Urteil des VG Düsseldorf vom 01.10.2003

VG Düsseldorf: berufliche tätigkeit, verfahrenskosten, unterhalt, rückübertragung, anteil, ausschuss, gesundheit, entstehungsgeschichte, gerichtsakte, rückabtretung

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 13 K 780/01
Datum:
01.10.2003
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
13. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 K 780/01
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben
werden, trägt die Klägerin.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
1
Am 28. April 1997 kam die Tochter der Klägerin, G, zur Welt. Im Zusammenhang mit der
Geburt beendete die Klägerin ihre berufliche Tätigkeit. Der Kindesvater leistete ihr
keinen Unterhalt. Infolgedessen gewährte ihr der Beklagte vom 1. Juli 1997 bis zum 31.
Mai 1998 - für 11 Monate - laufende Hilfe zum Lebensunterhalt.
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Am 1. August 1997 ermächtigte der Beklagte die Klägerin, Unterhalt im eigenen Namen
auch für die Vergangenheit geltend zu machen. Dementsprechend beantragte die
Klägerin am 15. September 1997 beim Amtsgericht L ratenfreie Prozesskostenhilfe für
eine auf Auskunft und Unterhalt gerichtete Stufenklage gegen den Kindesvater.
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Mit Schreiben vom 1. Oktober 1997 übertrug der Beklagte im Einvernehmen mit der
Klägerin ihre auf ihn übergegangenen Unterhaltsansprüche aus § 1615 l BGB zur
gerichtlichen Geltendmachung zurück und stellte zugleich klar, dass Kosten, durch die
der Hilfeempfänger auf Grund der Rückübertragung selbst belastet werde, durch den
Sozialhilfeträger getragen würden, soweit sie nicht durch die Rechtsberatungs- bzw.
Prozesskostenhilfe abgedeckt seien.
4
Am 25. März 1998 erkannte der Kindesvater die Vaterschaft an.
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Zum 1. Juni 1998 nahm die Klägerin wieder eine berufliche Tätigkeit auf.
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Mit Beschluss vom 3. Juni 1998 bewilligte das Amtsgericht L - 29 C 399/97 - der
Klägerin Prozesskostenhilfe. Mit Teilanerkenntnisurteil vom 24. Juni 1998 verurteilte das
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Amtsgericht L - 29 C 399/97 - den Kindesvater zur Auskunftserteilung über sein
Einkommen und Vermögen und behielt eine Kostenentscheidung dem Schlussurteil vor.
Mit Schreiben vom 11. September 1998 machte der Beklagte einen Anspruch in Höhe
von 10.401,41 DM gegenüber der Klägerin für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis zum 31. Mai
1998 geltend.
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Nach mehreren Änderungen beantragte die Klägerin mit Schriftsatz vom 24. Februar
1999 im Verfahren vor dem Amtsgericht L - 29 C 399/97 - unter der Voraussetzung zuvor
bewilligter Prozesskostenhilfe Zahlung von
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1. rückständigem Unterhalt in Höhe von insgesamt 17.607,50 DM nebst 4 % Zinsen aus
9.800,00 DM seit dem 30. April 1998 und nebst 4 % Zinsen aus weiteren 7.807,50 DM
seit dem 31. März 1998 sowie
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2.
11
3. ab dem 1. Februar 1999 monatlich laufenden Unterhalt von 867,50 DM bis zum 28.
April 2000.
12
4.
13
Für diesen Antrag bewilligte das Amtsgericht L mit Beschluss vom 8. April 1999
Prozesskostenhilfe.
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Durch Schlussurteil vom 6. Oktober 1999 verurteilte das Amtsgericht L - 29 C 399/97 -
den Kindesvater, der Klägerin rückständigen Unterhalt in Höhe von 3895,00 DM (19 x
205,00 DM für den Zeitraum vom 1. Juli 1997 bis zum 31. Januar 1999) nebst Zinsen
und ab dem 1. Februar 1999 laufenden Unterhalt in Höhe von 205,00 DM zu zahlen. Im
Übrigen wies es die Klage ab und auferlegte die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin
zu ¾, dem Kindesvater zu ¼. Den Streitwert setzte es hinsichtlich des rückständigen
Unterhalts auf 17.607,50 DM und hinsichtlich des künftigen Unterhalts auf 10.410,00 DM
fest.
