Urteil des VG Cottbus vom 14.03.2017

VG Cottbus: satzung, gestaltung der umgebung, gemeinde, wochenendhaus, aufenthalt, erlass, stadt, zahl, grundstück, genehmigung

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Gericht:
VG Cottbus 3.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 K 22/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 34 Abs 1 BauGB, § 35 Abs 2
BauGB, § 35 Abs 3 BauGB, § 35
Abs 4 BauGB, § 35 Abs 6 BauGB
Nachträgliche Baugenehmigung für ein Wochenendhaus
Leitsatz
Wochenendhäuser bilden für sich keinen Bebauungszusammenhang im Sinne des § 34 Abs. 1
Satz 1 BauGB. Die Voraussetzungen für den Erlass einer Außenbereichssatzung nach § 35
Abs. 6 Satz 2 BauGB liegen nicht vor, wenn lediglich eine Wochenendhausbebauung gegeben
oder vorherrschend ist. Vielmehr muss die Wohnnutzung in dem Bereich ein städtebauliches
Gewicht haben und der anderen Zwecken dienenden Bebauung nicht untergeordnet sein.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten
der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des sich aus dem
Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte
zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Erteilung einer nachträglichen Baugenehmigung für ein
Wochenendhaus. Er brach auf dem in der Gemeinde Heidesee am Ziestsee belegenen
Grundstück der Gemarkung Streganz, Flur 2, Flurstück 323, das vormalige
Wochenendhaus ab. Unter dem 15. Dezember 2004 beantragte er eine
Baugenehmigung für die Errichtung eines neuen Wochenendhauses als Ersatz für das
abgebrochene. Das Vorhaben, das bereits teilweise ins Werk gesetzt wurde, soll knapp
30 m vom Ufer des Ziestsees entfernt errichtet werden. Der Ziestsee ist ein etwa 10 ha
großes, stehendes Gewässer. Mit Bescheid vom 18. April 2005 lehnte der Beklagte die
beantragte Baugenehmigung ab. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, das
Vorhaben sei an § 35 Abs. 2 und 3 BauGB zu messen sei, weil es im Außenbereich
verwirklicht werden solle und kein Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 BauGB
eingreife. Als sonstiges Vorhaben beeinträchtige es öffentliche Belange. Es lasse die
Verfestigung der vorhandenen Splittersiedlung befürchten. Zudem liege das
Vorhabengrundstück im Landschaftsschutzgebiet „Dahme-Heideseen“. Das Vorhaben
widerspreche den Schutzzwecken der Landschaftsschutzverordnung. Ferner
widerspreche es den Darstellungen eines sonstigen Plans im Sinne des § 35 Abs. 3 Nr. 2
BauGB, nämlich den Regelungen des Gesetzes zu dem Staatsvertrag vom 7. August
1997 über das gemeinsame Landesentwicklungsprogramm der Länder A-Stadt und
Brandenburg. Die Gemeinde Heidesee liege in dem Brandenburger Teil des engeren
Verflechtungsraumes, in welchem der Sicherung des vorhandenen Freiraumes zur
langfristigen Erhaltung der natürlichen Ressourcen und zur Wahrung der Lebensqualität
eine besondere Priorität eingeräumt werde. Der Bereich, in dem sich das
Vorhabengrundstück befinde, sei im Landesentwicklungsplan für den engeren
Verflechtungsraum Brandenburg-A-Stadt als Freiraum mit großflächigem
Ressourcenschutz ausgewiesen. Diese nachhaltige Freiraumsicherung solle der
drohenden Gefahr der Zersiedlung der Landschaft, des großräumigen Verlustes an land-
und forstwirtschaftlich genutzten Böden, der Verunstaltung des Landschaftsbildes und
der Beeinträchtigung durch entstehende Immissionen begegnen. Dies bedeute, dass
gem. § 16 Abs. 4 des Landesentwicklungsprogramms die Entstehung von Streu- und
Splittersiedlungen zu verhindern und deren Verfestigung entgegenzuwirken sei.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung trug er im Wesentlichen
vor, der Auffassung gewesen zu sein, für die Errichtung eines Ersatzgebäudes keiner
gesonderten Baugenehmigung zu bedürfen. Im Umfeld des Vorhabens sei eine Vielzahl
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gesonderten Baugenehmigung zu bedürfen. Im Umfeld des Vorhabens sei eine Vielzahl
von Grundstücken mit Wochenendgebäuden bebaut, weshalb das Gebiet den Charakter
eines Erholungsgebietes aufweise. Da es sich um einen Ersatzbau und nicht um eine
erstmalige Inanspruchnahme des Baufeldes handele, führe das Vorhaben auch nicht zu
einer Verfestigung der vorhandenen Splittersiedlung. Es gehe von dem Vorhaben auch
keine negative Vorbildwirkung aus. Es handele sich um ein historisch gewachsenes
Erholungsgebiet, so dass nur die Verdichtung der Bebauung eine negative
Vorbildwirkung auslösen könne. Naturschutzrechtlich sei das Vorhaben deshalb nicht zu
beanstanden, weil es den Eingriff durch das frühere Wochenendhaus nicht vertiefe. Der
Hinweis auf den Landesentwicklungsplan trage nicht weiter, weil dieser in vielen Teilen
unwirksam sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2005 wies der Beklagte den
klägerischen Widerspruch zurück. Ergänzend zu seinen Erwägungen aus dem
Ausgangsbescheid begründete er den Widerspruchsbescheid u.a. damit, dass der
Bestandsschutz für das vormalige Wochenendhaus durch dessen Abriss untergegangen
sei. Das zur Genehmigung gestellte Vorhaben sei wie ein Neubau zu bewerten.
