentümergebrauchs im Sinne von § 24 Abs. 1
Satz 1 WHG als Befreiungsgrund gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 WasEG vor. Von der
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Kieswäsche sei weder eine wesentliche Verminderung der Wasserführung, noch eine
sonstige Beeinträchtigung der Belange des Wasserhaushalts zu erwarten. Darüber
hinaus seien von der Entnahme und anschließenden Wiedereinleitung des mit
Sediment behafteten Kieswaschwassers auch keine nachteiligen Auswirkungen auf die
Eigenschaften des Wassers in dem Abgrabungsgewässer "B" und davon ausgehend
auf das Grundwasser zu erwarten.
Die Klägerin beantragt,
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den Vorauszahlungsbescheid der Beklagten für das Veranlagungsjahr 2007
vom 05. Juni 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 17.
September 2007 aufzuheben,
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hilfsweise festzustellen, dass der Vorauszahlungsbescheid der Beklagten
für das Veranlagungsjahr 2007 zum 5. Juni 2007 in der Fassung des
Widerspruchsbescheids vom 17. September 2007 rechtswidrig war.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie ist der Auffassung, die Wasserentnahme der Klägerin erfülle den Entgelttatbestand
des § 1 Abs. 1 Nr. 2 WasEG. Entgegen der Ansicht der Klägerin handele es sich bei der
Wasserentnahme der Klägerin nicht um eine "Maßnahme des Gewässerausbaus" im
Sinne des § 3 Abs.1 Nr. 3 WHG. Das Wasserentnahmeentgeltgesetz knüpfe in § 1 Abs.
1 nicht an die Benutzungstatbestände des § 3 Abs. 1 WHG an. Die Klägerin sei auch
nach § 3 Abs. 1 WasEG entgeltpflichtig. Danach sei derjenige entgeltpflichtig, der das
Wasser tatsächlich entnehme. Abweichungen von dem in den Gesetzesmaterialien
beschriebenen Regelfall der Übereinstimmung von tatsächlichem Entnehmer und
Inhaber das Entnahmerechts seien aufgrund privatrechtlicher Verträge durchaus
möglich. Die Klägerin dürfe nach dem Förder- und Liefervertrag Art und Umfang der
Abgrabung selbstständig festsetzen und den gewonnenen Sand und Kies frei
verwerten. Es handele sich nicht um ein Subunternehmerverhältnis, da die Klägerin den
Kiesabbau mit eigenem Personal, eigenen technischen Anlagen, in eigenem Namen
und auf eigene Rechnung betreibe und den gewonnenen Sand an die M Dachsystem
GmbH und an Dritte verkaufe. Im Übrigen werde durch die Inanspruchnahme des
tatsächlich Entnehmenden auch die Möglichkeit einer Heranziehung illegaler Nutzer
sichergestellt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
Gerichtsakten und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten (Beiakte Heft
1) sowie die Unterlagen des Kreises N zum Planfeststellungsbeschluss (Beiakte Heft 2)
verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist als Anfechtungsklage auch nach Erlass des Festsetzungsbescheides für
das Jahr 2007 vom 28. Juli 2009 zulässig, insbesondere ist keine Erledigung des
angefochtenen Vorauszahlungsbescheides eingetreten. Von dem
Vorauszahlungsbescheid gehen weiterhin Wirkungen für die Klägerin aus, die nicht
17
durch Erlass des Festsetzungsbescheides vom 28. Juli 2009 entfallen sind. Nach § 10
Abs. 1 lit. l) WasEG in Verbindung mit § 236 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) besteht unter
den dort genannten Voraussetzungen ein gesetzlicher Erstattungsanspruch nebst
Prozesszinsen. Einem solchen Erstattungsanspruch und dem hieran anknüpfenden
Anspruch auf Zinsen seit Rechtshängigkeit steht jedoch das bis zur Wirksamkeit des
endgültigen Festsetzungsbescheides bestehende Festsetzungsgebot des
Vorauszahlungsbescheides entgegen,
vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil
vom 16. Oktober 2008 – 9 A 1940/07 –, Rn. 29 (juris).
