Urteil des VG Düsseldorf vom 27.09.2006

VG Düsseldorf: grundstück, stadt, breite, amtsblatt, fahrbahn, klagebegehren, eigentümer, hauptsache, vollstreckung, gesamteindruck

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 16 K 3526/05
Datum:
27.09.2006
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
16. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
16 K 3526/05
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Tatbestand:
1
Die Klägerin ist Eigentümerin des G1 in E. Dieses Grundstück ist über einen von der K-
Straße abzweigenden Stichweg zu erreichen, an den es mit seiner 7 m langen
Schmalseite angrenzt; darüber hinaus hat es eine dem Hauptzug der K-Straße
zugewandte 44 m lange Grundstücksseite. Bei dem vom Hauptzug der Straße etwa
rechtwinklig abzweigenden Stichweg handelt es sich den Angaben der Klägerin zufolge
um eine mit Kraftfahrzeugen befahrbare asphaltierte Straße von ca. 3 m Breite und 50 m
Länge, nach Angaben des Beklagten ist der Stichweg etwa 2,50 m breit und 37,50 m
lang. Der im Eigentum der Stadt stehende Stichweg erschließt die mit
Einfamilienreihenhäusern bebauten Grundstücke K-Straße 00 - 00, ferner grenzen die
rückwärtigen Grundstücksseiten der Häuser K-Straße 00 - 00 an. Der Hauptzug der K-
Straße weist eine ca. 5 m breite asphaltierte Fahrbahn sowie einen ca. 2 m breiten
gepflasterten Gehweg auf.
2
Mit Gebührenbescheid vom 10. Januar 2005 zog der Beklagte die Klägerin zu
Straßenreinigungsgebühren für das Jahr 2005 in Höhe von 158,40 Euro heran, wobei er
bei seiner Berechnung 44 Hinterliegermeter und einen Gebührensatz von 3,60 Euro für
die einmal wöchentliche Fahrbahnreinigung zugrunde legte. Mit Änderungsbescheid
vom 30. März 2005 reduzierte der Beklagte die Straßenreinigungsgebühren auf 25,20
Euro. Er legte seiner Heranziehung nunmehr die kurze, an den Stichweg angrenzende
Grundstücksseite mit 7 Frontmetern zugrunde.
3
Hiergegen legte die Klägerin am 27. April 2005 Widerspruch ein, den der Beklagte mit
Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2005 als unzulässig zurückwies. Er führte hierzu aus,
dass der Gebührenbescheid vom 10. Januar 2005 bestandskräftig geworden sei und der
nun angefochtene Gebührenbescheid die bisherige Gebührenhöhe nur mindere. Dieser
Gebührenbescheid beschwere die Klägerin nicht, da mit diesem keine neuen oder
höheren Gebühren festgesetzt sondern lediglich die bereits zu Jahresbeginn
festgesetzten Straßenreinigungsgebühren reduziert worden seien. Der
Widerspruchsbescheid wurde am 8. Juli 2005 zugestellt
4
Die Klägerin hat am 8. August 2005 Klage erhoben. Sie macht geltend: Der Bescheid
vom 10. Januar 2005 liege ihr bis heute nicht vor. Ihr Grundstück werde ausschließlich
durch den Stichweg erschlossen. Dieser sei eine selbständige Erschließungsanlage,
die nicht durch die Stadt sondern durch die Anlieger gereinigt werde. Die zusätzliche
Erhebung von Straßenreinigungsgebühren für den Hauptzug der K-Straße
widerspreche dem Grundsatz der Gebührengerechtigkeit, da sie dadurch doppelt
verpflichtet werde. Der Beklagte dürfe den Anliegern ohnehin nicht gleichzeitig die
Reinigung und die Gebührenzahlungspflicht auferlegen, dies gelte auch dann, wenn
man die Stichstraße als unselbständigen Bestandteil der K-Straße betrachte.
5
Nachdem der Rat der Landeshauptstadt Düsseldorf u.a. für das Jahr 2005 neue
Gebührensätze beschlossen hatte, reduzierte der Beklagte in der mündlichen
Verhandlung seine Gebührenforderung um 1,68 Euro auf 23,52 Euro.
6
Die Klägerin beantragt,
7
den Bescheid des Beklagten vom 10. Januar 2005 in der Fassung des
Änderungsbescheides vom 30. März 2005 und der in der mündlichen Verhandlung vom
27. September 2006 abgegebenen Erklärung sowie den Widerspruchsbescheid vom 5.
Juli 2005 insoweit aufzuheben, als darin Straßenreinigungsgebühren festgesetzt
worden sind.
8
Der Beklagte beantragt,
9
die Klage abzuweisen.