Vorliegend greife § 35 Abs. 4 Nr. 3 BauGB nicht zugunsten des Klägers ein. Der
allmähliche Verfall eines Hauses sei kein außergewöhnliches Naturereignis. Dies gelte
erst recht, wenn der Abbruch vom Bauherrn selbst vorgenommen werde. Überdies sei
die Erschließung des Grundstückes nicht gesichert. Das Vorhabengrundstück sei nur
über einen unbefestigten, ca. 86 m langen Waldweg zu erreichen, der von der Straße
„Am Ziestsee“ und über das Flurstück 324 der Flur 3, der Gemarkung Streganz verlaufe.
Gem. § 4 Abs. 1 der Brandenburgischen Bauordnung (BbgBO) dürften Gebäude nur
erreichtet werden, wenn das Grundstück in angemessener Breite an einer befahrbaren
öffentlichen Verkehrsfläche liege oder die Nutzung zu einer befahrbaren öffentlichen
Verkehrsfläche rechtlich gesichert sei. Daran fehle es vorliegend. Mit Schriftsatz vom 11.
Januar 2006 hat der Kläger am selben Tage bei Gericht eine Verpflichtungsklage
erhoben. Im Laufe des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hat die Beigeladene die
Außenbereichssatzung „Ziestsee“ gem. § 35 Abs. 6 BauGB am 5. Mai 2007 beschlossen
und am 16. Mai 2007 im Wege einer Ersatzbekanntmachung im Amtsblatt der
Gemeinde Heidesee veröffentlicht. Ergänzend zu seinem Vortrag aus dem Vorverfahren
trägt der Kläger zur Begründung der Klage vor, dass die Beigeladene mit dem Erlass der
Außenbereichssatzung das materielle Baurecht für die von ihm begehrte
Baugenehmigung hergestellt habe. Die Voraussetzungen für den Erlass der Satzung
lägen vor. Auch die Erschließung sei jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt gesichert.
Es sei unzutreffend, dass das Grundstück keinen Zugang zum öffentlich-rechtlichen
geregelten Verkehrsraum habe. Zwischenzeitlich sei das Stammgrundstück verlegt und
daraus hervorgegangene Teilgrundstücke an die Nutzer bzw. Pächter veräußert worden.
Im Zuge der Grundstücksteilung sei die Erschließung der Teilflächen durch Bewilligung
von Grunddienstbarkeiten geregelt worden. Die Urkunde über die Bestellung der
Grunddienstbarkeit könne von ihm intern vorgelegt werden. Die Eintragung der
Grunddienstbarkeit in das Grundbuch stehe noch aus.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 18. April 2005
in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 2005 zu verpflichten, ihm die
unter dem 15. Dezember 2004 beantragte Baugenehmigung zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht er sich auf den Inhalt der angegriffenen Bescheide. Ergänzend
führt er aus, dass die Außenbereichssatzung nach § 35 Abs. 6 BauGB für das
vorliegende Vorhaben nicht einschlägig sei, weil es sich um ein Wochenendhaus und
nicht um ein Vorhaben zu Wohnzwecken handele. Im Geltungsbereich der Satzung habe
der Beklagte zwei Baugenehmigungen für Wohnhäuser erteilt. Ferner befinde sich dort
ein älteres Einfamilienhaus, dessen Genehmigung aus DDR-Zeiten stamme. Schließlich
existiere am Ziestsee noch ein Behelfsheim von der Grundfläche von etwa 20 m². Für
das Behelfsheim gehe er von einem Wohnrecht aus, das an die Person der jetzt über 90-
jährigen Bewohnerin geknüpft sei. Sollte er von einer weiteren Wohnbebauung bzw. einer
Dauerwohnnutzung eines dort befindlichen und als Wochenendhaus genehmigten
Vorhabens Kenntnis erlangen, werde er hiergegen einschreiten. Die
Außenbereichssatzung sei nicht das geeignete Planungsinstrument, da es in ihrem
Geltungsbereich an Wohnbebauung von einigem Gewicht fehle. Die Satzung sei ebenso
wenig mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung zu vereinbaren. Als
vereinfachtes Normsetzungsverfahren darf eine Satzung, eine sich bereits tatsächlich
abzeichnende Entwicklung aufnehmen. Sie diene indessen nicht dazu, eine solche
Entwicklung erstmals in Gang zu setzen. Das Erfordernis einer Wohnbebauung von
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Entwicklung erstmals in Gang zu setzen. Das Erfordernis einer Wohnbebauung von
einigem Gewicht mache deutlich, dass sich eine tatsächliche Entwicklung zu einem
„Wohnort“ abzeichnen müsse. Die Außenbereichssatzung solle grundsätzlich nur
zusammenhängende mit Wohnhäusern bebaute Bereiche im Außenbereich mit dem Ziel
erfassen, diese zu verdichten, d.h. vorhandene „Lücken“ zu schließen. § 35 Abs. 6 Satz
1 BauGB ermögliche damit eine maßvolle Erweiterung der bereits vorhandenen
Wohnbebauung. Eine Erweiterung der vorhandenen Splittersiedlung sei nicht zulässig.
Die Satzung dürfe nicht über die bereits vorhandene Wohnbebauung hinausgreifen. Um
den Ziestsee herum befänden sich indessen nur 4 Wohnhäuser, wobei eines davon ein
Behelfsheim sei. Diese Wohngebäude stünden nicht in einem räumlichen
Zusammenhang, sondern verstreut um den See herum. Das Satzungsgebiet umfasse
etwa 70 Grundstücke, die teilweise locker und diffus meistens mit Wochenendhäusern
bebaut seien. Eine städtebauliche Ordnung sei aufgrund der vorhandenen großen,
teilweise mehrfach ungeordnet bebauten Grundstücken, sowie teilweise mangels
gesicherter Erschließung nicht gegeben. Ferner nimmt der Beklagte Bezug auf seine
Ausführungen in den Verfahren 3 K 418/04, 3 K 419/04 und 3 K 788/04.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen
Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie auf den Inhalt der Verfahrensakten 3 K
418/04 und 3 K 419/04 und der dort beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug
genommen. Auch diese Akten sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung
gemacht worden.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Ablehnung der beantragten Baugenehmigung
ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der
Kläger hat keinen Anspruch aus § 67 Abs. 1 Satz 1 der Brandenburgischen Bauordnung
(BbgBO) auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung. Dem Vorhaben stehen
öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen.
