Urteil des VG Düsseldorf vom 04.06.2003

VG Düsseldorf: beratungsstelle, besondere härte, wirtschaftliche zwangslage, befreiung, empfang, eigenes verschulden, öffentlich, verjährungsfrist, härtefall, jugendhilfe

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 27 K 3853/02
Datum:
04.06.2003
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
27. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
27 K 3853/02
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger
wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe
des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte
zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
1
Der Kläger ist seit 1992 als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt. Seit 1990 ist für die
Beratungsstelle des Klägers in C bei dem Beklagten Hörfunk- und eine Fernseh-gerät
angemeldet.
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Unter dem 14. August 2001 stellte der Kläger einen Antrag auf Befreiung von der
Rundfunkgebührenpflicht für die Beratungsstelle C. In dem Antragsformular gab er an,
zur Sexualaufklärung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen insgesamt
zwei so genannte „FS-Geräte" und ein Hörfunkgerät zu nutzen, wovon ein „FS-Gerät"
(bei dem es sich offenbar um einen Videorecorder handelt) seit ca. 1993 dort vorhanden
und noch nicht angemeldet sei.
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Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 10. Oktober 2001 - Eingang beim
Kläger am 17. Oktober 2001 - ab und meldete gleichzeitig ein „FS-Gerät" ab dem 1.
Januar 1993 für die Beratungsstelle C an. In seinem Bescheid führte der Beklagte aus,
die Beratungsstelle des Klägers sei keine unter § 3 Abs. 1 der
Rundfunkgebührenbefreiungsverordnung (BefrVO) fallende Einrichtung, weil die Geräte
nicht ausschließlich dem in der genannten Vorschrift bezeichneten betreuten
Personenkreis zur Verfügung stünden und sie zudem ausschließlich als Unterrichts-
bzw. Arbeitsmittel im Rahmen der sexualpädagogischen Gruppenarbeit genutzt würden.
Eine Befreiung könne aus diesem Grund nicht ausgesprochen werden.
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Am 15. November 2001 legte der Kläger Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid
ein. Er halte die in seiner Beratungsstelle C vorhandenen Geräte schon nicht im Sinne
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der BefrVO „zum Empfang bereit", weil sie nur zum Abspielen von Videos genutzt
würden. Die Empfangsteile seien nur im Hinblick auf die damit verbundenen Kosten
bislang nicht ausgebaut worden, dies werde bei Feststellung der Gebührenpflicht aber
sofort veranlasst. Im Übrigen lägen die Voraussetzungen des § 3 BefrVO vor. Es sei
nicht einzusehen, dass die Vorführung eines Videos zum Thema Sexualität in der
eigenen Beratungsstelle nicht gebührenbefreit sei, wohl aber dann, wenn die
Vorführung in einem Jugendzentrum oder einer Jugendbildungsstätte stattfinde.
Außerdem habe man stets in gutem Glauben gehandelt, von der
Rundfunkgebührenpflicht befreit zu sein. Schließlich greife § 2 BefrVO ein, da ein
„besonderer Härtefall" vorliege; er sie in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht.
Der Beklagte erließ daraufhin unter dem 18. Dezember 2001 einen an den Kläger -
Teilnehmer-Nr.: 358 522 690 - gerichteten Gebührenbescheid über 2.877,36 DM für
einen Videorecorder betreffend den Zeitraum von Januar 1993 bis einschließlich
Dezember 2001.
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Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 10. Januar 2002 Widerspruch ein und
begründete diesen - unter Bezugnahme auf die mit dem Widerspruch vom 15.
November 2001 geltend gemachten Ausführungen sowie auf ein informelles Gespräch
mit Vertretern des Beklagten vom 31. Januar 2002 - unter dem 5. März 2002 unter
anderem mit dem Einwand der Verjährung. Die Verjährungsfrist beginne nämlich nicht
erst mit Kenntnis von der Anspruchsentstehung zu laufen. Es bestehe auch die
Möglichkeit seitens des Beklagten, die Forderung wegen einer - hier vorliegenden -
unbilligen Härte zu erlassen.
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Unter dem 7. März 2002 teilte der Kläger dem Beklagten unter Hinweis auf den
beigefügten Beleg der Fa. T aus C vom 6. März 2002 mit, dass bei dem Videorecorder
und dem Fernsehgerät der Antennenanschluss dauerhaft entfernt worden sei.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 2002 - zugestellt am 21. Mai 2001 - wies der
Beklagte die Widersprüche vom 15. November 2001 und 10. Januar 2002 zurück und
führte aus: Da im Antragsformular der Monat der Bereithaltung im Jahr 1993 nicht
mitgeteilt worden sei, habe er das bis dahin noch nicht angemeldete Gerät zum 1.
