Urteil des VG Düsseldorf vom 18.09.2007

VG Düsseldorf: aufschiebende wirkung, dokumentation, rohrleitungsanlage, enteignung, technische regel, transport, druck, besondere gefährlichkeit, öffentliches interesse, schneller brüter

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 3 L 884/07
Datum:
18.09.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
3. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
3 L 884/07
Sachgebiet:
Umweltrecht (Planfeststellungsbeschluss zur Errichtung und zum
Betrieb einer Kohlenmonoxid-Rohrfernleitung)
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auf 15.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
1
I.
2
Der Antragsteller ist Miteigentümer der im Grundbuch von M eingetragenen
(unbebauten) Grundstücke G1, Flurstücke 35, 36 und 39 sowie des mit einem
Wohnhaus bebauten Flurstücks 37. Ihre genaue Lage ergibt sich aus den vom
Antragsteller eingereichten und dem Gericht übergebenen Planskizzen.
3
Die Beigeladene beantragte am 29. August 2005 bei der Antragsgegnerin gemäß § 20
Abs. 1 UVPG die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer
Rohrfernleitungsanlage zum Transport von gasförmigem Kohlenmonoxid zwischen
Köln-Worringen und Krefeld-Uerdingen mit einem Durchmesser von DN 250 (250 mm)
und einer Länge von ca. 68 km überwiegend auf rechtsrheinischem Gebiet. Der genaue
Verlauf ergibt sich aus dem bei den Planunterlagen befindlichen Kartenmaterial.
4
In Teilbereichen sollte eine Parallelführung mit einer nach dem
Energiesicherungsgesetz planfestgestellten Trasse für eine Erdgasleitung der Firma X
GmbH erfolgen. Die ursprünglich ebenfalls vorgesehene teilweise Parallelführung mit
einer gleichfalls planfestgestellten Pipeline zum Transport von Propylen der Q Ruhr-
GmbH & Co. KG (QRG) erfolgt nicht mehr; die Antragsgegnerin hat inzwischen den
entsprechenden Planfeststellungsbeschluss mit Bescheid vom 2. Juli 2007 aufgehoben.
5
Mit dem Gesetz über die Errichtung und den Betrieb einer Rohrleitungsanlage zwischen
Dormagen und Krefeld-Uerdingen (Rohrleitungsgesetz - RohrlG -) vom 21. März 2006
6
(GV. NRW. 2006 S. 130) beschloss der Landtag des Landes Nordhrein-Westfalen die
Errichtung und den Betrieb einer Rohrleitungsanlage für die Durchleitung von
Kohlenmonoxid und Kohlenmonoxid-Wasserstoffgemischen zwischen Dormagen und
Krefeld-Uerdingen.
Kohlenmonoxid (CO) ist ein farb- und geruchloses, mithin sensorisch nicht
wahrnehmbares Gas. Es ist brennbar, hochentzündlich und giftig (Gefahrensymbole F +
und T). Seine R-Sätze (= Kategorisierung für die Einstufung, Verpackung und
Kennzeichnung gefährlicher Stoffe) sind 12 (hochentzündlich), 23 (giftig beim
Einatmen), 48 (Gefahr ernster Gesundheitsschäden bei längerer Exposition) und R 61
(kann das Kind im Mutterleib schädigen). Der zulässige nationale Expositionswert
beträgt ausweislich der EG-Sicherheitsdatenblätter der Kohlenmonoxid-Hersteller Linde
und Air Liquide 25 / 30 ml pro Kubikmeter (ppm).
7
Die Antragsgegnerin erließ nach Durchführung des Planfeststellungsverfahrens am 14.
Februar 2007 den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss. Der Antragsteller hatte in
diesem Verfahren als Einwender Nr. 18 Einwendungen erhoben. Mit dem
Planfeststellungsbeschluss stellte die Antragsgegnerin den Plan der Beigeladenen mit
diversen Nebenbestimmungen fest. Gleichzeitig ordnete sie die sofortige Vollziehung
des Beschlusses an.
8
Der Antragsteller hat am 23. April 2007 Klage erhoben (3 K 1647/07) und am 1. Juni
2007 um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht.
9
Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, dass sowohl das
Rohrleitungsgesetz verfassungswidrig als auch der Planfeststellungsbeschluss formell
und materiell rechtswidrig sei; dabei führt er unter Hinweis auf die besondere
Gefährlichkeit von Kohlenmonoxid eine Reihe von Sicherheitsbedenken gegen die
planfestgestellte Rohrleitungsanlage an.
10
Der Antragsteller beantragt,
11
die aufschiebende Wirkung der Klage 3 K 1647/07 gegen den
Planfeststellungsbeschluss der Antragsgegnerin vom 14. Februar 2007
wiederherzustellen.
12
Die Antragsgegnerin beantragt,
13
den Antrag zurückzuweisen.
14
Die Beigeladene beantragt,
15
den Antrag abzulehnen.
16
Die Antragsgegnerin verteidigt ihren Planfeststellungsbeschluss und wendet sich
ebenso wie die Beigeladene gegen die Ausführungen des Antragstellers.
17
Das Gericht hat der Antragsgegnerin mit Verfügung vom 13. Juli 2007 aufgegeben, zu
einem von der Kammer erstellten Fragenkatalog Stellung zu nehmen; dies ist unter dem
30. Juli 2007 geschehen.
18
Am 21. August 2007 hat ein Erörterungstermin vor der Kammer in den beiden
Parallelverfahren 3 L 884/07 und 3 L 915/07 stattgefunden. Wegen dessen Inhalts wird
auf das angefertigte Protokoll verwiesen.
19
Zu den technischen Fragen hat das Gericht insbesondere die folgenden Gutachten und
Stellungnahmen ausgewertet:
20
- TÜV-Nord vom 6. Juni 2005: Betrachtung der Auswirkungen von Lecks und einem
Vollbruch in der Kohlenmonoxidleitung
21
- RW-TÜV vom 25. August 2005: Gutachtliche Stellungnahme zur Errichtung und
Betrieb einer Rohrfernleitungsanlage zum Befördern wassergefährdender Stoffe
22
- RW-TÜV vom 1. März 2006: Gutachtliche Stellungnahme zur Erdbebensicherheit einer
Rohrfernleitungsanlage zum Befördern wassergefährdender Stoffe
23
- TÜV-Nord vom 17. Juli 2006: Erkennung und Auswirkungen eines Lecks in der
Kohlenmonoxidleitung
24
- RW-TÜV vom 19. Februar 2007: Gutachtliche Stellungnahme zur ausreichenden
Überdeckungshöhe im Bereich der Autobahnbrücke A3 über das Neandertal
hinsichtlich eines Lkw-Absturzes
25
- RW-TÜV vom 13. Juni 2007: Gutachtliche Stellungnahme zu spezifischen
Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Eilantrag der C Rechtsanwälte, N
26
- RW-TÜV vom 14. Juni 2007: Gutachtliche Stellungnahme zum Gutachten des G aus
C2 (vom 15. Mai 2007)
27
- TÜV-Hessen vom 3. Juli 2007: Stellungnahme zur Kohlenmonoxidleitung CO
28
- TÜV-Nord vom 5. Juli 2007: Stichwortartiger Überblick über Pipelines und
Mantelrohrleitungen im Hinblick auf die geplante CO-Leitung
29
- RW-TÜV vom 17. Juli 2007: Gutachtliche Stellungnahme zu den für das
Planfeststellungsverfahren relevanten Betriebsbedingungen der Kohlenmonoxidleitung
von Köln-Worringen nach Krefeld-Uerdingen
30
- TÜV-Nord vom 31. August 2007: Gutachterliche Stellungnahme zum Gutachten G
(Ausbreitungsrechnung für Leckagen der CO-Fernleitung von Köln nach Krefeld,
Beurteilung der Wirkung derselben)
31
- RW-TÜV vom 4. September 2007: Gutachtliche Stellungnahme zur
Erdbebensicherheit der Kohlenmonoxid-Fernleitung DN 250 PN 40 Köln-Worringen -
Krefeld-Uerdingen
32
- G vom 15. Mai 2007: Gutachten - Technische Beurteilung des Projektes einer
Kohlenmonoxidleitung von Köln nach Krefeld
33
- G vom 2. Juli 2007: Stellungnahme zum Gutachten des RW-TÜV vom 14.6.07 und zum
Antrag der Bezirksregierung an das Verwaltungsgericht Düsseldorf AZ 54.1.8-BIS vom
34
22.6.07
- G vom 9. August 2007: Gutachten – Ausbreitungsrechnung für Leckagen der CO-
Fernleitung von Köln nach Krefeld, Beurteilung der Wirkung derselben
35
- G vom 27. August 2007: Notiz zur Empfindlichkeit des Massebilanzverfahrens
36
- I (Universität zu L: Institut für Geologie und Mineralogie – Abt. Erdbebengeologie) vom
10. September 2007: Stellungnahme zu "Gutachterliche Stellungnahme zur
Erdbebensicherheit einer Rohrfernleitungsanlage zum Befördern wassergefährdender
Stoffe" vom RW-TÜV
37
Wegen der (weiteren) Einzelheiten der Sach- und Rechtslage und insbesondere der
Ansichten der Beteiligten sowie zu den vorgelegten Gutachten und sonstigen
Unterlagen wird (ergänzend) auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden
Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und des Hauptsacheverfahrens
3 K 1647/07 sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge einschließlich der
Antragsunterlagen der Beigeladenen Bezug genommen.
38
II.
39
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den
Planfeststellungsbeschluss der Antragsgegnerin vom 14. Februar 2007 hat keinen
Erfolg, denn es besteht sowohl ein überwiegendes öffentliches Interesse als auch ein
überwiegendes Interesse der Beigeladenen an dessen sofortiger Vollziehung.
40
Die sofortige Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses ist formell rechtmäßig
angeordnet worden. Sie genügt dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1
VwGO. Nach dieser Vorschrift ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung
des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Der Norm wohnt eine "Warnfunktion"
inne: Sie verbietet eine bloß formelhafte Begründung oder eine reine Wiedergabe des
Gesetzeswortlauts, verlangt jedoch auch keine Begründung, die jeden in Betracht
kommenden Gesichtspunkt abschließend und umfassend darstellt.
41
Vgl. allg. Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 14. Auflage 2005, § 80 Rn. 84 ff.
42
Die Antragsgegnerin hat unter Beachtung dieser Vorgaben das besondere Interesse an
der sofortigen Vollziehung auf den Seiten 473 bis 475 des angefochtenen
Planfeststellungsbeschlusses - unter Differenzierung nach dem öffentlichen Interesse
und dem Interesse der Beigeladenen - im Ergebnis ausreichend dargestellt. Sie hat
nämlich im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass durch die Inbetriebnahme der
Kohlenmonoxid-Rohrleitungsanlage die gegenwärtige Herstellung von Kohlenmonoxid
im Chemiepark Krefeld-Uerdingen durch Koksvergasung entfallen werde und dass
damit die mit der Koksvergasung verbundenen negativen Umweltauswirkungen nicht
über einen weiteren nicht absehbaren Zeitraum andauern würden. Unter dem
Gesichtspunkt der Minimierung von Eingriffen in Natur und Landschaft sei die
besondere Dringlichkeit zur schnellen Errichtung der Rohrleitungsanlage deswegen
geboten, weil sie nicht als Einzelvorhaben gesehen werden könne, sondern im
Zusammenhang mit zwei anderen geplanten Rohrleitungen (Erdgasleitung der X GmbH
und Propylenpipeline der QRG), die beide im Zeitpunkt des Erlasses des
Planfeststellungsbeschlusses in Teilbereichen gleichzeitig errichtet werden sollten.
43
Durch die behördlicherseits vorgeschriebenen gemeinsamen Trassenbauarbeiten sei
gewährleistet, dass die Eingriffe in Natur und Landschaft nur einmal erfolgen und damit
so schonend wie möglich vorgenommen werden würden. Die angestrebte Bündelung
der drei Leitungen sei technisch auch nur bei einem sofortigen Baubeginn zu
realisieren. Auch wenn inzwischen die Betreiberin der Propylenpipeline ihr Vorhaben
endgültig aufgegeben und die Antragsgegnerin daraufhin mit Bescheid vom 2. Juli 2007
den entsprechenden Planfeststellungsbeschluss aufgehoben hat, führt dies zu keinem
Verstoß gegen das Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, weil
diesbezüglich auf den Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses
abzustellen ist. Ob das von der Antragsgegnerin angenommene besondere
Vollzugsinteresse tatsächlich vorliegt, ist keine Frage der Begründung der
Vollziehungsanordnung, sondern der von der Kammer eigenständig zu treffenden
Interessenabwägung.
Diese Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus.
44
Im Verfahren nach §§ 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2, 80 a Abs. 3 VwGO ist die aufschiebende
Wirkung eines gegen den sofort vollziehbaren Verwaltungsakt gerichteten Widerspruchs
bzw. einer entsprechenden Klage wiederherzustellen, wenn das Interesse des
nachteilig Betroffenen, von der Vollziehung zunächst verschont zu werden, das
öffentliche Interesse sowie das Interesse des durch die Entscheidung Begünstigten an
der sofortigen Vollziehung überwiegt. Bei dieser Interessenabwägung kommt den
Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren, hier dem Klageverfahren, regelmäßig nur
insoweit Bedeutung zu, als im Allgemeinen bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit des
Widerspruchs bzw. der Klage das öffentliche Interesse und das Interesse des
Begünstigten überwiegen, während bei offensichtlicher - bzw. bei derartigen
Großvorhaben, bei denen die Folgen einer sofortigen Vollziehung nicht oder nur schwer
rückgängig gemacht werden können, zumindest hinreichender - Erfolgsaussicht dem
Interesse des nachteilig Betroffenen das entscheidende Gewicht zukommt. Lassen sich
die Erfolgsaussichten des Widerspruchs bzw. der Klage bei der im Verfahren zur
Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes lediglich summarisch gebotenen Überprüfung
der Sach- und Rechtslage in diesem Sinne nicht eindeutig beurteilen, ist für die
gerichtliche Entscheidung das Ergebnis einer Abwägung sämtlicher betroffener Belange
aller Beteiligten maßgeblich.
45
Gemessen an diesen Grundsätzen ist der Antrag des Antragstellers unbegründet, weil
bei der im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes lediglich möglichen
und gebotenen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage alles dafür
spricht, dass der angefochtene Planfeststellungsbeschluss rechtmäßig ergangen ist;
damit kommt der Klage des Antragstellers auch die zumindest erforderliche
hinreichende Erfolgsaussicht nicht zu.
46
Die vom Antragsteller gerügten Fehler werden im (nachfolgenden)
Hauptsacheverfahren vielmehr aller Voraussicht nach nicht zur Aufhebung oder zur
Feststellung der teilweisen Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses führen.
Dabei ist dessen Rechtmäßigkeit grundsätzlich nur innerhalb des Rahmens der
vorgetragenen Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung
sich der Antragsteller beschwert fühlt, zu überprüfen. Mithin muss stets eine eigene
Betroffenheit bestehen.
47
Vgl. zu diesem Prüfungsrahmen nur Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-
48
Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 23. März 2007 - 11 B 916/06. AK -, NuR 2007,
360 ff. sowie Juris-Dokumentation (m.w.N.).
Aus dem so umrissenen gerichtlichen Prüfungsgegenstand folgt zugleich, dass die auf
die mangelhafte Bauausführung bei der Errichtung der Rohrleitungsanlage
beispielsweise betreffend die Stressdruckprüfung, den Einbau der Geogrid-Matten, die
Bauausführung der Rohrbögen, die Wasserhaltung, die Schweißnähte und die
Wandstärke der Rohre bezogenen Rügen hier nicht überprüft werden können. Denn sie
betreffen nicht die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses als
solche, sondern die Frage, ob dessen tatsächliche Ausnutzung ordnungsgemäß erfolgt
(ist) und die Beigeladene ihren (bau-)aufsichtlichen Pflichten nachgekommen ist und
aktuell nachkommt.
49
Soweit die Leitungstrasse im Bereich der Stadt E geändert bzw. umgeplant werden
soll(te), wäre der Antragsteller diesbezüglich deswegen nicht rügeberechtigt, weil er
hierdurch erkennbar nicht in seinen Rechten (neu oder zusätzlich) betroffen wäre.
50
Vgl. allg. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 9. Auflage 2005, § 76 Rn. 1 ff. (Rn. 19 ff.
zu Abs. 3).
51
Ein Rügerecht steht dem Antragsteller auch hinsichtlich der angeführten allgemeinen
ökologischen Nachteile, die durch das planfestgestellte Vorhaben eintreten sollen, nicht
zur Seite. Gleiches gilt für die Gewährleistung des Hochwasserschutzes (vgl.
Nebenbestimmungen Nrn. A. 6.2.215 und 6.2.216 des Planfeststellungsbeschlusses,
Seiten 177 ff.) und für die landschaftsrechtliche Ausführungsplanung (vgl.