Es ist bauplanungsrechtlich unzulässig, weil es als sonstiges Vorhaben öffentliche
Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtigt.
Das Vorhaben ist an § 35 BauGB zu messen. Es soll im Außenbereich verwirklicht
werden.
Der Vorhabenstandort liegt an dem nordöstlichen Ufer des etwa 10 ha großen
Ziestsees. Das Gelände um den Ziestsee herum ist in knapp 70 Parzellen aufgeteilt. Die
meisten Parzellen sind mit Wochenendhäusern bebaut. Vier Parzellen sind mit
Wohnhäusern bebaut, davon drei am nördlichen Ufer des Ziestsees. Mangels eines
Bebauungszusammenhangs zu anderen Bebauungskomplexen kommt es für die
bauplanungsrechtliche Beurteilung des Vorhabens allein auf die um den Ziestsee herum
vorzufindenden Bauten an.
Die dort vorzufindenden baulichen Anlagen vermögen keinen im Zusammenhang
bebauten Ortsteil i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB zu begründen. Der Begriff der "im
Zusammenhang bebauten Ortsteile" in § 34 Abs. 1 BauGB umfasst zwei Komponenten,
zum einen den Bebauungszusammenhang und zum anderen den Ortsteil. Nur ein
Bebauungszusammenhang, der auch Ortsteil ist, vermittelt ein Baurecht nach § 34
BauGB. Soweit es um den Bebauungszusammenhang geht, ist auf die äußerlich
wahrnehmbaren Verhältnisse abzustellen. Da das tatsächlich Vorhandene im Rahmen
des § 34 Abs. 1 BauGB den Maßstab für die Zulassung weiterer Bebauung darstellt,
kommt es insoweit nur auf die äußerlich erkennbaren, also mit dem Auge
wahrnehmbaren Gegebenheiten der vorhandenen Bebauung und der übrigen
Geländeverhältnisse an. Im Gegensatz zu dem rein äußerlich und faktisch zu
bestimmenden Bebauungszusammenhang hat der Begriff des Ortsteils insoweit eine
rechtliche Komponente, als sich darin die Beziehung - auch - des in § 34 BauGB
normierten Zulassungstatbestands zur Planungshoheit der Gemeinde ausdrückt. Nach
der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist unter Ortsteil jeder
Bebauungskomplex zu verstehen, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein
gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Mit
diesen Anforderungen soll die Abgrenzung zur unerwünschten Splittersiedlung erreicht
werden. Für die Frage aber, ob ein Bebauungskomplex nach seinem Gewicht als Ortsteil
oder als Splittersiedlung anzusehen ist, kommt es auf die Siedlungsstruktur der
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81). Ob ein Bebauungskomplex das von § 34 Abs. 1 BauGB vorausgesetzte
städtebauliche Gewicht aufweist, bestimmt sich in erster Linie nach der Zahl der dort
vorhandenen Wohngebäude oder gewerblich genutzten Anlagen (Söfker in:
Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB-Komm. Stand Februar 2000, § 34 Rn. 15). Denn mit
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Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB-Komm. Stand Februar 2000, § 34 Rn. 15). Denn mit
den Begriffen "Bauten", "Bebauung", "Siedlung" ist nichts anderes gemeint, als dass die
betreffenden Anlagen und Flächen dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen
sollen. Baulichkeiten, die ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken (Scheunen, Ställe)
oder kleingärtnerischen Zwecken dienen, sind dem entsprechend für sich allein
genommen keine Bauten, die einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bilden
können. (BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1984 – 4 C 55.81 – BRS 42 Nr. 94). Gleiches gilt
für Wochenendhäuser. Auch diese schlagen nicht als die Siedlungsstruktur prägendes
Merkmal zu Buche und vermögen nicht ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem
bestimmten städtebaulichen Charakter zu prägen (BVerwG, Beschluss vom 2. März
2000 – 4 B 15.00 – BRS 63 Nr. 99; Beschluss vom 11. Juli 2002 – 4 B 30.02 – BRS 65 Nr.
80; Beschluss vom 2. August 2001 – 4 B 26.01 – BRS 64 Nr. 86: auf kleine
Wochenendhäuser einschränkend). Demnach sind bei der Bestimmung des
städtebaulichen Gewichts der „Waldsiedlung“ die dort vorhandenen Wochenendhäuser
auszublenden. Die Ortsteilqualität der Bebauung um den Ziestsee herum hängt deshalb
allein von der dort vorhandenen Wohnbebauung ab. Dieser vorhandenen Wohnbebauung
fehlt es schon mit Blick auf ihre geringe Zahl an dem erforderlichen städtebaulichen
Gewicht. Selbst eine Ansammlung von vier Wohnhäusern besitzt nicht das für einen im
Zusammenhang bebauten Ortsteil i.S.d. § 34 BauGB erforderliche Gewicht (BVerwG,
Beschluss vom 19. April 1994 – 4 B 77.94 – BRS 56 Nr. 60). Um den Ziestsee herum
befinden sich indes höchstens vier Wohnhäuser. Nach dem Aktenbestand des Beklagten
lassen sich für das Gebiet um den Ziestsee herum lediglich vier Baugenehmigungen
nachweisen. Auch die Gemeinde Heidesee verfügt über keine Erkenntnisse über weitere
Baugenehmigungen. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob weitere Gebäude
zum Dauerwohnen genutzt werden. Solche Gebäude müssten vorliegend außer Betracht
bleiben. Mit Bebauung meint § 34 Abs. 1 BauGB zwar die tatsächlich vorhandene
Bebauung. Tatsächlich vorhandene, formell nicht genehmigte und materiell auch nicht
genehmigungsfähige Bauten bleiben indes außer Betracht, wenn sich aus dem
Verhalten der zuständigen Behörde ergibt, dass ihre Beseitigung in absehbarer Zeit
folgen wird (BVerwG, Urt. v. 06. November 1968 - 4 C 31.66 - BVerwGE 31, 22/26). Der
Beklagte hat im Verfahren 3 K 22/06 ausdrücklich erklärt, dass er gegen Umnutzungen
in diesem Gebiet einschreiten werde. An der Ernsthaftigkeit dieser Absicht bestehen
keine Zweifel. Bereits in der Vergangenheit ist der Beklagte gegen Umnutzungen von
Wochenendhäusern in Wohnhäuser vorgegangen, was die bei Gericht anhängigen
Sachen 3 K 418/04 und 3 K 716/04 belegen.