18
Die bloße Aufhebung des Festsetzungsbescheides hätte allenfalls Prozesszinsen auf
den entsprechenden Erstattungsbetrag seit Rechtshängigkeit der Klage gegen diesen
Festsetzungsbescheid zur Folge,
19
vgl. Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 30. November 1995 – V R 39/94 –, Rn. 13
(juris).
20
Nur durch die Aufhebung des Vorauszahlungsbescheides kann die Klägerin, die eine
Klage gegen den Vorauszahlungsbescheid rechtshängig gemacht und daher insofern
ein Prozessrisiko übernommen hat, die Voraussetzungen für einen möglichen Anspruch
auf Prozesszinsen eines Erstattungsbetrags seit Rechtshängigkeit dieser Klage gegen
den Vorausleistungsbescheid schaffen. Da es sich bei diesem Anspruch auf
Prozesszinsen auf Erstattungsbeträge um einen gesetzlichen Anspruch handelt, ist
insoweit kein gesonderter Antrag der Klägerin erforderlich. Auch ohne einen
eigenständigen Antrag auf Zahlung von Prozesszinsen ist daher keine Erledigung des
Vorauszahlungsbescheides eingetreten.
21
Anders jedoch OVG NRW, Urteil vom 16. Oktober 2008 – 9 A 3694/06 –, Rn. 21 (juris).
22
Die Klage ist im Hauptantrag auch begründet. Der Vorauszahlungsbescheid in Gestalt
des Widerspruchsbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§
113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Eine Entscheidung über den Hilfsantrag erübrigt sich daher.
23
Der angefochtene Bescheid findet keine Grundlage in dem
Wasserentnahmeentgeltgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen. Die Klägerin ist nicht
Entgeltpflichtige nach § 3 Abs. 1 WasEG. Entgeltpflichtiger nach § 3 Abs. 1 WasEG ist
vielmehr der Inhaber des Entnahmerechts.
24
Entgeltpflichtig sind nach § 3 Abs. 1 WasEG diejenigen, die das Wasser nach § 1 Abs. 1
WasEG entnehmen. Obgleich der Wortlaut des § 3 Abs. 1 WasEG zunächst denjenigen
als Entgeltpflichtigen zu bestimmen scheint, der die tatsächliche Handlung der
Entnahme durchführt, bedarf dies der näheren Auslegung. Es griffe zu kurz, allein auf
den tatsächlichen Entnahmevorgang abzustellen. So geht auch die Beklagte davon aus,
dass der unselbstständige Subunternehmer zwar tatsächlich Wasser entnimmt, nicht
aber Entgeltpflichtiger ist.
25
Nach dem Wortlaut knüpft die Entgeltpflichtigkeit zunächst an den tatsächlichen
Vorgang der Wasserentnahme an,
26
vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 25. Januar 2007 – 8 L 1410/05 –, Rn. 51 (juris),
27
wobei die dortige Antragstellerin wohl auch Inhaberin der entsprechenden
Erlaubnisse war.
Nicht eindeutig ist jedoch die Erläuterung zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung,
die hinsichtlich § 3 WasEG folgendes ausführt:
28
"Aus der Regelung des § 1 Abs. 1 folgt, dass entgeltpflichtig derjenige ist, der
tatsächlich das Wasser entnimmt. Dies ist die Inhaberin oder der Inhaber des
Entnahmerechts oder sein Rechtsnachfolger."
29
Zu Art. 7 – Wasserentnahmeentgeltgesetz – des Gesetzentwurfs der
Landesregierung über die Entlastung des Haushalts und über die Erhebung eines
Entgelts für die Entnahme von Wasser aus Gewässern –
Wasserentnahmeentgeltgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen
(Haushaltsbegleitgesetz 2004/2005) vom 3. November 2003, LT-Drucksache
13/4528, S. 30.
30
Der Gesetzentwurf ging somit davon aus, dass derjenige, der das Wasser entnimmt,
zugleich Inhaber des Entnahmerechts ist. Die historische Auslegung ist daher für die
vorliegende Konstellation unergiebig.