Nebenbestimmung Nr. A. 6.2.229 des Planfeststellungsbeschlusses, Seite 183) sowie
auch hinsichtlich der Ersatzgeldzahlungen im Rahmen der landschaftsrechtlichen
Kompensation (vgl. Nr. A. 7. des Planfeststellungsbeschlusses, Seite 240), gegen die
nebenbei bemerkt auch materiell keine Bedenken bestehen.
52
Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 18. Juni 1996 - 4 C 3/95 -, u.a.
NVwZ-RR 1998, 292 ff. sowie Juris-Dokumentation.
53
Hierdurch ist der effektive Rechtsschutz gemäß Art. 19 Abs. 4 GG nicht in unzulässiger
Weise eingeschränkt, da der Antragsteller geltend machen kann, in seinen Belangen
betroffen zu sein und dies der gerichtlichen Prüfung im vorliegenden Verfahren
unterliegt.
54
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Dezember 1992 - 4 B 188/92 -, u.a. NVwZ 1993, 980
ff. sowie Juris-Dokumentation.
55
Der Planfeststellungsbeschluss beruht auf § 20 Abs. 1 UVPG i. V. m. Anlage 1 Nr.
19.3.1
,
56
Wie sich bereits aus Seite 1 des Planfeststellungsbeschlusses ergibt, handelt es sich
bei dem planfestgestellten Vorhaben um die Errichtung und den Betrieb einer
Rohrleitungsanlage zum Befördern von gasförmigen und nicht von verflüssigtem
Kohlenmonoxid. Daraus folgt unweigerlich, dass die von der Antragsgegnerin auf Seite
203 des Planfeststellungsbeschlusses als Grundlage genannte Nr. 19.4.2 der Anlage 1
UVPG nicht einschlägig sein kann, weil Nr. 19.4 insgesamt nur für verflüssigte Gase gilt.
Die UVP-Pflichtigkeit des planfestgestellten Vorhabens folgt jedoch unmittelbar aus der
57
oben genannten - für wassergefährdende Stoffe - geltenden Nr. 19.3.1 (Leitungsanlagen
mit einer Länge von mehr als 40 km), ohne dass es der von der Antragsgegnerin
durchgeführten allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c UVPG bedurft hätte.
Bei Kohlenmonoxid handelt es sich nämlich gemäß § 19 a Abs. 2 WHG i.V.m. § 2 Abs. 1
Nr. 3 Satz 2 der Rohrfernleitungsverordnung - RohrfernlV - vom 27. September 2002
(BGBl. I S. 3809) um einen derartigen wassergefährdenden Stoff im Sinne der Nr. 19.3
(Gefahrenmerkmal T). Diese fehlerhafte Angabe einer (teilweise) unzutreffenden
Vorschrift im Rahmen der Benennung der Rechtsgrundlage führt allerdings nicht zur
(teilweisen) Rechtswidrigkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses; dies gilt
umso mehr, als die durch den Planfeststellungsbeschluss in Bezug genommene
gutachtliche Stellungnahme des RW-TÜV vom 25. August 2005 bereits auf Seite 1 den
wassergefährdenden Charakter des Stoffes ebenso hervorhebt wie - unter Hinweis auf
das Wasserhaushaltsgesetz - die Stoffdaten in den Antragsunterlagen der
Beigeladenen (vgl. Seite 11 von 122 Ordner 1). Überdies ist der Antragsteller
unabhängig von einem entsprechenden Rügerecht auch nicht beschwert, weil die
Antragsgegnerin die nach Nr. 19.3.1 zwingend erforderliche
Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt hat.
Der Planfeststellungsbeschluss ist formell rechtmäßig.
58
Ein Planfeststellungsverfahren nach den oben genannten Vorschriften ist
ordnungsgemäß durchgeführt und insbesondere das Anhörungsverfahren gemäß § 73
VwVfG NRW eingehalten worden.
59
Eine Erörterung der Einwendungen - einschließlich der vom Antragsteller
vorgetragenen - ist durch die Antragsgegnerin gemäß § 73 Abs. 6 und 7 VwVfG NRW
erfolgt. Ebenso ist die Vorschrift des § 73 Abs. 8 VwVfG NRW wegen der erfolgten
Änderungen des ursprünglich ausgelegten Plans durch die Beigeladene beachtet
worden.
60
Die Antragsgegnerin hat den Plan schließlich mit Planfeststellungsbeschluss vom 14.
Februar 2007 festgestellt (vgl. § 21 UVPG, § 74 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwVfG NRW).
Auch die Zustellungsvorschrift des § 74 Abs. 4 VwVfG NRW ist beachtet worden.
61
Der Planfeststellungsbeschluss ist ferner insgesamt ausreichend begründet worden
(vgl. § 74 Abs. 1 Satz 2 VwVfG NRW, § 69 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 VwVfG NRW, § 39
Abs. 1 VwVfG NRW). Diese Normen regeln die formelle Begründungspflicht, d.h. der
Planfeststellungsbeschluss ist verfahrensrechtlich mit einer Begründung zu versehen. In
dieser sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, welche
die Behörde dazu erwogen haben ihre Entscheidung zu treffen.
62
Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 8. Juni 1995 - 4 C 4/94 -, u.a. BVerwGE 98, 339 ff. sowie
Juris-Dokumentation.
63
Die Begründung muss nicht auch in der Sache zutreffend bzw. vollständig sein.
64
Vgl. nur Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 39 Rn. 2.
65
Die Begründung kann schon aus praktischen Gründen nicht sämtliche Erwägungen
wiedergeben, die im Planfeststellungsverfahren angestellt worden sind; sie muss aber
auf die für die Entscheidung wichtigsten Fragen eingehen. Vor diesem Hintergrund ist
66
die Begründung der Antragsgegnerin als ausreichend anzusehen.
Soweit gerügt wird, dass die zusammenfassende Darstellung im Sinne des § 11 UVPG
in wesentlichen Bereichen unter den gesetzlich geforderten Mindestinhalten
zurückbleibe und die Bewertung der Umweltauswirkungen gemäß § 12 UVPG
unzureichend sei, enthält der Planfeststellungsbeschluss ausreichende Ausführungen
hierzu auf den Seiten 222 ff. Die Antragsgegnerin hat die ermittelten Erkenntnisse
ausreichend dargestellt und in einer dem Gesetzeszweck entsprechenden Art und
Weise bewertet.
67
Vgl. allgemein: BVerwG, Urteil vom 8. Juni 1995, a.a.O.
68
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt im Übrigen
Verfahrensvorschriften nach der UVP-Richtlinie bzw. nach dem UVPG keine
drittschützende Wirkung zu.
69
Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2006 - 7 C 1.06 -: Die
Umweltverträglichkeitsprüfung ist kein selbstständiges Verwaltungsverfahren. Sie ist
unselbständiger Teil des Planfeststellungsverfahrens. Sie dient als
verfahrensrechtliches Instrument dazu, die Umweltbelange für die abschließende
Entscheidung aufzubereiten. Ihr Kernstück ist die Beteiligung mit umweltbezogenen
Aufgaben und der Öffentlichkeit; ferner OVG NRW, Urteil vom 26. Oktober 2005 - 11 A
1751/04 -; Beschluss vom 23. März 2007, a.a.O.
70
Der Planfeststellungsbeschluss ist auch materiell rechtmäßig; dies gilt insbesondere im
Hinblick auf die Aspekte der (mangelnden) Notwendigkeit einer einheitlichen
Planfeststellung, der Verfassungskonformität des Rohrleitungsgesetzes, der Beachtung
der für Rohrleitungsanlagen maßgeblichen rechtlichen und technischen Vorgaben (vor
allem hinsichtlich der Druck- und Betriebsbedingungen, der Sicherheitsanforderungen
und der Erdbebensicherheit) und schließlich der Zulässigkeit von
Entscheidungsvorbehalten.
71
Zunächst ist nicht die Vorschrift des § 78 Abs. 1 VwVfG NRW verletzt. Danach findet,
wenn mehrere selbständige Vorhaben, für deren Durchführung
Planfeststellungsverfahren vorgeschrieben sind, derart zusammentreffen, dass für diese
Vorhaben oder für Teile von ihnen nur eine einheitliche Entscheidung möglich ist, nur
ein Planfeststellungsverfahren statt.
72
Vgl. allgemein zu § 78 VwVfG: Kopp/Ramsauer, a.a.O.
73
Die Antragsgegnerin war jedoch nicht verpflichtet, für die Propylen-Leitung, die
Erdgasleitung und die Kohlenmonoxid-Leitung ein einheitliches
Planfeststellungsverfahren durchzuführen.
74
Ein solches Verfahren kommt nur dann in Betracht, wenn für die zusammentreffenden
Vorhaben ganz oder teilweise eine einheitliche Entscheidung notwendig ist.
75
Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1996 - 11 A 86/95 -, u.a. BVerwGE 101, 73 ff. sowie
Juris-Dokumentation: Verkehrsanlagen im Zentralen Bereich Berlin = Verkehrsbauten
mit räumlicher Trassenüberschneidung): wenn die planfestzustellenden "Vorhaben nur
einer einheitlichen Zulassungsentscheidung unterworfen werden können”. Dies ist der
76
Fall, "wenn jeder der Vorhabensträger zur sachgerechten Verwirklichung seines
Planungskonzepts darauf angewiesen ist, dass über die Zulassung der
zusammentreffenden Vorhaben nur in einem Verfahren entschieden wird."
Zwar kann auch bei einer Parallelführung von Trassen § 78 VwVfG NRW zur
Anwendung kommen, allerdings bei Vorliegen besonderer Umstände (z. B. der
Erforderlichkeit einer gemeinsamen Baumaßnahme der Vorhabensträger bei
Schwierigkeiten der Geländetopographie). Entscheidend ist, ob die Bewältigung der
vielfältigen Konflikte eine einheitliche Koordinierung der Vorhaben erforderlich macht.
77
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. November 1995 - 11 VR 38.95 -, u.a. NVwZ 1996, 389
(Berliner Tiergartentunnel) sowie Juris-Dokumentation; Urteil vom 18. April 1996, a.a.O.
78
Maßgeblich ist für die Anwendbarkeit des § 78 VwVfG NRW ferner, dass ein nicht
sinnvoll trennbarer Sachzusammenhang zwischen den einzelnen Vorhaben besteht.
79
Vgl. BVerwG, Beschluss vom Beschluss vom 23. Dezember 1992 - 4 B 188/92 -, u.a.
NVwZ 1993, 980 (DB-Containerbahnhof) sowie Juris-Dokumentation.
80
Das Bedürfnis einer fachplanerischen Koordinierung, ein planerischer Bezug
zueinander, die gegenseitige Berücksichtigung oder Zweckmäßigkeitserwägungen
reichen für die Anwendung des § 78 nicht aus; vielmehr ist eine enge Begriffsauslegung
vorzunehmen. Voraussetzung ist stets ein gesteigerter Koordinierungsbedarf aufgrund
der Erforderlichkeit gemeinsamer Baumaßnahmen und starker räumlicher Verflechtung.
81
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Dezember 1992, a.a.O.; Beschluss vom 28. November
1995, a.a.O.; Urteil vom 18. April 1996 - 11 A 86/95 -, a.a.O.; allg. Kopp/Ramsauer,
a.a.O., § 78 Rn. 7.
82
Die oben genannten Rohrleitungen sind bereits vom Umfang und ihren Auswirkungen
aufeinander und auf die Umgebung mit den o.g. vom Bundesverwaltungsgericht
entschiedenen Sachverhalten nicht vergleichbar. Es handelt sich jeweils um
eigenständige Rohrfernleitungsanlagen. Ferner besteht zwischen den Leitungen kein
Zusammenhang der Art, dass darüber nur einheitlich entschieden werden kann bzw.
konnte; insbesondere wegen der unterschiedlichen zu befördernden Stoffe, nicht
gemeinsamer Sicherheitseinrichtungen und der nicht auf der gesamten Länge
erfolgenden (notwendigen) Parallelführung. Die Frage der Erforderlichkeit eines neuen
Planfeststellungsverfahren bei einer Planänderung von nicht unwesentlicher Bedeutung
stellt sich damit vorliegend nicht.
83
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. November 2004 - 4 B 57/04 -, u.a. NVwZ 2005, 327 f.
sowie Juris-Dokumentation.
84
Durch die Planfeststellung wird die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der
notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen im Hinblick auf alle von ihm
berührten öffentlichen Belange festgestellt (§ 75 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 VwVfG NRW);
alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den
durch den Plan Betroffenen werden rechtsgestaltend geregelt (Satz 2). Das
Planfeststellungsverfahren ersetzt sämtliche für Vorhaben dieser Art sonst erforderlichen
Genehmigungen, Erlaubnisse pp. sowie Entscheidungen über Ausnahmen und
Befreiungen (vgl. Satz 1 Halbsatz 2; sog. Konzentrationswirkung).
85
Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 1997, a.a.O. (zur Entbehrlichkeit einer ausdrücklichen
Befreiungsentscheidung nach dem rh.-pfälz. Landschaftspflegegesetz wegen § 75
VwVfG); zu konkludenten Befreiungen nach dem Landschaftsgesetz: OVG NRW,
Beschluss vom 23. März 2007, a.a.O.; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 72 Rn. 10 a, § 74 Rn.
12.
86
Vor diesem Hintergrund gilt, dass eine einheitliche Planungsentscheidung für das
konkrete planfestzustellende Vorhaben unerlässlich ist.
87
Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Januar 1981 - 4 C 68/78 -, u.a. BVerwGE 61, 307ff. (BAB A
93); Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 74 Rn. 23 (Rn. 28: bezogen auf das gesamte Vorhaben
einschließlich der Nebenanlagen und Folgemaßnahmen).
88
Bei der gerichtlichen Entscheidung ist maßgeblich auf den Zeitpunkt des Erlasses des
angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses vom 14. Februar 2007 abzustellen.
Spätere Veränderungen der Sach- und Rechtslage führen nicht zu seiner
Rechtswidrigkeit, auch wenn das Vorhaben betreffend die Errichtung und den Betrieb
einer Propylenpipeline durch den Vorhabensträger QRG inzwischen endgültig
aufgegeben worden ist.
89
Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 18. Juni 1997, a.a.O.; Urteil vom 18. April 1996, a.a.O.
90
Die bei der Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens zu beachtenden
allgemeinen Grundsätze sind beachtet worden; insbesondere liegen keine erheblichen
Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten
Belange mit der Folge für den Bestand des Planfeststellungsbeschlusses gemäß § 75
Abs. 1 a VwVfG NRW vor.
91
Vgl. hierzu nur BVerwG, Urteil vom 8. Juni 1995, a.a.O.; Urteil vom 18. April 1996, a.a.O.
92
Die Antragsgegnerin hat den Planfeststellungsbeschluss rechtsfehlerfrei im Rahmen
des ihr zustehenden Planungsermessens erlassen; insbesondere ist nach der
gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage eine Planrechtfertigung
gegeben.
93
Einer Planfeststellungsbehörde steht zunächst grundsätzlich eine umfassende
planerische Gestaltungsfreiheit zu.
94
Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1985 - 4 C 59/82 -, u. a. BVerwGE 72, 282 ff.
sowie Juris-Dokumentation.
95
Nach dem bei allen hoheitlichen Planungen zu beachtenden Grundsatz der
umfassenden Problembewältigung sind in die Planung schlechthin alle planerisch
relevanten Gesichtspunkte und Umstände einzubeziehen, die zur möglichst optimalen
Verwirklichung der Planaufgabe, aber auch zur Bewältigung der von dem Planvorhaben
in seiner räumlichen Umgebung erst aufgeworfenen Probleme von Bedeutung sind.
96
Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Januar 1981, a.a.O.; Urteil vom 22. November 2000 - 11 C
2/00 -, u.a. BVerwGE 112, 221 ff. sowie Juris-Dokumentation (Bahnstrecke Mainz-
Mannheim).
97
Ein fehlerfrei ausgeübter Gestaltungsspielraum im obigen Sinne setzt neben einer
Planrechtfertigung das Beachten von Zielen der Raumordnung (soweit vorgegeben), der
einzuhaltenden Planungsleitsätze sowie des Abwägungsgebotes voraus.
98
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. März 2007, a.a.O; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 74 Rn.
20a ff. (bzgl. Ziele der Raumordnung als verbindliche Vorgabe für
Planfeststellungsbeschlüsse: § 72 Rn. 26a, b).
99
Die konkrete Planfeststellung muss vernünftigerweise geboten sein, d. h. das
planfestgestellte Vorhaben muss erforderlich sein. Hierbei handelt es sich um die
Beachtung der Zielkonformität der fachplanerischen Zielsetzung und um die Frage des
hinreichenden Bedarfs.
100
Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1985, a.a.O.; Urteil vom 8. Juni 1995, a.a.O.; Urteil
vom 18. Juni 1997, a.a.O.; zur Frage des Bedarfs vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23.