Januar 1993 angemeldet. Die Beratungsstelle des Klägers habe die dort vorhandenen
Geräte auch im Sinne des § 4 Abs. 1 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages (RgebStV)
„zum Empfang bereit" gehalten. Auf Grund der Mitteilung vom 7. März 2002 sei eine
Abmeldung erst zum 31. März 2002 möglich. Die Gebührenforderungen für Januar 1993
bis Dezember 2001 seien nicht verjährt. Der Verjährungseinwand des Klägers sei
rechtsmissbräuchlich, da er vorliegend seiner Anzeigepflicht gemäß § 3 RgebStV nicht
nachgekommen sei und die Voraussetzungen für eine Befreiung von der
Rundfunkgebührenpflicht nicht vorgelegen hätten. Ein Rechtsanspruch auf
Gebührenerlass ergebe sich auch nicht aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit § 38
Abs. 2 der Finanzordnung des X, weil die ent-sprechenden Voraussetzungen - so auch
das Vorliegen einer besonderen Härte - nicht vorlägen. Eine Befreiung von der
Rundfunkgebührenpflicht gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 BefrVO komme nicht in Betracht. Aus
dem Wortlaut der Verordnung sei ersichtlich, dass nicht nur eine Beratung, sondern eine
regelmäßige Betreuung in Einrichtungen, in denen Kinder und Jugendliche dauernd
oder zeitweilig untergebracht sind, stattfinden müsse. Für alle Befreiungstatbestände sei
erforderlich, dass vorhandene Rundfunkempfangs-geräte ausschließlich für den
betreuten Personenkreis bereitgehalten würden. Schon die Möglichkeit nur
geringfügiger Nutzung durch nichtbegünstigte Personen schließe die Be-freiung aus.
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Dies müsse umso mehr gelten, wenn die Nutzung durch Dritte der Zweck- bestimmung
der Einrichtung entspreche. Aus den Unterlagen gehe aber hervor, dass die Geräte
auch für die Fortbildung so genannter Multiplikatoren genutzt werde. Im Übrigen verwies
der Beklagte auf die Ausführungen des Urteils des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom
11. März 1997 - 6 E 2107/93 -. Die §§ 1, 2 BefrVO seien nur auf Privatpersonen und
nicht auf Betriebe bzw. Einrichtungen anwendbar, so dass die be-antragte Befreiung
aus Billigkeitsgründen gemäß § 2 der Befreiungsverordnung für die Beratungsstelle des
Klägers nicht in Betracht komme. Ein Ermessensspielraum stehe dem Beklagten nicht
zu.
Der Kläger hat am 13. Juni 2002 unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens
aus dem Verwaltungsverfahren Klage erhoben. Ergänzend trägt er unter anderem vor:
Angesichts der - vom Beklagten unbestrittenen - Nicht- Inanspruchnahme von
Rundfunkleistungen durch die Beratungsstelle sei der Beklagte zur Erhebung von
Gebühren nicht berechtigt bzw. die Beratungsstelle des Klägers von der Gebührenpflicht
zu befreien. Denn es bedürfe vorliegend keiner weiteren Sachverhaltsaufklärung und
damit auch keiner Beweiserhebung bzw. Beweislastentscheidung, welche bei
„Massengeschäften" gegebenenfalls zu Gunsten des jeweiligen Leistungserbringers
ausfallen mögen. Aus diesem Grund könne es auch nicht rechtsmissbräuchlich sein,
sich auf Verjährung zu berufen. Vielmehr sei umgekehrt die Forderung von Gebühren für
eine Leistung, die nicht in Anspruch genommen worden sei, rechtsmissbräuchlich.
Außerdem liege jedenfalls dann, wenn die Nutzung der Geräte lediglich zu
Abspielzwecken nicht bestritten werde, ein nach § 38 Abs. 2 der Finanzordnung des X
zu berücksichtigender Härtefall vor.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 10. Oktober 2001 in der
Fassung seines Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2002 zu verpflichten, ihm, dem
Kläger - für die Beratungsstelle C, Teilnehmernummer: 000 000 000,
Rundfunkgebührenbefreiung für ein Fernsehgerät und einen Videorecorder für den
Zeitraum vom 1. September 2001 bis zum 31. März 2002 zu gewähren,
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sowie den Gebührenbescheid des Beklagten vom 18. Dezember 2001 in der Fassung
seines Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2002 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er macht ferner geltend, von § 3 Abs. 1 BefrVO werde generell vorausgesetzt, dass der
betreute Personenkreis selbst, nicht aber die Einrichtung, bestimmen könne, welche
Rundfunkdarbietungen empfangen werden. Daher könne die Beratungsstelle des
Klägers, in der die Geräte von vornherein als Arbeits- bzw. Unterrichtsmittel zur
Sexualaufklärung eingesetzt würden, nicht unter die Vorschrift subsumiert werden.
