Urteil des VG Düsseldorf vom 26.04.2010

VG Düsseldorf (rasse, gefährlichkeit, verhältnis zu, kläger, gemeinde, hund, liste, der rat, evaluation, aufnahme)

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 25 K 471/10
Datum:
26.04.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
25. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
25 K 471/10
Schlagworte:
Höherbesteuerung eines Hundes der Rasse Rottweiler
Evaluationsverpflichtung der Gemeinde
Normen:
KAG NRW § 2 LHundG NRW §§ 10, 22
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Be¬klagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
1
Der Kläger ist Halter eines Hundes der Rasse Rottweiler.
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Durch Hundesteuerbescheid vom 11. Januar 2010 zog der Beklagte den Kläger für den
Erhebungszeitraum 2010 (1. Januar bis 31. Dezember 2010) unter Einstufung des
Rottweilers als gefährlichen Hund zu Hundesteuer in Höhe von 384,00 Euro heran. Der
Kläger hat dagegen am 21. Januar 2010 insoweit Klage erhoben, als eine den Betrag
von 48,00 Euro übersteigende Hundesteuer festgesetzt worden ist.
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Der Kläger macht zur Begründung seiner Klage geltend, die Heranziehung zu erhöhter
Hundesteuer sei unwirksam, weil der aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete Grundsatz der
Steuergerechtigkeit verletzt werde. Das Bundesverwaltungsgericht gehe im Rahmen der
Überprüfung der Höherbesteuerung davon aus, dass der Satzungsgeber Erfahrungen
sammeln und den Sachverhalt fortlaufend überprüfen müsse. Selbst wenn sich der
Satzungsgeber einer Hunderasseliste des Landesordnungsrechts anschließen könne,
trage er gleichwohl die Verantwortung für die Vereinbarkeit seiner Hundesteuersatzung
mit höherrangigem Recht, insbesondere auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz.
Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts sei insbesondere das Beißverhalten
für die Gefährlichkeitsbeurteilung der Hunderassen ausschlaggebend und zu
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beobachten. Eine Höherbesteuerung eines Hundes der Rasse Rottweiler sei als
Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG rechts- und verfassungswidrig, weil ein Hund dieser
Rasse nicht gefährlicher sei als ein Schäferhund oder Dobermann. Wenn die
entsprechenden Statistiken des Ministeriums zugrundegelegt würden, ergebe sich, dass
in den Jahren 20032007 die Rassen Schäferhund und Dobermann in aller Regel fast
durchweg auffälliger gewesen seien als die Rasse Rottweiler. Es sei mithin sachlich
nicht gerechtfertigt, den Rottweiler höher zu besteuern. Das Vorgehen des Beklagten sei
damit auch nicht mit der Beobachtungsverpflichtung zu vereinbaren; ihm hätten diese
Umstände bereits zum Zeitpunkt des Satzungserlasses auffallen müssen. Die
Beißstatistiken offenbarten eindeutig, dass eine Differenzierung innerhalb der
Schutz und Gebrauchsrassen nicht willkürfrei möglich sei. Schließlich ergebe sich aus
neueren wissenschaftlichen Untersuchungen von Baumann aus dem Jahr 2005 und
Mikus aus dem Jahr 2006, dass die Aufnahme der Rasse Rottweiler in die Liste
gefährlicher Hunde nicht gerechtfertigt sei. Darüber hinaus sei es spätestens ab dem
Veranlagungszeitraum 2009 nicht mehr möglich, Hunde der auch von dem Kläger
gehaltenen Rasse höher zu besteuern, denn diese sei nicht gefährlicher als Hunde
anderer Rassen vergleichbarer Größe und vergleichbaren Gewichts. Dieses Ergebnis
werde durch die Evaluierung der Landesregierung zum Landeshundegesetz NRW
belegt. Zwingende Folge dieses Ergebnisses sei, dass jedwede Rasseliste in NRW
aufgehoben oder geändert werden müsse. Wenn die höchstrichterlich für den Bereich
des Hundesteuerrechts aufgestellte Beobachtungspflicht überhaupt irgendeine
Bedeutung haben solle, dann sicherlich nicht jene, dass nichts getan werde, wenn sich
der Verdacht, bestimmte Rassen seien gefährlicher als andere, doch gerade nicht
bestätige. Spätestens seit dem Vorliegen der Evaluierung im November 2008 sei klar,
dass andere Rassen viel gefährlicher seien.
Der Kläger beantragt,
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den Hundesteuerbescheid des Beklagten vom 11. Januar 2010 aufzuheben,
soweit in diesem eine den Betrag von 48,00 Euro übersteigende Hundesteuer
festgesetzt worden ist.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er ist der Auffassung, es sei vom Gestaltungsspielraum der steuererhebenden
Gemeinde als Satzungsgeberin umfasst, bestimmte Hunderassen in einer Liste
gefährlicher Hunde aufzuführen und sodann das Halten solcher Hunde wegen einer
gesteigerten abstrakten Gefährlichkeit mit einem erhöhten Steuersatz zu belegen. Da
die Lenkungssteuer dem Schutz der menschlichen Gesundheit und des menschlichen
Lebens, mithin überragend wichtigen Gemeinschaftsgütern, diene und auf der Seite des
Hundehalters lediglich das Liebhaberinteresse entgegenstehe, dürften die
Anforderungen an die Vertretbarkeit einer Entscheidung des Satzungsgebers nicht
überspannt werden.