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Die Klägerin legte gegen dieses Urteil Berufung ein und beantragte ratenfreie
Prozesskostenhilfe für den Antrag, den Kindesvater zur Zahlung von weiteren 8.676,30
DM nebst Zinsen und laufendem Unterhalt in Höhe von 558,20 DM monatlich vom 1.
Februar 1999 bis zum 28. April 2000 zu verurteilen. Das OLG E - 3 UF 320/99 - lehnte
den Prozesskostenhilfeantrag mit Beschluss vom 13. März 2000 ab, weil die
Berufungssumme nicht erreicht worden sei. Daraufhin nahm die Klägerin mit Schriftsatz
vom 17. März 2000 die Berufung zurück.
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Mit Schreiben vom 31. Mai 2000 beantragte die Klägerin beim Beklagten die
Übernahme der Gerichtskosten für die II. Instanz in Höhe von 285,00 DM und der Kosten
des Kindesvaters für die II. Instanz in Höhe von 634,50 DM, die sie zu tragen hatte.
Diesen Antrag ergänzte sie am 7. Juni 2000 um den Antrag auf Übernahme ihrer
Rechtsanwaltskosten für die II. Instanz in Höhe von 704,12 DM. Mit Bescheid vom 7.
August 2000 übernahm der Beklagte von den Kosten der II. Instanz 519,56 DM und
lehnte die Anträge im Übrigen ab. Dies begründete er wie folgt: Der vom AG L
ausgeurteilte Betrag belaufe sich nach der eigenen Forderungsaufstellung der Klägerin
auf 6970,00 DM. Für den Beklagten sei hiervon nur ein Teilbetrag von 2255,00 DM
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erstritten worden. Dies entspreche 32 % des Gesamtbetrages, weshalb auch nur 32 %
der Verfahrenskosten übernommen würden.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch.
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Unter dem 27. Oktober 2000 beantragte die Klägerin unter Bezugnahme auf den in
Ablichtung beigefügten Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts L - 29 C 399/97
- vom 17. Oktober 2000 und das Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten an die
Prozessbevollmächtigten des Kindesvaters vom 27. Oktober 2000 Erstattung der
festgesetzten Kosten in voller Höhe nebst Zinsen, insgesamt 2920,32 DM. Mit Bescheid
vom 3. November 2000 übernahm der Beklagte 32 v.H. von 2920,32 DM - 934,50 DM -
mit Begründung wie im Bescheid vom 7. August 2000. Auch hiergegen erhob die
Klägerin Widerspruch.
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Mit Bescheid vom 9. Januar 2001, der der Klägerin am 10. Januar 2001 zugestellt
wurde, wies der Landrat des Kreises L die Widersprüche der Klägerin nach Anhörung
zurück und begründete dies im Wesentlichen mit dem Wortlaut des § 91 Abs. 4 BSHG.
Er schloss sich der Rechtsauffassung des Beklagten an, dass nur 32 v.H. der
Gesamtkosten zu übernehmen seien, weil für den Beklagten auch nur 32 v.H. der
zugesprochenen Gesamtsumme erstritten worden seien.
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Die Klägerin hat am 12. Februar 2001 (einem Montag) Klage erhoben, mit der sie ihr
Begehren auf vollständige Übernahme der Verfahrenskosten des Unterhaltsprozesses
weiterverfolgt. Zur Begründung trägt sie vor: Aus dem Wortlaut des Gesetzes lasse sich
nicht herleiten, dass eine Kostenbeteiligung des Sozialhilfeträgers durch seinen Anteil
am durchgesetzten Unterhalt begrenzt werde. Der Gesetzgeber habe sicherstellen
wollen, dass der Hilfeempfänger nicht mit Kosten belastet werde. Die
Rückübertragungserklärung des Beklagten enthalte keinen Hinweis auf eine etwaige
Begrenzung des Unterhaltsanspruchs. Desweiteren sei für sie nicht erkennbar
gewesen, in welcher Höhe er einen eigenen Anteil am Unterhaltsanspruch beziffern
würde. Durch die vorangeschickten Prozesskostenhilfegesuche habe sie eigene
Ansprüche nur verfolgt, soweit diese nach Auffassung des Zivilgerichts Aussicht auf
Erfolg gehabt hätten.
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In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin die Auffassung vertreten, dass für die
Bestimmung des Anteils des Beklagten an den Verfahrenskosten jedenfalls nicht auf
den Streitwert der geltend gemachten Ansprüche, sondern auf den rechnerischen Wert
des rechtshängig gemachten Streitgegenstandes abzustellen sei, da der Streitwert die
Interessen der Beteiligten nicht in jedem Fall zutreffend widerspiegele.