Überdies liege, abgesehen von der Nichtanwendbarkeit des § 2 BefrVO, auch in
materieller Hinsicht kein Härtefall vor, weil die Erhebung der Gebühren nicht der
Wertentscheidung des Gesetzgebers zuwider liefe.
16
In der mündlichen Verhandlung vom 4. Juni 2003 hat der Beklagte für das vorliegende
Verfahren seine Bereitschaft zur Stundung rückständiger Gebühren und Ratenzahlung
17
erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes - insbesondere des
Vorbringens der Beteiligten - wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den der dazu
beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
18
Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Weder der Ablehnungsbescheid vom 10. Oktober
2001 (I.) noch der Gebührenbescheid vom 18. Dezember 2001 (II.) - jeweils in der
Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2002 - sind rechtlich zu
beanstanden.
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I. Der Ablehnungsbescheid vom 10. Oktober 2001 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2002 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht
in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat keinen
Anspruch auf Gebührenbefreiung für die in seiner Beratungsstelle C vorhandenen
Rundfunkempfangsgeräte für den Zeitraum vom 1. September 2001 bis zum 31. März
2002, weil die Geräte gebührenpflichtig waren (1.) und eine Befreiung von der
Rundfunkgebührenpflicht nicht in Betracht kommt (2.).
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1. Die vorhandenen Geräte waren im streitbefangenen Zeitraum gebührenpflichtig.
22
Die Rundfunkgebührenpflicht entsteht gemäß § 1 Abs. 1 und Abs. 2, § 2 Abs. 1 und Abs.
2, § 3 und § 4 Abs. 1 bis 4 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages vom 31. August 1991
(GV.NRW, S. 423) in der maßgeblichen Änderung durch Art. 5 des Fünften Rund-
funkänderungsstaatsvertrages vom 6. Juli bzw. 7. August 2000 (GV.NRW, S. 708) -
RgebStV - mit Beginn des Monats, in dem der Rundfunkteilnehmer erstmals ein
Rundfunkgerät zum Empfang bereithält. Sie endet mit Ablauf des Monats, in dem das
Bereithalten eines Rundfunkempfangsgerätes endet, jedoch nicht vor Ablauf des
Monats in dem dies der Landesrundfunkanstalt angezeigt worden ist.
23
Der Kläger war vom 1. September 2001 bis zum 31. März 2002 Rundfunkteilnehmer im
Sinne von § 4 Abs. 1 i.V.m. §§ 2 Abs. 2 Satz 1, § 1 Abs. 2 Satz 1 RgebStV hinsichtlich
zweier Rundfunkempfangsgeräte, da er für den streitgegenständlichen Zeitraum einen
Fernseher und einen Videorecorder - das Vorhandensein dieser Geräte ist zwischen
den Beteiligten unstreitig - jeweils mit funktionsfähigem Empfangsteil zum Empfang
bereitgehalten hat. Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 RgebStV wird ein Rundfunkempfangsgerät
dann zum Empfang bereitgehalten, wenn damit Rundfunkdarbietungen ohne
besonderen zusätzlichen technischen Aufwand empfangen werden können.
Erforderlich, aber auch - in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise -
ausreichend
24
- vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 22. Februar 1994 - 1 BvL 30/88 -;
Beschluss vom 16. September 1999 - 1 BvR 1013/99 -, NJW 2000, 649 f.:"Aus diesem
Grund ist es gerechtfertigt, die Gebührenpflicht ohne Rücksicht auf die
Nutzungsgewohnheiten der Empfänger allein an den Teilnehmerstatus zu knüpfen, der
durch die Bereithaltung eines Empfangsgerätes begründet wird. Anlass, von diesen
Grundsätzen abzuweichen besteht nicht."; Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil
vom 9. Dezember 1998 - 6 C 13.97 -, DVBl. 1999, 620 ff. -
25
ist insoweit, dass die Möglichkeit besteht, das programmliche Angebot der öffentlich-
rechtlichen Rundfunkanbieter zu nutzen. Denn die Rundfunkgebühr stellt entgegen der
Ansicht des Klägers gerade keine Gegenleistung für die tatsächliche Nutzung öffentlich-
rechtlicher Programme dar, sondern ist die von allen Rundfunkteilnehmern zu
erbringende finanzielle Leistung für die Gesamtveranstaltung „Rundfunk" in Form eines
dualen Rundfunksystems. Da somit die Leistungspflicht der Rundfunkteilnehmer der
Aufrechterhaltung des von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geforderten Rundfunkangebotes im
Gesamtinteresse dient, knüpft sie ungeachtet konkreter Nutzungsgewohnheiten allein
an den durch den Besitz eines Empfangsgerätes begründeten Empfängerstatus an.