März 2007, a.a.O.; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 74 Rn. 30
101
Bei einer zuvor erfolgten gesetzlichen Entscheidung bzw. Bedarfsfestlegung hat der
zuständige Gesetzgeber diesbezüglich ebenfalls einen weiten Gestaltungs- und
Prognosespielraum. Eine gerichtliche Überprüfung darf lediglich feststellen, ob die
Grenzen dieses Spielraums beachtet und eingehalten worden sind.
102
Vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juni 1995, a.a.O.; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 74 Rn. 37.
103
Die gesetzliche Festlegung eines Planungsbedarfs ist dabei allerdings stets eine Frage
des politischen Wollens und Wertens des jeweiligen Gesetzgebers.
104
Vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juni 1995, a.a.O.; Urteil vom 18. Juni 1997, a.a.O.
105
Die Grenzen eines solchen gesetzgeberischen Ermessens sind nur dann überschritten,
wenn die erfolgte Bedarfsfeststellung evident unsachlich ist, wenn es also für das
planfestgestellte Vorhaben offenkundig keinerlei Bedarf gibt, der die Annahmen des
Gesetzgebers rechtfertigen könnte,
106
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. März 2007, a.a.O.,
107
bzw. wenn erhebliche Zweifel an einer ordnungsgemäßen Ausübung des
gesetzgeberischen Ermessens bestehen.
108
Vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juni 1995, a.a.O.
109
Gesetzgeberisch normierte Bedarfsentscheidungen sind verbindlich für die
nachfolgende Planung und Planrechtfertigung. In die Planabwägung ist ein solcher
Bedarf einzustellen; die gesetzgeberische Feststellung des Bedarfs ist für die
Planfeststellungsbehörden und für die Gerichte verbindlich.
110
Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 1997, a.a.O.
111
Ein Gericht darf nur überprüfen, ob die der Planfeststellung zugrundeliegende Prognose
des Gesetzgebers den an sie rechtlich zu stellenden Erwartungen genügt, insbesondere
112
ob sie in angemessener und methodisch einwandfreier Weise erarbeitet worden ist.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1985, a.a.O.; Urteil vom 24. November 1989 - 4 C
41/88 -, BVerwGE 84, 131; NVwZ 1990, 860, 862 (gestufter Ausbau einer
Bundesautobahn).
113
Insbesondere ist es nicht Aufgabe eines Gerichts, eine eigene abwägende
Planentscheidung zu treffen.
114
Vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juni 1995, a.a.O.
115
Das Gebot einer gerechten Abwägung aller geschützten privaten und öffentlichen
Belange ist zu beachten.
116
Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1975 - IV C 21.74 -, BVerwGE 48, 56 ff. sowie
Juris-Dokumentation; Kopp/Ramsauer, a.a.O. § 73 Rn. 49 ff.: bei einem
Grundstückseigentümer kann dieser sich auf den Schutz vor nachteiligen Wirkungen auf
sein Grundstück berufen.
117
Dies gilt auch bei einer zuvor erfolgten gesetzgeberischen Bedarfsfestlegung.
118
Vgl.BVerwG, Urteil vom 18. Juni 1997, a.a.O.
119
Insbesondere muss bei Eingriffen in das Eigentum eine den Anforderungen des Art. 14
Abs. 3 GG gerecht werdende Planrechtfertigung gegeben sein.
120
Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1985, a.a.O.; Urteil vom 8. Juni 1995, a.a.O.
121
Diese muss sich stets am Gemeinwohl orientieren. Das ist der Fall, wenn das Vorhaben
im Einklang mit den Zielsetzungen des zugrundeliegenden - verfassungsmäßigen -
Fachplanungsgesetzes steht.
122
Vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 23. März 2007, a.a.O.
123
Aus dem planerischen Gestaltungsspielraum der Behörde kann insbesondere nicht der
Schluss gezogen werden, dass die Behörde jeden nicht von vornherein abwegigen
Standort bzw. hier Trassenverlauf untersuchen muss, solange sich ein anderer Standort
nicht geradezu aufdrängt. Vielmehr setzt die Standortwahl bzw. hier die Wahl des
Trassenverlaufs der Rohrleitungsanlage voraus, dass ernsthaft in Betracht kommende
Alternativstandorte auch ernsthaft in Betracht gezogen und erwogen werden.
124
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Juli 1979 - 7 CB 21.79 -, DÖV 1980, 133 ff. sowie
Juris-Dokumentation; OVG NRW, Beschluss vom 23. März 2007, a.a.O.
125
Eine Planungsalternative, die der zuständigen Planungsbehörde schon nach einer
Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, darf bereits in einem frühen
Verfahrensstadium ausgeschieden werden.
126
Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 1997, a.a.O.
127
Soweit eine Planung in Rechtspositionen Dritter eingreift, beispielsweise wenn es um
128
durch Artikel 14 Abs. 1 GG geschützte Rechte geht, bedarf die Planung einer
besonderen Rechtfertigung und hat sich an den in dieser im Fachgesetz zum Ausdruck
kommenden Planungsleitsätzen auszurichten. So muss ein objektiv erforderliches
Bedürfnis an der Planung vor dem Hintergrund der verfolgten Ziele bestehen. Eine
solche Planung ist auf die sich aus dem zugrundeliegenden Fachgesetz ergebenden
öffentlichen Belange auszurichten und muss vor diesem Hintergrund erforderlich sein.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1975, a.a.O.
129
Die entsprechende konkrete Planfeststellung muss ferner ein rechtlich zulässiges
Planungsmodell darstellen.
130
Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1989, a.a.O.
131
Bei privatnützigen Vorhaben muss dieses Modell den Zielvorgaben des
zugrundeliegenden Fachplanungsgesetzes entsprechen.
132
Vgl. nur Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 24. März 1987 - 1 BvR 1046//85
- u.a.; BVerfGE 74, 264 ff. sowie Juris-Dokumentation (Boxberg); Kopp/Ramsauer,
a.a.O., § 72 Rn. 14 a, § 74 Rn. 30 ff.
133
Die oben genannten Vorgaben sind von der Antragsgegnerin insgesamt beachtet
worden.
134
Die Antragsgegnerin hat im Planfeststellungsbeschlusses ausreichende Ausführungen
zur Planrechtfertigung und eine Würdigung des Gesamtergebnisses vorgenommen.
Unter Berücksichtigung der oben skizzierten gerichtlichen Überprüfungsbefugnisse in
einem planfeststellungsrechtlichen Verfahren sind diese im Ergebnis nicht zu
beanstanden.
135
Die Planrechtfertigung ergibt sich aus dem Gesetz über die Errichtung und den Betrieb
einer Rohrleitungsanlage zwischen Dormagen und Krefeld-Uerdingen vom 21. März
2006 (GV. NRW. 2006 S. 130) betreffend die Errichtung und den Betrieb einer
Rohrleitungsanlage für die Durchleitung von Kohlenmonoxid und Kohlenmonoxid-
Wasserstoffgemischen. Dieses Rohrleitungsgesetz - RohrlG - ist bei der in einem
Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vorzunehmenden summarischen
Prüfung formell und materiell verfassungsmäßig.
136
Insbesondere ist das Gesetz in dem hierfür vorgesehenen Gesetzgebungsverfahren
ordnungsgemäß zustande gekommen und im Gesetz- und Verordnungsblatt bekannt
gegeben worden (Art. 65, 66 Satz 1, 71 Abs. 1 Verfassung des Landes Nordrhein-
Westfalen).
137
Es ist unter dem Gesichtspunkt der getroffenen Enteignungsregelungen auch materiell
verfassungsmäßig.
138
Die Voraussetzungen für eine rechtmäßige Enteignung ergeben sich aus Art. 14 Abs. 3
GG.
139
Eine Enteignung ist ein staatlicher Zugriff auf das Eigentum des Einzelnen und kann
sowohl auf eine vollständige als auch auf eine teilweise Entziehung konkreter
140
Rechtspositionen, die durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet werden, gerichtet
sein. Dabei müssen stets die Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 3 GG beachtet werden.
Vgl. nur BVerfG, Urteil vom 10. März 1981 - 1 BvR 92/71 u.a. -, u.a. BVerfGE 56, 249 ff.
sowie Juris-Dokumentation (Gondelbahn); BVerfG, Beschluss vom 11. November 2002 -
1 BvR 218/99 -, u.a. NVwZ 2003, 197ff. sowie Juris-Dokumentation (Hamburg-
Finkenwerder).
141
Gemäß Satz 1 ist eine Enteignung nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig; gemäß
Satz 2 darf diese nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen, das Art und
Ausmaß der Entschädigung regelt.
142
Vgl. nur BVerfG, Urteil vom 10. März 1981, a.a.O.; Urteil vom 24. März 1987, a.a.O.;
Beschluss vom 16. Dezember 2002 - 1 BvR 171/02 -, u.a. NVwZ 2003, 726 f. sowie
Juris-Dokumentation; BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2002 C 7/01 -; u.a. BVerwGE
117, 138 ff. sowie Juris-Dokumentation (Transitpipeline, MERO-Gesetz).
143
Dabei ist das Wohl der Allgemeinheit durch eine Abwägung nach
Verhältnismäßigkeitskriterien zwischen dem öffentlichen Interesse an der Enteignung
und dem Interesse des Eigentümers an der Erhaltung seiner Eigentumssubstanz zu
bestimmen. Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG verpflichtet den Gesetzgeber, die eine Enteignung
legitimierenden Gemeinwohlaufgaben selbst festzulegen. Die Einschätzung des
Gesetzgebers im Rahmen des ihm zustehenden Prognosespielraums hat sich auch auf
die Erforderlichkeit des entsprechenden Vorhabens zu erstrecken.
144
Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2002, a.a.O.
145
Das zur Überprüfung berufene Gericht hat die vom Gesetzgeber festgelegten
Gemeinwohlbelange zu respektieren, es sei denn, diese sind eindeutig widerlegbar
oder offensichtlich fehlsam oder widersprechen der Wertordnung des Grundgesetzes.
146
Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 1997, a.a.O; Urteil vom 24. Oktober 2002, a.a.O.
147
Eine Enteignung ist (auch) zugunsten Privater bzw. privat organisierter Unternehmen
möglich. Eine solche Enteignung ist davon abhängig, dass dem Unternehmen die
Erfüllung der dem Gemeinwohl dienenden Aufgabe durch Gesetz oder aufgrund eines
Gesetzes zugewiesen und zudem sichergestellt ist, dass es zum Nutzen der
Allgemeinheit durchgeführt wird. Maßgeblich ist der Enteignungszweck des Wohls der
Allgemeinheit.
148
Vgl. BVerfG, Urteil vom 24. März 1987, a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2002,
a.a.O.
149
Eine Enteignung zugunsten eines Privaten ist jedenfalls dann zulässig, wenn der
Unternehmer beispielsweise auf dem Bereich des gesetzlich normierten qualifizierten
Enteignungszweckes der Energieversorgung oder von Infrastrukturleistungen tätig ist
und zusätzlich zu diesem Gemeinwohlzweck sichergestellt ist, dass das Vorhaben zum
Nutzen der Allgemeinheit ausgeführt wird.
150
Vgl. BVerfG, Urteil vom 24. März 1987, a.a.O.
151
In den anderen Fällen, in denen die Enteignung nur mittelbar dem Gemeinwohl dient,
bestehen demgegenüber besondere verfassungsrechtliche Probleme. Das
Bundesverfassungsgericht,
152
vgl. Urteil vom 24. März 1987, a.a.O.,
153
fordert hier, dass gesetzlich festzulegen ist, für welche Vorhaben und unter welchen
Voraussetzungen und für welche Zwecke eine Enteignung zulässig sein soll. Der
Gesetzgeber hat zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen eine
Enteignung statthaft sein soll. Auch muss gewährleistet sein, dass der im
Allgemeininteresse liegende Zweck der Maßnahme erreicht und dauerhaft gesichert
wird. Ergibt sich der Nutzen für das allgemeine Wohl nicht bereits aus dem
Unternehmensgegenstand selbst (wie es z. B. bei dem allgemein anerkannten Bereich
der Daseinsvorsorge der Fall ist), sondern nur als mittelbare Folge der
Unternehmenstätigkeit, müssen besondere Anforderungen an die gesetzliche
Konkretisierung des Enteignungszwecks gestellt werden. Daher ist der
Enteignungszweck gesetzlich so genau zu beschreiben, dass die Entscheidung über
die Zulässigkeit der Enteignung nicht in die Hand der Verwaltung gegeben wird. Ferner
sind differenzierte materiell- und verfahrensrechtliche Regelungen zu treffen, die
sicherstellen, dass den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen wird.
Schließlich darf der Gemeinwohlbezug kein bloßer tatsächlicher Reflex bleiben,
sondern muss auf Dauer garantiert sein. Dazu ist eine effektive rechtliche Bindung des
Privaten an das Gemeinwohlziel notwendig.
154
Vgl. BVerfG, Urteil vom 24. März 1987, a.a.O.; ferner (zur gesetzlichen Beschreibung
des Enteignungszwecks): Urteil vom 10. März 1981, a.a.O.
155
Die Vorschriften des RohrlG und des über § 4 Abs. 4 "im Übrigen" geltenden EEG NRW
verstoßen nicht gegen die Vorgaben von Art. 14 Abs. 3 GG.
156
Das Gesetz bestimmt unter Beachtung der vorstehenden Vorgaben des
Bundesverfassungsgerichts, für welches Vorhaben und für welche Zwecke und unter
welchen Voraussetzungen eine Enteignung zulässig sein soll. Es enthält ferner
ausreichende Vorkehrungen für den Fall der endgültigen Betriebseinstellung und einer
anderen Nutzung als der gesetzlich vorgegebenen.
157
Gemäß § 1 Satz 1 RohrlG dient die Errichtung und der Betrieb der mit dem
Planfeststellungsbeschluss der Antragsgegnerin vom 14. Februar 2007 festgestellten
Rohrleitungsanlage zwischen Dormagen und Krefeld-Uerdingen dem Wohl der
Allgemeinheit gemäß Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG. Nach Satz 2 gilt dies unabhängig davon,
dass die Anlage neben den in § 2 Nrn. 1 bis 4 RohrlG als "insbesondere" genannten
Zwecken auch privat-wirtschaftlichen Zwecken (der Beigeladenen) dient.
158
Die Enteignung kann gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 RohrlG zur Errichtung und zum Betrieb
der hier streitigen Rohrfernleitungsanlage erfolgen. Nach Satz 2 darf nur in dem Umfang
enteignet werden, in dem dies zur Verwirklichung des Enteignungszwecks erforderlich
ist. Reicht eine Belastung des Grundstücks mit einem Recht zur Verwirklichung des
Enteignungszwecks aus, so ist die Enteignung gemäß Satz 3 hierauf zu beschränken.
Gemäß § 3 Abs. 2 RohrlG sind Bestandteil der Rohrleitungsanlage insbesondere ihre
Betriebs- und Sicherheitseinrichtungen sowie ein Schutzstreifen und der Errichtung
dienender Arbeitsstreifen und Hilfsflächen.
159
Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 ist die Enteignung im einzelnen Fall nur zulässig, wenn das
Wohl der Allgemeinheit sie erfordert und der Enteignungszweck auf andere zumutbare
Weise, insbesondere aus Grundbesitz des die Anlage errichtenden und betreibenden
Unternehmens, nicht erreicht werden kann. Die Enteignung setzt nach Satz 2 ferner
voraus, dass das die Anlage errichtende und betreibende Unternehmen sich
nachweislich ernsthaft bemüht hat, das Grundstück oder das in § 3 Abs. 1 Satz 2
bezeichnete Recht zu angemessenen Bedingungen freihändig zu erwerben und
glaubhaft macht, das Grundstück oder das Recht daran werde innerhalb angemessener
Frist zu dem vorgegebenen Zweck verwendet bzw. ausgeübt werden. Gemäß § 4 Abs. 2
RohrlG ist die Enteignung nur zulässig, wenn der für das Vorhaben nach § 20 des
Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche
Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar ist oder ein hiergegen eingelegtes
Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat. Gemäß Satz 2 ist der
Planfeststellungsbeschluss dem Enteignungsverfahren zugrunde zu legen und für die
Enteignungsbehörde bindend.
160
§ 5 RohrlG enthält Bestimmungen für den Fall einer endgültigen Betriebseinstellung und
für den Fall, dass die Leitung nicht mehr für den Transport von Kohlenmonoxid bzw.
Kohlenmonoxid-Wasserstoffgemischen genutzt wird.
161
Der Gesetzgeber des Landes Nordrhein-Westfalen hat mit dem RohrlG speziell die
Errichtung und den Betrieb der hier streitigen Rohrfernleitungsanlage zur Durchleitung
von Kohlenmonoxid zwischen Dormagen und Krefeld-Uerdingen gesetzlich normiert.