Unabhängig vom Vorstehenden, fehlt es dem Bebauungskomplex um den Ziestsee
herum, insbesondere in der Umgebung des klägerischen Vorhabens, an der
Ortsteilsqualität. Dieser bietet keinen hinreichenden Maßstab für eine angemessene
Fortentwicklung der Bebauung. Gerade in dem sich südlich anschließenden Bereich stellt
sich die Bebauung als regellos und zusammenhanglos, verbunden mit einem großen
Flächenverbrauch dar.
Hinsichtlich der Ortsteilqualität des Bebauungskomplexes um den Ziestsee ergibt sich
nichts anderes aus in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Februar
1984 (-4 C 55.81 – BRS 42 Nr. 94) mit Blick darauf, dass der inmitten stehende
Bebauungskomplex seiner Eigenart nach einem Wochenendhausgebiet i.S.d. § 10
BauNVO entsprechen könnte. In dieser Entscheidung ist das Bundesverwaltungsgericht
ausdrücklich davon ausgegangen, dass ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil
Anlagen und Flächen voraussetzt, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen.
Dieser Rechtsprechung lässt sich dagegen nicht entnehmen, ein Ortsteil liege ohne
Weiteres - das heißt ungeachtet eines völligen Fehlens von Baulichkeiten, die dem
ständigen Aufenthalt von Menschen dienen - auch dann vor, wenn die vorhandene
Bebauung irgend einem der Baugebiete im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2, § 5 Abs. 2 Nr. 1
BauGB in Verbindung mit §§ 2 ff BauNVO entspricht. Gegen ein solches Verständnis
spricht auch, dass die “nähere Umgebung“ im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB, der
Vorschrift, welche Anknüpfungspunkt für eine Heranziehung der Baunutzungsverordnung
ist, nur einen Teil eines Ortsteils darstellt (vgl. § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB), also nicht selbst
einen solchen bildet. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist daher nur so
zu verstehen, dass eines, aus anderen Gründen, nämlich wegen des Einschlusses
von dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienenden Gebieten, als solchen
anzusehenden im Zusammenhang bebauten Ortsteils auch Bereiche sein können, die
ihrerseits nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen(OVG für das Land
Brandenburg, Beschluss vom 7. November 2001 – 3 B 294/01.Z –; a.A. OVG Nordrhein-
Westfalen, Urteil vom 23. Oktober 2006 – 4947/05 – Info BRS 2007 Nr. 2 S. 12 f. für ein
auf Grund eines Bebauungsplanes entstandenes Wochenendhausgebiet).
Gegen die Annahme eines Ortsteils für alle Gebiete, die irgend einem der Baugebiete im
Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2, § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauGB in Verbindung mit §§ 2 ff BauNVO
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Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2, § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauGB in Verbindung mit §§ 2 ff BauNVO
entsprechen, spricht ferner, dass nach diesem Verständnis auch ein Campingplatz nur
deshalb einen eigenständigen Ortsteil bilden könnte, weil er zu den Baugebieten i.S.d. §
1 Abs. 3 Satz 1 und § 10 Abs. 5 BauNVO zählt.
Letztlich kommt in § 35 Abs. 6 BauGB die Wertung zum Ausdruck, dass für die Annahme
eines Ortsteils ein Siedlungskern erforderlich ist, den nur Gebäude begründen können,
welche für den dauerhaften Aufenthalt von Menschen bestimmt sind. Mit dieser
Vorschrift soll eine "organische“ Siedlungsstruktur im Kern ermöglicht werden
(Berkemann/Halama, Erstkommentierungen zum BauGB 2004 § 35 Rn. 178). Bildet
hiernach der Geltungsbereich einer Satzung nach § 35 Abs. 6 BauGB den
Ausgangspunkt für eine Fortentwicklung, die in der Herausbildung eines Ortsteils
münden kann, fällt insoweit auf, dass der Gesetzgeber gerade Wohnbebauung von
einigem Gewicht zur Grundlage für diese Fortentwicklung statuiert. Bebauung hingegen,
die anderen Zwecken dient, wie zum Beispiel Wochenendhäuser, vermag nach der
Vorstellung des Gesetzgebers selbst dann nicht zur Keimzelle dieser Entwicklung und
damit letztlich eines Ortsteils zu werden, wenn sie ihrer Kubatur nach erheblich in
Erscheinung tritt.
Zu Gunsten des Vorhabens greift kein Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 BauGB
ein. Insbesondere lässt sich § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB nicht für Wochenendhäuser im
Außenbereich heranziehen. Die Nutzung von Wochenendhäusern ist zwar insoweit
umgebungsabhängig, als sie ihre Zweckbestimmung im Außenbereich am besten erfüllt.
