Urteil des VG Düsseldorf vom 07.04.2006

VG Düsseldorf: vergnügungssteuer, steuersatz, stadt, saldo, veranlagung, durchschnitt, satzung, vertreter, zahl, verfügung

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 25 K 1327/05
Datum:
07.04.2006
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
25. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
25 K 1327/05
Tenor:
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klägerin die Klage durch
Einschränkung des Klageantrags teilweise zurückgenommen hat.
Ferner wird das Verfahren eingestellt, soweit die Parteien es teilweise in
der Hauptsache konkludent für erledigt erklärt haben.
Der Vergnügungssteuerbescheid des Beklagten vom 7. Januar 2005 in
der Fassung des Änderungsbescheides des Beklagten vom 28. März
2006 sowie der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 18. Februar
2005 werden aufgehoben, soweit die Klägerin zu Vergnügungssteuer für
Geldspielgeräte in Spielhallen herangezogen worden ist.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu ¼ und der Beklagte
zu ¾.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige
Schuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige
Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe
leistet.
Tatbestand:
1
Die Klägerin betreibt ein Unternehmen zur Aufstellung von Automaten mit und ohne
Gewinnmöglichkeit in Spielhallen.
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Mit Vergnügungssteuerbescheid vom 7. Januar 2005 zog der Beklagte die Klägerin für
die in der Spielhalle T1 Straße 186, M, aufgestellten Automaten für die Zeit von Januar
bis Dezember 2005 zu Vergnügungssteuer in Höhe von insgesamt 38.040,00 Euro
heran. Dem liegt folgende Berechnung zugrunde: 8 Apparate mit Gewinnmöglichkeit in
Spielhallen x 300,00 Euro / Steuersatz pro Apparat pro Monat, 11 Apparate ohne
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Gewinnmöglichkeit in Spielhallen x 70,00 Euro / Steuersatz pro Apparat pro Monat.
Der gegen die Heranziehung gerichtete Widerspruch der Klägerin wurde durch den
Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 18. Februar 2005 - zugestellt am 22. Februar
2005 - als unbegründet zurückgewiesen.
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Mit der am 22. März 2005 erhobenen Klage, die sich gegen den
Vergnügungssteuerbescheid des Beklagten vom 7. Januar 2005 in vollem Umfang
richtet, macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die Vergnügungssteuersatzung sei
hinsichtlich der Steuersätze für Spielgeräte in Spielhallen verfassungswidrig, da die
festgesetzten Pauschalsätze erdrosselnde Wirkung aufwiesen.
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In der mündlichen Verhandlung vom 7. April 2006 hat der Beklagte den an die Klägerin
gerichteten Vergnügungssteuerbescheid vom 28. März 2006 zu den Akten gereicht.
Daraus ergibt sich, dass auf der Grundlage der Steuerberechnung nach den
Einspielergebnissen die Vergnügungssteuer von Januar bis Dezember 2005 für
Apparate mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen von 28.800,00 Euro auf 19.363,08 Euro
ermäßigt worden ist.
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Die Klägerin beantragt,
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den Vergnügungssteuerbescheid des Beklagten vom 7. Januar 2005 in der Fassung
des Änderungsbescheides des Beklagten vom 28. März 2006 sowie den
Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 18. Februar 2005 insoweit aufzuheben, als
die Veranlagung Apparate mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen betrifft.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen,
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wobei er sich im wesentlichen auf die Gründe der angefochtenen Bescheide bezieht.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den
Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten
Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Soweit die Klägerin die Klage durch Einschränkung des Klageantrags teilweise
hinsichtlich der Veranlagung der Apparate ohne Gewinnmöglichkeit in Spielhallen
zurückgenommen hat, war das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3
VwGO).Gleichermaßen war das Verfahren zur Klarstellung einzustellen (§ 92 Abs. 3
VwGO analog), soweit die Parteien das Verfahren konkludent teilweise in der
Hauptsache für erledigt erklärt haben, indem die Veranlagung für Apparate mit
Gewinnmöglichkeit in Spielhallen von ursprünglich 28.800,00 Euro auf 19.363,08 Euro
ermäßigt worden ist.