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Nach dem Ausschussprotokoll der Sitzung des Landtagausschusses für Umwelt und
Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 4. Februar 2009 werde es für
richtig gehalten, das Landeshundegesetz in der bisherigen Form bestehen zu lassen.
Die Landesregierung halte es für zu früh, das Landeshundegesetz zu überarbeiten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den
Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten
Bezug genommen.
11
Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Klage ist unbegründet, denn der Hundesteuerbescheid des Beklagten
vom 11. Januar 2010 ist in der angefochtenen Höhe rechtmäßig und verletzt den Kläger
nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Der Hundesteuerbescheid 11. Januar 2010 findet die Rechtsgrundlage in der
Hundesteuersatzung der Gemeinde J in der Fassung der Änderungssatzung vom
23. November 2005, die am 1. Juni 2006 in Kraft getreten ist. § 2 Abs. 2 dieser
Hundesteuersatzung bestimmt, dass Hunde der Rasse Rottweiler zu den gefährlichen
Hunden im Sinne der Satzung zählen, für die gemäß § 2 Abs. 1 der
Hundesteuersatzung ein Steuersatz von 384,00 Euro gilt.
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Die Hundesteuersatzung der Gemeinde J ist formell ordnungsgemäß zustande
gekommen; Bedenken sind insoweit weder geltend gemacht worden noch von Amts
wegen ersichtlich. Auch materiell bilden die zugrunde gelegten Regelungen gültiges
Ortsrecht. Die Satzungsregelung, die Hunde bestimmter Rassen (sog. gefährliche
Hunde) einer erhöhten Besteuerung unterzieht und Hunde der Rasse Rottweiler – wie
der von dem Kläger gehaltene Hund – zu den gefährlichen Hunden zählt, bildet für die
erfolgte Heranziehung des Klägers zu Hundesteuer auch in dem Jahr 2010 eine
wirksame Rechtsgrundlage. Dabei ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass die
Satzungsregelung an das genetische Potential anknüpft und dazu auf Rasselisten
zurückgreift sowie dass Hunde der Rasse Rottweiler zu den gefährlichen Hunden
gezählt werden.
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Zu der Rechtmäßigkeit einer Satzungsregelung, Hunde der Rasse Rottweiler als
gefährliche Hunde einzustufen, hat die Kammer durch Urteil vom 28. Januar 2009 in
dem Verfahren 25 K 4208/08 grundlegend ausgeführt:
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"Das Bundesverwaltungsgericht hat grundlegend in seinem Urteil vom 19. Januar 2000
11 C 87/99 – ausgeführt, der einer Kommune als Steuersatzungsgeberin zustehende
Gestaltungsspielraum sei nicht überschritten, wenn die Hundesteuersatzung für
Kampfhunde einen achtfach höheren Steuersatz vorsehe, Kampfhunde in einem
abstrakten Sinn beschreibe und darüber hinaus für bestimmte Hunde in einer Liste die
Kampfhundeeigenschaft unwiderleglich vermute. Diese Rechtsgrundsätze
beanspruchen nach wie vor Gültigkeit; die Kammer schließt sich den überzeugenden
Ausführungen an. Das Bundesverwaltungsgericht hat insoweit als maßgeblich betont,
eine nach Art. 105 Abs. 2 a GG i.V.m. dem Kommunalabgabengesetz eines Landes
erlassene satzungsrechtliche Steuerregelung, die Lenkungswirkungen in einem nicht
steuerlichen Kompetenzbereich entfalte, bedürfe keiner zur
Steuergesetzgebungskompetenz hinzutretenden Sachkompetenz. Der Gleichheitssatz
des Art. 3 Abs. 1 GG bedeute für den Gesetzgeber die allgemeine Weisung, Gleiches
gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Dies
gelte nicht ausnahmslos, sondern nur, wenn die Gleichheit oder Ungleichheit der
Sachverhalte so bedeutsam seien, dass ihre Beachtung unter
Gerechtigkeitsgesichtspunkten geboten erscheine. Dabei sei dem Gesetzgeber
weitgehende Gestaltungsfreiheit zuzugestehen. Dies gelte auch für die das Steuerrecht
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beherrschende Ausprägung des Art. 3 Abs. 1 GG als Grundsatz der Steuergerechtigkeit.
Durchbrechungen des Gleichheitssatzes durch Typisierungen und Pauschalierungen
könnten insbesondere bei der Regelung von Massenerscheinungen – durch
Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und –praktikabilität gerechtfertigt sein,
solange die durch jede typisierende Regelung entstehende Ungerechtigkeit noch in
einem angemessenen Verhältnis zu den steuerlichen Vorteilen der Typisierung stehe.
Die entscheidende Frage, ob es einen sachlichen Grund dafür gebe, die in der
diesbezüglichen Satzungsregelung aufgeführten Hunde ausnahmslos als Kampfhunde
einzustufen, sei zu bejahen. Die in dieser Vorschrift genannte Liste enthalte unter im
Tierhandel gebräuchlichen Bezeichnungen nur solche Hunde, denen wegen ihres
Gewichts oder ihrer Beißkraft eine abstrakte Gefährlichkeit zugesprochen werden
müsse. Ersichtlich habe der Satzungsgeber darauf abgestellt, dass es sich bei den in
die Liste aufgenommenen Hunden um – erst in neuerer Zeit verstärkt importierte –
Züchtungen handele, die im Ausland u.a. für Hundekämpfe bestimmt gewesen seien.
