Urteil des VG Düsseldorf vom 24.04.2007

VG Düsseldorf: partg, bevölkerung, politische partei, kreis, begriff, sparkasse, gewalt, öffentlich, leistungsklage, versorgung

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 22 K 6375/04
Datum:
24.04.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
22. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
22 K 6375/04
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein Girokonto zu eröffnen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu
vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
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Der Kläger, der nach eigenen Angaben über kein eigenes Girokonto verfügt, ist ein
Kreisverband einer politischen Partei. Sein Wirkungsgebiet erstreckt sich auf den Kreis
N. Das Geschäftsgebiet der Beklagten umfasst außer dem Gebiet der Stadt E auch das
Gebiet der zum Kreis N gehörenden Stadt N1. Im Kreis N sind außer der Beklagten
auch die Stadtsparkassen I (Rheinland) und M, die Sparkasse I1-S1-W sowie die
Kreissparkasse E angesiedelt.
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Im Jahre 2004 bemühte sich der Kläger um die Eröffnung eines Girokontos bei der
Beklagten. Einen vom damaligen Kreisvorsitzenden des Klägers gestellten Antrag auf
Eröffnung eines Girokontos lehnte die N1er Filiale der Beklagten am 23. Januar 2004
fernmündlich ab. Mit an die Stadtsparkasse N1 gerichteten Schreiben vom 10. März
2004 wandte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers in dieser Angelegenheit an
die N1er Filiale des Beklagten und berief sich u.a. auf Art. 21 Abs. 1, Art 3 Abs. 1 GG
sowie § 5 PartG. Daraufhin teilte die Beklagte mit Schreiben vom 31. März 2004 mit, sie
sei Rechtsnachfolgerin der Stadtsparkasse N1; diese sei Anfang 2003 in die Beklagte
eingegliedert worden. In der Sache erklärte sie, nicht bereit zu sein, dem Kläger ein
Geschäftsgirokonto zu eröffnen. Zur Begründung führte sie aus, das Eröffnen und
Führen eines Girokontos stelle eine rein zivilrechtliche Angelegenheit dar. Ein
Kontrahierungszwang bestehe gemäß § 5 Abs. 2 Sparkassenverordnung nur
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hinsichtlich natürlicher Personen. Auf ein weiteres Schreiben des
Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 21. Mai 2004 änderte die Beklagte, die i. Ü.
Konten für andere politische Parteien bzw. deren Untergliederungen führt, ihre
ablehnende Haltung nicht.
Am 1. Oktober 2004 hat der Kläger Klage erhoben.
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Im Hinblick auf die Zulässigkeit der Klage trägt er vor, gemäß § 61 Nr. 2 VwGO
beteiligungsfähig zu sein. In der Sache sei die Beklagte verpflichtet, ihm ein Girokonto
zu eröffnen. Dies ergebe sich u.a. aus Art. 21 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG bzw. § 5
PartG. Als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts sei die Beklagte an die
Grundrechte gebunden. Die Beklagte führe auch für andere Kreisverbände politischer
Parteien Girokonten. Das Führen von Girokonten stelle sich als Zurverfügungstellen von
Einrichtungen bzw. als Erbringen öffentlicher Leistungen i.S.d. § 5 Abs. 1 PartG dar.
Allein wegen seiner politischen Ausrichtung dürfe dem Kläger die Eröffnung eines
Kontos nicht verweigert werden. Im Übrigen sei ein Girokonto unerlässlich für die
Entgegennahme von Spenden, zumal Spenden ab einer Höhe von 1.000,- Euro nur
über eine Kontoverbindung abgewickelt werden dürften. Schließlich sei bekannt, dass
private Kreditinstitute nicht bereit seien, dem Kläger ein Girokonto zu eröffnen.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, ihm ein Girokonto zu eröffnen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie trägt vor, bereits nicht die richtige Beklagte zu sein. Ihr Wirkungskreis erstrecke sich
nicht auf den Kreis N, der Hauptbetätigungsfeld des Klägers sei. Für die
Inanspruchnahme eines Trägers öffentlicher Gewalt im Rahmen des § 5 PartG könne es
nicht (allein) auf den Sitz der Partei ankommen, insbesondere wenn sich dieser aus
dem Wohnsitz des Vorsitzenden ergebe. Vielmehr sei die tatsächliche Ausdehnung des
Gebietsverbandes und dessen örtliches „Zentrum" bzw. dessen Bezeichnung
ausschlaggebend. In der Sache habe der Kläger keinen Anspruch auf Eröffnung eines
Girokontos. Die Beklagte sei nicht an die Grundrechte und an § 5 PartG gebunden.