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Der angefochtene Vergnügungssteuerbescheid des Beklagten vom 7. Januar 2005 in
der durch den Änderungsbescheid des Beklagten vom 28. März 2006 ermäßigten
Fassung sowie der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 18. Februar 2005 sind
rechtswidrig, soweit die Klägerin zu Vergnügungssteuer für Geldspielgeräte in
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Spielhallen herangezogen worden ist; insoweit verletzten die
Vergnügungssteuerbescheide die Klägerin mithin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1
VwGO).
Die Satzung über die Erhebung von Vergnügungssteuer in der Stadt M.
(Vergnügungssteuersatzung) vom 18. Dezember 2003 bildet für die Heranziehung zu
Vergnügungssteuer keine wirksame Rechtsgrundlage, soweit es sich um die
Veranlagung von Geldspielgeräten in Spielhallen handelt.
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§ 8 dieser Vergnügungssteuersatzung lautet - soweit maßgeblich -:
17
„Abs. 2 Die Steuer beträgt je Apparat und angefangenen Kalendermonat bei der
Aufstellung
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1. in Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen (§ 1 Nr. 5a) bei
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a) Apparaten mit Gewinnmöglichkeit 300,00 Euro".
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Dieser insoweit verwendete Stückzahlmaßstab bei der Spielautomatensteuer ist nicht
rechtswirksam. Der in einer Vergnügungssteuersatzung verwendete Erhebungsmaßstab
nach der Stückzahl der Spielautomaten weist nicht den durch Art. 105 Abs. 2a GG
gebotenen zumindest lockeren Bezug zum Vergnügungsaufwand der Spieler auf, wenn
Einspielergebnisse von Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit mehr als 50 % von dem
Durchschnitt der Einspielergebnisse dieser Automaten im Satzungsgebiet abweichen,
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vgl. BVerwG, Urteil vom 13. April 2005 - 10 C 5/04 -.
22
Die Verfassungsbestimmung des Art. 105 Abs. 2a GG, die die Gesetzgebungsbefugnis
für die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern regelt, verpflichtet den Normgeber, bei
der Wahl des Steuermaßstabs den Charakter der Vergnügungssteuer als
Aufwandsteuer zu wahren. Dies verlangt die Wahl eines Maßstabs, der einen zumindest
lockeren Bezug zum eigentlichen Steuergut, dem Vergnügungsaufwand des Spielers,
aufweist. Dem Normgeber verbleibt zwar ein weiter Gestaltungsspielraum, der Maßstab
muss aber grundsätzlich geeignet sein, den zu besteuernden Vergnügungsaufwand
jedenfalls entfernt abzubilden. Für Gewinnspielautomaten stehen nunmehr prinzipiell
manipulationssichere elektronische Zählwerke zur Erfassung der Einspielergebnisse
zur Verfügung; seit dem 1. Januar 1997 dürfen nur noch Gewinnspielautomaten mit
solchen Zählwerken aufgestellt sein, sodass es grundsätzlich möglich ist, die
Schwankungsbreite zwischen den Einspielergebnissen der einzelnen
Gewinnspielautomaten zu ermitteln.
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Nach vorgenanntem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, dessen Rechtsauffassung
sich die Kammer anschließt, ist der geforderte lockere Bezug zwischen
Stückzahlmaßstab und Vergnügungsaufwand für die genannten Geräte nicht mehr
unabhängig von der Schwankungsbreite der Einspielergebnisse zu bejahen. Weichen
die Einspielergebnisse von Gewinnspielautomaten mehr als 50 % von dem Durchschnitt
der Einspielergebnisse der Automaten gleicher Art im Satzungsgebiet ab, erweist sich
der Stückzahlmaßstab als untauglich für die Erhebung der Vergnügungssteuer. Die
Feststellung der maßgeblichen Schwankungsbreite setzt die Bestimmung
aussagekräftiger Bezugsgrößen, eine hinreichend verlässliche Datenerhebung und die
Beachtung etwaiger „Ausreißer" voraus.