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Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten unter entsprechender teilweiser Aufhebung der Bescheide vom 7. August
und 3. November 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landrates des
Kreises L vom 9. Januar 2001 zu verpflichten, ihr die mit Anträgen vom 31. Mai, 7. Juni
und 27. Oktober 2000 geltend gemachten Gerichtskosten in voller Höhe zu erstatten.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er nimmt zur Begründung auf den Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2001 Bezug
und ergänzt die dortigen Ausführungen: Eine Begrenzung des rückübertragenen
Unterhaltsanspruchs lasse sich sehr wohl aus dem Wortlaut des Gesetzes ableiten.
Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 BSHG gehe ein Unterhaltsanspruch, den ein Hilfeempfänger
für die Zeit der Hilfegewährung nach Bürgerlichem Recht habe, bis zur Höhe der
geleisteten Hilfe zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den
Sozialhilfeträger über. Da der Forderungsübergang durch die Höhe der
Sozialhilfeleistungen und die Zeit der Hilfegewährung begrenzt sei, habe es in der
Erklärung über den rückübertragenen Unterhaltsanspruch vom 1. Oktober 1997 auch
nicht mehr eines besonderen Hinweises bedurft. Entsprechend seien lediglich die
Kosten des Verfahrens in anteiliger Höhe zu übernehmen.
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Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die
Gerichtsakte dieses Verfahrens, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten
und den Widerspruchsvorgang des Landrats des Kreises Kleve sowie die Gerichtsakte
des Amtsgerichts L - 29 C 399/97 - Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Klage ist nicht begründet.
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Die angegriffenen Bescheide verletzen die Klägerin unabhängig von der Frage ihrer
Rechtswidrigkeit nicht in ihren Rechten; sie hat keinen Anspruch auf Übernahme von
Verfahrenskosten über das bereits Gewährte hinaus, § 113 Abs. 5 Satz 1
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
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Als Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin kommt allein § 91 Abs. 4 Satz 2
Bundessozialhilfegesetz (BSHG) in Betracht. Diese trägt ihr Begehren nicht.
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Nach § 91 Abs. 4 Satz 2 BSHG sind Kosten zu übernehmen, mit denen der
Hilfeempfänger dadurch selbst belastet wird, dass er ihm gemäß Satz 1 der Vorschrift
vom Sozialhilfeträger einvernehmlich rückübertragene eigene Unterhaltsansprüche
gerichtlich geltend macht, die nach § 91 Abs. 1 Satz 1 BSHG auf den Sozialhilfeträger
übergegangen sind. Gemäß dieser Vorschrift gehen Unterhaltsansprüche nach dem
BGB, die einem Hilfeempfänger für die Zeit der Hilfegewährung gegen einen Dritten
zustehen, bis zur Höhe der geleisteten Hilfe auf den Sozialhilfeträger über.
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Der Klägerin standen im Zeitraum der Hilfegewährung durch den Beklagten
Unterhaltsansprüche nach § 1615 l BGB gegen den Vater ihrer Tochter G zu. Diese
gingen in Höhe der Hilfegewährung nach § 91 Abs. 1 Satz 1 BSHG auf den Beklagten
über. Der Beklagte hat diese Unterhaltsansprüche auf die Klägerin nach § 91 Abs. 4
Satz 1 BSHG zur gerichtlichen Geltendmachung rückübertragen.
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Der Klägerin sind aber jedenfalls nicht mehr Kosten als die vom Beklagten bereits
festgesetzten 1454,06 DM dadurch entstanden, dass sie die ihr vom Beklagten
rückübertragenen Unterhaltsansprüche geltend gemacht hat.
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Schon der Wortlaut des § 91 Abs. 4 Satz 2 BSHG („dadurch") legt nahe, dass eine
Kostenübernahme nur insofern verlangt werden kann, als die Kosten durch die
gerichtliche Geltendmachung von rückübertragenen Unterhaltsansprüchen verursacht
werden. Bei verständiger Würdigung wird man dies als Bezugnahme auf Satz 1
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verstehen müssen, sodass sämtliche Kosten zu übernehmen sind, die dem
Hilfeempfänger durch Rückübertragung, gerichtliche Geltendmachung, Beitreibung
titulierter Unterhaltsforderungen und Rückabtretung der Unterhaltsansprüche auf den
Sozialhilfeträger entstehen.
