Urteil des VG Cottbus vom 14.03.2017

VG Cottbus: aufschiebende wirkung, vollziehung, aussetzung, wiederherstellung der aufschiebenden wirkung, erlass, befristung, vollstreckung, verwaltungsakt, entlastung, stundung

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Gericht:
VG Cottbus 6.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 L 248/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 80 Abs 5 VwGO, § 80 Abs 6
VwGO, § 80 Abs 2 S 1 Nr 1
VwGO
Behördliche Aussetzung der Vollziehung; Bedeutung einer
Befristung bis zum Ergehen des Widerspruchsbescheides
Leitsatz
1. Die Befristung einer Aussetzung der Vollziehung durch die Behörde erschöpft sich in der
zeitlich befristeten Gewährung derselben und stellt sich für sich genommen keine -
insbesondere keine konkludente - ablehnende Entscheidung über die Aussetzung für den
darüber hinausgehenden Zeitraum dar.Die Befristung schließt weder einen erneuten Antrag
für die Zeit nach dieser Frist noch dessen Erfolg aus.
2. Hat die Verwaltungsbehörde verbindlich erklärt, dass sie einen sofort vollziehbaren
Verwaltungsakt bis zum Ergehen des Widerspruchsbescheides nicht vollstrecken werde, fehlt
einem vor diesem Zeitpunkt gestellten Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO das
Rechtsschutzinteresse.
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 854,07 Euro festgesetzt.
Gründe
Der (sinngemäße) Antrag,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 17. März
2006 gegen den Bescheid über die Erhebung eines Anschlussbeitrages für die öffentliche
Entwässerungsanlage vom 02. März 2006 anzuordnen,
hat keinen Erfolg.
Der Antrag ist bereits unzulässig. Der Antragsteller hat das nach § 80 Abs. 6 Satz 1
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zwingend vorgeschriebene behördliche
Aussetzungsverfahren nicht (ordnungsgemäß) durchgeführt.
Gemäß § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO der
Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1, erste Alternative VwGO nur zulässig, wenn die Behörde
zuvor einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder teilweise abgelehnt hat.
Bei dem behördlichen Aussetzungsverfahren handelt es sich um eine besondere
Zugangsvoraussetzung für das gerichtliche Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
in Abgabensachen, die zum Zeitpunkt der gerichtlichen Antragstellung erfüllt sein muss
und die nicht nachgeholt werden kann (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2.
Mai 2006 – 9 S 5.06-S. 3 f. des EA; zuletzt Beschluss der Kammer vom 20. September
2006 - 6 L 244/06 - S. 3 des E. A.). Die festgesetzten Schmutzwasserbeiträge gehören
zu den nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO sofort vollziehbaren Anforderungen
öffentlicher Abgaben.
Vorliegend hat zwar der Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner mit Schriftsatz
vom 17. März 2006 den erforderlichen behördlichen Aussetzungsantrag gestellt. Diesen
hat der Antragsgegner jedoch nicht abgelehnt, sondern ihm mit Schreiben vom 20.
Februar 2007 und wiederholt - ausdrücklich - mit Schreiben vom 06. März 2007
stattgegeben. Entgegen den Bedenken des Antragstellers erweist sich die Entscheidung
des Antragsgegners in diesem Zusammenhang als unmissverständlich und verbindlich.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Antragsgegner dem
Aussetzungsantrag lediglich "bis zur Widerspruchsbearbeitung" (gemeint ist
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Aussetzungsantrag lediglich "bis zur Widerspruchsbearbeitung" (gemeint ist
offensichtlich "bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides") stattgegeben hat. Darin
liegt insbesondere keine Teilzurückweisung des - vom Antragsteller unbefristet gestellten
- Aussetzungsantrages für den darüber hinausgehenden Zeitraum. Dabei kann
offenbleiben, ob die vorliegende Befristung der Vollziehungsaussetzung als
Nebenbestimmung im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes
für das Land Brandenburg (BbgVwVfG) bzw. § 120 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung
(AO) i.V.m. § 12 Nr. 3 lit. b) des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg
(KAG) anzusehen ist (so: BFH, Beschlüsse vom 05.06.1985 - II S 3/85 -, vom 12.05.1992
- I B 17/92 -, vom 22.12.1994 - VI B 138/94 - und vom 15.06.2005 - IV S 3/05 - jeweils
zitiert nach juris) oder ob - da die Aussetzung der Vollziehung ebenso wie deren
Anordnung kein Verwaltungsakt, sondern ein unselbständiger Annex ist (vgl.