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Die Grenze für die Schwankungsbreite der Einspielergebnisse von
Gewinnspielautomaten, bis zu der allenfalls der durch den Charakter der Aufwandsteuer
geforderte lockere Bezug zwischen Stückzahlmaßstab und Vergnügungsaufwand noch
als gewahrt angesehen werden kann, liegt bei einer Abweichung über 50 % von dem
Durchschnitt der Einspielergebnisse der Automaten mit Gewinnmöglichkeit im
Satzungsgebiet. Dieser Gesamtdurchschnitt darf durch die Einspielergebnisse der
einzelnen Geräte also um nicht mehr als 25 % über- oder unterschritten werden.
Ergeben sich Schwankungen, die jenseits dieser Grenze liegen, zeigt dies, dass der
Stückzahlmaßstab in dem betreffenden Gemeindegebiet nicht in der Lage ist, den
letztlich zu besteuernden Vergnügungsaufwand der Spieler in einer dem Charakter der
Steuer genügenden Weise abzubilden.
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Die Bestimmung des maßgeblichen Durchschnitts der Einspielergebnisse einer
Gerätegruppe setzt hinreichend aussagekräftige Erkenntnisse über die
Einspielergebnisse der einzelnen Automaten dieser Gruppe im Satzungsgebiet voraus.
Wie das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt hat, hängt von den konkreten
Umständen des Einzelfalls im jeweiligen Satzungsgebiet ab, welchen
Mindestanforderungen eine solche Erkenntnislage oder die Erhebung entsprechender
Daten genügen muss, um eine ausreichende Grundlage für die Ermittlung des
maßgeblichen Durchschnitts zu gewährleisten.
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In der Beschlussvorlage zur Beschlussempfehlung der zweiten Nachtragssatzung zur
Vergnügungssteuersatzung wird folgendes ausgeführt:
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„Der Verwaltung liegen Einspielergebnisse aus drei Spielhallen vor. Danach weist das
durchschnittliche Ergebnis eine erheblich höhere Schwankungsbreite aus als die in
dem Urteil genannten 50 v.H.. Es wurden Ergebnisse pro Gerät und Monat zwischen
minus 250,00 Euro und plus 10.000,00 Euro erklärt. Damit wird erkennbar, dass der
Stückzahlmaßstab in der Vergnügungssteuersatzung der Stadt M nicht mehr haltbar ist."
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Damit erweist sich der verwendete Stückzahlmaßstab bei der Spielautomatensteuer im
Stadtgebiet M als nicht rechtswirksam, weil die im Stadtgebiet M erfolgte konkrete
Nachprüfung der Einspielergebnisse abhängig von den konkreten örtlichen
Gegebenheiten - etwa der Zahl und Größe der Automatenaufsteller und der Zahl der
Gewinnspielautomaten und ihrer Verteilung im Gemeindegebiet - bei Auswertung der
Einspielergebnisse zur Ermittlung der maßgeblichen Schwankungsbreite zum Ergebnis
hatte, dass die Einspielergebnisse von Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit mehr als
50 % von dem Durchschnitt der Einspielergebnisse dieser Automaten abwichen.
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Desgleichen kann die Heranziehung der Klägerin zu Vergnügungssteuer nicht auf die
Satzung über die Erhebung von Vergnügungssteuer in der Stadt M
(Vergnügungssteuersatzung) vom 21. Dezember 2005 gestützt werden; Artikel 1 dieser
Änderungssatzung tritt rückwirkend zum 1. Januar 2003 in Kraft. Diese zweite
Nachtragssatzung vom 21. Dezember 2005 enthält Regelungen, die zur
Rechtsunwirksamkeit dieser Satzung führen.