Die Problemstellung und der Regelungsbedarf ergeben sich aus der
Gesetzesbegründung (vgl. LT-Drs. 14/909). Der Gesetzgeber hat in § 2 Ziffern 1 bis 4
RohrlG den (öffentlichen) Enteignungszweck dargestellt und ausdrücklich erkannt, dass
darüber hinaus die Rohrfernleitungsanlage auch privatwirtschaftlichen Zwecken
(vorrangig der Beigeladenen) dient (vgl. § 1 Satz 2). Die vom Gesetzgeber genannten
Enteignungszwecke sind nicht zu beanstanden. Dies gilt insbesondere für Ziffer 4:
Verbesserung der Umweltbilanz der Kohlenmonoxid-Produktion nicht zuletzt vor dem
Hintergrund der aktuellen wissenschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen
Diskussion betreffend die Reduzierung von Umweltemissionen und angesichts des in
Art. 20 a GG normierten Staatsschutzzieles Umweltschutz.
162
Die Einschätzung des Gesetzgebers betreffend die Erforderlichkeit der
planfestgestellten Leitung ist unter Berücksichtigung des dem Gesetzgeber
zustehenden Prognosespielraums,
163
vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2002, a.a.O.,
164
nicht fehlerhaft.
165
Vgl. auch Urteil vom 18. Juni 1997, a.a.O.
166
Ferner hat der Gesetzgeber die zu beachtenden Voraussetzungen für eine Enteignung
dargestellt. Insbesondere sind diese Erwägungen nicht offensichtlich fehlsam. Auch
sind ausreichende gesetzliche Vorkehrungen zur dauerhaften Sicherung des
Enteignungszwecks getroffen worden (vgl. § 5).
167
Zwar darf ein Gesetzgeber in besonderen Fällen auch Details einer anlagenbezogenen
168
Fachplanung in eigener Kompetenz (gesetzlich) regeln, so wie er es beispielsweise bei
der sogenannten "Südumfahrung Stendal" getan hat; hierbei handelte es sich um die
Planung eines Teilabschnitts der Eisenbahn-Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen
Hannover und Berlin und um eines der 17 Verkehrsprojekte "Deutsche Einheit" durch
das SüdumfStG.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 1996 - 2 BvF 2/93 -, u.a. BVerfGE 95, 1 ff. sowie
Juris-Dokumentation (Südumfahrung Stendal).
169
Der Landesgesetzgeber war allerdings im vorliegenden Fall der Errichtung und des
Betriebs einer Rohrfernleitung zwischen den Chemiestandorten Dormagen und Krefeld-
Uerdingen nicht dazu verpflichtet, konkrete gesetzliche Vorgaben zu machen und durfte
die Durchführung des gesetzlichen Planfeststellungsverfahrens der zuständigen
Planfeststellungsbehörde, der Antragsgegnerin, überlassen. Er durfte insbesondere
lediglich die zu verbindenden Orte (Beginn und Ende der zu errichtenden Leitung)
gesetzlich normieren. Bei der Errichtung und dem Betrieb der Rohrfernleitung handelt es
sich um ein von Art und Umfang her nicht mit der vorgenannten Eisenbahnstrecke und
der Errichtung des Schnellen Brüters in Kalkar vergleichbares Vorhaben.
170
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. August 1978 - 2 BvL 8/77 -, u.a. BVerfGE 49, 8 ff. sowie
Juris-Dokumentation (Schneller Brüter Kalkar).
171
Die vom Landesgesetzgeber getroffene Entscheidung zugunsten der Errichtung und des
Betriebes der planfestgestellten Rohrleitungsanlage der Beigeladenen ist im Ergebnis
nicht zu beanstanden. Dem Gesetzgeber stand bei der von ihm getroffenen
Abwägungsentscheidung wie dargestellt ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Rechtlich
ausreichend war die gesetzgeberische Festlegung der durch die Rohrleitungsanlage zu
verbindenden der Orte. Verfassungsrechtlich nicht geboten ist, dass in dem
Rohrleitungsgesetz (bzw. in der entsprechenden Gesetzesbegründung) umfassende
Einzelheiten zu dem Planvorhaben aufgeführt wurden, zumal die Antragsgegnerin als
Planfeststellungsbehörde zuständig war für die konkrete Überprüfung der
Antragsunterlagen der Beigeladenen, die Ermittlung und Prüfung von erhobenen
Bedenken, die Abwägung aller relevanten Belange und für die Genehmigung des
Vorhabens im Rahmen der hierbei zu beachtenden rechtlichen und gesetzlichen
Vorgaben.
172
Der Landesgesetzgeber durfte sich ferner auf die Angaben der Beigeladenen als
Vorhabensträgerin ihm gegenüber verlassen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Angaben
in wesentlichen Bereichen objektiv unrichtig waren, dass der Gesetzgeber offensichtlich
fehlerhaft entschieden hat und dass er den Bedarf für das Vorhaben der Beigeladenen
(damit) nicht ausreichend ermittelt hat. Er hat sich u.a. Stellungnahmen betroffener
Chemieunternehmen vorlegen lassen. Hiergegen bestehen keine Bedenken, auch
wenn diese damit naturgemäß ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgt haben
und das Vorhaben unterstützen wollten. Des Weiteren war das Wirtschaftsministerium
des Landes NRW und dessen Fachreferat Chemie am Gesetzgebungsverfahren
beteiligt. Bei dem Vorhaben musste der Gesetzgeber auch keine eigene Einschätzung
des wirtschaftlichen Nutzens vornehmen und damit quasi seine eigene
betriebswirtschaftliche Einschätzung an die Stelle des Vorhabensträgers setzen. Es ist
eine zulässige politische Willenserklärung, z.B. im Rahmen von Wirtschaftsförderung
und Technologieförderung, Rahmenbedingungen zugunsten von betroffenen
Unternehmen zu schaffen und hier den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen zu
173
stärken. Eine offensichtlich fehlsame Bedarfsentscheidung bzw. eine Überschreitung
des gesetzgeberischen Ermessens liegt (jedenfalls) nicht vor. Auch aus der
Gesetzesbegründung (LT-Drs. 14/909) ergibt sich, dass der Gesetzgeber sich mit der
Materie befasst hat. Das Grundgesetz und die Verfassung des Landes Nordrhein-
Westfalen stellen für das ordnungsgemäße Zustandekommen von Gesetzen auch keine
weiteren Anforderungen wie beispielsweise eine zwingende Aussprache im Plenum
auf.
Die aktuellen Übernahmegerüchte hinsichtlich der C3 AG durch die O AG sind
unabhängig vom maßgeblichen Zeitpunkt von vorneherein ungeeignet, die demnach bei
summarischer Prüfung gegebene Verfassungskonformität des Gesetzes in Frage zu
stellen.
174
Die Planrechtfertigung im Übrigen ist aufgrund der Angaben im
Planfeststellungsbeschluss der Antragsgegnerin gegeben (vgl. Seite 212 f. zu Nr. 4. und
Seite 472 zu Nr. 10). In diesem Rahmen ist erkennbar auch eine Auseinandersetzung
mit dem Grundrecht des Art. 14 GG erfolgt. Der Planfeststellungsbeschluss hat im
Ergebnis auch zutreffend das Eigentumsgrundrecht des Antragstellers gemäß Art. 14
Abs. 1 GG berücksichtigt und abgewogen (Seiten 342, 376 ff.
Planfeststellungsbeschluss). Insbesondere kommt dem Rohrleitungsgesetz und dem
Planfeststellungsbeschluss eine enteignungsrechtliche Vorwirkung zu (i.V.m. den
Vorschriften des EEG NRW).
175
Im Rahmen der getroffenen Abwägungsentscheidung hat die Antragsgegnerin alle nach
der Rechtsprechung vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Trassenvarianten
berücksichtigt. Ausführungen zu einer linksrheinischen (und nach Angaben des
Antragstellers kürzeren) Trassenführung der Rohrleitung enthält der
Planfeststellungsbeschluss auf den Seiten 307 f. und 396 f.
176
Die Antragsgegnerin hat sich im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des
Planfeststellungsbeschlusses in rechtmäßiger Weise auf das Prinzip der
Trassenbündelung im Sinne einer jedenfalls teilweise gemeinsamen Verlegung der
Kohlenmonoxid-Leitung mit den oben genannten Erdgas- und Propylenleitungen
gestützt. Hierbei handelt es sich um ein nachvollziehbares Abwägungskriterium. Eine
linksrheinische Trassenführung war bereits im vorgelagerten Raumordnungsverfahren,
in dem die rechtsrheinische Trassenführung als "Vorzugstrasse" eingestuft worden war,
verworfen worden. Eine solche Trassenführung wäre zudem zur Überzeugung des
Gerichts nicht (wesentlich) kürzer, weil sich auch auf der linksrheinischen Seite bebaute
Gebiete (u.a. die Städte Krefeld und Neuss) sowie Naturschutzgebiete befinden und
eine direkte Verbindung zwischen Dormagen und Krefeld erkennbar nicht möglich
gewesen wäre. Letztlich durfte auch eine völlige Umplanung des von der Beigeladenen
zur Genehmigung vorgelegten Vorhabens durch die Planfeststellungsbehörde nicht
erfolgen. Die umfassende Prüfung einer linksrheinischen Trassenführung im
Planfeststellungsbeschluss konnte damit entfallen. Überdies würde eine linksrheinische
Trassenführung unter Berücksichtigung der Erdbebenzonen nach der DIN 4149 in einer
gefährdeteren Zone liegen. Vor diesem Hintergrund drängte sich eine linksrheinische
Trassenführung als Planungsalternative gerade nicht auf.
177
Vgl. OVG NRW, Beschluss von 23. März 2007, a.a.O. (allg. zum Aufdrängen einer
Planungsalternative).
178
Die Errichtung einer neuen Produktionsanlage für Kohlenmonoxid am Standort in
Krefeld-Uerdingen stellt ebenfalls keine zulässigerweise zu berücksichtigende
Planungsalternative dar. Denn die Antragsgegnerin hatte allein über die von der
Beigeladenen beantragte Rohrfernleitungsanlage zu entscheiden. Auch aus der
Entscheidung der EU-Kommission vom 19. März 2003 über staatliche Beihilfen
Deutschlands an die Linde AG (2003/687/EG; Abl. L 250/24) und dem dort genannten
Schreiben der Bundesrepublik Deutschland vom 25. Mai 1999 ergibt sich nicht eine
entsprechende verbindliche rechtliche Verpflichtung bzw. ein Verbot hinsichtlich des
Beförderns von Kohlenmonoxid durch eine Rohrfernleitungsanlage.
179
Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss hält sich im Rahmen der für
Rohrfernleitungen maßgeblichen rechtlichen und technischen Vorgaben.
180
In rechtlicher Hinsicht ergeben sich diese aus den Vorschriften der bereits oben
genannten Rohrfernleitungsverordnung - RohrfernlV -. Gemäß deren § 2 Abs. 1 Nr. 2 gilt
die Verordnung u. a. für planfeststellungs- oder plangenehmigungsbedürftige
Rohrfernleitungsanlagen, in denen verflüssigte oder gasförmige Stoffe mit den
Gefahrenmerkmalen F, F+, T, T+ oder C befördert werden. Als gasförmiger Stoff mit den
Gefahrenmerkmalen T und F+ fällt Kohlenmonoxid bzw. dessen Transport durch eine
Rohrfernleitungsanlage damit in den Anwendungsbereich der
Rohrfernleitungsverordnung, denn einen Ausschlusstatbestand gibt es nicht. Im Hinblick
darauf, dass der Verordnung zur Rechtsvereinfachung im Bereich der Sicherheit und
des Gesundheitsschutzes bei der Bereitstellung von Arbeitsmitteln und deren
Benutzung bei der Arbeit, der Sicherheit beim Betrieb überwachungsbedürftiger
Anlagen und der Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes vom 27. September
2002 (BGBl. I S. 3777), als deren Art. 4 die Rohrfernleitungsverordnung erlassen wurde,
(bundes-)gesetzliche Normen zu Grunde liegen, die zu den überwachungsbedürftigen
Anlagen ausdrücklich "Leitungen unter innerem Überdruck für brennbare, ätzende oder
giftige Gase, Dämpfe oder Flüssigkeiten" zählen (vgl. § 2 Abs. 2 a Nr. 4 des
Gerätesicherheitsgesetzes), ergeben sich unter den Gesichtspunkten des
Gesetzesvorbehalts und des Wesentlichkeitsprinzips keine verfassungsrechtlichen
Bedenken gegen diese Regelungsstruktur. Insbesondere bedarf es keiner
spezialgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage bzw. keines förmlichen Gesetzes
ausschließlich für den Transport von Kohlenmonoxid durch eine
Rohrfernleitungsanlage, sodass sich die Frage, welche Bedeutung der im (nordrhein-
westfälischen) Rohrleitungsgesetz zum Ausdruck gebrachten Wertung des (Landes-
)Gesetzgebers zukommt, im vorliegenden Zusammenhang nicht stellt.
181
Die "grundsätzlichen" Anforderungen sind in § 3 RohrfernlV festgelegt:
182
Gemäß § 3 Abs. 1 RohrfernlV müssen Rohrfernleitungsanlagen so beschaffen und
betrieben werden, dass eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit vermieden
wird und insbesondere schädliche Einwirkungen auf den Menschen und die Umwelt
nicht zu besorgen sind.
183
Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 RohrfernlV ist die Rohrfernleitungsanlage entsprechend dem
Stand der Technik zu errichten und zu betreiben.
184
Bei dem Stand der Technik wird der rechtliche Maßstab für das Erlaubte oder Gebotene
(anders als bei dem Stand von Wissenschaft und Technik) an die Front der technischen
Entwicklung verlagert, da die allgemeine Anerkennung und die praktische Bewährung
185
allein nicht ausschlaggebend ist. Behörden und Gerichte müssen dabei in die
Meinungsstreitigkeiten der Techniker eintreten, um zu ermitteln, was technisch
notwendig, geeignet, angemessen und vermeidbar ist.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. August 1978, a.a.O. und unter Verweis auf die
vorgenannte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts: BVerwG, Beschluss vom 4.
August 1992 - 4 B 150/92 -, Juris-Dokumentation.
186
Als Stand der Technik bei Rohrfernleitungen gelten gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 RohrfernlV
insbesondere die nach § 9 Abs. 5 veröffentlichten - von dem beim Bundesministerium
für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit eingerichteten Ausschuss für
Rohrfernleitungen vorgeschlagenen - Technische Regeln. Dies ist vorliegend die
Technische Regel für Rohrfernleitungsanlagen - TRFL - vom 19. März 2003 (BAnz Nr.
100 a, ber. am 16. April 2004, BAnz. Nr. 80), die - in Anlehnung an eine Entscheidung
des Bundesverwaltungsgerichts zur Technischen Anleitung - TA - Luft,
187
vgl. Beschluss vom 30. August 1996 - 7 VR 2/96 -, Juris-Dokumentation,
188
"generelle, dem gleichmäßigen und berechenbaren Gesetzesvollzug dienende
Standards aufstellt, die entsprechend der Art ihres Zustandekommens in hohem Maße
wissenschaftlich-technischen Sachverstand und allgemeine Folgenbewertungen
verkörpern". Der Geltungsbereich dieser technischen Vorgaben umfasst ausdrücklich
die Errichtung und den Betrieb von Rohrfernleitungsanlagen entsprechend der
Rohrfernleitungsverordnung (vgl. "Geltungsbereich", Abs. 1 TRFL). Da keiner der unter
"Geltungsbereich" Abs. 2 lit. a. - d. TRFL genannten Ausnahmetatbestände eingreift und
die TRFL auch im Übrigen - etwa im Hinblick auf dessen fehlende sensorische
Wahrnehmbarkeit - keinen Ausschluss beinhaltet, ist die genannte Technische Regel
auf die planfestgestellte Rohrfernleitung zum Transport von Kohlenmonoxid anwendbar.
189
Abweichendes ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass Kohlenmonoxid in der
Stoffliste des Anhangs F der TRFL fehlt, denn diese kann ohne Weiteres im Rahmen
einer vergleichenden Bewertung um Kohlenmonoxid erweitert werden. Bereits die auf
die Stoffliste verweisende Nr. 1.2.1 des Teils 1 TRFL besagt im Rahmen der Definition
der "Rohrfernleitungsanlagen im Sinne dieser Regel" ausdrücklich, dass es um
Rohrleitungen geht, die "insbesondere Stoffe im Sinne des Anhangs F befördern". Der
nicht abschließende Charakter wird durch die Stoffliste selbst unterstrichen, die als
"offen und bei Bedarf zu erweitern" bezeichnet ist. Ein spezieller formeller vorheriger
Aufnahmeakt bezüglich noch nicht aufgeführter Stoffe ergibt sich weder aus der TRFL
noch aus der RohrfernlV und ist für das Gericht auch aus sonstigen Gründen nicht
zwingend. Die Stoffliste ist damit bei Bedarf, also abhängig von der aktuellen
technischen Entwicklung auf dem Gebiet des Transports von flüssigen oder
gasförmigen Stoffen und Stoffverbindungen durch Rohrfernleitungen jederzeit - und
damit auch im Rahmen einer vergleichenden Bewertung durch ein Gericht - erweiterbar.