Kopp/Schenke, VwGO Komm., 15. Aufl., § 80 Rn. 107) - die vorgenannten Regelungen
hier jedenfalls entsprechend bzw. dem Rechtsgedanken nach heranzuziehen sind (zur
Zulässigkeit derartiger Nebenbestimmungen im Rahmen der Aussetzung der
Vollziehung vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 80 Rn. 117 m.w.N.; Schoch in: Schoch/Schmidt-
Aßmann/Pietzner, VwGO Komm., § 80 Rn. 215). Maßgebend ist hier nämlich, dass sich
die vorliegende Aussetzung der Vollziehung bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides
in der zeitlich befristeten Gewährung derselben erschöpft. Über den darüber
hinausgehenden Zeitraum hat der Antragsgegner mit seinen Schreiben vom 20. Februar
2007 und 06. März 2007 keine - insbesondere keine konkludent ablehnende -
Entscheidung getroffen, sondern die weitere Aussetzung der Vollziehung offen gehalten,
um zu verhindern, dass sie ohne weitere Entscheidung des Antragsgegners auch nach
Abschluss des Widerspruchsverfahrens weiterlief. Die Befristung schließt weder einen
erneuten Antrag für die Zeit nach dieser Frist noch dessen Erfolg aus (so auch ständige
Rechtsprechung des BFH, vgl. die vorzitierten Entscheidungen; offen insoweit noch
Beschluss der Kammer vom 02.07.2007 - 6 L 78/06 - S. 2 f. des EA). Dem steht nicht die
Auffassung des OVG Nordrhein-Westfalen im Beschluss vom 30.06.2004 (- 15 B 576/04 -
, NVwZ-RR 2005, 450) entgegen, wonach der gerichtliche Eilantrag statthaft ist, wenn die
Behörde dem Aussetzungsantrag im Widerspruchsbescheid "bis zum Abschluss des
Widerspruchsverfahrens" entsprochen hat. Denn im dortigen Verfahren endete die - bis
zum "Abschluss des Widerspruchsverfahrens" ausgesprochene - Befristung nach
Auffassung des Gerichts bereits vor der Erhebung des gerichtlichen Eilantrages mit der
Zustellung des Widerspruchsbescheides, während sie im vorliegenden Verfahren im
Zeitpunkt der gerichtlichen Antragstellung noch fortbestand (und auch aktuell noch
weiterläuft).
Auch ist die ordnungsgemäße Durchführung des behördlichen Aussetzungsverfahrens
hier nicht gemäß § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 VwGO entbehrlich. Nach dieser Vorschrift darf
der gerichtliche Eilantrag bereits dann erhoben werden, wenn die Behörde einen ihr
gegenüber gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zwar nicht ganz oder zum
Teil abgelehnt, über den Antrag jedoch ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in
angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat. Diese Voraussetzungen liegen hier
nicht vor. Zwar hat der Antragsgegner bislang über den behördlichen
Aussetzungsantrag des Antragstellers sachlich nicht entschieden, soweit dieser über
den Erlass des Widerspruchsbescheides hinausgeht. Jedoch liegt für die Untätigkeit des
Antragsgegners ein zureichender Grund i.S.d. § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 VwGO darin, dass
es aufgrund der Gewährung einer Vollziehungsaussetzung bis zum Erlass der
Widerspruchsentscheidung derzeit keiner weitergehenden Entscheidung über den
Aussetzungsantrag bedarf. In der Mitteilung der Befristung gegenüber dem Antragsteller
ist zugleich die Mitteilung des zureichenden Grundes zu sehen, weil dieser unmittelbar
aus der Befristung folgt. Entscheidet die Behörde sodann im weiteren Verlauf - etwa im
Widerspruchsbescheid oder zugleich mit dessen Erlass - nicht zugleich ausdrücklich über
den über diesen Zeitraum hinausreichenden Teil des behördlichen
Aussetzungsantrages, wobei in einer bloßen Widerspruchszurückweisung ohne
ausdrückliche Entscheidung über den Aussetzungsantrag nicht konkludent auch die
Ablehnung des Aussetzungsantrages für die Zeit nach Erlass des
Widerspruchsbescheides zu sehen sein dürfte (vgl. BFH, Beschluss vom 12.05.1992,
a.a.O.), so beginnt jedenfalls die Untätigkeitsfrist des § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 VwGO erst
mit dem Erlass des Widerspruchsbescheides (auch insoweit offen noch Beschluss der
Kammer vom 02.07.2007, a.a.O., S. 3 des EA). Dies folgt auch aus dem Sinn und Zweck
dieser Regelung, welche die für den Antragsteller bestehende Ungewissheit über die