Es entspricht jedoch nicht dem Zweck des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB, ihre Errichtung dort
auch bevorzugt zu ermöglichen. Der Außenbereich mit seiner naturgegebenen
Bodennutzung und seinen Erholungsmöglichkeiten für die Allgemeinheit soll
grundsätzlich vor dem Eindringen wochenend- und ferienmäßiger Wohnformen bewahrt
werden (BVerwG, Urteil vom 14. März 1975 – IV C 41.73 - BVerwGE 48, 109/115).
Als sonstiges Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 2 BauGB ist das Vorhaben unzulässig, weil es
öffentliche Belange beeinträchtigt. Im Rahmen des § 35 Abs. 2 BauGB muss sich der
Kläger so behandeln lassen, wie wenn es darum ginge, an dieser Stelle erstmals ein
Wochenendhaus zu errichten. Der Vergleich zwischen Alt- und Neubau ist nicht bei der
Prüfung von § 35 Abs. 2 BauGB sondern erst im Rahmen des § 35 Abs. 4 BauGB
vorzunehmen (BVerwG, Urteil vom 13. Juni 1980 – 4 C 63.77 – BRS 36 Nr. 101; BVerwG,
Urteil vom 19. Februar 2004 – 4 C 4.03 – BRS 67 Nr. 110; zur Nutzungsänderung
BVerwG, Urteil vom 11. November 1988 – 4 C 50.87 – BRS 48 Nr. 58).
Das klägerische Vorhaben lässt die Verfestigung einer Splittersiedlung im Sinne von § 35
Abs. 3 Nr. 7 BauGB befürchten. Splittersiedlungen sind nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts nicht schon um ihrer selbst Willen zu missbilligen. "Zu
befürchten" im Sinne von § 35 Abs. 3 Nr. 7 BauGB ist die Entstehung, Erweiterung oder
Verfestigung einer Splittersiedlung nur, wenn das Vorhaben zu einer "unerwünschten
Splittersiedlung" führt. Unerwünscht in diesem Sinne ist eine Splittersiedlung, wenn mit
ihr ein Vorgang der Zersiedelung eingeleitet oder gar schon vollzogen wird. Das
anzunehmen, rechtfertigt sich in der Regel. Die Berechtigung einer solchen Annahme
bedarf aber - zumindest in Fällen der Verfestigung - einer konkreten Begründung; sie
rechtfertigt sich mithin auch in der Regel nicht einfach aus sich heraus. Als Grund für
eine Missbilligung kommt u.a. in Betracht, dass das Vorhaben eine weitreichende oder
doch nicht genau übersehbare Vorbildwirkung besitzt und daher seine unabweisbare
Konsequenz sein könnte, dass in nicht verlässlich eingrenzbarer Weise noch weitere
Bauten hinzutreten werden. Hierfür reicht es aus, dass bei einer Zulassung des
Vorhabens weitere ähnliche Vorhaben in der Splittersiedlung nicht verhindert werden
könnten und dadurch der Außenbereich zersiedelt werden würde. "Weitreichend" ist die
Vorbildwirkung deshalb immer dann, wenn sich das Vorhaben und die weiteren
Vorhaben, die nicht verhindert werden könnten, zusammen der vorhandenen
Splittersiedlung nicht unterordnen, sondern diese erheblich verstärken und dadurch eine
weitergehende Zersiedlung des Außenbereichs bewirken würden (BVerwG, Beschluss
vom 24. Juni 2004 - 4 B 23.04 - BauR 2005, 73f.). Ein sicherer Nachweis ist in diesem
Zusammenhang entbehrlich. Vielmehr begnügt sich § 35 Abs. 2 BauGB mit dem
Maßstab verständiger Plausibilität und stellt darauf ab, ob nach Lage der Verhältnisse
des Einzelfalles eine Beeinträchtigung anzunehmen ist (BVerwG, Beschluss vom 30.
November 1994 - 4 B 226.94 -BRS 56 Nr. 79). Dabei setzt der Tatbestand des
Befürchtens der Verfestigung einer Splittersiedlung nicht voraus, dass - als Folge der
Zulassung des insoweit öffentliche Belange beeinträchtigenden Vorhabens - ein
uneingeschränkter Rechtsanspruch auf Zulassung weiterer Vorhaben entsteht. Es
genügt, dass die Gründe, welche weiteren Vorhaben entgegengehalten werden könnten,
an Überzeugungskraft einbüßen würden, wenn das inmitten stehende Vorhaben nicht
aus eben den Gründen (Verfestigung einer Splittersiedlung) versagt würde, mit der
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aus eben den Gründen (Verfestigung einer Splittersiedlung) versagt würde, mit der
Genehmigung also ein sog. Berufungsfall geschaffen würde. Mit der Versagung der
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September 1999, - 4 B 27.99 - BRS 62 Nr. 117).
So liegt der Fall hier. Es liegt zunächst auf der Hand, dass die Zulassung des
klägerischen Vorhabens bei den Eigentümern oder Nutzern der umliegenden
Grundstücke den Wunsch wecken kann, weitere Wochenendhäuser zu bauen. Dies gilt
umso mehr als die Wochenendhausgrundstücke um den Ziestsee herum mitunter sehr
groß und damit einer weiteren Parzellierung zugänglich sind. Zudem liegt es nahe, dass
die vollständige Neuerrichtung eines Wochenendhauses Vorbild dafür sei kann, bereits
vorhandene Wochenendhäuser zu erweitern. Nach der Erfahrung des täglichen Lebens
rufen im Außenbereich vorhandene Bebauungen besonders in - wie hier - landschaftlich
reizvollem Gelände andere Bauwerber sehr schnell auf den Plan. Ferner werden von der
wachsenden Zahl der Wochenendhausfreunde solche Grundstücke bevorzugt und von
den Grundstückseigentümern gern zu Erholungszwecken zur Verfügung gestellt, so dass
es in so gelagerten Fällen mangels gegenteiliger Anhaltspunkte regelmäßig keiner
weiteren Aufklärung bedarf, ob konkrete Bauanträge bereits tatsächlich vorliegen.