Der Vergleichbarkeit stehen die toxischen Eigenschaften von Kohlenmonoxid nicht
entgegen, wie sich aus einem Vergleich mit anderen in der Liste enthaltenen toxischen
Stoffen (beispielsweise Aldehyden, Methanol und Vinylchlorid) ergibt. Zur Überzeugung
des Gerichts sind mit Kohlenmonoxid von den Gefahrenmerkmalen her vergleichbar
Ammoniak (T und N (umweltgefährdend)), Methanol (F und T), Rohöle (F+ und T) und
Vinylchlorid (F+ und T). Auch die bei Kohlenmonoxid weitergehend und kumulierend
vorhandenen R-Sätze (R 12, 23, 48 und 61) verbieten eine Erweiterung nicht, denn
diese finden sich mit Ausnahme des R-Satzes 61 (kann Kind im Mutterleib schädigen)
190
auch bei anderen Stoffen des Anhangs F der TRFL, bei Benzol insbesondere auch in
der Kombination R 23 (giftig beim Einatmen) und R 48 (Gefahr ernster
Gesundheitsschäden bei längerer Exposition). Der in der Stoffliste bislang nicht
auftauchende R-Satz 61 rechtfertigt es ebenfalls nicht, Kohlenmonoxid als
unvergleichbar zu qualifizieren, denn im Anhang F zur TRFL findet sich eine Reihe von
R-Sätzen, die von ihren Auswirkungen ähnlich einschneidend sind. Insoweit sei
lediglich auf den R-Satz 40 (irreversibler Schaden möglich), der unter anderem bei
Aldehyden zu verzeichnen ist, sowie auf den R-Satz 45 (kann Krebs erzeugen)
hingewiesen, der (neben anderen Eigenschaften) die beiden vorgenannten Stoffe
Benzol und Vinylchlorid kennzeichnet. Des Weiteren führt auch eine
Gesamtbetrachtung der Gefahrenmerkmale und der R-Sätze mit Blick auf Aldehyde,
Benzol und Vinylchlorid nicht zu einer anderen Bewertung. Schließlich ist eine solche
auch nicht wegen der fehlenden sensorischen Wahrnehmbarkeit von Kohlenmonoxid
geboten, denn dieser Umstand hat bei der vergleichenden Bewertung außer Acht zu
bleiben, weil er nicht zu den "chemischen, physikalischen und wassergefährdenden
Eigenschaften des Förderguts (vgl. Teil 1 Nr. 1.1 Abs. 2 TRFL) gehört, die dessen
Wirkung auf Mensch und Umwelt beschreiben. Lässt sich die Stoffliste damit bereits an
Hand eines Vergleichs mit den in ihr bereits enthaltenen Flüssigkeiten und Gasen um
Kohlenmonoxid erweitern, so spielen die von der Beigeladenen in diesem
Zusammenhang - wegen der Grundentscheidung des Verordnungsgebers der
Rohrfernleitungsverordnung, wonach grundsätzlich jeder gasförmige Stoff in
Rohrfernleitungen transportiert werden darf, soweit er vom Anwendungsbereich nicht
ausgenommen worden ist - angeführten kompetenzrechtlichen Überlegungen ebenso
wenig eine Rolle wie die Tatsache, dass auch die EG-Sicherheitsdatenblätter der
Kohlenmonoxid-Hersteller Linde und Air Liquide den Transport von Kohlenmonoxid in
Rohrleitungen ausdrücklich nicht untersagen.
Die Anforderungen der nach alledem anwendbaren TRFL sind insgesamt beachtet
worden. Dies gilt für ihren Teil 1 (Betriebsvorschriften), ihren Teil 2
(Beschaffenheitsanforderungen) und die Anforderungen an die Antragsunterlagen zur
Errichtung und zum Betrieb sowie zur Änderung einer Fernrohrleitung gemäß Anhang
A.
191
Die planfestgestellte Rohrfernleitungsanlage entspricht zunächst den allgemeinen
Anforderungen der Nr. 1.1 (des im Folgenden vorbehaltlich abweichender
Kennzeichnung stets gemeinten Teils 1) TRFL. Danach müssen
Rohrfernleitungsanlagen so nach dem Stand der Technik beschaffen sein und errichtet
und betrieben werden, dass eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit
vermieden wird und insbesondere Menschen und die Umwelt vor schädlichen
Einwirkungen durch die Rohrfernleitungsanlage geschützt werden (Absatz 1 Satz 1),
dazu sind die chemischen, physikalischen und wassergefährdenden Eigenschaften des
Förderguts, hier Kohlenmonoxid, zu berücksichtigen und die Errichtung und der Betrieb
der Rohrfernleitungsanlage so zu gestalten, dass die Rohrfernleitungsanlage den zu
erwartenden Beanspruchungen sicher standhält und dicht bleibt (Absatz 2 Satz 2). Je
nach Eigenschaft des Fördermediums sind entsprechende Maßnahmen zum Schutz von
Menschen und Umwelt zu treffen (Absatz 2 Satz 2). Diese Vorgaben erstrecken sich
sowohl auf die Rohrleitungen als auch auf alle dem Leitungsbetrieb dienenden
Einrichtungen (vgl. Nr. 1.2.1 Satz 2 TRFL).
192
Insbesondere sind, wie nachfolgend noch ausgeführt werden wird, besondere
Maßnahmen in Gebieten mit erhöhtem Schutzbedürfnis, zum Beispiel in bebauten
193
Gebieten nach Nr. 3.1.1 TRFL, getroffen worden. Hierbei handelt es sich zum Beispiel
um die Verwendung eines besonders verformungsfähigen Werkstoffs nach DIN EN
10208-2, um eine höhere Erdüberdeckung, um die Anordnung von Absperrarmaturen
zur Begrenzung der Austrittsmenge, um den örtlichen Einsatz von
Leckerkennungseinrichtungen, um die umfangreichere Überwachung der Bau-,
Schweiß- und Verlegearbeiten, um eine Wasserdruckprüfung mit erhöhtem Prüfdruck,
um die Verlegung von Warnbändern oberhalb der Rohrfernleitung (vgl. Nr. 5.2.5 lit. a.
bis g. TRFL), um die besondere Kennzeichnung des Leitungsverlaufs im Gelände und
um die Einrichtung zusätzlicher Messstellen zur Überwachung des kathodischen
Korrosionsschutzes (vgl. die vorgenannte Nr. lit. i. und j. TRFL). Die oberirdischen
Anlagenteile und Stationen außerhalb des Werksgeländes der Beigeladenen (hier die
Schieberstationen) sind ebenfalls gegen den Zutritt Unbefugter, z.B. durch einen
mindestens 2 m hohen Zaun, geschützt (Nr. 5.3.1 Satz 1 TRFL). Der Schutz der
Rohrleitung gegen Korrosion (Außen-, Innenkorrosion, kathodischer Korrosionsschutz)
ist unter Beachtung von Nr. 7 TRFL normiert worden. Die Vorgaben der TRFL
hinsichtlich der Ausrüstung der Anlage sind ebenfalls beachtet worden; beispielsweise
sind Einrichtungen vorhanden, mit denen die Betriebsdrücke gemessen und registriert
werden können. Ebenso ist sichergestellt, dass etwaige Verluste festgestellt und
Schadensstellen geortet werden können (Nr. 11, insbesondere 11.1.1 lit. a. und d.
TRFL), dass Einrichtungen zum Begrenzen der Austrittsmenge (Nr. 11.4 TRFL),
Einrichtungen zum Feststellen austretender Stoffe (Nr. 11.5.1 TRFL) und insbesondere
zwei voneinander unabhängige, kontinuierlich arbeitende Einrichtungen, die im
stationären Betriebszustand den Austritt feststellen können, vorhanden sind (Nr. 11.5.2.1
lit. a. TRFL) sowie darüber hinaus – ohne rechtlich geboten zu sein – auch eine
Einrichtung, die schleichende Undichtigkeiten (LEOS-System) feststellt (vgl. die
vorgenannte Nr. lit. c. i. V. m. dem Anhang I zur TRFL). Des Weiteren sind die
Vorschriften zum Betrieb und zur Überwachung der Anlage (Nr. 12 TRFL) und
insbesondere zur Einrichtung einer Betriebszentrale (Nr. 12.3.2) beachtet worden.
Weiterhin ist die Leitungstrasse monatlich einmal zu begehen zur visuellen
Überwachung der Trasse (Nr. 12.3.3.2 TRFL), ebenso sind die Dichtheit und der
Zustand der Rohrfernleitungsanlage (Nr. 12.3.4 TRFL) und die Ausrüstungsteile der
Anlage und der Korrosionsschutz zu prüfen (Nr. 12.3.5 und 12.3.6 TRFL). Maßnahmen
bei Betriebsstörungen, insbesondere bei Undichtigkeiten, sind zu treffen, spezielle
Alarm- und Gefahrenabwehrpläne sind vorzulegen (vgl. Nr. 12.5. und 12.6 TRFL).
Allgemein sind die Leitung und die Leitungsteile so in Stand zu halten und
gegebenenfalls in Stand zu setzen, dass ihre Funktion bzw. ihr Sollzustand erhalten
bleibt (Nr. 12.7, Nr. 12.7.1.1 TRFL). Darüber hinaus sind eine Vielzahl von
Anforderungen an die verwendeten Werkstoffe für die Rohre und Rohrleitungsteile zu
beachten (vgl. Nr. 2 des Teils 2 TRFL); besondere Anforderungen gelten insbesondere
für Armaturen und Flanschverbindungen (vgl. Nr. 2.3 und 2.4 des Teils 2 TRFL).
Wegen der Gefährlichkeit von Kohlenmonoxid und vor dem Hintergrund des
Schutzgedankens des § 3 Abs. 1 RohrfernlV sowie der Nr. 1.1 des Teils 1 TRFL sind
allerdings erhöhte Anforderungen an die Sicherheitseinrichtungen der
Kohlenmonoxidleitung zu stellen, damit Schäden für Menschen und Umwelt nicht zu
besorgen sind. Dabei ist aber wie bei jeder Genehmigung einer neuen technischen
Anlage zu berücksichtigen, dass keine Regelungen gefordert werden können, die mit
absoluter Sicherheit Grundrechtsgefährdungen ausschließen, die aus der Zulassung
einer solchen Anlage und ihrem Betrieb möglicherweise entstehen können. Es muss
stets bei Abschätzungen anhand praktischer Vernunft bleiben. Ungewissheiten jenseits
dieser Schwelle sind unentrinnbar.
194
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. August 1978, a.a.O. (ausdrücklich zur Schutzpflicht des
Gesetzgebers).
195
Durch die planfestgestellte Rohrfernleitungsanlage sind schädliche Einwirkungen auf
den Menschen und die Umwelt im Sinne des oben genannten § 3 Abs. 1 RohrfernlV
nicht zu erwarten. Deren Errichtung und der vorgesehene Betrieb der Anlage
entsprechen dem (nach § 3 Abs. 2 RohrfernlV) maßgeblichen Stand der Technik.
196
Die Einschätzung des Gerichts beruht in erster Linie auf den unter den Gründen zu I. im
einzelnen genannten TÜV-Gutachten aus dem Zeitraum vom 6. Juni 2005 bis zum 4.
September 2007. Diese sind für das Gericht allesamt verwertbar. Die Darstellungen in
den Gutachten des TÜV-Nord sowie des RW-TÜV sind nachvollziehbar und im
Ergebnis ohne Widersprüche. Die beiden Gutachter - die Herren G2 und F - haben
zudem ihre in dem genannten Erörterungstermin vom 21. August 2007 angesprochenen
schriftlichen (Kern-)Aussagen eingehend und schlüssig mündlich erläutert.
197
Bedenken gegen die Gutachten des TÜV-Nord bestehen auch insoweit nicht, als diese
auf (vorherigen) Angaben der Beigeladenen beruhen. Zum einen ist nicht ersichtlich,
dass die Gutachten (deshalb) unzutreffend bzw. unrichtig und die gefundenen
Ergebnisse nicht zu tragen in der Lage sind. Zum anderen hat der Sachverständige F
vom RW-TÜV in seinem Gutachten vom 13. Juni 2007 nachvollziehbar dargelegt, dass
die Berechungen des TÜV-Nord stichprobenweise durch eigene Berechnungen mit
eigener Software nachvollzogen und geprüft worden seien; Beanstandungen hätten sich
jedoch nicht ergeben. Dieses Verfahren ist auch angesichts der besonderen
Stoffeigenschaften von Kohlenmonoxid nicht zu monieren.
198
Die Gutachten und Ausführungen von Herrn G vom 15. Mai 2007, vom 2. Juli 2007 und
vom 9. August 2007 sowie seine Notiz vom 27. August 2007 hat das Gericht ebenfalls
berücksichtigt. Bedenken gegen die Qualifikation seines Vortrages allein deswegen,
weil G kein Sachverständiger gemäß § 6 RohrfernlV ist, sieht die Kammer jedoch nicht;
sie hat auch keinerlei Bedenken gegen seine wissenschaftliche Lauterkeit oder
Redlichkeit. Allerdings sind dessen - im Erörterungstermin vom 21. August 2007
teilweise ebenfalls mündlich erläuterten - schriftlichen gutachtlichen Überlegungen im
Ergebnis nicht geeignet, die vorgenannten Gutachten in einer Weise zu widerlegen, als
dass als Folge von einer zu berücksichtigenden Gefahr für Menschen und die Umwelt
bei dem Betrieb der Kohlenmonoxid-Leitung und damit von der Rechtswidrigkeit des
Planfeststellungsbeschlusses auszugehen wäre.
199
Das vorgelegte Gutachten des Büros H vom 2. Dezember 2006 an den Landrat des
Kreises N1 ("Approximative Abschätzung eines bevölkerungsbezogenen Risikos im
Havariefall der CO-Pipeline im Kreis N1 ") stellt (lediglich) die Auswirkungen bei einem
Leck bzw. bei einem Vollbruch der Leitung grafisch dar. Entsprechende
Untersuchungen ergeben sich bereits aus den entsprechenden TÜV-Gutachten.
Keinesfalls sind alle Personen, die sich in den im Gutachten eingezeichneten Flächen
befinden, tatsächlich betroffen, da eine Leckage ein punktuelles Ereignis ist und nicht
eine Aneinanderreihung von Leckagen auf der gesamten Rohrleitungslänge (vgl.
diesbezüglich auch RW-TÜV vom 13. Juni 2007).
200
Planfestgestellte Planunterlagen sind ausweislich des Planfeststellungsbeschlusses
(Nr. A. 5., Seiten 26 f.) die Antragsunterlagen der Beigeladenen sowie insbesondere die
201
gutachtlichen Untersuchungen des TÜV-Nord zur Erkennung und Auswirkungen eines
Lecks in der Kohlenmonoxidleitung vom 17. Juli 2006 und des RW-TÜV vom 1. März
2006 zur Erdbebensicherheit.
Darüber hinaus enthalten die Nebenbestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses
(Nr. A. 6., Seiten 94 ff.) weitere Anforderungen hinsichtlich der Errichtung und des
Betriebes der planfestgestellten Rohrfernleitungsanlage. Insbesondere werden als zu
Grunde zu legender Stand der Technik ausdrücklich die Technischen Regeln für
Rohrfernleitungen normiert; diese sind für den Betrieb der Rohrleitungsanlage in der
jeweils geltenden Fassung verbindlich (Nr. A. 6.2.1 des Planfeststellungsbeschlusses,
Seiten 94 f.). Maßgeblich sind danach u. a. auch die sich aus der Stellungnahme des
RW-TÜV vom 25. August 2005 ergebenden Anforderungen (Nr. A. 6.2.3 des
Planfeststellungsbeschlusses, Seite 95).
202
Auszugehen ist nach dem Planfeststellungsbeschluss zunächst davon, dass technisch
sicherzustellen ist, dass bei der Einspeisung des Kohlenmonoxids in Dormagen ein
maximaler Druck von 40 bar in der (gemäß den Antragsunterlagen, Ordner 1, Seiten 9
und 12 von 122 - sogar - auf einen Druck von 100 bar ausgelegten) Leitung nicht
überschritten werden kann (Nebenbestimmung Nr. A. 6.2.108 des
Planfeststellungsbeschlusses, Seite 126 i. V. m. den planfestgestellten
Antragsunterlagen, Ordner 1, Seiten 9 ff. von 122). Druckstoßsituationen größer als 40
bar sind ferner bei jedem Betriebszustand technisch auszuschließen
(Nebenbestimmung Nr. A. 6.2.105 des Planfeststellungsbeschlusses, Seiten 125 f.).