Mithin stellt schon die bloße Möglichkeit zum Rundfunkempfang einen
rechtserheblichen Vorteil dar, der die Gebührenerhebung rechtfertigt.
26
vgl. z. B. BVerfG; Urteil vom 22. Februar 1994 - 1 BvL 30/88 -; OVG Berlin, Urteil vom 16.
Mai 1995 - 8 B 59.92 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 29. September 1997 - 15 K 6145/95 -;
Urteil vom 11. Oktober 1994 - 15 K 7522/91 -; VG München, Urteil vom 15. Februar 2002
- M 6a K 01.2545 -, ZUM-RD 2002, 654.
27
Deshalb ist es unerheblich, ob die Geräte überhaupt oder zum Empfang öffentlich-
rechtlicher Programme tatsächlich genutzt werden; ein subjektiver Empfangswille ist
irrelevant.
28
vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 6. September 1999 - 1 BvR 1013/99 - NJW 2000,
649; VG München, Urteil vom 15. Februar 2002 - M 6a K 01.2545 - a.a.O.
29
Ein besonderer zusätzlicher technischer Aufwand im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 2
RgebStV ist erst denkbar, wenn zur Inbetriebsetzung die Inanspruchnahme einer
Reparaturwerkstätte oder einer sonstigen fachkundigen Person erforderlich ist.
30
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16. April 1981 - 15 A 1612/80 -; OVG Saarland, Urteil vom
16. Juni 1983 - 1 R 120/82 -; Hahn/Vesting/Naujock, Kommentar zum Rundfunkrecht,
2003, § 1 Rn. 38 ff. m.w.N.
31
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze hat der Kläger in der Beratungsstelle C -
unabhängig davon, ob die Gerätenutzung vorliegend tatsächlich nur zwecks
Wiedergabe aufgezeichneter Sendungen erfolgte - jedenfalls in der Zeit vom 1.
September 2001 bis zum 31. März 2002 Rundfunkempfangsgeräte zum Empfang
bereitgehalten. In der Beratungsstelle C wurden im vorliegend streitbefangenen
Zeitraum ein Fernseher und ein Videogerät zu pädagogischen Zwecken genutzt.
Währenddessen bestand die Möglichkeit, öffentlich-rechtliche Rundfunkprogramme zu
empfangen. Für das Ende des Bereithaltens kommt gemäß § 4 Abs. 2 RgebStV der 31.
März 2002 in Betracht, weil die Unbrauchbarmachung der Geräte zum Empfang
öffentlich-rechtlicher Programme dem Beklagten erst mit Schreiben vom 7. März 2002
angezeigt wurde.
32
Eine Zusammenfassung des Fernsehers und des Videorecorders zu einer einheitlichen
Hör- und Sehstelle im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 3 RgebStV kommt vorliegend nicht in
Betracht. Denn beide Geräte sind jeweils für sich betrachtet ein Rundfunkempfangsgerät
im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 RgebStV.
33
Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 20. Mai 1986 - 4 A 449/86 -, ZUM 1987, 290;
Hahn/VestingNaujock, § 1 RgebStV Rn. 17, 22 m.w.N.
34
Die Geräte sind nämlich nicht - wie von der Vorschrift vorausgesetzt - lediglich zur
Empfangsverbesserung oder -verstärkung einander zugeordnet. Vielmehr werden durch
die Kombination von Video- und Fernsehgerät die programmlichen
Empfangsmöglichkeiten erheblich erweitert. Es ist beispielsweise möglich, eine
Sendung mit dem Videogerät aufzuzeichnen und gleichzeitig eine andere Sendung mit
dem Fernsehgerät zu empfangen. Insoweit wird auf die Entscheidung des
Oberverwaltungsgerichts des Landes Nordrhein-Westfalen,
35
OVG NRW,. Urteil vom 20. Mai 1986 - 4 A 449/86 -, a.a.O.
36
wonach ein auch nur zu Wiedergabezwecken dienender Videorecorder seine
Eigenschaft als selbstständiges Rundfunkempfangsgerät nicht dadurch verliert, dass er
für die Wiedergabe aufgezeichneter Sendungen an ein seinerseits mit einem eigenen
Empfangsteil ausgestattetes und deshalb gebührenpflichtiges Fernsehgerät
angeschlossen wird, verwiesen.
37
2. Eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht kommt nicht in Betracht, weil weder
die Beratungsstelle C eine Einrichtung nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BefrVO noch der Kläger
von einer besonderen Härte im Sinne des § 2 BefrVO betroffen ist. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr.