aufschiebende Wirkung seines Rechtsbehelfs bzw. den Erfolg seines
Aussetzungsantrages mit einer zeitnahen Entscheidung der Behörde zu kompensieren
sucht. Eine derartige Ungewissheit besteht hingegen nicht bei einer bis zum Abschluss
des Widerspruchsverfahrens befristet gewährten Vollziehungsaussetzung, solange kein
Widerspruchsbescheid erlassen worden ist. Ein darüber hinausgehendes
schützenswertes Interesse des Antragstellers an einer zeitnahen unbefristeten
Entscheidung über seinen behördlichen Eilantrag ist nicht erkennbar, wenn man
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Entscheidung über seinen behördlichen Eilantrag ist nicht erkennbar, wenn man
berücksichtigt, dass das Eilverfahren auf eine Verhinderung der vorzeitigen Vollziehung
des festgesetzten Abgabenbetrages gerichtet ist, die Vorschrift des § 80 Abs. 6 VwGO
einer Entlastung der Verwaltungsgerichte dient und der Antragsteller in einem Fall wie
dem vorliegenden aufgrund der behördlichen Entscheidung zumindest bis zum
Abschluss des Widerspruchsverfahrens nicht mit einer Vollziehung rechnen muss. Die
der vorgenannten Regelung zugrunde liegende Untätigkeitssituation beginnt daher in
solchen Konstellationen erst - wie hier - mit dem Erlass des Widerspruchsbescheides
oder - wenn die Behörde die Vollziehung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens
ausgesetzt hat - mit der Zustellung des Widerspruchsbescheides (vgl. hierzu OVG
Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30.06.2004, a.a.O.). Dass der Antragsgegner hier
vor seiner erstmaligen Entscheidung vom 20. Februar 2007 zunächst nicht in
angemessener Frist über den Aussetzungsantrag des Antragstellers vom 17. März 2006
entschieden haben dürfte, begründet für das vorliegende Verfahren ebenfalls keine
Entbehrlichkeit einer ordnungsgemäßen Durchführung des behördlichen
Aussetzungsverfahrens aufgrund von § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 VwGO. Maßgebend ist
auch hierbei, dass die Zugangsvoraussetzungen dieser Norm im Zeitpunkt der
Erhebung des gerichtlichen Eilantrages vorliegen müssen, was hier aufgrund der
zwischenzeitlich befristeten Aussetzung der Vollziehung durch den Antragsgegner nach
den vorstehenden Ausführungen zu verneinen ist.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Ausführungen des Antragstellers. Soweit
dieser auf eine Untätigkeit des Antragsgegners bei der Bescheidung des Widerspruchs
hinweist, hat dies keinen Einfluss auf die Zulässigkeit des vorliegenden gerichtlichen
Eilverfahrens und eine Entbehrlichkeit des behördlichen Aussetzungsverfahrens. Der
Antragsteller kann nämlich - wie zwischenzeitlich geschehen - im Wege der
Untätigkeitsklage das Hauptsacheverfahren vorantreiben. Im Übrigen berührt eine
etwaige Untätigkeit des Antragsgegners im Widerspruchs- bzw. Hauptsacheverfahren
nicht die Rechtsposition des Antragstellers im Aussetzungsverfahren, weil aufgrund der
durch den Antragsgegner insoweit gewährten Aussetzung der Vollziehung eine
Vollstreckung nicht erfolgen darf. Aus diesen Gründen verfängt auch nicht der Hinweis
des Antragstellers auf bereits ergangene ablehnende Widerspruchsentscheidungen des
Antragsgegners in Parallelverfahren, welche im Übrigen das Erfordernis des Vorliegens
der Zugangsvoraussetzungen für den hier zu entscheidenden gerichtlichen Eilantrag
nicht zu ersetzen vermögen. Auch kann sich der Antragsteller mit Blick darauf und sein
weiteres Vorbringen, der Antragsgegner gehe offensichtlich nicht von einer Aussetzung
der Vollziehung, sondern von einer Stundung aus und erwäge die Geltendmachung von
Stundungszinsen, nicht auf eine Ungewissheit über die (gegenwärtige) aufschiebende
Wirkung seines Widerspruchs stützen. Maßgebend ist insoweit, dass die vorliegend
gewährte Aussetzung der Vollziehung den Antragsgegner an einer Vollstreckung bis zum
Erlass des Widerspruchsbescheides hindert und keine Anhaltspunkte ersichtlich sind
oder durch den Antragsteller vorgetragen wurden, welche die Befürchtung zuließen, der
Antragsgegner wolle sich über seine eigene Aussetzungsentscheidung hinwegsetzen.