Dementsprechend sei bei diesen Hunden eine Zuchtauswahl getroffen worden, die
besondere Angriffsbereitschaft, Beschädigungswille ohne Hemmung und herabgesetzte
Empfindlichkeit gegen Angriffe des Gegners fördern solle. Aus den Veröffentlichungen
ergebe sich zwar auch, dass nicht bei allen individuellen Exemplaren der Züchtungen
a priori aufgrund ihrer Merkmale von einer gesteigerten Gefährlichkeit auszugehen sei;
denn das aggressive Verhalten eines individuellen Hundes hänge von mehreren
Faktoren ab, wie seiner Veranlagung, seiner Aufzucht und den Verhaltensweisen
seines Halters. Der von der Stadt verfolgte Lenkungszweck und das Lenkungsziel
bestehe zulässigerweise darin, ganz generell und langfristig im Gebiet der Stadt solche
Hunde zurückzudrängen, die aufgrund ihres Züchtungspotentials in besonderer Weise
die Eignung aufwiesen, ein gefährliches Verhalten zu entwickeln, sei es auch erst nach
Hinzutreten anderer Faktoren."
Auch das Bundesverfassungsgericht hat es für zulässig erachtet, dass für die
Bestimmung der Gefährlichkeit eines Hundes an die Zugehörigkeit zu einer bestimmten
Rasse angeknüpft wird. Es hat dazu in seinem Urteil vom 16. März 2004
1 BvR 1778/01 – ausgeführt:
18
"Zwar bestand auch in der mündlichen Verhandlung Einigkeit darüber, dass nach dem
derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand allein aus der Zugehörigkeit eines
bestimmten Hundes zu einer bestimmten Rasse nicht auf seine Gefährlichkeit
geschlossen werden kann (ebenso schon BVerwGE 116, 347 <354>). Ob und in
welchem Maße ein Hund für den Menschen zu einer Gefahr werden kann, hängt
vielmehr von einer Vielzahl von Faktoren – neben bestimmten Zuchtmerkmalen eines
Hundes etwa von dessen Erziehung, Ausbildung und Haltung, von situativen
Einflüssen, vor allem aber von der Zuverlässigkeit und Sachkunde seines Halters – ab.
Ein Anlass zum Handeln des Gesetzgebers kann auch dann gegeben sein, wenn das
schädigende Ereignis das Zusammenwirken unterschiedlicher Faktoren voraussetzt,
soweit diese mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zusammentreffen können. Der
Gesetzgeber darf deshalb zum Schutz des menschlichen Lebens und der menschlichen
Gesundheit gesetzliche Vorkehrungen treffen, wenn genügend Anhaltspunkte dafür
vorliegen, dass Hunde bestimmter Rassen – und sei es auch erst im Zusammenwirken
mit anderen Faktoren der genannten Art – für diese Schutzgüter in besonderer Weise
gefährlich werden können. Für Hunde der hier in Rede stehenden Rassen konnte der
Gesetzgeber vom Vorhandensein derartiger Anhaltspunkte ausgehen.
19
Auch wenn die Fachwissenschaft offenbar darin übereinstimmt, dass das aggressive
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Verhalten eines Hundes und seine darauf beruhende Gefährlichkeit nicht allein
genetisch bedingt sind, schließt sie doch auch nicht generell aus, dass die
Gefährlichkeit genetische Ursachen haben kann. Nach den Ausführungen von Frau
Dr. F in der mündlichen Verhandlung handelt es sich bei der Gefährlichkeit eines
Hundes zwar nicht um ein Rassemerkmal. Doch ist es andererseits nach der
Einschätzung dieser Wissenschaftlerin (in: Verband für das Deutsche Hundewesen,
"Kampfhunde?" Gefährliche Hunde? Neue wissenschaftliche Gutachten, 5. Aufl. 2000
S. 4 <7 f.>) unbestritten, dass Hundegruppen wie Pitbull-Terrier, American Staffordshire-
Terrier, Staffordshire-Bullterrier und Bullterrier im Hinblick auf angeborene
Verhaltensbereitschaften ein Potential zur Erzeugung gefährlicher Hunde darstellen.
Nach dem vom Bundesministerium für Ernährung, Landschaft und Forsten in Auftrag
gegebenen (so genannten Qualzucht-)Gutachten zur Auslegung von § 11 b des
Tierschutzgesetzes von 1999 sind Art und Ausmaß aggressiven Verhaltens zu einem
erheblichen Teil auch genetisch determiniert (vgl. Gutachten, S. 32). Feddersen-
Petersen (in: Verband für das Deutsche Hundewesen, a.a.O., S. 9 <14>) spricht davon,
das Verhalten, auch das Aggressionsverhalten, eines Hundes sei stets das Ergebnis
einer differenzierten Wechselwirkung zwischen Erbanlagen und Umweltreizen, und
rechnet die so genannten Kampfhunderassen auch vor dem Hintergrund der
Geschichte ihrer Zucht – zu den Hunderassen, deren Aggressionsverhalten "nicht ohne
Problematik" sei (vgl. Hundepsychologie, 3. Aufl. 2000, S. 78). Schließlich berichtet
Unshelm (in: Verband für das Deutsche Hundewesen, a.a.O., S. 19 <20 ff.>) davon, dass
insbesondere Hunde der Rassen Pitbull-Terrier, American Staffordshire-Terrier und
Staffordshire-Bullterrier, aber wohl auch der Rasse Bullterrier, sogar unabhängig vom
Verhalten und von der Einstellung ihrer Halter relativ häufig wegen ihrer gesteigerten
Aggressivität und Gefährlichkeit für Menschen und Tiere aufgefallen seien.".....