31
Sinn und Zweck des Wasserentnahmeentgeltes spricht für eine Inanspruchnahme des
Inhabers des Rechts. Nach der Begründung zu dem Gesetzentwurf der
Landesregierung wird den einzelnen Wassernutzern aufgrund von wasserrechtlichen
Befugnissen die Teilhabe an einem Gut der Allgemeinheit ermöglicht, wodurch diese
einen Sondervorteil gegenüber denjenigen erhalten, denen eine solche Nutzung nicht
oder nicht in gleichem Umfang gestattet ist. Mit dem Wasserentnahmeentgeltgesetz soll
der wirtschaftliche Vorteil, den Einzelne durch Inanspruchnahme des Rechtes zur
Entnahme erzielen, abgeschöpft werden,
32
vgl. LT-Drucksache 13/4528, S. 29.
33
Die für eine Qualifizierung als Verleihungsgebühr erforderliche
Gegenleistungsabhängigkeit liegt darin, dass dem Einzelnen eine individuelle Leistung
zugewendet wird, indem ihm die Möglichkeit zur Nutzung des Wassers eröffnet wird, die
nach den bestehenden Vorschriften weitgehend dem zulassungsfreien
Gemeingebrauch entzogen ist, und dafür ein Entgelt nach Maßgabe der tatsächlichen
Wasserentnahme erhoben wird,
34
vgl. OVG NRW, Urteil vom 16. Oktober 2008 – 9 A 3694/06 –, Rn. 27 (juris); vgl. auch
Bamberger, Zum Stand der obergerichtlichen Rechtsprechung zum
Wasserentnahmeentgeltgesetz NRW, NWVBl. 2010, S. 7, 8.
35
Auch das Bundesverfassungsgericht, auf welches sich die Begründung des
Gesetzesentwurf ausdrücklich bezieht, war der Ansicht, die öffentliche Leistung, die die
Erhebung eines Wasserentnahmeentgelts rechtfertige, sei die Eröffnung der Möglichkeit
der Wasserentnahme,
36
vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. November 1995 – 2 BvR 413/88 – und 1300/93 –,
BVerfGE 93, 319, 346.
37
Diese die Erhebung eines Wasserentgelts rechtfertigende Gegenleistung der Eröffnung
der Möglichkeit der Wasserentnahme wird jedoch durch die Erteilung des
Entnahmerechts dem Inhaber dieses Rechts gegenüber erbracht.
38
Auch der Zweck der Förderung eines möglichst schonenden Umgangs mit
Naturressourcen, der neben den Zweck der Vorteilsabschöpfung tritt,
39
vgl. LT-Drucksache 13/4528, S. 29,
40
erfordert nicht die Inanspruchnahme des tatsächlich Handelnden anstelle des Inhabers
des Entnahmerechts. Der Inhaber des Entnahmerechts kann sich aufgrund der
Verpflichtung zur Erfüllung von Auflagen oder Nebenpflichten nicht jeglicher
Einwirkungsmöglichkeiten begeben,
41
vgl. Czychowski/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz Kommentar, 9. Aufl. 2007, § 3 Rn.
10.
42
Systematisch könnte zwar zunächst für die Inanspruchnahme des tatsächlichen Nutzers
die in § 2 WasEG festgelegte Bemessungsgrundlage sprechen. Bemessungsgrundlage
ist danach nicht die in der Erlaubnis o.ä. festgelegte maximale Entnahmemenge,
sondern vielmehr die von dem Entgeltpflichtigen entnommene Menge. Nach der
Begründung des Gesetzesentwurfs soll die tatsächlich entnommene Wassermenge ein
sachgerechtes Kriterium für den wirtschaftlichen Vorteil sein, dessen Abschöpfung das
Entgelt bezweckt,
43
vgl. LT-Drucksache 13/4528, S. 29.