Zumindest in Nordrhein-Westfalen sei die Führung von Girokonten für politische
Parteien nicht vom öffentlichen Auftrag der Beklagten gedeckt. § 3 Abs. 1
Sparkassengesetz erwähne lediglich die Versorgung der Bevölkerung und der
Wirtschaft, nicht aber der Parteien. Soweit dennoch Girokonten für politische Parteien
geführt würden, erfolge dies nicht im Bereich staatlicher Daseinsvorsorge. Die danach
verbleibende mittelbare Grundrechtsbindung führe nicht auf einen Anspruch auf
Kontoeröffnung. Es stehe der Beklagten wie jeder privaten Bank frei, eine
Geschäftsbeziehung nicht einzugehen. Anders als bei einer Kündigung stelle sich die
Verweigerung einer Kontoeröffnung nicht als willkürlich dar.
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Im Übrigen macht die Beklagte geltend, dass selbst dann kein Anspruch des Klägers
bestehe, wenn die Girokontoeröffnung Gegenstand ihres öffentlichen Auftrages sei.
Zunächst stelle § 5 Abs. 1 PartG lediglich eine Sollregelung dar. Darüber hinaus erfolge
eine Leistungsgewährung nach § 5 PartG nur abgestuft nach der Bedeutung der
Parteien. Für kleine Parteien folge daraus, dass Leistungen nicht für jeden beliebigen
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Kreisverband zu erbringen seien. Das gelte jedenfalls dann, wenn die Möglichkeit der
Mitnutzung von Konten des Bundes- oder Landesverbandes bestehe. Schließlich sei
auch die Bedeutung der Leistung für das politische Wirken der Partei zu
berücksichtigen. Hier stelle sich die Eröffnung eines Girokontos etwa gegenüber der
Gewährung von Sendezeiten im Rundfunk o.ä. als belanglos dar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten
wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet.
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Der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht ist eröffnet. Es handelt sich um eine öffentlich-
rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art i.S.d. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Insbesondere hat der Rechtsstreit öffentlich-rechtlichen Charakter, weil für das
Klagebegehren mit § 5 PartG eine Anspruchsgrundlage in Betracht kommt, die
öffentlich-rechtlicher Natur ist. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft und
auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist der Kläger beteiligtenfähig. Kreisverbände
politischer Parteien können im eigenen Namen Rechte geltend machen.
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BVerwG, Urteil vom 18. Juli 1969 - VII C 56.68 -, BVerwGE 32, 333 ff.
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Der Kläger hat die Klage auch gegen die richtige Beklagte gerichtet. Im Falle einer
allgemeinen Leistungsklage, für die § 78 VwGO keine Anwendung findet, ist die Klage
gegen diejenige Person zu richten, gegenüber der der Kläger das von ihm geltend
gemachte Recht behauptet. Das ist hier die Beklagte. Ob das behauptete Recht im
Hinblick auf die Beklagte tatsächlich besteht, ist demgegenüber eine Frage der
Begründetheit.
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Die Klage ist auch begründet.
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Der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihm ein Girokonto eröffnet.
Anspruchsgrundlage ist § 5 Abs. 1 Satz 1 PartG. Danach sollen alle Parteien gleich
behandelt werden, wenn ein Träger öffentlicher Gewalt den Parteien Einrichtungen zur
Verfügung stellt oder andere öffentliche Leistungen gewährt.
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Die Beklagte ist in diesem Sinne Trägerin öffentlicher Gewalt; sie ist gemäß § 2 des
Gesetzes über die Sparkassen sowie über die Sparkassen- und Giroverbände,
Bekanntmachung der Neufassung vom 10. September 2004 (GV NRW S. 521) - SpkG -
eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Mit der Einräumung von Girokonten
gewährt eine Sparkasse auch öffentliche Leistungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 PartG. Der
Leistungsbegriff in § 5 Abs. 1 Satz 1 PartG ist weit auszulegen. Von einer Leistung ist
dann auszugehen, wenn sie dem Begünstigten eine besondere Rechtsstellung gewährt,
die seinen Rechtskreis erweitert.