10
Er weist darauf hin, dass der Stichweg die Ausmaße eines unselbständigen
Fußgängerweges habe und praktisch nicht für ein Befahren mit Kraftfahrzeugen
ausgelegt sei. Auf dem Hauptzug der K-Straße würden Gebühren für die Fahrbahn- und
Gehwegreinigung erhoben. Gegenüber der Klägerin seien nur Gebühren für die
Fahrbahnreinigung festgesetzt worden, nicht jedoch Gebühren für die
Gehwegreinigung, da diese aufgrund der eigenen Reinigungsleistung der Klägerin
entfielen. Damit liege eine unzulässige Doppelverpflichtung nicht vor.
11
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den
Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
12
Entscheidungsgründe:
13
Die Klage hat, soweit das Verfahren nicht in der Hauptsache erledigt ist, keinen Erfolg.
14
Dabei kann letztlich offen bleiben, ob sich dies schon daraus ergibt, dass die Klägerin
15
nicht rechtzeitig Widerspruch gegen den Bescheid vom 10. Januar 2005 eingelegt hat.
Jedenfalls ist die Klage in der Sache unbegründet.
Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Klägerin zu Straßenreinigungsgebühren für
das Jahr 2005 ist die Satzung über die Reinigung der öffentlichen Straßen in der
Landeshauptstadt Düsseldorf vom 13. Dezember 1991 (Düsseldorfer Amtsblatt Nr. 51
vom 21. Dezember 1991) in der Fassung der 12. Änderungssatzung vom 21. Dezember
2004 (Düsseldorfer Amtsblatt Nr. 51/52 vom 25. Dezember 2004) und der 14.
Änderungssatzung vom 15. Dezember 2005 (Düsseldorfer Amtsblatt Nr. 50/51) - SRS -.
16
Nach § 5 Satz 1 SRS erhebt die Stadt E für die von ihr durchgeführte Reinigung der
öffentlichen Straßen Benutzungsgebühren nach § 6 Abs. 2 Kommunalabgabengesetz
Nordrhein-Westfalen (KAG) in Verbindung mit § 3 Straßenreinigungsgesetz Nordrhein-
Westfalen (StrReinG NRW). Maßstab für die Benutzungsgebühr sind hierbei gemäß § 6
Abs. 1 SRS grundsätzlich die Grundstücksseiten entlang der Straße (Frontlänge), durch
die das Grundstück erschlossen ist, und die Zahl der wöchentlichen Reinigungen.
Bedenken gegen die formelle und materielle Wirksamkeit dieser Regelung bestehen
nicht.
17
Der in § 6 SRS enthaltene, in Abs. 2 - 6 weiter modifizierte Frontmetermaßstab, der die
Heranziehung sowohl nach Frontmetern als auch nach Hinterliegermetern vorsieht,
stellt nach der Rechtsprechung einen zulässigen grundstücksbezogenen
Wahrscheinlichkeitsmaßstab i.S.v. § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG dar,
18
vgl. OVG NRW, Urteil vom 17April 1997 - 9 A 6636/95 -; BVerwG, Beschluss vom 19.
März 1981 - 8 B 10.81 -, NJW 1981, 2314 = KStZ 1981, 110; BVerfG, Beschluss vom 17.
Februar 1982 - 1 BvR 863/81 u.a. -, ZKF 1982, 213.
19
der geeignet ist, die Kosten der Straßenreinigung vorteilsgerecht im Sinne von § 3 Abs.
2 StrReinG, § 6 Abs. 3 KAG und unter Beachtung von Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG)
auf die Eigentümer der von der gereinigten Straße erschlossenen Grundstücke zu
verteilen,
20
vgl. OVG NRW, Urteil vom 31. August 1989 - 9 A 469/87 -; Urteil vom 28. Juli 1987 - 22
A 2153/85 -.