Die erhöhte Hundesteuererhebung für gefährliche Hunde ist ausweislich der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mithin durch den von der Gemeinde J
verfolgten Lenkungszweck und den ihr dabei zustehenden Gestaltungs- und
Typisierungsspielraum grundsätzlich gerechtfertigt
21
In seinem Beschluss vom 28. Juli 2005 – 10 B 34/05 – hat das
Bundesverwaltungsgericht diese Rechtsauffassung grundsätzlich bestätigt und betont,
ein Satzungsgeber, der Kampfhunde wegen ihrer potentiellen Gefährlichkeit erhöht
besteuern wolle, könne zu diesem Zweck Rasselisten aus einer der Gefahrenabwehr
dienenden landesrechtlichen Regelung – konkret Landeshundeverordnung NRW –
übernehmen, ohne eigene Erhebungen über die Gefährlichkeit der erfassten
Hunderassen anstellen zu müssen. Der Satzungsgeber trage dann gleichwohl die
uneingeschränkte Verantwortung für die Vereinbarkeit seiner Hundesteuersatzung mit
höherrangigem Recht, insbesondere auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz. Das
Bundesverwaltungsgericht betont in vorstehender Entscheidung, es stehe außer Frage,
dass ein Satzungsgeber Regelungen eines anderen Normgebers durch Verweisung
oder wörtliche Aufnahme in seinen Normtext übernehmen könne, wenn er dieselbe oder
eine vergleichbare Regelung erlassen und sich dabei den Wertungen der
übernommenen Normierungen anschließen wolle. Dabei brauche der Satzungsgeber
die der übernommenen Regelung zugrunde liegenden Erkenntnisse und Tatsachen
nicht notwendig selbst erneut zu erheben und auf ihre sachliche Richtigkeit zu
überprüfen, sofern es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass sie offensichtlich falsch
seien. Nur wenn letzteres der Fall wäre, wäre der Satzungsgeber gehindert, gleichsam
sehenden Auges eine in erheblicher Weise auf offensichtlich unrichtigen Annahmen
begründete Regelung zu übernehmen. Mithin verlangten weder das Rechtsstaatsprinzip
22
noch der allgemeine Gleichheitssatz, dass jede Gemeinde komplexe und strittige
Tatsachenfragen zum Gefährdungspotential bestimmter Hunderassen je für sich selbst
erheben müsse, bevor sie eine hierauf gestützte ordnungs- oder steuerrechtliche
Regelung erlassen dürfe. Es diene im Gegenteil der Rechtseinheit und sei in hohem
Maße verfahrensökonomisch, wenn die Gemeinden sich hierzu der Erkenntnisse des
Normgebers auf Landesebene bedienten, sofern sie davon ausgehen könnten, dass die
der dortigen normativen Konzeption zugrunde liegenden Annahmen für den
ordnungsrechtlichen Umgang mit gefährlichen Hunden – auch für ihren
Regelungszweck – der steuerrechtlichen Lenkung der Population gefährlicher Hunde –
nutzbar gemacht werden könnten. Sei dies der Fall, seien die Gemeinden auch nicht
gehindert, auf dieser Grundlage vorgenommene normative Wertungen des
Landesgesetz- oder –verordnungsgebers in ihren eigenen Rechtsetzungswillen
aufzunehmen. Nehme aber ein Satzungsgeber die Regelung eines anderen
Normgebers in sein eigenes Regelwerk auf, gelte sie kraft seiner Rechtsetzungsmacht
mit der Folge, dass er von Anfang an in vollem Umfang verantwortlich sei für ihre
Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht, auch soweit sie von der Richtigkeit etwa jener
tatsächlichen Annahmen und Erkenntnisse abhänge, die der Regelung des
Landesnormgebers zugrunde lägen. Dies umschließe auch die Pflicht des
Satzungsgebers, die übernommene Regelung unter Kontrolle zu behalten und
gegebenenfalls zu korrigieren.
Die Hundesteuersatzung der Gemeinde J mit Geltung ab 1.1.2006 knüpft an § 10 Abs. 1
des Hundegesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LHundG NRW) vom
18. Dezember 2002 an.
23
Das Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
des Landes Nordrhein-Westfalen hat in seiner von der Kammer in einem anderen
Verfahren erbetenen Stellungnahme vom 9. Mai 2007 ausgeführt, die Nennung der
Hunderassen in § 3 Abs. 2 Satz 1 und in § 10 Abs. 1 LHundG NRW basiert auf den
Empfehlungen des Eckpunktepapiers der Arbeitsgruppe des Arbeitskreises für
Tierschutz und des Arbeitskreises I der IMK vom 20. September 2001. Das
Eckpunktepapier wurde von der ständigen Konferenz der Innenminister und –senatoren
der Länder in der Sitzung vom 7./8. November 2001 angenommen und als eine
geeignete Grundlage zur Weiterentwicklung und Harmonisierung der Länderregelungen
über gefährliche Hunde angesehen. Vorausgegangen waren den Empfehlungen
intensive Beratungen von Vertretern der obersten Veterinärbehörden der Länder über
die Kriterien für eine Gefährlichkeitseinstufung bei Hunden.