203
Zunächst sind von der Beigeladenen auf den Seiten 11 und 12 von 122 der
Antragsunterlagen (Ordner 1) entsprechend der zwingenden Vorgabe des Anhangs A
der TRFL, Buchstabe A, Nr. 2.1. (Allgemeine Angaben) lit. d. und e. die Parameter
Durchmesser und "vorgesehener" Volumenstrom angegeben werden. Der
Volumenstrom bzw. die Transportkapazität (= Menge, die in 1 Stunde durch die Leitung
transportiert werden kann) beträgt im Normalbetrieb "ca. 6.000 Nm3/h" und maximal
"etwa 10.000 Nm3/h". Diese Werte sind gemäß Nebenbestimmung Nr. A. 6.2.1 des
Planfeststellungsbeschlusses (Seiten 94 f.) planfestgestellt. Die vorgenannten
Mengenangaben sind zur Überzeugung des Gerichts auch hinreichend bestimmt. Es
erscheint ohne Weiteres nachvollziehbar, dass bei einem Volumen von 10.000 Nm3/h
geringe Schwankungen der transportierten Menge naturgemäß tatsächlich eintreten
können, so dass nicht ein absolut fester Wert angegeben werden kann. Höhere Mengen
setzen überdies einen höheren Einspeisedruck als die angegebenen ca. 12 bar (bei
einem maximalen Betriebsdruck des vorgeschalteten Systems von ca. 13,5 bar) voraus;
ein solcher ist allerdings unter Berücksichtigung der nachfolgenden Ausführungen nicht
planfestgestellt worden. Auch sieht Nr. 2.1. lit. d. Anhang A der TRFL keinen festen,
sondern nur den "vorgesehenen" Volumenstrom vor, also eine ungefähre Größe.
204
Im Zusammenhang mit dem Volumenstrom bzw. der Transportkapazität ist die
Feststellung geboten, dass die Benutzung der Leitung als "Röhrenspeicher" von dem
angegriffenen Planfeststellungsbeschluss für die Errichtung und den Betrieb einer
Rohrfernleitungsanlage "zum Transport" von gasförmigem Kohlenmonoxid nicht
gedeckt wäre.
205
Anders als die beiden vorgenannten Parameter sind bestimmte einzuhaltende
Druckwerte als weitere Parameter in der TRFL nicht vorgeschrieben. Allerdings ergeben
sich die Drücke ohne Weiteres aus den Parametern Durchmesser (hier DN 250) und
206
vorgesehener Volumenstrom (hier ca. 6.000, maximal etwa 10.000 Nm3/h), vgl. Seiten
12 f. von 122 der Antragsunterlagen (Ordner 1). Zur Überzeugung des Gerichts sind die
dort genannten für den Betrieb der Rohrleitungsanlage maßgeblichen Drücke über die
generalklauselartige Nebenbestimmung Nr. A. 6.2.1 des Planfeststellungsbeschlusses,
Seiten 94 f. Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses geworden und damit als
Werte ebenso planfestgestellt wie die Parameter Durchmesser und vorgesehener
Volumenstrom: Dies sind die auf den genannten Seiten der Antragsunterlagen (Ordner
1) angegebenen Werte ca. 8,2 bar bzw. ca. 12 bar bei einem maximalen Betriebsdruck
des in Dormagen vorgeschalteten Systems von ca. 13,5 bar (abgesichert auf 18 bar) und
mindestens 4 bar bei der Entnahme in Krefeld-Uerdingen (Vordruck). Damit darf zu
keinem Zeitpunkt ein höherer Druck als die vorgenannten ca. 13,5 bar in der Leitung
bestehen.
Nach Aussage der Beigeladenen im Erörterungstermin vom 21. August 2007 kann der
Einspeisedruck auch nicht überschritten werden. Sollte aufgrund einer zukünftigen
technischen (und zu genehmigenden) Änderung der für die Einspeisung maßgeblichen
Steam-Reformer am Standort Dormagen dort ein höherer Druck als die genannten ca.
13,5 bar erzeugt werden können, dürfte ein solcher aufgrund der planfestgestellten
Drücke nicht eingespeist werden, vgl. Nebenbestimmungen Nrn. A. 6.2.1 und 6.2.3 des
Planfeststellungsbeschlusses, Seiten 94 f. i. V. m. Seite 9 von 31 der gutachtlichen
Stellungnahme des RW-TÜV vom 25. August 2005; soweit der Gutachter dort unter
Verweis auf Nr. 6.2.1.3 der Antragsunterlagen (Ordner 1) von einem maximalen
"Erzeugerdruck" von (maximal) 18 bar spricht, ist hiermit lediglich die Druckabsicherung
am vorgeschalteten System gemeint, vgl. Seiten 12 f. und 44 von 122 der
Antragsunterlagen (Ordner 1).
207
Gegen den Transport von Kohlenmonoxid durch die planfestgestellte
Rohrleitungsanlage bestehen auch vor dem Hintergrund der Materialeigenschaften bzw.
beschaffenheit der verwendeten Werkstoffe keine Bedenken. Zwar ist nach der BGR
500 Kohlenmonoxid bei Drücken über 35 bar nicht für den Transport in Rohrleitungen
geeignet, die Eisen, Nickel, Kobalt und Mangan enthalten. Unabhängig von den
Druckverhältnissen in der Leitung, die wie oben ausgeführt den Wert von 35 bar unter
den maßgeblichen planfestgestellten Betriebsbedingungen nicht einmal annähernd
erreichen (dürfen), wird nicht zuletzt aufgrund der Ausführungen der Antragsgegnerin
und der Beigeladenen im Erörterungstermin kein Eisen, sondern es werden
ausschließlich besonders normierte Stähle verwendet. Die genauen
Materialeigenschaften und die zu beachtenden Mindestanforderungen sind ebenfalls
planfestgestellt (vgl. Nrn. A. 5. und A. 6.2.1 des Planfeststellungsbeschlusses, Seiten 26
f. und 94 f.; Antragsunterlagen, Seiten 11, 48 und 94 von 122 (Ordner 1) sowie Anlage
14 (Ordner 25). Es handelt sich um unlegierten Qualitätsstahl nach DIN 10208-2 mit
bestimmter Bezeichnung und Werkstoffnummer. Aufgrund der ständigen
Qualitätsüberprüfungen und -messungen durch die Beigeladene sowie der getroffenen
vertraglichen Vereinbarungen mit den zwei Einspeisern in Dormagen ist ausweislich der
Ausführungen der Beigeladenen im Erörterungstermin vom 21. August 2007 zusätzlich
sichergestellt, dass nur reines Kohlenmonoxid in die Leitung eingespeist wird, welches
mit dem verwendeten Rohrmaterial vereinbar ist. Ferner sind bei der Beigeladenen zu
jedem verwendeten Werkstoff (bei Stahl unter Berücksichtigung entsprechender
Stahlschlüssel) Datenblätter vorhanden, welche die Eignung insbesondere in Bezug zu
den Temperatur- und Druckbedingungen im tatsächlichen Betriebsablauf sicherstellen.
Es ist nicht ersichtlich, dass die Beschaffenheitsanforderungen an die verwendeten
Werkstoffe nach der TRFL nicht eingehalten werden (vgl. Teil 2
208
"Beschaffenheitsanforderungen", insbesondere Nr. 2 "Werkstoff: Rohre und
Rohrleitungsteile", Nr. 2.1.1 "Normstähle" - gemäß DIN EN 10208-2 -). Nach Angaben
der Beigeladenen wird unter Berücksichtigung der (europäischen) EIGA-Norm auch nur
Stahl verwendet, der sogar für Drücke über 100 bar zugelassen ist. Mit den
Zulieferfirmen bestehen ferner diesbezüglich ebenfalls entsprechende Vereinbarungen
hinsichtlich der Materialbeschaffenheit. Vor diesem Hintergrund ist das vom
Antragsteller vorgelegte DECHEMA-Merkblatt aus dem Jahr 1959 nicht maßgeblich,
weil dieses unabhängig von der grundsätzlichen Verwertbarkeit aufgrund seines Alters
ausweislich der Aussage des Sachverständigen F im Erörterungstermin vor der Kammer
jedenfalls nicht die maßgeblichen Betriebsbedingungen der Kohlenmonoxid-Leitung
erfasst, d.h. weder deren Druck noch deren Temperatur noch deren Feuchtigkeit.
Ergänzend wir diesbezüglich auf den Bericht der C4 vom 31. August 2007 zum
Korrosionsverhalten bei CO-Beanspruchung (Anlage CBH 22) Bezug genommen,
wonach die DECHEMA-Werte für den konkreten Transport von Kohlenmonoxid nicht
maßgeblich sind. Insbesondere hält das Gericht die planfestgestellten Werte hinsichtlich
der Materialeignung bzw. beschaffenheit aufgrund der obigen Feststellungen für
hinreichend bestimmt.
Eine Korrosionsgefahr durch Kontakt mit Wasser besteht aus diesen Gründen nicht: Der
Stahl X 52, der in dem der Kammer vorgelegten Fachaufsatz "Spannungsrisskorrosion
an Röhrenstahl" genannt wird, wird nämlich bei der Errichtung der hier streitigen
Kohlenmonoxid-Leitung gar nicht verwendet.
209
Zu einer Innenkorrosion wird es ebenfalls nicht kommen, da nach der Fertigstellung der
Leitung zunächst eine Molchung erfolgt mit so vielen Molchvorgängen, bis die Molche
selbst trocken aus der Rohrleitung herauskommen, und abschließend eine
Dichtigkeitsprüfung mit Stickstoff stattfindet, sodass im Ergebnis von einer vollständigen
Austrocknung der Leitung auszugehen ist. Der Verweis auf die Rohrleitung zum
Transport von Karbidofengas in Trostberg/Bayern vermag bereits wegen des
unterschiedlichen Fördermediums und der für das Gericht nicht zu erkennenden Identität
der Materialbeschaffenheit der Rohre und der konkreten Betriebsbedingungen nicht zu
einer Vergleichbarkeit zu führen.
210
Auch die befürchteten Eisencarbonylbildungen wird es nicht geben, weil diese nur bei
hohen Temperaturen (über 150 °C) und bei hohem Drücken (ca. 100 bar) entstehen
(vgl. Gutachtliche Stellungnahme des RW-TÜV vom 14. Juni 2007). Diese Werte
werden hier nicht annähernd erreicht, wie sich hinsichtlich der Temperatur aus den
Antragsunterlagen (Seite 12 von 122 im Ordner 1: "Auslegungstemperatur: -10°C bis
+50°C") und hinsichtlich des Drucks aus den obigen Ausführungen ergibt.
211
Die sogenannte Rohr-in-Rohr Technik (Verwendung von doppelwandigen
Mantelrohren, zum Beispiel des Systems Pipe Patrol E-RTTM, STAMANT- bzw.
FLEXWELL-Sicherheitsrohre der Firma C5, vgl. E-Mail der G3 GmbH vom 19. Juli 2007)
sind nicht als Stand der Technik nach der TRFL anzusehen. Diesbezüglich wird auf die
nachvollziehbaren Angaben des TÜV-Hessen vom 3. Juli 2007 und des TÜV-Nord vom
5. Juli 2007 verwiesen. Danach sind doppelwandige Rohrsysteme nicht sicherer.
Insbesondere sind sie nicht für Hochdruckrohre geeignet, nicht elastisch genug und
können nicht in längeren Abschnitten als 1 km sachgerecht verlegt werden.
212
Weiterhin ist zu beachten, dass die Wahrscheinlichkeit eines (großen) Lecks (z. B. von
20 mm) oder sogar eines Leitungsbruchs (Vollbruch) nach der durchgeführten
213
sicherheitstechnischen Betrachtung des TÜV-Nord in Form einer quantitativen
Risikobetrachtung unter Berücksichtigung der ISO DIS 16708 von Oktober 2004 und
dem verfolgten Ziel des Errichtens einer sehr sicheren Kohlenmonoxidleitung nach der
ISO DIS 16708 bei einer Wahrscheinlichkeit von unter 10-7. Werte von 10-5 bis 10-7
bedeuten, dass ein Schadensfall pro Kilometer in 100.000 bis 10.000.000 Jahren zu
erwarten ist. Diesbezüglich wird auf die nachvollziehbaren Ausführungen des TÜV-Nord
in seinem Gutachten vom 6. Juni 2005 verwiesen. Insbesondere hat der Antragsteller
keine substantiierten Angaben gemacht, die diese vorgenommenen Berechnungen und
Berechnungsgrundlagen auch nur ansatzweise in Frage stellen könnten. Solche Zweifel
sind auch für das Gericht nicht ersichtlich. Entsprechende
Wahrscheinlichkeitsberechnungen werden beispielsweise auch bezüglich der
Leckanfälligkeit von Leitungen in Druckwasserreaktoren vorgenommen. Ergänzend wird
Bezug genommen auf Ausführungen auf den Seiten 339 f. des
Planfeststellungsbeschlusses zu vorhandenen und berücksichtigten Erfahrungen und
Erfahrungsberichten sowie auf eine Schadensstatistik auf den Seiten 96, 106 von 122
der Antragsunterlagen (Ordner 1). In diesem Zusammenhang sind beispielsweise in den
Verfahren vorgelegte Bilder von Schadensfällen aus anderen Ländern nicht zu
berücksichtigen, auch weil es sich um nicht vergleichbare Leitungen handelt.
Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass Risse nicht plötzlich
entstehen, sondern über einen längeren Zeitraum anwachsen. Vor diesem Hintergrund
können bereits kleinste Mengen bei der vorgesehenen regelmäßigen Begehung mit
Gasspürgeräten (Glockensonden) bzw. durch das Membranschlauchsystem "LEOS"
ermittelt werden (vgl. gutachtliche Stellungnahmen des RW-TÜV vom 13. und 14. Juni
2007). Auch die Firma G3 GmbH hat in ihrer E-Mail vom 19. Juli 2007 eingeräumt, dass
sich Undichtigkeiten, wenn überhaupt schleichend ankündigen.
214
Die planfestgestellte Rohrleitungsanlage erfüllt gemessen am Maßstab des Standes der
Technik auch alle Anforderungen an die Betriebssicherheit.
215
Grundsätzlich sollen zwar Rohrfernleitungsanlagen nach Nr. 3.1.1 TRFL nach
Möglichkeit nicht in bebauten Gebieten errichtet werden. Wenn dies nicht möglich ist,
dürfen sie gleichwohl errichtet werden; es besteht kein Verbot einer Errichtung.
Allerdings müssen in dann besondere Sicherheitsmaßnahmen vorgesehen werden.
Diese sind für solche Gebiete mit erhöhtem Schutzbedürfnis in Nr. 5.2.5 TRFL lit. a. bis j.
vorgesehen. Entsprechende Maßnahmen sind mit der Ausnahme der Errichtung von
Schutzdämmen (lit. h.) getroffen worden. Die planfestgestellte Leitungstrasse kann
bebaute (geschützte) Gebiete letztlich nicht vollständig umgehen. Andere
Trassenvarianten einer rechtsrheinischen Führung sind wie bereits oben dargestellt -
umfassend geprüft worden; eine linksrheinische Trasse kommt aus den genannten
Erwägungen nicht in Betracht.
216
Insbesondere ist ein besonders verformungsfähiger Werkstoff nach DIN EN 10208-2 zu
verwenden (Nr. 5.2.5 lit. a. TRFL), was unter Berücksichtigung der vorstehenden
Ausführungen gewährleistet ist.
217
Die Antragsgegnerin hat gemäß Nr. 5.2.5 lit. b. TRFL eine höhere Erdüberdeckung
gegen nicht auszuschließende äußere Einwirkungen von 1,40 Meter planfestgestellt,
vgl. Nr. A. 5. und Nebenbestimmung Nr. A. 6.2.1 des Planfeststellungsbeschlusses,
Seiten 26 und 94 sowie
Nr. 5.2.1.2 TRFL vorgeschriebene Höhe von 1,00 Meter deutlich überschreitet. Es ist
218
nicht ersichtlich, dass diese zu niedrig ist. Ergänzend wird auf das Gutachten TÜV-Nord
vom 6. Juni 2005 und auf die gutachtliche Stellungnahme des RW-TÜV vom 14. Juni
2007 Bezug genommen. Die Lage der Grundstücke des Antragstellers an der
Bundesstraße B 8 führt ebenfalls nicht dazu, eine erhöhte Abdeckung annehmen zu
müssen. Insbesondere liegt gegenüber der Situation an der Autobahn A 3 im Bereich
der Düsseltalbrücke ein Sachverhalt mit einem anderem Gefahrenpotential vor. Der RW-
TÜV hat schließlich in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 19. Februar 2007 zur
ausreichenden Überdeckungshöhe in diesem Bereich hinsichtlich eines Lkw-Absturzes
umfangreich und nachvollziehbar dargelegt, dass auch und sogar in diesem Bereich
eine Überdeckung von 1,40 Meter ausreichend ist. Soweit der Antragsteller ferner auf
eine Vielzahl weiterer sensibler Punkte hinweist, sind diese Angaben zu unsubstantiiert
und zwar unabhängig davon, ob sich der Antragsteller mangels eigener Betroffenheit
hierauf überhaupt berufen kann.
Darüber hinaus ist zum Schutz gegen äußere Einwirkungen eine Geogrid-Matte
vorgeschrieben worden (Seiten 246 und 340 des Planfeststellungsbeschlusses).
Planfestgestellt ist zudem ein Bericht über Feldversuche mit verschiedenen Matten zum
Pipelineschutz (Nr. A. 5., des Planfeststellungsbeschlusses, Seite 26 i.V.m. den
Antragsunterlagen).