44
Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Leistung, für welche das
Wasserentnahmeentgelt berechnet wird, die Eröffnung der Möglichkeit der
Wasserentnahme darstellt. Die Berechnung anhand der tatsächlich entnommenen
Wassermenge bedeutet lediglich, dass der in dieser Eröffnung der Nutzungsmöglichkeit
liegende Vorteil nicht nach seinem rechtlichen, sondern nach seinem tatsächlichen
Umfang abgeschöpft wird,
45
vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. November 1995 – 2 BvR 413/88 – und 1300/93 –,
BVerfGE 93, 319, 346.
46
Die Heranziehung der tatsächlichen Entnahmemenge für die Bemessung der Abgabe
dient somit lediglich als Kriterium der Bemessung des durch die Eröffnung der
Nutzungsmöglichkeit gewährten Vorteils.
47
Im Fall fehlender Angaben ist zudem im Regelfall die in dem Recht oder der Befugnis
zugelassene Entnahmemenge der Schätzung der Behörde zugrunde zu legen (vgl. § 3
Abs. 2 Satz 4 WasEG).
48
Im Übrigen ist auch bei fehlender Identität von Inhaber des Rechts und tatsächlich
Handelndem die Erklärungspflicht gemäß § 3 Abs. 2 WasEG für den Inhaber des Rechts
erfüllbar, da diesem im Rahmen der Erteilung des Rechts im Regelfall
Aufzeichnungspflichten auferlegt sein dürften.
49
Systematisch spricht weiter für eine Heranziehung des Erlaubnisinhabers, dass
50
Wasserentnahmen, die keiner Erlaubnis o.ä. bedürfen, aus der Entgeltpflicht
ausgenommen sind (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 2 WasEG).
Zudem wird beispielsweise im Zusammenhang mit der Ausnahmevorschrift des § 1 Abs.
2 Nr. 8 2. Var. WasEG für die Beurteilung der Gemeinwohlbezogenheit der
Wasserentnahme auf die wasserrechtliche Bescheidlage abgestellt,
51
vgl. OVG NRW, Urteil vom 18. August 2009 – 9 A 359/07 –, Rn. 39.
52
Letztlich zeigt auch § 3 Abs. 3 WasEG, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit eines
Auseinanderfallens zwischen Wassernutzer und Entgeltpflichtigen in Betracht gezogen
hat.
53
Im Übrigen wird das Abstellen auf die Inhaberschaft an dem Entnahmerecht dem
Erfordernis der Rechtssicherheit gerecht. Es ist der Behörde nicht zumutbar, sämtliche
Vertragsabreden der beteiligten natürlichen oder juristischen Personen daraufhin zu
überprüfen, wer zur Kostentragung verpflichtet ist,
54
vgl. auch VG Berlin, Urteil vom 29.10.2004 – 34 A 1.03 –, Rn. 22 (juris), wonach
allerdings entgeltpflichtiger Benutzer derjenige sein soll, der mit
Entscheidungsbefugnis ein Bauvorhaben durchführt.
55
Ebenso wenig dient es der Rechtssicherheit, jeweils im Einzelfall anhand der
vertraglichen Vereinbarungen zu prüfen, wer mit welcher Befugnis welche Handlungen
durchführen darf. Zudem bleibt unklar, welche Kriterien für die Bestimmung des
Entgeltpflichtigen anhand der vertraglichen Vereinbarungen letztlich entscheidend sein
sollen. Demgegenüber ermöglicht die Inanspruchnahme des Inhabers des
Entnahmerechts eine eindeutige Bestimmung des Entgeltpflichtigen, für die allenfalls
eine zusätzliche Prüfung eines möglichen Rechtsnachfolgetatbestandes erforderlich ist.
56
Der so getroffenen Auslegung steht auch das Bestreben der Beklagten,
Wasserentnehmer ohne erforderliches Entnahmerecht zur Zahlung eines
Wasserentnahmeentgelts heranzuziehen, nicht entgegen. Es kann vorliegend
dahinstehen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Erhebung eines Entgelts von
illegalen Wasserentnehmern überhaupt zulässig ist. Im Einklang mit der hier vertretenen
Anknüpfung an das Entnahmerecht wäre es jedenfalls denkbar, auch auf denjenigen
abzustellen, der ein solches Entnahmerecht für seine Nutzung zwar nicht besitzt, jedoch
benötigt.