2 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages vom 31. August 1991 (GV.NRW, S. 423) in der
Fassung des Fünften Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 6. Juli bzw. 7. August
2000 (GV.NRW, S. 708) i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung über die Befreiung von
der Rundfunkgebührenpflicht - BefrVO - vom 30. November 1993 (GV.NRW, S. 970)
wird Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht für Rundfunkempfangsgeräte gewährt,
die in folgenden Betrieben oder Einrichtungen für den jeweils betreuten Personenkreis
ohne besonderes Entgelt bereitgehalten werden: In Einrichtungen der Jugendhilfe im
Sinne des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (Sozialgesetzbuch VIII), insbesondere in
Jugendheimen, Häusern der offenen Tür, Jugendbildungsstätten, Kinder- und
Jugenderholungsheimen, in Jugendherbergen, in Kindergärten, Horten und anderen
Einrichtungen, in denen sich Kinder für einen Teil des Tages oder ganztags aufhalten
(Tageseinrichtungen), in Einrichtungen über Tag und Nacht, in Lehrlings-,
Schülerheimen und in anderen Jugendwohnheimen (a.). Gemäß § 2 BefrVO kann die
Landesrundfunkanstalt unbeschadet der Gebührenbefreiung nach § 1 BefrVO in
besonderen Härtefällen von der Rundfunkgebührenpflicht befreien (b.).
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a. Die von dem Kläger betriebene Beratungsstelle ist keine Einrichtung, für die gemäß §
3 Abs. 1 Nr. 3 BefrVO eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht gewährt werden
kann.
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Dabei kann offen bleiben, ob die in Rede stehende Beratungsstelle des Klägers, der seit
1992 anerkannter Träger der freien Jugendhilfe ist, eine Einrichtung im Sinne des SGB
VIII ist. Auch steht allein der Umstand, dass Beratungsstellen, die vorrangig der
sexualpädagogischen Aufklärung dienen, in dieser Vorschrift nicht ausdrücklich
aufgezählt sind, einer Einbeziehung des Klägers in den Anwendungsbereich insofern
nicht entgegen als der Wortlaut „insbesondere" eine nicht abschließende Aufzählung
von Regelbeispielen einleitet, so dass auch noch andere, nicht aufgezählte Institutionen
denkbar sind, die unter den Befreiungskatalog des § 3 Abs. 1 Nr. 3 BefrVO
subsumierbar sind.
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Vor allem dem Sinn und Zweck der Vorschrift dürfte aber anhand der aufgezählten
41
Beispielsfälle sowie unter Heranziehung des für alle Varianten des § 3 Abs. 1 BefrVO
geltenden Erfordernisses des „Betreutseins" zu entnehmen sein, dass Nr. 3 der
Vorschrift nur solche Einrichtungen erfasst, die in irgendeiner Hinsicht Jugendlichen das
Elternhaus ganz oder teilweise ersetzen oder ihnen eine sinnvolle und jugendgerechte
Freizeitgestaltung in Ergänzung zum Elternhaus anbieten sollen.
Vgl. auch OVG NRW, Urteile vom 12. Februar 1986 - 4 A 2419/84 und 4 A 2420/84 -; VG
Düsseldorf, Urteile vom 27. Januar 1984 - 15 K 3036/83 und 15 K 3701/83 - ;
42
Um eine derartige Einrichtung handelt es sich bei der Beratungsstelle des Klägers, in
der Kinder und Jugendliche gemäß dem Vereinszweck nur kurzzeitig verweilen,
ersichtlich nicht.
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Ungeachtet dieser Erwägungen wurden im streitbefangenen Zeitraum Fernsehgerät und
Videorecorder aber auch nicht für den „jeweils betreuten Personenkreis ...
bereitgehalten", wie § 3 BefrVO es für alle in Ziffern 1 bis 4 genannten Betriebe oder
Einrichtungen fordert. Denn Voraussetzung hierfür ist, dass die dort aufgestellten
Empfangsgeräte auch ihre bestimmungsgemäße Verwendung finden, mithin dem
betreuten Personenkreis den Empfang von Rundfunksendungen nach dessen eigenem
Bedarf ermöglichen. Anliegen des Verordnungsgebers war es nämlich, diesen
Personen während Verweilens in diesen Einrichtungen und Betrieben ihren
grundrechtlich geschützten Zugang zu Informationen aus Funk und Fernsehen (vgl. Art.
5 Abs. 1 GG) zu ermöglichen bzw. zu erleichtern.
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so etwa Hahn/Vesting/Siekmann, § 6 RgebStV Rn. 34 unter Hinweis auf die
Entscheidung des Bayrischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH), Beschluss vom 18.
April 2002 - 7 B 01.2383 -; VG Darmstadt, Urteil vom 11. März 1997 - 6 E 2107/93 -.