219
Absperrarmaturen zur Begrenzung der Austrittsmenge gemäß Nr. 5.2.5 lit. c. TRFL sind
ebenfalls vorgesehen. Die von G behauptete erhöhte Störanfälligkeit von Armaturen ist
zu allgemein gehalten, um die konkret planfestgestellten Armaturen nach den
Antragsunterlagen als unsicher bezeichnen zu können.
220
Leckerkennungseinrichtungen gemäß Nr. 5.2.5 lit. d. TRFL sind planfestgestellt. Gemäß
Nr. 11.5.2.1 Satz 1 lit. a. und Satz 3 TRFL sind grundsätzlich (nur) zwei voneinander
unabhängig kontinuierlich arbeitende Einrichtungen zum Feststellen austretender Stoffe
vorgeschrieben. Hierbei handelt es sich um die kontinuierlich arbeitenden Druckwellen-
und Massenbilanzierungssysteme. Diese Systeme sind insbesondere aufgrund der
gewonnenen Erkenntnisse im Erörterungstermin geeignet, jedenfalls Leckagen ab 60
m3/h (also 15 m3/h pro Viertelstunde) zu erkennen. Aufgrund der vorhandenen
Analysesysteme kann diese Leckrate erkannt werden; das Analysesystem ist damit
empfindlicher als die planfestgestellte Erkennbarkeit von 1 bis 2% des Volumenstroms
(bei 1% bei einem Volumenstrom von 10.000 m3/h wären 100 m3/h zu erkennen). Die
genannte Leckrate von 60 m3/h ist planfestgestellt (Nr. A. 5. des
Planfeststellungsbeschlusses i. V. m. dem Gutachten des TÜV-Nord vom 17. Juli 2006).
Nach dem genannten Gutachten, welches die planfestgestellten Parameter
Durchmesser DN 250, Volumenstrom von 10.000 m³/h und 13,5 bar Druck zugrundelegt,
ist die Erkennbarkeit von entsprechenden (größeren) Lecks mit Leckraten ab 60
Normkubikmeter pro Stunde innerhalb von 15 Minuten bei einem Druck von 13,5 bar
und bei Leitungsabschnitten von etwa 10 Kilometer gewährleistet. Größere
Austrittsmengen (z. B. von 250 bzw. 500 m3/h) wie vom Antragsteller behauptet sind
aufgrund der vorstehenden Betriebsparameter unzutreffend. Denn weder am Anfang
noch am Ende der Rohrleitung ist ein einheitlicher Druck von 40 bar zugelassen. Dies
ist überdies nach der Auffassung des RW-TÜV vom 14. Juni 2007 physikalisch
ausgeschlossen. Schließlich sind nach der gutachterlichen Stellungnahme des TÜV-
Nord vom 31. August 2007 sogar Leckerkennungsraten von 50 bzw. 40 m³ innerhalb
von 30 bis 60 Minuten durch das Massenbilanzierungsverfahren anzunehmen.
221
Das Gericht vermag auch nicht zu erkennen, dass das Druckwellenverfahren bei
222
Kohlenmonoxid zu unzutreffenden Ergebnissen führt. Es geht insbesondere im Hinblick
auf die Funktionsfähigkeit des Druckwellenverfahrens gemäß Nr. I 6 Anhang I zur TRFL
davon aus, dass dieses Verfahren nach den Ausführungen der Beigeladenen im
Erörterungstermin vom 21. August 2007 aufgrund der bisherigen Erfahrungen auch bei
der Erkennung von Kohlenmonoxid funktioniert. Anhang I schließt nach seinem Wortlaut
weder die Funktionsfähigkeit noch die Anwendbarkeit des Druckwellenverfahrens für
Gase mit einer Dichte wie Kohlenmonoxid aus. Die Funktionsfähigkeit wird bestätigt
durch die von der Beigeladenen vorgelegte Systembeschreibung des Herstellers des
konkreten Leckageerkennungssystems, der Firma L1, mit Datum vom 2. August 2007.
Hiergegen vermochte der Antragsteller keine ausreichend substantiierten
Einwendungen zu erheben. Vor diesem Hintergrund der tatsächlichen
Funktionsfähigkeit kann dahingestellt bleiben, ob Kohlenmonoxid bei einer Normdichte
(kg pro m³ bei einer Temperatur von 0° Celsius) von 1,25 bzw. unter Berücksichtigung
einer Dichte bei 15°Celsius (1 bar) von 1,17 (vgl. zur gasförmigen Dichte von Gasen:
www.airliquide.de/loesungen/produkte/gase/gasekatalog/stoffe) ein gasförmiger Stoff
von hoher Dichte gemäß I 6 Anhang zur TRFL ist. Denn es gibt jedenfalls gasförmige
Stoffe mit Dichten (bei 15° Celsius) von 5,51 (Xenon), 3,51 (Krypton) und 3,00 (Chlor),
die den Schluss nahe legen, dass Kohlenmonoxid keine hohe Dichte aufweist.
Die Antragsgegnerin hat darüber hinaus (unter Berücksichtigung der besonderen
Stoffeigenschaften von Kohlenmonoxid) in der Nebenbestimmung Nr. 6.2.97 des
Planfeststellungsbeschlusses eine zusätzliche Einrichtung angeordnet, die
schleichende Undichtigkeiten (Leckagen) feststellen soll. Dies geschieht durch einen
oberhalb parallel zur Leitung in einer "13-Uhr-Position" verlegten
Sensormembranschlauch (System "LEOS" des Herstellers B (www.xxxxx.de) als
weiteres kontinuierliches Messverfahren gemäß Nr. 11.5.2.1 lit. c. TRFL). Nach der
TRFL ist ein solches System nur für bestimmte Rohrfernleitungen vorgeschrieben (vgl.
Nr. 11.5.2.1 TRFL), nicht für die vorliegende Leitung zur Beförderung von
Kohlenmonoxid. Die Genauigkeit dieses Systems und die Leckererkennungszeit
müssen dem Stand der Technik entsprechen. So muss eine Leckerkennungszeit
gewährleistet sein, die nicht mehr als 48 Stunden beträgt; ein Analyseintervall von 24
bis 48 Stunden an der Kohlenmonoxid-Leitung wird als quasi kontinuierliche Messung
angesehen (vgl. Seiten 123 und 242, 338, 340 des Planfeststellungsbeschlusses).
Durch das System kann jeder einzelne Abschnitt der Leitung überwacht, Lecks können
genau geortet werden. Zur genauen Funktion wird auf das Schreiben der
Antragsgegnerin vom 30. Juli 2007 und auf die Internetseite des Herstellers B
(www.xxxxx.de) verwiesen. Aus diesen Herstellerangaben ergibt sich insbesondere die
Eignung dieses Systems zur Erkennung von austretenden Gasen und insbesondere von
Kohlenmonoxid (LEOS: /leckageortung/technische-beschreibung/detektierbare-medien).
Der Membranschlauch befindet sich zudem in den erdverlegten Bereichen der
Schieberstationen.
223
Das Membranschlauchverfahren "LEOS" entspricht zur Überzeugung des Gerichts dem
maßgeblichen Stand der Technik. Entsprechende Leckerkennungssysteme bestehen
nach den Angaben der Beigeladenen und des RW-TÜV vom 14. Juni 2007 im Übrigen
seit mehr als 20 Jahren. Durch den Sensorschlauch ist das Erkennen des Austritts
(sehr) kleiner Gasmengen möglich. Nach Angaben der Antragsgegnerin und der
Beigeladenen handelt es sich dabei um das zur Zeit weltweit genaueste System zur
Erkennung kleinster Lecks. Undichtigkeiten von 1 - 2 ppm messbar sind; ein Leck ist
örtlich genau lokalisierbar. Nach einem vom TÜV begleiteten Feldversuch sind
jedenfalls Mengen von 5 ppm messbar. Maßgeblich hierfür sind zudem die verwendeten
224
dahinter stehenden von der Beigeladenen verwendeten Analysesysteme (Beiakte Heft
53). Die Entwicklung ist von der Beigeladenen in Zusammenarbeit mit der
Herstellerfirma B erfolgt. Es wird bereits beanstandungsfrei ohne technische Probleme
auf dem Werksgelände der Beigeladenen in Dormagen eingesetzt. Nach Angaben der
Beigeladenen bestehen auch bei einer Verwendung in feuchten (gesättigten) Böden
keine technischen Probleme. Schließlich wird auf die von der Beigeladenen 23
vorgelegte Referenzliste des Herstellers verwiesen, wonach seit 1978 auch Gase (und
nicht nur Flüssigkeiten) detektierbar sind.
Hinsichtlich der Wirksamkeit und Funktionsfähigkeit der Messsysteme insgesamt wird
auf die Gutachten des TÜV-Nord vom 6. Juni 2005, vom 17. Juli 2006 und vom 31.
August 2007 sowie auf die gutachtlichen Stellungnahmen des RW-TÜV vom 13. und 14.
Juni 2007 Bezug genommen. Durch die gewählten Sicherheitssysteme können somit
zum einen größere Lecks jedenfalls innerhalb von 15 Minuten erkannt und
entsprechende Sicherheitsmaßnahmen sofort eingeleitet werden. Dabei geht der TÜV
davon aus, dass aufgrund der Konzeption der Rohrleitung und der verwendeten
Materialien sowie der sonstigen bei dem Bau zu beachtenden Sicherheitsvorkehrungen
ein entsprechendes Leck im Ergebnis zu keinen nachteiligen Auswirkungen für
Menschen und Umwelt führt.
225
Bei der Beurteilung der Sicherheit ist eine Gesamtbetrachtung des erstellten
Sicherheitskonzepts vorzunehmen; diese bestätigt die Überzeugung des Gerichts, dass
die Rohrfernleitungsanlage sicher ist: So erfolgt zunächst eine durchgehende
Überwachung des Betriebs der Leitungsanlage durch die ständig mit besonders
ausgebildetem Personal besetzte Betriebszentrale. Die Tatsache, dass die
vorgeschriebenen Notfalleinrichtungen in dieser Zentrale durch Menschen bedient
werden, ist nicht zu beanstanden. Automatische Sperren der Sicherheitssysteme im
Leitungsverlauf sind nämlich auch unter Berücksichtigung der Stoffeigenschaften von
Kohlenmonoxid nicht Stand der Technik. Ferner finden einmal pro Monat regelmäßige
Trassenbegehungen gemäß Nr. 12.3.3.2 Abs. 2 TRFL (Sichtprüfungen) statt. Die
weiterhin vorgesehene Begehung mit Gaswarngeräten ist gemäß Seite 124 des
Planfeststellungsbeschlusses planfestgestellt, vgl. Nebenbestimmung Nr. A. 6.2.1 i.V.m.
Seite 92 von 122 der Antragsunterlagen (Ordner 1). Darüber hinaus gewährleisten die
drei voneinander unabhängigen Erkennungssysteme - das Membranschlauchverfahren
"LEOS", das Massenbilanzierungsverfahren und das Druckwellenverfahren - die
schnellstmögliche Ortung möglicher - nach den obigen Ausführungen ohnehin äußerst
unwahrscheinlicher - Undichtigkeiten.
226
Die Überzeugung des Gerichts umfasst auch die Sicherheit der Schieberstationen:
Zusätzlich sind dort noch oberirdische Kohlenmonoxid-Sensoren (Gaswarngeräte) des
Herstellers E1 vorgesehen (vgl. auch die planfestgestellten Antragsunterlagen, Ordner
1). Diese erkennen eine Freisetzung von Kohlenmonoxid innerhalb von einer halben
Minute (vgl. auch Gutachten des TÜV-Nord vom 6. Juni 2005). Ferner verläuft die
Rohrleitung auch im Bereich dieser Stationen unterirdisch. Die verwendeten Armaturen
sind ebenfalls unterirdisch verlegt und insbesondere nicht durch Schächte von
Unbefugten zu erreichen. Lediglich eine Flanschverbindung (DN 80) ist mit einer den
Druckanforderungen entsprechenden Dichtungsart ausgeführt. Im Übrigen sind die
Verbindungen geschweißt. Wegen des genauen Aufbaus der Stationen wird auf die
Beschreibung der Beigeladenen im Erörterungstermin und auf die von der
Antragsgegnerin zuvor überreichten Unterlagen verwiesen. Schließlich sind die
Stationen u.a. durch einen bis 2,50 Meter Zaun gegen den Zutritt von Unbefugten
227
gesichert (vgl. die planfestgestellten Antragsunterlagen, Ordner 1). An dieser Stelle
weist die Kammer darauf hin, dass kein System gegen jedwede mutwillige
Einwirkungen Dritter geschützt werden kann. Ergänzend wird auf das Gutachten des
TÜV-Nord vom 6. Juni 2005 und die gutachtliche Stellungnahme des RW-TÜV vom 14.
Juni 2007 verwiesen, wonach die Schieberstationen nicht zu weit auseinander liegen.
Dabei hat der TÜV Abstände von "etwa" 10 km zugrunde gelegt. Es bestehen vor
diesem Hintergrund allerdings keine Bedenken dagegen, dass die tatsächlichen
Abstände nicht genau 10 km betragen.
Für den Fall von dennoch eintretenden Undichtigkeiten ist auf die durchgeführten
Ausbreitungsberechnungen unter Berücksichtigung des maßgeblichen Rechenmodells
(Gauß-Modell) der VDI-Richtlinie 3783 in dem Gutachten des TÜV-Nord vom 6. Juni
2005 zu verweisen. An der Richtigkeit dieser Ausbreitungsberechnungen bestehen
keine vernünftigen Zweifel. Diesbezüglich wird auf die gutachterlichen Stellungnahmen
des RW-TÜV vom 13. Juni 2007 und des TÜV-Nord vom 31. August 2007 Bezug
genommen. Die Verwendung des Programms AUSTAL2000 u.a. mit den der Homepage
des Bundesverbandes WindEnergie e.V. entnommenen Rauhigkeitswerten, der
Annahme der Stabilitätsklasse I bezogen auf die zugrunde gelegte Wetterlage und der
Projektionsflächen von G ist danach kein dem Stand der Technik entsprechendes
Verfahren. Das Programm ist insbesondere für die Erfassung und Berechnung von
Immissionen nach der TA Luft maßgeblich. Demgegenüber wird das auch vom
Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV)
anerkannte Verfahren nach der VDI-Richtlinie 3783 stets für Ausbreitungsberechnungen
bei Störfällen benutzt.
228
Darüber hinaus sind die Ausbreitungsberechnungen primär maßgeblich für die (noch)
zu erstellenden Alarm- und Gefahrenabwehrpläne (vgl. Nebenbestimmung A. Nr.
6.2.116 des Planfeststellungsbeschlusses). Für alle Einrichtungen gilt schließlich, dass
mit absoluter Sicherheit nicht jedes Schadensereignis oder jeder Schadenseintritt
verhindert werden kann.
229
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. August 1978, a.a.O.
230
Die durchgeführten Untersuchungen hinsichtlich Löchern in der Leitung von 20 mm
Durchmesser und eines Vollbruchs der Leitung dienen ferner nach Aussagen der
Sachverständigen des TÜV (vgl. insbesondere das Gutachten des TÜV-Nord vom 6.
Juni 2005) allein dazu, einen Anhalt für die Katastrophenschutzplanung zu gewinnen,
wobei die Betrachtung eines Vollbruchs eines 10 km Abschnitts von der
Antragsgegnerin vorgegeben worden war. Von Störfällen dieser Größenordnung ist
jedoch aufgrund der Beschaffenheit der Leitung und den sicherheitstechnischen
Anforderungen nicht auszugehen. Bei einem 20 mm Loch würden die im Übrigen die
Absperrarmaturen vor und hinter dem Loch nach Erkennen des Lecks nach 5 Minuten
geschlossen. Ein Leitungsbruch ist noch deutlich unwahrscheinlicher als eine
Freisetzung aus einem 20 mm Loch "und im Sinne praktischer Vernunft
auszuschließen". Die Berechnungen des TÜV-Nord sind durch den RW-TÜV in seiner
gutachtlichen Stellungnahme vom 13. Juni 2007 überprüft und als zutreffend eingestuft
worden. Insbesondere sind auch die gewählten Abstände zwischen den
Schieberstationen nicht zu beanstanden, da sie dem Stand der Technik entsprechen.
Für Erdgasfernleitungen werden im Allgemeinen Abstände zwischen den
Streckenarmaturen von 10 bis 18 km empfohlen, wobei entsprechende
Erdgashochdruckleitungen erheblich größere Durchmesser als die hier in Rede
231
stehende Kohlenmonoxid-Leitung aufweisen. Im Übrigen würden bei einer Verringerung
der Abstände zwischen den Schieberstationen mehr solcher Stationen zu errichten sein,
was mit einer höheren Störanfälligkeit in diesen Bereichen führen würde.