57
Im Fall eines vorliegenden Entnahmerechts ist daher für die Frage des Entgeltpflichtigen
unabhängig von der Person des tatsächlich Handelnden der Inhaber des Rechts als
derjenige anzusehen, der das Wasser im Sinne des § 3 Abs. 1 WasEG entnimmt,
58
vgl. ähnlich für die Abwasserabgabe Salzwedel, ZfW 1981, S. 15, 19; OVG Sachsen-
Anhalt, Beschluss vom 13. Februar 2007 – 4 L 21/06 –, Rn. 3 (juris); vgl. in diese
Richtung deutend auch OVG NRW, Urteil vom 15. September 1998 – 9 A 2/96 –, Rn. 5
(juris).
59
Inhaber des Entnahmerechts ist jedoch vorliegend nicht die Klägerin. Der
Planfeststellungsbeschluss vom 1. August 2002 wurde der C Dachsysteme GmbH
(mittlerweile umfirmiert in N1 GmbH) erteilt. Es hat diesbezüglich keine Rechtsnachfolge
60
auf die Klägerin stattgefunden. Voraussetzung für den Eintritt einer Rechtsnachfolge ist
die Nachfolgefähigkeit der Rechtsposition und das Vorliegen eines
Nachfolgetatbestandes,
OVG NRW, Urteil vom 7. November 1995 – 11 A 5922/94 –, ZfW 1997, S. 56.
61
Ein Nachfolgetatbestand ist vorliegend nicht ersichtlich. In dem Förder- und Liefervertrag
vom 13. August 2003 ausdrücklich festgestellt, dass keine Abtretung der
Berechtigungen aus dem Planfeststellungsbeschluss erfolgen sollte. Vielmehr
"bediene" sich die damalige M Dachsysteme GmbH der Klägerin zur Nutzung
bestimmter Rechte und Pflichten aus der Genehmigung (§ 1 Ziff. 4 des Förder- und
Liefervertrages). Dass keine Übertragung der Genehmigung auf die Klägerin
beabsichtigt war, zeigt sich auch daran, dass im Fall einer vorzeitigen Kündigung die M
Dachsysteme GmbH sich um einen neuen Vertragspartner bemühen und im Fall des
Scheiterns das Kieswerk der Klägerin übernehmen sollte (vgl. § 12 Ziff. 7 des Förder-
und Liefervertrages).
62
Auch ein gesetzlicher Nachfolgetatbestand ist nicht gegeben. Nach § 7 Abs. 1 des
Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz – WHG) in der
Fassung der Bekanntmachung vom 19. August 2002 ging eine Erlaubnis mit der
Wasserbenutzungsanlage oder, soweit sie für ein Grundstück erteilt war, mit diesem auf
den Rechtsnachfolger über, soweit bei der Erteilung nichts anderes bestimmt war. Die
Erlaubnis wurde gemäß des Antrags vom 13. März 2002 für den Anlagenstandort "C
Dachsysteme GmbH C1 101, 00000 N2" erteilt. Unabhängig von der Frage, ob die in
den Planfeststellungsbeschluss vom 1. August 2002 einbezogene wasserrechtliche
Erlaubnis überhaupt selbstständig rechtsnachfolgefähig wäre, sollte die M Dachsysteme
GmbH Eigentümerin der zur Verfügung gestellten Grundfläche bleiben (vgl. § 3 Ziff. 4
des Förder- und Liefervertrages).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 VwGO in
Verbindung mit § 709 Sätze 1 und 2 ZPO.
64
Die Berufung war zuzulassen, da das Gericht bezüglich der Frage der Erledigung des
Vorauszahlungsbescheides durch den Festsetzungsbescheid von der Rechtsprechung
des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen abweicht und das Urteil
auf dieser Abweichung beruht sowie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der
Rechtssache (§ 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr.
4 VwGO).
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