Die rechtliche Einordnung der Aussetzung als eine solche oder eine Stundung und die
sich daraus ergebenden Rechtsfolgen im Hinblick auf die Geltendmachung
abgabenrechtlicher Nebenforderungen sind nicht Gegenstand des vorliegenden, auf eine
Verhinderung der vorzeitigen Vollziehung des Abgabenbescheides gerichteten
Verfahrens, sondern wären allenfalls in einem etwaigen, gegen die Festsetzung dieser
abgabenrechtlichen Nebenforderungen gerichteten Rechtsbehelfsverfahren zu klären
und können daher dem vorliegenden Eilantrag nicht zum Erfolg verhelfen. Soweit der
Antragsteller darüber hinaus einwendet, das Berufen des Antragsgegners auf das Fehlen
einer behördlichen Aussetzungsentscheidung im Sinne des § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO sei
rechtsmissbräuchlich, geht dies bereits deshalb fehl, weil es sich bei den
Voraussetzungen des § 80 Abs. 6 VwGO um von Amts wegen zu prüfende
Zugangsvoraussetzungen handelt, auf deren Nichtbestehen sich der Antragsgegner
nicht berufen muss und ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Antragsgegners
daher nicht in Betracht kommen kann. Es genügt schließlich auch nicht, dass aufgrund
des bisherigen Verhaltens des Antragsgegners der Antragsteller - wie dieser meint - eine
ablehnende Entscheidung über den behördlichen Aussetzungsantrag, soweit er die Zeit
nach dem Erlass des zu erwartenden Widerspruchsbescheides betrifft, als gewiss
angesehen hat. Weder der Wortlaut des § 80 Abs. 6 VwGO noch Sinn und Zweck einer
gerichtlichen Entlastung durch die zuvorgehende behördliche Aussetzungsentscheidung
lassen eine Ausnahme von der Zugangsvoraussetzung für den gerichtlichen
Eilrechtsschutz in diesem Falle zu.
Dass ein Aussetzungsantrag im Fall des Antragstellers nach § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2
VwGO vorliegend entbehrlich (gewesen) sein könnte, weil dem Antragsteller die
Vollstreckung hinreichend konkret gedroht hätte, ist nicht erkennbar. Weder hat der
Antragsgegner ausweislich des von ihm überreichten Verwaltungsvorganges die
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Antragsgegner ausweislich des von ihm überreichten Verwaltungsvorganges die
Vollstreckung zu einem konkreten Termin angekündigt noch lassen sich dem Inhalt des
Verwaltungsvorganges konkrete behördliche Vorbereitungen für eine alsbaldige
Vollstreckung des Beitragsbescheides entnehmen.