Vgl. Schellhorn/Schellhorn, BSHG, 16. Aufl., 2002, § 91 Rn. 133.
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Dieses Verständnis entspricht auch dem Zweck der Vorschrift, der darin liegt zu
vermeiden, dass Hilfeempfänger, denen auf Sozialhilfeträger nach § 91 BSHG
übergegangene Unterhaltsansprüche zur treuhänderischen gerichtlichen
Geltendmachung rückübertragen werden, mit zusätzlichen Kosten belastet werden.
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Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit (14.
Ausschuss) vom 28. Februar 1996, BTDrucks. 13/3904, S. 46 „Zu § 91 Abs. 4"; so auch
Schellhorn/Schellhorn, a. a. O., und Fichtner, BSHG, § 91, Rn. 85.
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Dieser Normzweck ist der Entstehungsgeschichte der Vorschrift zu entnehmen. § 91
Abs. 4 Satz 2 BSHG wurde durch das Gesetz zur Reform des Sozialhilferechts vom 23.
Juli 1996 (BGBl. I S. 1088) in das BSHG eingefügt. Im Entwurf der Bundesregierung
(BTDrucks. 13/2440) war die Vorschrift nicht enthalten. Sie wurde erst während der
Beratungen im zuständigen Ausschuss für Gesundheit des Bundestages in den Entwurf
eingefügt,
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vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit (14.
Ausschuss) vom 28. Februar 1996, a. a. O., S. 16,
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und letztlich vom Bundestag beschlossen. Die Begründung des Ausschusses äußert
sich zum gesamten neu eingefügten Abs. 4 wie folgt:
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„Die Ergänzung des Absatzes 4 korrigiert die überwiegende Rechtsprechung, die nach
Einführung des gesetzlichen Forderungsüberganges die Rückübertragung des
Unterhaltsanspruches zur gerichtlichen Durchsetzung für nicht mehr zulässig erklärt hat.
Dies hat zu einer spürbaren Verwaltungsmehrbelastung geführt. Die Neuregelung
schließt aber aus, dass der Hilfeempfänger in Folge der Rückübertragung mit
zusätzlichen Kosten belastet wird." (Ausschussbericht, a. a. O., S. 46 „Zu § 91 Abs. 4")
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Der Sinn der Neuregelung wird zum einen zutreffend darin gesehen, die einheitliche
Prozessführung in Bezug auf übergegangene Ansprüche, weiter gehende eigene
Ansprüche für die Vergangenheit und in Bezug auf künftige Ansprüche zu ermöglichen,
sowie den bisherigen Streit um die Zulässigkeit der Rückübertragung zu beenden und
die Verwaltungsmehrbelastung (durch getrennte Prozessführung) zu vermeiden.
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OLG Köln, Beschluss vom 31. Oktober 1996 - 14 WF 190/96 -, FamRZ 1997, 297 (298).
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Zum anderen soll die Vorschrift auch verhindern, dass Hilfeempfänger den
Sozialhilfeträger ohne behördliche Übernahme des damit verbundenen Kostenrisikos
arbeitsmäßig entlasten, indem sie den kraft Gesetzes übergegangenen Anspruch nach
Rückübertragung wieder selbst geltend machen.
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VG Münster, Urteil vom 28. März 2003 - 5 K 1522/00 - (Juris); Mergler/Zink, BSHG,
Loseblattkommentar, Stand März 2000, § 91 Rn. 108.4.
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Die Hilfeempfänger auch noch von solchen Verfahrenskosten zu entlasten, die ihnen
durch die allein in ihrem Interesse liegende Verfolgung eigener Unterhaltsansprüche
entstehen, widerspräche dagegen diesem Normzweck.
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Die Klägerin hat - wie in der mündlichen Verhandlung klargestellt wurde - beim
Beklagten die Übernahme von ihr durch den Unterhaltsprozess entstandenen Kosten in
Höhe von insgesamt 3899,44 DM beantragt.
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Diese Verfahrenskosten sind jedoch nicht in vollem Umfang durch die gerichtliche
Geltendmachung der rückübertragenen Unterhaltsansprüche im Sinne von § 91 Abs. 4
Satz 2 BSHG verursacht worden. Dies ergibt sich daraus, dass sie nur für den Zeitraum
vom 1. Juli 1997 bis zum 31. Mai 1998 rückübertragene Unterhaltsansprüche für den
Beklagten eingeklagt hat.