24
Hunde der in § 10 Abs. 1 LHundG NRW aufgeführten Rassen und deren Kreuzungen
weisen rassespezifische Merkmale wie niedrige Beißhemmung, herabgesetzte
Empfindlichkeit gegen Angriffe, Kampfinstinkt oder einen genetisch bedingten
Schutztrieb auf, die ein besonderes Gefährdungspotential begründen und unter den
Aspekten der vorsorgenden Gefahrenabwehr besondere Anforderungen an die Haltung
und den Umgang erfordern,
25
So auch OVG NRW, Beschluss vom 19. Oktober 2004 – 24 B 829/04 ; VG Münster,
Urteil vom 17. Oktober 2007 – 9 K 263/07 ; VG Aachen, Urteil vom 14. Februar 2008
– 4 K 1225/06 .
26
Unter Zugrundelegung dieser Darlegungen ist nicht zu beanstanden, dass der
Landesgesetzgeber einen Hund der Rasse Rottweiler nach der jeweiligen
27
Rassekategorie als potentiell gefährlich einstuft mit den Folgen verschärfter
Halterbedingungen. Zur Bestimmung der Gefährlichkeit eines Hundes der Rasse
Rottweiler konnte mithin an die Zugehörigkeit zu dieser Rasse angeknüpft werden und
der Satzungsgeber konnte sich rechtsfehlerfrei dieser Einschätzung anschließen.
Der Gesetzgeber und ihm folgend der Satzungsgeber hat mithin zulässigerweise an die
im genetischen Potential begründete abstrakte Gefährlichkeit der Rasse Rottweiler
angeknüpft, die bei Hinzutreten weiterer Umstände diese Hunde zu einer Gefahr werden
lassen kann,
28
die Einstufung eines Hundes der Rasse Rottweiler als gefährlicher Hund bejahend vgl.
auch OVG NRW, Beschluss vom 19. Oktober 2004, a.a.O.; VG Münster, Urteil vom
17. Oktober 2007, a.a.O.; VG Aachen, Urteil vom 14. Februar 2008, a.a.O..
29
Der Rat der Gemeinde J hat sich bei der Übernahme der gesetzlichen Vorschriften des
LHundG in sein kommunales Satzungsrecht innerhalb der Grenzen seines
ortsgesetzgeberischen Ermessens gehalten. Anhaltspunkte, dass die Wertungen des
Landesgesetzgebers offensichtlich falsch waren, liegen nicht vor.
30
Zu dem Gesetzgebungsverfahren haben das Verwaltungsgericht Münster mit Urteil vom
17. Oktober 2007 – a.a.O. – und das Verwaltungsgericht Aachen mit Urteil vom
14. Februar 2008 – a.a.O. – denen sich die Einzelrichterin anschließt Folgendes
ausgeführt:
31
"Für die Aufnahme u.a. der Hunderasse "Rottweiler" in die Rasseliste des § 10 LHundG
war ausweislich des Gesetzesentwurfes der Fraktion der SPD und der Fraktion
Bündnis 90/die Grünen vom 11. März 2002 (LTDrs. 13/2387) maßgeblich, dass die dort
genannten Hunderassen rassespezifische Merkmale aufweisen, die ein besonderes
Gefährdungspotenzial begründen und die unter präventiven Gesichtspunkten
besondere Anforderungen an den Umgang mit diesen Hunden erfordern. Dazu werden
beispielsweise niedrige Beißhemmung, herabgesetzte Empfindlichkeit gegen Angriffe,
Kampfinstinkt oder ein genetisch bedingter Schutztrieb genannt (Seite 29 der
Drucksache). Grundlage der gesetzlichen Entscheidung, die Hunderassen
einschließlich des Rottweiler in § 10 LHundG aufzunehmen, war neben allem anderen
auch eine – wenn auch nicht lückenlose – landesweite Abfrage für das Jahr 2001 über
registrierte Vorkommnisse mit Hunden in Nordrhein-Westfalen (vgl. Antwort der
Landesregierung vom 18. Juni 2003 Drucks. 13/4041 – auf die Kleine Anfrage 1275 des
Abgeordneten Dr. H – Drucks. 13/3891 vom 9. Mai 2003), in der unter anderem die
Rasse Rottweiler mit 76 Vorfällen genannt wird, in der ein Mensch durch einen Hund
dieser Rasse verletzt wurde.
32
Beleg für die Einbindung besonderen Sachverstandes und die Einbeziehung (weiterer)
tatsächlicher Grundlagen in das Gesetzgebungsverfahren ist vornehmlich jedoch die
umfangreiche Behandlung der Frage der Aufnahme von Rasselisten in das
Landeshundegesetz überhaupt und der Einführung bestimmter Rassen in diese Listen
in den die gesetzgeberische Entscheidung vorbereitenden Sitzungen der Ausschüsse,
in die der Gesetzesentwurf nach der 1. Lesung am 22. März 2002 im Landtag verwiesen
worden war.
33
In der maßgeblichen öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Ernährung,
Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz am 19. April 2002 (Ausschussprotokoll 13/562)
34
wurden unter Beteiligung geladener Sachverständiger und Vertreter einschlägiger
Spitzenverbände, die sich bereits zuvor schriftlich geäußert hatten, diese Fragen
kontrovers diskutiert (vgl. Ausschussprotokoll 13/562, Seite 30 ff.) und die zahlreichen
Zuschriften verwertet. Dabei wurde allerdings unter Verwendung weiteren Materials
auch hervorgehoben (Öffentlich bestellter Sachverständiger im Hundewesen C), dass
es aufgrund Jahrtausende langer Domestikation und gezielter Zucht disponierte
Hunderassen gibt, die eher als andere Rassen zur Aggressivität neigen und/oder
aufgrund ihrer Größe, ihres Gewichts und ihrer Beißkraft für den Menschen oder ein Tier
besonders gefährlich werden können. Dazu zählt der Sachverständige ebenfalls
Gebrauchshunde und nennt insoweit die Hunderasse "Rottweiler" (S. 38, 39 des
Ausschussprotokolls).