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Entscheidend ist daher, ob die betreuten Kinder und Jugendlichen die Möglichkeit zu
einer - im Rahmen des der jeweiligen Einrichtung im Sinne der Nr. 3 zu Grunde
liegenden Betreuungskonzeptes - eigenverantwortlichen und bestimmungsgemäßen
Nutzung der Geräte als Rundfunkempfangsgerät haben. Es kann dagegen nicht
genügen, wenn ausschließlich die Einrichtung bestimmt, welche Sendungen
empfangen werden.
46
Vgl. VG Darmstadt, Urteil vom 11. März 1997 - 6 E 2107/93 - a.a.O.
47
Diese Anforderungen werden vorliegend schon deshalb nicht erfüllt, weil ausschließlich
die Mitarbeiter der Beratungsstelle des Klägers über Art und Umfang des
Geräteeinsatzes bestimmen. Hinzu kommt überdies, dass die Geräte ausschließlich als
Vorführgeräte, nämlich zum Abspielen von Videos im Rahmen sexualpädagogischer
Aufklärungsarbeit, genutzt werden. Geht es damit vorliegend nicht darum, Kindern und
Jugendlichen, die sich in der Beratungsstelle aufhalten, für die Dauer ihres Verweilens
den Empfang von Rundfunkdarbietungen zu ermöglichen, sondern im Rahmen des
Vereinszwecks (vgl. § 3 der Vereinssatzung) Aufklärungsarbeit zu leisten, fehlt es auch
an einer bestimmungsgemäßen Verwendung der Geräte als Rundfunkempfangsgerät zu
Gunsten des betreuten Kreises von Kindern und Jugendlichen.
48
b. Der Kläger kann sich auch nicht auf die Härteklausel des § 2 der RGebBefrVO
stützen. Schon auf Grund des Wortlauts („Unbeschadet des § 1...") und der
systematischen Stellung des § 2 RGebBefrVO spricht Vieles dafür, dass diese Norm als
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Auffangvorschrift für von § 1 der RGebBefrVO nicht erfasste besondere Härtefälle zu
dienen bestimmt ist und daher auf Betriebe und Einrichtungen im Sinne des § 3
RGebBefrVO nicht anwendbar ist.
Vgl. VG Darmstadt, Urteil vom 11. März 1997 - 6 E 2107/93 -, a.a.O.;
Hahn/Vesting/Siekmann, § 6 RgebStV, Rn. 31 mit weiteren
Rechtsprechungsnachweisen; offen gelassen von OVG NRW, Urteil vom 20. Mai 1986 -
4 A 1594/84 -.
50
Dies dürfte umso mehr gelten, als bei einem anderen Normverständnis § 2 BefrVO nicht
von der Ermächtigungsgrundlage des § 6 Abs. 1 RgebStV, der in Nr. 1 eine Befreiung
aus Billigkeitsgründen nur für natürliche Personen und aus sozialen Gründen vorsieht,
gedeckt sein könnte. Abgesehen von diesen Erwägungen sind Anhaltspunkte für das
Vorliegen einer besonderen Härte für den streitbefangenen Zeitraum nicht ersichtlich.
Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass die Anwendung des Gebührentatbestandes
vorliegend zu einem Ergebnis führt, das mit dem Sinn und Zweck der
Gebührenregelung nicht zu vereinbaren ist bzw. den Wertungen des Gesetz- bzw.
Verordnungsgebers zuwiderläuft.
51
Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 20. Mai 1986 - 4 A 1594/84 -.
52
Soweit Einrichtungen dann keine Befreiung nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BefrVO erhalten,
wenn sie die dort aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllen, ist dies eine vom
Verordnungsgeber beabsichtigte Folge. Auch der Hinweis, Fernsehgerät und
Videorecorder tatsächlich nicht zum Empfang genutzt zu haben, greift nicht durch. Denn
die dem zu Grunde liegende Frage nach dem Anknüpfungspunkt für die Gebührenpflicht
(tatsächliche Nutzung oder Möglichkeit der Nutzung) hat der
Rundfunkgebührenstaatsvertrag eindeutig beantwortet: Er stellt - wie ausgeführt - für das
Entstehen der Gebührenpflicht allein auf das Bereithalten des Geräts - im Sinne der
vorhandenen Möglichkeit des Empfangs - ab und nimmt dabei in Kauf, dass das Gerät
nicht zum Empfang genutzt wird. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf seine
wirtschaftliche Zwangslage verweist, muss er sich entgegenhalten lassen, dass es ihm
offen stand, die Entstehung der Gebührenpflicht durch (frühzeitige) Klärung der
Rechtslage und durch Ausbau bzw. Unbrauchbarmachung der Empfangsteile von
vornherein zu vermeiden - einer Befreiung hätte es in diesem Fall dann nicht bedurft.
53
II. Der Gebührenbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen
Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beklagte war sowohl dem Grunde als auch
der Höhe nach berechtigt, den in dem angegriffenen Gebührenbescheid
ausgewiesenen Gebührenbetrag festzusetzen.