Anders wäre es nur, wenn konkrete Umstände dafür vorgetragen würden, aus denen
sich z.B. ergeben könnte, dass solche Interessenten wegen der landschaftlichen
Gestaltung der Umgebung nicht vorhanden sein könnten, etwa weil das fragliche
Grundstück allseits von absolut unbebaubaren Grundstücken umgeben wäre (vgl.
BVerwG, Urteil vom 28. April 1972 – IV C 42.69 – BVerwGE 40, 101ff.). Dass es sich
vorliegend nicht um eine bloß theoretische Annahme handelt, belegt schon der
gerichtsbekannte Umstand, dass um den Ziestsee herum Bauten erstmals errichtet
oder vorhandene Gebäude erweitert wurden. Die solchen Baumaßnahmen
entgegengehaltenen Gründe verlören indes an Überzeugungskraft, wenn der Beklagte
sie beim Kläger genehmigte bzw. hinnähme. Solche Erweiterungen oder Neubauten
würden sich - zusammen genommen - nicht mehr dem vorhandenen Bestand
unterordnen. Schließlich wäre zu besorgen, dass die Erweiterungen der vorhandenen
Wochenendhäuser über kurz oder lang eine schleichende Umwandlung der dann
genügend Nutzfläche bietenden Bauten in Wohnhäuser zur Folge hätten. Die
Beeinträchtigung öffentlicher Belange hängt im Übrigen nicht von der Größe des Anbaus
ab. Denn selbst kleine Erweiterungen vorhandener Bauten im Außenbereich lassen in
der Regel die Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten.
Andernfalls brauchten geringfügige Erweiterungen nicht durch Sondervorschriften wie §
35 Abs. 4 Satz 2, 1. Alt. BauGB in der Weise bevorzugt zu werden, dass ihnen unter
bestimmten Voraussetzungen nicht entgegengehalten werden kann, dass sie die
natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung
oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen (OVG Niedersachsen, Urteil
23. August 1993 – 6 L 3026/91 - NVwZ-RR 1994, 71).
Der in § 35 Abs. 3 Nr. 7 zweite Alternative BauGB aufgeführte öffentliche Belang kann
dem klägerischen Vorhaben entgegengesetzt werden, obwohl die Gemeinde Heidesee
für diesen Bereich eine Außenbereichssatzung nach § 35 Abs. 6 BauGB erlassen hat. Die
Außenbereichssatzung sieht nur die erleichterte Zulassung von Wohnbauvorhaben vor
und ist deshalb für die Zulassung des klägerischen Wochenendhauses schon nicht
einschlägig. Sie erweist sich aber auch als nichtig. Dabei kann offen bleiben, ob der
Erlass von Außenbereichssatzungen nach § 35 Abs. 6 BauGB dem
Abwägungserfordernis unterliegt. Dagegen spricht freilich, dass § 35 Abs. 6 BauGB
abweichend von § 34 Abs. 5 S. 4 BauGB für die Gemeinde keine Begründungspflicht
statuiert (Berkemann/Halama, Erstkommentierungen zum BauGB 2004 § 35 Rn. 183).
Unterläge die Satzung dem Abwägungserfordernis, so wäre sie schon wegen eines
Abwägungsmangels nichtig, weil der Satzungsgeber vom Vorhandensein von 13
Wohnhäusern ausgeht, obwohl nach der Aktenlage des Beklagten für diesen Bereich drei
Baugenehmigungen jemals erteilt wurden. Aus dem Aktenbestand des Gemeinde
Heidesee ergibt sich nichts Gegenteiliges.
Die Satzung erweist sich jedenfalls deshalb als nichtig, weil die gesetzlichen
Voraussetzungen für den Erlass einer Außenbereichssatzung nach § 35 Abs. 6 BauGB
fehlen. § 35 Abs. 6 Satz 1 BauGB setzt voraus, dass es sich um bebaute Bereiche im
Außenbereich handelt, in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden
ist. Für das Gewicht ist nicht die im Satzungsgebiet vorhandene Bebauung insgesamt,
sondern allein die Wohnzwecken dienende Bebauung maßgebend. Das gilt auch, wenn
die Satzung gem. § 35 Abs. 6 Satz 2 BauGB auch auf Vorhaben erstreckt wird, die
kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. Die Wohnnutzung muss in dem
bebauten Bereich bereits ein städtebauliches Gewicht haben; sie darf der anderen
Zwecken dienenden Bebauung nicht untergeordnet sein. Vielmehr muss die Funktion
des Außenbereichs, als Freiraum oder als Fläche für privilegierte Vorhaben zu dienen, im
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des Außenbereichs, als Freiraum oder als Fläche für privilegierte Vorhaben zu dienen, im
bebauten Bereich maßgebend durch die vorhandene Wohnbebauung beeinträchtigt
werden (BVerwG, Urteil vom 13. Juli 2006 – 4 C 2.05 -, BVerwGE 126, 233 ff.). Daran fehlt
es vorliegend. Im räumlichen Geltungsbereich der Außenbereichssatzung herrscht
Wochenendhausbebauung vor. Die Außenbereichssatzung erfasst ca. 70 Grundstücke.