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BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1974 - VII C 42.72 -, BVerwGE 47, 280 ff. (s.a. Juris).
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Das ist bei der Eröffnung eines Girokontos der Fall. Die Errichtung eines solchen Kontos
stellt sich auch als öffentliche Leistung dar. Das ergibt sich aus dem insoweit
umfassenden öffentlichen Auftrag der Sparkassen zur Daseinsvorsorge u.a. im Bereich
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der geldwirtschaftlichen Leistungen. Dieser Auftrag, der trotz der zunehmenden
Angleichung an die Tätigkeiten privatrechtlicher Banken weiterhin besteht,
BVerfG, Beschluss vom 14. April 1987 - 1 BvR 775/84 -, DVBl. 1987, 844 ff. (s.a. Juris).
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folgt für nordrhein-westfälische Sparkassen aus § 3 Abs. 1 SpkG. Danach haben
Sparkassen die Aufgabe, der geld- und kreditwirtschaftlichen Versorgung der
Bevölkerung und der Wirtschaft insbesondere des Geschäftsgebiets und ihres
Gewährträgers zu dienen. Gemäß § 4 Abs. 1 SpkG dürfen die Sparkassen alle
banküblichen Geschäfte betreiben. Dabei ist nach § 3 Abs. 3 Satz 2 SpkG die Erzielung
von Gewinn nicht Hauptzweck des Geschäftsbetriebes.
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Das Einrichten eines Girokontos durch Sparkassen ebenfalls als Gewährung
öffentlicher Leistungen i.S.d. § 5 PartG ansehend: OVG Berlin, Beschluss vom 11. Mai
2004 - 3 S 57/04 -, NJW 2004, 3585; Schleswig-Holsteinisches VG, Urteil vom 6. Juli
2006 - 6 A 46/04 -, S. 6 des Urteilsabdrucks (n.v.); VG Berlin, Urteil vom 25. April 2006 -
2 A 62.05 -, Juris; vgl. auch OVG Hamburg, Beschluss vom 16. September 2002 - 1 Bs
243/02 -, S. 10 des Beschlussabdrucks (Kurztext: Juris).
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Der davon abweichenden Rechtsauffassung der Beklagten, der öffentliche Auftrag
bestehe ausweislich des Wortlauts nur hinsichtlich der Bevölkerung und der Wirtschaft,
wobei Parteien vom Begriff der Bevölkerung nicht erfasst seien, weshalb sich eine
Kontoeröffnung ihnen gegenüber als rein privatrechtliche Angelegenheit darstelle, folgt
die Kammer nicht. Eine Beschränkung des Begriffs „Bevölkerung" auf natürliche
Personen oder zumindest auf solche Personen, die nicht Parteien sind, lässt sich den
gesetzlichen Regelungen nicht entnehmen. Im Gegenteil ergibt sich aus der Verordnung
zur Regelung des Geschäftsrechts und des Betriebes der Sparkassen in Nordhrein-
Westfalen vom 15. Dezember 1995 (GV NRW S. 1255), zuletzt geändert durch Gesetz
vom 5. April 2005 (GV NRW S. 306) - SpkVO -, die auf der Grundlage des § 4 Abs. 2
SpkG ergangen ist, dass der Begriff der „Bevölkerung" weit zu verstehen ist. § 1 der
SpkVO greift zunächst die Formulierung des § 3 SpkG auf und legt den Grundsatz der
„geld- und kreditwirtschaftlichen Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft
insbesondere des Gewährträgergebiets (Geschäftsgebiets) und ihres Gewährträgers"
nieder. Gegenüber dem hier verwendeten Begriff der „Bevölkerung" ist in § 5 Abs. 2
SpkVO explizit von „natürlichen Personen" die Rede, zu deren Gunsten ein
Kontrahierungszwang besteht. Die Regelung macht deutlich, dass der Kreis der
„natürlichen Personen" offenbar als Einengung gegenüber dem Begriff der
„Bevölkerung" zu verstehen ist. Auch § 3 SpkVO, der „Personen mit Sitz oder
Niederlassung ..." nennt, ohne diese Personen auf solche der Wirtschaft zu
beschränken, lässt erkennen, dass mit „Bevölkerung" nicht nur natürliche Personen
gemeint sind. Erfasst der Begriff der „Bevölkerung" mithin nicht nur natürliche Personen,
ist auch nicht ersichtlich, aus welchen anderen Gründen Parteien vom öffentlichen
Auftrag der Sparkassen ausgeklammert sein sollten.