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Zunächst bestehen Bedenken, ob die Entstehung des Steueranspruchs (§ 12 der
Vergnügungssteuersatzung) zutreffend geregelt worden ist. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2
KAG NRW muss die Abgabesatzung auch den die Abgabe begründenden Tatbestand
definieren. Der Abgabetatbestand ist der abstrakte zu beschreibende Sachverhalt,
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dessen konkrete Verwirklichung die Abgabepflicht auslöst. Der Abgabetatbestand
beschreibt abstrakt Voraussetzungen, die im konkreten Einzelfall erfüllt sein müssen,
damit eine bestimmte Rechtsfolge, in diesem Fall die Abgabepflicht, ausgelöst wird. §
12 der Vergnügungssteuersatzung lautet
„Der Vergnügungssteueranspruch entsteht im Falle der Pauschsteuer nach § 8 mit der
Aufstellung des Apparates an den in § 1 Nr. 5 genannten Orten."
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Während § 8 Abs. 1 der Vergnügungssteuersatzung vom 18. Dezember 2003 lautete
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„Die Pauschsteuer für das Halten von Spiel-, Musik-, Geschicklichkeits-, Unterhaltungs-
oder ähnlichen Apparaten wird nach deren Anzahl erhoben",
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lautet § 8 der Vergnügungssteuersatzung vom 21. Dezember 2005 in seiner Überschrift
nunmehr
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„Nach dem Einspielergebnis bzw. der Anzahl der Apparate"
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und Abs. 1
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„Die Steuer für das Halten von Spiel-, Musik-, Geschicklichkeits-, Unterhaltungs- oder
ähnlichen Apparaten bemisst sich bei Apparaten mit Gewinnmöglichkeit nach dem
Einspielergebnis, bei Apparaten ohne Gewinnmöglichkeit nach deren Anzahl."
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Zumindest zweifelhaft erscheint, ob dies noch die Anknüpfung an die Pauschsteuer im
Sinne des § 12 der Vergnügungssteuersatzung bedeutet.
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Letztlich kann dieses Problem dahinstehen, denn andere Regelungen erweisen sich als
rechtsunwirksam. § 8 Abs. 1 Satz 2 der Vergnügungssteuersatzung vom 21. Dezember
2005 trifft folgende Regelung
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„Einspielergebnis (so genannter Kasseninhalt) ist der Gesamtbetrag der eingesetzten
Spielbeträge (Spieleinsätze) abzüglich der ausgezahlten Gewinne".
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Aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. April 2005 - 10 C 5.04 -
ist zu entnehmen, dass das Einspielergebnis als rechtmäßige Bemessungsgrundlage
für die Erhebung der Vergnügungssteuer für Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit
erachtet wird. Erforderlich ist, dass die jeweilige Satzungsregelung das
Einspielergebnis zutreffend und bestimmt definiert; daran mangelt es vorliegend. Die
Vergnügungssteuersatzung vom 21. Dezember 2005 definiert das Einspielergebnis
unzutreffend, zumindest aber unbestimmt. Grundlage der Spielautomatensteuer als
örtlicher Aufwandsteuer ist grundsätzlich der konkrete Vergnügensaufwand je Gerät, der
durch die Zahl und den Wert der eingeworfenen Münzen ausgedrückt wird und der sich
im Einspielergebnis bzw. im Nettoumsatz wiederspiegelt. Betrachtet man die der
Kammer zur Verfügung stehenden in anderen Verfahren überreichten Auslesestreifen
von Geldspielautomaten, ist ein Saldo 1 zu ersehen, der sich aus der Position „Einwurf"
minus der Position „Auswurf" errechnet. Wie der Vertreter der Klägerin in der
mündlichen Verhandlung erläutert hat, werden durch die Parameter „Einwurf" und
„Auswurf" weder die eingesetzten Geldbeträge noch die ausgezahlten Gewinne erfasst.