Auch in der 3. Lesung des Gesetzentwurfs im Landtag am 18. Dezember 2002 war die
Frage der Aufnahme der Hunderasse "Rottweiler" Gegenstand der parlamentarischen
Debatte. In diesem Zusammenhang verwies die Ministerin für Umwelt und Naturschutz,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz (Plenarprotokoll 13/79, Seiten 8010 und 8011)
darauf, dass Rottweiler die Beißstatistiken anführten und deshalb diese Hunderasse auf
die Rasseliste des § 10 LHundG gesetzt und mit Auflagen belegt worden sei."
35
Wenn sich der Gesetzgeber auf dieser Grundlage für die Aufnahme von Rasselisten mit
Einbeziehung der Hunderasse Rottweiler in das Landeshundegesetz entschieden hat,
kann es jedenfalls bei Erlass der hier maßgeblichen Satzung vom 23. November 2005
nicht als willkürlich angesehen werden, wenn der Ortsgesetzgeber diese Kriterien, ohne
eigene Erhebungen durchzuführen, übernommen hat. Er konnte sich diesen
Erkenntnissen im Jahr 2006 anschließen und sie für seinen Regelungszweck, nämlich
die steuerliche Lenkung der Population gefährlicher Hunde, nutzbar machen, ohne
weitere eigene Erhebungen durchzuführen.
36
Dass die vorgenommene Einstufung nicht unzutreffend ist, ergibt sich ferner aus den der
Stellungnahme des Ministeriums vom 9. Mai 2007 beigefügten Berichtsbogen
"Gefährliche Hunde" in den Jahren 2003 bis 2006. Danach ist es in dem Jahr 2003 zu
60 Beißvorfällen mit Verletzungen von Menschen und 93 Vorfällen gekommen, bei
denen Tiere verletzt wurden. Im Jahr 2004 waren 44 Beißvorfälle mit Verletzungen von
Menschen und 84 Vorfälle zu verzeichnen, bei denen Tiere verletzt wurden. Im Jahr
2005 gab es 27 Beißvorfälle, bei denen Menschen verletzt wurden und 68 Beißvorfälle
mit Tieren. Schließlich sind für das Jahr 2006 43 Beißvorfälle mit Verletzungen von
Menschen und 48 Beißvorfälle, bei denen Tiere verletzt wurden, erfasst. Damit lag die
Anzahl der Beißvorfälle von Hunden der Rasse Rottweiler, bei denen Menschen verletzt
wurden, im Verhältnis zur Anzahl der Hunde mit Ausnahme des Jahres 2004 auf dem
dritten Platz der Auffälligkeiten von Hunden des § 10 Abs. 1 LHundG NRW. Darüber
hinaus ergibt sich aus diesen Berichtsbögen ferner, dass bei Anträgen auf Befreiung
von der Anlein- und Maulkorbpflicht stets ein nicht zu vernachlässigender Prozentsatz
negativ beschieden werden musste. Auch die zwischenzeitlich für das Jahr 2007
vorliegenden Zahlen belegen, dass die Einstufung des Rottweiler als gefährlicher Hund
nicht unzutreffend ist, denn 2007 ist es zu 23 Beißvorfällen mit Verletzungen von
Menschen und 41 Vorfällen gekommen, bei denen Tiere verletzt wurden. Dies sind nicht
zu vernachlässigende Zahlen, die die Gefährlichkeit des Rottweiler wiederspiegeln. .....
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Das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG), hier in seinem Verständnis als
Ausdruck der Steuergerechtigkeit, ist durch die in Rede stehende satzungsrechtliche
Regelung nicht infrage gestellt. Es stellt insbesondere keinen Verstoß gegen das
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Willkürverbot dar, dass andere Hunderassen, die ebenso gefährlich sein könnten wie
die aufgezählten, nicht satzungsmäßig als gefährliche Hunde eingestuft werden. Die
Hundesteuersatzung der Gemeinde J stellt der Liste der 14 genannten Hunderassen
voran, dass es sich dabei "insbesondere" um gefährliche Hunde handelt, dass mithin
die vorgenommene Aufzählung nicht abschließend, sondern lediglich beispielhaft ist.
Darüber hinaus unterliegen Hunde sonstiger Rassen immer dann einer
Höherbesteuerung nach § 2 Abs. 2 der Hundesteuersatzung, wenn sie in der
beschriebenen Weise in Erscheinung getreten sind; dies relativiert das Ausmaß
etwaiger Ungleichbehandlung.
Darüber hinaus schließt sich die Kammer in diesem Zusammenhang den zutreffenden
Erwägungen des Urteils des VG Aachen vom 14. Februar 2008 – a.a.O. – an, in
welchem ausgeführt wird:
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"Hier ist der Gesetzgeber im Rahmen seines Einschätzungs- und Prognosespielraumes
davon ausgegangen, hinreichend sichere Anhaltspunkte dafür zu haben, dass Hunde
der in §§ 3 Abs. 2 und 10 Abs. 1 LHundG NRW genannten Rassen für Leib und Leben
von Menschen in besonderer Weise gefährlich sind, und zwar insbesondere deshalb,
weil sie in den Jahren vor Erlass des Gesetzes im Verhältnis zu ihrem Bestand
überproportional häufig an Beißvorfällen beteiligt waren. Er hat außerdem
angenommen, dass bei Hunden anderer Rassen, die wie Deutscher Schäferhund,
Deutsche Dogge, Dobermann oder Boxer nicht in gleicher Weise auffällig geworden
sind, eine geringere Gefährlichkeit gegeben ist.