54
Die Rundfunkgebührenpflicht des Klägers ergibt sich aus § 1 Abs. 1 und Abs. 2, § 2
Abs. 1 und Abs. 2, § 3 und § 4 Abs. 1 bis 4 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages vom
31. August 1991 (GV.NRW, S. 423) in der bei Erlass des Widerspruchsbescheides
maßgeblichen Änderung durch Art. 5 des Fünften Rundfunkänderungsstaatsvertrages
vom 6. Juli bzw. 7. August 2000 (GV.NRW, S. 708).
55
Die danach maßgeblichen Voraussetzungen für die Verpflichtung des Klägers,
Rundfunkgebühren für den Zeitraum von Januar 1993 bis einschließlich Dezember
2001 zu entrichten, liegen vor.
56
Der Kläger war in diesem Zeitraum Rundfunkteilnehmer im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1
i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 1 RgebStV hinsichtlich eines noch nicht angemeldeten
Rundfunkempfangsgerätes, da er währenddessen einen mit funktionsfähigem
Empfangsteil ausgestatteten Videorecorder zum Empfang bereitgehalten hat.
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Hinsichtlich der Bestimmung des Begriffs des Bereithaltens wird auf die obigen
Ausführungen unter I.1. verwiesen, die auch für den hier streitbefangenen Zeitraum
maßgeblich sind.
58
Der Beklagte hat auch den Beginn des Bereithaltens und damit der
Rundfunkgebührenpflicht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise auf den 1. Januar
1993 festgelegt. Zwar hat der Kläger in dem entsprechenden Antragsformular
angegeben, das Gerät seit „ca. 1993" zu nutzen, so dass unter Umständen auch ein
späterer Zeitpunkt im Jahre 1993 zu erwägen sein könnte. Ist aber der
Rundfunkteilnehmer seiner Anzeigepflicht ge-mäß § 3 Abs. 1 RgebSTV über einen
derart langen Zeitraum nicht nachgekommen, dass eine weitere Sachverhaltsaufklärung
im Nachhinein - etwa durch Einholung von Aus-künften (vgl. § 4 Abs. 5 und 6 RgebStV)
- nicht mehr Erfolg versprechend ist, so steht der Landesrundfunkanstalt die Möglichkeit
der Schätzung jedenfalls dann zu wenn - wie im vorliegenden Fall - der Kläger der
Festsetzung insofern nicht widersprochen hat und auch ansonsten keine Anhaltspunkte
für einen späteren tatsächlichen Bereitstellungsbeginn ersichtlich sind.
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Auch eine Verjährung des Gebührenanspruchs ist nicht eingetreten. Der
Gebührenbescheid vom 18. Dezember 2001 ist vor Ablauf der Verjährungsfrist des § 4
Abs. 4 RgebStV erlassen worden. Nach Art. 4 Abs. 4 RgebStV verjährt ein Anspruch auf
Rundfunkgebühren in vier Jahren. Der Rundfunkgebührenstaatsvertrag enthält keine
ausdrückliche Regelung darüber, wann die Verjährungsfrist zu laufen beginnt. Diese
Lücke lässt sich jedoch durch Heranziehung allgemeiner Grundsätze des (insbesondere
zu §§ 3 Abs. 1; 4 Abs. 2, 5, 6; 7 Abs. 5 S. 1 Abs. 6; 9 Abs. 1 Nr. 1 Rgeb STV)
Rundfunkge-bührenrechts dahingehend schließen, dass ungeachtet der
Verjährungsvorschriften des BGB (§§ 195 ff. BGB) die Verjährungsfrist erst mit Schluss
des Jahres zu laufen beginnt, in dem die Landesrundfunkanstalt von den die
Gebührenschuld begründenden Tat-sachen Kenntnis erlangt.
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Zur ausführlichen Begründung wird verwiesen auf die den Beteiligten bekannte
Entscheidung des OVG NRW, Urteil vom 1. August 2002 - 19 A 24/00 - S. 9 bis 13 der
Ausfertigung; ebenso Urteil vom 1. Dezember 1988 - 4 A 484/88 -; VGH Baden-
Württemberg, Urteil vom 19. Mai 1983 - 2 S 1490/82 -;Grupp, Grundfragen des
Rundfunkgebühren-rechts, 1983, S. 121 f.
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a.A.: HessVGH, Urteil vom 27. Mai 1993 - 5 UE 2259/91 -, NVwZ-RR 1994, 129 ff.
m.w.N. Hahn/Vesting/Gall, § 4 RgebStV Rn. 54 m.w.N. wonach es zwar nach wie vor
auf den Zeitpunkt der Entstehung der Gebührenforderung ankommt, der
Verjährungseinrede jedoch grundsätzlich der Einwand unzulässiger Rechtsausübung
entgegengehalten werden kann.