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In diesem Zusammenhang wird - ohne dass es rechtlich darauf ankommt - darauf
hingewiesen, dass die Realität des Geschäftsgebahrens der Beklagten darin besteht,
Girokonten für jedermann zu führen, und zwar auch für eine Reihe politischer Parteien.
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Diesen Umstand führt das OVG Berlin wohl als rechtliches Argument an: Beschluss vom
11. Mai 2004 - 3 S 57/04 -, NJW 2004, 3585.
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Ist das Führen von Girokonten für politische Parteien danach vom öffentlichen Auftrag
der Beklagten umfasst, besteht dieser Auftrag auch gegenüber dem Kläger. Dem steht
nicht entgegen, dass das Geschäftsgebiet der Beklagten (lediglich) das Gebiet der
Städte E und N1 erfasst, sich das Gebiet des klagenden Kreisverbandes jedoch auf den
gesamten Kreis N erstreckt, zu dem u.a. die Stadt N1 gehört. Gemäß § 3 SpkG und § 1
SpkVO besteht der öffentliche Auftrag der Sparkassen insbesondere für ihr
Geschäftsgebiet. Unabhängig von einem möglichen Sitz des Klägers, der sich mangels
Satzung nicht (ohne Weiteres) bestimmen lässt, befindet sich zumindest ein Teil des
Tätigkeitsgebiets des Klägers im Geschäftsgebiet der Beklagten. Allein dieser Umstand
genügt, um die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Beklagten zu begründen. Dass
der Kläger rechtlich die Möglichkeit hätte, sich (auch) an die im Kreisgebiet N ebenfalls
ansässigen Stadtsparkassen I (Rheinland) und M, die Sparkasse I1-S1-W oder an die
Kreissparkasse E zu wenden, ändert daran nichts. Vorschriften des Sparkassenrechts
oder andere rechtliche Normen, die bei derartigen „Mehrfachzuständigkeiten"
ausschließlich die Sparkasse zur Führung eines Girokontos verpflichtet, die den
flächenmäßig größten Teil des Betätigungsgebiets des Anspruchstellers abdeckt, gibt
es nicht. Darüber hinaus erstreckt sich die Aufgabe, die Bevölkerung und die Wirtschaft
mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen zu versorgen, nur „insbesondere" auf ihr
Geschäftsgebiet (§ 3 SpkG und § 1 SpkVO). Es ist einer Sparkasse mithin nicht von
vorneherein aus Rechtsgründen verwehrt, sich auch außerhalb ihres Geschäftsgebietes
zu betätigen. Explizite Einschränkungen für die Tätigkeit außerhalb des
Geschäftsgebiets bestehen im Übrigen auch nur für die Vergabe von Krediten (§ 3
SpkVO).
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Stellt sich das Führen eines Girokontos für den Kläger danach als Gewährung einer
öffentlichen Leistung dar, für deren Erbringung die Beklagte zuständig ist, liegt in der
Ablehnung der Eröffnung eines Girokontos für den Kläger eine Ungleichbehandlung
i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 PartG. Denn die Beklagte führt für andere politische Parteien
(z.B. die „D-Partei", die „T-Partei", „C1-Partei", die „G- Partei" sowie „M1-Partei")
ebenfalls Girokonten.
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Die darin liegende parteienrechtliche Diskriminierung ist unzulässig.
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Zunächst kann die Ungleichbehandlung durch die Beklagte nicht mit den politischen
Zielen des Klägers oder des Kreisverbandes P begründet werden. Die Qualifizierung
einer Partei als verfassungswidrig obliegt gemäß Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG allein dem
Bundesverfassungsgericht. Eine entsprechende Feststellung ist für die hinter dem
Kläger stehende Partei (bisher) nicht getroffen.
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Soweit die Beklagte vorträgt, § 5 Abs. 1 Satz 1 PartG lasse als Sollregelung Ausnahmen
von der Gleichbehandlung zu, führt dies nicht zu einer anderen Bewertung. § 5 Abs. 1
Satz 1 PartG vermittelt grundsätzlich einschränkungslos ein Recht auf
Gleichbehandlung. Obwohl der Wortlaut als Sollregelung ausgestaltet ist, normiert er vor
dem Hintergrund der in Art. 21 GG verfassungsrechtlich verbürgten parteienrechtlichen
Gleichbehandlung eine strikte Verpflichtung der Träger öffentlicher Gewalt.