Ferner weisen Hinweisschilder gemäß Nr. 3.5 TRFL auf den Trassenverlauf hin und
kennzeichnen diesen besonders (Nr. 5.2.5 lit. i. TRFL; Nebenbestimmung Nr. 6.2.63,
Seite 112 des Planfeststellungsbeschlusses).
232
Messstellen zur Überwachung des kathodischen Korrosionsschutzes gemäß Nr. 5.2.5
lit. j. TRFL sind ebenfalls vorgesehen (Nebenbestimmung 6.2.100, Seite 124 des
Planfeststellungsbeschlusses). Insbesondere ist ein Aufbau hoher Spannungen in der
Kohlenmonoxid-Leitung ist nach den Angaben des TÜV nicht möglich; die Anlagen zum
kathodischen Korrosionsschutz erscheinen ausreichend (vgl. gutachtliche
Stellungnahme des RW-TÜV vom 13. Juni 2007). Auch G sieht aufgrund der
Durchleitung von trockenem Kohlenmonoxid diesbezüglich keine Bedenken mehr.
233
Gefahren durch Dolinen sind im Ergebnis ebenfalls zu verneinen (vgl. den
angefochtenen Planfeststellungsbeschluss (Nr. 6.2.72, S. 115).
234
Ferner sind die Ausführungen des RW-TÜV in seinem planfestgestellten Gutachten vom
1. März 2006 zur Erdbebensicherheit der Rohrfernleitungsanlage (vgl. Nr. A. 5. des
Planfeststellungsbeschlusses, Seite 26), in der gutachtlichen Stellungnahme vom 13.
Juni 2007 und in seiner erläuternden Stellungnahme vom 4. September 2007
nachvollziehbar und im Ergebnis widerspruchsfrei. Zwar hat der Gutachter in dem
planfestgestellten Gutachten die im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des
Planfeststellungsbeschlusses vom 14. Februar 2007 geltenden Normen des Eurocode 8
(DIN EN 1998 Teile 1 und 4, veröffentlicht im April 2006 (Teil 1) und im Januar 2007
(Teil 4) - vgl. hierzu www.eurocode-online.de - erkennbar inhaltlich noch nicht geprüft,
dies aber nunmehr unter Berücksichtigung der Vorgaben des Eurocode 8 nachgeholt.
Aus den Ausführungen des RW-TÜV ergibt sich umfangreich und unter Darlegung der
wissenschaftlichen Grundlagen für die entsprechenden Untersuchungen, dass der
Trassenbereich der Rohrleitungsanlage im Ergebnis erdbebensicher ist und dass
möglicherweise auftretende Bodendehnungen als unbedenklich einzustufen sind.
Insbesondere ist die DIN 4149 in zulässiger Weise für die Einteilung des jeweiligen
Trassenverlaufs in die jeweils maßgebliche Erdbebenzone gemäß Bild 2 Seite 13 DIN
4149 herangezogen worden; diesbezüglich gilt sie nach dem Eurocode 8, DIN EN 1998
Teil 4, Nr. 3.2, Seite 31, ausdrücklich als anzuwendende nationale Bestimmung.
Danach sind der Erdbebenzone 0 Intensitätsintervalle von größer gleich 6 bis <6,5 und
der Erdbebenzone 1 Intensitätsintervalle von größer gleich 6,5 bis (maximal) <7
zuzuordnen (Tabelle 2 Seite 12). Die grundsätzliche Einordnung der ersten 17 km der
Rohrfernleitung in die Erdbebenzone 1 und des weiteren Trassenverlaufs in die
Erdbebenzone 0 begegnet keinen Bedenken. Bei der Einordnung der Erdbebenzonen
ist auch das Erdbeben von Roermond vom 13. April 1992 mit einer Stärke von 5,9 auf
der Richterskala (vgl. die entsprechende Internetseite des Geologischen Dienstes des
Landes Nordrhein-Westfalen www.gd.nrw.de) und seiner entsprechenden
Auswirkungen allein aufgrund des Erstellungsdatums April 2005 bereits berücksichtigt
worden. Zwar ist nach Auffassung des Geologischen Dienstes ein "weiteres Beben
dieser Stärke (daher) jederzeit möglich." Nach dem o.g. Gutachten des RW-TÜV vom 1.
März 2006 und den ergänzenden Ausführungen hält die Rohrfernleitungsanlage indes
eine Intensität von 7 nach der MSK (Medvedev-Sponheuer-Karnik) Skala aus dem Jahre
1964 aus. Auch die Antragsgegnerin als Fachplanungsbehörde hat in ihrer
235
Pressemitteilung 138 / 2007 vom 10. August 2007 erklärt, dass in der Erdbebenzone 1
durch mögliche Erdbeben verursachte Intensitäten von 6,5 bis <7 auftreten können. Das
vorgenannte Beben von Roermond hatte demgegenüber lediglich gemessene
Intensitäten von 5 - 6. Auf die gerichtliche Verfügung mit Datum vom 3. September 2007
und die Erinnerung mit Datum vom 10. September 2007 hat die Antragsgegnerin im
gerichtlichen Verfahren (erneut) am 10. September 2007 ausdrücklich erklärt, dass die
aus dem Beben von Roermond resultierenden Intensitäten bei 5 - 6, also unterhalb der
Bemessungswerte für die maximal möglichen Erdbebeneinwirkungen auf die Leitung
aus der DIN 4149 (Intensitäten bis maximal 7) gelegen haben. Die Stellungnahme des
Privatdozenten I der Abteilung Erdbebengeologie der Universität zu L im Auftrag der
Kreisverwaltung N1 vom 10. September 2007 führt angesichts der aktuellen
gutachtlichen Stellungnahme des RW-TÜV vom 4. September 2007 zur
Erdbebensicherheit zu keiner anderen Beurteilung. So bezieht sie sich lediglich auf das
ursprüngliche Gutachten des RW-TÜV vom 1. März 2006 und stellt zudem ausdrücklich
klar, dass sie nicht die Erdbebensicherheit der Kohlenmonoxid-Fernleitung bewertet. Im
Übrigen bezeichnet die Stellungnahme die vom Sachverständigen des RW-TÜV
ebenfalls berücksichtigte Dissertation von Kuhlmann aus 2004 als "völlig richtig".
Abschließend weist die Kammer darauf hin, dass das im Rahmen der gerichtlichen
Verfahren vorgelegte HSE-Merkblatt des britischen Gesundheitsministeriums keine zu
beachtende Bedeutung für das konkrete Verfahren hat, weil es nicht dem zu
beachtenden maßgeblichen Stand der Technik bei dem Betrieb von Rohrfernleitungen
entspricht.
236
Vor der tatsächlichen Inbetriebnahme der Rohrleitungsanlage muss im Übrigen ein
Sachverständiger gemäß § 6 RohrfernlV, Nr. B 1.1 Anhang B zur TRFL die Anlage
umfassend daraufhin überprüfen, ob diese den Vorgaben der
Rohrfernleitungsverordnung und der TRFL entspricht, um deren Sicherheit zu
gewährleisten (vgl. näher die zu beachtenden Vorgaben des Anhang B zur TRFL).
Gemäß Nr. 6.2.2 der Nebenbestimmungen sind ausdrücklich sämtliche Prüfungen
gemäß dieser Vorgaben durchzuführen und die erstellten Prüfbescheinigungen im
Anschluss daran der Antragsgegnerin vorzulegen.
237
Hinsichtlich der Gefahrenabwehrplanung und des Katastrophenschutzes ist auf die
Nebenbestimmungen Nrn. A. 6.2.114 und 6.2.116 zu verweisen. Danach ist das
Erstellen und Fortschreiben von Alarm- und Gefahrenabwehrplänen sowie das
Durchführen einer Notfallübung auf deren Grundlage in regelmäßigen Abständen von
maximal 2 Jahren vorgesehen. Diese Vorgaben erscheinen ausreichend. Nach den
vorstehenden Feststellungen des TÜV dienen die Untersuchungen zu einem 20 mm
Loch und zu einem Vollbruch nur zu einer Abschätzung eines entsprechenden
Szenarios und sind nicht wahrscheinlich.
238
Soweit eine abschließende Planentscheidung noch nicht möglich ist, ist diese im
Planfeststellungsbeschluss vorzubehalten (Entscheidungsvorbehalt); dem Träger des
Vorhabens ist dabei aufzugeben, noch fehlende oder von der Planfeststellungsbehörde
bestimmte Unterlagen rechtzeitig vorzulegen (vgl. § 74 Abs. 3 VwVfG NRW).
239
Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Januar 1981, a.a.O.; Urteil vom 18. Juni 1997, a.a.O.; Urteil
vom 22. November 2000, a.a.O.
240
Ein solcher Vorbehalt ist im Planfeststellungsrecht aufgrund des Grundsatzes
241
umfassender Problembewältigung,
vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Januar 1981, a.a.O.; Urteil vom 22. November 2000, a.a.O.;
Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 74 Rn. 23 (Grundsatz der Konflikt- bzw. Problembewältigung:
einheitliche und umfassende Sachentscheidung, die grundsätzlich alle Probleme erfasst
und bewältigt (löst),
242
(nur) zulässig, wenn er den Voraussetzungen des § 74 Abs. 3 VwVfG NRW genügt. Für
einen zulässigen Vorbehalt muss die Planfeststellungsbehörde ohne Abwägungsfehler
ausschließen können, dass eine Lösung des offen gehaltenen Problems durch die
bereits getroffenen Feststellungen in Frage gestellt wird. Grundsätzlich ist der Zeitpunkt
des Planfeststellungsbeschlusses maßgebend. Auf diesem Zeitpunkt bezogen müssen
sich die für die Bewältigung des Problems notwendigen Kenntnisse nicht mit
vertretbarem Aufwand beschaffen lassen. Aber auch dann wird ein Vorbehalt nur für
zulässig erklärt, wenn der Planungsträger davon ausgehen darf, dass der noch ungelöst
gebliebene Konflikt im Zeitpunkt der Plandurchführung in einem anderen Verfahren in
Übereinstimmung mit seiner eigenen planerischen Entscheidung bewältigt werden wird.
Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Problemregelung nach den Umständen des
Einzelfalls bei vernünftiger Betrachtungsweise objektiv zu erwarten ist. Auch dürfen die
mit dem Vorbehalt unberücksichtigt gebliebenen Belange kein solches Gewicht haben,
dass die Planungsentscheidung nachträglich als unausgewogen erscheinen kann. Der
Vorbehalt setzt deswegen eine Einschätzung der später zu regelnden Konfliktlage
zumindest in ihren Umrissen voraus.
243
Vgl. ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 21. Februar 1992 - 7 C 11.91 -, BVerwGE 90, 42
ff. sowie Juris-Dokumentation (zur Notwendigkeit, die wesentlichen Fragen des
Gewässer- und Bodenschutzes bei der Planfeststellung eine Abfalldeponie
abschließend festzustellen); Urteil vom 12. Dezember 1996 4 C 29.94 -, BVerwGE 102,
331 f., 346 f. sowie Juris-Dokumentation (zur Auswahl von mehreren Trassenvarianten);
Urteil vom 18. Juni 1997, a.a.O.
244
Es ist durchaus sachgerecht, wenn Detailplanungen nicht im
Planfeststellungsbeschluss bzw. die (technischen) Einzelheiten erst in einem späteren
Stadium erfolgen.
245
Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 18. Juni 1997, a.a.O.
246
Unzulässige Entscheidungsvorbehalte im vorbeschriebenen Sinn enthält der
Planfeststellungsbeschluss jedoch nicht. Die Vorbehalte der Antragsgegnerin verstoßen
nicht gegen die Vorschrift des § 74 Abs. 3 VwVfG NRW.
247
So ist es ausreichend, dass nach der Nebenbestimmung Nr. A. 6.2.97 die Einrichtung
zur Feststellung schleichender Undichtigkeiten vorbehalten wird. Entsprechende
Vorgaben hat die Antragsgegnerin diesbezüglich getroffen (vgl. Seite 123 des
Planfeststellungsbeschlusses). Dabei war sich die Antragsgegnerin der Gefahren von
Kohlenmonoxid und seiner Stoffeigenschaften erkennbar bewusst (vgl. nur Seiten 337
ff.). Nach den Feststellungen der TÜV Sachverständigen sind die entsprechenden
Systeme vorhanden und einsetzbar. Die Notwendigkeit einer konkreten Planfeststellung
bereits im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses bestand daher
nicht. Die entsprechenden Einrichtungen sind auch nicht wesentlicher Bestandteil der
planfestgestellten Rohrleitungsanlage in der Weise, dass sie bereits im Zeitpunkt des
248
Planfeststellungsbeschlusses konkret und abschließend hätten genehmigt werden
müssen. Diesbezüglich wurden entsprechende Vorgaben mit dem Vorbehalt der
abschließenden Prüfung angeordnet.
Gleiches gilt hinsichtlich der Nebenbestimmung Nr. A. 6.2.72 betreffend Dolinen, der Nr.
A. 6.2.100 betreffend den aktiven kathodischen Korrosionsschutz (zwar kann Korrosion
nicht eintreten, da trockenes Kohlenmonoxid transportiert wird; gleichwohl sind
Überprüfungen vorgesehen), der Nebenbestimmung Nr. A. 6.2.101 betreffend die
Entspannungseinrichtung am Standort Dormagen (wobei eine "Abstimmung"
ausreichend und überdies von der TRFL auch gar nicht als Stand der Technik
vorgesehen ist), der Nebenbestimmung Nr. A. 6.2.114 betreffend die Alarm- und
Gefahrenabwehrpläne i.V.m. Nr. 12.6.1 TRFL, der Nebenbestimmung Nr. A. 6.2.120
betreffend den Mindestabstand zu parallel verlegten Leitungen und der
Nebenbestimmung Nr. A. 6.2.121 betreffend die Anforderung eines zusätzlichen
Gutachtens. Insbesondere sind die zu erstellenden Alarm- und Gefahrenabwehrpläne
kein untrennbarer Bestandteil der planfestgestellten Rohrleitungsanlage, so dass
diesbezüglich nur eine einheitliche Planfeststellung ergehen dürfte.
249
Angesichts der eindeutigen rechtlichen Bewertung des Planfeststellungsbeschlusses
erübrigt sich eine Abwägung der weiteren (hochwertigen und besonders
schützenswerten) Interessen, auf die sich alle Beteiligten ohnehin gleichermaßen
berufen können.
250
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO; es entspricht der
Billigkeit, dem Antragsteller auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen
aufzuerlegen, weil diese sich mit dem von ihr gestellten - auf Ablehnung des
Rechtsschutzbegehrens des Antragstellers gerichteten - Antrag einem eigenem
Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
251
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Berücksichtigung
hat dabei der im aktuellen Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ
2004, S. 1327 ff.) unter den Ziffern II. 34.2 i. V. m. 2.2 für die Klage eines drittbetroffenen
Privaten im Bereich des Planfeststellungsrechts "wegen sonstiger Beeinträchtigungen"
vorgesehene Wert in Höhe von 15.000,00 Euro gefunden, den die Kammer jeweils für
die geltend gemachte Eigentumsbeeinträchtigung sowie die vom Antragsteller
behauptete Gefährdung von Leib und Leben angesetzt hat. Die sich für das
Hauptsacheverfahren ergebende Summe in Höhe von 30.000,00 Euro ist unter
Anwendung von Ziffer I. 5 Satz 1 des Streitwertkataloges halbiert worden.
252
Rechtsmittelbelehrung:
253
(1) Gegen die Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz kann
innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf
(Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf)
Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land
Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt,
wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder in elektronischer Form nach
Maßgabe der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den
Verwaltungsgerichten und den Finanzgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen
(Elektronische Rechtsverkehrsverordnung Verwaltungs- und Finanzgerichte – ERVVO
VG/FG) vom 23. November 2005 (GV. NRW. S. 926) bei dem Oberverwaltungsgericht
254
für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach
6309, 48033 Münster) eingeht.
Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu
begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt
worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen
(Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder
in elektronischer Form nach Maßgabe der ERVVO VG/FG einzureichen. Sie muss einen
bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung
abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung
auseinander setzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
255
Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sind durch einen
Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des
Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt einzureichen. Juristische
Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder
Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst,
Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum
Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen
Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen (§ 67
Abs. 1 Sätze 1 bis 3 VwGO). Auf die besonderen Regelungen in § 67 Abs. 1 Sätze 4 bis
7 VwGO wird hingewiesen.
256
Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sollen möglichst
dreifach eingereicht werden.
257
(2) Gegen die Streitwertfestsetzung kann schriftlich oder zur Niederschrift des
Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf
(Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf)
Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land
Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. Insoweit ist
die Mitwirkung eines Bevollmächtigten, besonders eines Rechtsanwalts oder eines
Rechtslehrers an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes
mit Befähigung zum Richteramt, im Beschwerdeverfahren nicht erforderlich.
258
Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird,
nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren
sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser
Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder
formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
259
Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,--
Euro nicht übersteigt.
260
Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden.
261
War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist
ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat,
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen
zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen,
welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres,
262
von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht
mehr beantragt werden.
Schwerdtfeger Dr. Palm Wolber
263