Mit Ausnahme von lediglich vier Grundstücken dient die dort sonst vorhandene
Bebauung freizeit- bzw. ferienmäßiger Nutzung, sei es als Wochenendhaus, sei es als
Campingplatz. Für die Frage, welche Bebauung als „vorhanden“ anzusehen ist, gelten
angesichts des Regelungszusammenhangs die gleichen Kriterien, wie im Rahmen des §
34 Abs. 1 BauGB zur Bestimmung des Bebauungszusammenhangs. Insoweit kann auf
die Ausführungen hierzu verwiesen werden. Dass ein rund 70 Grundstücke umfassendes
und sich um einen über 10 ha großen See erstreckendes Gebiet nicht von vier
Wohngrundstücken geprägt wird, liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren
Begründung. Erst recht kann vorliegend keine Rede davon sein, dass die Wohnbebauung
der anderen Zwecken dienenden Bebauung nicht untergeordnet ist. Liegt die
Wohnbebauung zudem wie vorliegend versprengt um den See herum, ist kein Raum für
die Annahme, dass die Funktion des Außenbereichs, als Freiraum oder als Fläche für
privilegierte Vorhaben zu dienen, im bebauten Bereich maßgebend durch die
vorhandene Wohnbebauung beeinträchtigt wird.
Im Übrigen verstößt die Außenbereichssatzung der Gemeinde Heidesee gegen
höherrangiges Recht, nämlich § 4 Abs. 1 Satz 1 Raumordnungsgesetz (ROG). Danach
sind Ziele der Raumordnung von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen
Planungen und Maßnahmen zu beachten. Die Außenbereichsatzung gehört zu den
raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen i.S.d. § 3 Nr. 6 ROG, weil sie die
räumliche Entwicklung des Gebietes um den Ziestsee herum beeinflusst. Die Satzung
missachtet das Ziel 2.2.2 des Landesentwicklungsplanes für den engeren
Verflechtungsraum Brandenburg-A-Stadt (LEPeV), der durch § 1 der Verordnung über
den gemeinsamen Landesentwicklungsplan für den engeren Verflechtungsraum
Brandenburg-A-Stadt vom 2. März 1998 (GVBl. II S. 186) zum Bestandteil dieser
Verordnung erklärt wurde. Hinsichtlich der nachfolgend genannten Ziele begegnet die
Wirksamkeit des LEPeV auch keinen Zweifeln (vgl. OVG für das Land Brandenburg, Urteil
vom 27. August 2003 – 3 D 5/99.NE). Das Ziel 2.2.2. legt fest: Siedlungserweiterungen
zu Lasten des Freiraumes mit besonderem Schutzanspruch sind unzulässig. Ausweislich
des LEPeV liegt das gesamte Westufer innerhalb eines Freiraumes mit besonderem
Schutzanspruch. Die Umwandlung der überwiegend aus Wochenendhäusern
bestehenden Splittersiedlung um den Ziestsee in einen aus Wohnhäusern bestehenden
Komplex stellt eine Siedlungserweiterung zu Lasten dieses Freiraumes mit besonderem
Schutzanspruch dar. Unter dem Begriff der Siedlung i.S.d. LEPeV sind nämlich lediglich
Ortsteile i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB zu verstehen. Dies folgt bereits aus der
Unterscheidung, zwischen „Siedlungsflächen (Wohnen, Gewerbe)“ einerseits und der
„Splittersiedlung“ andererseits, die in der amtlichen Vorbemerkung zu Ziffer 2.2.2 des
LEPeV „Freiraum mit besonderem Schutzanspruch“ getroffen wird. Deutlich wird dies
zudem an der Entgegensetzung der „Splittersiedlungen“ zu den „Siedlungsflächen“ im
Ziel 1.0.4 des LEPeV. Angesichts des groben Maßstabes des LEPeV scheidet die
Annahme aus, dass die Satzung mit dieser Festlegung teilweise, nämlich hinsichtlich des
östlichen Ufers, im Einklang steht. Abgesehen davon könnte die Satzung hinsichtlich des
östlichen Ufers gegen das Ziel 2.1.2 des LEPeV verstoßen. Des Weiteren steht die
Außenbereichssatzung auch mit dem Ziel 1.0.4 (Satz 2) nicht im Einklang, wonach die
Verfestigung der Splittersiedlung zu vermeiden ist. Gerade die Verfestigung einer
Splittersiedlung befördert die Außenbereichssatzung der Gemeinde Heidesee. Dies gilt
vorliegend insbesondere mit Blick auf die Inanspruchnahme eines erheblichen Bereichs
des nicht für eine Siedlungsentwicklung offenstehenden Freiraums.
Dem Erlass einer Satzung für das betreffende Gebiet dürfte ferner § 35 Abs. 6 Satz 4 Nr.
1 BauGB entgegenstehen. Diese Vorschrift macht für die Aufstellung der Satzung zur
Voraussetzung, dass sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist.