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Henke, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Stand: Februar 2007, Band 4, Art. 21
Rn. 230; Klein in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Stand: November 2006, Band III, Art. 21
Rn. 306; vgl. auch Kunig, in: Handbuch des Staatsrechts, 1987, Band II, § 33 Rn. 64
sowie Streinz, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Bonner Grundgesetz, Kommentar, 4.
Auflage 2000, Band 2, Art. 21 Rn. 123.
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Unerheblich ist deshalb auch, ob die Möglichkeit besteht, ein Konto eines anderen
gleich- oder übergeordneten Parteiverbandes mitzunutzen.
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Schleswig-Holsteinisches VG, Urteil vom 6. Juli 2006 - 6 A 46/04 -, S. 6 des
Urteilsabdrucks (n.v.); VG Berlin, Urteil vom 25. April 2006 - 2 A 62.05 -, Juris.
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Auch der Einwand der Beklagten, die Führung eines Girokontos betreffe nicht den
Kernbereich der politischen Willensbildung, sondern sei eine unpolitische
Angelegenheit, weshalb der Gleichheitssatz nicht in der strengen Form gelte, kann nicht
zu einer abweichenden Beurteilung führen. Denn für eine derartige Differenzierung nach
der Bedeutung der öffentlichen Leistungen für die politische Willensbildung findet sich
im Gesetz kein Anhaltspunkt. Gleiches gilt für das Vorbringen der Beklagten, die
Sparkassen seien keine klassischen Träger öffentlicher Gewalt; weil sie im Wettbewerb
mit Privatbanken ständen, sei ihnen im Rahmen des § 5 PartG ein größerer
Handlungsspielraum einzuräumen. Eine derartige Differenzierung wäre vor dem
Hintergrund des Art. 21 GG im Übrigen auch nicht zulässig.
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Schließlich steht dem Anspruch des Klägers auch nicht, wie von der Beklagten geltend
gemacht, § 5 Abs. 1 Satz 2 PartG entgegen. Danach kann der Umfang der Gewährung
der öffentlichen Leistung nach der Bedeutung der Parteien bis zu dem für die Erreichung
ihres Zweckes erforderlichen Mindestmaß abgestuft werden. Aus dieser abgestuften
Leistungsgewährung folgt indes nicht, dass dem Kläger vor dem Hintergrund seiner
mangelnden Präsenz bei der letzten Kommunalwahl überhaupt keine Leistung zu
gewähren, d.h. kein Girokonto einzurichten ist. Denn die Abstufung betrifft ausweislich
des Wortlautes lediglich den „Umfang", nicht jedoch das „Ob" der Leistungsgewährung,
das im Übrigen alleiniger Gegenstand des Rechtsstreits ist. Aus der Norm ergibt sich
ferner, dass in jedem Fall ein gewisses Mindestmaß zuzusprechen ist, eine
Herabstufung „auf Null" mithin nicht in Betracht kommt.
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Offen bleiben kann, ob Fälle denkbar sind, in denen ein Anspruch aus § 5 Abs. 1 Satz 1
PartG zu versagen ist, weil sich die Geltendmachung des Anspruchs als offensichtlich
rechtsmissbräuchlich darstellt. Denn ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Der Kläger
begehrt die Eröffnung eines Girokontos nicht aus Motiven heraus, die rechtlich zu
missbilligen sind. Er ist schlicht an einer ortsnahen Abwicklung der Bankgeschäfte
interessiert.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 11,
711 ZPO. Dabei wendet die Kammer § 167 Abs. 2 VwGO wegen der Vergleichbarkeit
der Interessenlage auch auf die hier vorliegende Leistungsklage an, die nicht auf die
Zahlung einer Geldleistung gerichtet ist.
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Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO
zuzulassen. Die Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen einer politische Partei
gegenüber einem öffentlich-rechtlichen Kreditinstitut ein Anspruch auf Eröffnung eines
Girokontos zusteht, hat wegen der über den Einzelfall hinausgehenden Rechtsfragen
grundsätzliche Bedeutung.
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