21
Seinen Satzungsregelungen folgend hat der Beklagte für das klägerische Grundstück zu
Recht eine Frontlänge von 7 m entlang des Stichweges zu Grunde gelegt. Dies ist die
Länge der Grundstücksseite entlang der Straße, durch die das Grundstück erschlossen
wird und seine unmittelbare Zugangsmöglichkeit besitzt. Denn erschlossen im Sinne
des § 6 Abs. 1 SRS ist das Grundstück der Klägerin durch die K-Straße, die aus dem
Hauptzug und u.a. dem Stichweg besteht, an dem das Wohngrundstück der Klägerin
liegt. Der Hauptzug und dieser Stichweg bilden eine einheitliche Erschließungsstraße
im Sinne der Satzungsbestimmung. Denn nach dem Gesamteindruck, der sich u.a. aus
dem vorliegenden Kartenmaterial und den Angaben der Beteiligten ergibt, kommt
diesem Stichweg nach Verkehrsfunktion, Ausstattung, räumlichen Umfang und Ausbau
nicht das nötige Gewicht zu, um ihm selbst eine eigenständige Erschließungsfunktion
im Sinne des § 3 Abs. 1 StrReinG und damit der Satzungsbestimmung zusprechen zu
können. Der Stichweg dient lediglich der Erschließung von 6 Einfamilienhäusern und
der rückwärtigen Andienung weiterer 6 Grundstücke, er eignet sich - anders als der
Hauptzug der K-Straße - schon aufgrund seiner geringen Breite allenfalls für
22
gelegentlichen Andienungsverkehr. Schließlich ist er im Vergleich zum Hauptzug
erheblich kürzer als dieser und erweckt somit insgesamt den Eindruck eines
untergeordneten Anhängsels an den Hauptzug. Bilden Hauptzug und Stichweg eine
einheitliche Erschließungsstraße im Sinne der Satzungsbestimmung, ist das
Grundstück der Klägerin mit seiner an die Straße angrenzenden Frontlänge
heranzuziehen, da dies der Teil des Grundstücks ist, der an die K-Straße angrenzt.
Ohne Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Gebührenbescheides ist
der Umstand, dass auf diesem Stichweg keine Reinigung durch die Stadt erfolgt. Laut
Straßenverzeichnis ist die Reinigung der Stichwege der K-Straße als Gehwegreinigung
den Anliegern übertragen. Entsprechende Gebühren für eine Gehwegreinigung hat der
Beklagte aber auch nicht festgesetzt sondern ausschließlich den Gebührensatz für eine
einmal wöchentliche Fahrbahnreinigung, sodass eine unzulässige Doppelverpflichtung
der Klägerin nicht vorliegt.
23
Die Heranziehung sämtlicher Anlieger des Stichwegs bzw. der Stichwege der K-Straße
zu Straßenreinigungsgebühren führt auch nicht zu einer Doppelerhebung von
Gebühren. Die Frontmeter bilden lediglich den Maßstab, nach dem die Gesamtkosten
der Straßenreinigung auf die Eigentümer der durch eine gereinigte Straße
erschlossenen Grundstücke verteilt werden. Durch die Einbeziehung sämtlicher
Anlieger sowie auch der Hinterlieger- und Teilhinterliegergrundstücke bei der Ermittlung
der Gebührensätze steigt die Gesamtzahl der zu berücksichtigenden
Veranlagungsmeter, durch die die gesamten ansetzbaren Kosten der Straßenreinigung
in der Stadt zu teilen sind, mit der Folge, dass sich der Gebührensatz pro
Veranlagungsmeter mindert; sie führt folglich nicht zu einer Mehrfacherhebung von
Gebühren für dieselbe Reinigungsleistung,
24
vgl. hierzu auch OVG NRW, Urteil vom 31. August 1989 - 9 A 469/87 -, OVGE 41, 224,
und Urteil des VG Düsseldorf vom 30. September 2003 - 16 K 4543/02 -.
25
Da dieser Reinigungsvorteil der regelmäßig stattfindenden Fahrbahnreinigung für die
Klägerin gleichermaßen wie für die anderen durch die K-Straße erschlossenen
Grundstücke besteht, begegnet diese Art der Heranziehung auch unter dem
Gesichtspunkt der Gebührengerechtigkeit keinen Bedenken.
26
Der vom Beklagten zugrunde gelegte Gebührensatz ist gleichfalls nicht zu beanstanden.
Einwendungen gegen die Höhe des Gebührensatzes hat die Klägerin weder geltend
gemacht noch sind diese sonst ersichtlich.
27
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Soweit
der Beklagte in der mündlichen Verhandlung seine Gebührenforderung reduziert hat,
haben die Parteien zwar nicht ausdrücklich zu Protokoll, wohl aber sinngemäß
entsprechende Hauptsacherledigungserklärungen abgegeben, sodass über die Kosten
insoweit gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen zu entscheiden war. Auch
wenn der Beklagte dem Klagebegehren teilweise entsprochen und die angefochtenen
Gebühren von 25,20 Euro auf 23,52 Euro reduziert hat, ist dieser Betrag (1,68 Euro) im
Verhältnis zum abgewiesenen Klagebegehren gering und verursacht keine zusätzlichen
Kosten, weshalb der Klägerin in Anlehnung an § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO auch die
Kosten hinsichtlich dieses in der Hauptsache erledigten Teils des Verfahrens auferlegt
worden sind.
28
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§
708 Nr. 11, 711 ZPO.
29
Gründe für die Zulassung der Berufung nach §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4
VwGO liegen nicht vor.
30
31