Dies dürfte vorliegend zu verneinen sein. Die Außenbereichssatzung befördert nämlich
eine Entwicklung, die eine bauleitplanerischen Konfliktbewältigung i.S.d § 1 Abs. 3 BauGB
erfordert. Eine Außenbereichssatzung ist mit
wohl nicht vereinbar, wenn sie einen städtebaulichen Vorgang zulässt, der
nur mit Hilfe eines Bebauungsplanes werden kann. In der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass Vorhaben im Außenbereich einer
förmlichen Planung bedürfen, sobald sie eine bestimmte Größe überschreiten. Ein
Vorhaben bedarf wegen seines Umfanges der förmlichen Bauleitplanung, wenn die
Koordinierung der in seinem „Gebiet“ potentiell betroffenen Interessen nicht mehr – wie
typischerweise bei einem einzelnen Gebäude – dem Bauherren überlassen bleiben kann,
sondern eine spezifisch planerisch und für das Ergebnis auch gleichsam amtlich
einstehende Abwägung erfordert (BVerwG, Urteil vom 26. November 1976 – 4 C 69.74 –
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einstehende Abwägung erfordert (BVerwG, Urteil vom 26. November 1976 – 4 C 69.74 –
BRS 30 Nr. 34; Urteil vom 1.8.2002 – 4 C 5.01 – BRS 65 Nr. 10). Ein solches
Planungsbedürfnis hat das Bundesverwaltungsgerichts bereits für die Errichtung von 24
Reihenhauseinheiten mit 28 Garagen und 9 Einstellplätzen im Außenbereich bejaht
(BVerwG, Urteil vom 26. November 1976 a.a.O.). Dass durch die Umwandlung von
Wochenendhäusern in Wohnhäuser auf nahezu 70 Grundstücken ein Planungsbedürfnis
entsteht, welches wohl nur im Wege einer förmlichen Bauleitplanung bewältigt werden
kann und darf, legt schon die räumliche Dimension dieser Entscheidung nahe. Die
Zulassung von nahezu 70 Wohneinheiten in einem geschlossenen Waldgebiet, das über
keine befestigten Wege verfügt und jeglicher Einrichtungen zur Befriedigung des
täglichen Lebensbedarfs, wie Läden, Apotheken, Bushaltestellen etc. entbehrt, wirft
städtebauliche bewältigungsbedürftige Spannungen auf, deren Bewältigung allein im
Rahmen einer förmlichen Planung möglich ist. Unabhängig vom Vorstehenden entsteht
für eine 70 Wohnhäuser umfassende Siedlung wohl schon deshalb ein Planungsbedürfnis
i.S.d. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, weil dadurch ein eigenständiger Ortsteil geschaffen würde
(vgl. hierzu OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 22. Januar 1998 – 3 L 234/36 –
BRS 60 Nr. 96).
Der Kläger kann sich ferner nicht mit Erfolg auf § 35 Abs. 4 BauGB berufen. Insoweit
kommt allenfalls der Tatbestand des § 35 Abs. 4 Nr. 4 BauGB in Betracht. Diese
Vorschrift setzt indes voraus, dass das Gebäude durch Brand, Naturereignisse oder
andere außergewöhnliche Ereignisse zerstört wurde. Demontage durch den Eigentümer
selbst fällt nicht darunter.
Das Vorhaben beeinträchtigt schließlich die Belange des Naturschutzes (§ 35 Abs. 3 Nr.
5 BauGB). Das klägerische Vorhaben verstößt gegen § 48 Abs. 1 Brandenburgisches
Naturschutzgesetz (BbgNatSchG) in einer nicht durch § 48 Abs. 3 a) BbgNatSchG
ausräumbaren Weise. Das außerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils zu
errichtende Wochenendhaus soll knapp 30 m vom Ziestsee entfernt stehen. Damit hält
es nicht den Abstand von 50 m ein, der gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 BbgNatSchG an
stehenden Gewässern mit einer Größe von mehr als 1 ha, und damit auch an dem über
10 ha großen Ziestsee, gilt. Für eine Ausnahmegenehmigung gem. § 48 Abs. 3 a)
BbgNatSchG ist kein Raum. Diese Vorschrift setzt voraus, dass die durch die Errichtung
oder wesentliche Änderung der baulichen Anlage entstehenden Beeinträchtigungen des
Naturhaushalts und des Landschaftsbildes geringfügig sind. Von einer geringfügigen
Beeinträchtigung des Landschaftsbildes kann allenfalls bei baulichen Anlagen
gesprochen werden, die wegen ihrer geringen Größe nicht ins Auge fallen. Bei einem
Gebäude, dessen Grundfläche über 54 m² betragen soll und dessen umbauter Raum
220 m³ umfasst, verbietet sich schon mit Blick auf diese Kubatur anzunehmen, dass die
Beeinträchtigung des Landschaftsbildes geringfügig ist. Insoweit ist auch beachtlich,
dass dem klägerischen Vorhaben, welches eine Neuerrichtung eines Wochenendhauses
darstellt, eine nicht übersehbare Vorbildfunktion gerade für eine Bebauung im
Uferbereich des Ziestsees zukommt. Denn die Planungsunterlagen für die
Außenbereichsatzung belegen, dass in diesem Bereich noch erhebliche, von Bebauung
freie Flächen vorhanden sind. Dass in unmittelbarer Nähe des klägerischen
Vorhabengrundstücks bereits andere baulichen Anlagen existieren, ist hierbei ohne
Belang. Denn auch wenn durch vorhandene Anlagen erheblich in das Landschaftsbild
eingegriffen wird, bildet jedes weitere im Gegensatz zur Landschaft stehende Vorhaben
eine Beeinträchtigung, die ihrerseits verändert, so dass nicht davon ausgegangen
werden kann, dass durch die vorhandenen Anlagen nichts mehr zu „retten“ sei (vgl. zu
einer Landschaftsschutzverordnung Bayerischer VGH NuR 1982, 108/109; VG Cottbus,
Urteil vom 17. Juli 2001 – 3 K 590/99 -; Urteil vom 26. Juli 2001 – 3 K 504/99 -).
Unerheblich ist es in diesem Zusammenhang ferner, dass es sich beim klägerischen
Gebäude um einen Ersatzbau handelt. Das Gesetzt strebt auch dort die Freihaltung
eines 50 m breiten Uferstreifens an, wo zuvor Bebauung vorhanden war. Die Beseitigung
vorhandener Bausubstanz ist demnach kein hinreichender Anlass Wiederbebauung
zuzulassen, sondern stellt den gesetzeskonformen Zustand wieder her.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Es entsprach nicht der Billigkeit,
die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen gemäß § 162 Abs. 3 VwGO für
erstattungsfähig zu erklären, weil sich diese eines eigenen Antrages enthalten hat und
damit insgesamt einer Kostenbeteiligung aus dem Wege gegangen ist.
Die Entscheidung zur sofortigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr.
11, 711 ZPO.
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