Damit ist unklar, woran die Satzungsbestimmung zur Errechnung der geschuldeten
Steuer anknüpft bzw. aus welchen Positionen der Auslesestreifen sich die Steuer
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ermittelt. Der Vertreter des Beklagten stimmte den Erwägungen zu, dass sich die
Satzungsbestimmung insoweit als unbestimmt erweist.
Ferner kommt hinzu, dass der durch die Auslesestreifen ausgewiesene Saldo 2
betragsmäßig von dem Saldo 1 abweicht, indem er nach Bereinigung um
verschiedenen Positionen errechnet wird. Aufgrund des technischen Fortschritts ist
inzwischen seit dem 1. Januar 1997 eine exakte und zuverlässige Erfassung des
Kasseninhalts und Röhrenbestands und damit des Betrags, der dem tatsächlich
aufgewendeten Entgeld aller Spieler eines Gerätes entspricht, durch den Einbau
manipulationssicherer Zählwerke bei Geldspielautomaten grundsätzlich gewährleistet.
Durch die Zählwerke ist das Einspielergebnis eines Gerätes zu ermitteln, das den
Spieleinsatz aller Spieler des Gerätes abzüglich der ausgezahlten Gewinne und
sonstiger Geldrückgaben wiedergibt. Die Spielhallenbetreiber sehen sich aufgrund der
Selbstverpflichtung dahingehend gebunden, zumindest elektronische Ausdrucke über
den Kasseninhalt und den Röhrenbestand zu erstellen. Der Saldo 1 gibt mithin die
Bruttokasse, der Saldo 2 die bereinigte Kasse, das heißt Spieleinsatz minus
Abzugsposten wieder. Der Vertreter der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung
erklärt, der Saldo 2 enthalte die Bereinigung um Röhrenauffüllung, Falschgeld,
Prüftestgeld und Fehlgeld. Zutreffende Berechnungsgrundlage zur Ermittlung der
Einspielergebnisse als Bemessungsgrundlage für die Vergnügungssteuer ist mithin die
Position, bei der Röhrenauffüllung, Falschgeld, Prüftestgeld und Fehlgeld in Abzug
gebracht worden sind, da diese Positionen den konkreten Vergnügungsaufwand des
einzelnen Spielers nicht betreffen. Maßgeblich ist mithin der Spieleinsatz des Spielers
abzüglich der ausgezahlten Gewinne und sonstiger Geldrückgaben. Dem entspricht die
zugrundeliegende Satzungsregelung nicht.
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Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die Kammer bereits durch Urteil vom 19.
September 2005 in dem Verfahren 25 K 366/05 zu dem auch in vorliegender Satzung
verwendeten Begriff der „eingesetzten Spielbeträge" Bedenken an der Berechnung
geltend gemacht hat, weil Wechselgeld zwar von dem Zählwerk eines Automaten als
Ausgabe erfasst wird, es wird aber nicht danach differenziert, ob es sich um
zurückgegebenes Geld handelt oder um z.B. eine Gewinnzahlung. Auch dies zeigt,
dass „der Gesamtbetrag der eingesetzten Spielbeträge abzüglich der ausgezahlten
Gewinne" den Vergnügungsaufwand nicht zutreffend wiedergibt, wenn dem Spieler z.B.
bei Buchung nur eines Spiels in erheblichem Maße Wechselgeld bei Einsatz eines
Geldscheins zurückgegeben wird. Dies bestätigt die obigen Ausführungen.
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Ferner erweist sich der Satz der Vergnügungssteuer für Apparate mit
Gewinnmöglichkeit in Spielhallen von 18 v.H. des Einspielergebnisses, der sich sowohl
in Artikel 1 wie in Artikel 2 der Vergnügungssteuersatzung vom 21. Dezember 2005
findet, als rechtsunwirksam. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 13.