40
Davon, dass diese Annahme bei Erlass der hier maßgeblichen Satzung im
Jahr 2005/2006, offensichtlich falsch geworden sein sollte mit der Konsequenz, dass der
Entscheidung des Ortsgesetzgebers, Hunde der Rassen "Schäferhund" und
"Dobermann" nicht in die Rasseliste aufzunehmen, jeder sachliche Grund fehlte und die
Regelung des § 2 Abs. 2 HuStS damit willkürlich gewesen wäre, kann nicht
ausgegangen werden. Zwar ist, wie der Kläger zu Recht vorträgt, ersichtlich, dass sich
Vorfälle bei bisher unberücksichtigten Hundearten, wie Schäferhund oder Dobermann,
gehäuft haben. Der Ortsgesetzgeber hat aber dennoch die Grenzen der
ortsgesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit und damit die Grenzen der Sachgerechtigkeit
nicht überschritten, indem er diese Hunde nach wie vor lediglich nach ihrer individuellen
Gefährlichkeit beurteilt. Er geht nämlich in ermessensfehlerfreier Weise davon aus, dass
mit der Aufnahme dieser Rassen in die Liste abgewartet werden solle, bis sich diese
Entwicklung über einen längeren Zeitraum bestätigt habe, um atypische und
sprunghafte Ergebnisse besser berücksichtigen zu können. Diese Vorgehensweise des
Ortsgesetzgebers ist sachgerecht, da es bei der Frage, wann beziehungsweise ob eine
Anpassung der Satzungsregelung des § 2 Abs. 2 HuStS erforderlich ist, nicht nur auf die
Entwicklung in einzelnen Jahren ankommen kann, sondern, wie oben bereits dargelegt,
eine satzungsgeberische Reaktion nur dann zwingend geboten ist, wenn die
Beobachtungen über einen längeren Zeitraum Änderungen ergeben.
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Im Übrigen hat das Gericht nicht zu prüfen, ob der Ortsgesetzgeber die gerechteste,
vernünftigste oder zweckmäßigste Regelung getroffen hat,
42
u.a. OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 23. Januar 2006 4 L 289/05 , juris;
Bay. VerfGH, Urteil vom 12. Oktober 1994 Vf.16VII92, VF.5VII , juris."
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An diesen grundlegenden Erwägungen des Urteils vom 28. Januar 2009 in dem
44
Verfahren 25 K 4208/08 hält die Kammer nach erneuter Überprüfung fest. Die
benannten wissenschaftlichen Abhandlungen von Baumann und Mikus sind nicht
geeignet, die gesetzgeberische Bewertung in Frage zu stellen oder die besherigen
Erkenntnisse zur abstrakten Gefährlichkeit von Hunden der Rasse Rottweiler als
offensichtlich falsch zu bewerten. Insoweit wird wiederum auf die der Stellungnahme
des Ministeriums vom 9. Mai 2007 beigefügten Berichtsbogen "Gefährliche Hunde" in
den Jahren 20032006, ergänzend 2007, bzw. deren Auswertung durch die Kammer
verwiesen.
Allerdings hat die Kammer durch Urteil vom 22. Juni 2009 in dem Verfahren 25 K 699/09
einer Klage des Klägers gegen den Beklagten gegen die Heranziehung zu erhöhter
Hundesteuer für das Jahr 2009 mit der Begründung stattgegeben, gemäß § 22 LHundG
NRW würden die Auswirkungen des Landeshundegesetzes nach einem
Erfahrungszeitraum von 5 Jahren durch die Landesregierung unter Mitwirkung der
kommunalen Spitzenverbände und weiterer Sachverständiger überprüft. Diese Frist sei
mit Datum vom 31. Dezember 2007 abgelaufen. Der Bericht der Landesregierung zu
den Auswirkungen des LHundG NRW sei mit Schreiben des Ministeriums für Umwelt
und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 18. November 2008 an die
Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz des Landtags NRW übersandt worden. Eine Tätigkeit des
Gesetzgebers für das Jahr 2009 sei nicht erfolgt; gleichermaßen sei nicht erkennbar,
dass eine solche zu erwarten wäre.
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An diesen Ausführungen hält die Kammer nicht fest, da inzwischen neue Vorgänge
bekannt geworden sind, nämlich das Ausschussprotokoll APr 14/818 vom
4. Februar 2009 des Landtags NRW (14. Wahlperiode). In dieser Sitzung am
4. Februar 2009 hat sich der zuständige Landtagsausschuss mit der Evaluierung des
Landeshundegesetzes befasst (vgl. TOP 6 Evaluation des Landeshundegesetzes NRW
– Vorlage 14/2232 – die Landesregierung beantwortet Fragen zur obigen Vorlage).