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Demnach begann hinsichtlich der im Gebührenbescheid des Beklagten festgesetzten
Gebührenschuld des Klägers die Frist des § 4 Abs. 4 RgebStV frühestens nach Ablauf
des Jahres 2001 zu laufen. Nach den Verwaltungsvorgängen des Beklagten hat dieser
erstmalig mit der Stellung des Befreiungsantrages vom 14. August 2001 Kenntnis davon
erhalten, dass der Kläger noch nicht angemeldete Rundfunkempfangsgeräte in der
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Beratungsstelle C bereithält. Anderweitige Hinweise auf eine Kenntnisnahme zu einem
früheren Zeitpunkt liegen nicht vor und wurden auch nicht vorgetragen.
Der Rechtmäßigkeit des Gebührenbescheides steht auch nicht die hier allein in Betracht
kommende Regelung des § 38 Abs. 2 Nr. 3 der Satzung über das Finanzwesen des X
(Finanzordnung X) in der Fassung vom 30. Oktober 2001 entgegen - zu einer Stundung
und Ratenzahlung (vgl. Nr. 1) hat sich der Beklagte bereits im Verwaltungsverfahren
und klarstellend erneut in der mündlichen Verhandlung bereit erklärt. Dabei mag offen
bleiben, ob und inwieweit ein Anspruch nach dieser Vorschrift die Rechtmäßigkeit eines
Gebührenbescheides überhaupt zu beeinflussen vermag und ob ein solcher Anspruch
ggf. mit einem hilfsweisen Verpflichtungsbegehren - welches die Durchführung eines
Vorverfahrens gemäß § 68 VwGO voraussetzt - geltend gemacht werden könnte. Das
durch § 38 der Finanzordnung X dem Beklagen eingeräumte Ermessen hat dieser in
nicht zu beanstandender Weise dahin ausgeübt, dem Kläger unter Berücksichtigung
seiner wirtschaftlichen Situation zwar eine Stundung und Ratenzahlung gemäß § 38
Abs. 2 Nr. 2 der Finanzordnung X nicht hingegen einen Erlass der Forderung zu
gewähren. Nach § 38 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 der Finanzordnung X dürfen Ansprüche ganz
oder teilweise erlassen werden, wenn ihre Einziehung nach Lage des einzelnen Falles
für den Schuldner eine besondere Härte bedeuten würde. Liegt indes eine besondere
Härte im Sinne dieser Vorschrift eindeutig nicht vor, ist die Versagung des begehrten
Erlasses der Forderung zwingend. Dies ist hier der Fall, wie sich aus obigen
Ausführungen zur Härte i. S. d. § 2 der VO ergibt. Soweit der Kläger in diesem
Zusammenhang auf seine wirtschaftliche Zwangslage verweist, muss er sich zugleich
auf sein eigenes Verschulden an der Ent-stehung dieser Lage verweisen lassen. Im Fall
der Erfüllung seiner Anzeigepflicht gemäß § 3 RgebStV und frühzeitigen Klärung der
Frage der Gebührenpflicht - und des Ausbaus bzw der Unbrauchbarmachung der
Empfangsteile - hätte er das Auflaufen dieser Ge- bührenschuld von vornherein
vermeiden können.
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Auch eine Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) in Gestalt einer
Ungleichbehandlung wurde vom Kläger in diesem Zusammenhang weder substantiiert
vorgetragen noch ist sie anhand sonstiger Umstände ersichtlich.
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Der Gebührenbescheid ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.
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Die für den Zeitraum Januar 1993 bis Dezember 2001 geltend gemachten Gebühren
wurden gemäß § 1 Abs. 1 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages vom 31. August
1991 (GV.NRW, S. 425), § 8 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages vom 26.
November 1996 (GV.NRW, S. 495), § 8 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages
i.V.m Art. 9 Nr. 4 des Fünften Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 6. Juli bis 7.
August 2000 (GV.NRW, S. 708, 709) zu Recht in Höhe von 2.877,36 DM erhoben.
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Demnach fiel für den Zeitraum Januar 1993 bis einschließlich Dezember 1996 eine
Rundfunkgebühr in Höhe von 1.142,40 DM (entsprechend 23,80 DM für 48 Monate) an,
von Januar 1997 bis Dezember 2000 in Höhe von 1.356,00 DM (entsprechend 28,25
DM für 48 Monate) und von Januar 2001 bis Dezember 2001 in Höhe von 378,96 DM
(entsprechend 31,58 DM für 12 Monate).
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO. Ein Fall des § 188 Satz 2
VwGO nach § 3 BefrVO liegt nicht vor.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1, 2
VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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