April 2005 - 10 C 5.04 - bei einem Steuersatz für Automaten mit Gewinnmöglichkeit von
600,00 DM betont, wegen der hohen Steuersätze bestünden nach der Auffassung des
Berufungsgerichts deutliche und von der Beklagten nicht wiederlegte Anzeichen dafür,
dass ein unzulässiger Eingriff in die Berufsfreiheit der Automatenaufsteller vorliege. Das
Bundesverwaltungsgericht fordert, bei der Neufassung der Vergnügungssteuer werde
die Beklagte daher beachten müssen, dass die Steuerbelastung es nicht unmöglich
machen dürfe, den gewählten Beruf des Spielautomatenbetreibers ganz oder teilweise
zur wirtschaftlichen Grundlage der Lebensführung zu machen, wobei insoweit ein
durchschnittlicher Betreiber im Gemeindegebiet zum Maßstab zu nehmen sei.
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Das Bundesverwaltungsgericht fordert mithin bei einer solchen Höhe des Steuersatzes
besondere Erwägungen dahingehend, dass ein Verstoß gegen Artikel 12 Abs. 1 GG
bzw. erdrosselnde Wirkung nicht vorliegt. Diesen Anforderungen des
Bundesverwaltungsge-richts genügen weder die Beratungen im Haupt- und
Finanzausschuss der Stadt M in der Sitzung vom 13. Dezember 2005 noch die Beratung
im Rat der Stadt M in der Sitzung vom 20. Dezember 2005. Aus den
Beratungsunterlagen und Beschlussvorlagen, die dem Erlass der
Vergnügungssteuersatzung vom 21. Dezember 2005 zugrundeliegen, ist zu entnehmen,
dass bei der Auswertung der Einspielergebnisse in M ein durchschnittliches
monatliches Einspielergebnis von 1.900,00 Euro für den Zeitraum von Januar 2003 bis
Mai 2005 ermittelt wurde. Die Verwaltung hatte einen Steuersatz von 15 v.H. für
Geldspielgeräte in Spielhallen vorgeschlagen; bei einem durchschnittlichen
Einspielergebnis von 1.900,00 Euro betrüge die Steuer unter Anwendung eines
Steuersatzes von 15 v.H. 285,00 Euro. Bei der Beratung des Haupt- und
Finanzausschusses sowie des Rates ist dieser Steuersatz auf 18 v.H. erhöht worden,
dies bedeutet bei einem Einspielergebnis von 1.900,00 Euro eine Steuerbelastung von
342,00 Euro, übersteigt mithin den dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
zugrunde-liegenden Steuersatz nochmals erheblich. Aus den Beratungs- und
Beschlussunterlagen des Haupt- und Finanzausschusses sowie des Rates lässt sich
entnehmen, dass beide Gremien keine konkreten Erwägungen dazu angestellt haben,
ob dieser Steuersatz von 18 v.H. für die Steuerpflichtigen tragbar ist oder erdrosselnde
Wirkung entfaltet. Solche Überlegungen werden von dem Bundesverwaltungsgericht bei
dieser Höhe des Steuersatzes aber gefordert. Es ist die Aufgabe eines Rates, unter
sorgfältiger Feststellung der tatsächlichen Grundlagen, unter Beachtung der
Bruttoeinnahmen und unter Abwägung der Interessen aller Betroffenen zu
angemessenen Steuersätzen zu finden. Ohne eine hinreichende Ermittlung der
Tatsachengrundlagen ist eine Festlegung der Sätze von Steuern, die ihre Grundlage in
der erhöhten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Steuerschuldner haben, letztlich
willkürlich. Steuersätze in der veranlagten Höhe stellen keine zu vernachlässigende
Größe mehr dar. Es ist nicht erkennbar, dass eine angemessene Tatsachenfeststellung
und Interessenabwägung überhaupt stattgefunden hat,
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in diesem Sinne auch VG Göttingen, Urteil vom 1. Februar 2005 - 3 A 228/03 -.