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Mehr als die vom Beklagten bereits übernommenen anteiligen Verfahrenskosten sind
nicht durch die gerichtliche Geltendmachung der rückübertragenen Ansprüche
entstanden.
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Dies kann allerdings nicht auf die Rechtsauffassung des Beklagten gestützt werden.
Dieser geht von einer anteiligen Verpflichtung zur Kostenübernahme aus, die sich -
ergebnisbezogen - aus dem Verhältnis des für den Sozialhilfeträger erstrittenen
Betrages zum gesamten ausgeurteilten Betrag ergibt. Die Kammer folgt diesem nach
dem Wortlaut der Vorschrift nicht ausgeschlossenen Ansatz nicht. Er ist mit der
Entstehungsgeschichte und dem Sinn und Zweck von § 91 Abs. 4 Satz 2 BSHG nicht
vereinbar. Wenn der Sozialhilfeträger Kosten nur entsprechend seinem Anteil am
erstrittenen Betrag zu tragen hätte, läge das Prozessrisiko beim treuhänderisch
behördliche Ansprüche geltend machenden Hilfeempfänger. Dass ein Prozessrisiko
auch durch sachgerechte anwaltliche Vertretung und Prozessführung nicht vollständig
ausgeschlossen werden kann, verdeutlicht der zu entscheidende Sachverhalt
anschaulich. Somit würde der Hilfeempfänger mit dem Prozessrisiko und dadurch mit
möglichen Kosten belastet.
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Dem Zweck des § 91 Abs. 4 Satz 2 BSHG entspricht es hingegen, wenn der durch den
Sozialhilfeträger zu übernehmende Kostenanteil durch den Anteil der für ihn geltend
gemachten Unterhaltsansprüche an den insgesamt geltend gemachten Ansprüchen
bestimmt wird. So ist sichergestellt, dass die Behörde am allgemeinen Prozessrisiko in
sachgerechtem Umfang beteiligt ist. Dies hat jedenfalls in einem Fall wie dem
vorliegenden zu gelten, in dem der Hilfeempfänger alles ihm Mögliche getan hat, um
das Prozessrisiko so gering wie möglich zu halten.
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Die Frage, worauf bei der Berechnung des für den Sozialhilfeträger geltend gemachten
Anteils an den eingeklagten Unterhaltsansprüchen abzustellen ist, bedarf keiner
Entscheidung. In Betracht käme insofern einerseits der rechnerische Wert des geltend
gemachten Streitgegenstandes, andererseits der nach den prozessrechtlichen Regeln
festgesetzte Streitwert. Auf diese Frage kommt es jedoch nicht an, weil der Klägerin
nach beiden Berechnungsweisen nicht mehr zu gewähren ist, als durch die
angegriffenen Bescheide bereits übernommen wurde.
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Ausgehend vom Streitgegenstand hat die Klägerin im Unterhaltsprozess gegen den
Kindesvater insgesamt einen Betrag von 30.620,00 DM geltend gemacht. Für den
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Beklagten hat sie einen Betrag von 10.326,06 DM eingeklagt, dessen Berechnung sich
im Wesentlichen dem Vermerk des Beklagten vom 10. September 1998 (Beiakte 2, Bl.
36) entnehmen lässt. Der dort errechnete Betrag von 10.401,41 DM war - wie in der
mündlichen Verhandlung geklärt - für Mai 1998 um 112,50 DM zu vermindern. Daraus
folgt, dass 33,72 v.H. des Streitgegenstandes für den Beklagten geltend gemacht
wurden (10.326,06 DM / 30.620,00 DM). Dieser Vom-Hundert-Satz von den
Verfahrenskosten entspricht 1315,02 DM.
Der Streitwert des Unterhaltsprozesses weicht nur auf Grund der Regelung in § 17 Abs.
1 Gerichtskostengesetz (GKG) vom geltend gemachten Streitgegenstand ab. Er beläuft
sich (wie im Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Kleve - 29 C 399/97 - vom
17. Oktober 2000 festgesetzt) auf 28.017,50 DM. Hiervon wurden für den Beklagten
36,86 v.H. geltend gemacht. Dies entspricht einem Anteil an den Verfahrenskosten von
1437,17 DM.
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Festgesetzt wurde vom Beklagten jedoch eine Kostenübernahme von 1454,06 DM.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Zulassung der Berufung beruht auf §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die
entschiedenen Fragen haben grundsätzliche Bedeutung und sind bisher noch nicht
verwaltungsgerichtlich entschieden.
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