Fehlt es dementsprechend hier bereits an dem Vorliegen der Zugangsvoraussetzungen
für den behördlichen Eilantrag gemäß § 80 Abs. 6 VwGO, erweist sich der Antrag darüber
hinaus auch und jedenfalls deshalb als unzulässig, weil es dem Antragsteller im insoweit
maßgebenden Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 80
Rn. 147 m.w.N.) an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis für dieselbe fehlt. Denn
dem Antragsteller steht kein anzuerkennendes Interesse an einer gerichtlichen
Entscheidung über den Eilantrag zum gegenwärtigen Zeitpunkt zur Seite. Auch hierbei
ist maßgebend, dass der Antragsgegner dem behördlichen Aussetzungsantrag bis zur
Entscheidung im Widerspruchsverfahren stattgegeben hat und eine solche bislang nicht
ergangen ist. Dabei mag dahinstehen, ob die Aussetzung der Vollziehung bewirkt, dass
die aufschiebende Wirkung für den genannten Zeitraum angeordnet wurde, ob also die
Aussetzung der Vollziehung rechtsdogmatisch der Anordnung der aufschiebenden
Wirkung gleichzustellen ist (so Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im
Öffentlichen Recht, 11. Aufl. 2005, § 56 Rn. 5; ablehnend etwa VGH Baden-Württemberg,
Beschluss vom 18.06.1991 - 8 S 1306/91 - zitiert nach juris -, Schoch, a.a.O., § 80 Rn.
213). Denn jedenfalls kommt dem Widerspruch des Antragstellers zum gegenwärtigen
Zeitpunkt aufgrund der behördlichen Entscheidung bereits eine aufschiebende Wirkung
zu bzw. hat der Antragsgegner zu erkennen gegeben, dass der Bescheid bis zu einer
Entscheidung über den Widerspruch nicht vollzogen wird, so dass gegenwärtig kein
vollziehbarer Verwaltungsakt mehr vorliegt, in Ansehung dessen ggf. die aufschiebende
Wirkung des anhängigen Widerspruchs angeordnet werden könnte. Denn eine
Aussetzung der Vollziehung nach § 80 Abs. 4 VwGO stellt keine bloße
Nichtvollstreckungszusage der Behörde dar, sie bewirkt vielmehr - insoweit faktisch der
gerichtlichen Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung
gleichkommend (vgl. hierauf ausdrücklich hinweisend Schoch, a.a.O., § 80 Rn. 213) - den
Wegfall der sofortigen Vollziehbarkeit als solcher (wie hier VGH Baden-Württemberg,
Beschluss vom 18.06.1991, a.a.O.; Bayerischer VGH, Beschluss vom 29.12.2005 - 11 CS
05.826 - zitiert nach juris). Es ist auch nichts dafür ersichtlich oder vom Antragsteller
vorgetragen, dass der Antragsgegner sich über seine Entscheidung hinwegzusetzen und
eine Vollziehung vor dem Erlass der Widerspruchsentscheidung beabsichtigt. Das
mangelnde Rechtsschutzbedürfnis für den vorliegenden gerichtlichen
Aussetzungsantrag wird auch daraus deutlich, dass der Ausgang des
Widerspruchsverfahrens bislang als offen anzusehen ist mit der Folge, dass im Falle
einer Bescheidaufhebung - sei es durch den Antragsgegner oder das Gericht im
zwischenzeitlich durch den Antragsteller angestrengten Untätigkeitsverfahren - oder
einer anderweitigen zwischenzeitlichen Erledigung des Widerspruchsverfahrens die
Aussetzungsentscheidung des Antragsgegners dem behördlichen Aussetzungsantrag
erschöpfend stattgegeben hätte. Auch lässt sich unter Berücksichtigung der
vorstehenden Ausführungen aus dem Vorbringen des Antragstellers kein
schützenswertes Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung über die Aussetzung der
Vollziehung zum gegenwärtigen Zeitpunkt herleiten. Dabei ist auch zu berücksichtigen,
dass Rechtsschutzziel des vorliegenden Verfahrens nicht die Feststellung einer etwaigen
Rechtswidrigkeit der behördlichen (befristeten) Aussetzungsentscheidung ist, sondern
vielmehr die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs durch das
Gericht, welcher der Antragsteller nach den vorstehenden Ausführungen derzeit jedoch
nicht bedarf.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 2 des
Gerichtskostengesetzes (GKG). Die Kammer legt in Anlehnung an den Streitwertkatalog
für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004 1327, Ziffer 1.5) in Verfahren des
vorläufigen Rechtsschutzes in Abgabensachen regelmäßig ¼ des Abgabenbetrages
zugrunde, dessen Beitreibung vorläufig verhindert werden soll.
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