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In den Beratungsniederschriften finden sich Erwägungen der Sitzungsteilnehmer wie 18
% seien einzusetzen, um die Menge der Geldspielgeräte besser kontrollieren zu
können; wegen der Spielsucht als Droge solle man den Steuersatz so hoch wie möglich
ansetzen; der ordnungspolitische Faktor wird betont. Schließlich wird für einen noch
höheren Prozentsatz oder sogar ein Verbot der Spielautomaten plädiert. Es ist in der
Rechtsprechung geklärt, dass die Gemeinden mit der Spielautomatensteuer auch
außerfiskalische Lenkungszwecke verfolgen dürfen, solange sie sich damit nicht in
Widerspruch zur Rechtsordnung im übrigen setzen. Der mit der Spielautomatensteuer
verknüpfte Lenkungszweck kann vor allem Einschränkungen der
Berufsausübungsfreiheit und mit der Lenkung einhergehende Unterschiede in der
steuerlichen Belastungsgleichheit rechtfertigen. Die Lenkungsfunktion darf aber nicht in
eine Erdrosselungsfunktion umschlagen; zum Ausschluss von Spielhallen in Bereichen
der Stadt stehen städtebauliche Regulierungsmöglichkeiten zur Verfügung. Aus den
Beratungsunterlagen des Haupt- und Finanzausschusses sowie des Rates scheint
entnommen werden zu können, dass durchaus eine - unzulässige -
Erdrosselungswirkung nicht unerwünscht war; in jedem Falle aber ist der Rat der Stadt
M seiner Verpflichtung, unter sorgfältiger Feststellung der tatsächlichen Grundlagen und
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unter Abwägung der Interessen aller Betroffenen zu angemessenen Steuersätzen zu
finden, die keine erdrosselnde Wirkung entfalten, bereits in Folge unterlassener
Tatsachenfeststellungen und - würdigungen nicht nachgekommen. Ohne weitere
Prüfung ist der von der Verwaltung vorgeschlagene Steuersatz von 15 v.H. auf 18 v.H.
erhöht worden.
Wegen Unwirksamkeit des Artikel 1 § 8 Abs. 1 Nr. 1a der Vergnügungssteuersatzung
vom 21. Dezember 2005 ist mithin eine wirksame Rechtsgrundlage für die Veranlagung
von Geldspielautomaten in Spielhallen nicht gegeben, sodass der Klage insoweit
stattzugeben war. Dahingestellt bleiben kann mithin, ob ein Verstoß gegen Artikel 3 GG
darin zu sehen ist, dass für den zurückliegenden Zeitraum ab 1. Januar 2003 bei
Apparaten mit Gewinnmöglichkeit einerseits ein Steuersatz von 18 v.H. des
Einspielergebnisses gefordert wird, andererseits aber eine Begrenzung auf höchstens
300,00 Euro normiert ist. In Anbetracht der im Stadtgebiet M zu verzeichnenden hohen
bis sehr hohen Einspielergebnisse führt die Regelung zu einer deutlichen Bevorzugung
der Aufsteller mit hohen Ein-spielergebnissen und dies über den Zeitraum von 3 Jahren.
Zwei Grundrechte stehen bei dieser Frage in Widerstreit, das Schlechterstellungsverbot
und Artikel 3 Abs. 1 GG. Die Kammer neigt dazu, zur Wirksamkeit dieser
Satzungsregelung zumindest zu fordern, dass sich der Rat der Stadt M darüber
Gedanken macht, wie sich der unterschiedliche Abgabesatz im Verhältnis der Aufsteller
zueinander auswirkt, und Überlegungen hinsicht- lich dieser Ungleichbehandlung
anstellt.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die Entscheidung über
die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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