Befragt nach den Konsequenzen aus dem Bericht zur Evaluation des
Landeshundegesetzes NRW hat Staatssekretär Dr. T wie folgt Stellung genommen:
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"Nordrhein-Westfalen sei das erste Bundesland, das eine Evaluierung des
Landeshundegesetzes vorgenommen habe. Man habe statistisch festgestellt, dass
insbesondere bei Schäferhunden, bei Doggen, bei Mischlingen aus diesen Rassen,
also Hunden, die nicht in der Liste enthalten seien, eine vermehrte Beißhäufigkeit
aufgetreten sei. Dazu gebe es auch Erkenntnisse aus anderen Bundesländern, die in
den letzten Tagen durch die Presse gegangen seien. Aus Sicht der Landesregierung sei
die Frage, ob die Rasselisten jetzt überarbeitet werden sollten, noch nicht
entscheidungsreif, weil man das erste Bundesland sei, das evaluiert habe, und andere
Bundesländer mit der Evaluation ihrer Regelungen noch folgen würden. Es wäre
sinnvoll, erst dann an das Landeshundegesetz heranzugehen, wenn man eine
Gesamtübersicht habe. Bis dahin halte man es für richtig, das Landeshundegesetz in
der bisherigen Form bestehen zu lassen."
47
Dieser damit vertretenen Auffassung, es werde für zu früh gehalten, das
Landeshundegesetz zu überarbeiten, haben sich in der dann anschließenden
Diskussion die Ausschussmitglieder aller vertretenen Parteien angeschlossen. Dabei
wurde von Seiten der SPD insbesondere darauf hingewiesen, dass Hessen am
16. Dezember 2008 die Gefahrenabwehrverordnung über das Halten und Führen von
Hunden geändert habe und dort u.a. der Rottweiler als gefährlicher Hund eingestuft
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worden sei. Des Weiteren war für die Ausschussmitglieder die Notwendigkeit der
Abstimmung mit den übrigen Bundesländern maßgebend, eine bundesweite Lösung
solle das Ziel sein. Man wolle die Evaluation in den anderen Bundesländern abwarten,
weil es nach Möglichkeit bundeseinheitliche Regelungen geben müsse.
Die Kammer hatte das Urteil vom 22. Juni 2009 in dem Verfahren 25 K 699/09
ausschließlich darauf gestützt, eine Evaluation sei nicht erfolgt und deshalb treffe die
Überprüfungspflicht den Satzungsgeber, der Überlegungen darüber anzustellen habe,
ob die Regelungen der Hundesteuersatzung aufrecht erhalten oder geändert werden
sollten. Nach Bekanntwerden des Ausschussprotokolls APr 14/818 vom
4. Februar 2009 ist ersichtlich, dass sich der zuständige Landtagsausschuss mit der
Evaluation des Landeshundegesetzes NRW befasst hat; die in der Diskussion
vorgetragenen Gründe rechtfertigen es nach Auffassung der Kammer, zunächst – weiter
an den Regelungen des Landeshundegesetzes NRW festzuhalten. Dabei ist diese
Entscheidung ausdrücklich in Kenntnis dessen getroffen worden, dass man statistisch
festgestellt hat, dass insbesondere bei Schäferhunden, bei Doggen, bei Mischlingen
aus diesen Rassen, also Hunden, die nicht in der Liste enthalten sind, eine vermehrte
Beißhäufigkeit aufgetreten ist. Gleichwohl war eine Änderung des
Landeshundegesetzes NRW derzeit nicht in Erwägung gezogen worden, weil eine
Überarbeitung des Landeshundegesetzes für zu früh gehalten wurde und weitere
Erkenntnisse abgewartet werden sollten.
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Wie das Bundesverwaltungsgericht in dem bereits erwähnten Beschluss vom
28. Juli 2005 – 10 B 34/05 – betont hat, kann ein Satzungsgeber, der Kampfhunde
wegen ihrer potentiellen Gefährlichkeit erhöht besteuern wolle, zu diesem Zweck
Rasselisten aus einer der Gefahrenabwehr dienenden landesrechtlichen Regelung
übernehmen, ohne eigene Erhebungen über die Gefährlichkeit der erfassten
Hunderassen anstellen zu müssen. Der kommunale Satzungsgeber kann sich mithin
auch im Rahmend der Überprüfung den Reaktionen des anderen Normgebers auf
mögliche neuere Erkenntnisse und Entwicklungen anschließen, sodass die Gemeinde J
der Wertung des zuständigen Ausschusses, mithin des Landtags, folgen konnte. Der
kommunale Satzungsgeber ist nur dann gehindert, sich Erkenntnissen des Normgebers
auf Landesebene zu bedienen, wenn die landesgesetzliche Regelung in erheblicher
Weise auf offensichtlich unrichtige Annahmen gestützt bzw. willkürlich wäre. Das
gefundene Ergebnis der weiteren Beobachtung erweist sich als sachgerechter
Gesichtspunkt, zunächst – die bisherigen Regelungen aufrecht zu erhalten, weil die
Evaluation anderer Bundesländer abgewartet werden sollte – so hat Hessen erst am
16. Dezember 2008 die Gefahrenabwehrverordnung über das Halten und Führen von
Hunden geändert, der Rottweiler ist dort u.a. als gefährlicher Hund eingestuft. Wie
bereits betont, hat das Gericht nicht zu prüfen, ob der Ortsgesetzgeber die gerechteste,
vernünftigste oder zweckmäßigste Regelung getroffen hat; der Gesetzgeber hat einen
weit reichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des
Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes und des
Steuermaßstabs,
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vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 3. September 2009 – 1 BvR 2384/08 .
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Nach allem war die Klage mithin mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO
abzuweisen.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO,
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708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen
(§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), nämlich der Frage, welche Anforderungen an die Erfüllung
der Evaluationsverpflichtung zu stellen sind.
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